Little Moments von Fara_ThoRn (~Kurzgeschichtensammlung~) ================================================================================ Kapitel 1: Schon immer ---------------------- Halli Hallo! Ich mal wieder. Diesmal mit einer hoffentlich stetig wachsenden Sammlung verschiedener Ideen und kurzen Geschichtchen, die ich sonst nirgends unterbringen kann. Mit kommen immer mal wieder kurze Szenen in den Sinn, die meine Kerlchens so erleben, oder ich sehe was, und mir schießt eine Idee in den Kopf, die ich sofort aufschreiben muss. Leider finde ich manchmal keinem geeigneten Rahmen, um sie irgendwo unter zu bringen. Oder sie haben eine viel zu kurze Länge, als sie als OS durchgehen zu lassen. Eben kleine Momente, für Zwischendurch. ^^ Daher dachte ich, veröffentliche ich den Kram doch einfach als eine Art Geschichtensammlung. So entstand die Idee hierfür. Anfangen tue ich mit einem Text, der mit einem einfachen Satz begann. Vielleicht gefällt er euch ja. ^^ Die Altersempfehlung bei dieser Story ist 12 Slash. Mal nur so am Rande erwähnt. Leider notwendig zu erwähnen: Alle Rechte meiner Texte liegen allein bei mir. Meine Texte, mein Eigentum. Unerlaubte Veröffentlichungen, auch nur auszugsweise, auf anderen Plattformen oder Onlineshops sind verboten, und das mache ich Text-Dieben auch rechtlich begreiflich, falls es sein muss. Also? Klauen is nicht. Und wie ich kürzlich erfahren habe, haben meine lieben Leser ihre Augen überall und berichten mir jeden dreisten Text-Diebstahl. Auch ich werde in Zukunft besser aufpassen und genauer hinsehen, was einem auf digitalem Wege angeboten wird. In diesem Sinne wünsche ich euch trotzdem viel Spaß beim Lesen. Eure Fara Schon immer Schon immer hieß es: Michi und Rob. Oder Rob und Michi. Niemals erwähnte man einen von uns, ohne nicht im selben Atemzug auch den anderen zu nennen. Wir waren, wie man bei uns so schön sagt, ein Kopp und ein Arsch. Schon immer. Ständig hingen wir zusammen rum, machten Unsinn, bekamen zusammen den Ärger dafür und heckten nach unserer abgesessenen Strafe gleich wieder neuen Unfug aus. Wir legten uns mit Altersgenossen an, ärgerten unsre Mitmenschen bis auf's Blut oder verbrachten Stunden an unsrem Geheimen Ort, und werkelten dort an dem Baumhaus herum, das wir uns in schweißtreibender Arbeit mit herumliegenden Brettern und gemopsten Nägeln aufbauten. Wir brauchten niemand anderen, außer uns. So war es schon immer. Wir beide. Er und ich. Unsre Beziehung wurde mit den Jahren immer intensiver und enger. Und irgendwann merkten wir, dass wir nicht bloß gewöhnliche Freunde waren, so wie es die anderen Jungs in unserer Schule waren. Es war etwas zwischen uns, das da niemals hätte sein dürfen, wenn wir den Aussagen unsres Dorfpfarrers glauben geschenkt hätten. Haben wir aber nicht, denn das was zwischen uns herangewachsen war, war heiliger und wundervoller, als alles, was uns Pfarrer Kohlmann-Haupt hinter dem Altar gepredigt hatte. Wir waren verliebt. Ineinander und das so sehr, dass wir nicht ohne den anderen konnten. Damals waren Rob und ich zarte vierzehn Jahre jung gewesen. Unser erster Kuss ereignete sich in unsrem halbfertigen Baumhaus. Rob, dieser kleine Tollpatsch, hatte sich mit dem großen Hammer seines Vaters, den er sich aus dessen Werkstatt mitgehen lassen hatte, auf den Daumen geschlagen. "Auuu! Michi, das tut weh! Er ist auch schon ganz dick!" mit verbissenem Gesicht hielt er sich den Daumen. "Zeig mal." Gründlich untersuchte ich seinen angeschlagenen Daumen. "Wir müssen ihn kühlen", diagnostizierte ich Fachmännisch. "Und wie?" Ich fackelte nicht lange und schob mir seinen Daumen in den Mund, lutschte ihn nass und pustete dann wie bekloppt. Rob ließ es sich gefallen. Wie schon erwähnt, wir standen uns schon immer sehr nahe. Da war ein nass geleckter Daumen kein weltbewegendes Ereignis zwischen uns. "Danke. Wird schon besser." Froh lächelte ich ihn an. "Da bin ich aber beruhigt. Du musst besser aufpassen." "Tue ich doch!" "Ach ja?" Lachend patschte ich ihn sachte gegen die Stirn. "Lass das!" "Was? Das?" Ich wiederholte meinen Schlag und lachte wie bekloppt. Es sah immer so lustig aus, wenn Rob versuchte böse dreinzuschauen. "Ey!" Wir begangen uns zu raufen. Nicht ernsthaft oder wirklich sauer aufeinander. Wir lachten dabei, kreischen wie zwei Ferkel, die gerade um die Milchbar ihrer Mutter stritten. Kichernd rollten wir uns auf dem Boden herum, hielten uns an den Händen und versuchten den jeweils anderen nach unten zu bugsieren. Wer oben war, während der andere nach Gnade flehte, hatte gewonnen. Doch diesmal kam alles ganz anders. Ich lang auf ihm, wähnte mich schon als Sieger, da Rob kaum noch Luft bekam vor lachen, da überkam es mich. Ich beugte mich zu ihm hinab und küsste ihn. Zuerst ganz kurz. Ich war selbst ganz erschrocken über das, was ich soeben getan hatte. Doch als Rob nichts dazu sagte (im Gegenteil, er begann zu lächeln!), da tat ich es ein weiteres Mal. Aus unsren ersten, kurzen 'Kussversuchen', wurde bald eine ausgewachsene Knutscherei. Als ich abends im Bett lag, spürte ich noch immer seine Lippen auf meinen. Sie waren richtig überbeansprucht. Wir versuchten erst gar nicht, es erklären zu wollen. Unsre enge Bindung und das plötzlich so starke Verlangen nach dem anderen. Es war eben so. Nach dem Vorfall im Baumhaus, trafen wir uns regelmäßig dort um ... Na ja. Um uns zu küssen, und irgendwann auch Dinge miteinander zu tun, die beste Freunde ganz sicher nicht einfach mal so miteinander taten. Die Jahre vergingen, in denen wir unsre gegenseitige Beziehung geheim hielten. Ein schwules Pärchen wäre nicht gut angekommen in unsrem Dorf. Erst, als wir gemeinsam das Kaff verließen, in dem wir zusammen groß geworden waren, konnten wir unsre Liebe auch öffentlich machen. Ein Teil unserer neuen Freunde in der Stadt, in der wir nun lebten, wusste sofort, dass da mehr zwischen uns war. Sie verurteilten uns nicht. Der Vorteil, wenn man in der großen, weiten Welt studieren geht. Rob und ich wohnten in einer kleinen WG. Zusammen mit Nadja, einer Auslandsstudentin, und unsrem noch immer besten Kumpel Sven, lebten wir in einem schicken Altbau. Die Zeit dort, war einer meiner Schönsten. Andauernd wilde Partys mit Studienkollegen, oder ruhige Abende nur zu viert. Und danach verbrachen Rob und ich die Zeit gemeinsam einsam. Wir feierten sozusagen unsre eigene Party. Wir lebten endlich das aus, was wir jahrelang verheimlichen mussten. Und dann kam der Auszug. Die Studentenjahre waren vorbei und wir suchten uns gemeinsam einen Job und eine Wohnung. In Frankfurt wurden wir fündig. Es hätte nicht besser kommen können. Wir waren glücklich. All die Jahre. Und immer wieder dachte ich, wenn ich nachts aufwachte, zu Rob rüber sah, seine schlafenden Gesichtszüge musterte, wie viel Glück ich doch mit ihm habe. Das es seitdem ich denken kann, nur uns gibt. Wir beide. Zusammen und unzertrennlich. Schon immer. Er war meine erste Liebe. Meine Jugendliche. Er ist meine einzige Liebe. Meine wahre Liebe. Ein Leben ohne ihn würde mein Ende bedeuten. Das war mir schon immer bewusst. Und niemals hätte ich gedacht, dass es mal enden könnte. Was mich zu den gegenwärtigen Ereignissen bringt. Heute vor einer Woche war es, als mir der Boden unter den Füßen weggerissen wurde. Als meine ganze Welt einstürzte, mich begrub unter der Last meiner Schuld. Es war eine dämliche Firmenfete gewesen, die mein Boss angeleiert hatte, da wir einen verdammt guten Vertragsabschluss mit einer erfolgreichen Firma auf Übersee hinbekommen haben. Rob musste Überstunden in seiner Firma schieben, weshalb er nachkommen wollte. Ich fuhr also vor. Die Stimmung war gut gewesen. Meine Kollegen waren in Feierlaune und schoben mir einen Drink nach dem anderen hin. Ich becherte sie weg, als gäbe es kein Morgen mehr. Hätte ich doch nur gewusst, was passieren würde! Ich hätte keinen Tropfen angerührt. Um ehrlich zu sein, so genau weiß ich gar nicht mehr, wie es passiert ist. Ich kann mich nur noch daran erinnern, wie Rob plötzlich dastand. Das Gesicht zu einer fassungslosen Maske versteinert, schaute er mich an. Mein Gehirn war durch den Alkohol betäubt gewesen. Ich registrierte nicht, was da gerade geschah. Ich war mir nicht bewusst, dass ich gerade an Markus' Lippen hing, als Rob genau in diesem Moment auf der Feier aufkreuzte. Am nächsten Morgen dann das furchtbare Erwachen. Ich lag auf unserer Couch. Mein Schädel fühlte sich an, als wäre er in zwei gebrochen. Aus dem Schlafzimmer hörte ich laute Geräusche. Nichtsahnend, und mit einem riesigen Fragezeichen vor meinem geistigen Auge, schlurfte ich ins Schlafzimmer, um den Geräuschen auf den Grund zu gehen. Rob stand vor dem Schrank und suchte hastig Kleidungsstücke von sich zusammen. "Rob?" Verwirrt ließ ich den Blick schweifen, der auf seine beiden Koffer hängen blieb. "Musst du auf eine Firmenreise?" "Firmenreise?!" Seine Stimme überschlug sich. "Du Arsch!" Etwas blaues flog an mir mir vorbei. "Hattest du noch viel Spaß mit deinem Kollegen? Hä?" "Was?" Bei mir war der Groschen noch immer nicht gefallen. "Wie lange treibst du es schon hinter meinem Rücken mit anderen Kerlen?" Sauer kam er auf mich zu und stieß mir mit beiden Handflächen gegen die Brust. "WIE LANGE SCHON?!" "Ich ... Ich hab nichts mit anderen Kerlen." Die Panik kroch unaufhaltsam mein Rückgrat empor. Was lief hier den für ein Film? "Was hast du denn Robi? Wieso glaubst du, ich würde dich betrügen?" Mein Adrenalin-Spiegel schoss so in die Höhe, dass mir schwindelte. Mein Kater war vergessen. "Weil du Arschloch gestern in den Armen einer deiner Kollegen gehangen hast! Streite es nicht ab! Ich habe es gesehen! Wie du ihm die Zunge in den Hals gesteckt hattest! Am liebsten hätte ich dir vor die Füße gekotzt!" "Ich hab was?" Erinnerungsfetzen blitzen auf. "Markus ... Ich habe Markus geküsst ..." "Markus hieß diese billige Schlampe also?" Rob stieß einen sarkastischen Laut aus und machte weiter damit, seinen Koffer zu packen. Die Panik übermannte mich. Ich ging auf ihn zu, wollte nach seinen Armen greifen, ihn zu mir ziehen, doch er ließ mich nicht. Stieß mich von sich, mit soviel Hass in den Augen, dass sich mir die Kehle zuschnürte. "Fass mich nicht an!", zischte er mir gefährlich zu. "Robi! Bitte! Ich war betrunken! Ich weiß noch nicht mal mehr, wie es dazu gekommen war!" Er ignorierte mich. Mir kamen die Tränen. "Robi! ... Schau mich an!" Nichts geschah. Er knallte seinen Koffer zu und schloss ihn. "Rob! Ich liebe dich! Nur dich! Ich habe dich nicht betrogen! Kein einziges Mal!" Mir wurde immer schwindeliger und ich taumelte auf Rob zu, der die beiden Koffer hoch hievte und aufstellte. "Geh nicht! Ich flehe dich an! Geh nicht!" "Fick dich, Michi. Oder besser noch: Fick doch deinen tollen Markus!" Mit diesen Worten ließ er mich stehen, stürmte aus unserer Wohnung und schlug die Haustür zu. Meine Beine gaben kraftlos nach und ich schlug mit den Knien auf den Boden auf, kippte vorn über, und landete auf dem Bett, unsrem Bett. Die Welt stand plötzlich still. Ich drohte mich aufzulösen, drohte zu verschwinden in meinem Kummer. Ich heulte. Keine Ahnung wie lange. Ich verkroch mich mit dem Telefon in der Hand in meinem Bett. Heulte Robs AB voll. Schwor ihm tausend Schwüre, dass ich ihn niemals betrogen hatte, dass es mir leid täte und dass ich nicht ohne ihn leben konnte. So ging es bis gestern. Bis ich mich verheult aufraffte, mir über die Nase wischte, und unter die Dusche trat. Es konnte so nicht weitergehen. Ich musste ihn suchen. Mit ihm von Angesicht zu Angesicht reden. Doch wo ich ihn auch suchte, er blieb verschwunden. Bei unsren Freunden war er nicht, und auch nicht bei seiner Familie. Selbst vor seiner Arbeitsstelle wartete ich vergeblich auf ihn. Er wäre in den Urlaub gefahren, berichtete mir eine seiner Kolleginnen. Auf ihre Frage hin, warum ich überhaupt hier bin, und nicht mit ihm in den Urlaub gefahren bin, reagierte ich nicht. Jetzt sitze ich hier auf der Couch. Warte. Hoffe. Ja, selbst beten tue ich, was ich seit Jahren nicht mehr getan hatte. Wie viele SMS habe ich ihm seit unsrem Streit geschickt? Ich kann sie nicht mehr zählen. Wahrscheinlich liest er sie noch nicht mal. Dennoch muss ich es probieren. Ihm immer wieder welche schicken, und hoffen, dass er mir irgendwann antwortet. 'Komm zurück zu mir. Bitte' Senden. Das Display verschwimmt vor meinen Augen. Was, wenn er nie wieder kommt? Wenn er sich in einen Flieger gesetzt hat, und irgendwo ein neues Leben anfängt. Ein Leben ohne mich. One Way, weg von mir? Was mach ich dann? Wie kann ich ein Leben ohne ihn auf die Reihe bekommen? Ich kenne kein anderes Leben. Er ist mein Leben. Meine Luft zum Atmen. Zum wiederholten Male nehme ich mein Handy zur Hand, um ihm eine Nachricht zu schicken. Um ihm diese Zeilen, auch wenn sie kitschig sind, mitzuteilen. Wir waren nie eins dieser Paare, die sich schwülstige Liebesworte zusäuseln. Ich wusste, was Rob für mich empfand. Andersherum war es genauso. Vielleicht ist es mal an der Zeit, ihm all das zu schreiben. Nach all den Jahren. Also fange ich an, und schreibe ihm das, was ich für ihm empfinde. Schon immer empfunden habe. 'Du bist mein Leben, meine Luft zum Atmen. Ohne dich drohe ich zu ersticken. Du bist die Sonne, um der mein kleines, unbedeutendes Ich kreist. Ohne dich treibe ich einsam im kalten Universum dahin. Du bist der der Grund, weshalb ich überhaupt die Kraft habe morgens aufzustehen. Ohne dich schlafe ich Abends kraftlos ein und wache niemals wieder auf. Du bist dafür verantwortlich, dass meine Welt sich dreht. Ohne dich herrscht nur noch Stillstand. Du sorgst dafür, dass es mir gut geht, weil du mein Herz und meine Seele in deinen Händen trägst. Mich beschützt und auf mich acht gibst. Ohne dich bin ich nur noch eine seelenlose Hülle, in der kein einziger Herzschlag mehr pocht. Bin schutzlos allem ausgeliefert, das mir böses will. Ich wurde nur wegen dir geboren, um für dich da zu sein. Ohne dich habe ich keinen Lebenszweck mehr und weiß nicht, für was ich noch zu Nutze bin. Ich bin ein kleines Pflänzchen, das auf deine Pflege und Liebe angewiesen ist. Ohne dich vertrockne ich in meiner staubigen Erde. Allein deine pure Anwesenheit kann mir die Gewissheit geben, dass es mich überhaupt gibt. Ohne dich kann ich nicht existieren. Ich verblasse. Stück für Stück, bis ich eine unsichtbare, leere Hülle bin. Du bist das Wichtigste für mich, weil ich Abhängig von dir bin. Ohne dich bin ich auf der endlosen Suche nach etwas, was mir niemand außer dir geben kann. Du bist es, der meine Batterien wieder auflädt, wenn ich müde und gestresst Abends nach Hause komme. Ohne dich saugt mich das Leben unerbittlich aus, bis ich entkräftet in mich zusammenfalle. Du bist ein Teil von mir, ohne das ich nicht funktioniere. Du sorgst dafür, dass alles um mich herum zu etwas Wunderschönem und Unvergleichlichem wird. Und seitdem du nicht mehr da bist, ist alles in einem dunklen, schwarzen Loch versunken, das auch mich zum Schluss einsaugen wird. Ohne dich sterbe ich in diesem trostlosen, einsamen Loch ...' Unsicher tippe ich auf senden. Er wird mich für diese Worte im besten Falle für verweichlicht halten. Für bescheuert. Im schlimmsten Falle wird er mich dafür hassen. Aber er muss es wissen. All das, und noch so viel mehr, was ich nicht in Worte fassen kann. All das, was zwischen den Zeilen steht. Was uns schon immer zusammengehalten hat. Was noch nie ausgesprochene Worte bedurft hat. *** Ich schrecke auf. Es ist dunkel um mich herum. Ich muss auf der Couch eingeschlafen sein. Wie spät ist es? Eigentlich ist es mir egal. Einzig eins muss ich wissen. Hat er mir zurückgeschrieben? Ein Blick auf mein Handy verrät mir: Nein. Wieder haben ihn meine Worte nicht erreicht. "Das war's", flüstere ich. "Jetzt hasst er mich mehr denn je." "Bist du dir da so sicher?" Vor Schreck segelt mir das Handy auf den Boden. Schlägt auf und zerbricht in tausend Teile. "Rob?!" Ich suche die Dunkelheit ab, kann aber nichts erkennen. Habe ich mir das bloß eingebildet? "Rob? Bist du hier?" Stille. Verzweiflung nagt an mir. Das habe ich mir nur eingebildet. Seine Stimme bloß eingebildet. Nie wieder werde ich seine Stimme hören ... Die Gewissheit trifft mich auf einmal mit voller Wucht. "Ich habe ihn verloren", schluchze ich und halte mir die Hände vors Gesicht. Die Holzdielen knarren. Ich halte die Luft an. Neben mir raschelt etwas. Die Couchfedern geben nach. Ich wage es nicht mich zu bewegen. Selbst die Augen öffne ich nicht. "Das hast du nicht", wispert es neben mir erstickt. "Verzeih mir." Arme legen sich um mich. Der Druck in mir lässt nach. Dennoch kann ich noch immer kaum atmen. Ich bekomme keinen Ton heraus. Klammere mich einzig an den vertrauten, warmen Körper neben mir. Ich brauche nicht zu wissen, wo er auf einmal herkommt. Warum er hier im Dunkeln ausgeharrt hat, ohne mich zu wecken oder sich zu mir zu setzen. Nur eins ist wichtig: Das er wieder da ist. Das meine einzige, große und wahre Liebe wieder bei mir ist. Ich presse mein Gesicht gegen Robs Hals und kämpfe um meine Fassung. Vergebens. Meine Kehle ist wie zugeschnürt. Trotz der Erleichterung, dass er wieder da ist. "Hast du das wirklich so gemeint? Deine letzte SMS an mich?" "Du hast sie gelesen?", krächze ich. "Und jede davor", haucht er mir gegen die Wange, ehe er mit seinen Lippen darüberfährt. "Und? Waren deine Worte ernst gemeint?" "Zweifelst du noch daran? Zweifelst du noch an mir?" Ich höre, wie er hart zu schlucken beginnt. "Nein", presst er nach einiger Zeit hervor. "Ich habe nie daran gezweifelt. Oder an dir." "Und wieso ..." Ich kann es nicht aussprechen. Zu groß ist die Angst, Dinge wieder hoch zu spülen, die Rob erneut von mir reißen. "Als ich dich sah. Mit diesem ... Schwein." Er atmet hektisch ein und umarmt mich fester. "Ich wäre fast gestorben." Ich erstarre. "Ich ertrug den Gedanken nicht, dass du mich eventuell doch betrügst. Ich musste weg, doch dann wurde mir klar, dass ich ebenso wenig ohne dich kann, wie du ohne mich." Rob lässt mich los und umfasst mein Gesicht. Wir können uns nicht sehen, weil es noch immer stockdunkel ist. Doch ich spüre, wie sein warmer Atem über mein Gesicht streicht. Fast wie eine sanfte Berührung. "Du bist mein Leben, meine Luft zum Atmen. Ohne dich drohe ich zu ersticken. Du bist die Sonne, um der mein kleines, unbedeutendes Ich kreist. Ohne dich treibe ich einsam im kalten Universum dahin. Du bist der der Grund, weshalb ich überhaupt die Kraft habe morgens aufzustehen. Ohne dich schlafe ich Abends kraftlos ein und ..." Ich schließe die Augen. Das sind meine Worte! Das sind die Sätze, die ich ihm geschickt habe! Wie oft muss er sie heute gelesen haben, damit er sie auswendig kennt? Ich wusste schon immer, dass er genauso empfindet wie ich. Weil wir uns in- und auswenig kennen. Unsre Gedanken lesen können, wie andere ein Buch. Doch nie habe ich auch nur ansatzweise für möglich gehalten, dass er ebenfalls so 'besessen' von mir ist, wie ich von ihm. Schon immer dachte ich, ich wäre derjenige, der ohne den anderen hilflos verloren ist. "Ohne dich sterbe ich in diesem trostlosen, einsamen Loch … Das wäre ich sogar fast, in der Zeit, wo wir voneinander getrennt waren", beendet er unseren Liebesschwur. "Robi ..." Ich lehne mich nach vorn und lege meine Lippen auf seine. Sie schmecken nach Salz. Weint er? Vielleicht. Vielleicht sind es auch meine Tränen, die ich da schmecke. Wie auch immer. Es ist egal. Er ist wieder bei mir. Das Einzige, was noch zählt, was seit jeher gezählt hat. Plötzlich sind wir uns noch viel näher, als wir es vorher waren. Das fühle ich jedenfalls so. Und ich weiß, dass er das Selbe fühlt. Seit jeher. Schon immer. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)