Paul MacLain der Privatschnüffler von BlueGenie1974 (Ein ehemaliger SAS-Offizier als Privatdetektiv) ================================================================================ Kapitel 21: 21. Fall - Zugsabotage in Kreuzlingen ------------------------------------------------- 21. Fall – Zugsabotage in Kreuzlingen Der Sommer in Frankfurt war vorüber. Doch es war mit 27 Grad immer noch warm genug, um Jelena, Brit und mich in unserem Büro gehörig ins Schwitzen zu bringen. Sogar die Eisdiele um die Ecke zog immer noch mehr Besucher an, als sonst. Wir schrieben Dienstag, den 03.09.2019. Es war 8:00 Uhr morgens. Jelena und ich waren gerade mit unserer allmorgendlichen Joggingrunde fertig und gerade im Büro angekommen, als das Telefon klingelte. Ich nahm das Gespräch an. „Detektivbüro MacLain-Romanova, Sie sprechen mit Paul MacLain.“ „Guten Morgen Herr MacLain. Mein Name ist Valeria Zubriggen. Ich arbeite bei den Schweizerischen Bundesbahnen.“ „Was können meine Partnerin und ich für Sie tun?“ „Wir haben ein Problem. Ein Unbekannter lässt im Bahnhof Kreuzlingen Züge entgleisen.“ „Auf welcher Strecke?“ „Auf der Relation Konstanz – Zürich werden seit Februar diesen Jahres Anschläge auf Fernreisezüge verübt.“ „Verstehe. Nur auf die Fernreisezüge? Oder sind auch der Güter- und der Nahverkehr betroffen?“ „Nur der Fernverkehr.“ „Sind beide Richtungen dieser Strecke betroffen?“, fragte Jelena. „Nur die Züge, die aus Zürich kommen, sind Zielobjekte. Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich in 20 Minuten vorbeikommen.“ „Einverstanden.“ Um 8:20 klopfte es an unserer Bürotür. „Herein!“, rief ich. Die Dame, die eintrat, war ein echter Hingucker. Sie war 1,65 m groß und besaß einen superschlanken Körper. Ihre kleinen Brüste waren sicherlich ein Eldorado für jeden, der darauf stand. Dazu diese sexy Beine und das ovale Gesicht mit den grünbraunen Augen, die Unsicherheit in sich bargen. Ihre braunen Haare, die, offengetragen, bis zur Armbeuge reichten, hatte Valeria Zubriggen zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Die grazile Nase und die kurzen, dünnen aber dennoch sinnlichen Lippen rundeten meinen ersten Eindruck ab. Bekleidet war unsere Besucherin mit einem roten Trägerkleid, ein großzügigen Blick auf Valerias Beine gewährte, und roten High Heels. „Miss Zubriggen. Bitte nehmen Sie doch Platz.“ „Vielen Dank.“ Unsere Besucherin nahm uns gegenüber Platz. „Sie arbeiten bei den SBB. Was genau ist dort Ihre Aufgabe?“, fragte Jelena. „Ich bin die Leiterin der Abteilung Betriebssicherheit. Ich habe dafür zu sorgen, dass zu jeder Zeit ein sicherer Betriebsablauf gewährleistet ist.“ „Und die von Ihnen am Telefon erwähnten Anschläge sind ein Störfaktor.“ „So ist es.“ „Wie geht der Attentäter vor?“, wollte ich wissen. Valeria Zubriggen holte ein Foto aus ihrer Handtasche und reichte es Jelena. Meine Partnerin sah sich das Foto eingehend an, dann reichte sie es mit einem Kopfschütteln an mich weiter. Ich sah mir das Bild genau an. Es zeigte einen langen Gegenstand, der am Ende drei kräftige Haken besaß, die schräg in die Luft ragten. „Kannst du etwas damit anfangen, Paul? Ich nicht.“ „Ich kenn die Dinger. Das sind Schienenkrähen. Damit haben wir zu meiner SAS-Zeit auf feindlichem Territorium die Güterzüge mit Nachschubgütern zum entgleisen gebracht.“ „Und wie funktioniert so was?“, wollte Jelena wissen. „Ganz einfach. 251 Der oberste Haken hebt die Achse der Lok an und kippt zur Seite weg. Die beiden anderen Haken dienen dazu die Schwellen zu zerstören.“ „Damit würde nicht nur die Lok sondern auch einige Wagen entgleisen.“ „Ganz Recht. Sind ziemlich miese Dinger. Zumindest für den, dessen Schienennetz und Fahrzeuge dadurch zu Schaden kommen.“ „Was glauben Sie, woher der Attentäter diese Dinger bezieht?“, fragte Valeria. „Jeder, der was vom Schweißen versteht, kann solche Schienenkrähen selbst herstellen.“ „Würden Sie uns bitte eine Frage beantworten.“, sagte Jelena. „Sicher. Was wollen Sie wissen?“ „Welche Loks setzt die SBB auf dieser Strecke ein?“ „Die Fernreisezüge sind mit E-Loks der Baureihen 460 und 465 bespannt.“ „Verstehe. Gibt es einen Fernreisezug auf der Strecke Zürich - Konstanz, der über Landesgrenzen hinweg bekannt ist?“ „Ja. Den Rheingold Express. Warum fragen Sie mich das, Herr MacLain?“ „Ich versuche, mich in den Attentäter hineinzuversetzen. Wie er zu denken.“ „Wozu soll das gut sein?“ „So kann ich den nächsten Zug meines Gegners voraussehen und Maßnahmen ergreifen, um ihn einzukassieren.“ „Das würde bedeuten...“ „Dass unser Mann garantiert einen Anschlag auf den Rheingold Express verüben will.“ „Solche Fernreisezüge sind doch normalerweise Nachts unterwegs, weil da nicht soviel los ist auf der Strecke.“ „Ja, das stimmt.“ „Ich nehme an, dass der Rheingold Express ebenfalls nachts unterwegs ist.“ „Ja. Er fährt täglich.“ „Wie stark ist er frequentiert?“, fragte Jelena. „Der Rheingold Express ist einer der am stärksten ausgelasteten Fernverkehrszüge.“ „Gab es seit dem ersten Anschlag schon irgendwelche Aktionen des Attentäters mit denen er seine Taten rechtfertigt?“ „Keine Ahnung. Moment! Doch da war was. Zuerst ist ein Bekennerschreiben aufgetaucht. Unterschrieben war es mit „Wilhelm Tell“.“ „Unser Unbekannter scheint ja einen sehr merkwürdigen Sinn für Humor zu haben.“, sagte Jelena. „Was wurde in dem Schreiben gefordert?“ „Bruder „Wilhelm Tell“ fordert ein Durchfahrtsverbot für Fernreisezüge durch den Bahnhof Kreuzlingen ab 22:00 Uhr.“ „In Ordnung. Ich denke, wir haben genug Informationen. Jelena?“ „Wir übernehmen den Fall.“ „Die SBB würden Ihnen beiden 65.000 Schweizer Franken bezahlen.“ „Wäre es Ihrem Brötchengeber auch möglich uns diese Summe in Euro zu bezahlen?“ „Das ist kein Problem.“ Am Donnerstag, den 05.09.2019 traten wir dann unsere Reise in die Schweiz an. Wir hatten uns für das Hotel Adler in Ermatingen entschieden, das 7,6 Km von Kreuzlingen entfernt war. Um 11:50 Uhr trafen wir am Flughafen ein. Meine Verlobte Kelly hatte uns gefahren. „Schnappt euch diesen Mistkerl und dann kommt heil nach Hause.“, sagte Kelly, als sie sich an der Sicherheitsschleuse von uns verabschiedete. Unsere Koffer hatten wir bereits an einem Schalter der schweizer Fluggesellschaft SWISS aufgegeben, an dem die Gepäckannahme für den Flug nach Zürich abgewickelt wurde. „Nun mach dir mal nicht ins Hemd. Wir haben auch Viktor Pliskowski geschnappt. Und der war weitaus gefährlicher, als es unser jetziger Gegner sein dürfte.“ „Sei dir da mal nur nicht so sicher, Paul.“ „Ein bisschen Optimismus sollte schon erlaubt sein.“ „Mach dir keine Sorgen, Kelly. Ich passe schon gut auf deinen zukünftigen Ehemann auf.“, sagte Jelena und zeigte 252 auf ihre Armbanduhr. Als wir die Sicherheitsschleuse hinter uns gelassen hatten, gingen wir weiter in den Transitbereich. Dort suchten wir uns einen freien Platz. Jelena beobachtete das Geschehen, während ich mir wieder das Display mit den Abflugzeiten und den dazugehörigen Gates ansah. Und schon bald hatte ich unseren Flug nach Zürich entdeckt. Flug SWISS 747 sollte von Gate A23 um 13:35 Uhr zum Boarding freigegeben werden. Schließlich war es soweit. Pünktlich um 13:35 Uhr wurde unser Flug aufgerufen. „Achtung! Alle Passagiere des Fluges SWISS 747 werden gebeten sich an Bord der Maschine zu begeben.“ Jelena und ich machten uns auf den Weg. Wir scannten unsere Boardingpässe ein und gingen dann an Bord der Maschine. Die Flugbegleiterin am vorderen Eingang sah sich die Pässe an und wies uns den Weg. Pünktlich um 14:05 Uhr startete unser Flieger, eine Boeing 777-300ER, um nach einer Flugzeit von 50 Minuten auf dem Flughafen von Zürich zu landen. Als wir unsere Koffer geholt hatten, suchten wir nach einer Autovermietung. Bei SIXT mieteten wir uns einen Aston Martin Rapide S in volcano red. Unter der Haube des britischen Nobelsportlers versah der 6,0-Liter-V12-Motor mit 560 PS seinen Dienst. Auch beim Getriebe hatte SIXT geklotzt statt gekleckert. Unser Wagen besaß das 8-Gang-Touchtronic III-Getriebe. Die Bremssättel waren in rot lackiert und die Felgen besaßen 10 Speichen in Richtung geschmiedet und waren in einem Satin-Look gehalten. Der Autovermieter hatte für die Felgen die Variante Champagne Diamond turned ausgewählt. Die Heckleuchten waren in rot und die Auspuffanlage in Bright Chrome ausgeführt worden. Die Pedale dieses Aston Martin waren in Silber lackiert. Die Ledersitze waren in Blue Haze Metallic / Duotone Red ausgeführt und als zusätzliche Extras hatte SIXT einen Zweitschlüssel aus Glas, einen Erste Hilfe Kasten, das 1000 Watt Bang & Olufsen Soundsystem und eine Fahrzeugabdeckung für außen geordert. Bei den Sicherheitsgurten hatte man das Modell Flint ausgewählt. Zu guter Letzt hatte Sixt dem Aston Martin eine erweiterte Alarmanlage, ein Touring Pack und ein Entertainmentsystem spendiert. Über die A1 fuhren Jelena und ich 55 Minuten vom Flughafen in Zürich nach Ermatingen, wo wir um 16:15 Uhr eintrafen. Wir parkten den Aston Martin auf dem Parkplatz unseres Hotels und gingen zum Einchecken. Das Hotel Adler war ein fünfstöckiges Fachwerkhaus mit Giebeldach. Ein Vordach kennzeichnete den Eingang des Hauses. Dort stand in altdeutscher Schrift „Hotel Adler“. Die Fenster waren nicht gerade groß, aber die blauen Fensterläden verliehen diesem Gebäude einen rustikalen Charme. Als wir die Lobby des Hotels betraten, sah die Mitarbeiterin an der Rezeption von ihrem Monitor auf. Sie war 24 Jahre alt und 1,79 m groß. Der schlanke, sexy Körper mit den üppigen Brüsten fiel dem Betrachter sofort ins Auge. Ihre dunkelbraunen Haare trug die junge Dame offen, sodass sie bis zu ihren Schultern reichten. Auffällig war auch das ovale Gesicht mit den braunen Augen, der etwas breiten Nase, 253 und den rot geschminkten kurzen und sinnlichen Lippen lud sicherlich so manchen Mann dazu ein, dass er dieser Dame unaufgefordert einen Kuss gab. Bekleidet war die Dame mit einem schwarzen eng anliegenden Minikleid und schwarzen High Heels. Zugegeben, so verführerisch diese junge Lady auch war, ich war zum Arbeiten hier und nicht auf der Jagd nach jungem weiblichen Gemüse. „Was kann ich für Sie tun?“, fragte das Mädchen. Ihr Namensschild verriet mir, dass ihr Vorname Assunta war. „Paul MacLain und Jelena Romanova. Wir haben reserviert.“ „Einen Moment bitte. Ah! Da haben wir es. Paul MacLain und Jelena Romanova. Zimmer 100. Bitte sehr. Ihr Schlüssel. Ich wünsche einen angenehmen Aufenthalt in unserem Haus.“ Als wir zum Abendessen ins Restaurant des Hotels gingen, fing uns Assunta ab. „Es gab wieder einen Anschlag in Kreuzlingen.“, sagte sie. „Wann?“ „Gestern Nacht. Um 23:30 Uhr ist es passiert. „Welcher Zug ist dieses Mal betroffen?“ „Der Intercity 2525 „Wilhelm Tell“.“ „Wie lange soll die Strecke gesperrt bleiben?“, fragte Jelena. „Bis morgen früh, 10:00 Uhr. Für heute wird der gesamte Fernverkehr Richtung Konstanz umgeleitet.“ Am nächsten Morgen fuhren Jelena und ich zur Unfallstelle in Kreuzlingen. Als wir dort ankamen, sahen wir das ganze Ausmaß der Katastrophe. Die Lok war aus den Schienen gesprungen und war an einer Böschung zum Stehen gekommen. Auch die ersten drei Wagen waren entgleist. Ein Kran hob gerade die Schienenkrähe von den Schienen. Am Unfallort trafen wir dann auch Valeria Zubriggen, die mit dem Lokführer sprach. Als sie uns entdeckte, kam sie sofort zu uns. „Es freut mich, Sie beide zu sehen. Der Lokführer ist leider noch nicht ansprechbar. Ich habe gerade versucht, ihn zu befragen.“ „Das hätte ich Ihnen gleich sagen können. Der Schock sitzt noch zu tief.“, sagte ich. Außerdem fand Jelena noch eine Botschaft des Attentäters am Unfallort. „Sie haben noch 9 Tage, um das Nachtfahrverbot zu beschließen. Danach gibt es ein Blutbad. Wilhelm Tell.“ Den Text der Nachricht hatte der Täter aus verschiedenen Schweizer Tageszeitungen und Illustrierten ausgeschnitten. Nur den Namen hatte er mit Hand geschrieben. „Heute ist der 06.09. Dann wäre in 9 Tagen der 15.“, sagte ich. „Denkst du, was ich denke, Paul?“ Ich nickte. „Valeria, findet am 15.09. ein mediales Großereignis statt?“ „An diesem Tag startet unser neuer Luxuzug, der Helvetia Sovereign. Bedeutet diese Nachricht etwa...?“ „Dass unser Attentäter einen Anschlag auf diesen Zug plant. Genau das. Ist dieser neue Luxuszug eine Triebwagengarnitur oder ein lokbespannter Zug?“ „Im Prinzip ist das ein ganz normaler Fernreisezug. Nur halt etwas luxuriöser. Er verfügt über drei Schlafwagen.“ „Also kommt eine Re 460 oder Re 465 zum Einsatz.“ „Eine 465.“ Der Lokführer des verunglückten Zuges wurde zur weiteren Beobachtung in ein Krankenhaus gebracht. Wir sahen uns in der näheren Umgebung um. An einer Tankstelle fragte ich den Besitzer, ob er etwas über Wilhelm Tell wüsste. „Der Mann, den Sie suchen, heißt in Wirklichkeit Alois Mosgruber. Hat hier in Kreuzlingen 254 als Schweißer gearbeitet. Musste aber wegen eines schweren Bandscheibenvorfalls letztes Jahr im November in Rente gehen.“ „Wie alt war er zu diesem Zeitpunkt?“ „56.“ „Wie ist er so als Mensch?“, fragte ich. „Ein ganz verschrobener Kauz, wenn Sie mich fragen.“ „Was meinen Sie damit?“ „Na ja. Er hat ein Problem mit den Nachtfahrten der Fernreisezüge. Er behauptet, die Züge würden ihn um seinen kostbaren Schlaf bringen.“ „Hat er schon etwas dagegen unternommen?“ „Und wie. So hat sich Herr Mosgruber beispielsweise an die Gleise gekettet, um die Züge an der Weiterfahrt zu hindern. Er hat auch schon eine Online-Petition gestartet. Aber ohne Erfolg. Auch die Unterschriftenaktion war ein Griff ins Klo. Alois Mosgruber steht völlig alleine da.“ „Was heißt das?“ „Die meisten Einwohner hier in Kreuzlingen arbeiten bei den SBB. Und die werden den Teufel tun, und ihrem Brötchengeber in den Rücken fallen.“ „Und jetzt geht Alois Mosgruber allein gegen die SBB vor.“ „Genau. Aber die SBB lenken nicht ein. Sie verweisen auf die geringe Lärmentwicklung bei den Loks. Es wurden zahlreiche Gutachten von beiden Parteien in Auftrag gegeben.“ „Wie lange läuft dieser Kleinkrieg zwischen Herrn Mosgruber und den SBB denn schon?“ „Drei beschissene Jahre.“ Als wir nach Ermatingen zurückfahren wollten, bemerkte ich ein kleines Haus mit Vorgarten in der Nähe des Bahndamms. Sein Besitzer erntete gerade ein paar Süßkirschen von einem Baum, der im Garten stand. Ich bat Jelena anzuhalten und den Motor abzustellen. Danach gingen wir zu dem Haus. „Sind Sie Alois Mosgruber?“, fragte ich. „Wer will das wissen?“ Ich hielt dem Mann meinen Dienstausweis unter die Nase. „Paul MacLain. Moment mal! DER Paul MacLain?“ „Ganz Recht. Und die junge Dame ist meine Juniorpartnerin Jelena Romanova.“ „Wenn Sie für die Schweizerischen Bundesbahnen arbeiten, dann sage ich Ihnen eins: Sie werden die Anschläge auf die Fernzüge nicht beenden. Es wird solange weitergehen, bis die SBB sich meinen Forderungen beugt.“ „Also geben Sie zu, dass die bisherigen Anschläge auf Ihr Konto gehen.“ „Ich bin doch nicht irrsinnig! Wie soll ich denn mit meinem kaputten Rücken die tonnenschweren Haken heben? Ich schweiße die Teile, ja. Aber die Anschläge verübt jemand anderes. Aber den Namen verrate ich Ihnen garantiert nicht.“ „Wir finden Ihren Komplizen. Und dann sind sie beide fällig, verlassen Sie sich drauf.“ „Pah! Ihr zwei Stutzer seid mir nicht gewachsen.“ „Hau du mal nicht so auf den Putz, Opa!“, sagte Jelena. Auf dem Weg zurück ins Hotel schüttelte ich den Kopf. „Der Kerl hat einen an der Klatsche.“ „Wohl wahr. Aber in diesem Fall steht Aussage gegen Aussage. Die einzige Möglichkeit herauszufinden, wer der Lügner ist, ist die, dass wir uns ab 22:00 Uhr mit einem Lärmmessgerät bewaffnet an der Strecke Zürich – Konstanz auf die Lauer legen, und die Lärmentwicklung messen.“ „Ob die SBB da mitspielen?“ „Haben die eine andere Wahl? Entweder die lassen uns so arbeiten, wie wir das für nötig halten, oder wir reisen wieder ab. So einfach ist das.“ Während wir auf dem Weg zurück ins Hotel waren, telefonierte Alois Mosgruber mit seinem Komplizen. „Du musst ab sofort vorsichtiger sein. Denn wenn meine Vermutung stimmt, dann hat die SBB uns zwei Privatschnüffler auf den Hals gehetzt.“ „Wen?“ 255 „Paul MacLain und Jelena Romanova.“ „Wenn das stimmt, müssen wir untertauchen.“ „Eines ist in jedem Fall sicher, wir müssen die Jungfernfahrt des Helvetia Sovereign in einem Desaster enden lassen.“ „Mach dir da mal keine Sorgen. Ich sorg schon dafür, dass die SBB deiner Forderung nach einem Nachtfahrverbot nachkommen müssen.“ „Ich verlass mich auf dich.“ Zurück im Hotel zogen Jelena und ich uns auf unser Zimmer zurück. „Wir müssen uns heute Nacht nach Kreuzlingen begeben und eine Lärmmässung vornehmen. Aber die SBB werden uns einen ihrer Mitarbeiter mitschicken.“, sagte ich. „Was macht dich da so sicher, Paul?“ „Aus Gründen der Betriebssicherheit muss das sein. Außerdem rücken die SBB nicht mal eben einfach so ein Dezibelmessgerät raus.“ Jelena stieß einen Fluch auf Russisch aus. „Man kann es auch mit den Vorschriften übertreiben.“ „Sag das mal den Leuten auf der Chefetage. Die werden dir was husten.“ Ich sollte mit meiner Aussage Recht behalten. Die Führung der Schweizerischen Bundesbahnen bestand darauf, dass uns ein autorisierter Mitarbeiter bei unserem nächtlichen Ausflug nach Kreuzlingen begleitete. Valeria Zubriggen, die uns im Namen der SBB beauftragt hatte, erklärte sich bereit uns zu begleiten. Wir verabreten uns für 22:00 Uhr am Bahnhof von Kreuzlingen. Um 21:55 Uhr waren wir am vereinbarten Treffpunkt. Jelena sah sich gerade den Fahrplan an, während ich die Umgebung im Auge behielt. Meine Partnerin kam gerade zurück, als unsere Verbindungsperson ankam. „Also Paul. Um 22:20 Uhr kommt ein Fernreisezug hier durch. Der Intercity 2524 „Zermatt“.“ „Gut. Dann sollten wir uns gleich an die Arbeit machen.“ „Ich hab alles mitgebracht. Aber wozu das Ganze?“ „Es steht Aussage gegen Aussage. Und meine Partnerin und ich würden uns gerne ein eigenes Urteil bilden, was die Lärmentwicklung angeht.“ „Okay. Das kann ich nachvollziehen. Kommen Sie . Wir brauchen 15 Minuten für den Aufbau der Anlage.“, sagte Valeria. Schließlich waren wir mit dem Aufbau der Messanlage fertig. Valeria Zubriggen justierte die Anlage, damit wir eine ordnungsgemäße Messung erhielten. Als sie fertig war, schaltete die Leiterin der Abteilung Betriebssicherheit die Anlage ein. Sie machte eine Probemessung, als ein Güterzug durch den Bahnhof Kreuzlingen rollte. Das Display zeigte einen Wert von 10 Dezibel. Pünktlich um 22:20 Uhr kam dann der IC 2524 „Zermatt“ durch den Bahnhof von Kreuzlingen gedonnert. Die Messung ergab eine Lautstärke von 16 Dezibel. Auch nicht gerade ein Wert, den Jelena und ich als übermäßig laut bezeichnet hätten. Am nächsten Morgen fuhren wir wieder nach Kreuzlingen und suchten einen Sachverständigen auf. Wir zeigten ihm das Messprotokoll der vergangenen Nacht. „16 Dezibel? Das kommt mir sehr spanisch vor.“ „Was meinen Sie damit?“ „So eine Anlage kann man manipulieren.“ „Sie meinen die SBB haben mit Absicht eine manipulierte Messeinrichtung benutzt?“, fragte ich. „Möglicherweise. Ich habe in der Vergangenheit des öfteren die Lärmentwicklung bei Fernreisezügen gemessen.“ 256 „Und was ergaben die Messungen bei Ihnen?“ „Ich habe eine Lautstärke von 25 Dezibel gemessen. Aber das ist im Vergleich mit einer Boeing 747-8 oder einer Airbus A380-800 immer noch leise.“ „Was könnten die SBB tun, um ein Nachtfahrverbot, wie von Herrn Mosgruber gefordert zu vermeiden?“, fragte Jelena. „Die einzige Möglichkeit wäre der Bau einer Lärmschutzwand.“ „Und was kostet so eine Wand?“ „Wenn sie nicht gleich beim ersten Fernreisezug weggeweht werden soll, müsste man grob über den Daumen gepeilt 500.000 Schweizer Franken ausgeben. Vielleicht sogar mehr.“ Nach dem Gespräch mit dem Experten trafen wir uns am Bahnhof von Kreuzlingen mit Valeria Zubriggen. „Das mit der Anlage tut mir leid. Ich hab sie komplett falsch eingestellt.“, sagte sie. „Der Sachverständige hat eine Lösung für das Problem gefunden. Er würde eine Lärmschutzwand errichten.“ „Die Idee ist nicht schlecht. Aber ob die Herrschaften in den oberen Etagen diese Idee unterstützen, ist fraglich.“ „Eine andere Wahl dürften die Bosse nicht haben. Denn wenn sie den Bau der Lärmschutzwand nicht genehmigen, werden die Anschläge nie aufhören und das Nachtfahrverbot wird unumgänglich kommen.“ Später am Tag trafen wir in unserem Hotel in Ermatingen dann Andreas Meyer, den obersten Chef der SBB. Der 57jährige Manager war ein mit dunkelbraunen Haaren, einem kantigen Gesicht mit braunen Augen. Andreas Meyer trug eine Brille mit einem viereckigen Messinggestell. Er war 1,80 m groß und hatte einen athletischen Körperbau. Bekleidet war Andreas Meyer mit einem hellgrauen Anzug, einem weißen Hemd mit rot-weiß-gestreifter Krawatte, schwarzen Herrenschuhen und roten Socken. Der 57jährige kam gleich zur Sache, nachdem wir uns gesetzt hatten. „Ihre Argumentation zugunsten der Lärmschutzwand ist durchaus nachvollziehbar und auch gerechtfertigt. Aber warum ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt?“ „Weil zu befürchten steht, dass „Wilhelm Tell“, wie sich der Drahtzieher der Anschläge nennt, und sein Komplize einen Anschlag auf den „Helvetia Sovereign“, den neuen Luxuszug der SBB planen.“ Andreas Meyer wurde kreidebleich. „Können Sie das verhindern?“ „Sicher. Deswegen haben Sie uns ja auch angeheuert. Aber es liegt in Ihrer Hand, ob Sie und Ihr Unternehmen sich nicht doch auf Herrn Mosgruber zubewegen und ihm als Kompromiss den Bau der Lärmschutzwand in dem Streckenabschnitt anbieten, der an dessen Haus grenzt.“, sagte Jelena. „Und was machen wir, wenn Herr Mosgruber keine Kompromissbereitschaft zeigt?“ „Dann werden er und sein Komplize aus dem Verkehr gezogen.“ Nach dem Gespräch mit dem Konzernleiter der SBB fuhren wir noch einmal nach Kreuzlingen und suchten Alois Mosgruber auf. „Sie schon wieder.“, sagte er etwas ungehalten. „Können Sie einen Augenblick ihrer kostbaren Zeit für uns erübrigen?“ „Wozu? Wahrscheinlich sollen Sie für die SBB rumschnüffeln.“ „Und was wäre, wenn wir als Privatpersonen hier sind?“ „Ich glaube Ihnen nicht. Ich weiß nämlich mittlerweile, dass Sie für diese Dreckschweine von den SBB arbeiten. Und mit solchen Leuten rede ich nicht.“ „Wir hatten heute am frühen Nachmittag ein Gespräch mit Andreas Meyer. Wir haben ihm nahegelegt, Ihnen einen 257 Kompromiss anzubieten.“ „Was kann das schon für ein Kompromiss sein? Eine finanzielle Entschädigung in Höhe von 28.000 Franken im Monat? Das ist ein Witz.“ „Wir hatten an eine Lärmschutzwand gedacht, die entlang des Abschnitts gebaut werden würde, an den Ihr Haus grenzt.“ Alois Mosgruber schwieg einen Augenblick. „Na schön. Kommen Sie rein. Und dann werde ich Ihnen meine Geschichte erzählen.“ Im Wohnzimmer setzte sich der Frührentner in einen antiken Ohrensessel, während Jelena und ich auf der Couch Platz nahmen. Alois Mosgruber nahm eine Pfeife vom Tisch und füllte sie mit Tabak. „Wenn Sie beide rauchen wollen, nur zu.“ „Wir sind Nichtraucher.“ „Na von mir aus.“, sagte Alois Mosgruber und zündete seine Pfeife an. „Sie haben als Schweißer gearbeitet. Dürfen wir Fragen wo?“ „Bei den SBB natürlich. Ich war in den Werkstätten tätig und habe die defekten Loks mit repariert. Wenn bei einer Lok beispielsweise der Rahmen gebrochen war, dann habe ich die entsprechenden Stücke erst zurecht geschnitten und dann das defekte Teil durch das neue ersetzt.“ „Waren Sie schon ziemlich weit oben auf der Karriereleiter?“ „Ich stand kurz davor Werkstattmeister zu werden. Aber dann kam der Bandscheibenvorfall. Der Betriebsarzt hat mich für erwerbsunfähig erklärt und ich wurde frühverrentet. Die SBB zahlen mir zwar eine ordentliche Rente, sodass ich nicht am Hungertuch nagen muss, aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was ich jede Nacht durchmachen muss, wenn einer dieser Fernreisezüge hier durch den Bahnhof Kreuzlingen donnert.“ „Gestern haben wir zusammen mit Valeria Zubriggen eine Messung vorgenommen. Wie war das Verhältnis zu ihr?“ „Valeria war immer sehr freundlich zu mir. Als ich damals im Krankenhaus war, ist sie jeden Tag vorbeigekommen und hat mir immer eine Packung Mozartkugeln mitgebracht. Sie hat sich auch danach um mich gekümmert und hat mir Mut zugesprochen.“ „Der Zwist mit Ihrem ehemaligen Brötchengeber läuft doch schon drei Jahre lang.“, sagte Jelena. „Ja. Leider. Die SBB haben vor drei Jahren den Fahrplan auf der Strecke Zürich – Konstanz verdichtet. Das bedeutete mehr Fernverkehrszüge. Kam früher vielleicht alle zwei Stunden mal einer, kommt heute alle 15 Minuten ein Zug durch den Bahnhof Kreuzlingen gedonnert. Und das wirkt sich auch auf den Schlaf aus. Und wenn man schlecht schläft, dann ist man auf der Arbeit unkonzentriert. Und genau das ist mir passiert. Ich hab nicht aufgepasst und hab mich nach vorn gebeugt um ein Stahlrohr aufzuheben.“ „Hebt man denn Gegenstände nicht genau so auf?“, fragte ich. „Wenn Sie sich Ihr Kreuz unbedingt kaputt machen wollen, dann schon. Aber es steht in allen Sicherheitsvorschriften, dass man erst in die Hocke gehen muss, bevor man einen schwereren Gegenstand anhebt, weil dann das Gewicht besser verteilt wird.“ „Und das wäre nicht passiert, wenn Sie ausgeschlafen gewesen wären?“ „Definitiv ja. Obwohl ich zugeben muss, dass mit Einführung der Lok2000-Familie, also den Baureihen Re 460 und Re 465, der Lärmpegel schon erheblich gesunken ist. Als noch die alten Re 4/4IV hier durch gerauscht sind, das war richtiger Horror.“ „Wieso?“, fragte. „Das Geräusch der Lüfter war der Grund. Wegen dieses Geräusches haben die Lokomotiven den Spitznamen „Staubsauger“ erhalten.“ „Wären Sie bereit, auf weitere Anschläge auf Fernreisezüge zu 258 zu verzichten, wenn die SBB die Lärmschutzwand bauen würden?“ „Dann vielleicht. Aber dann will ich die Zusage schriftich. Damit ich was in der Hand habe, wenn bei den Herren in der Chefebene plötzlich ein Gedächtnisverlust eintritt.“ „Das ist durchaus verständlich. Hören Sie, Mr. Mosgruber, meine Partnerin und ich werden alles in unserer Macht stehende tun, damit diese Anglegenheit zumindest für Sie ein gutes Ende nimmt.“ „Für Ihren Komplizen werden wir leider nichts tun können.“, sagte Jelena. Später am Abend trafen wir uns mit Valeria Zubriggen im Hotel. „Wir haben mit Alois Mosgruber gesprochen. Er hat nur positiv von Ihnen gesprochen. Sagt, Sie hätten sich nach seinem Bandscheibenvorfall rührend um ihn gekümmert.“ „Loisl war ja auch ein netter Kerl. Er hat mir zugehört, als ich mich von meinem Freund getrennt habe.“ „Es ist uns gelungen ihn zu einem Zugeständnis zu bewegen. Er würde auf weitere Anschläge verzichten, wenn die SBB ihm schriftlich garantieren, dass sie die Lärmschutzwand errichten.“ „Ich habe mit unserem obersten Chef gesprochen. Er ist für den Bau der Wand. Aber der Leiter der Finanzabteilung weigert sich, die Mittel freizugeben. Er hält es für ein Zeichen der Schwäche, wenn man Herrn Mosgruber entgegenkommt.“ „Das heißt, er will, dass Alois Mosgruber in den Knast wandert.“ „Herr Breitenreiter hält dies für die einzig richtige Maßnahme. Aber er hat auch nie einen Hehl aus seiner Abneigung gegen Alois Mosgruber gemacht.“ „Wenn ich Ihre Aussage richtig deute, dann hat Mr. Breitenreiter Mr. Mosgruber schickaniert.“ „Und wie. Wenn Alois Mosgruber eine Gehaltserhöhung oder einen Bonus für gute Leistungen bekommen hat, hat Herr Breitenreiter ihm diesen vorenthalten und ihn in seine eigene Tasche gesteckt.“ „Weiß Mr. Meyer davon?“ „Nein. Aber keiner traut sich, Herrn Breitenreiter anzuschwärzen.“ „Also wenn ich das jetzt richtig verstehe, dann werden sämtliche Mitarbeiter bei den SBB vom Finanzchef unter Druck gesetzt, damit sie ihn nicht bei der Konzernleitung melden.“ „Tyrannisiert trifft es besser. Jeder, der es wagt eine Beschwerde einzureichen, wird bei Frau Gruber unserer Personalchefin denunziert und bekommt dann postwendend eine Abmahnung.“ „Und das schüchtert ein.“ „Richtig.“ „Na schön. Dann werden wir Mr. Meyer auf diesen Umstand aufmerksam machen. Wir sind ja mehr oder minder außen stehende.“, sagte Jelena. Am nächsten Morgen, es war Mittwoch der 11.09.2019, sprachen wir nach dem Frühstück mit Andreas Meyer. „Ich nehme an, Frau Zubriggen hat Sie auf den aktuellsten Stand gebracht, was die Lärmschutzwand angeht?“ „Das hat sie. Und wir hätten schon eine Idee, wie Sie Mr. Breitenreiter unter Druck setzen können.“, sagte Jelena. „Ich höre.“ „Sehen Sie sich doch einfach mal die Lohnabrechnungen genauer an, und überprüfen Sie mal, auf welches Konto diverse Sonderzahlungen geflossen sind.“ „Soll das etwa heißen...?“ „Nicht nur das. Nach allem, was uns Miss Zubriggen sonst noch berichtet hat, tyrannisiert Ihr Finanzchef seine Kollegen. Und wer es wagt ihn zu melden, bekommt von Ihrer Personalchefin eine Abmahnung.“ „In Ordnung. Ich werde mich der Sache annehmen.“, sagte Andreas Meyer. Später am Abend, Jelena und ich waren in Ermatingen unterwegs, klingelte Jelenas Smartphone. Andreas Meyer, der CEO der SBB war dran. 259 „Ihr Tipp, Anton Breitenreiter, unseren Finazchef, zu überprüfen, war Gold wert. Jetzt weiß ich, warum sich die Beschwerden wegen falscher Lohnzettel gehäuft haben.“ „Dann stimmen die Aussagen von Miss Zubriggen also?“ „Leider ja. Aber nicht nur das. Offenbar hat Herr Breitenreiter auch ein sexuelles Verhältnis mit Bettina Gruber, unserer Personalchefin.“ „Das erklärt, warum sie ihm den Rücken freihält, wenn die anderen Kollegen aufmucken und Anton Breitenreiter an den Karren pissen wollen.“ „Frau Gruber genießt kein gutes Ansehen bei der restlichen Belegschaft. Fragen Sie mal Frau Zubriggen.“ Damit war das Gespräch beendet. Am nächsten Morgen fuhren wir noch mal nach Kreuzlingen, um mit Alois Mosgruber zu sprechen. Der Frührentner empfing uns nur widerwillig. „Was haben Sie dieses Mal auf dem Herzen?“, fragte er barsch. „Wir haben ein paar Fragen, die Anton Breitenreiter betreffen.“ „Den geldgierigen Schmierlappen? Was wollen Sie wissen?“ „Können wir vielleicht drinnen weiter reden? Mir nämlich etwas kalt.“, sagte Jelena. „Na meinetwegen.“ Im Wohnzimmer nahmen wir wieder auf der Couch Platz, während Alois Mosgruber in seinem Ohrensessel Platz nahm. „Bitte. Fragen Sie mich, was Sie wissen wollen.“ „Miss Zubriggen hat uns so einiges erzählt. Wussten Sie, dass Anton Breitenreiter sich Ihre Boni und andere Sonderzahlungen einverleibt hat?“ „Sicher weiß ich das. Deswegen habe ich ihn ja angezeigt. Und diese Strafanzeige hat mir eine Abmahnung von Bettina Gruber eingebracht.“ „Es geht das Gerücht, dass Bettina Gruber und Anton Breitenreiter ein sexuelles Verhältnis haben.“ „Betty ist das Bürohäschen von Herrn Breitenreiter.“, sagte Alois Mosgruber. „Was meinen Sie damit?“ „Ganz einfach. Herr Breitenreiter schiebt mit Betty Gruber eine heiße Nummer am Arbeitsplatz, und sie sorgt im Gegenzug dafür, dass er unbehelligt bleibt.“ „Das Dumme ist nur, dass Andreas Meyer von den kriminellen Machenschaften seines Finanzchefs Wind bekommen hat.“ Dem 56jährigen Frührentner fielen vor Staunen fast die Augen aus den Höhlen. „Wer hat ihn darüber in Kenntnis gesetzt?“, wollte Alois Mosgruber wissen. „Das waren wir.“ „Und um Ihrer Nachfrage zuvor zu kommen, die Information hat uns Valeria Zubriggen gegeben.“, ergänzte Jelena. „Dann sollte Herr Meyer ganz schnell handeln und Anton Breitenreiter aus dem Verkehr ziehen. Denn wenn dieser Geldsack rausfindet, wem er den folgenden Ärger zu verdanken hat, richtet er ein Blutbad an.“ „Was genau meinen Sie damit?“, fragte ich. „Anton Breitenreiter pflegt einen ziemlich verschwenderischen Lebensstil auf Kosten der SBB. Er besitzt ein Chalet in Montreux, einen Jaguar E-Type Baujahr 1961 und einen Lamborghini Countach. Alles auf Kosten des Steuerzahlers.“ „Und es gibt keinen, der gegen ihn vorgeht?“ „Anton Breitenreiterhat viele Beziehungen in die Politik. Dem kann man nicht so leicht an den Karren pissen. Viele wissen dass und schweigen lieber.“ „Und Sie?“ Alois Mosgruber knetete die Hände und sah zu Boden. „Ich muss Ihnen beiden etwas gestehen.“ „Was?“ „Ich habe gelogen.“ „Inwiefern?“, fragte Jelena. „Insofern, dass ich eingeräumt habe, die Anschläge auf die Fernreisezüge zu planen.“ „Und?“ „Das stimmt nicht. Die Anschläge gehen allesamt auf das Konto von Anton Breitenreiter.“, sagte der 56jährige. „Und was hat das mit Ihnen zu tun?“ 260 „Er erpresst mich. Er hält meine Frau und meine Tochter auf seinem Chalet gefangen. Wenn ich nicht das tue, was er von mir verlangt, dann bringt er sie um.“ „Und er verlangt von Ihnen, dass Sie die Verantwortung für die Anschläge übernehmen?“ „Nicht nur das. Er zwingt mich dazu, die Schienenkrähen anzufertigen.“ „Aber warum das alles?“ „Der Grund ist die geplante Einführung des Helvetia Sovereign. Die SBB-Führung hat Gelder freigegeben, die Anton Breitenreiter eigentlich für sich abzweigen wollte.“ „Und der geplante Bau der Lärmschutzwand würde den Betrag noch weiter schmälern.“ „Das haben Sie sehr richtig erkannt, Frau Romanova.“ Mit diesem neu erworbenen Wissen kehrten wir nach Ermatingen zurück, wo wir im Hotel auf Andreas Meyer trafen. „Wo waren Sie denn die ganze Zeit? Ich warte und warte, aber von Ihnen beiden keine Spur.“, sagte er ungehalten. „Wir haben gearbeitet.“ „Genauer gesagt, haben wir mit Mr. Mosgruber gesprochen. Und was wir in Erfahrung bringen konnten, ist an Niedertracht kaum zu überbieten.“ „Dann berichten Sie mal.“ „Können wir irgendwo ungestört miteinander reden? Hier ist mir zu viel Publikum.“, sagte Jelena. „Kein Problem. In der Nähe gibt es ein Restaurant, in dem wir ungestört sind.“ Im Restaurant zogen wir uns in eine Nische zurück, in der uns keiner hören konnte. Nachdem der Kellner unsere Bestellungen aufgenommen hatte, begannen Jelena und ich zu erzählen. „Wir haben noch einmal mit Alois Mosgruber gesprochen und ihm von den neuesten Entdeckungen erzählt. Er war es auch, der seinerzeit die Strafanzeige gegen Anton Breitenreiter gestellt hat.“ „Das ist mir bekannt. Was wissen Sie noch?“ „Offenbar wird Mr. Mosgruber von Mr. Breitenreiter unter Druck gesetzt. So wie uns Alois Mosgruber erzählt hat, hält Anton Breitenreiter die Frau und die Tochter von Mr. Mosgruber als Geisel in seinem Chalet in Montreux gefangen und droht damit, beide zu töten, wenn Mr. Mosgruber nicht die Schienenkrähen für ihn schweißt.“ „Das würde ja bedeuten...“ „Das die Anschläge auf die Fernreisezüge allesamt auf das Konto von Anton Breitenreiter gehen. Der Grund ist die geplante Einführung des Helvetia Sovereign. Die dafür gewährten Gelder wollte Mr. Breitenreiter für sich abzweigen.“ „DIESER SCHUFT!!!“ „Es kommt noch besser. Um nicht noch mehr Gelder zum Veruntreuen zu verlieren, hat Anton Breitenreiter die Gelder für den Bau der Lärmschutzwand eingefroren.“ „Gut, dass Sie mir das berichtet haben. Ich werde mich um das Problem kümmern. Ich werde Ihnen Ihr Honorar noch heute zur Zahlung anweisen. Und ich lege noch einmal einen Bonus von 88.000 € für jeden von Ihnen oben drauf.“ Nach dem Essen gingen wir ins Hotel zurück. Auf unserem Zimmer berieten Jelena und ich das weitere Vorgehen. „Was meinst du, Jelena?“ „Wir müssen nach Montreux und uns Zugang zum Chalet verschaffen.“ „Wäre ich Anton Breitenreiter, würde ich das Gelände weiträumig mit Überwachungskameras versehen und einen Sicherheitsdienst anheuern, der rund um die Uhr auf Posten ist, um genau das zu verhindern.“ „Ich habe ein paar alte Freunde aus Speznas-Zeiten, die sind mir noch ein paar Gefallen schuldig.“, sagte Jelena. „Dann häng dich mal an dein Smartphone.“ 261 Während Jelena mit ihren Freunden telefonierte, ließ ich mir von Andreas Meyer die Privatadresse von Anton Breitenreiter geben. Über Google Earth gelang es mir, an Luftaufnahmen des Gebäudes zu gelangen. Der nächste Schritt bestand darin, an die Baupläne des Chalets zu kommen. Der Architekt, der das Haus seinerzeit entworfen hatte, willigte erst ein, nachdem Jelena ihm alles über Anton Breitenreiter erzählt hatte, was wir in Erfahrung gebracht hatten. Zur Sicherheit überprüfte ich unser Firmenkonto bei der Deutschen Bank. Und tatsächlich: Es war ein Eingang in Höhe von 306.000 € zu verzeichnen. Irgendwie musste es dem CEO der SBB gelungen sein, die sonst übliche Bearbeitungszeit von rund einer Woche so zu beschleunigen, dass wir noch am selben Tag über unser Honorar verfügen konnten. Doch die nächste Überraschung erlebten wir am Tag darauf, am 13.09.2019. Jelena und ich waren gerade mit dem Frühstück fertig, als ein Mann in unser Hotel kam. Er war 1,80 m groß und schlank. Die blauen Augen in seinem ovalen Gesicht waren eiskalt und stechend. Die schwarzen Haare hatte er mit Haargel zurückgekämmt. Die ohnehin schmalen Lippen waren zu einem dünnen Strich zusammengekniffen. Auffällig war auch das markante Kinn und die etwas zierliche Nase. Bekleidet war der Unbekannte mit einem dunkelblauen Anzug, einem weißen Hemd, einer roten Krawatte schwarzen Socken und schwarzen Herrenschuhen. Wir wollten gerade auf unser Zimmer, als uns der Fremde ansprach. „Ach entschuldigen Sie bitte, Sie sind nicht zufällig Paul MacLain und Jelena Romanova?“ „Wer will das wissen?“, fragte ich. „Mein Name ist Klaus Bachleitner. Ich bin der Rechtsanwalt von Anton Breitenreiter. Meinem Mandanten ist zu Ohren gekommen, dass gestern auf Ihrer beider Firmenkonto eine Summe in Höhe von 306.000 € eingegangen ist.“ „Und wenn schon. Das geht Ihren Mandanten einen Scheißdreck an.“ „Es ist mir ausgesprochen peinlich das zu sagen, aber die Summe wurde Ihnen beiden ohne die Zustimmung meines Mandanten ausbezahlt. Großzügig, wie Herr Breitenreiter ist, gewährt er Ihnen eine Frist von 24 Stunden, um diese illegal erhaltene Summe zurückzuzahlen.“ „Die Konsequenz wäre dann wohl Knast, nehme ich an.“, sagte Jelena. „Bedauerlicherweise träfe das zu. Wenn Sie beide auch nur einen kleinen Funken Verstand besitzen, dann tun Sie, was Herr Breitenreiter fordert.“ „Warum soll ich zugunsten von Mr. Breitenreiter auf mein sauer verdientes Honorar verzichten?“, fragte Jelena. Klaus Bachleitner wurde kreidebleich. „Wir wissen sehr genau, was Ihr Mandant für ein mieses Schwein ist. Nur weil uns unser Honorar schon vorab ausbezahlt wurde, will er es sich jetzt von uns holen. Aber keine Chance. Das Geld bleibt da, wo es ist. Sagen Sie das Ihrem Mandanten.“, sagte ich. Anton Breitenreiters Anwalt wollte zu einer Erwiderung ansetzen, als er von hinten unsanft gepackt und gewaltsam herumgerissen wurde. Sein Gegenüber zückte ein Messer und hielt es ihm an die Kehle. „So, Briderchen. Jetzt hör mir mal gut zu. Wenn dein Mandant nicht innerhalb von 12 Stunden seine Geiseln freilässt, komme ich höchstpersönlich bei ihm vorbei und schneide ihm ein Ohr ab. Hast du mich verstanden?“ Der Anwalt nickte. „Gut. So und jetzt verpiss dich, bevor ich es mir anders überlege und bei dir anfange.“ Klaus Bachleitner rückte seine Krawatte zurecht, und verließ das Hotel. 262 Ich schluckte. Jelena hingegen lächelte. „Du bist ja schneller als die Feuerwehr Yuri.“, sagte sie. „Na wenn das mal nicht Jelena Romanova ist.“ „Lange nicht gesehen, Yuri.“ „Seit deinem unfreiwilligen Abgang bei Speznas nicht mehr.“ „Schön dich wiederzusehen.“ „Was machst du eigentlich?“ „Ich arbeite als Privatermittlerin. Siehst du den Herrn dort an der Rezeption? Das ist mein Partner Paul MacLain.“ Nachdem Jelena mich dem Speznas-Team vorgestellt hatte, suchten wir einen Ort auf, an dem wir ungestört waren. In der Bar des Hotels zogen wir uns in eine Nische zurück. Ich zeigte Jelenas ehemaligen Kollegen die Pläne des Chalets. „Das ist kein Problem. Es gibt eine Lichtung in der Nähe des Chalets. Hier. Dort landen wir und gehen nach Einbruch der Dunkelheit rein.“ „Ich hab noch die Headsets von unserem Asientrip. Die sind absolut abhörsicher.“ „Wann war das?“ fragte Yuri. „April 2018.“ „Euer Trip nach Asien ist also schon über ein Jahr her. Allerdings muss ich auch zugeben, dass es kein Elektronikunternehmen schafft, in so einer kurzen Zeit ein Gerät zu entwickeln, dass auch diese Headsets knackt.“ „In Ordnung. Welche Codenamen wollen wir verwenden?“ „Ich würde sagen, Paul du bist Hellboy. Du Jelena, bist Ark Angel.“ „Einverstanden. Ihr seid Team Snakeeater.“ „Da. Also dann. Let´s Rock N´ Roll, Briderchen.“ Um 20:45 Uhr trafen wir das Team am Westufer des Genfer Sees. Ihr Hubschrauber, ein Transporthubschrauber vom Typ NH90 wartete bereits. Jelena holte eine Sporttasche aus dem Kofferraum unseres Aston Martin. „Hier. In der Tasche sind Nachtsichtgeräte. Die werdet Ihr brauchen. Auch einige Infrarotkameras sind dabei. Außerdem Scharfschützengewehre mit Schalldämpfer.“, sagte sie. „Ich frag gar nicht, wo du das Zeug her hast.“ „Ja, das ist auch besser so, Yuri.“ „Macht euch schon mal auf den Weg. Wir sehen uns in Montreux.“ „Viel Glück, Yuri.“ „Euch auch. Und bau keinen Scheiß, Briderchen.“ „Wir SAS-Leute arbeiten nie schlampig.“ „Jetzt macht euch ab.“ Um 21:30 Uhr trafen wir am Chalet ein. Ich parkte den Rapide am Beginn des Weges, der zu dem Gebäude führte. Jelena und ich setzten unsere Headsets auf und holten unsere Ferngläser heraus. Ich suchte den von mir aus gesehen westlichen Teil des Areals ab, während Jelena von einem Hügel aus den anderen Teil des Chalets beobachtete. „Hellboy an Snakeeater.“, sagte ich. „Hier ist Snakeeater. Wo brennts?“ „Es ist wie ich vermutet habe. Auf dem Gelände patroullieren Wachposten. Euer erstes Ziel sollten die beiden Überwachnungskameras auf der Ostseite sein.“ „Mach dir nicht ins Hemd, Paul. Wir sind schon in Gebäude eingdrungen, die wesentlich schwerer bewacht waren. Wir sind schnell drin und schnell wieder draußen.“ Schließlich hörte ich das leise Flappen des Rotors des NH90. „Hellboy ruft Ark Angel. Unsere Kavallerie ist gerade eingetroffen.“, sagte ich. „Erzähl mir mal etwas, das ich nicht weiß, Kollege.“ Erneut knackte es in meinem Headset. „Snakeeater an Hellboy. Beide Kameras neutralisiert. Ich wiederhole: Beide Kameras neutralisiert.“ „Gut. Aber nehmt euch vor den Wachposten in Acht.“ „Die Brüder können sich vor uns in Acht nehmen.“, sagte Yuri. 263 Es war kurz nach Mitternacht, als der erlösende Funkspruch kam. „Hier ist Snakeeater. Beide Geiseln unversehrt und wohlauf. Abflug mit zwei Personen zusätzlich.“ „Gute Arbeit. Dafür spendier ich eine Kiste Wodka zusätzlich.“ „Ich nehm dich beim Wort, Briderchen.“ „Jetzt flieg schon los, du alter Pirat.“ „Bis später.“ „Roger.“ „Ich denke, es ist Zeit nach Ermatingen zurrückzufahren. Du kannst deinen Posten verlassen, Jelena.“ Um 0:30 Uhr kamen wir wieder in unserem Hotel an. Jelena hatte extra noch an einer Tankstelle eine Kiste Wodka für Yuri und seine Einheit besorgt. Als wir das Gebäude betraten, staunten wir nicht schlecht. Denn an der Rezeption trafen wir auf Kattie, die uns schon in Malta und in Ungarn geholfen hatte. „Dich trifft man aber auch überall.“, sagte Jelena. „Na einer muss doch auf euch aufpassen. Außerdem habe ich Nachforschungen über diese linke Bazille Anton Breitenreiter angestellt. Interessant, wie der seinen Lebensstil finanziert.“ „Lass hören.“ „Nicht hier. Ich komme morgen nach dem Frühstück zu euch auf das Zimmer.“ „Na von mir aus.“ Als wir später mit dem Frühstück fertig waren, und uns auf das Zimmer zurückgezogen hatten, klopfte es keine 5 Minuten später an unserer Tür. Kattie betrat den Raum, nachdem Jelena geöffnet hatte. In der Hand hielt sie eine Aktenmappe. „Du hast Informationen für uns?“ „Ganz Recht, Paul. Meine Nachforschungen haben ergeben, dass euer „Freund“ Anton Breitenreiter nicht nur die Firmengelder der SBB veruntreut, sondern auch die Frau und die Tochter von Alois Mosgruber zur Prostitution gezwungen hat. Karin Mosgruber, also die Ehefrau musste für die perversen Sexspiele herhalten, während Uschi Mosgruber, die Tochter, für griechische Spiele benutzt wurde.“ „Ich denke, wir haben genug Beweise, um Anton Breitenreiter endgültig festzunageln.“ „Es kommt noch besser. Anton Breitenreiter hat das ganze gefilmt und zum Download ins Netz gestellt. Natürlich nur gegen Bezahlung.“ „Gut, dass wir die Geiseln raus geholt haben.“, sagte ich. Kattie sah uns fragend an. „Ich hab ein paar Freunde angerufen, die mir noch ein paar Gefallen schuldig waren. Die haben die Geiseln aus dem Chalet befreit.“ „Ein cleverer Schachzug. Weiß Andreas Meyer schon von eurer Aktion?“ „Noch nicht.“ „Wann hattet Ihr vor, ihn darüber in Kenntnis zu setzen?“ „Muss er denn alles wissen?“ „Das nicht. Aber es wäre ein fairer Schachzug. Denn dann hat er noch eine Handhabe mehr, um Anton Breitenreiter zu feuern.“ „Wenn er ihn nicht schon gefeuert hat. Anton Breitenreiter ist geliefert. So oder so.“, sagte Jelena. Und wie Recht Jelena hatte, zeigte sich am Montag, den 16.09.2019. Nach dem Frühstück stürmte ein aufgebrachter Klaus Bachleitner in unser Hotel. „Sind Sie beide total übergeschnappt? Raten Sie mal was passiert ist.“, sagte er. „Ihr Mandant wurde gefeuert?“ „Nicht nur das. Ihm drohen jetzt massive Schadenersatzzahlungen. Und zu allem Überfluss liegt auch noch eine Schmerzensgeldforderung der Familie Mosgruber in Höhe von 8,5 Millionen Schweizer Franken gegen Herrn Breitenreiter vor.“ „Dann hätte Ihr Mandant vielleicht mal sein Gehirn eingeschaltet, bevor er so eine Scheiße baut. Es wird meiner Partnerin und mir eine wahre Freude sein, 264 hautnah mitzuerleben, wir Ihr Mandant seiner gerechten Strafe zugeführt wird.“ „Sie sind ein wiederliches Arschloch.“ „Und Ihr Mandant ein hinterhältiger, krimineller Schleimbeutel.“ Nach unserer deutlichen Abfuhr gegenüber Klaus Bachleitner fuhren wir noch einmal nach Kreuzlingen, wo wir auf einen überglücklichen Alois Mosgruber trafen. „Wie kann ich Ihnen danken?“, fragte er. „Das haben wir gerne getan. Es kann doch nicht sein, dass Sie und Ihre Familie die Zeche für einen geldgierigen Schnösel bezahlen.“ „Hoffentlich wird er eingesperrt.“, sagte Uschi Mosgruber. „Er bekommt die Strafe, die er verdient. Und eines ist sicher: Anton Breitenreiter wird für den Rest seines Lebens ein an Leib und Seele gebrochener Mann sein.“ Der Prozess gegen Anton Breitenreiter dauerte gerade einmal vier Tage. Die Staatsanwaltschaft forderte die Höchststrafe Lebenslänglich. Klaus Bachleitner plädierte auf nicht schuldig und versuchte Alois Mosgruber als Drahtzieher hinzustellen und wagte es sogar zu behaupten, Karin und Uschi Mosgruber hätten sich für die Sexspiele in Anton Breitenreiters Chalet freiwillig angeboten. Doch es hatte keinen Sinn. Am Montag, den 23.09.2019, wurde das Urteil gesprochen. Anklage und Verteidigung hielten ihre Schlussplädoyers. Der Stattsanwalt fing an. „Hohes Gericht. Der Mann auf der Anklagebank ist kein Mensch, sondern ein Monster. Er hat nicht nur die Firmengelder der SBB veruntreut, er hat auch die Frau und die Tochter eines Angestellten als Sexsklavinnen und Druckmittel missbraucht, um sich diesen gefügig zu machen. Außerdem hat er seine Arbeitskollegen tyrannisiert und die Leiterin der Personalabteilung für seine perfiden Zwecke missbraucht. Ein Glück, dass Andreas Meyer, der CEO der Schweizerischen Bundesbahnen, diesem niederträchtigen Treiben einen Riegel vorgeschoben hat. Anton Breitenreiter ist für schuldig zu befinden und soll eine lebenslange Haftstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung absitzen. Sein gesamter Besitz soll der Familie Mosgruber als Entschädigung zufallen.“ Danach war Klaus Bachleitner an der Reihe. „Hohes Gericht. Mein Mandant hat noch nie Firmengelder veruntreut geschweige denn die von der Anklage benannten Personen als Sexsklavinnen gehalten. Er ist unschuldig und demnach freizusprechen.“ „Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück.“, verkündete der Richter. Nach zwei Stunden intensiver Beratung wurde das Urteil verkündet. „Verehrte Anwesende. Das Gericht ist zu folgendem Urteil gelangt. Der Angeklagte Anton Breitenreiter hat sich der Untreue, der Anstiftung zur Prostitution und der Zugsabotage und des Rufmordes schuldig gemacht. Er ist eine Gefahr für die Gesellschaft. Das Gericht folgt der Forderung der Anklage. Der Angeklagte wird zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Sein gesamter Besitz fällt als Entschädigung an die Familie Mosgruber. Die veruntreuten Gelder hat Anton Breitenreiter an die SBB mit Zinsen zurückzuzahlen. Die Verhandlung ist geschlossen.“ Mit einem Hammerschlag auf das Richterpult schloss der Richter die Verhandlung. 265 Einen Tag nach der Urteilsverkündung flogen Jelena und ich wieder nach Hause. Wir fuhren zum Flughafen von Zürich zurück und gben den Aston Martin bei der Autovermietung zurück. Nach einer Flugzeit von 50 Minuten landeten Jelena und ich um 14:00 Uhr auf dem Rhein-Main Flughafen in Frankfurt am Main. Wir holten unsere Koffer und machten uns dann auf den Weg in Richtung Ausgang, wo uns meine Schwester Samantha abholte. „Da seid Ihr ja wieder. Hoffentlich habt Ihr das Matterhorn stehen lassen.“ „Das steht noch. Keine Panik.“ „Und wieder ein Böser mehr, den wir unserer „Sammlung“ hinzugefügt haben.“, sagte Jelena. „Wer war es dieses Mal?“ „Der Finanzchef der SBB, Anton Breitenreiter.“ „Was hat der denn verzapft?“ „Veruntreuung von Firmengeldern, Anstiftung zur Prostitution, Zugsabotage und Rufmord.“ „Ist ja eine ordentliche Latte.“ Später am Abend saßen wir bei Jelena und Anastasia auf dem Balkon und aßen zu Abend. Wir hatten uns beim nahegelegenen Italiener etwas bestellt. „Wie hat Anton Breitenreiter eigentlich reagiert, als er eingebuchtet wurde?“, fragte Anastasia. „Er hat geflucht wie ein Rohrspatz. Und Jelena aufs übelste beleidigt. Sie hätte auch in meinem Namen Wiedergutmachung zu leisten. Daraufhin hat man ihn abgeführt und in die nächste Haftanstalt verfrachtet.“ „Ich finde er hat bekommen was er verdient. Wer Firmengelder veruntreut und die Angehörigen von Mitarbeitern als Sexsklavinnen hält, um sich diese gefügig machen, der darf nicht auf freiem Fuß bleiben,“, sagte Camille. „Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Du bist ja mal nicht vorlaut.“ „Was hat die Familie Mosgruber eigentlich mit dem Besitz von Anton Breitenreiter gemacht?“ „Das Chalet haben sie verkauft. Kann ich den Mosgrubers auch nicht verdenken. Aber die Autos haben sie behalten.“ „Und was ist mit der Personalchefin passiert?“ „Sie hat eine Verwarnung bekommen. Und sie darf ihren Posten nur behalten, weil sie Anton Breitenreiters Komplizen ans Messer geliefert hat.“, sagte Jelena. „Das ist nicht fair. Diese Schlampe hätte auch gefeuert werden müssen. Spricht Abmahnungen aus, die nicht gerechtfertigt sind, und nur weil sie den Komplizen ihres Stechers ans Messer liefert, lässt man noch Gnade vor Recht ergehen.“ „Auch wenn ich den Ausdruck Schlampe nicht gutheiße, hat Camille dennoch Recht. Bettina Gruber hätte den Posten als Personalchefin nicht behalten dürfen.“, sagte Anastasia. „Keine Ahnung wer das entschieden hat.“ „Andreas Meyer bestimmt nicht. Der hat mir vor unserer Abreise noch mal versichert, dass er Bettina Gruber am liebsten als Personalchefin absägen würde.“ „Warum macht er das nicht einfach?“, fragte Camille. „Warum fragst du, Camille?“ „Denk doch mal nach, Onkel Paul. Der Mann ist der CEO bei den SBB. Und damit hat er das Recht, einen Bereichsleiter von seinem Posten zu entfernen, wenn der seinen Job nicht richtig macht. Und im Fall von Bettina Gruber war das der Fall.“ Ich musste mir eingestehen, dass Camille Huybrechts mit ihrer Aussage Recht hatte. Der Fall in der Schweiz war abgeschlosen. Doch der nächste Fall wartete bereits. 266 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)