Zwischen den Welten von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Die Überlieferung ---------------------------- 3. Die Überlieferung „Nun zu dir.“ Sesshomaru kam bedrohlich auf mich zu und baute sich vor mir auf. „Bitte, ich verspreche keinen Ärger zu machen.“ Ich ging immer wieder einige Schritte zurück, dicht gefolgt von ihm, bis ich das Regal in meinem Rücken spürte und ich zwangsweise stehen bleiben musste. Sesshomaru blieb erst stehen, als er so dicht an mir dran war, dass lediglich ein Blatt Papier zwischen uns passen würde. Ich musste hoch schauen, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Ich hatte panische Angst, hielt aber seinem Blick stand. Dann geschah etwas Merkwürdiges. Statt der Aufforderung seiner Mutter Folge zu leisten, entdeckte ich ein leichtes Grinsen bei ihm. Das passte so gar nicht zu ihm und der Situation, in der wir uns beide befanden. Er wendete sich von mir ab, ließ mich verwirrt stehen, ging zu seinem Schreibtisch und setzte sich auf seinen Sessel. „Jaken“, sprach er aus und binnen Sekunden tauchte ein etwas kleinerer, älterer Mann auf. Er verbeugte sich vor Sesshomaru und wartete auf seinen Befehl. „Bring diese Frau in die Gästegemächer und gib Rin Bescheid, dass sie sie anständig kleiden soll.“ Jaken betrachtete mich verwundert, hatte mich bis dahin gar nicht bemerkt. Er verbeugte sich erneut, wendete sich wieder Richtung Tür und nickte mir zu. „Folgt mir.“ Fassungslos starrte ich Sesshomaru an. „Danke!“, ich hatte das Bedürfnis mich zu bedanken und aus irgendeinem Grund dachte ich, dass es wohl auch angebracht war mich ebenfalls vor ihm zu verbeugen. Sesshomaru reagiert hierauf allerdings nicht. Bloß nicht seine Gutmütigkeit strapazieren. Ich folgte Jaken durch verschiedene Gänge. Ich konnte mich nur wenig auf meine Umgebung konzentrieren. In meinem Kopf schwirrten zu viele Gedanken. Das Einzige was ich wahrnahm war, dass ich mich wohl in einer Art Schloss befinden musste. Der Mann vor mir war schlichter gekleidet, er schien definitiv ein Diener zu sein. Nach einer Weile kamen wir an eine Zimmertür, durch die Jaken mich hindurchführte. „Rin wird gleich bei Euch sein.“ Er drehte sich um, verließ zügig wieder den Raum um mich und meine Gedanken alleine zu lassen. Das Zimmer war groß und hatte einen offenen Kamin, der bereits brannte. Es war recht warm, daher zog ich mir meine Winterjacke aus und warf sie auf das große Himmelbett, welches direkt gegenüber des Kamins stand. Ich schaute mich in dem Zimmer genauer um. Es war modern und gemütlich eingerichtet. Die Wände und auch die Möbel waren hell, was den ganzen Rum leuchten ließ. So völlig gegensätzlich zu Sesshmarus Büro. Neben dem Kamin und dem Bett befanden sich auch noch eine Kommode und ein Spiegel, der darüber hing. Zwei bodentiefe Fenster, die sich links und rechts neben dem Bett befanden erhellten den Raum nochmal zusätzlich. Das rechte Fenster entpuppte sich als eine Glastür, die auf einen Balkon führte. Ich richtete mich auf, um auf den Balkon zu treten. Eine kühle, frische Brise kam mir entgegen. Ich schloss meine Augen und atmete tief ein. Sonnenstrahlen trafen auf Gesicht. Als ich meine Augen wieder öffnete sah ich auf Berge und Wälder. Das Bild was mir geboten wurde war atemberaubend. So etwas Schönes und beruhigendes hatte ich noch nie zuvor gesehen. Wo war ich hier nur? „Hallo?“ Eine sanfte, freundliche Frauenstimme ertönte hinter mir. Ich drehte mich um und erkannte eine junge hübsche Frau, die gerade das Zimmer betrat. Das musste Rin sein. Sie hatte lange schwarze Haare, die sie offen trug, und rehbraune Augen. Rin war etwas kleiner als ich und wirkte auch etwas jünger. Ihr bodenlanges, tiefblaues Kleid floss ihr sanft den Körper herunter. Sie sah wunderschön aus. Mein Instinkt verriet mir, dass ich vor der jungen Frau keine Angst haben musste. Ich lächelte sie freundlich an und trat wieder ins Zimmer. „Hallo, ich bin Amelia“, ich streckte ihr meine Hand entgegen, um sie zu begrüßen. Statt mir ebenfalls die Hand zu reichen, verbeugte sie sich nur kurz und ich zog meine Hand schnell wieder zurück. Die Hand jemanden als Begrüßung zu reichen war hier wohl keine übliche Geste. Ich tat es ihr gleich und verbeugte mich vor ihr. Sie lächelte mich belustigt an. Habe ich was falsch gemacht? „Ich bin Rin“, stellte sie sich freudestrahlend vor. „Ihr scheint mir ein Mensch zu sein.“ „Natürlich, was sollte ich denn sonst sein?“ Ich schaute Rin verwirrt an. „Nun, dann sind wir die einzigen Menschen hier auf dem Schloss.“ Sie schien sich über diese Erkenntnis zu freuen, ich hingegen war nur noch mehr verwirrt. „Und was sind dann alle anderen?“, fragte ich vorsichtig, nicht sicher ob ich die Antwort wirklich hören wollte. „Dämonen“, antworte Rin knapp und so gelassen, als wäre das das normalste auf der Welt. Völlig durcheinander über Rins Aussage ließ ich mir erneut auf dem Bett nieder. Vorsichtig setzte sie sich mich neben mich. „Hab ich was Falsches gesagt?“, besorgt schaute sie mich an. Dämonen also. Das war…nicht einleuchtend! „Entschuldigung, ich kann mir einfach nichts darunter vorstellen“, erklärte ich ihr. „Hmm, woher kommt Ihr denn?“ „Naja, aus einer Welt in der Dämonen nicht existieren“, ich zuckte mit den Schultern. Das war zu dem Moment auch der größte Unterschied, den ich feststellen konnte. „Oh, dann seid Ihr wohl die Frau aus der Überlieferung?“ Das war mehr eine Frage als eine Feststellung, die Rin in den Raum warf. „Welche Überlieferung?“ Ich musste mich wohl daran gewöhnen, dass alles hier nur noch mehr Fragen aufwerfen würde. „Nun, die Überlieferung sagt, dass jemand, der aus einer uns fremden Welt, erscheinen wird und alle vier Herrschaftsgebiete unter einem Herrscher vereint.“ Das muss wohl auch das gewesen sein, woran Sesshomaru und seine Mutter dachten. Deswegen hatte die Herrin des Westens auch nach meinen Fähigkeiten gefragt. Aber schnell war allen beiden bewusst gewesen, dass ich die Falsche war. „Nein, die bin ich nicht. Tut mir Leid. Ich besitze kein Macht mit der ich irgendwelche Herrschaftsgebiete vereinen könnte.“ Ich wusste nicht, ob Rin deswegen enttäuscht gewesen war, wenn ja, dann ließ sie sich nichts anmerken. Sie lächelte mich weiterhin an. „Das macht nichts. Lasst mich Euch umkleiden.“ Rin klatschte in ihre Hände und zog mich auf die Beine. Sie rannte zu einem Raum rechts neben dem Kamin, der keine Tür besaß. Als ich ihr nachging erkannte ich, dass es sich hierbei um ein Ankleidezimmer handelte. Prall gefüllt war der Raum nicht und das was hier an Kleidung hing waren hauptsächlich Kleider in dunklen Tönen. Ganz schön trist. Rin musterte mich und meine Kleidung. Jeans und Pullover waren wohl auch nicht gang und gäbe. Sie sagte aber nichts, half mir nur mich von meiner Kleidung zu entledigen. Während sie mir ein passendes Kleid raussuchte, ergriff ich die Chance um sie zu befragen. Eine Frage lag mir auf der Seele, die ich ihr unbedingt stellen musste. Allerdings wusste ich auch nicht, wie ich sie anzusprechen hatte. Die Höflichkeitsform hier schien ebenfalls anders auszufallen. Rin bemerkte, dass mich etwas zu quälen schien. „Fragt ruhig“, erlöste sie mich. Während ich versuchte meine Frage zu formulieren, hielt sie mir immer wieder verschieden Kleider an, um zu schauen, welches passen könnte. „Wie habe ich hier alle anzusprechen?“ Rin hielt in ihrer Bewegung inne und schmunzelte. „Also, bei mir braucht Ihr keine Höflichkeitsform anzuwenden. Bei allen anderen empfehle ich es jedoch. Besonders bei Sesshomaru und Serena! Dämonen sind schon sehr sensibel, was ihre Rangordnung betrifft. Und wir Menschen stehen da eben ganz weit unten.“ „Serena?“ „Die Herrin der westlichen Ländereien, Sesshomarus Mutter.“ Ich nickte. Bei den Beiden wollte ich mir wirklich keinen Fehltritt erlauben. „Also wenn ich dich normal ansprechen kann, dann bitte ich dich das ebenfalls bei mir zu tun. Wir sind ja schließlich beide Menschen.“ Ich zwinkerte ihr zu und sie kicherte. „Aber Ihr seid ein Gast Sesshomarus und demnach mir höher gestellt.“ „Ich bin sicherlich nicht einer seiner Gäste, glaub mir“, unterbrach ich sie. Rin schien darüber nach zu denken, nickte aber dann zustimmend. „Ich hab eins gefunden“, entschlossen hielt sie mir ein schwarzes bodenlanges Chiffonkleid mit langen Ärmeln entgegen. Ich zog es über und betrachtete mich im Spiegel, der mitten im Raum aufgestellt war. Mein Geschmack traf das Kleid nicht, es lag mir viel zu eng an. Es betonte zwar meine schlanke Figur, meine Kleidung war in der Regel aber eher weiter geschnitten. Mein schulterlanges blondes Haar und meine blauen Augen standen in einem starken Kontrast zu dem Schwarz. Rin reichte mir dazu noch passende Slipper. „Ihr tragt aber eine festliche Mode für den Alltag“, stellte ich skeptisch fest. Im Vergleich zu Serena sahen wir beide jedoch definitiv schlichter aus. Rin zuckte mit den Schultern und drehte sich in ihrem Kleid. „Mir gefällt’s und du siehst auch super aus!“ Als wir aus dem Ankleidezimmer traten stellte ich Rin die Frage, die mir vorhin schon auf der Zunge brannte: „ Wie kommt es, dass du als Mensch hier unter den ganzen Dämonen lebst?“ Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie es freiwillig tat. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen lag ich jedoch falsch. „Als ich 8 Jahre alt war, rettete mir Sesshomaru das Leben. Er nahm mich auf und seitdem folge ich ihm.“ Die Tatsache, dass Sesshomaru jemanden das Leben retten würde, konnte ich mir nur schwer vorstellen. Rin zeigte mir noch abschließend das Bad, das sich hinter der zweiten Tür in dem Zimmer befand, bevor sie sich wieder auf den Weg machen wollte. „Verlasse dein Zimmer nicht ohne mich oder Aufforderung. Jedenfalls so lange bis man dir was anderes erlaubt“, bat sie mich. Ich nickte ihr verständnisvoll zu. Als Rin das Zimmer verlassen hatte, stand ich alleine in mitten des Raums und kam mir völlig verloren vor. Meine einzigen Gedanken kreisten sich allein darum, wie ich hier schnellstmöglich unbeschadet wieder raus kommen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)