Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 116: Einen Schritt zum Zweifel -------------------------------------- Ich war ziemlich überrascht, als wir nach Hause kamen und ich feststellte, dass Katsuya für uns alle etwas Japanisches zubereitet hat. Dabei hatte das Haus vorhin schon so schön nach Braten gerochen und mir lief vor Vorfreude das Wasser im Mund zusammen. Was aus dem Braten und dem anderen Zeug geworden ist wollte mir der Blonde nicht verraten und hatte mich auf später vertröstet. Okay... ich bin es mittlerweile gewöhnt meine Antworten nicht gleich zu bekommen. Hauptsache ich bekommen überhaupt eine. Auch am Tisch ist es merkwürdig. Der Tisch ist wieder ausgezogen. Normalerweise sitzt Seto am Tischenden, Katsuya und ich an je einer Seite. Doch nicht heute. Heute hat mich Seto auf seinen Stammplatz befördert und ich werde von den beiden flankiert. Neben Katsuya wurde Keizo platziert. Es kommt mir ein wenig so vor, als würden Katsuya und mein Bruder mich gegen den Mann abschirmen, den sie doch selbst hier her zum Essen geladen hatten. Seto wirkt auf mich so verspannt und steif, wie bei einem dieser ungeliebten Geschäftsessen. Überhaupt wirkt mein Bruder auf mich, als hätte er seine alte Fassade irgendwo ausgegraben und wieder wie eine Maske aufgesetzt. Diese Maske, mit der er all die Jahre alle Leute von sich fern gehalten hat. Diese 'Fickt euch, ich bin Kaiba Seto'-Maske, die ihn arrogant und wie ein eiskaltes Arschloch wirken lässt. Eigentlich habe ich gedacht, dass von dieser nichts mehr übrig wäre. Warum hat mein Bruder so ein Bedürfnis sich mit seiner alten Maske zu schmücken? In mir keimt wieder das Gefühl auf, dass mir irgendetwas entgeht. Wenn Keizo genau wie Seto ein Opfer von Gozaburo und den anderen war und er ihn sogar immer wieder in Schutz genommen hat, warum hält er ihn dann jetzt so auf Abstand? Ich verstehe das einfach nicht. Da stimmt doch etwas nicht. Mein Bruder fragt Keizo, wie es kommt, dass er schon da sei. Keizo wird ein wenig rot im Gesicht und lächelt verlegen. Schließlich antwortet der Mann, der bestimmt vier Jahre älter als Seto ist, dass er nervös wegen der Einladung war und irgendwann einfach zu Hause nicht mehr warten konnte. Also sei er losgetigert, hätte unterwegs noch ein Gastgeschenk besorgt und hätte erst bei seinem Eintreffen festgestellt, dass er ganze zwei Stunden zu früh war. Weswegen war er so nervös? Es ist doch nur eine simple Einladung zum Essen. Nichts besonderes, außer das der Braten verschwunden ist und wir stattdessen jetzt hier eine breite Bandbreite japanischer Spezialitäten aufgewartet bekommen. Ansonsten ist das Gespräch, dass Seto nur sporadisch mit Keizo führt so zäh wie Kaugummi. Wie zwei Boxer in einem Ring, die um einander tänzeln und darauf warten, dass der andere den ersten Schlag tätigt. Dann greift Katsuya gesprächstechnisch ein. Die Atmosphäre entspannt sich ein wenig und wird lockerer. Es wird sogar hier und da etwas gelacht. Scheinbar entwickelt sich der Abend endlich in eine angenehme Richtung. Seto folgt den Gesprächen zwar aufmerksam, hält sich aber weitestgehend raus. Ich versuche mich ein wenig einzubringen. Ich frag also Keizo, wie er Trainer in diesem Dōjō geworden ist und er blickt fragend erst zu Seto. Als ich seinem Blick folge, sehe ich meinen Bruder seicht nicken. Erst dann beantwortet mir Keizo meine Frage. Er erzählt mir von seiner Abhängigkeit diverser Drogen und wie er durch den Entzug und ein Hilfsprogramm Kontakt zur Kampfkunst erhielt. Der Meister hätte sich seiner höchstpersönlich angenommen und ausgebildet und Keizo hätte im Sport etwas gefunden, dass ihm half sein Leben zu meistern. Da sein Meister von seinem Talent überzeugt war gab er ihm schließlich den Job als Trainer und förderte ihn weiter, so dass er selbst den Dan-Grad erreichen konnte. Drogen? Als ich ihn danach frage, geht sein Blick wieder zu Seto. Mein Bruder räuspert sich und meint in einem bedächtigen Tonfall, dass Keizo mit Hilfe der Drogen aus seinem damaligen Alltag fliehen und die Dinge, die man mit ihm gemacht habe ausblenden konnte. Keizo nickt nach einem nachdenklichen Moment und stimmt meinem Bruder zu. Dann ergänzt er, dass er niemanden diese Methodik empfehlen kann, denn der Drogenkonsum kann recht fatale Konsequenzen haben. Das er diesen Konsequenzen entgangen ist, habe er einem guten Samariter zu verdanken, der sich seiner annahm und geholfen hat. Neugierig blicke ich Keizo an, was gar nicht so einfach ist, da Katsuya sich immer wieder etwas in den Weg rückt. Da Keizo entweder meinen Blick nicht sieht oder ignoriert, frage ich frei heraus, wer denn der Samariter gewesen ist. Wieder geht Keizos Blick zuerst zu Seto. Was soll der Scheiß? Alle blicken mich überrascht, Seto eher erschrocken an. Wahrscheinlich hat er erwartet, dass ich mir dieses Theater den ganzen Abend anschaue und erst danach frage, was das sollte. Doch ganz ehrlich fehlt mir dazu ein wenig der Nerv. Leise meint Keizo, dass er sich unsicher ist, von was ich weiß. Er wäre auch früher gekommen, weil er vor dem eigentlichen Essen mit Seto darüber reden wollte, was ich alles weiß. Endlich kommen wir der Wahrheit hier mal ein wenig näher. Fragend blicke ich zu Seto, der kurz meinen Blick erwidert und zu Keizo schaut. Dann meint er zu unserem Gast, dass er mir alles erzählt hätte. Wie sich unser Gast immer wieder vor meinen Bruder gestellt und ihn beschützt hätte und daher selbst Opfer der Aufmerksamkeit des Aufsichtsrats wurde. Baff blickt Keizo erst zu Seto, dann zu mir. Er ist verlegen. Liegt es daran, dass das Thema allgemein von großer Peinlichkeit geprägt ist oder dass mein Bruder mir tatsächlich diese grausame Wahrheit erzählt hat? Ich werde dieses Jahr immerhin schon vierzehn. In etwas mehr als drei Monaten. Keizo nickte anerkennend. Dann lächelt er mich an. Dann erzählt mir Keizo wie sein eigener Vater ihn in eine Gosse werfen ließ, mit genug Stoff und einer Spritze, dass er sich damit beinahe den goldenen - tödlichen - Schuss gesetzt hätte. Doch entgegen der Erwartung seines Vaters hatte er sich den Stoff eingeteilt und wäre trotz seiner Lage in der Gosse froh gewesen, dass der Albtraum endlich zu Ende gewesen wäre. Er habe alles getan, um das Geld für den nächsten Schuss zusammen zu kratzen, denn ein Schuss bedeutete vergessen. Schließlich träumte er eines Tages davon, dass Seto vor ihm stehen würde. In Panik vor dem vermeidlichen Trugbild wäre er davon gelaufen. Doch es war kein Trugbild und so habe Seto Isono geschickt, dass dieser sich um ihn kümmern sollte. Das tat Isono dann. Endlich präsentiert mir jemand ein Gesamtbild. Endlich kann ich die Zusammenhänge verstehen. Alle bis auf... wieso solltest Keizo vor einem Trugbild meines Bruders panisch davon laufen? Keizos Antwort ist simpel, wie auch einleuchtend: Schuldgefühle. Obwohl sein Vater ihn weggeworfen habe, hatte er danach stets das Gefühl gehabt, Seto im Stich gelassen zu haben, da er ihn von da an nicht mehr beschützen konnte. Nachdem das alles endlich geklärt ist und wir dann ins Wohnzimmer wechseln entspannt sich die Atmosphäre merklich. Die Gespräche werden lockerer, auch wenn Seto sich dabei immer noch zurück hält. Immer wieder sprechen wir über Jiu Jutsu und das Dōjō. Schließlich frag ich einfach so, ob Keizo uns zukünftig nicht in unserem Trainingsraum in den Kampfsport einführen kann. So als unser Privatlehrer. Sowohl Seto als auch Keizo schauen mich völlig perplex an. Während Seto direkt eine Ausrede sucht, warum das nicht machbar ist, kommt von Keizo, dass das sicherlich irgendwie möglich sei. Dann blicken die beiden sich für einen Moment ernst an. Ich grinse nur und meine, dass es dann beschlossene Sache sei. Wieder schauen mich beide an und ich kann an Setos Gesicht sehen, dass ihn irgendetwas daran stört. Doch dann nickt er nur zustimmend und wendet sich an Keizo. Sagt ihm, dass er es begrüßen würde, wenn er das irgendwie einrichten könnte, natürlich bezahlt und nicht unentgeltlich. Jetzt lächelt Keizo ihn sanft an. Ehe das Gespräch wieder aufgenommen werden kann steht Keizo schließlich auf und streckt sich. Er verabschiedet sich und meint, er müsse so langsam nach Hause zu seiner Frau und ihrem Kind. Ich schau ihn überrascht an. Setos Gesichtsausdruck ist nicht überrascht... ich würde es eher als schockiert bezeichnen. Warum ist der davon so schockiert? Liegt es daran, dass Keizo tatsächlich erst 22 Jahre jung ist und schon eine Frau und ein Kind hat? Vermutlich. Katsuya fragt behutsam nach, wie alt das Kind denn sei und ob es eine Tochter oder ein Sohn wäre. Keizo lächelt, als er scheinbar an seine Familie denkt und meint, dass seine Tochter jetzt neun Monate und 20 Tage alt sei. Der Stolz trieft aus seiner Stimme. Sie sei das Wertvollste in seinem Leben und er würde sie mit aller Macht vor all dem Schlimmen und Grausamen beschützen. Komme was da wollen. Setos Züge entspannen sich nur langsam, bevor er Keizo zur Vaterschaft gratuliert und nach seiner Frau fragt. Keizo grinst nur verlegen und meint, dass wir sie kennen würden. Es wäre die junge Frau gewesen, mit der wir zu erst in dem Dōjō gesprochen haben. Ihr Vater wäre der Meister. Tatsächlich würde ich sagen, dass Seto sich darüber freut, dass Keizo sein Glück gefunden hat. Doch dann macht sich Keizo, nachdem er sich umständlich und wiederholt für die Einladung, das Essen und den schönen Abend bedankt hat, auf den Heimweg. Als er gegangen ist, sehe ich, wie eine Last von Setos Schultern fällt und er wirkt auf mich plötzlich mehr als erschöpft. Ob es wirklich so eine gute Idee war, diesen Mann zu fragen, ob er unser Privattrainer werden würde... ich weiß es auf einmal nicht mehr. Obwohl wir bei Tisch doch recht offen über das sprachen, was ich weiß, komm ich mir immer noch so vor, als würde mir ein Puzzleteil fehlen. So bleibt bei mir ein bitterer Nachgeschmack zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)