Nicht gesucht, aber gefunden von Leopawtra ================================================================================ Kapitel 6: Schulze und Schultze ------------------------------- ๑⊱☆⊰๑ Am frühen Morgen, regelrecht bei Sonnenaufgang, waren die Vier endlich in Bagghar angekommen. Ihre Reise hatte, vom Feldlager von Afgha aus, beinahe eineinhalb Tage gedauert. Es war hierbei sehr freundlich von Leutnant Delcour gewesen ihnen drei Kamele, Wasser und Proviant zur Verfügung zu stellen. Dies war keine Selbstverständlichkeit, doch der Leutnant hatte darauf bestanden. Obwohl deren eigene Vorräte streng rationiert waren, da der Nachschub derzeit verzögert war. Vor der Küste Bagghars hatten sie bereits die Karaboudjan ankern sehen, weshalb sie dadurch nur zu genau wussten, dass Sakharine bereits vor Ort war. Frustrierend und nervig, wie Tim empfand. Er hoffte hierbei nur, dass Sakharine noch nicht im Besitz des dritten Pergaments war. Schließlich hatten sich die Vier in der Küstenstadt ein kostengünstiges Hotel gesucht. Die Rechnung für dieses, doch sehr günstige, Hotel trug der Kapitän, denn er war der Einzige, der Bargeld dabeihatte. Tims Geldbörse hatte er leider zu Hause an einen Taschendieb verloren. ๑⊱☆⊰๑ Zusammen mit dem Kapitän, dessen Tochter und Struppi ging der junge Reporter durch einige Gassen von Bagghar und sah sich dabei suchend um. Seine Sinne waren geschärft, da er hoffte Sakharine oder Crewmitglieder der Karaboudjan in den Straßen zu erblicken. Ihr Weg endete vorläufig auf einem Basar. Je länger die Vier durch Bagghars Straßen und über den Basar liefen, desto mehr schwand Tims Hoffnung das letzte Einhorn Modell noch vor Sakharine zu erreichen. Einen richtigen Plan, wie sie an das Modell herankommen sollten, hatte der Reporter ebenfalls noch nicht vollständig erdacht. Im Moment improvisierte er einfach nur und das funktionierte bisher ganz gut. „Das hat keinen Sinn, Tim. Er könnte überall sein.“, kam es ernüchtert vom Kapitän, welcher ein wenig außer Atem war. Tim hatte nämlich einen recht schnellen Schritt an den Tag gelegt, da er sein Ziel so schnell wie möglich erreichen wollte. Auf dessen Worte hin blieb der Reporter stehen, sah den Kapitän missmutig an und seufzte leise auf. So ungern Tim es zugab, aber der Kapitän hatte Recht. Sakharine könnte überall in dieser Stadt sein. Plötzlich fielen dem jungen Mann zwei Gestalten auf, welche augenscheinlich ihm und seinen Freunden folgten. Langsam wandte er seinen Blick ab, drehte sich um und setzte seinen Weg fort. „Nicht umdrehen. Ich glaube wir werden verfolgt.“, gab Tim an die anderen Beiden im Flüsterton weiter. Haddock lief neben Tim her, drehte sich einmal um sich selbst und tat dabei so als würde er sich den Basar anschauen. Christin hingegen blieb kurz bei einem Stand stehen, heuchelte Interesse an den Waren und sah sich dabei kurz in der Umgebung um. Schlussendlich heftete sie sich wieder an Tim und ihren Vater. „Tatsächlich, da folgen uns zwei ziemlich schlampig verkleidete Männer.“, flüsterte Haddocks Tochter ihnen ernst zu, woraufhin Tims Blick misstrauischer wurde. Er ging sehr stark davon aus, dass es Leute von Sakharine waren, die ihnen folgen sollten. Wohlmöglich hatten sie den Auftrag Tim, Haddock, Christin und sogar Struppi festzunehmen oder gar zu ermorden. ๑⊱☆⊰๑ Hinter einem Torbogen versteckt lauerten Tim und Haddock jeweils auf einer Seite auf die Beiden, während Christin und Struppi ein kleines Stück entfernt von ihnen standen. Sie sollten die Lockvögel mimen, damit ihre Verfolger ihnen auch ja in die Falle gingen. Dabei hatte Christin sich zu Struppi gehockt und ihm liebevoll mit beiden Händen über das Köpfchen und hinter den Ohren gekrault, was das Schwänzchen des Fox Terriers fröhlich wedeln ließ. Tim beobachtete dies einen Moment lang und konnte bei deren Anblick nicht anders als selig zu lächeln, wobei ihm sogar ein warmes Kribbeln durch den Körper schlich. Die Beiden gaben ein sehr friedvolles und schönes Bild ab, was der Reporter nur zu gerne noch länger betrachtet hättet. Doch zwang er sich dazu sich nicht zu sehr in dieser lieblichen Szenerie zu verlieren, denn er hatte in Erfahrung zu bringen wer ihnen folgte. Kaum hatten die zwei Verdächtigen den Torbogen passiert, stolperten sie über die Beine von Tim und dem Kapitän, welche sie ihnen gestellt hatten. Die Beiden fielen der Länge nach zu Boden und wandten sich rasch zu ihnen um, um in Erfahrung zu bringen, wer sie zu Fall gebracht hatte. Sofort hatte Tim seine Kampfhaltung eingenommen und war bereit sich zu verteidigen, sollten sie ihn jetzt angreifen. Sein unwirscher Blick ruhte auf den zwei Gestalten, während er sie anfauchte: „Wer seid ihr? Und warum verfolgt ihr uns?“ Sein Herz schlug dabei kräftig in seiner Brust, während sich bereits das Adrenalin durch seine Adern pumpte. Er war zu allem bereit und er würde kämpfen, wenn es nötig war. Der Kapitän war jedoch ungehaltener als der junge Reporter und griff die Beiden am Kragen. Er hob sie leicht an und schlug sie, mit dem Rücken voran, anschließend mehrmals zurück auf den harten Steinboden. Bei dieser Prozedur rutschten den Beiden die Kapuzen von den Köpfen und enthüllten deren Gesichter. Voller Schrecken, aber auch sehr erfreut, sah Tim in die Gesichter von Schultze und Schulze, den Detektiven von Interpol. Sofort hielt er Haddock an den Schultern fest, bewegte ihn damit zum Aufhören und sagte ganz verblüfft zu den zwei Detektiven: „Schultze und Schulze. Ihr habt also meine Nachricht von der Karaboudjan erhalten?“ Natürlich mussten sie seine Nachricht erhalten haben, sonst wären sie nicht hier. Oder? Voller Interesse hatte er seinen zwei Freunden zugehört, welche ihm die lange Geschichte erzählten, wie sie nach Bagghar gekommen waren. Wie so oft sog er jedes Wort wie ein Schwamm in sich auf und nickte seinem Gegenüber immer wieder verstehend zu. Die Schulzes erzählten, dass sie gerade den Taschendieb, der seit mehreren Wochen seine Heimatstadt unsicher gemacht hatte, festgenommen hatten, als sie von Interpol Tims Nachricht erhielten. Sofort, so sagten die Beiden, hatten sie sich, natürlich mit Tims Geldbörse im Gepäck, auf den Weg nach Bagghar gemacht. „Da wären wir nun und hier haben wir auch Ihre Brieftasche, Herr Tim.“, verkündete Schultze mit stolzgeschwellter Brust und überreichte Tim sein Hab und Gut. Der Reporter nahm seine Brieftasche an sich und durchsuchte sie direkt. „Oh, keine Sorge. Der Dieb hatte kein Geld gestohlen.“ Es ging Tim hierbei auch überhaupt nicht um das Geld, sondern um das kleine Stück Pergament, welches er in seiner Brieftasche verstaut hatte. Erleichtert holte er es schlussendlich hervor und begann freudig zu strahlen. „Ein Glück, es ist noch da.“ Sein Blick wandte sich den anderen zu. „Jetzt müssen wir nur noch die anderen zwei Pergamente finden, um das Rätsel zu lösen.“ Erst jetzt bemerkte er, wie nah Christin bei ihm stand. Sofort begann sein Herz schneller zu pochen, ein heißer Schauer floss über seinen Rücken und er drohte sich in der Schönheit ihres Antlitzes zu verlieren. Interessiert waren ihre großen, braunen Augen auf das Pergament in seiner Hand gerichtet und als sie seine Hand nahm und diese mehr in ihre Richtung zog, wohlmöglich weil sie die verschnörkelte Schrift besser erkennen wollte, durchzuckte ihn ein elektrisiertes Gefühl. Sogar eine Gänsehaut breitete sich über seinen Körper aus. Schließlich wandte Christin fragend den Blick zu ihm und stellte offensichtlich nun selbst fest, wie nah sie dem Reporter war. Ganz deutlich erkannte Tim wie sich ein zärtlicher, rosa Hauch über ihre Wangen legte. Für den Augenblick konnte er einfach nicht die Augen von Haddocks Tochter nehmen und scheinbar ging es ihr umgekehrt genauso. Wieder spürte Tim sehr deutlich das Verlangen in sich aufwallen seine Arme, um ihren schlanken Körper zu schlingen und sie innig zu küssen. Mittlerweile konnte er in Worte fassen und verstehen, was sie in ihm auslöste. Dieses Gefühl war ihm all diese Jahre so fremd und unvorstellbar gewesen, doch jetzt wo er Christin kennengelernt hatte, musste er gestehen, dass dies wirklich das schönste Gefühl der Welt war. Tim hatte sich Hals über in Christin verliebt. Haddocks Tochter war eine so atemberaubende Frau mit einer solch interessanten und tollen Persönlichkeit, dass sein Herz einfach nicht anders konnte. Sie war nicht nur hübsch und elegant, sondern besaß auch ein feinfühliges Temperament, hatte keine Furcht vor Gefahren und trotzte bisher jeder schwierigen Situation mit ihrem eisernen Willen. Christin war eine Frau ganz nach seinem Geschmack. Jedoch hatte er vor ihr noch nie eine Frau kennengelernt, die ihm gefühlsmäßig oder sexuell gefallen hätte. Ein wenig verwundert, ja sogar ein bisschen enttäuscht, war er schon, als sie sich von ihm abwandte und zu irgendetwas empor sah. So gern er ihr Gesicht noch eine ganze Weile angesehen hätte, so neugierig machte ihr erstaunter Gesichtsausdruck ihn. Daher konnte Tim gar nicht anders, als ihrem Blick zu folgen. In diesem Moment hingen zwei Einheimische ein großes Plakat von einer blondhaarigen Mittvierzigerin auf, die mit ihren blauen Augen und einem zarten Lächeln Richtung Himmel blickte. Voller Verblüffung las er die Überschrift des Plakats und stellte fest, dass diese Dame, mit dem Namen Bianca Castafiore, die Mailänder Nachtigall war. Sie war also Sakharines Geheimwaffe. Allerdings erschloss sich ihm dies dennoch nicht. Was sollte die Sängerin tun, damit Sakharine das letzte Einhorn Modell aus dem kugelsicheren Glaskasten bekam? „Das Konzert von ihr findet morgen Mittag statt.“, hatte Schulze freundlich in die Runde gesagt, während Tim, noch immer mit dem Blick zum Plakat gerichtet, rätselte was Bianca Castafiore für eine wirkliche Rolle hierbei spielte. „Tim, wir müssen dort hin.“, sagte Christin aufgeregt an Tim gewandt, woraufhin er die Stirn fragend furchte. Dieser sah nun wieder in ihr Puppengesicht, legte den Kopf etwas schief und wies sie leicht mürrisch zu Recht. „Für so etwas haben wir keine Zeit, Christin.“ Doch schon im nächsten Moment klapste sie ihm leicht und mit empörtem Blick auf seinen Safarihut, den er trug und welchen er von Leutnant Delcour geschenkt bekommen hatte. „Darum geht es gar nicht, Tim. Streng deinen Kopf ein bisschen an. Oder willst du mir sagen, dass du die offensichtliche Eintrittskarte in Ben Salads Palast nicht siehst?“, schimpfte Christin ein bisschen mit ihm, woraufhin er mit angesäuert verzogenem Gesicht zurück zum Plakat sah. Schlagartig fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Seine Iriden weiteten sich erstaunt, als er das Plakat neuerlich in Augenschein nahm. Christin hatte bereits erkannt was ihm noch nicht klar gewesen war. Für einen Augenblick bewunderte er schwärmend ihren scharfsinnigen Verstand, ehe er sich in Gedanken wieder zur Ordnung rief. Seinen Blick wandte er nun jedoch wieder Haddocks Tochter zu, die ihn mit einem wissenden Schmunzeln bedachte. Ganz offensichtlich hatte sie gesehen, wie ihre Aussage ihm ein Licht aufgehen ließ. „Wir könnten so vollkommen unauffällig in den Palast kommen. Vielleicht gäbe es dann sogar eine Möglichkeit an das Einhorn Modell zu kommen.“ Tim bemerkte bei seinen Überlegungen nicht, wie Schulze und Schultze ihn fragend beäugten und im Anschluss einen ratlosen Blick miteinander tauschten. Kapitän Haddock trat nun an seine Seite und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wir haben bis morgen Zeit einen gescheiten Plan zu schmieden. Ansonsten müssen wir es mit der Hauruck-Aktion versuchen.“ Ein kleines Grinsen schlich sich auf Tims Gesicht, als er den Kapitän so reden hörte. In der Tat hatten sie nun tatsächlich etwas Zeit, doch ob sich in dieser Zeit ein wirklich guter Plan basteln ließ, würde sich zeigen. ๑⊱☆⊰๑ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)