Zwischen den Welten von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 26: Abwesenheit ----------------------- 26. Abwesenheit Das westliche Schloss zu verlassen war, so merkwürdig es sich anhörte, dass Schwierigste was ich in all meiner Zeit hier tun musste. Ich hatte das Gefühl mein Zuhause hinter mir zu lassen. Bereits früh morgens wurde ich von einem rundlichen Diener des Nordens in meinen Räumlichkeiten abgeholt. Er verhielt sich sehr freundlich mir gegenüber, was mich angenehm überraschte. Der Diener stellte sich als Soku vor und meinte, dass er auch dem Schloss im Norden mein Ansprechpartner sein würde. Automatisch verglich ich ihn mit Jaken, der sich so viel unfreundlicher verhielt. Ich erhaschte nochmal einen letzten Blick meines Zimmers und folgte dem Diener durch das Schloss nach draußen, hin zur Stallung. Dort angekommen entdeckte ich im Hintergrund Rin, die vorsichtig und verlegen auf mich wartete. Es war ihr Zuhause und doch sah sie so fehl am Platz aus. Ich rannte auf sie zu und fiel ihr in die Arme. „Du wirst mir wirklich fehlen“, verabschiedete ich mich von ihr. Rin trat einen Schritt zurück, wusch sich eine Träne aus dem Gesicht und lächelte mich an. „Du mir auch!“ „Hast du mit Ryura sprechen können?“ Sie nickte bestätigend, behielt ihr Lächeln bei. Das war wohl ein gutes Zeichen. „Wir werden sehen, wo es uns hinführen wird“, berichtete sie mir. „Das ist gut.“ Ich tätschelte aufbauend ihren Oberarm. „Amelia.“ Yomi war bei der Stallung eingetroffen und stand bei seinen Dienern, die unsere Pferde fertig gesattelt hatten. Ich drehte mich zu ihm und gab ihm ein Zeichen, dass ich kommen würde. „Pass auf dich auf Rin.“ Mit diesen Worten wandte ich mich von ihr ab und bewegte mich auf die kleine Gruppe zu, mit der ich nun fort reisen würde. Die Gruppe, mit der Yomi zum westlichen Schloss gereist war bestand neben dem Fürsten aus fünf weiteren Reisenden. Einer davon war Suko und die anderen vier schienen Krieger zu sein, da sie entsprechend gekleidet und bewaffnet waren. Als ich zu der Gruppe hinzustieß waren sie alle bereits auf ihren Pferden. Ich betrachtete das Pferd, welches für mich bestimmt war kritisch und überlegte, wie ich am besten vermitteln konnte, dass ich nie in meinem Leben zuvor auf einem Pferd gesessen hatte – geschweige denn geritten bin. Yomi schien mein Zögern zu bemerken und grinste mich schelmisch an. „Du kannst nicht reiten, richtig?!“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. Peinlich berührt zuckte ich mit den Schultern. Yomi kam mit seinem Pferd näher und hielt mir seine Hand hin. Verwundert blickte ich zu ihm hoch, griff nach ihm und er zog mich schwungvoll hinter sich nach oben. Sofort klammerte ich mich an ihm fest, was ihn zum Lachen brachte. „Sag mir jetzt aber bitte nicht, dass zu Angst vor Pferden hast.“ „Ich habe vor allem eine Menge Respekt vor diesen Tieren“, erklärte ich ihm. „Halt dich fest. Das Reiten bringen wir dir schon noch bei.“ Er zwinkerte mir über seine Schulter zu, wandte sich dann wieder nach vorne und gab das Kommando loszureiten. Kurz blickte ich nochmal über meine Schulter und konnte einen letzten Blick auf das Schloss des Westens werfen. Wir ritten bis spät in den Nachmittag bis wir unser Ziel erreichten. Während unserer Reise ließ mich der Gedanke nicht los, warum Dämonen sich mit Pferden fortbewegten – waren sie nicht allein schneller unterwegs? Auf der anderen Seite war es so für mich wahrscheinlich sichtlich einfacher und bequemer. Wir machten lediglich mittags eine kurze Rast, um etwas zu essen. Ansonsten wurde vorwiegend geschwiegen. Die Stille war mir durchaus unangenehm gewesen, wusste aber auch nicht was ich hätte sagen sollen, also schwieg ich ebenfalls. Vor uns erstreckte sich ein gigantisches Schloss, das dem des Westens in nichts nachstand. „Wow“, gab ich mich beeindruckt. „Willkommen bei mir zu Hause“, äußerte Yomi süffisant. Er stieg vom seinem Pferd ab und half mir dann runter. Ich konnte den Blick nicht von den erhabenen alten Mauern abwenden. So stellte man sich ein typisches altes, mittelalterliches Schloss vor. Und doch wirkte es, als wäre es gestern erst errichtet worden. Wir wurden von zwei Stallburschen vor den Schlossmauern in Empfang genommen, die unsere Pferde an sich nahmen und fortführten. Mein Staunen ließ auch auf dem Schlossgelände nicht nach. Es sah alles so viel freundlicher aus. Der Innenhof glich einem Marktplatz und es herrschte reges Treiben. Ich sah Kinder, die mit einem Ball spielten, in dem sie sich diesen hin und her kickten, Frauen, die Körbe mit Lebensmittel vor sich her trugen und ältere Männer, die miteinander lachten. Das Szenario hätte nicht menschlicher sein können, doch es waren alles Dämonen und ich war mir durchaus bewusst zu was sie alle in der Lage waren. Diese Tatsache wurde nochmals durch einen Trainingsplatz im hinteren Bereich des Schlossgeländes, auf dem gerade Dämonen miteinander trainierten, unterstrichen. Jeder Dämon, der an uns vorbei kam, verbeugte sich zur Begrüßung, bis auf eine Frau. Ich sah sie nur kurz an mir vorbei huschen, als sie sich in Yomis Arme warf. Verwundert starrte ich die beiden an und erschrak, als besagte Frau Yomis Kopf zwischen ihre zarten Hände nahm und zu sich zog. Sie küsste ihn. Leidenschaftlich. Und lange. Mit weit aufgerissenen Augen beobachtete ich die beiden, zwang mich dann aber schnell meinen Blick von ihnen abzuwenden. Das verhieß nichts Gutes. Im Westen „Du hättest deine Meinung ändern können, das weißt du?“ Ryura war immer noch dabei mir ein schlechtes Gewissen wegen Amelia einzureden. Genervt von seinen kläglichen Versuchen knurrte ich ihn an. Ich konnte sein Gelaber im Moment nicht gebrauchen. „Ich wüsste keinen Grund, der eine Meinungsänderung gerechtfertigt hätte. Es läuft alles nach Plan.“ Ich beobachte Ryura vor mir wie er seine Bahnen in meinem Arbeitszimmer zog. Er wirkte ungewöhnlich nervös und ich konnte mir gut vorstellen warum das so war – es war mehr als deutlich zu riechen. Ich rümpfte die Nase und schüttelte den Gedanken ab. Ich würde sicherlich nicht das entsprechende Gespräch beginnen. Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück und schloss die Augen. „Du hast sie gut trainiert, sie wird ihren Auftrag erfolgreich ausführen“, fuhr ich ruhig fort und musste an meine letzte Nacht mit Amelia zurück denken. Ich hatte mich von ihr vorführen lassen und das machte mich innerlich rasend, doch zeigte es mir auch, dass sie Yomi zu Händeln wissen würde. Fast schon beeindruckte mich ihre Tat, was auch der einzige Grund war, weswegen sie sich noch ihres Lebens erfreuen konnte - sie war durchaus zu einiges in der Lage. Letztendlich musste ich mir eingestehen, dass ich sie unterschätzt hatte. Ryura stoppte in seinem Gehen und schaute mich wütend an. Ich zog meine Augenbrauen nach oben und wartete auf seinen Einwand. „Habe ich sie bestens für den Auftrag ausgebildet, oder du?“, fragte er mich ironisch. Diese Frage ließ mich schmunzeln. Mir war sehr wohl bewusst, dass jeder hier auf dem Schloss es riechen konnte, dass Amelia und ich uns hin und wieder nahe kamen, da war Ryura natürlich keine Ausnahme. Es ging ihn jedoch nichts an, weswegen ich seiner Anmerkung keine Beachtung schenkte. Er winkte ab und ging erneut seine Bahnen. „Jetzt entspann dich mal, du nervst“, forderte ich ihn harsch auf. Ryura verzog sein Gesicht und ließ sich auf den Sessel vor meinem Schreibtisch nieder. „Ich will sie nur wieder lebendig daraus bekommen, wenn sie es getan hat. Das sind wir ihr schuldig“, forderte er. „Wir sind ihr gar nichts schuldig, sie wusste worauf sie sich einlässt.“ „Sicher? Du hast ihr doch keine Wahl gelassen“, schnaubte er verächtlich. Auf diese Art von Diskussion wollte ich mich mit Ryura gar nicht erst einlassen. Um das Thema endlich zu beenden entschied ich mich dafür, ihm seiner Bitte entgegen zu kommen. „Amelia mag gut in dieser Art von Beziehung sein, dennoch wird sie Zeit benötigen, um ihm näher zu kommen. Wenn wir einen Plan ausgearbeitet haben, werden wir sie kontaktieren und ihr diesen mitteilen.“ Zufrieden über meine Aussage ließ sich mein Stellvertreter in seinen Sessel zurückfallen. Tatsächlich hatte ich mir bereits schon Gedanken gemacht, auf welche Art und Weise wir mit Amelia kommunizieren könnten, um über ihr Vorgehen stets im Bilde zu sein, ohne Aufsehen zu erregen. In diesem Plan würde Rin eine Rolle spielen. Auch wenn ich mir nicht sicher war, ob ich ihre Sicherheit im Norden ausreichend gewährleisten konnte, würde es dennoch darauf hinaus laufen, dass ich Rin ebenfalls in den Norden schicken würde. Wie gut, dass sich die beiden Menschen so gut verstanden. Ryura saß immer noch vor mir und starrte ins Leere. Ich räusperte mich, um seine Aufmerksamkeit wieder zu erhalten. „Ist sonst noch was?“, erkundigte ich mich ungeduldig. Ich hatte weiß Gott noch mehr Dinge zu erledigen, als meine Zeit mit Ryura und seinem Mitgefühl für Menschen hinzugeben. „Da ist in der Tat noch etwas“, begann er vorsichtig. „Ich wollte dich um die Hand von Rin bitten.“ Er hielt, während er die Worte aussprach meinem Blick stand. Er wusste ganz genau, dass mir diese Art von Unterhaltung zuwider war. Verächtlich schaute ich ihn an. „Kommt deine Bitte nicht etwas zu spät?“ Ich verzog mein Gesicht, als mir wieder einmal der Geruch von Rin entgegen kam, als Ryura sich auf dem Sessel zurecht rückte. „Das mag sein, aber ich weiß, dass dir viel an ihr liegt und ich möchte es durchaus vermeiden, deinen Zorn auf mich zu lenken.“ Wie weise von ihm. Ich kannte Ryura schon sehr lange. Er war gerissen, mein bester Krieger und dem einzigen dem er Ehrfurcht zollte war mir. Er würde alles für mich tun, ob er es gut hieß oder auch nicht. In Bezug auf Rin war ich mir seiner Loyalität jedoch nicht zu hundert Prozent sicher. Wenn ich ihm seine Bitte verwehren würde, würde er sicherlich dennoch nicht davon absehen Rin zu seiner Frau zu machen. Er fragte mich lediglich aus einem Grund - mir den entsprechenden Respekt entgegen zu bringen. Er war mein bester Mann, weswegen ich ihn sicherlich nicht wegen eines Menschen töten würde, also sollte er meinen Segen erhalten, wenn ihm dieser so wichtig war. „Wenn es auch Rins Wunsch sein sollte, soll euch nichts im Wege stehen“, beendete ich unser Gespräch und wendete mich meinem Schreiben zu, dass vor mir auf dem Schreibtisch lag. Ryura stand auf und verneigte sich respektvoll, bevor er mein Zimmer verließ. Nach diesem Gespräch war mir durchaus bewusst, dass Ryura meinen Plan, Rin in den Norden zu schicken, missachten würde. Doch das war mir egal. Diesbezüglich würde ich ihm keine Zugeständnisse machen. Der Gedanke daran ließ mich schmunzeln. So würde er noch seine Strafe für seine Beziehung mit Rin erhalten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)