Paul MacLain der Privatschnüffler von BlueGenie1974 (Ein ehemaliger SAS-Offizier als Privatdetektiv) ================================================================================ Kapitel 26: 26. Fall - Kinder- und Jugendprostitution am Zuckerhut ------------------------------------------------------------------ 26. Fall – Kinder- und Jugendprostitution am Zuckerhut Unser nächster Fall führte uns nach Südamerika. Nach Rio de Janeiro in Brasilien, wenn ihr es genau wissen wollt. Es war ein warmer Sommertag. Unsere morgendliche Joggingrunde musste wegen Jelenas Schussverletzung aus unserem vorherigen Fall in Südafrika erst mal entfallen. Dr. Reddington hatte zur Schonung geraten. Sie hatte uns vor kurzem in Frankfurt besucht und sich die Narbe meiner Partnerin angesehen. „Soweit ist alles in Ordnung. Allerdings sollte sich Ihre Partnerin noch nicht sportlich betätigen.“, hatte sie gesagt. Jelenas Blick hatte Bände gesprochen. Wenn Blicke töten könnten, sage ich nur. Wir schrieben Dienstag, den 09.06.2020. Es war um 8:00 Uhr morgens, als Jelena bei mir an der Tür klingelte. Als ich öffnete, staunte ich nicht schlecht. Meine Partnerin trug wieder ihre Joggingklamotten. „Ich dachte, du sollst dich noch schonen, oder hab ich Dr. Reddington falsch verstanden?“ „ Towarischtsch, dass war noch im Mai. Jetzt haben wir Juni. Ich war gerade noch einmal bei ihr und habe mich untersuchen lassen. Katrina meint, dass ich wieder Sport machen kann. Ich muss die zusätzlichen Kilo wieder loswerden.“ „Wie viel bringst du auf die Waage?“, fragte ich. „46 Kilo. Und mein Idealgewicht ist 43.“ Um 8:45 Uhr trafen Jelena und ich uns mit Brit im nahegelegenen Park. Wir brauchten eine Stunde für unsere Joggingrunde. Um 9:45 Uhr waren wir im Büro. Ich hüpfte schnell unter die Dusche und machte mich frisch. Danach ging Jelena duschen und zuletzt Brit. Um 10:25 Uhr klingelte das Telefon an Jelenas Platz. „Detektivbüro MacLain – Romanova, Sie sprechen mit Brit Olson.“, meldete sich unsere Sekretärin. „Mein Name ist Dora Correia da Silva. Ist Senhor MacLain oder Senhora Romanova zu sprechen?“ „Jelena Romanova steht direkt neben mir.“ Mit diesen Worten reichte Brit meiner Juniorpartnerin den Hörer. „Jelena Romanova. Was können mein Partner und ich für Sie tun, Miss Correia?“ „Ich bin zurzeit in Frankfurt am Main und würde in 30 Minuten bei Ihnen im Büro vorbeikommen. Dann können wir alles weitere besprechen.“ „Einverstanden.“ Um 10:55 Uhr klingelte es an der Eingangstür. Brit betätigte den Türöffner. Nur kurze Zeit später, konnten wir Schritte auf der Treppe hören. Schließlich klopfte es an der Tür unseres Detektivbüros. Brit öffnete. Die Frau, die eintrat, war eine richtige Augenweide. Sie war 1,60m groß und hatte einen schlanken, sexy Körper. Auch das ovale Gesicht mit den braunen Augen war ein Hingucker. Die Nase war zwar zu breit, fügte sich aber dennoch harmonisch in das Gesicht unserer Besucherin ein. Die braunen Haare, die blond gefärbt waren, trug Dora Correia da Silva offen, sodass sie bis zur Oberkante ihrer kleinen Brüste reichten. Die langen, sinnlichen Lippen und die leicht gebräunte Haut rundeten den ersten Eindruck ab, den ich mir von unserer möglichen Klientin machen konnte. Bekleidet war Dora Correia da Silva mit einem schwarzen Trägerkleid, dessen Träger sich am Hals kreuzten und schwarzen High Heels. 333 „Bitte setzen Sie sich, Miss Correia.“, sagte ich. „Nennen Sie mich bitte Dora.“ „Wie Sie wünschen.“ „Was können mein Partner und ich für Sie tun, Dora?“, fragte Jelena. „Ich bin in Rio de Janeiro die Dezernatsleiterin für Kinder- und Jugendprostitution.“ „Hat Rio nicht die höchste Kriminalitätsrate?“ „Wenn man wie ich aus den Favelas kommt, dann gerät man schnell auf die schiefe Bahn.“ Jelena und ich wechselten einen fragenden Blick. „In Rio gibt zwei Arten von Armenvierteln. Die Loteamentos irregulares, also die irregulären, und die illegalen, die Favelas. Und gerade in den Favelas ist die Kriminalitätsrate sehr hoch. Wenn wir in diesen Gebieten unterwegs sind, dann haben Sie bitte ihre Bleispritzen griffbereit.“, sagte Dora Correia da Silva. „Das klingt, als wären wir uns schon einig.“ „Ich habe mir sagen lassen, dass man Ihre Dienste selten unter 10.000 € in Anspruch nehmen kann. Wären 17.500 genug?“ „Preislich sind wir uns also einig. Aber wir brauchen schon noch nähere Informationen, damit wir uns ein Bild machen können.“ „Ich möchte meinen Vorschlag präzisieren. 17.500 € für jeden von Ihnen beiden, wenn Sie mir helfen, Kinder und Jugendliche vor dem Straßenstrich zu bewahren. Plus 10.000 zusätzlich, wenn Sie herausfinden, wer hinter der Gegenseite steckt.“ „Haben Sie mir eben nicht zugehört? Wir übernehmen keine Fälle, wenn uns der Klient keine näheren Informationen liefern kann.“ „Ich kann Ihnen jetzt keine Namen nennen. Wir wissen einfach nicht genug. Das einzige, was wir wissen ist, dass wir es mit zwei Vettern zu tun haben.“, sagte Dora. „Ist das alles?“ „Nicht ganz. Die Dynastie, der sie angehören, stellt ein echtes Wirtschaftsimperium dar.“ „Inwiefern?“ „Dieser Familie gehören Reedereien, Fluggesellschaften, Gold- und Silberminen, Diamantenminen und weiß der Teufel nicht noch alles.“ „Also an allzu viel Freizeit dürften die nicht zu leiden haben.“, sagte Jelena. „Ich finde das nicht komisch. Diesem Clan werden sogar Verbindungen zur Unterwelt nachgesagt.“ „Das heißt, es ist unmöglich, diesen beiden etwas nachzuweisen.“, sagte ich. „So in etwa. Aber die brasilianischen Unterweltbonzen sind dafür bekannt, potenzielle Informanten derart einzuschüchtern, dass diese gegenüber den Behörden lieber schweigen.“ „Sicherlich kommt es doch ab und an mal vor, dass jemand Cojones hat und trotzdem redet.“ „Ab und an mal ja. Aber die Strafe folgt in der Regel auf dem Fuß. Senhora Romanova.”, sagte Dora. „Ich gehe mal davon aus, dass solche Personen in der Regel mundtot gemacht werden.“ „Ja. Leider. Solche Verräter werden in der Regel mit der kolumbianischen Krawatte zum Schweigen gebracht. Und so eine Hinrichtung, zu mal in aller Öffentlichkeit vollzogen, schreckt ab. Das ist auch der Grund, warum wir kaum Informationen bekommen.“ „Was war denn die letzte Information, die man Ihrer Behörde hat zukommen lassen?“ „Wir haben erfahren, wo die beiden Vettern leben.“ „Dann bitte.“ „Die beiden residieren auf einem Anwesen in Rios Nobelviertel Copa Cabana.“ „Ich denke, wir wissen genug. Erwarten Sie unser Eintreffen am Donnerstag.“, sagte ich. „Ich danke Ihnen. Sie nehmen mir eine tonnenschwere Last von meinen Schultern.“ „Was tut man nicht alles für seine Mitmenschen. Meistens viel zu wenig.“ Am 11.06.2020 waren wir schon um 0:05 Uhr am Flughafen. Denn unser Flug startete um 4:00 Uhr. Meine Schwester Samantha hatte uns gefahren. 334 Unsere Koffer hatten Jelena und ich schon am Vortag aufgegeben. Am Eingang zur Sicherheitsschleuse verabschiedeten wir uns. „Passt auf euch auf. Ich habe herausgefunden, dass einer der beiden Vettern mit Patricia Velasquez verheiratet ist. In der brasilianischen Unterwelt kennt man sie als La Duchesse.“ Die Sicherheitsschleuse brachten meine Partnerin und ich ohne Probleme hinter uns. Der Mann hinter uns hatte Pech. Bei ihm schlug der Scanner an. Die Sicherheitsleute holten ihn aus der Schlange und führten ihn in eine Box. Dort wurde er von einem der Mitarbeiter abgetastet. Jelena und ich sahen aufmerksam zu. Der Mann war ein Latino mit lockigen, schwarzen Haaren und braunen Augen. Das ovale Gesicht besaß elegante Gesichtszüge und der hoch gezwirbelte Schnurrbart verlieh dem Verdächtigen das gewisse etwas. Der Körper war von athletischer Statur. Bekleidet war der Passagier mit einem weißen Anzug, einem schwarzen Hemd, schwarzen Socken und weißen Lackschuhen. Jelena und ich sahen mit Genugtuung, wie die Mitarbeiter der FRASEC aus der Innentasche der Anzugjacke eine Pistole hervorzogen. Es handelte sich um eine Smith & Wesson SD40 VE. Der verdächtige Passagier bestritt, der Besitzer der Waffe zu sein. Doch es nutzte nichts. „Die Waffe gehört mir nicht! Ich schwöre es!“, sagte er. „Das kannst du dem Richter erzählen Bürschchen.“ Der Mann wurde von Beamten der Bundespolizei abgeführt. Jelena und ich gingen weiter in den Transitbereich. Und während meine Juniorpartnerin sich nach freien Sitzplätzen umsah, studierte ich die Anzeigen, um das Gate für unseren Flug in Erfahrung zu bringen. Schließlich fand ich unseren Flug. Flug LAN 911 wurde an Gate D44 abgefertigt. Jelena und ich begaben uns direkt dorthin. Die meisten Passagiere blieben jedoch an ihren Plätzen. Bis auf zwei junge Frauen, die uns folgten. Die beiden besaßen einen schlanken, sexy Körper und sexy Beine. Auch die üppige Oberweite fiel auf. Die Augen hatten die beiden Damen hinter Gucci-Sonnenbrillen verborgen. Was Jelena und mir auch noch auffiel war, dass unsere Verfolgerinnen unterschiedlich groß waren. Die eine, eine rothaarige, war 1,70 m groß, die andere, eine Blondine, war 1,73 m groß. Bekleidet waren die Mädels mit schwarzen Catsuits mit Reißverschluss und schwarzen, langschäftigen Stiefeln. Was jedoch speziell mir auffiel, war, dass die beiden Ladies in Black keinen BH trugen. „Die beiden hängen an uns, wie die Kletten.“, raunte ich Jelena zu. „Also sind dir die beiden Schnepfen auch aufgefallen.“ „Jede Wette, die arbeiten für La Duchesse.“ „Wäre möglich.“ „Also für mich lässt das nur einen Schluss zu. Unsere Klientin wird seit ihrer Abreise aus Rio von Patricia Velasquez beschattet.“ „Zumindest von zwei Handlangern. Aber ich stimme dir in dem Punkt zu, dass Dora Correia da Silva beschattet wird.“, sagte Jelena. Nach und nach kamen die restlichen Passagiere, die ebenfalls nach Rio de Janeiro wollten. Um 3:45 Uhr wurde unser Flug dann zum Boarding aufgerufen. „Achtung! Alle Passagiere des Fluges LAN 911 nach Rio de Janeiro werden gebeten, 335 sich an Bord der Maschine zu begeben. Jelena und ich gingen an Bord und zeigten der Flugbegleiterin unsere Boardingpässe. Direkt nach uns betraten unsere Verfolgerinnen die Maschine. „Denkst du, was ich denke?“, fragte Jelena. „Sicher. Wir haben vielleicht nur eine Chance.“ Pünktlich um 4:00 Uhr startete unser Flieger nach Rio. Doch als die Maschine ihre Reiseflughöhe erreicht hatte passierte das, womit ich die ganze Zeit gerechnet hatte. Die beiden Grazien erhoben sich von ihren Plätzen und zückten zwei Messer. Die Blondine packte eine der Flugbegleiterinnen und hielt ihr das Messer an die Kehle. „Ladies and Gentlemen, darf ich kurz um ihre Aufmerksamkeit bitten. Dies ist eine Flugzeugentführung. Tun Sie, was wir Ihnen sagen, und Ihnen passiert nichts.“, sagte sie. „Und wohin fliegen wir?“ „Nach Dubai, Mr. MacLain.“ „Abwarten.“, sagte ich. „Ich würde an Ihrer Stelle keine allzu große Klappe riskieren. Melody! Bewache die Passagiere. Ich gehe ins Cockpit.“ „Alles klar, Emily!“ Die Blondine machte sich auf den Weg in Richtung Cockpit. Die rothaarige ging mit gezücktem Messer den Gang entlang. Als sie am Sitzplatz meiner Partnerin vorbeikam, sprang Jelena auf und rammte Melody mit voller Wucht den Ellenbogen auf den Solarplexus. Ich sprang auf und eilte in Richtung Cockpit, wo ich Emily stellte. Sie war ziemlich überrascht, als sie in den Lauf meiner Walther blickte. „Ich schätze das wars dann wohl Emily. Lass deinen Zahnstocher fallen, oder ich drücke ab.“ „Im Cockpit?! Haben Sie den Verstand verloren?“, ließ sich der Pilot vernehmen. „Ich würde eher sagen, dass Sie ausgespielt haben, Mr. MacLain. Melody wird gleich hier sein und Ihnen ihr Messer zwischen die Rippen knallen.“ „Das wage ich zu bezweifeln, Emily. Meine Juniorpartnerin hat deiner Komplizin nämlich einen Ellenbogenstoß auf den Solarplexus verpasst. Und dabei war Sie nicht gerade zimperlich. Melody ist kampfunfähig. Also wirf deinen Zahnstocher weg und nimm die Hände hinter den Kopf.“ Widerwillig ließ die Blondine ihr Messer fallen. Im Vorbeigehen warf sie mir einen vernichtenden Blick zu. Als wir in den Passagierbereich der Kabine zurück kamen, versuchte Emily, mich mit einem Handkantenschlag außer Gefecht zu setzen. Doch ich hatte mit so etwas gerechnet und rammte ihr das Knie mit voller Wucht im spitzen Winkel in den Unterleib. Die Blondine brach mit einem Schmerzensschrei zusammen. Nach einer Flugzeit von 12 Stunden und 8 Minuten landete unser Flieger auf dem Antônio Carlos Jobim-Flughafen. Unmittelbar nach der Landung erschienen Beamte der Policia Civil und nahmen die beiden Entführerinnen in Gewahrsam. Doch bevor wir aus der Maschine ausstiegen, mussten Jelena und ich eine regelrechte Dankesorgie über uns ergehen lassen. Umso glücklicher waren wir, als wir endlich aus dem Flieger draußen waren, und an der Gepäckausgabe auf unsere Koffer warteten. Als wir unsere Trolleys dann vom Förderband geholt hatten, führte uns unser Weg zum Ausgang. 336 In der Empfangshalle sahen meine Partnerin und ich uns nach einer Autovermietung um. Bei Hertz mieteten wir einen Peugeot 508 SW Allure. Der Wagen hatte das 8-Stufen-Automatikgetriebe in Kombination mit dem 1,6 Liter Pure Tech-Motor mit 180 PS. Selbstverständlich hatte man bei der Firmenleitung nicht bei den Extras gegeizt. So war unser 508 in Ultimate Rot Metallic lackiert und hatte das Full-LED-Paket an Bord. Auch eine induktive Ladestation fehlte nicht. Auch an den automatischen Geschwindigkeitsregler ACC hatte man bei Hertz gedacht. Ebenso an das Focal Sound System. Auch eine Alarmanlage inklusive Rundum-Innenraum- und Safesicherung durfte nicht fehlen. Auch ein Keyless-System und eine ferngesteuerte Heckklappe durften nicht fehlen. Auch die schwarzen Ledersitze Modell Claudia waren schön anzusehen. Und dam man bei Hertz bei den Extras etwas großzügiger war, hatte man unserem Peugeot die 18-Zoll Leichtmetallfelgen Modell „Hirone“ inklusive Notrad spendiert. Auch ein Easy Paket Plus und eine Night Vision hatte man beim Hersteller für unseren Mietwagen bestellt. Zu guter Letzt möchte möchte ich noch das Panoramadach mit Jalousie erwähnen, dass als Ausstell- oder Schiebedach genutzt werden kann. Und natürlich das iCockpit Amplify-System. Als wir zu den Stellplätzen gingen, fielen mir zwei Männer auf. Diese trugen weiße Leinenhosen und Hawaiihemden. Dazu trugen sie weiße Herrenschuhe und schwarze Socken. Einer von ihnen hatte ein Smartphone gezückt. Ganz offenbar hatte er den Lautsprecher aktiviert, denn ich konnte seinen Gesprächspartner hören. „Schlechte Nachrichten, Boss. Emily und Melody haben versagt.“, sagte er. „Was ist passiert?“ Also war der Gesprächspartner eine Frau. „Paul MacLain und seine Partnerin Jelena Romanova sind gerade hier in Rio gelandet.“ „Woher wissen Sie das?“ „Weil die beiden gerade an mir und meinem Bruder vorbeigegangen sind. Anscheinend haben sie einen Wagen gemietet.“ „Maldição. Aber es ist jetzt nicht mehr zu ändern. Hör zu Fernando. Du und dein Bruder Bernardo werdet die beiden Schnüffler im Auge behalten. Merkt euch vor allem den Namen des Hotels. Und dann erstattet mir Bericht.“ Vom Flughafen fuhren Jelena und ich zu unserem Hotel. Das Atlantico Business Centro war ein Betonklotz mit einer Glasfassade über dem Haupteingang. Wir parkten unseren Peugeot auf dem hoteleigenen Parkplatz. Wir waren gerade dabei, unsere Koffer aus dem Kofferraum zu holen, als ich einen dunkelblauen Bentley Brooklands bemerkte. Der Wagen parkte und auf der Beifahrerseite ließ man das Seitenfenster herunter. Ich erkannte sofort die Insassen des Wagens. Es waren die beiden Kerle, die wir am Flughafen gesehen hatten. Der eine, Fernando, hatte wieder sein Handy aktiviert. „Boss, hörst du uns?“, fragte er. „Klar und deutlich. Habt Ihr Neuigkeiten für mich?“ „Ich geb dir mal das Kennzeichen des Wagens durch. Es lautet PJ . 7777.“ „Und der Name des Hotels?“ „Es ist das Atlantico Business.“ „In Ordnung. Ich weiß, was ich wissen muss. Kommt in die Villa.“ Der Bentley fuhr wieder los. Beim Hineingehen sagte ich zu meiner Partnerin: „Ich sag dir was Jelena. Noch nie haben wir geholfen, einen Gegner zur Strecke 337 zu bringen, der so gefährlich ist wie La Duchesse.“ „Das wird kein leichter Job, da geb ich dir Recht. Aber wir haben auch den Paten hochgehen lassen. Und Manfred Schicklgruber.“ „Das schon. Aber ich hab kein gutes Gefühl. Ich schätze, wir brauchen die Hilfe der Cousinen.“ „Du meinst Hera und Alejandra.“ Ich nickte stumm. „Würde mich nicht wundern, wenn die beiden Schönheiten bald hier auftauchen.“ Als wir die Lobby des Hotels betraten, sah die Dame an der Rezeption gerade von ihrem Bildschirm auf. Und wer das war, brauche ich ja nicht extra zu erwähnen. Ein breites Grinsen trat in das Gesicht der Dame, als sie uns erkannte. „Paul MacLain und Jelena Romanova. Euch zwei verschlägt es aber auch überall hin.“, sagte Kattie. „Wir sind dienstlich hier.“ „Mal wieder.“ „Wieso mal wieder?“ „Habt Ihr in Südafrika nicht schon genug Action für dieses Jahr gehabt?“ „Man muss halt mal was tun, für sein täglich Brot.“, sagte Jelena. „Seid Ihr auf La Duchesse angesetzt?“ „Dito, Kattie.“ „Dann haltet eure Argusaugen offen. Diese Frau ist sehr gefährlich. Und vor allem ist sie verdammt gerissen.“ „Das hat man über den Paten auch gesagt und was ist am Ende passiert? Er hat sich am Ende selbst das Hirn durch die Schädeldecke geblasen.“ „Und Manfred Schicklgruber hat sich auch selbst gerichtet.“ Kattie begleitete uns noch auf unsere Zimmer, die im achten Stock lagen. Ich hatte Zimmer 810, Jelena bewohnte die Nummer 811. Auf Jelenas Zimmer setzten wir uns kurz mit Kattie zusammen. „Ich hoffe du kannst uns einiges an Informationen liefern, die die ganzen Ereignisse der letzten Stunden erklären.“, sagte ich. „Was ist denn passiert?“ „Zwei Frauen haben versucht die Maschine zu entführen, mit der wir heute in Rio gelandet sind.“ „Außerdem haben wir zwei Männer beobachtet, die ihren Auftraggeber über jeden unserer Schritte informiert haben. Die sind uns sogar hierher gefolgt. Der Wagen war ein Bentley Brooklands. Kennzeichen HX.8090.“ „Ich versuche über die KFZ-Stelle den Besitzer des Wagens ausfindig zu machen. Aber das wird einige Zeit dauern.“ Um 19:00 Uhr gingen Jelena und ich ins Restaurant unseres Hotels um unser Abendessen einzunehmen. Ich sah mich nach einem freien Tisch für uns um. Ich entdeckte einen Tisch für vier Personen. Doch zwei der Plätze waren bereits belegt. Und dort saßen Hera Arnakis und ihre Cousine Alejandra Valderrama. Nach einer innigen Begrüßung holten Jelena und ich uns was zu essen und setzten zu den beiden Cousinen. „Wie war die Anreise?“, fragte Alejandra. „Stressig.“ „Was meinst du damit, Paul?“ „Man hat versucht, die Maschine zu entführen, mit wir heute Nachmittag hier in Rio gelandet sind.“ „Außerdem sind uns zwei Typen gefolgt, die am Flughafen bei den Stellplätzen herumgelungert haben. Sie heißen Fernando und Bernardo.“ „Die Portela-Brüder.“ „Ihr kennt die beiden?“ „Nicht persönlich. Aber wir wissen so einiges über diese beiden Rotzlutscher.“ „Dann lasst uns an eurem Wissen teilhaben.“, sagte Jelena. „Fernando und Bernardo Portela. Geboren am 12.08.1974 in Brasilia. Die beiden sind gerade einmal 4 Minuten auseinander.“ „Ist das alles?“ „Nein. Die beiden sind in ärmsten Verhältnissen aufgewachsen. Der Vater war Straßenkehrer und die Mutter war Buchbinderin.“ „Und wie hat sich die Familie über Wasser halten können?“, 338 fragte Jelena. „Die Mutter ging noch nebenbei anschaffen.“ „Weiß eine von euch beiden Grazien den Namen?“ „Delia Velasquez.“, sagte Hera. „Und Delia Velasquez ist...“ „Die Schwester von Patricia Velasquez. Und diese ist die Tante der beiden Brüder.“ „Hätte La Duchesse ihre Schwester finanziell nicht unterstützen können?“, fragte ich. „Das Geld wäre durchaus vorhanden gewesen. Aber Patricia hat für ihre Schwester nicht einen müden brasilianischen Real springen lassen.“ „Wisst Ihr vielleicht, warum?“ „Bedauerlicherweise nein.“ „Was mich aber eher interessiert, ist, warum Patricia Velasquez unbedingt unsere Ankunft hier verhindern wollte.“, sagte Jelena. „Die Frage können wir euch beantworten.“ „Dann bitte.“ „Dora Correia da Silva, eure Klientin, musste mal für La Duchesse anschaffen. Sie war ihr bestes Pferd im Stall, wie man so schön sagt. 2016 ist sie dann allerdings ausgestiegen. Und das hat ihr Patricia Velasquez nie verziehen.“ „Wie meinst du das, Alejandra?“ „Ganz einfach. Wer für La Duchesse auf den Strich geht, kommt erst von ihr los, wenn sie keine Verwendung mehr für sie hat.“ „Und deswegen versucht diese Frau alles, um unserer Klientin eine Niederlage beizubringen.“ „Genau. Sie hat Dora Correia da Silva ewige Rache geschworen.“ „Die Frau ist ja nachtragender als eine Elefantenkuh.“, sagte ich. „Für sie ist es ein schwarzer Fleck auf ihrer blütenweißen Weste. Sie fühlt sich gedemütigt.“ Am nächsten Tag trafen wir uns nach dem Frühstück mit unserer Klientin. „Ich habe gehört, was passiert ist. Gut, dass Sie beide, die beiden Entführerinnen unschädlich machen konnten.“, sagte Dora nach einer netten Begrüßung. „War eine Kleinigkeit. Es braucht schon mehr, als nur ein Buschmesser um es mit einem ehemaligen SAS-Kommandeur und einer ehemaligen Speznas-Agentin aufzunehmen.“ „Und wir haben auch schon herausgefunden, wer Ihnen versucht einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen.“ „Wer ist es?“ „Sie kennen die Dame. Es ist Patricia Velasquez. Man nennt Sie auch „La Duchesse“. Und sie war auch mal Ihre Zuhälterin.“, sagte Jelena. „Sie wissen davon?“ „Kennen Sie Alejandra Valderrama und Hera Arnakis?“, fragte ich. „Zumindest Alejandra. Sie war auch diejenige, die mir geholfen hat, dem Straßenstrich den Rücken zu kehren.“ „Sie und ihre Cousine, haben uns die entsprechenden Informationen beschafft. Den Namen Ihrer Gegnerin haben wir von meiner Schwester erfahren.“ Später waren wir mit unserer Klientin in einer der Favelas unterwegs. Ich konnte die aufgeheizte Atmosphäre geradezu spüren. Auch die skeptischen und ablehnenden Blicke konnte ich spüren. Man wollte Jelena und mich hier nicht. Und es gab nur eine Person, die ein berechtigtes Interesse daran hatte, dass wir versagten. Und dies war niemand anderes als Patricia Velasquez. An der Ecke Rua Camino/Avenue Marechal Floriano rannte eine junge Frau beinahe in uns hinein. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt nicht den Nerv mir die Kleine anzusehen, denn es galt, uns deren Verfolger vom Hals zu schaffen. Als einer der Kerle um die Ecke kam, verpasste ich ihm einen Schlag vor die Stirn und schlug ihm noch einmal ins Gesicht. Doch leider verfolgten uns diese Bastarde nun durch ganz Rio. Ständig mussten wir irgendwo ein Versteck suchen. Um 22:00 Uhr schlüpften wir 339 durch den Hintereingang des Nachtclubs Carioca da Gema. Dummerweise erwischte uns der Türsteher. „Boa Tarde Senhores. Haben Sie eine Einladung?“, fragte er. „Bitte entschuldigen Sie, dass wir einfach so rein platzen. Aber wir werden schon den ganzen Tag von drei Männern verfolgt. Ja, ich weiß, Sie glauben uns nicht. Aber es ist die Wahrheit.“ „Ich habe nicht gesagt, dass ich Ihnen nicht glaube. Aber aus diesem Club kommt nur raus, wer vorher ein Liedchen zum Besten gibt.“ „Und was wird gewünscht?“ „Das bleibt Ihnen überlassen.“ „Könnt Ihr singen, Ladies?“ „Das brauchst du mich nicht zu fragen, Towarischtsch.“, sagte Jelena. „Ich weiß. Ich hab dich ja oft genug unter der Dusche singen hören, als wir noch zusammen gewohnt haben.“ Dann ging es ab auf die Bühne. Der Clubbesitzer sah uns an. „Haben Sie sich ein Lied ausgesucht?“, fragte er. „The Thrill is gone, von B.B. King.“ „Und Sie sind...“ „Mein Name ist MacLain. Paul MacLain. Und die Dame ist meine Juniorpartnerin Jelena Romanova.“ „Ladies and Gentlemen. Gerade eben hat uns die bezaubernde Luna mit ihrer Gesangseinlage verzaubert. Nun hören wir ein berühmtes Ermittlerduo. Paul MacLain und Jelena Romanova singen für uns „The Thrill is gone“ von B.B. King.“ Die Band war schon bereit, als ich den Einsatz gab. „One. One, two, three, four.“, sagte ich. Der Drummer begann und der Leadgitarrist setzte ein. Dann begann ich zu singen. „Thrill is gone. The thrill is gone away. Thrill is gone, baby. The thrill is gone away. You done me wrong baby. And you're gonna be sorry someday.“ Die zweite Strophe sang Jelena. „Thrill is gone. The thrill is gone away from me. Thrill is gone, baby. The thrill is gone away from me. Although I'll still live on. But so lonely I'll be.“ Ein stürmischer Applaus wurde uns zuteil, als wir dann im Quartett mit unserer Klientin und der unbekannten jungen Blondine die restliche Strophe zum besten gegeben hatten. Wir wollten gerade den Club verlassen, als aus dem Publikum die obligatorischen Rufe nach Zugabe ertönten. Zum Glück hatte ich noch ein Lied von Chris Rea auf Lager. „Heißt hier jemand mit Vornamen Josephine?“, fragte ich ins Publikum. Keine der anwesenden Damen stand auf. „Oder Julia?“ Ein etwas älterer Mann stand auf. „Meine Tochter heißt Julia.“ „Und wie alt ist sie?“ „12 Senhor. Sie hat heute Geburtstag.“ „Dann alles gute. Ist ihre Tochter denn auch anwesend?“ Der Mann hob ein Mädchen mit einem brünetten Wuschelkopf auf einen Barhocker. „Dann bekommst du noch dieses Lied von mir als Geburtstagsständchen, kleine Julia.“ Also gab ich wieder den Einsatz. „One. One, two, three, four.“ Der Drummer fing genauso an, wie in dem Lied von Chris Rea. Der Leadgitarrist stimmte mit ein. „Eyes so bright, so big and wide. Make you feel so strange. Somewhere deep inside, It's the face of an angel, Soul of the devil may care. How I'd love to know, what goes on in there. She needs your love, She needs it every day. But speak of love, See her laugh and run away. Julia, which way will you go? Julia, I want to know. Julia, only the moon and stars. Julia, know just where you are. Julia“ Um 23:30 Uhr waren wir wieder im Hotel. Auf Jelenas Zimmer hatte ich endlich 340 Zeit, die junge Frau genauer in Augenschein zu nehmen. Sie war 1,73 m groß und hatte einen sexy Körper, der aber kein Gramm Fett zu viel aufwies. Das ovale Gesicht mit den rehbraunen Augen offenbarte eine breite Nase, die sich aber dennoch harmonisch ins Gesicht einfügte und kurze, rot geschminkte, sinnliche Lippen. Die blonden Haare trug die junge Dame offen, sodass sie über ihre Schulter bis zu ihrer Taille reichten. Außerdem verfügte sie über eine üppige Oberweite. Auffällig war auch das Muttermal unterhalb des rechten Nasenflügels. Bekleidet war die unbekannte Schönheit mit einem schwarzen Minikleid mit breiten Trägern und schwarzen High Heels. Um den Hals trug sie noch eine Halskette mit einer Perle in Tränenform und am rechten Handgelenk noch ein Armband aus Perlen. Das Alter schätzte ich auf 24 Jahre. „Ich sollte wohl erst mal Obrigada sagen, Senhor. Ihnen und ihrer Partnerin verdanke ich, dass mich diese schmierigen Typen nicht eingesackt haben.“ „Was waren das eigentlich für Käsemilben?“, fragte ich. „Das waren Häscher. Salteadores. Sie haben die Aufgabe ein Mädchen, das gut aussieht zu fangen und zu ihrem Auftraggeber zu bringen.“ „Denen haben wir die Suppe heute aber gründlich versalzen.“ „Wir haben es geschafft eine junge Dame dem Zugriff von La Duchesse zu entziehen. Aber Miss Velasquez hat doch sicher mehrere solcher Kommandos.“ „Bedauerlicherweise ja.“ „Wie heißt du eigentlich?“, fragte ich. „Thais. Der Name stammt aus dem ägyptischen und bedeutet „Die zur Göttin Isis gehörende“. „Und wie alt bist du, Thais?“ „18, Senhor MacLain.“ „Ich kenne Thais Familie. Die Leute können einem Leid tun. Der Vater ist arbeitslos und die Mutter muss noch drei weitere Kinder durchfüttern und kann nicht arbeiten gehen.“ „Das heißt, Thais muss für ihre Familie sorgen.“ „So gesehen, ja. Ich habe gerade die Schule abgeschlossen und will bald mit dem Studieren anfangen. Aber hier in Brasilien sind die Möglichkeiten nicht so breit gesät.“, sagte Thais. „Darf ich fragen, was du studieren willst?“, fragte ich. „Ich will Medizin studieren und später als Frauenärztin arbeiten.“ „Eine Frau mit Ambitionen.“ Während des Gesprächs hatte sich Jelena über ihren Laptop mit dem Internetzugang des Hotels verbunden und suchte nun in Frankfurt am Main, nach Studiengängen im medizinischen Bereich. „Ich glaube, ich hab was.“, sagte sie. „Was hast du?“ „Einen Studienlehrgang im Fachbereich Frauenmedizin, an der Johann-Wolfgang-von-Goethe-Universität. Es beginnt am 12.10.2020. Die Bewerbungsfrist hat schon begonnen und endet am 15.07.2020. Hast du Abitur, Thais?“ „Si, Senhora Romanova.“ „Gut. Denn die Studiengänge sind durch den Numerus Clausus zulassungsbeschränkt.“ Mit Jelenas Hilfe erstellten wir eine Onlinebewerbung und reichten alle Zeugnisse als Anlage mit ein. Nun lag es an der Leitung von Frankfurts renommierter Universität, Thais Bewerbung zu akzeptieren, oder sie abzuschmettern. Danach war erst mal Schlafenszeit. Jelena hatte Thais bei sich im Zimmer einquartiert. In der Villa im Stadtteil Copa Cabana war Patricia Velasquez außer sich vor Wut. „IHR SEID STÜMPER! LASST DAS MÄDCHEN ENTWISCHEN! WAS HABT IHR ZU EURER VERTEIDIGUNG ZU SAGEN?“ „Wir hätten die Kleine ja her gebracht, 341 aber Paul MacLain hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er hat Amando erst einen Schlag an die Stirn verpasst und ihn dann mit einem Schlag ins Gesicht zu Boden gestreckt.“ „War er allein?“ „Nein. Jelena Romanova und ihre ehemalige Mitarbeiterin Dora Correia da Silva waren noch bei ihm.“ „Auch das noch. Na schön. Dann müssen wir uns eben nach Ersatz für Thais umsehen. Ihr kriegt noch diese eine Chance. Wenn Ihr die auch noch verbaselt, seid Ihr tote Männer. Habe ich mich klar ausgedrückt?“ „Noch klarer geht’s ja wohl nicht, Boss.“ Später am Tag trafen wir Thais Vater Osvaldo. Wir waren gerade auf der Dachterrasse unseres Hotels, als Kattie zu uns kam, Thais Vater im Schlepptau. „Entschuldigen Sie bitte die Störung, Senhor MacLain. Man hat mir berichtet, dass Sie und ihre Partnerin meine Tochter Thais vor dem Zugriff durch die Salteadores von Senhora Velasquez bewahrt haben. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen.“, sagte Thais Vater. „Das war nicht der Rede wert, Mister...“ „Oh, ich muss mich wieder entschuldigen. Mein Name ist Osvaldo Amerigo La Riguna.“ „Freut mich, Sie kennenzulernen, Sir.“ Jelena meldete sich zu Wort. „Sorry Leute. Aber wie geht es denn jetzt weiter?“ „Erst mal müssen wir zusehen, dass Thais Brasilien verlässt. Wenn sie hier bleibt, dann besteht die Gefahr, dass La Duchesse noch einmal versucht, sie in die Finger zu kriegen.“ „Können Sie denn so kurzfristig einen Flug buchen?“ „Wir werden es zumindest versuchen. Packen Sie bitte inzwischen Thais Sachen zusammen und seien Sie in spätestens einer Stunde wieder hier im Hotel.“ „Si, Senhor.“ Jelena schaffte es tatsächlich, einen Flug von Rio de Janeiro nach Frankfurt am Main zu buchen. Flug LH 777 sollte Thais in die Mainmetropole bringen. Der Start sollte um 21:30 Uhr erfolgen. Um 15:00 Uhr kam Thais Vater wieder ins Hotel und übergab seiner Tochter einen bordeauxroten Trolley. Jelena lud den Koffer in unseren Mietwagen. Ich gab Thais noch unsere Visitenkarten mit. „Schick einem von uns eine SMS, wenn du in Frankfurt gelandet bist.“, sagte ich. „Mach ich, Paul. Und noch mal, vielen Dank für alles.“ „Kein Ding. Und jetzt ab mit dir.“ Um 17:00 Uhr kam Jelena zurück. „Alles klar. Thais hat die Sicherheitsschleuse passiert. Noch viereinhalb Stunden und unser Protegé ist in Sicherheit.“ „Das sind mal gute Nachrichten. Ich hab Kelly benachrichtigt und sie gebeten Thais abzuholen. Sie soll mich per SMS informieren, ob Thais angekommen ist oder nicht.“ „Sehr gut. So haben wir Gewissheit, dass Thais es geschafft hat. Jede Wette, diese Herzogin ist eine Frau, die nicht so leicht aufgibt.“ „Eure Vermutung ist durchaus zutreffend, Jelena. Aber wir können euch beruhigen. Patricia Velasquez hat Thais abgeschrieben.“ Unbemerkt waren die beiden Cousinen dazu gekommen. „Na immerhin.“ „Freu dich nicht zu früh, Paul. La Duchesse ist wie eine Krake, die mit ihren Tentakeln nach Beute greift. Ihr habt mit der Rettung von Thais einen kleinen Achtungserfolg erzielt. Für die Velasquez ist das wie ein Nadelstich. Ihr müsst noch ein paar Nadelstiche mehr setzen.“, sagte Hera. „Außerdem hat Kattie herausgefunden, wem der Bentley gehört, der euch vom Flughafen hierher gefolgt ist.“ „Sag nichts, Alejandra. Die englische Nobelkarosse gehört Patricia Velasquez.“ „Nein. Die gehört ihrem Ehemann. Einem Don Bastiano Juao Coimbra de la 342 Coronilla y Azevedo.“ „Gesundheit.“ „Wir haben noch etwas raus gefunden.“, sagte Alejandra. „Spuck aus.“ „Patricia Velasquez hat die Truppe unter Druck gesetzt, der ihr begegnet seid. Außerdem ist sie keine gebürtige Brasilianerin.“ „Heißt?“ „Die Familie stammt ursprünglich aus Belize. Erst durch ihre Hochzeiten, haben die beiden Schwestern die brasilianische Staatsbürgerschaft bekommen.“ „Interessant.“ „Aber wieso hat Patricia ihre Schwester so eiskalt lächelnd ihrem Schicksal überlassen?“, fragte Jelena. „Sie ist die jüngere der beiden.“ Um 17:30 Uhr machten wir uns wieder auf den Weg. Dieses Mal begleiteten wir Dora Correia da Silva in einen anderen Stadtteil Rios. Dieses Mal waren wir in Santa Teresa unterwegs. Doch Aufgrund des Vorfalls vom 10.06. waren dieses mal bewaffnete Sicherheitskräfte dabei. An der Ecke Rua Constante Jardim/Rua Felicio Dos Santos rannte wieder eine junge Frau beinahe in uns hinein. Jelena war geistesgegenwärtig und bugsierte das Mädchen in einen Hauseingang. Der erste Verfolger kam um die Ecke. Er trug ein rotes Kopftuch und war athletisch gebaut. Umso überraschter war er, als er sich mir gegenübersah. Doch ehe er sich von dem Schock erholt hatte, hatte ich ihn schon die Hauswand gedrückt. „So Kasperle. Jetzt mal Butter bei die Fische. Ich bin sehr musikalisch nun sing mir mal ein schönes Lied.“ „Von mir erfahren Sie nichts, Senhor.“ Ich verdrehte ihm den Arm auf den Rücken. „Also was ist? Quatschst du nun? Kleiner ich verbieg dir die Knochen bis du lachst.“ Ich verdrehte den Arm noch weiter. Doch der Kerl war ein zäher Bursche. „Also, erzählst du mir freiwillig was?“, fragte ich. „Nein.“ „Oh doch, wollen wir wetten?“ „Niemals.“ Nun hatte ich aber endgültig die Schnauze voll. Ich drückte den Typ wieder an die Hauswand. „Nu hör mal, mit deinem roten Putzlappen an der Knolle siehst du zwar aus, wie ne bildschöne Marktfrau. Aber: Ich behandele dich anders! Na was hör ich jetzt? Also fang an zu singen!“ „Na schön, na schön. Sie haben mich überzeugt.“ „Sehr gut. Also raus mit der Sprache. Wer ist dein Auftraggeber?“ „Patricia Velasquez.“ „Und wo befindet Sie sich zurzeit?“ „Sie ist in der Praxis von Professor Andreas von Strelitz.“ „Na schön, dann kommen wir mal zur nächsten Frage. In welchem Verhältnis steht La Duchesse zu Professor von Strelitz?“ „Er ist ihr Vertrauter.“ Weiter kam der Kerl nicht, denn jemand hatte ihm mit einem Blasrohr einen Giftpfeil ins Genick gejagt. „Verschwinden wir lieber.“, sagte Jelena. „Wollte ich auch gerade vorschlagen.“ Und wieder gab es eine Verfolgungsjagd durch ganz Rio. Und einmal mehr gelang es uns, unbemerkt ins Carioca da Gema zu gelangen. Dieses Mal trafen wir den Clubbesitzer persönlich. „Sind Sie wieder auf der Flucht vor den Häschern von La Duchesse?“, fragte er. „Leider.“ „Und ihre Häscher wollten wohl die süße rothaarige bei ihrer Chefin anschleppen.“ „Vermutlich.“ „Wäre ich sonst Hals über Kopf abgehauen?“, ließ sich unsere Begleitung vernehmen. Zum ersten Mal hatte ich Zeit, mir das Mädchen genauer zu betrachten. Die Kleine war 1,65 m groß und hatte einen sexy Körper und sexy Beine. Ihre roten Haare trug sie offen und als Dauerwelle, sodass sie über ihre Schultern fielen und bis zu ihren Brüsten reichten. Das ovale Gesicht mit der schmalen Nase und den sinnlichen Lippen 343 besaß ein Paar grüner Augen, dass jeden Mann sicherlich in seinen Bann zog. Bekleidet war das Mädchen mit einem Kleid im Leopardenlook und schwarzen High Heels. „Bevor wir wieder eine Gesangseinlage zum Besten geben, hätte ich Sie gerne über Professor Andreas von Strelitz befragt.“, sagte ich. „Ich weiß so gut wie gar nichts über ihn.“ „Und was ist das wenige, was Sie über ihn wissen?“ „Er ist ein Spezialist auf dem Gebiet der Psychoanalyse.“ „Heißt im Klartext?“ „Der Mann ist ein Seelenklempner, Towarischtsch.“, klärte mich Jelena auf. „Ich würde sagen, das klären wir später. Jetzt müssen wir erst mal wieder singen.“ „Also mir macht das nichts aus.“ „Also dann ab auf die Bühne.“ „Nicht so eilig. Sie haben noch Zeit. Aber wenn ich richtig informiert bin, dann bleiben bis zu deren nächsten Auftritt die Instrumente auf der Bühne. Die Jungs haben nichts dagegen, wenn jemand anders mal darauf spielt.“ „Kann jemand von euch Gitarre spielen?“ „Akustische ja, aber keine E.“, sagte Jelena. „Ich kann auch nur akustisch.“ „Macht nichts. Es sind drei Stück.“ „Kennt jemand von euch das Lied „A Horse with no Name?“, fragte ich. „Ich sing das jeden morgen unter der Dusche,Towarischtsch.“ „Können der Bassist und der Drummer vielleicht auf der Bühne bleiben, und uns unterstützen?“ „Das lässt sich einrichten. Aber die Trommeln sind nur Bongotrommeln.“ „Na noch besser.“ Schließlich war die Band fertig. Nur der Bassist und der Drummer waren übrig. „Ladies and Gentlemen. Vor zwei Tagen haben uns Paul MacLain und seine Partnerin Jelena Romanova schon einmal mit einer einem Stück von B.B. King ein musikalisches Schmankerl geboten. Heute zeigen sie uns, dass es auch ohne E-Gitarre und Verstärker geht. Wir hören das Lied „A Horse with no Name. Senhor MacLain, Senhora Romanova, the Stage is yours.“ Wie schon vor zwei Tagen gab ich den Einsatz. „One. One, two, three four.“ Dann fing ich an zu spielen und Jelena und unsere unbekannte rothaarige stimmten mit ein. Mit „On the first part of the journey I was looking at all the life. There were plants and birds and rocks and things There was sand and hills and rings. The first thing I met was a fly with a buzz. And the sky with no clouds, The heat was hot and the ground was dry, but the air was full of sound. I've been through the desert on a horse with no name. It felt good to be out of the rain. In the desert you can remember your name. Cause there ain't no one for to give you no pain.“, sang ich die erste Strophe. Ab „ La, la, la, la, la, la La, la, la, la, la, la.“, setzten Jelena und unser Schützling mit ein. Um 22:30 Uhr waren wir wieder in unserem Hotel. „Was hat Patricia Velasquez eigentlich davon, dass sie junge Frauen eiskalt lächelnd auf den Straßenstrich schickt?“ „Eine gute Frage, Towarischtsch.“ „Diese Frage müsste uns eigentlich Professor von Strelitz beantworten können.“ „Der wird uns nichts verraten. Ärztliche Schweigepflicht.“ „Was wissen wir eigentlich über ihn? Ich meine außer seinem Beruf.“ Es klopfte an der Tür. „Wer ist da?“ „Zimmerservice.“, hörte ich eine Männerstimme. „Ich habe nichts bestellt. Verschwinden Sie!“ gab ich schroff zurück. Ich hörte wie sich Schritte von der Tür meines Zimmers entfernten. „Die Stimme kenne ich.“, sagte Jelena. „Und wer war das?“ „Das war Fernando.“ „Du 344 meinst der Typ vom Flughafen?“ Meine Partnerin nickte. „Die wissen ja, in welchem Hotel wir abgestiegen sind. Also war es nicht schwierig uns aufzustöbern.“ Ich wusste nur zu gut, dass meine Juniorpartnerin recht hatte. Erneut klopfte es an der Tür meines Zimmers. „Wer ist da?“ „Hera Arnakis.“ Doch ich merkte schnell, dass nicht Hera vor meiner Tür stand. „Sie sind garantiert nicht Hera Arnakis. Verschwinden Sie auf der Stelle, Senhora Velasquez.“ Ein lauter Schrei wurde hörbar. Sowohl Jelena als auch ich wussten, dass Patricia Velasquez vor Wut kochte, weil ich ihr Täuschungsmanöver durchschaut hatte. „SIE WERDEN DEN TAG VERFLUCHEN, AN DEM SIE SICH ENTSCHIEDEN HABEN, FÜR DORA CORREIA DA SILVA DIESE VERRÄTERIN ZU ARBEITEN!“ „Shut up, Bitch!“, sagte ich. Wieder stieß La Duchesse eine wütenden Schrei aus, stapfte mit dem Fuß auf und verschwand. „Na wenn das keine Strafanzeige wegen Ruhestörung gibt.“, sagte ich. Wieder klopfte es an meiner Zimmertür. „Wer ist da?“ „Hera Arnakis.“ „Wie heißt Ihre Cousine?“ „Alejandra Valderrama. Können wir rein kommen?“ Ich sah Jelena an. Sie nickte. Also öffnete ich die Tür und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als tatsächlich die beiden Cousinen vor meiner Zimmertür standen. Kaum war die Tür wieder zu, musste ich mir erst mal einen Rüffel von Hera gefallen lassen. „Sag mal Paul, was sollte das denn? Wieso hast du mich gesiezt und gefragt wie meine Cousine heißt?“, fragte sie streng. „Weil ich sicher gehen wollte, dass nicht schon wieder jemand an der Tür steht, und sich für dich ausgibt.“ Hera sah mich fragend an. „La Duchesse war gerade hier und hat behauptet, sie wäre du. Und nur du weißt, den Namen deiner Cousine.“ „Dir sei noch mal verziehen. Und was diese dumme Pute angeht, so werde ich mit ihr abrechnen.“, sagte Hera. „Das überlässt du mir, Cousine.“ „Okay, Ladies. Back to Business. Weiß eine von euch beiden etwas über einen Psychologen namens Andreas von Strelitz?“ „Andreas von Strelitz geboren am 15.05.1970 in Breslau. Hat an der dortigen Universität Psychologie studiert. Ist 2000 mit seiner Frau Ludmilla und Tochter Michelle hierher nach Rio ausgewandert.“ „Dann muss er aber über entsprechende Geldmittel verfügt haben, wenn er sich nach seiner Ankunft hier gleich selbstständig gemacht hat.“, sagte Jelena. „Er hat seine Praxis von einem älteren Kollegen übernommen, als sich dieser in Ruhestand verabschiedet hat.“ „Uns wurde gesagt, dass Professor von Strelitz der engste Vertraute von Patricia Velasquez ist.“ „Aber der Typ, der uns diese Information gegeben hat, wurde direkt vor unseren Augen ermordet. Jemand hat ihm mit einem Blasrohr einen Giftpfeil verpasst.“, sagte Jelena. „La Duchesse weiß jetzt, dass es für sie und für Professor von Strelitz gefährlich wird. Kann also sein, dass die beiden versuchen werden zu türmen.“ „Wie werden die Mädchen, die für Senhora Velasquez anschaffen gehen sollen, eigentlich ausgesucht?“, warf ich eine nicht unerhebliche Frage in die Runde. „Das macht Professor von Strelitz.“ „Und wie geht er dabei vor?“ „Er hat mich einfach angesprochen. Hat mich gefragt, wie ich mich fühle.“, sagte die rothaarige. 345 „Und wie hast du dich gefühlt?“ „Ich bin traurig. Mein jüngerer Bruder Alberto ist gestern Nacht gestorben. Er war gerade erst 15 Jahre alt geworden.“ „Mein Beileid.“ „Was hast du Professor von Strelitz geantwortet?“ „Dass er mich in Ruhe lassen soll. Aber er hat nicht locker gelassen. Er hat solange auf mich eingeredet, bis ich mit ihm in seine Praxis gegangen bin.“ „Und was geschah dort?“, fragte Dora. „Ich musste mich auf eine Couch legen. Dann hat mich Professor von Strelitz hypnotisiert.“ „Unter dem Einfluss seiner Hypnose hast du ihm alles erzählt, was er wissen wollte.“ „Si, Senhor.“ „Wie heißt du eigentlich?“ „Maricarmen.“ „Ich nehme mal an, dass du auch Pläne für die Zukunft hast, mit denen du deine Familie unterstützen willst.“, sagte Jelena. Maricarmen nickte. „Und was willst du machen?“ „Ich will IT studieren und später als IT-Beauftragte in einem großen Unternehmen arbeiten.“ „Und das hast du auch Professor von Strelitz unter Hypnose erzählt.“, folgerte ich. „Ja. Später sagte er mir, dass er jemanden kennt, der über die finanziellen Mittel verfügt um mir helfen zu können. Er bat mich kurz zu warten und hat das Zimmer verlassen. Nach 5 Minuten kam er in Begleitung einer Frau zurück.“ „Kannst du sie uns beschreiben?“ Maricarmen ließ sich einen Stift und ein Blatt Papier geben und fing an zu zeichnen. Ihr Bild zeigte eine 1,63 m große Frau mit sexy Beinen und einem recht ansehnlichen Körper. Die Oberweite fiel zwar nicht sehr üppig aus, ließ den Körper aber auch nicht überladen wirken. Das ovale Gesicht mit den braunen Augen und der breiten Nase wirkte auf den ersten Blick vertrauenerweckend. Die sinnlichen Lippen rundeten den ersten Eindruck ab. Ihre braunen Haare trug Patricia Velasquez offen, sodass sie bis zur Oberkante ihre Brüste reichten. Auf dem Kopf trug sie einen breitkrempigen Sommerhut für Frauen. Dazu trug La Duchesse ein cremefarbenes Sommerkleid und eine Perlenkette. Ihre Schuhe waren cremefarbene High Heels. „Mal eine Frage, Maricarmen.“, sagte Hera. „Bitte.“ „Hat Patricia Velasquez irgendetwas zu dir gesagt, als sie das Zimmer betreten hat?“ „Hat sie.“ „Kannst du dich noch an den ungefähren Wortlaut erinnern?“ „Sie hat gesagt: „Deine Zukunftspläne interessieren mich einen Dreck. Du bist ab sofort eine meiner Nutten. Und das bleibst du solange, wie es mir passt.“ Da bin ich dann abgehauen.“ „Eine kluge Entscheidung. Und ein verdammtes Glück, dass du uns in die Arme gelaufen bist.“ „Was meinst du, Jelena?“ „Wir haben Thais nach Deutschland geschickt. Apropos. Hat sie sich eigentlich gemeldet?“ „Ja hat sie. Kelly hat ihre Ankunft bestätigt.“ „Gut. Aber es würde auffallen, wenn wir auch Maricarmen nach Deutschland schicken würden.“ „Warum schicken wir sie nicht nach Kreta? Ramon ist alleine und würde sich über Gesellschaft freuen.“ „Würdest du das veranlassen?“ „Ist schon so gut wie erledigt.“ Am nächsten Morgen brachten wir Maricarmen zum Flughafen. Ein weißer Lincoln Towncar wartete vor dem Hotel. El Doberman und Maricarmen stiegen in den Fond der Limousine, die Leibwächter setzten sich gegenüber. „Wir sehen dich später, Alejandra.“ „Sicher. Hasta Luego, Paul.“ Der Lincoln fuhr los. Kaum war die Stretchlimousine außer Sichtweite, da fuhr ein weißer Rolls Royce Silver Spur 346 vor dem Hotel vor. Der Chauffeur stieg aus und öffnete die Tür. Aus dem Fonds stieg La Duchesse. Und der Ausdruck in ihrem Gesicht sprach Bände. „Ich könnte Ihnen den Hals umdrehen, Senhor MacLain. Sie und ihre Partnerin haben mir schon zwei Mal dazwischen gefunkt. Erst bei Thais. Jetzt bei Maricarmen. Aber ich sage Ihnen, ein drittes Mal stören Sie beide meine Pläne nicht.“, sagte Patricia Velasquez. „Wenn Sie glauben, dass Sie mich mit dem Imponiergehabe beeindrucken können, dann sind Sie bei mir und meiner Partnerin schief gewickelt. Wir sind in unserem Gewerbe die besten. Und wir sorgen dafür, dass Leute wie Sie aussterben.“ „Ich mach sie beide fertig. Darauf können Gift nehmen.“ „Danke, ich verzichte.“ Patricia Velasquez ging zum Wagen zurück. Doch bevor sie einstieg sagte sie noch: „Ach ja und noch etwas, Senhor MacLain. Niemand nennt mich eine Schlampe. Das bedeutet „Bitch“ ja bei euch Engländern.“ „Ich bin kein Engländer. Ich bin Schotte.“ Die Frau stieg in den Rolls und der Chauffeur schloss die Tür. Dann setzte er sich wieder hinter das Steuer, und der Wagen fuhr davon. Um 12:45 Uhr kam Alejandra wieder vom Flughafen zurück. Auf der Dachterrasse trafen wir uns mit unserer Klientin zu einer kurzen Besprechung. „Also Maricarmen ist auf dem Weg nach Kreta. Mein Langstreckenjet war am Flughafen.“, sagte Alejandra. „Ich wusste gar nicht, dass du auch einen Jet für Langstrecken hast.“ „Ich habe mir vor kurzem eine Boeing 747-8 gegönnt.“ „Und das obwohl der Hersteller-wegen des Startverbots für die 737 Max kaum Platz hat, um deinen Vogel unterzubringen?“ „Wieso? Die 747-8 ist vom Startverbot ja nicht betroffen. Also konnte die Maschine auch ausgeliefert werden.“ „Es gibt etwas, dass Ihr wissen solltet, Ladies. Patricia Velasquez ist gerade zu dem Zeitpunkt hier am Hotel aufgekreuzt, als Alejandra mit Maricarmen auf dem Weg zum Flughafen war.“ „Und?“ „Sie hat Gift und Galle gespuckt. Stellt euch vor, La Duchesse will mich und Jelena fertig machen.“ „Die Frau meint es Ernst, Paul.“ „Ich weiß. Aber trotzdem habe ich keine Angst vor dieser Furie.“, sagte ich. „Was machen wir jetzt?“ „Zuerst sollten wir uns um diesen Psychoheini kümmern und den ausquetschen.“ „Keine schlechte Idee. Aber wer soll ihn sich vorknöpfen?“ „Es sollte jemand sein, der tough ist und sich gut verstellen kann. Aber es sollte keiner von uns sein.“ „Warum keiner von uns?“ „Wenn einer von uns Professor von Strelitz in die Zange nimmt, dann bekommt La Duchesse kalte Füße.“, sagte ich. „Das leuchtet ein.“ „Ich wüsste jemanden, der infrage käme.“ Wir blickten El Doberman an. „Kann einer von euch etwas mit dem Begriff Capoeira anfangen?“ „Das ist doch die brasilianische Kampfkunst.“ „Ganz recht, Paul.“ „Bei uns in Niederrad gibt es eine Gruppe, die sich regelmäßig trifft. Der Leiter heißt Anderson Varejao und stammt aus Sao Paulo.“ „Ich habe während meiner Zeit in Hernando Guzmans Laboren eine Frau kennengelernt, die hier aus Rio stammt. Sie heißt Eliane Azevedo da Silva. Ein Jahr nachdem mir die Flucht gelungen ist, ist sie dann abgehauen.“ „Weißt du, wo wir sie finden?“ „Sicher. Aber lasst mich zuerst mit ihr reden. Mir vertraut Eliane. Wir müssen vorsichtig vorgehen.“ „In Ordnung. Aber jetzt sollten wir wieder auf 347 Patrouille gehen. Wollen doch mal sehen, ob wir dieser arroganten Giftnatter nicht noch einen Nadelstich versetzen können.“ Um 13:20 Uhr begannen Jelena und ich unsere tägliche Runde durch eins von Rios Vierteln. Dieses Mal waren wir im Stadtteil Cidade de Deus unterwegs. Wie immer wurden wir mit Wut, Ablehnung und Hass bedacht. Es war ganz offensichtlich, dass Patricia Velasquez die Einwohner der Armenviertel bezahlte, damit sie uns bei jeder sich bietenden Gelegenheit dazwischen grätschten. Und das zeigte mir, wie nervös La Duchesse nach unseren beiden erfolgreich durchgeführten Aktionen war. An einer belebten Straße prallten wir mit einem älteren Mann zusammen. Vom Aussehen hätte er durchaus als Zwillingsbruder des Paten durchgehen können, den wir bei unserem Fall in Schweden hatten hochgehen lassen. „Kann ich Sie beide einen Augenblick sprechen?“, fragte er ohne Umschweife. „Kommt drauf an, was Sie wollen, Mister...“ „Mein Name ist Alfonso da Silva y Morales. Ich bin der Vater von Maricarmen. Ich danke Ihnen beiden für Ihre Hilfe.“ „Haben wir gerne gemacht.“ „Ich bin bereit, Ihnen als Geste meines Dankes einige Informationen zukommen zu lassen, die Ihnen bei der Lösung Ihres Falles weiterhelfen könnten.“ In einem der vielen Cafes, auch Cafezinho genannt, setzten wir uns mit Maricarmens Vater zusammen. „Sie sagten vorhin, dass Sie mit einigen Informationen aufwarten können, die für uns hilfreich sein könnten, Senhor Morales. Dann schießen Sie mal los.“, sagte ich. „Senhora Velasquez ist ziemlich nervös. Sehen Sie, bis vor drei Monaten war sie die unangefochtene Herrscherin des Straßenstriches. Im März ist eine andere Frau auf der Bildfläche erschienen und hat angefangen, La Duchesse Teile ihres Reviers streitig zu machen. Das Viertel, in dem wir uns gerade aufhalten, gehört noch zum Einflussbereich von Patricia Velasquez. Santa Teresa, wo Sie gestern waren, wird von Renita Benitez kontrolliert.“ „Die Frau ist aber keine Brasilianerin?“ „Nein, Senhora Romanova. Renita Benitez ist Chilenin.“ „Denkst du, was ich denke, Towarischtsch?“ „Die Parallele zu unserem Fall auf Zypern ist geradezu verblüffend.“ Maricarmens Vater sah uns fragend an. „Im November vergangenen Jahres hatten wir auf Zypern einen Fall von Drogenhandel aufzuklären. Wie sich herausgestellt hat, war unsere Zielperson unschuldig. Ihr ehemaliger Peiniger hat ihren Sohn als Faustpfand benutzt und sich Alejandra Valderrama so gefügig gemacht.“ „Sie kennen El Doberman?“ „Und auch ihre Cousine. Hera Arnakis war damals unsere Klientin.“ „Was wissen Sie sonst noch?“ „Durch die Konkurrenz von Renita Benitez ist Patricia Velasquez ziemlich unter Druck geraten. Weswegen Sie mit Professor von Strelitz zusammenarbeitet.“ „Gibt es sonst noch etwas, dass wir wissen müssten?“, fragte Jelena. „Senhora Benitez weiß noch nicht, dass Dora Correia da Silva Sie beide angeheuert hat, um La Duchesse aus dem Verkehr zu ziehen. Aber Sie und ihre Partnerin sind nicht nur für Senhora Velasquez eine Gefahr, sondern auch für Senhora Benitez.“ „Und Sie sind auch nicht besser dran. Wenn eine der beiden 348 Damen spitz kriegt, dass Sie geplaudert haben, dann sind Sie ein toter Mann, Senhor Morales.“ „Ich weiß. Aber das Risiko gehe ich gerne ein.“ Nachdem Gespräch mit Maricarmens Vater setzten wir unsere Runde fort. An einer der vielen Straßenecken kam es erneut zu einem Zwischenfall. Dieses Mal rannten nicht eine, sondern gleich drei junge Frauen in uns hinein. Bei den Mädels handelte es sich um eine Blondine und zwei brünette. Da es wieder schnell gehen musste, hatte ich keine Zeit, mir die drei Mädels genauer anzusehen. Wir waren gerade um die nächste Straßenecke gerannt, als ein weißer Mercedes 560 SEC anhielt. Direkt dahinter ein dunkelblauer Opel Astra. Aus dem Benz stieg eine Frau. Sie war 1,65 m groß und hatte einen schlanken, sexy Körper mit sexy Beinen. Die braunen Haare trug die Unbekannte offen, sodass sie bis zur Oberkante ihrer üppigen Brüste reichten. Auf einer Seite hatte die Dame eine Haarspange in Form einer roten Rose in ihr Haar geklemmt. Das ovale Gesicht mit den braunen Augen hatte etwas anziehendes. Auch die etwas breitere Nase und die kurzen Lippen waren durchaus hübsch anzusehen. Bekleidet war diese chilenische Schönheit mit einem roten Wickelkleid, das zwischen der Unterkante der Brüste und der Taille zusammengeknotet war, und schwarzen High Heels. Aus dem Opel stiegen zwei grobschlächtige Kerle. „Pedro, Franco! Schnappt euch die drei Grazien, und dann nichts wie weg.“, sagte die Frau. Die beiden Männer rannten los. Umso überraschter waren die beiden, als Jelena und ich mit gezückten Waffen ums Eck kamen. „Ihr lass die drei Mädels in Ruhe. Hab ich mich klar genug ausgedrückt, Ihr klingonischen Vollpfosten?“, fragte ich. Die beiden Kerle zeigten keinerlei Furcht. Stattdessen zogen sie zwei Butterfly-Messer. Offenbar wollten die beiden Typen damit Eindruck schinden. Doch der Schuss ging nach hinten los. Jelena feuerte einmal und schoss dem einen seinen Zahnstocher aus der Hand. „Was ist denn noch? Beeilt euch mal ein bisschen! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“ „Es gibt ein Problem, Chef.“, sagte einer der beiden an die Dame gewandt. „Was denn?“ „Der Mann und die Frau. Die beiden sind bewaffnet. Die Frau hat Franco gerade sein Butterfly aus der Hand geschossen.“ „Na sowas aber auch.“ Die Frau kam näher. „Macht mal Platz.“ Die beiden Gorillas gingen zur Seite. „So, so. Sie sind also so dreist und vermasseln mir die Tour. Wer sind Sie beide eigentlich, dass Sie sich solche Unverfrorenheiten heraus nehmen?“, fragte die Lady. „Mein Name ist MacLain. Paul MacLain.“ „Und Sie Señora?” „Romanova. Jelena Romanova.“ „Äh... Chef?“ „Was ist, Franco?“ „Wir sollten die Mädels in Ruhe lassen. Das sind nämlich die beiden Privatschnüffler aus Frankfurt am Main. Und mit denen ist nicht gut Kirschen essen.“ „Und wie kommst du darauf, Franco?“ „Paul MacLain. Ehemaliger SAS-Kommandeur. Jelena Romanova , ehemalige Speznas-Agentin. Reicht das als Erklärung, Chef? Das sind zwei ganz harte Brocken. Die beiden gelten als der Schrecken der Unterwelt. Sogar der „Pate“ war ihnen nicht gewachsen.“ „Und Kan Mah Jongg auch nicht.“ „Ihr zwei Dumpfbacken habt Manfred Schicklgruber vergessen.“, sagte Jelena. „Ich mach Sie beide fertig. Und zwar dermaßen, dass Sie noch vor Angst zittern werden, wenn Sie auch nur den 349 Renita Benitez hören.“ „Ich mach mir vor Angst gleich in die Hose, du mieses, kleines Dreckstück. Verpiss dich, oder ich verpass dir ein drittes Nasenloch.“, sagte Jelena und richtete ihre Makarow auf Renita Benitez. „Na schön. Dieses Mal haben Sie gewonnen. Aber Sie werden mich nicht daran hindern, den Straßenstrich in Rio unter meine Kontrolle zu bringen.“ „Wenn du dich da mal nur nicht täuschst. Wir werden dich und La Duchesse fertig machen. Fang schon mal an zu beten.“ Ein paar Straßenzüge weiter liefen wir dann den Häschern von La Duchesse in die Arme. Doch dieses Mal war ich nicht gewillt wegzulaufen. „Wartet mal kurz Ladies.“, sagte ich und ging auf die Typen zu. „Sie haben ganz schön Cojones, dass Sie sich allein mit uns anlegen, Senhor MacLain.“ „Haut Ihr zwei Saupreißen mal nicht so auf den Putz.“ „Na, na, na. Sie riskieren eine ziemlich dicke Lippe, Senhor.“ Ich trat zwischen die beiden Häscher und legte meine Hände um ihren Hals. Mit einem „Jungs! Kommt mal her“ schlug ich ihre Köpfe zusammen. „Alles klar! Jetzt aber nichts wie weg. Und dieses mal sollten wir das Carioca umgehen. Ich hab nämlich keine Lust, noch einmal eine Gesangseinlage zum Besten zu geben.“, sagte ich. „Wollte ich auch gerade vorschlagen, Towarischtsch.“ Um 20:00 Uhr waren wir wieder im Hotel. Kattie hatte wieder Dienst. „Also wart ihr ein drittes Mal erfolgreich.“, sagte sie. „Allerdings.“ „Ich schätze mal, euch beiden hängt euch der Magen bis zu den Kniekehlen.“ „Nicht nur uns. Ich schätze mal, den jungen Damen ebenfalls.“ Die drei nickten stumm. „Soll ich das Abendessen auf die Zimmer liefern lassen? Ist vielleicht sicherer.“ „Wieso? Lauern hier überall irgendwelche Schmierlappen, die für Renita Benitez oder Patricia Velasquez arbeiten?“ „Das nicht.“ „Dann können wir auch im Restaurant essen. Kannst beim Leiter ein gutes Wort für uns einlegen?“ „Wenn du mich schon so lieb darum bittest, Paul.“, sagte Kattie. Nach dem Abendessen zogen wir uns auf mein Zimmer zurück. Nun hatte ich endlich mal die Gelegenheit, mir die drei jungen Damen genauer anzusehen. Die erste der beiden Brünetten war 1,60 m groß und hatte einen schlanken, sexy Körper und sexy Beine. Ihre Oberweite war nicht gerade üppig ausgefallen, aber dieser Umstand tat der Schönheit dieses Mädchens keinen Abbruch. Ihre braunen Haare trug sie offen, sodass sie bis über ihre Schultern fielen. Auch das ovale Gesicht mit den braunen Augen war ein echter Hingucker. Die schmale Nase hätte kein Bildhauer auf der Welt besser treffen können. Auch die sinnlichen Lippen blieben mir im Gedächtnis haften. Bekleidet war das junge Ding mit einem schwarzen Minikleid und schwarzen High Heels. Die Blondine war ein ganz anderes Kaliber. Sie war 1,74 m groß und hatte ebenfalls einen schlanken, sexy Körper. Auch sie war nicht gerade mit einer üppigen Oberweite gesegnet worden. Aber es soll ja durchaus Männer geben, denen kleine Brüste nichts ausmachen. Die blonden Haare trug sie ebenfalls offen, sodass sie bis zu ihrer Taille reichten. Das ovale Gesicht mit den blauen Augen war wie von 350 einem Bildhauer gemeißelt. Auch die breite Nase fügte sich harmonisch in das Gesicht ein, ebenso wie die sinnlichen Lippen. Bekleidet war diese junge Dame mit einem roten Minikleid, das ab dem Bauchnabel durchsichtig war und einen großzügigen Blick auf ihre kleinen Brüste gewährte, und roten High Heels. Die zweite Brünette war 1,67 m groß und hatte einen etwas kräftigeren Körperbau. Auch die Oberweite war etwas üppiger ausgefallen. Ihre dunkelbraunen Haare trug sie offen, sodass sie bis zu ihren Brüsten reichten. Zumindest auf der Rückseite. Das ovale Gesicht mit den braunen Augen war ebenfalls hübsch anzusehen. Die Nase war für meinen Geschmack etwas zu breit, fügte sich aber dennoch harmonisch in dieses hübsche Gesicht ein. Ebenso ihre sinnlichen Lippen. Bekleidet war diese junge Schönheit mit einem schwarzen Minikleid, dessen Träger sich am Hals kreuzten, und schwarzen High Heels. „Also langsam fängt die Sache an, unheimlich zu werden, Jelena.“, sagte ich. „Kneifen gilt nicht, Towarischtsch. Wir haben den Job angenommen, also werden wir ihn auch zu Ende bringen.“ „Von Senhora Benitez wusste ich selber nichts. Diese Information hat man mir verschwiegen.“, versuchte sich Dora Correia da Silva zu rechtfertigen. „Ich mache dir keinen Vorwurf, Dora. Aber uns rennt die Zeit davon. Zumal wir jetzt an zwei Fronten gleichzeitig kämpfen müssen.“ „Erst einmal sollten wir mehr über Renita Benitez herausfinden.“ Es klopfte an meiner Tür. Zur Sicherheit hatten wir mit den Cousinen ein Codewort vereinbart, um einen Vorfall wie am Vortag zu vermeiden. „Wie wird Frankfurt am Main auch genannt?“, stellte ich die Frage. „Bankenstadt.“ Diese Stimme gehörte eindeutig Alejandra Valderrama. „Kommt rein, Ladies.“ Die beiden Cousinen betraten mein Zimmer. Im Schlepptau eine junge Frau im Alter von 22 Jahren. Die Dame war 1,65 m groß und hatte einen schlanken, sexy Körper der einen leichten athletischen Bau aufwies. Auch die Oberweite fiel etwas üppiger aus. Die dunkelbraunen Haare trug sie offen, sodass sie bis zu den Achseln reichten. Das ovale Gesicht mit den haselnussbraunen Augen war ebenfalls hübsch anzusehen. Die Nase war für meinen Geschmack zu breit, fügte sich aber dennoch, ebenso wie die sinnlichen Lippen in das Gesicht der jungen Dame ein. Auffällig war auch die leicht gebräunte Haut. Ein klares Indiz dafür, dass diese sportliche Schönheit sehr oft draußen an der frischen Luft war. Bekleidet war die junge Lady mit einem roten Kleid und rot-weißen Plateau-Schuhen. „Das ist Eliane.“, stellte uns Alejandra ihre Begleiterin vor. „Nett Sie kennenzulernen.“ „Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Senhor MacLain.“, sagte Eliane. Doch der kühle Unterton in ihrer Stimme war nicht zu überhören. „Und wie heißt Ihr drei hübschen?“ Die Blondine nannte als erste ihren Namen. „Luciana dos Santos.“, sagte sie. Danach stellte sich die1,60 m große Brünette vor. „Dasianera La Riguna.“ „Janaira Benavides.“ So stellte sich die zweite Brünette vor. Eigentlich hätte jetzt die obligatorische Frage nach dem Alter der Mädchen und deren Zukunftsplänen gestellt werden sollen, doch ich wollte Eliane erst mal auf 351 den Zahn fühlen. „Hat Alejandra dir gesagt was los ist?“, fragte ich. „Sie sagte lediglich, dass Sie und Senhora Romanova meine Hilfe benötigen. Sie meinte, dass Sie mir alles erklären würden.“ „Sagt dir der Name Andreas von Strelitz etwas?“ „Sicher. Soll ich ihn etwa zum Singen bringen?“ „So in etwa.“ „Was erhoffen Sie sich davon?“, fragte Eliane. „Wir sind auf La Duchesse angesetzt, falls du weißt, was dass bedeutet. Und wir wissen, dass Professor von Strelitz mit ihr unter einer Decke steckt. Wir haben noch nicht genug Informationen, um Patricia Velasquez dingfest zu machen. Wenn eine von uns sich diesen Seelenklempner vorknöpft, kriegt die Velasquez kalte Füße und macht die Biege.“ „Und wie soll ich Professor von Strelitz weichklopfen?“ „Da kannst du dir was einfallen lassen. Du hast freie Hand.“, sagte Jelena. „Obrigada. Also schön. Ich werde den werten Herr mal ordentlich durch den Fleischwolf drehen.“ „Und nun zu euch drei Teenies. Wärt Ihr so freundlich, und sagt uns, wie alt Ihr seid, und was Ihr so an Plänen für die Zukunft geschmiedet habt?“, fragte ich. „Sie wollen es aber auch ganz genau wissen.“ „Ich möchte es einmal so ausdrücken, Dasianera. Meine Partnerin und ich wären in der Lage euch zu unterstützen. Und wir stehen zu unserem Wort. Fragt von mir aus Thais.“ Luciana ging als erste auf unser Hilfsangebot ein. „Ich bin gerade 20 geworden und habe mein Abitur gemacht. Ich möchte ein Studium im Bereich Finanzen absolvieren und später Finanzberaterin werden.“ „Da fällt mir ein: Ein guter Kumpel ist Vorstandsvorsitzender bei Frankfurts bedeutendstem Finanzdienstleister. Vielleicht kannst du im Rahmen deines Studiums dort Praktikum machen und Praxiswissen erwerben.“ „Das würde bedeuten, dass wir Luciana auch nach Frankfurt schicken müssten. Ist das nicht ein bisschen riskant, Towarischtsch?“ „Weder La Duchesse, noch Renita Benitez kennen unsere Pläne. Und solange das so bleibt, hat Luciana nichts zu befürchten.“ „Dein Wort in Allahs Gehörgang, Towarischtsch.“ Dasianera war zwar immer noch nicht ganz von unseren guten Absichten überzeugt, nannte uns aber immerhin ihr Alter. „Ich bin gerade 19 geworden, und habe heute mein Abitur mit Bestnote bestanden.“ „Herzlichen Glückwunsch.“ „Ich will nicht unhöflich sein, Senhor MacLain. Aber nach dem, was heute passiert ist, habe ich das Vertrauen in das Gute im Menschen verloren.“ „Das kann ich dir nicht verdenken. Aber wie bist du an Renita Benitez geraten?“ „Genau wie die anderen. Durch Professor von Strelitz.“ „Also steht er auch bei dieser Schnepfe auf der Gehaltsliste.“ „Sieht fast danach aus, Towarischtsch.“ „Würde mich nicht wundern, wenn er La Duchesse und diese Benitez gegeneinander ausspielen will.“ Janaira hatte bisher geschwiegen, doch nun hatte sie sich dazu durchgerungen, uns zumindest mal ihr Alter zu verraten. Denn auch sie war, wie Dasianera, ziemlich skeptisch. „Ich bin gestern 18 geworden.“ „Glückwunsch nachträglich.“ „Danke, Senhor MacLain.“ „Hört mal zu, Ladies. Ich kann euch nicht verdenken, dass Ihr uns misstraut. Würde mir genauso gehen. Allerdings wären wir dankbar, wenn Ihr drei uns zumindest ein bisschen bei unserer Arbeit unterstützt. Und wie mein Partner es schon erwähnt hat, haben wir auch Thais bei der Verwirklichung ihrer Zukunftspläne so gut es ging unterstützt.“, sagte Jelena. 352 „Sie meinen jetzt nicht Thais Amerigo La Riguna?“ „Eben jene, Dasianera.“ „Ich kenne Thais. Sie hat vor mir Abitur gemacht. Hat Sie Ihnen ihre Zukunftspläne enthüllt?“ „Das hat sie. Und wie Jelena es gesagt hat, wir haben Thais nach bestem Ermessen unterstützt.“ „Dann kann ich Ihnen vertrauen, denke ich.“ „Was hast du denn für Pläne für die Zukunft, Dasianera?“, fragte Jelena. „Ich will nach Oxford und dort Jura studieren.“ „Deine Familie wäre sicher stolz auf dich.“ „Von wegen. Ich bin Vollwaise. Meine Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als ich 12 Jahre alt war. Seitdem lebe ich bei meiner Tante. Und die ist ein hartherziger Hausdrachen. Nur mein Cousin Bastiano hat mir geholfen.“ „Und was ist aus ihm geworden?“ „La Duchesse hat ihn ermorden lassen. Meine Tante steckt mit ihr nämlich unter einer Decke.“ „Und woher weißt du das?“, wollte Jelena wissen. „Ich habe ein Gespräch zwischen meiner Tante und Patricia Velasquez belauscht.“ „Kannst du dich noch an den Gesprächsverlauf erinnern?“ „Ich kann mich nur noch an den letzten Satz von Senhora Velasquez erinnern.“ „Was hat sie gesagt?“ „Sie hat gesagt: Ich habe deinen Sohn beseitigen lassen, nun gib mir deine Nichte. Die kleine Schlampe gehört mir. Das war unser Deal.“ „Und dann bist du ausgebüchst.“, sagte ich. „Genau. Und bin Professor von Strelitz in die Arme gelaufen. Den Rest kennen Sie.“ „Janaira. Weder meine Partnerin noch ich können von dir verlangen, dass du uns vertraust. Aber du solltest es zumindest versuchen.“ „Wer beweist mir, dass Sie es ernst meinen, und Sie mir wirklich helfen werden?“ Alejandra ergriff nun das Wort. „Ich bürge für Paul MacLain und Jelena Romanova. Den beiden würde ich sogar mein Leben anvertrauen.“, sagte sie. „Na schön. Ich werde Ihnen beiden meine Zukunftspläne enthüllen. Unter Vorbehalt, versteht sich. Ich will Meeresbiologie studieren und später mal die Ozeane erforschen.“ „Dann kann dir Jeremy Wade sicher einiges beibringen, wenn es an den praktischen Teil geht. Wir sind ihm bei meinem dritten Fall begegnet, der mich in meine Heimat Schottland geführt hat.“ „Der Fall mit dem Grönlandhai, der zum Killer mutiert ist?“ „Genau dieser.“ „Also wenn damit nicht auch der letzte Zweifel beseitigt ist, dann weiß ich auch nicht.“ „Ich denke, unsere Erfolge in der Vergangenheit sprechen für sich. Wir haben den Paten zur Strecke gebracht. El Pitbull, Manfred Schicklgruber, Michail Golowko, Viktor Pliskowski. Um nur ein paar zu nennen. „Und zuletzt Kan Mah Jongg. Einem seiner Handlanger hab ich diese Narbe hier zu verdanken.“, sagte Jelena und zog ihr Top aus. Am nächsten Morgen buchten wir einen Flug nach Frankfurt und zwei nach London. Von dort aus sollte die Reise von Dasianera und Janaira nach Oxford weitergehen. Mein Cousin Nigel wollte die beiden abholen. Dieses Mal brachte ich die drei jungen Damen zum Flughafen und begleitete sie zur Sicherheitsschleuse. „Schickt mir oder Jelena eine SMS wenn Ihr an euren Zielorten angekommen seid. Dasianera, Janaira. Mein Cousin Nigel Ravens holt euch in London am Flughafen ab. Er wohnt in Oxford und hat schon alles in die Wege geleitet. Er wird euch dann alles weitere erklären.“ „Wir danken Ihnen. Tun Sie uns bitte einen Gefallen und ziehen Sie diese beiden elenden Fotzen aus dem Verkehr.“, sagte Dasianera. „Keine Bange. Den 353 beiden wird der Arsch schon bald auf Grundeis gehen.“ In ihrer Villa in Copa Cabana war Patricia Velasquez außer sich vor Wut. Nicht nur wegen Jelenas und meinen Erfolgen. Sie war nun auch durch Renita Benitez unter Druck geraten. Vor kurzem hatte man La Duchesse mitgeteilt, dass sie nun auch die Kontrolle über den Stadtteil Flamengo verloren hatte. Damit blieben ihr noch Ipanema, Copa Cabana, und einige andere Viertel Rios. Den Straßenstrich in den Luxusvierteln wollte sie auf keinen Fall verlieren. Hier hätten die von uns außer Landes gebrachten Mädchen anschaffen gehen sollen. Auch Eliane war tätig geworden und hatte Professor von Strelitz aufgesucht. Sie hatte eine Vergewaltigung und ein damit einher gehendes Trauma vorgetäuscht. Der Psychologe bot sich an ihr zu helfen. „Bitte setzen Sie sich doch, Senhora da Silva.“, sagte er mit einer warmen und freundlichen Stimme. Eliane nahm Platz. „Sie sagten, man hätte Sie vergewaltigt und Sie hätten ein Trauma erlitten. Hab ich das so richtig verstanden?“ „Das stimmt. Außerdem habe ich seit dem Tag schlimme Träume.“ „Ich denke, da kann ich Ihnen helfen. Legen Sie sich doch bitte auf die Couch dort.“ Eliane tat, worum der Therapeut sie gebeten hatte. Als sie auf der Couch lag, hielt Professor von Strelitz einen Füllfederhalter in der Hand. „Was soll denn der Blödsinn?“, fragte Eliane. „Nun, da es sich bei Ihrem Trauma um ein schwerwiegendes handelt muss ich zu einer anderen Behandlungsmethode greifen, als sonst üblich. In Ihrem Fall, Senhora, hilft nur Hypnose.“ „Würden Sie bitte auf den Füllfederhalter sehen?“ „Schönes Ding.“ „Konzentrieren Sie sich bitte. Schön auf den Füllfederhalter sehen. Die Intensität mit der Sie auf den Füllfederhalter schauen macht Sie... müde. Alles in Ihnen wird ruhig. Ihre Glieder werden schwer und ihre Augen fallen zu. Und jetzt verspüren Sie den Wunsch zu schlafen.“ Eliane schloss ihre Augen. „So ist es gut. Schön schlafen.“, sagte der Psychologe und rückte mit seinem Hocker näher an seine Patientin heran und senkte seine Stimme zu einem Flüstern. „Eliane, können Sie mich hören?“ „Ja.“ „Ich werde Ihnen jetzt Fragen stellen, die Sie mir beantworten werden. Stimmts Eliane?“ „Ja.“ „Ich weiß, das Paul MacLain und Jelena Romanova Privatdetektive sind. Wer hat die beiden geschickt?“ „Was geht dich das an, du Arsch?“, gab Eliane zurück. „Wie bitte? Bitte wiederholen Sie.“ Eliane schlug die Augen auf und sah den Professor scharf an. „Ich sagte, was geht dich das an! Was geht dich das an, wer zwei Privatdetektive anheuert und warum?“ Mit einem Arrastão beförderte sie den Seelenklempner auf seine Couch. „So. Jetzt wirst du mal eine richtige Therapie kennenlernen. Meine Therapie. Und ich rate dir, löse deine Zunge.“ „Das ist doch wohl ein Missverständnis.“ „Nein, das ist kein Missverständnis. Das ist typisch! In deinem Unterbewusstsein stinkts wie in einem Gully, durch den Bösewicht, der da an die Oberfläche kommt. Machs Maul auf! Los mach schon, rede!“ „Okay! Okay! Aber bitte hören Sie auf mich zu schütteln.“ Auch wir waren wieder in Rio unterwegs. Und dieses Mal hatte man unsere bewaffnete Eskorte noch mal verstärkt. Statt bisher vier Mann, waren es jetzt 354 acht. Denn es stand nun zu befürchten, dass sich Patricia Velasquez und Renita Benitez verbünden würden. Zumindest ich hoffte, dass sich die beiden Rotlichtgrößen weiterhin bis aus äußerste bekriegen würden. Und zum Glück war dem auch so. Doch das bedeutete nun für Jelena und mich, dass wir zwischen die Fronten in einem mit aller Härte geführten Rotlichtkrieg geraten konnten, wenn wir nicht rechtzeitig die Reißleine zogen und die beiden Frauen zur Strecke brachten. An einer der vielen Straßenecken rannte eine 1,60 m große Frau mit hüftlangen, roten Haaren beinahe in uns hinein. Als die Verfolger ums Eck kamen, riss ich meine Walther hoch und feuerte zwei Mal. Einen der beiden traf ich direkt zwischen den Augen. Ein weiterer Schuss krachte und das Projektil pfiff an mir vorbei. Jelena spitzte kurz ums Eck und schoss einmal. Ein Schmerzensschrei ertönte, als meine Partnerin das Knie des Mannes traf. Unsere Eskorte nahm ihn in Gewahrsam. Doch damit war diese Angelegenheit noch lange nicht ausgestanden. Denn an der nächsten Ecke packte ein anderer Mann das junge Mädchen und wollte sie zu einem wartenden Auto zerren. Doch ich grätschte dazwischen. „Na lässt du wohl die Kleine los, du Schmutzfink, dir hau ich die Pfanne platt! Für wen arbeitest du? Na los! Machs Maul auf!“ Ein Schuss krachte. Ich schlug dem Kerl auf den Kopf. „Na das fängt ja gut an.“, sagte ich zu mir selbst. An der folgenden Straßenecke wollte sich ein weiterer Häscher das Mädchen schnappen, doch eine Frauenhand packte ihn von hinten und riss ihn zurück. Es folgten ein paar Schläge und dann tauchte Jelena auf. „Hauen wir ab.“ „Wollte ich auch gerade vorschlagen, Jelena.“ Es war 17:45 Uhr als wir ins Hotel zurückkehrten. Kattie hatte wieder Dienst. „Und wieder erfolgreich ein junges Mädchen vor dem Straßenstrich bewahrt.“ „Du hast es erfasst. Gibts eigentlich was neues?“ „Wenn du mich schon so fragst, Paul. Da war was. Renita Benitez war hier und hat mir diese Nachricht für euch hinterlassen.“ Mit diesen Worten reichte uns Kattie eine Luftpolstertasche. Nach dem Abendessen trafen wir uns auf Alejandras Zimmer mit Eliane und Hera. Ich öffnete die Luftpolstertasche und mir fielen zwei Patronen in meine rechte Hand. Dann folgte noch ein Zettel. Auf diesen waren folgende Worte aufgeklebt: „Die sind für euch zwei Schnüffler. Was soll auf euren Grabsteinen stehen?“ Doch wenn Renita Benitez gehofft hatte, Jelena und mich mit dieser Drohung einzuschüchtern, dann war sie so dämlich, dass sie die Wildschweine beim Himbeeren pflücken beißen. Ich studierte den Brief etwas genauer. „Was hat es mit diesem Fetzen Papier eigentlich auf sich, Towarischtsch?“, fragte Jelena. Ich reichte ihr den Brief. „Soll das ein Witz sein? Liest sich wie der reinste Schauerroman.“ „Das ist kein Witz. Sondern eine ernste und tödliche Angelegenheit. Und kein billiger Groschenroman, sondern die Londoner Times. Von gestern Abend um genau zu sein.“ „Und das lesen Sie alles aus ein paar Papierschnipseln?“ „Die Leitartikel der Times sind unverwechselbar. Der Druck erfolgt in einer 9-Punkte-Bourgeois-Botschrift.“Alejandra und die anderen kamen aus dem Staunen nicht 355 mehr heraus. Umso beeindruckter waren sie, als ich mir die Luftpolstertasche vornahm. „Die Schrift auf dem Umschlag ist ein grobes Gekritzel, während die Times von einer gebildeten Schicht gelesen wird. Wir haben es also mit einer gebildeten Person zu tun, die sich als ungebildet ausgibt, um uns abzulenken.“ Ich griff mir ein Exemplar der renommierten Londoner Zeitung, das auf dem Nachttisch lag, und schlug die Seite mit den Leitartikeln auf. Mir fiel ein Artikel über einen Kollegen auf, der in seiner Freizeit als Autor arbeitete und Krimis schrieb, die in Rio spielten. Ich hielt den Brief von Renita Benitez daneben. Und es war genau so, wie ich es mir gedacht hatte. Ich las aus dem Artikel vor und dann noch einmal ein paar Stichworte. „Die Worte auf dem Zettel. Sie wurden aus dem Artikel aus geschnitten.“, sagte Hera. „Mit einer Nagelschere. Man erkennt es daran, dass Renita Benitez bei dem Wort Grabsteinen einen neuen Schnitt machen musste.“, sagte ich. „Und weil sie das Wort Patronen nicht finden konnte, hat Senhora Benitez zwei echte Patronen in den Umschlag gepackt.“ „Präzise gefolgert, junge Dame. Und achtet darauf, dass das Wort „Schnüffler“ außer der Reihe steht, was auf Achtlosigkeit oder hastige Eile hinweist. Ich neige eher zu letzterem, da der Brief Renita Benitez zu wichtig war und somit Achtlosigkeit eher unwahrscheinlich ist, da jeder Brief, der gestern Abend aufgegeben wurde uns noch erreicht hätte, ehe wir das Hotel verlassen hätten. Wenn Renita Benitez also in Eile war, dann stellt sich die Frage warum. Offenbar fürchtete sie gestört zu werden. Durch wen? Das ist hier die Frage.“ „Nun, Senhor MacLain. Es sieht so aus, als hätte ich Sie unterschätzt.“, sagte das Mädchen. „Konntet Ihr etwas über Renita Benitez herausfinden?“, fragte Jelena die beiden Cousinen. „Renita Benitez. Geboren am 25.08.1995 in Valparaiso. Ihr Vater war selbst Zuhälter und hat seine Frau und auch seine Tochter gezwungen für ihn anschaffen zu gehen. Die Mutter beging Selbstmord. Nach dem Tod ihres Vaters hat Renita dann seine Tätigkeit fortgeführt. Heute kontrolliert sie alle Straßenstriche in Chile.“ „Und jetzt will Renita Benitez in Brasilien Fuß fassen.“, sagte ich. „Genau.“ „Sieht wohl so aus, als ob der Straßenstrich in Chile nicht mehr viel Profit abwirft.“ „Ganz im Gegenteil.“ „Scheint so, als ob diese Pute auch zu denen gehört, die den Hals nicht voll genug kriegen können.“ „Vor allem, wenn man bedenkt, dass Patricia Velasquez ihren Mädchen deren Zukunftspläne zerstört, um ihre eigene Verwandtschaft zu begünstigen.“, meldete sich Eliane zu Wort. Und während sie berichtete, nahm ich auch dieses junge Ding genauer in Augenschein. Die Kleine hatte braune Augen und ein ovales Gesicht. Die etwas zu breit geratene Nase fügte sich harmonisch ins Gesicht ein. Der schlanke, sexy Körper und diese sexy Beine verliehen diesem jungen Mädchen das gewisse Etwas. Nur bei der Oberweite war das Mädchen nicht gerade üppig gesegnet. Ihre Brüste waren klein, aber handlich. Bekleidet war sie mit einem roten Kleid mit schwarzen Perlen und roten Plateauschuhen. „Und was konntest du sonst noch in Erfahrung bringen?“, fragte Jelena Eliane. „Professor von Strelitz soll morgen in einem Schönheitssalon 356 einer Kontaktperson den Brief mit den Antworten der Mädchen übergeben.“ „Bin mal gespannt, wie die Kontaktperson reagiert, wenn wir ihr auf den Leib rücken.“ „Dann müssen wir ihm folgen. Wer macht das?“ „Das könnten wir doch übernehmen. Oder Hera?“ „Es wär mir... eine große Ehre, Cousine.“ „Na schön. Dann bringen Jelena und ich dich morgen zum Flughafen. Du musst Rio verlassen, sonst gerätst du in die Fänge von Renita Benitez oder von La Duchesse. Und das wäre nicht gerade vorteilhaft.“ „Würdest du uns freundlicherweise verraten, wie du heißt?“, fragte Jelena. „Giovanna La Riguna. Ich bin die jüngere Schwester von Dasianera La Riguna.“ „Und wie alt bist du, wenn ich fragen darf?“ „18. Allerdings bin ich 3 Monate jünger.“ „Und was planst du für die Zukunft?“ „Ich will Privatermittlerin werden. Ich will den Tod unserer Eltern aufklären. Das bin ich Mama und Papa schuldig.“ „Klingt fast so, als gehst du von Mord aus.“ „Darüber reden wir ein andermal. Jetzt ist es erst mal wichtig, Giovanna aus der Schusslinie zu nehmen.“ Am nächsten morgen teilten wir uns auf. Hera und ihre Cousine Alejandra hefteten sich an den Seelenklempner, während meine Partnerin und ich mit Giovanna zum Flughafen fuhren und sie dort in einen Flieger nach Mailand setzten. Wir hatten mit einem Kollegen Kontakt aufgenommen, der angeboten hatte, Dasianeras jüngere Schwester unter seine Fittiche zu nehmen. Sein Name war Enrico Rizzo. Besser bekannt als „Plattfuß“. Und dieser Mann brauchte keine Bleispritze, denn für seine Fäuste brauchte Rizzo einen Waffenschein. In dem Schönheitssalon, der sich im Stadtteil Ipanema befand, stellten die beiden Cousinen Professor von Strelitz und auch dessen Kontaktperson, da sie beide inflagranti bei der Übergabe erwischten. Die herbei gerufene Polizei nahm die beiden fest und brachte sie ins nächste Polizeipräsidium. Doch die nächste Überraschung erlebten wir, als wir am späten Nachmittag in unser Hotel zurückkehrten. Als wir die Lobby betraten, bemerkte ich an der Rezeption zwei Frauen. Und ich wusste nur zu gut, wer da auf uns wartete. Sylvie und Claire de la Richardais. Wir hatten die beiden seit unserem Fall in Griechenland nicht mehr gesehen. „Bonjour Paul.“, begrüßte mich Sylvie. „Hey, Sylvie. Wie geht’s dir?“ „Bien, et toi?“ „Kann mich nicht beklagen. Was verschlägt euch beide nach Rio?“ „Sylvie und ich fördern jedes Jahr Jugendliche, denen die Möglichkeit etwas aus ihrem armseligen Leben zu machen, verwehrt bleibt.“, erzählte uns Claire. „Letztes Jahr haben wir ein 19jähriges Mädchen aus Ecuador unterstützt und ihr ein Studium für Schauspielerei an der Conservatoire national supérieur d’art dramatique in Paris ermöglicht. 2018 haben wir einen 19jährigen Jungen aus Belize ein Studium für Medizin an der Sorbonne gesponsert.“ „Lasst uns heute Abend noch mal miteinander reden. Am besten nach dem Abendessen.“ „Einverstanden.“, sagte Sylvie. In diesem Augenblick kehrten Alejandra Valderrama und ihre Cousine Hera Arnakis ins Hotel zurück. Nach dem Abendessen trafen wir uns auf dem Zimmer der Schwestern. Auch Eliane war wieder mit von der Partie. „Okay Ladies. Fassen wir mal zusammen, was 357 wir bis jetzt wissen. Patricia Velasquez hat bis vor drei Monaten den kompletten Straßenstrich hier in Rio kontrolliert. Dann ist Renita Benitez hier aufgekreuzt und hat angefangen, sie aus einigen Vierteln zu verdrängen.“ „Richtig. Und der Psychologe Andreas von Strelitz hat für beide die Frauen ausgesucht. Er hat deren Zukunftspläne durch Hypnose in Erfahrung gebracht und über eine Kontaktperson an La Duchesse weitergegeben.“ „Bis Ihr engagiert wurdet.“, sagte Claire. „Richtig. Man hat sogar versucht, die Maschine zu entführen, mit der wir angereist sind.“ „Das zeigt, wie verzweifelt Patricia Velasquez ist. Denn sie hat die Entführung befohlen.“ „Sie hat sogar versucht, uns mit einem billigen Trick reinzulegen.“ „Was sie aber nicht geschafft hat.“, ergänzte Jelena meine Ausführungen. Nun fiel mir auf, dass Sylvie und Claire ziemlich betreten drein blickten. „Ihr beide seht aus, als hätte man eure Pläne durchkreuzt.“, sagte ich zu Sylvie. „Leider. Renita Benitez hat sich ein Mädchen, dass wir dieses Jahr unterstützen wollten, gefügig gemacht.“ „Macht euch keine Sorgen. Wir holen die Kleine da wieder raus.“ „Das würdet Ihr tun?“ „Wir haben euch doch schon einmal geholfen.“ „Das vergessen wir euch nie.“ „Ihr zwei könnt auch stolz auf euch sein. Immerhin habt ihr gleich fünf Mädchen vor dem Straßenstrich bewahrt.“ „Sehr zum Leidwesen unserer beiden Rotlichtbaroninnen.“ „Stimmt. Die Familien werden uns auf ewig dankbar sein.“ „Da. Mit einer Ausnahme, Towarischtsch. Die Tante von Dasianera und Giovanna.“ „Zu dumm, dass wir nichts über diese Frau wissen.“, sagte ich. „Uns ist diese Frau sehr gut bekannt. Sie war Vaters engste Vertraute. Sie hat für ihn die Tiere besorgt, die er uns geschenkt hat. Und sie hat ihm geholfen, Maman loszuwerden.“ „Dann lasst uns an eurem Wissen teilhaben.“ „Die Frau heißt Margarita Goncalves de Almeida.“ „Und wie alt ist dieser Hausdrachen?“ „Margarita ist 55 Jahre alt.“, sagte Claire. „Dasianera La Riguna hat uns gesagt, dass ihre und Giovannas Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind. Und sie danach bei ihrer Tante aufgewachsen sind.“ „Der Unfall geht auf das Konto von Margarita. Sie war es, die den Wagen von der Straße gedrängt hat.“ „Warum, in drei Teufels Namen hat sie das bloß getan?“, fragte Jelena fassungslos. „Sie hat sich mit ihrer Schwester und ihrem Schwager überworfen.“ „Worum ging es?“ „Margarita wollte Dasianera mit einem reichen Plantagenbesitzer verheiraten. Aber ihre Schwester Jandira und deren Ehemann Ayrton haben ihre Zustimmung verweigert. Deswegen mussten sie sterben.“, sagte Sylvie. „Dann wissen wir ja, was wir zu tun haben.“ „Sag bloß, du hast schon einen Plan, Paul.“ „Sicher hab ich den. Hat eine von euch zwei ein Foto von eurer Wunschkandidatin?“, fragte ich die Zwillinge. „Klar. Hier.“ Mit diesen Worten übergab mir Claire ein Foto. Auf dem Foto war eine sexy Frau mit schwarzen Haaren und braunen Augen zu sehen. Ihre Haare trug sie offen, sodass sie bis zu ihren prallen Brüsten reichten. Auch der schlanke sexy Körper in Kombination mit den sexy Beinen war ebenfalls bemerkenswert. Ebenso das ovale Gesicht mit den sinnlichen Lippen und der leicht zu breit geratenen Nase war hübsch anzusehen. Bekleidet war das Mädchen mit einem weißen Kleid mit Spitzenbesatz, einem weißen Slip und weißen 358 High Heels. Das Alter schätzte ich auf U 20 Jahre. „Wie heißt denn diese junge Lady?“, fragte ich. „Marilyn Ronaldo da Silva.“ „Und wie alt ist Marilyn?“ „Sie ist vor 2 Tagen 18 geworden.“ „Und da wolltet Ihr dem Mädchen zur Feier des Tages bei der Verwirklichung ihrer Zukunftsträume helfen.“ „So hatten wir es geplant. Bis uns Renita Benitez heute einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.“ „Macht euch keine Sorgen. Wir holen die Kleine vom Straßenstrich wieder weg.“ „In welchem Stadtteil ist das passiert?“, fragte Jelena. „In Flamengo. Ihre Gorillas haben Marilyn gepackt und in einen weißen Mercedes gezerrt. Dann ist der Wagen mit durchdrehenden Reifen losgefahren.“ „Alles klar. Dann wissen wir, was zu tun ist. Ruht euch aus. Morgen früh geht’s los.“, sagte ich. Am nächsten Morgen, es war Freitag der 19.06.2020, machten wir uns zusammen mit den Schwestern und den anderen auf den Weg nach Flamengo. Die bewaffnete Eskorte war dieses Mal 15 Mann stark. Zuerst suchten wir den Ort auf, an dem Renita Benitez Marilyn entführt hatte. Doch bei unserer Befragung stießen wir auf eine Mauer des Schweigens. „Jede Wette, Renita Benitez hat die Bewohner von Flamengo eingeschüchtert, damit sie ihre Klappe halten.“, flüsterte ich Jelena ins Ohr. „Du irrst dich, Towarischtsch. Auch Geld verschließt Augen, Ohren und Mund.“ Irgendwann trafen wir dann doch jemanden, der mit uns sprach, und uns berichtete, was sich ereignet hatte. Mehr noch, er wusste sogar, wo im Stadtteil Marilyn als Nutte ihr Revier hatte. Der Mann bot uns sogar an, uns dorthin zu bringen. Als wir das Mädchen gefunden hatten, sah ich mich erst mal um, ob jemand in der Nähe war, der uns hätte gefährlich werden können. Jelena hingegen sprach Marilyn direkt an. An ihrem Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, wie erleichtert sie war. Denn es war offensichtlich, das die Kleine keine Lust hatte, für irgendwelche reichen Geldsäcke die Beine breit zu machen. Und das konnten weder Jelena noch ich Marilyn verdenken. Doch nun galt es zu handeln, ehe Renita Benitez oder einer ihrer Handlanger auf der Bildfläche erschienen. Wir hatten uns gerade auf den Rückweg gemacht, als der weiße Mercedes aus einer Seitenstraße auftauchte. Zum Glück kam gerade eine Straßenbahn vorbei, in die Jelena und ich mit Marilyn einstiegen. Die Cousinen und die beiden Schwestern folgten. Auch unsere Eskorte schaffte es in den Zug. Als der Zug anfuhr kam eine wütende Renita Benitez um die Ecke. „SIE ENTKOMMEN MIR NICHT! DAS SCHWÖRE ICH BEI MEINEM LEBEN!“, schrie sie uns noch hinterher. „Ihr müsst die Stadt verlassen. Ich kann euch führen.“, sagte Marilyn. „Was schwebt dir vor?“ „Wir fahren zuerst ins Hinterland von Rio. Ich zeige es euch auf der Karte, wenn wir im Hotel sind.“ Zurück im Hotel verzogen wir uns gleich auf Jelenas Zimmer, wo uns Marilyn anhand einer GPS-gestützten Karte ihren Plan erläuterte. „Also, Marilyn. Dann lass mal hören.“ „Okay. Also. Wir fahren mit eurem Mietwagen bis in die Nähe von Brasilia. Dort entspringt der Tocantins. Ein Nebenfluss des Amazonas. Von dort fahren wir mit einem Boot weiter. Denn auf dem Wasser sind wir schwer aufzuspüren.“ 359 „Gibt es überhaupt Boote, die über die entsprechende Kapazität verfügen? Wir sind immerhin 9 Leute.“, warf Jelena ein. „Und ob es die gibt. Ich stelle mir das Ganze wie folgt vor. Wir fahren mit dem Boot den Tocantins in Richtung Nordosten. Dann biegen wir in der Nähe der Ortschaft Belem auf den Rio Parana ab und folgen diesem, bis wir den Hauptarm des Amazonas erreichen. Klar soweit?“ „Soweit schon. Angenommen, wir schaffen es bis zum Hauptarm des Flusses. Wie geht es dann weiter?“ „Wir fahren bis zur Ortschaft Santarem. Dort leben Freunde von mir.“ „Und bei denen können wir uns verstecken. Sehe ich das richtig?“, fragte Alejandra. „Si.“ „Dein Plan ist nicht schlecht. Aber er hat einen Haken. Renita Benitez wird uns früher oder später aufstöbern.“, warf Hera ein. „Da fällt mir etwas ein. Gibt es in der Gegend um Santarem Piranhas?“ „Massenweise. Sowohl die roten, als auch die schwarzen.“ „Wann soll es losgehen?“ „Morgen früh. Kurz vor Sonnenaufgang.“ „Am besten, einer von uns fragt, ob wir morgen etwas früher frühstücken können.“ Es klopfte an der Tür. „Wer ist da?“, fragte Jelena. „Ich bins Kattie.“, hörte ich die uns so wohl vertraute Stimme. „Komm rein.“ Die Tür öffnete sich und Kattie betrat den Raum. „Was verschafft uns die Ehre deines Besuchs?“ „Ich habe morgen frei und habe gedacht, ich helfe euch ein bisschen.“ „Wir müssen morgen früh ziemlich früh los. Können wir vielleicht etwas früher frühstücken?“ „Wann soll es losgehen?“ „Kurz vor Sonnenaufgang.“ „Also um 5 Uhr morgens. Tut mir Leid, Paul. Aber um die Uhrzeit hat das Restaurant noch nicht auf. Ich kann nur mit dem Chefkoch reden, und ihn bitten, dass er für uns Lunchpakete macht. Dann können wir unterwegs etwas essen.“, schlug Kattie vor. „Dann erledige das bitte.“ „Bin schon weg.“ Nach dem Abendessen trafen wir uns noch mal Kattie. „Alles klar. Der Küchenchef stellt uns die Lunchpakete morgen früh am Empfang auf einem Teewagen bereit.“, sagte sie. „Perfekt.“ „Dann sollten wir uns jetzt schlafen legen, denn morgen müssen wir früher aufstehen, als die letzten Tage.“ Die Nacht verlief einigermaßen ruhig. Bis auf einen Vorfall, von dem ich hier berichten will, tat sich nichts. Um 3:45 Uhr hörte ich Schritte auf dem Flur. Vor Jelenas Zimmer blieben sie stehen. Dann hörte ich zwei Stimmen. Eine weibliche und eine männliche. Und die Frauenstimme erkannte ich sofort. Es war Renita Benitez. „Also Franco. Ich möchte, dass du dich hier auf die Lauer legst. Benachrichtige mich, sobald Paul MacLain und seine Freunde mit unserer Zielperson das Hotel verlassen. Ich warte mit Pedro vor dem Hotel im Auto.“ „In Ordnung, Boss.“ Um 4:30 war es dann mit der Bettruhe vorbei. Aber was tut man nicht alles, für die Lösung eines Falles. Nachdem ich geduscht und mich angezogen hatte ging ich nach unten in die Empfangshalle unseres Hotels. Dort traf ich dann die anderen. Da der Lincoln von El Doberman wesentlich mehr Platz bot, als unser Peugeot, zogen wir es vor, die Stretchlimousine zu nehmen. Als ich zum hinteren Fenster hinaus auf die Straße sah, entdeckte ich den weißen Mercedes. Ich berichtete den anderen von den nächtlichen Besuchern. „Ich habe es auch gehört. Diese Schnepfe scheint ja nicht gerade viel von Vorsicht zu halten.“, sagte Jelena. „Was meinst du damit?“ „Ist das nicht offensichtlich, Towarischtsch? Wir wissen, was Renita Benitez 360 vorhat. Wir sind das Wild. Und sie ist der Jäger.“ „Da ist schon was wahres dran, Jelena. Aber es gibt Situationen, in denen die Beute dem Jäger überlegen ist. Wir müssen es nur bis Santarem schaffen.“, sagte ich. „Nur ist gut. Erstmal müssen wir nach Santarem kommen.“ Doch zu unser aller Überraschung hatte Alejandra einen Trumpf im Ärmel von dem wir nichts wussten. Über Umwege fuhren wir zum Flughafen von Rio, wo wir in ihre private Boeing 747-8 umstiegen. Diese Maschine brachte uns in 59 Minuten nach Brasilia. Dort warteten zwei SUVs mit laufenden Motoren. Diese brachten uns zu unserem Boot, dass am Flussufer auf uns wartete. Als auch meine Wenigkeit an Bord war, startete der Skipper die Motoren und das Boot legte ab. Doch so leicht ließ sich Renita Benitez nicht abschütteln. Sie landete eine halbe Stunde nach uns in Brasilia. Auch sie hatte ein Boot gechartert und einen ortskundigen Skipper angeheuert. Am Dienstag, den 23.06.2020 erreichten, wir Belem. Wir tankten das Boot auf und fuhren dann den Rio Parana entlang, bis wir auf den Hauptarm des Amazonas kamen. Es war 6:00 Uhr früh, als wir am Mittwoch, den 24.06.2020 in Santarem ankamen. Die Einwohner waren sehr skeptisch. Kein Wunder, denn nun bestand für sie die Gefahr, dass Renita Benitez ihnen die Hölle heiß machte. Diese Bitch musste unschädlich gemacht werden. Soviel stand fest. Renita Benitez traf am selben Tag in Santarem ein. Allerdings erst um die Mittagszeit. Das hatte mir Zeit gegeben, mich mit ein paar Einheimischen zu unterhalten. Ein alter Mann mit einem Panamahut auf dem Kopf saß am Ufer und angelte. „Beißen die Fische heute gut?“, hatte ich ihn gefragt. „Nein, Senhor. Diese verdammten Piranhas vermasseln mit andauernd die Tour. Kaum hab ich einen am Haken, sind diese gefräßigen Räuber da und nagen ihn bis auf die Knochen ab.“ „Mich würde eines interessieren. Sind diese Fische wirklich genauso schlimm, wie immer behauptet wird?“ „Nein, Senhor. Piranhas sind sogar weitaus besser, als der Ruf, den man ihnen angedichtet hat. Sie sind so eine Art „Gesundheitspolizei“. Sie greifen nur dann an, wenn ein Tier oder ein Mensch verletzt ist und blutet.“ „Sie bringen mich da auf eine geniale Idee, Mister. Und zwar eine, wie wir Renita Benitez endgültig loswerden.“ „Sie wollen aus dieser Frau Piranha-Futter machen, wie?“ „So in etwa.“ Nachdem Renitas Boot angelegt hatte, ging die Zuhälterin an Land. Ich war gerade draußen und sprach mit einem jungen Mädchen. „Ich hab doch gesagt, Sie entkommen mir nicht.“, sagte Renita Benitez mit barscher Stimme. „Das haben Sie gesagt. Na und?“ „Ich will das Mädchen wieder haben. Marilyn. Wo haben Sie sie versteckt?“ „Kümmer dich um deinen eigenen Dreck.“ „Niemand duzt mich unaufgefordert und klaut mir eins meiner Mädchen. Also zum letzten Mal. Wo ist Marilyn?“ „Glaubst du wirklich, ich verrat dir das? Ein MacLain verrät seine Schutzbefohlenen nicht.“, sagte ich. „Ach wirklich? Oder ist der große Paul MacLain einfach zu feige?“ „Mich würde eines interessieren. Wieso nehmen Sie sich das Recht, jungen Mädchen wie Marilyn die Zukunft zu ruinieren?“ „Weil ich es kann. Und da Sie sich so hartnäckig weigern, mir zu verraten, wo das Mädchen ist, sollen 361 das Privileg haben, als erster von dieser Welt zu gehen.“, sagte Renita Benitez kalt. Dann zog sie ihre Waffe. Sie benutzte eine Beretta U22 Neos. Genau in diesem Moment krachte ein Schuss. Jelena war hinter mir aufgetaucht, ihre Makarow in der Hand. Renita Benitez hielt sich eine Stelle auf der rechten Seite ihrer Taille und taumelte rückwärts in Richtung Fluss. Ich eilte ihr hinterher. Auch die anderen waren schnell zur Stelle, denn keiner wollte das Ende dieser hinterhältigen Frau verpassen. Renita Benitez fiel ins Wasser. Als ihr Kopf die Wasseroberfläche durchbrach fing das Wasser um sie herum an zu brodeln. Jelena und mir war klar was das bedeutete: Piranhas griffen die verletzte Renita Benitez an. Bei jedem Biss ruckte sie mit dem Kopf und stieß einen lauten Schmerzensschrei aus. Ihr Todeskampf dauerte eine ganze Stunde, ehe ihr Kopf endgültig unter Wasser verschwand und sich das Wasser vom Blut rot färbte. Damit war zumindest Renita Benitez erledigt. „Doswidanja, Miststück.“, sagte Jelena. „Fahren wir nach Rio zurück. Jetzt müssen wir uns auf La Duchesse konzentrieren.“ Wieder zurück in Rio wurden wir schon ungeduldig erwartet. Als wir ins Hotel zurückkamen wartete dort eine ziemlich genervte Dora Correia da Silva. „Himmel Herrgott! Wo wart Ihr die letzten drei Tage?“, fragte sie barsch. „Wir haben Renita Benitez ausgeschaltet.“ Unsere Klientin sah fragend von einem zum anderen. „Die Piranhas haben sich ihrer angenommen.“ „Jetzt versteh ich. Ihr habt dieses Miststück auf Nimmerwiedersehen verschwinden lassen.“ „Genau, Dora. Und jetzt, wo dieses Problem gelöst ist, können wir uns wieder unserer eigentlichen Aufgabe zuwenden. Gibt es eigentlich was neues?“ „Patricia Velasquez hat versucht, Andreas von Strelitz durch Zahlung einer Kaution aus dem Gefängnis rauszuholen.“ „Und hat das geklappt?“ „Nein. Denn ich habe veranlasst, dass eine Freilassung gegen Kaution wegen Fluchtgefahr abgelehnt wird.“ „Sehr gut.“ „In Ordnung. Morgen früh gehen wir wieder Streife.“ Am nächsten Tag waren wir wieder in Rio unterwegs. Dieses Mal waren wir in Copacabana. Jelena und mir war klar, dass wir uns in diesem Stadtteil buchstäblich in der Höhle des Löwen bewegten. Wir kamen gerade an einer Villa vorbei, als sich das große schmiedeeiserne Doppeltor öffnete. Und das Auto, dass herauskam, erkannte ich sofort. Es war der weiße Rolls Royce von Patricia Velasquez. Die Tür öffnete sich und La Duchesse stieg aus. Als sie Jelena und mich entdeckte, trat ein diabolisches Grinsen in ihr Gesicht. „Ich darf Ihnen und ihrer Partnerin gratulieren. Sie haben wirklich ganze Arbeit geleistet.“, sagte sie. „Worauf wollen Sie hinaus?“ „Können Sie sich das nicht denken? Ich rede von Renita Benitez, was denken Sie denn? Die Idee sie den Piranhas als Mittagessen zu servieren war genial. Hätte auch von mir sein können.“ „Passen Sie bloß auf, dass Sie nicht auch noch in den Bäuchen dieser gefräßigen Räuber enden.“ Ein diabolisches Lachen ertönte. „Das glauben Sie doch wohl selber nicht.“ „Abwarten. Noch ist der finale Akt nicht gespielt.“, sagte Jelena. „Wie theatralisch, Senhora Romanova.“ Um 16:00 Uhr trafen wir wieder im Hotel ein. Die Zwillinge checkten gerade aus. 362 „Sag bloß, Ihr zwei hübschen reist schon wieder ab, Sylvie.“, sagte ich. „Leider. Aber wir haben keine andere Wahl. An unserem Protegé ist leider auch La Duchesse interessiert. Deshalb reisen wir ab. Marilyn wartet schon draußen im Wagen. Au revoir, Paul. Und noch einmal vielen Dank für alles.“ „Kein Ding. Wenn Ihr wieder mal Zores habt, ruft mich an. Jelena und ich machen zusammen ne ganze Armee nieder.“ Als die beiden Schwestern zusammen mit Marilyn abgereist waren, trafen wir uns kurz bei Hera auf dem Zimmer. „Das waren anstrengende Tage, die hinter uns liegen.“, sagte ich. „Das schon, aber noch ist der Fall nicht gelöst.“ „Darf ich einen Vorschlag machen?“, fragte Jelena in die Runde. „Nur zu.“ „Ich würde sagen, wir setzen uns heute Abend nach dem Abendessen bei mir auf dem Zimmer zusammen und besprechen das weitere Vorgehen.“ „Gebongt. Um wie viel Uhr treffen wir uns?“ „Wir könnten doch zusammen das Abendessen zu uns nehmen. Sagen wir 18:30 Uhr?“ „Jelena?“ „Das passt.“ Um 18:30 Uhr trafen Jelena und ich uns mit den beiden Cousinen zum Essen im Restaurant. Alejandra und Hera hatten schon einen Tisch für vier Personen reserviert. Sehr zum Leidwesen eines älteren Ehepaares aus Houston. Die Frau zeterte lautstark mit Hera herum. „Zum letzten Mal! Räumen Sie beide den Tisch, oder ich werde mich beim Manager des Hotels über Sie und ihre Cousine beschweren!“, keifte die Frau. „Dann beschweren Sie sich, wenn Sie sich unbedingt lächerlich machen wollen. Es sind noch genügend andere Tische frei. Nehmen Sie doch einen von denen.“ „Was bilden Sie sich ein, wer Sie sind? Wir haben in den letzten Jahren immer hier gesessen. Warum sollen wir jetzt auf unseren Stammplatz verzichten?“ „Schatz, mach nicht aus einer Fliege einen Elefanten. Unser Stammplatz ist halt nun mal besetzt. Willst du uns den Urlaub verderben, bevor er überhaupt richtig angefangen hat?“ „Schweig, Harold! Das ist unser Tisch und damit hat es sich.“ „Ich bitte vielmals um Entschuldigung, wenn ich mich in diese Angelegenheit einmische, aber meine Juniorpartnerin und ich sind mit den beiden Cousinen ziemlich eng befreundet. Und wir sind zurzeit aus dienstlichen Gründen hier. Es gibt einige Dinge, die wir zu besprechen haben, und die nicht für jedermanns Ohren bestimmt sind. Ich hoffe, dass Sie Verständnis für unsere Situation aufbringen können.“, sagte ich. „Sind Sie sowas wie Kriminalpolizisten?“, fragte die Dame. „Wir sind Privatermittler. Mein Name ist MacLain. Paul MacLain. Und meine Juniorpartnerin ist keine geringere als Jelena Romanova.“ „Na schön. Weil Sie es sind, will ich für heute mal großzügig sein, und Gnade vor Recht ergehen lassen. Aber morgen Abend sitzen wir hier. Ich hoffe, wir haben uns klar verstanden.“, sagte die Frau. Nach dem Abendessen trafen wir uns, wie besprochen auf Jelenas Zimmer. „Wer waren diese beiden eigentlich?“, fragte ich, als Hera und Alejandra Platz genommen hatten. „Das waren Harold und Jane Griffin. Er ist eigentlich der vernünftigere von den beiden, wie Ihr ja selbst bemerkt habt. Aber seine Frau ist ein 363 richtiger Sturkopf. Wenn es nicht nach ihrem Kopf geht, wird sie zur Furie.“ „Ich finde, wir sollten uns wieder um unseren Fall kümmern.“, warf Jelena ein. „Deswegen haben wir uns auch hier getroffen.“ „Also: Renita Benitez ist tot. Jetzt sollten wir uns um Dasianeras und Giovannas Tante kümmern. Denn die steckt mit La Duchesse unter einer Decke. Sie könnte noch zu einer Gefahr für uns werden.“ „Das leuchtet ein, Paul. Also sollten wir uns als nächstes um Margarita Goncalves de Almeida kümmern.“ „Wo lebt sie überhaupt?“, fragte Alejandra. In diesem Moment klopfte es an der Tür von Jelenas Zimmer. „Wer ist da?“, fragte ich. „Giovanna La Riguna.“ „Komm rein.“ Die Tür öffnete, und Dasianeras jüngere Schwester betrat, begleitet von ihrem Ausbilder das Zimmer. Enrico Rizzo, der ehemalige Leiter des Drogendezernats im italienischen Neapel, sah noch genauso aus, wie ich ihn noch während meiner Ausbildungszeit kennen gelernt hatte. „Plattfuß“ war 1,93 m groß und wog 125 Kg. Auffallend war natürlich der stattliche Bierbauch des Italieners. Das ovale Gesicht mit den braunen Augen strahlte etwas beruhigendes aus. Seinen schwarzen Vollbart hatte „Plattfuß“ immer noch stehen gelassen. Auch seine schwarzen Haare hatte er modisch flott zurück gekämmt. Bekleidet war er mit einem dunkelblauen Anzug, einem hellblauen Hemd und einer roten Krawatte. Dazu kamen schwarze Herrensocken und schwarze Wildlederschuhe. „Ich will nicht unhöflich sein, Giovanna, aber solltest Du nicht in Mailand sein?“, fragte Jelena. „Als wir gehört haben, was mit Renita Benitez passiert ist, war klar, wer als nächstes fällig ist. Nämlich meine Tante. Und ich will doch nicht verpassen, wenn Margarita ihrer gerechten Strafe zugeführt wird.“ „Dann weißt du es also?“ „Was?“ „Das eure Tante für den Tod eurer Eltern verantwortlich ist. Sie hat den Wagen gefahren, mit dem eure Eltern von der Straße gedrängt wurden.“ An Giovannas Reaktion erkannte ich, dass sie es nicht gewusst hatte. „Dafür wird Tante Margarita büßen.“, sagte Giovanna. „Erst mal müssen wir ihrer habhaft werden.“ „Und dazu müssen wir herausfinden, wo sie wohnt.“, warf Hera ein. „Ich werde euch hinführen. Aber vorher will ich wissen, von wem Ihr diese Information habt.“ „Sylvie und Claire de la Richardais.“ „Woher kennt Ihr die beiden?“, wollte Giovanna wissen. „Wir haben die beiden bei unserem Fall in Frankreich kennen gelernt.“ „Die beiden haben uns bei unserem Fall in Griechenland noch einmal unterstützt, indem sie uns Informationen über einen Mann namens Dennis Southby beschafft haben.“ „Den Typen kenn ich nicht.“ „Nun, wir haben deine Bedingung erfüllt, und unsere Quelle offen gelegt. Jetzt solltest du uns zu deiner Tante bringen und deinerseits dein Versprechen einlösen.“ „Keine Sorge. Ich werde mein Wort halten. Morgen früh, um 9:45 Uhr hole ich euch ab.“, sagte Giovanna. Am nächsten Tag, es war Montag, der 29.06.2020, trafen wir uns wie besprochen mit Giovanna. Dasianeras jüngere Schwester führte uns in den Stadtteil Ipanema. Auch ihr Ausbilder begleitete uns. Als wir an einem Park vorbeikamen, bemerkte ich einen Schatten, der sich hinter einem Busch versteckte. Auch „Plattfuß“ war alarmiert. 364 Er betrat den Park und packte beherzt zu. „Wer hier schmult, wird angenagelt.“, sagte der Italiener. Dann drückte er ihn an einen Baum. „So. Du sollst mir sagen, für wen du arbeitest.“ Doch Rizzo brachte den Killer nicht zum Singen. Ein Dampfhammer auf den Kopf beförderte ihn ins Reich der Träume. Wir fesselten den Kerl an einen Baum, knebelten ihn und zogen ihm eine schwarze Skimütze über den Kopf. Giovanna führte uns zu einer Villa mit Blick auf den Zuckerhut. Doch zu unserer Überraschung war das Haus verlassen. „Merda! Tante Margarita hat das Weite gesucht. Das war aber zu erwarten. Sie weiß, dass sie die nächste ist.“ „Wo könnte sich eure Tante aufhalten?“, fragte Jelena Giovanna. „Tante Margarita besitzt noch ein Wochenendhaus in Fortaleza. La Duchesse hat es ihr geschenkt. Als Belohnung für den Mord an unseren Eltern.“ „Warst du schon mal dort?“ „Nein. Sie hat weder Dasianera noch mich dorthin mitgenommen.“ „Woher weißt du dann davon?“ „Ich habe mir sämtliche Kontobewegungen von Patricia Velasquez angesehen. Und dabei habe ich die Schenkungsurkunde für das Haus gefunden. Leider gibt es keine Bilder von dem Haus.“ „Es muss doch jemanden geben, der Bescheid weiß.“ „Natürlich! Warum hab ich nicht gleich daran gedacht?“, sagte Giovanna. „Was meinst Du?“ „Einer von Tante Margaritas Leibwächtern kennt sich in Fortaleza aus.“ „Und wie heißt diese Käsemilbe?“ „Sein Name ist Ronaldo Fernando Da Costa.“ „Wo finden wir ihn?“ „Er wohnt nicht hier in Rio. Er lebt in Porto Alegre.“ „Dann wissen wir ja, was wir zu tun haben.“, sagte ich. „Meine Privatmaschine bringt uns hin. Wir brauchen so knappe zwei Stunden.“ „Na dann los.“ Um 12:00 Uhr landeten wir in Porto Alegre. Es war nicht schwer, den Leibwächter ausfindig zu machen. Denn sein Apartment befand sich im achtzehnten Stock eines Hochhauses. Also hatte ihn Dasianeras und Giovannas Tante fürstlich für seine Dienste belohnt. Das Gebäude selbst befand sich am Hafen. Wie uns der Besitzer berichtete, war Ronaldo noch im Stadion, um sich das Fußballspiel zwischen Gremio Porto Alegre und Fortaleza Esporte Clube anzusehen, und im Falle eines Sieges wohl erst nach Mitternacht nach Hause kommen würde. Um 0:15 Uhr kam unsere Zielperson dann endlich nach Hause. Über ein brasilianisches Sportwettenportal hatte ich herausgefunden, dass Gremio Fortaleza mit 4:1 geschlagen hatte. Als Ronaldo die Eingangstür aufschließen wollte, packte ich ihn von hinten, und drehte ihm den Arm auf den Rücken. „So, Freundchen. Du hast die Wahl. Entweder, du kommst freiwillig mit, oder ich muss härtere Maßnahmen ergreifen.“, sagte ich. „Lassen Sie mich los. Ich habe nichts getan.“ „Nichts da! Du kommst jetzt mit uns mit!“ Wir brachten Margaritas Leibwächter zu einer Hazienda außerhalb von Rio. Dort fesselte ihn Jelena an die Absperrung einer Viehweide. Dann zog sie ihm die Hose und die Unterhose herunter. Hera und Dora hatten aus einem der Ställe ein Kälbchen an die frische Luft geholt, und hielten es nun an seinem Strick fest. 365 „So. Dann wollen wir mal anfangen. Wir haben ein paar Fragen, und auf die wollen wir Antworten. Du bist doch einer der Leibwächter von Margarita Goncalves de Almeida.“ Der Mann nickte stumm. „Hält sie sich zurzeit in ihrem Wochenendhaus in Fortaleza auf?“, fragte Jelena kalt. Wieder ein Nicken. „Wo in der Stadt befindet sich das Haus?“ „Das sage ich Ihnen nicht.“ „Ach ja. Und warum nicht?“ „Weil Sie das einen feuchten Dreck angeht.“ „Hör zu Junge, wir kriegen schon raus, wo das Wochenendhaus ist. Aber es wäre weniger schmerzhaft für dich, wenn du freiwillig auspackst.“ Das Kälbchen musste Ronaldo Fernando da Costa wegen seiner Nüsse für seine Mutter halten, denn es zerrte an seinem Strick. Offenbar wollte es zu dem bösen Buben und einen Schluck an der Milchbar nehmen. „Ich würde an deiner Stelle reden. Denn letzten Endes darfst du die Suppe auslöffeln, die du dir da eingebrockt hast.“ „Fuck you, Tommy.“ „Na, na, na. Was sind denn das für Töne?“, fragte Alejandra. Dann rammte sie Ronaldo ihren Ellenbogen in die Magengrube. Margaritas Bodyguard rang nach Luft. „Na? Und jetzt?“ „Und jetzt was?“ Verrätst du uns, wo in Fortaleza Margaritas Wochenendhaus ist?“ „Nein.“ „Oh doch. Wollen wir wetten?“ Doch der junge Mann schüttelte den Kopf. „Tja. Da muss wohl jemand durch die harte Schule. Hera, Dora! Waltet eures Amtes!“, sagte Jelena. Ronaldo schluckte schwer, als Hera Arnakis und unsere Klientin Dora Correia da Silva das Tier von der Leine ließen. Wenig später schrie er auf, als das Kälbchen seelenruhig an seinen Eiern saugte. „Okay! Okay! Ich rede. Aber tun Sie mir einen Gefallen, und nehmen dieses Kalb da weg!“ „Diese Maßnahme hättest du dir ersparen können, wenn du freiwillig den Mund aufgemacht hättest.“, sagte Alejandra. Noch am selben Tag ging es weiter nach Fortaleza. Wir beschlossen, mit dem Zug dorthin zu fahren, in der Hoffnung, Patricia Velasquez dadurch zu täuschen. Um 8:50 Uhr fuhr unser Zug am Hauptbahnhof von Rio ab. Das Bahnhofsgebäude war ein quadratischer Bau mit einem Turm in der Mitte. Die Außenfassade war weiß gestrichen. Am vorletzten Turmsegment war auf allen Seiten eine Uhr montiert. Da in Brasilien der Eisenbahnverkehr überwiegend mit Dieselloks statt mit dem elektrischen Pendant betrieben wird, wunderte es mich nicht, an der Spitze des Zuges eine Lokomotive aus US-amerikanischer Produktion, eine GE Dash 9-40 BBW zu entdecken. Als wir in den Zug stiegen, drehte ich mich noch einmal um. Doch wenn ich erwartet hatte, Patricia Velasquez auf dem Bahnsteig auftauchen zu sehen, dann wurde ich enttäuscht. Auf der anderen Seite empfand ich doch eine gewisse Erleichterung. Denn dies bedeutete, das „La Duchesse“ nichts von unserer bevorstehenden Aktion wusste. Ich sah kurz aus dem Fenster und entdeckte zwei Männer, die im Dauerlauf auf den Zug zu rannten. In diesem Moment betätigte der Lokführer das Horn auf dem Dach der Lok. Ein lauter, tiefer, langgezogener Ton ertönte. Der Zugbegleiter schloss die Türen und der Zug fuhr an. Die beiden Männer blieben auf dem Bahnsteig stehen. 366 Anhand ihrer beiden Bleispritzen, die sie in ihren Halftern trugen, ahnte ich, dass die beiden Kerle für „La Duchesse“ arbeiteten. Ihr mögt mich vielleicht für beknackt halten, Fakt ist aber, dass Sicherheitsbeamte in Staatsdiensten eine Uniform tragen. Die beiden Burschen trugen Designeranzüge von Joop. So eine feine Garderobe kann sich kein Staatsdiener leisten. Außerdem haben die brasilianischen Streifenpolizisten keine Magnum Kaliber 45 in vernickelter Ausführung. Diese Waffe kostet pro Stück stolze 8.000 Dollar. Wir fuhren in Nordöstlicher Richtung. Der nächste Halt nach Rio de Janeiro war Belo Horizonte. Danach kam keine Station mehr und unser Zug fuhr ohne Halt bis Fortaleza durch. Um 14:50 Uhr rollte der Zug in den neu gebauten Bahnhof von Fortaleza ein. Das Bahnhofsgebäude war ein zweistöckiges Steinhaus mit großen Fenstern. Das Dach war in Giebelform ausgeführt, allerdings in einem flacheren Winkel aus bei herkömmlichen Giebeldächern. Auch zwei Gleise gab es schon. Das eine war für die Züge nach Rio bestimmt, das andere für die Züge aus der Gegenrichtung. Ein drittes Gleis war gerade im Bau. Wohin es führen sollte, wollte sich mir nicht erschließen. Auch eine Bahnhofsuhr war vorhanden. Sie war auf der Seite des Gebäudes angebracht, auf der die Gleisbauarbeiten liefen. Die anderen beiden Gleise waren bereits überdacht. Jeweils acht Stahlstreben, die in mächtigen Betonpfeilern steckten, stützten das Dach. Ein neunter Pfosten war mit einem Unterstand verbunden, der sogar eine Bank zum Sitzen vorweisen konnte. Das Dach selbst war ein Viertelkreis. Offenbar sollte daraus später einmal ein Halbkreis werden, wenn die neuen Gleise fertig waren. Bevor wir uns auf den Weg zu Margaritas Versteck aufmachten, trafen wir uns mit dem örtlichen Polizeichef. Dieser gab uns seine besten Männer als bewaffnete Eskorte mit. Um 15:45 Uhr kamen wir an dem Wochenendhaus an. Und wie nicht anders zu erwarten, war dieses Gebäude mit Überwachungskameras gesichert, als wäre es eine Festung. Vor dem Eingangstor patrouillierten mehrere Hundestreifen. Die Sicherheitsleute von Margarita Goncalves de Almeida waren allesamt mit Maschinenpistolen aus dem Hause Heckler & Koch ausgerüstet. Gute Deutsche Wertarbeit. Nachdem wir uns ein Bild der Lage gemacht hatten, war klar, dass wir unsere Zielperson in einer Nacht- und Nebelaktion entführen mussten. Nach Einbruch der Dunkelheit kehrten wir zurück. Ein modifizierter Hubschrauber vom Typ EC145 brachte uns zum Haus. Jelena und ich seilten uns ab, während die anderen vor dem Haupteingang warteten. Jelena und ich drangen über die Terrasse in das Gebäude ein. Und wie gut das Gebäude gesichert war, zeigte sich, als wir die Treppe in den ersten Stock entdeckt hatten. Überall waren Bewegungssensoren installiert, die einen Alarm auslösten, sobald man hindurch ging. Doch Jelena und ich hatten eine Spezialausbildung durchlaufen und wussten, wie es möglich war, die Sensoren auszutricksen. Ganz langsam robbten wir auf dem Bauch in Richtung Treppe. Als wir diese Strecke überwunden hatten, schlichen wir lautlos nach oben, wo wir den Hauptschalter 367 für das Sicherheitssystem fanden. Dasianeras und Giovannas Tante, war in diesem Punkt wirklich nachlässig. Jeder Bösewicht, der auch nur ein bisschen klar im Kopf ist, würde den Schalter so anbringen, dass selbst zwei gestandene Spezialisten wie Jelena und ich diesen auch erst nach längerem Suchen gefunden hätten. Wir schlichen die Balustrade entlang und leuchteten mit unseren Taschenlampen in jedes Zimmer. Eine Tür war jedoch verschlossen und durch eine eigene Alarmanlage gesichert. Offenbar hatte Margarita damit gerechnet, dass jemand die Hauptanlage deaktivieren würde. Doch auch hier war sie extrem nachlässig. Ein simpler Draht war mit einer Alarmglocke verbunden, und würde einen Alarm auslösen, sobald jemand versuchte, die Tür zu öffnen. Ich holte eine Zange aus meinem mitgeführten Etui und schnitt den Draht durch. Jelena schraubte einen Schalldämpfer auf ihre Makarow. Danach öffnete ich lautlos die Tür, während meine Partnerin einen Lappen mit Chloroform tränkte. Dasianeras und Giovannas Tante schlief tief und fest, nicht ahnend, dass sie dieses Haus nie wieder betreten würde. Ich tippte dieser Frau auf die Schulter. Ruckartig setzte sie sich auf. Jelena war rasch zur Stelle und drückte ihr den Lappen ins Gesicht. Es dauerte nicht lange, und Margarita Goncalves de Almeida war außer Gefecht. Rasch lud ich sie auf meine Schulter und wir verließen das Zimmer. Natürlich waren Jelena und ich darauf bedacht, so wenig Lärm wie möglich zu machen, um das Wachpersonal nicht zu wecken. Irgendwie schafften Jelena und ich es, das Grundstück mitsamt unserer Geisel unbemerkt zu verlassen. Erst im Zug kam dieses Miststück wieder zu sich. Vorsorglich hatten Jelena und Alejandra Dasianeras und Giovannas Tante an Händen und Füßen gefesselt. Zuerst blickte sie zu Jelena und dann zu mir. „Wer sind Sie und was wollen Sie von mir?“ „Wir sind die good Guys.“ „Ihre Namen will ich wissen. Ich will bei ihren Vorgesetzten Beschwerde einreichen. Denn Sie beide haben eindeutig Ihre Kompetenzen überschritten.“ „Paul MacLain und Jelena Romanova sind ihre eigenen Chefs. Da hilft keine Beschwerde.“, klärte Alejandra auf. „Ich werde dafür sorgen, dass man Ihnen ihre Lizenz entzieht.“ „Wir haben zwar eine deutsche Lizenz, weil unsere Detektei ihren Sitz in Frankfurt am Main hat, aber wir sind international anerkannt. Deshalb dürfen wir auch außerhalb Deutschlands ermitteln.“, sagte ich mit einem diabolischen Lächeln. „Ich garantiere Ihnen, ihre ungerechtfertigte Entführung meiner Person wird Ihnen beiden das Genick brechen.“ „Was Sie so abwertend als Entführung bezeichnen, sehe ich als Sicherungsmaßnahme. Wir haben Sie in Gewahrsam genommen, weil Sie versucht haben, sich dem Gesetz zu entziehen.“ „Wenn wir in Rio sind, lasse ich Sie und ihre Freunde einsperren.“, sagte Margarita. „Das seh ich anders, Tante. Paul MacLain und Jelena Romanova wurden von der Leiterin des Jugenddezernats beauftragt, deine Gönnerin auszuschalten. Patricia Velasquez wandert hinter Gitter. Aber für dich haben wir uns was anderes einfallen lassen. Welches Schicksal dich erwartet, bleibt bis zu Letzt unser Geheimnis.“, sagte Giovanna, die mittlerweile das Abteil betreten hatte.“ „Giovanna! Du läufst ja noch frei herum! Wie kann das sein?“ 368 „Da staunst du, was Tante? Dass ich noch frei bin, verdanke ich Senhor MacLain und seiner Partnerin.“ „Dafür werden Sie mir büßen. Ich werde nicht eher Ruhe geben, bis sie beide tot vor meinen Füßen liegen.“ „Sie können uns nicht drohen. Sie werden nur noch das tun, was wir anordnen.“ „Einen Dreck werde ich tun.“ „Was wollen Sie denn noch groß gegen uns unternehmen. Anscheinend haben Sie vergessen, dass Sie an Händen und Füßen gefesselt sind. Sie können uns nicht gefährlich werden.“ „LÖSEN SIE DIE FESSELN, UND ICH WERDE NOCH MEHR ALS DAS TUN!“ Doch so schnell, wie Margarita Goncalves de Almeida in den Lauf von Alejandras Beretta blickte, konnte ihr nicht mal das Herz in die Hose rutschen. „Das Spiel ist vorbei. Haben Sie allen ernstes geglaubt, wir würden Sie nicht aufstöbern? Wenn Sie das geglaubt haben, dann sind Sie bei uns an der falschen Adresse.“ Um 22:50 Uhr trafen wir wieder in Rio ein. Jelena hatte Dasianeras und Giovannas Tante zuvor wieder mit Chloroform betäubt. Mit Hilfe der örtlichen Polizei brachten wir Margarita Goncalves de Almeida ins Gefängnis Vicente Piragibe. Wir sperrten sie in eine Einzelzelle. Jelena stopfte ihr zur Sicherheit noch etwas Oropax in die Ohren, damit die Tante von Dasianera und Giovanna bloß nichts von dem mitbekam, was wir besprachen. „Wir sollten sie spurlos verschwinden lassen.“, schlug Jelena vor. „Der Meinung bin ich auch. Wenn wir sie hier lassen, holt „La Duchesse“ sie garantiert wieder aus dem Knast.“ „Welche Art von Raubfischen lebt eigentlich an der brasilianischen Küste?“, stellte ich eine nicht ganz unerhebliche Frage. „Barrakudas.“ „Dann verfüttern diese Schnepfe eben an die Barrakudas.“ „Die Idee ist gut, Paul. Leider hat sie einen Haken.“, sagte Alejandra. „Welchen?" „Diese Fische leben nur an der Südküste Brasiliens. Zum Glück habe ich noch eine Yacht hier.“ „Und was für eine?“ „Eine Admiral Maxima 47 Entourage. Das Boot trägt den Namen „Elektra“. Am nächsten Morgen liefen wir um 7:45 Uhr Ortszeit mit Alejandras Hochseejacht aus dem Hafen von Rio aus. Alejandra selbst stand am Ruder und steuerte die Jacht geschickt an den großen Fracht- und Kreuzfahrtschiffen vorbei, die den Hafen von Rio an diesem Tag anliefen, oder ihn in alle Windrichtungen verließen. Als wir den Hafen hinter uns gelassen hatten, steuerte Heras Cousine die „Elektra“ auf einen südlichen Kurs, bis wir die brasilianischen Hoheitsgewässer hinter uns gelassen hatten. Dasianeras und Giovannas Tante hatten wir unter Deck eingesperrt. Die Hände und die Füße immer noch gefesselt. Ich spähte über den Rand der Reling und sah eine Gruppe Barrakudas im Wasser. Ich schätzte die Größe der Tiere auf 1,40 m. Die Fische standen still im Wasser. In einem Wikipedia-Artikel über den großen Barrakuda, denn um diese Art handelte sich bei diesem Schwarm, hatte ich gelesen, dass dieser Raubfisch so seine Beute fängt. Außerdem hatte ich gelesen, dass ausgewachsene Tiere Einzelgänger sind und man sie eher selten in Gruppen antreffen kann. Doch zu meiner Überraschung zählte ich 30 Tiere. Margarita wurde an Deck gebracht. Hera hielt sie mit ihrer Heckler & Koch in Schach. „So Margarita. Wir haben unser Ziel erreicht. Von hier trittst du deine letzte Reise an.“ „Ich komme wieder! Und dann werde ich Sie und ihre Partnerin töten!“ 369 „Wenn die Barrakudas dich am Leben lassen, dann sehen wir weiter. Aber selbst wenn du dann noch lebst, dann dürften sich die Haie über ein zusätzliches Frühstück freuen.“, sagte Jelena. Unterdessen hatte ich mein Überlebensmesser aus meiner Jackentasche gezogen. Ich zog es aus seiner Schutzhülle und prüfte die Klinge. Sie war noch scharf. Einmal mehr machte sich meine Sorgfalt, die ich während meiner aktiven Zeit beim SAS an den Tag gelegt hatte, bezahlt. „Deine letzte Stunde hat geschlagen. Grüß den Teufel, wenn du ihm in der Hölle begegnest.“, sagte ich und setzte einen Schnitt quer über Margaritas rechten Oberschenkel. Sie wurde an die Reling gebracht und von ihren Fesseln befreit. Damit dieses Miststück nicht um sich schlug oder nach einem von uns trat packte Jelena sie an den Handgelenken, während ich sie an den Füßen packte. Mit ordentlich Schwung warfen wir Margarita Goncalves de Almeida über Bord. Die Barrakudas waren sofort zur Stelle und setzten mehrere schmerzhafte Bisse, ehe sie davon schwammen. Wir blieben noch eine Weile, um zu sehen, was noch passierte. Keine 10 Minuten später teilten sich die Fluten und eine Dreiecksflosse tauchte auf. Ein Hai hatte die verwundete Margarita entdeckt. Als das Tier die Endphase seines Angriffs einleitete verschwand die Dreiecksflosse unter Wasser. Kurze Zeit später tauchte der Hai auf und schlug seine Zähne in sein Opfer. Das Wasser färbte sich rot, als das Tier Margarita Goncalves de Almeida unter die Wasseroberfläche zog. „Konntet Ihr sehen, was für ein Hai das war? Ich nicht.“ „Es war ein großer Weißer.“ Um12:00 Uhr kehrten wir nach Rio zurück. Auf dem Weg zurück wären wir jedoch beinahe mit einem Kreuzfahrtriesen kollidiert. Es war die Queen Victoria der Cunard Line. Das Schiff wollte gerade in das sichere Fahrwasser einfahren, als unser Boot steuerbord dicht an ihm vorbeiraste. Der Kapitän machte mit dem Tifon des Schiffes seinem Ärger Luft. „Mann, das war aber knapp. Fährst du immer so halsbrecherische Manöver, Alejandra?“, fragte ich, als wir anlegten. „Nur wenn ich es eilig habe.“ „Was ist denn so eilig, dass du fast eine Kollision mit einem Kreuzfahrtschiff riskierst?“ „Willst du „La Duchesse“ einbuchten oder nicht? Ohne Margarita Goncalves de Almeida ist Patricia Velasquez erledigt. Und das weißt du genauso gut wie ich.“ Am späten Nachmittag, es war 17:30 Uhr Ortszeit trafen wir uns mit der Polizei vor dem Haus von Patricia Velasquez. Aus Brasilia war ein neben einem Haft- auch ein Durchsuchungsbefehl bei der örtlichen Polizeistation eingegangen. Jelena betätigte die Klingel. Das Tor öffnete sich und wir betraten das Grundstück. Aus der Eingangstür trat ein Mann. Er war wohl so etwas wie der persönliche Sekretär von „La Duchesse“. Er war 1,72 m groß und besaß einen schlanken Körper. Sein rundes Gesicht wies ernste Züge auf. Auch seine braunen Augen blickten ernst drein. Seine hellbraunen Haare trug er kurz. Auffällig war auch die Hakennase in seinem Gesicht. Seine Lippen waren zu einem dünnen Strich zusammen gekniffen. Ein Zeichen von Anspannung. Bekleidet war der Typ mit einem weißen Anzug, einem roten Hemd, weißen Herrenschuhen, sowie schwarzen Socken. Zu dem Hemd trug er noch eine schwarze Krawatte mit silbernen Streifen. 370 „Was wünschen die Herrschaften?“, fragte er mit einem hochnäsigen Tonfall. „Wir würden uns gerne im Haus ihrer Chefin umsehen.“, sagte ich und hielt dem Mann, der sich als Jameson vorstellte, den Durchsuchungsbefehl unter die Nase. „Dagegen muss ich energisch Protest erheben.“, sagte Jameson. „An deiner Stelle würde ich ganz schnell die Klappe halten, Durak. Oder willst du wegen Behinderung der Justiz in den Knast wandern?“ Nur widerwillig ließ uns Jameson eintreten. Ein Teil der Polizisten suchte mit Hera und El Doberman in den Arbeitsräumen, während die restlichen Polizeibeamten zusammen mit Jelena und mir Patricia Velasquez aufsuchte. Wir fanden sie in ihrem Studierzimmer. „La Duchesse“ war etwas überrascht, als Jelena ihr den Haftbefehl unter die Nase hielt. „Das ist jetzt wohl ein verspäteter Aprilscherz.“ „Durchaus nicht. Wir haben genügend Beweise, um Sie für eine ziemlich lange Zeit hinter schwedische Gardinen zu schicken.“ „Dafür mach ich Sie beide fertig. Dasianeras und Giovannas Tante wird mir helfen.“ „Das wage ich zu bezweifeln. Es sei denn, sie könnte von den Toten wieder auferstehen.“, sagte ich und zog süffisant eine Augenbraue nach oben. Patricia Velasquez wurde kreidebleich. „Wie ist sie gestorben?“, fragte sie leise. „Ein weißer Hai hat sich ihrer angenommen.“ „Sie sind keine Menschen, Sie und ihre Partnerin sind Monster.“ „Das einzige Monster, das ich sehe, sitzt genau vor mir. Sie hatten kein Recht, die Zukunftsträume unschuldiger junger Mädchen zu zerstören, und diese auf den Straßenstrich zu zwingen.“, sagte Jelena. „WAS VERSTEHEN SIE DENN DAVON? SIE WISSEN NICHT, WAS ES BEDEUTET, WENN MAN IN ARMUT AUFWÄCHST! DIE ANDEREN JUNGEN MÄDCHEN IN MEINEM ALTER HABEN MICH AUSGELACHT UND VERSPOTTET, UND HABEN ALS ÄRZTINNEN, RECHTSANWÄLTINNEN UND IN ANDEREN HOHEN BERUFEN KARRIERE GEMACHT. UND ICH BIN IMMER LEER AUSGEGANGEN. WIE AUCH? ICH HATTE KEINEN SCHULABSCHLUSS, KEINE AUSBILDUNG! FÜR MICH BLIEB NUR DER STRAßENSTRICH!!!“ „Und deshalb wollten Sie sich an der Gesellschaft rächen, indem Sie anderen jungen Mädchen ihre Zukunftsträume gestohlen und ihre eigene Verwandtschaft begünstigt haben.“ „Sie haben es ja auch verdient. Wer loyal zu mir steht, der wird belohnt. Wer mich verrät, wird bestraft. So einfach ist das.“ Eine Woche später, wir schrieben Montag, den 06.07.2020 machte man „La Duchesse“ den Prozess. Beim Auftakt selbst waren wir noch anwesend, doch dann wurde es für uns doch Zeit, nach Hause zurückzukehren. Jelena und ich checkten aus, und fuhren zum Flughafen von Rio de Janeiro zurück. Dort gaben wir den Peugeot bei der Autovermietung zurück. Wir wollten gerade unsere Koffer aufgeben, als mir jemand auf die Schulter tippte. Ich drehte mich um. Vor uns standen die beiden Cousinen. „Ich denke, nach der Aufregung könnt Ihr ein bisschen Erholung gebrauchen.“, sagte Alejandra. „Soll das eine Einladung sein?“ „Zugegeben, Frankfurt hat auch seine schönen Seiten. Zumindest im Sommer. Aber warum lasst Ihr den Fall nicht wieder auf Kreta ausklingen? Mein Sohn würde sich freuen, wenn er Camille wieder sieht. Er hat mir vor kurzem sogar erzählt, dass er sich 371 Samanthas Adoptivtochter verliebt hat.“ „Na sowas. Aber wer weiß, was Camilles leibliche Eltern dazu sagen werden. Sehr erfreut werden die nicht gerade sein, wenn sie erfahren, dass sie den Sohn einer vermeintlichen Drogenbaronin eventuell als Schwiegersohn kriegen.“, warf Jelena ein. „Die haben da nicht viel mitzureden, Paul. Den beiden wurde das Sorgerecht für das Mädchen entzogen.“ Am nächsten Morgen, es war Mittwoch, der 8.07.2020 landeten wir auf dem Flughafen von Sitia. Dort wartete wieder der schwarze Lincoln, mit dem wir zu Alejandras Villa fuhren. Dort angekommen, wurden wir von unseren Freunden und Angehörigen bereits erwartet. Auch die beiden Schwestern und ihr Protegé waren gekommen. Ebenso Thais. Nach dem Abendessen saßen wir noch gemütlich beisammen. Jelena trug das blaue Abendkleid, dass ich ihr bei unserem ersten gemeinsamen Fall als Partner in Belgien gekauft hatte. „Wisst Ihr schon das neueste?“, fragte Thais. „Nein.“ „Patricia Velasquez wurde zu 23 Jahren Haft verurteilt.“ „Geschieht ihr Recht.“, sagte Camille. Marilyn und Thais sahen sich fragend an. „Camille ist unser Moralapostel. Sie sagt immer was sie denkt, auch wenn es dem anderen weh tut.“ „Ich versteh bis heute nicht, warum diese Frau nur so grausam sein konnte.“ „Die Motive werden für uns außenstehende wohl für immer im Dunkeln bleiben. Aber aus meiner Sicht hat diese Bitch das bekommen, was sie verdient hat. Die kommt garantiert als Leiche wieder raus.“, sagte Camille. „Aber das Problem der Kinder- und Jugendprostitution in Rio de Janeiro ist damit leider nicht gelöst.“ Alle Augen richteten sich nun auf meine Schwester Samantha. „Ich meine, selbst wenn „La Duchesse“ jetzt hinter schwedischen Gardinen sitzt, kommt garantiert der nächste und nimmt ihren Platz ein.“ Samantha hatte Recht. Kurz bevor wir uns zu Bett begaben, überprüfte ich den Kontostand auf unserem Konto. Dort waren 45.000 € eingegangen. Damit war unser Auftrag in Brasilien erledigt. Doch dass sich unser nächster Fall zu einem Familiendrama für mich entwickeln würde, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. 372 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)