Zum Inhalt der Seite

Heilende Hände

Rose x Scorpius
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prolog

Ich wusste schon lange, dass ich im St. Mungo's Krankenhaus für magische Krankheiten arbeiten wollte. Seit ich meinen Dad und Onkel Harry einmal dort besucht hatte, nachdem sie nach einem Arbeitsunfall dort behandelt worden waren. Die beiden sind Auroren im Zaubereiministerium und sind eigentlich immer verletzt. Und manchmal ist es eben so schlimm, dass sie ins St. Mungo's müssen.

Als Mom, Hugo und ich Dad und Onkel Harry besuchten, war ich sofort von der Athmosphäre des Krankenhauses eingenommen. Die Betriebsamkeit, die vielen Menschen mit den unterschiedlichsten Gründen, dort zu sein, und vor allem die Freundlichkeit und Kompetenz der Mitarbeiter, mit denen wir zu tun hatten, imponierten mir.

Von diesem Zeitpunkt an war mir klar, dass ich Teil dieser Geschäftigkeit und dieser Kompetenz sein wollte.

Viele meiner Lehrer und noch mehr meiner Mitschüler in Hogwarts, der besten Schule für Hexerei und Zauberei, sagten, dass ich mein Potential verschwenden würde. Es stimmte, dass ich eine der besten Schüler meines Jahrgangs war, aber wo könnte ich mein Potential besser nutzen, als beim Heilen und Lebenretten? Und es ist ja nicht so, dass es keine Aufstiegschancen geben würde.

Also richtete ich meine Schulfächer neu aus und begann, die Schulbibliothek zu durchforsten, was ich wohl von meiner Mom geerbt hatte. Doch das war alles andere als schlecht. Ich verliebte mich immer mehr in den Beruf des Heilers.

Mittlerweile arbeite ich seit mehreren Jahren im St. Mungo's in London und gehe komplett in meinem Job auf. Ich liebe die Abwechslung und die täglich neuen Herausforderungen. Ich habe sogar eine ganze Station unter mir, die sich hauptsächlich mit der Heilung schwarzmagischer Zauber und Flüche beschäftigt, was mich zur jüngsten Stationsleiterin in der Geschichte des St. Mungo's macht.

Und da soll noch jemand sagen, ich verschwende mein Potential!

Doch heute wäre ich wohl mal lieber nicht aufgestanden. Denn heute würde der schlimmste Tag meines Lebens beginnen…

Der Patient

Als ich aufwachte, war es noch dunkel. Mein Wecker klingelte schrill und zeigte 05:45 Uhr in roten Zahlen an. Ich stand immer um diese Zeit auf, damit ich es pünktlich um 7 Uhr zu meiner Schicht schaffte. Ich wohnte zwar nur zehn Gehminuten vom St. Mungo's entfernt, doch ich brauchte morgens meine Zeit, um wirklich wach zu werden und mich fertig zu machen.

Nachdem ich den Wecker ausgeschaltet hatte, blieb ich noch ein paar Minuten liegen. Vor allem im Winter genoss ich die Wärme meines Bettes. Versteht mich nicht falsch, ich liebe den Winter und die Kälte und die glasklare Luft, die meine Lungen beim Einatmen brennen lässt. Doch im Kontrast dazu liebe ich auch die Wärme meiner Kissen und Decken.

Als ich letztendlich doch aufstand und in die Küche ging, um mir einen Kaffee zu machen, lief ich unweigerlich an meinem Schlafzimmerfenster vorbei. Ich schaute hinaus auf die kleine Seitenstraße, in der ich wohnte, ganz in der Nähe der Kensington Gardens, die ich über alles liebte. Es hatte geschneit über Nacht, sodass alles mit einer zentimeterdicken Schneeschicht bedeckt war. Herrlich!

Nachdem ich meine morgendliche Routine durchgezogen hatte, machte ich mich auf den Weg zur Arbeit. Der schnee knirschte unter meinen Stiefeln, und ich war bester Laune, als ich durch das vernagelte Schaufenster stieg und die Eingangshalle des St. Mungo's betrat.

Sofort erfasste mich wieder die Geschäftigkeit des Krankenhausbetriebs. Überall liefen Schwestern und Pfleger herum, besorgte Angehörige und Patienten selbst. Im Grunde war es das reinste Chaos, aber es war ein geordnetes Chaos, das ich schnell zu durchschauen gelernt hatte.

Ich arbeitete mich mit vielem "Guten Morgen!" und "Wie geht's?" auf meine Station vor, zog mich um und warf mir meinen weißen Umhang über. In dieser Beziehung sind wir den Muggeln ziemlich ähnlich. Sie sind genauso stolz auf ihre Arztkittel wie wir Zauberer auf die weißen Umhänge, die uns als Heiler ausweisen.

Zusammen mit den anderen Heilern meiner Station begab ich mich ins Besprechungszimmer zur Schichtübergabe. Das bedeutet, dass die Heiler, die in der Nacht gearbeitet haben, berichten, was passiert ist, welche Patienten zu behandeln sind und in welchem Zustand sich diese befinden. Dabei geht es immer ziemlich hektisch zu. Meistens werden die Namen der Patienten gar nicht erwähnt, sondern nur die Zimmernummer. Nur eine halbe Stunde später würde ich mir wünschen, dass wir die Namen nennen würden…

Denn ein Zimmer erregte schon ohne Namen meine Aufmerksamkeit.

"Zimmer 6.16", sagte die Kollegin, "männlicher Patient, 21, muss in ein sehr verheerendes Duell geraten sein. Er kam mit mehreren Verletzungen aufgrund diverser Flüche. Wir haben das Gröbste wieder hinbekommen, aber er ist dem Tod wirklich nur knapp von der Schippe gesprungen. Er hatte mehrere Schürfwunden, Blutergüsse und innere Blutungen. Wie gesagt, das meiste haben wir heilen können, aber er wird noch eine Weile brauchen, bis er wieder auf dem Damm ist. Aber noch etwas ist äußerst seltsam. Obwohl seine Werte soweit stabil sind, scheint er jeglichen Lebenswillen verloren zu haben."

Das machte mich hellhörig. Ein junger Mann, genauso alt wie ich, der nicht mehr leben wollte? Auf meiner Station? Aber nicht mit mir!

"Weißt du genauer, was passiert ist?", fragte ich. "Warum er keinen Lebenswillen hat?"

"Nein, keine Ahnung", kam die Antwort.

"Wie heißt er?"

"Weiß ich auch nicht. Er spricht nicht."

"Gar nicht??"

"Kein einziges Wort seit er in der Nacht herkam."

Unfassbar. Das würde ich mir näher ansehen müssen.

Nach der Übergabe begann die Visite. Mit einem ganzen Heer an Heilern und Helfern im Schlepptau ging ich von Zimmer zu Zimmer, sprach mit den Patienten und erteilte Anweisungen zu deren Behandlung. Dies war der einzige Moment des Tages, an dem ich mich tatsächlich als Chefin gab. Den Rest der Zeit gab ich mir alle Mühe, mit allen Kollegen gleichwertig zu agieren.

Ich beeilte mich ein wenig mit meinen Patienten, da ich wirklich neugierig war, was mich in Zimmer 6.16 erwartete. Wenn der Patient in meinem Alter war, dann war er ja möglicherweise in meinem Jahrgang in Hogwarts gewesen.

Die Spannung stieg, als wir endlich vor dem letzten Zimmer ankamen.

Olivia, meine Lieblingshelferin und beste Freundin, sah, dass ich zögerte.

"Was ist los, Rosie?", fragte sie.

"So genau kann ich es nicht sagen", antwortete ich. "Wenn er 21 Jahre alt ist, kenne ich den Patienten vielleicht aus Hogwarts. Und wenn er keinen Lebenswillen mehr hat, will ich unbedingt wissen wieso."

"Na wenn du hier draußen stehen bleibst, wirst du es jedenfalls nicht erfahren", sagte Olivia und lächelte mir ermutigend zu. Natürlich hatte sie Recht.

Erwartungsvoll drückte ich die Tür auf und…

… wäre im nächsten Moment am liebsten wieder rückwärts hinausgestolpert. Vor mir im Patientenbett, mit glasigen Augen an seine Kissen gelehnt, lag Scorpius Malfoy.

Ich bekam einen regelrechten Schreck, als ich ihn sah, noch blasser als sonst, nicht vor Charme sprühend, wie ich ihn in Hogwarts kennen gelernt hatte. Wir waren nie miteinander ausgekommen, schon wegen unserer Eltern nicht. Noch dazu hatte er fast ganz Hogwarts ins Bett bekommen, doch bei mir war er abgeblitzt. Seitdem hatte er alles daran gesetzt, mir das Leben so schwer wie nur möglich zu machen.

Doch ihn in seinem jetzigen Zustand zu sehen, tat mir unendlich leid, und ich würde alles daran setzen, ihn wieder auf die Beine zu bekommen!

"Du kennst ihn tatsächlich oder?", fragte Olivia, nachdem ich mich nach 2 Minuten intensiven Starrens immer noch nicht bewegt hatte. Doch ihre Frage holte mich in die Realität zurück. Ich sah Olivia an, nickte kurz und näherte mich dann endlich dem Patientenbett.

Scorpius blickte mich nicht einmal an, als ich mich an seine Seite stellte und ihm die Hand auf die Schulter legte. Er starrte weiterhin einfach nur aus dem Fenster.

Ich sah meine Lieblingshelferin an, um ihr zu signalisieren, dass sie den Patienten vorstellen konnte. Sie räusperte sich und begann.

"Scorpius Malfoy, 21, kam in dieser Nacht wegen mehrerer schwerer Verletzungen, vermutlich ausgelöst durch unterschiedliche Flüche. Heilerin Watson hat die äußeren Wunden behandelt. Ob es weitere Verletzungen gibt, ist noch nicht klar. Momentan ist der Patient apathisch und nur teilweise ansprechbar."

"Danke Olivia", sagte ich. "Als erstes müssen wir herausfinden, ob sein Körper noch weiteren Schaden genommen hat. Wenn möglich, müssen wir wissen, welche Flüche ihn genau getroffen haben."

"Und dann sehen wir zu, dass wir seinen Geist wieder hinkriegen", fügte ich an Olivia gewandt leise hinzu.

Ich verteilte die Patienten und weitere Aufgaben an die Heiler und Helfer, um den Stationsalltag zu starten. Alle Patienten mussten versorgt, Medikamente verteilt, die Station auf Vordermann gebracht und der Papierkram erledigt werden. Doch Scorpius gab ich an niemanden weiter. Um ihn würde ich mich selbst kümmern

Nachdem ich meinen eigenen Papierkram erledigt hatte, kehrte ich daher in sein Zimmer zurück. Immer noch starrte er aus dem Fenster. Ich war mir nicht einmal sicher, ob er seine Position seit heute morgen überhaupt um einen Millimeter geändert hatte. Nicht einmal als ich neben sein Bett trat und direkt vor ihm stand, änderte sich sein Gesichtsausdruck. Was war bloß mit ihm passiert? Ich hätte den Okklumentik-Lehrgang doch nicht verschieben sollen.

"Scorpius?", sagte ich und legte ihm die Hand auf die Schulter. Sie war fest und muskulös. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich keine Ahnung hatte, was Scorpius nach Hogwarts für Pläne gehabt und wohin es ihn tatsächlich verschlagen hatte.

"Scorpius?", versuchte ich es noch einmal. "Ich bin's, Rose. Rose Weasley."

In diesem Moment ruckte Scorpius' Kopf blitzschnell zu mir herum, sodass er mich ansehen konnte. Sprunghaft wich ich einen Schritt zurück. Ich glaube, ich hatte mich noch nie in meinem Leben dermaßen erschreckt.

"Rose", sagte Scorpius. Er war heiser, seine Stimme kam nur als ein Krächzen heraus.

Doch er hatte reagiert, er hatte etwas gesagt! Ich stand direkt wieder bei ihm und legte ihm die Hand auf den Arm.

"Rose", sagte er noch einmal.

"Ja", antwortete ich. "Ich bin hier."

Lange Zeit sah er mich nur an und ich schaute gespannt zurück. Dann sagte er: "Bitte. Bitte lass mich sterben."

Der Tod und die Heilerin

Nach einer Ewigkeit stand ich immer noch neben Scorpius Malfoy. Meine Hand lag noch auf seinem Arm und wir sahen uns an. Niemand sagte etwas. Ich konnte nichts sagen. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich atmete.

Ich traute meinen Ohren nicht. Hatte er gerade gesagt, dass ich ihn sterben lassen sollte? Er war im St. Mungo's Krankenhaus! Auf meiner Station! Was bildete er sich eigentlich ein?

Ich versuchte, meine Wut im Zaum zu halten, was mir nur unter höchster Anstrengung gelang.

"Hier stirbt niemand", sagte ich bestimmt. "Ich bin doch nicht Heilerin geworden, um meine Patienten sterben zu lassen! Ich finde heraus, was dir fehlt und werde mein Bestes tun, um dich wiederherzustellen."

Scorpius ließ sich zurück auf seine Kissen fallen. Alle Spannung war aus seinem Körper gewichen, so als hätte er erneut aufgegeben.

"Mach, was du willst", sagte er. "Aber glaub mir, mich kann man nicht wiederherstellen."

Zum wiederholten Mal fragte ich mich, was mit ihm passiert war. Mittlerweile reichte es mir. Ich würde einfach mit meiner Behandlung beginnen müssen, dann würde ich schon sehen, wohin es mich führte.

Ich begann, ein paar sehr einfache Formeln und Zauber auf Scorpius zu richten, um herauszufinden, welche Flüche ihn getroffen hatten. Meine Zauber wurden immer komplizierter, je tiefer ich in Scorpius' Geist eindrang. Ich beschrieb ihm die ganze Zeit jeden einzelnen Schritt, den ich unternahm, doch er ragierte nicht darauf. Er schien sich vollständig in sich zurückgezogen zu haben.

Nach ein paar Stunden brauchte ich eine Pause und Scorpius höchstwahrscheinlich auch. Ich setzte mich auf die Bettkante und startete noch einen Versuch.

"Scorpius", sagte ich, und er blickte mich tatsächlich an. "Wie fühlst du dich?"

Lange Zeit sagte er nichts, sodass ich schon dachte, er hatte mich nicht verstanden. Er blickte mich einfach nur an. Als ich mich gerade wiederholen wollte, sagte er: "Du hast eine wirklich schöne Stimme."

"Ähm… wie bitte?"

"Als du vorhin die ganze Zeit mit mir gesprochen hast. Das hat gut getan… Danke…"

"Gern geschehen", sagte ich leise.

Dann war er wieder weg. Sein Blick wurde wieder leer. Anscheinend war die Unterhaltung für ihn beendet. Ich beschloss, ihn für den Augenblick in Ruhe zu lassen. Ich war weitergekommen, sowohl medizinisch als auch menschlich. Ich hatte fast alle Flüche herausfinden können, die Scorpius getroffen hatten. Die Behandlung würde eine Zeitlang dauern, und ich war guter Dinge, dass ich das hinkriegen würde. Außerdem hatte Scorpius gesagt, dass er meine Stimme schön fand. Ich würde gar nicht leugnen, dass das Kompliment meinem Ego gut tat, und an den Gedanken daran spürte ich, wie ich rot wurde. Trotzdem machte mir Scorpius' Geisteszustand Sorgen. Unter den Flüchen, die ich gefunden hatte, waren viele dabei gewesen, die ernsthafte Verletzungen verursachen konnten. Doch keiner davon verdrehte jemandem dermaßen den Geist und nahm ihm den Willen zu leben. Was Scorpius auch widerfahren war, es musste grässlich gewesen sein.
 

Die nächsten Tage schienen sich endlos zu wiederholen. Jeden Morgen nach Übergabe und Visite ging ich zu Scorpius und führte meine Behandlung fort. Sein körperlicher Zustand besserte sich von Tag zu Tag, doch seine Stimmung blieb immer gleich. Ich bemühte mich, so viel wie möglich mit ihm zu reden. Ich erzählte von früher, von Schulzeiten, von der Ausbildung zur Heilerin und von meiner Beförderung zur Stationsleiterin. Er erwiderte zwar nichts, doch ich spürte wie er mir aufmerksam zuhörte.

Nach der Behandlung erledigte ich meinen Papierkram, sah nach den anderen Patienten und ging irgendwann nach Hause. Dort saß ich dann und zerbrach mir den Kopf über Scopius. Während ich auf meiner Couch saß und grübelte, schaute ich gedankenverloren aus dem Fenster. Als sich mein Blick irgendwann fokussierte, sah ich, dass es wieder schneite.

Ich schaute dem Schnee eine Weile zu, was eine unglaublich beruhigende Wirkung auf mich hatte. Mit meiner heißen Tasse Tee in der Hand stellte ich mich ans Fenster. Der Schnee lenkte mich ein wenig ab, doch meine Gedanken kreisten weiterhin um Scorpius. Seine physische Behandlung war eigentlich so gut wie abgeschlossen, doch seine Psyche hatte sich immer noch nicht gebessert. Unter diesen Umständen würde ich ihn allerdings nicht mehr lange im Krankenhaus behalten können. Wenn sich nichts änderte, würde ich ihn bald entlassen müssen, doch ich war mir sicher, dass das absolut keine gute Idee wäre. Irgendetwas musste passieren.

Am nächsten Tag reichte es mir. Nachdem Scorpius sowohl bei der Visite als auch während meiner Behandlung immer noch keine Regung zeigte, riss mir einfach der Geduldsfaden. Ich hatte keine Lust mehr, mir ständig Gedanken um ihn zu machen und mir von seiner Apathie die Laune verderben zu lassen. Also schnappte ich mir einen Rollstuhl, stürmte den Gang hinunter und trat Scorpius fast die Zimmertür ein. Nicht einmal der Krach, den ich dabei verursachte, schien ihn zu stören. Er lehnte weiter an seinen Kissen und starrte aus dem Fenster. Es war ein sonniger Tag, aber klirrend kalt, genauso wie ich es am liebsten mochte. Und das würde jetzt auch Scorpius zu spüren bekommen.

"Setz' dich hier rein", befahl ich, während ich den Rollstuhl direkt vor sein Bett schob. Er sah auf.

"Warum?", fragte er.

"Ärztliche Anordnung", gab ich zurück.

"Ich möchte das nicht."

"Ist mir vollkommen klar, aber sowas von egal", sagte ich. Verständnislos schaute Scorpius mich an.

"Ich meine es ernst", sagte ich. "Entweder du bewegst dich von selbst oder ich benutze Wingardium Leviosa!"

Scorpius starrte mich an. Zuerst schien er komplett entgeistert zu sein, doch dann fing er tatsächlich an zu grinsen.

"Na schön, Frau Doktor", sagte er, "wenn Sie darauf bestehen."

Ich wusste nicht wirklich, was ich davon halten sollte, aber ich begnügte mich damit, dass er tatsächlich seine Decke zurückschlug, aufstand und sich in den Rollstuhl setzte. Ich wedelte einmal kurz mit dem Zauberstab und sofort war Scorpius mit einer dicken Jacke, Schal und Mütze ausgestattet sowie mit einer dicken Wolldecke über seinen Beinen bedeckt.

Ich wollte den Rollstuhl gerade aus dem Zimmer schieben, als Scorpius sich noch einmal zu Wort meldete.

"Eine Wolldecke mit Schottenmuster? Ernsthaft?", meckerte er.

"Halt' die Klappe, sonst zaubere ich dir Teddybären drauf", gab ich zurück und setzte uns mit einem zufriedenen Grinsen in Bewegung.

Auf dem Weg nach draußen entledigte ich mich schnell meines weißen Umhangs, warf meinen Mantel über und schnappte mir Mütze und Schal. Dann fuhr ich Scorpius im Rollstuhl in den Garten hinaus.

Die wenigsten wissen, dass hinter dem St. Mungo's ein kleiner Park existiert. Er ist vom Krankenhausgebäude umschlossen und somit für Muggel unauffindbar. Aber viele Patienten und auch Heiler sind vor allem im Sommer oft hier unterwegs. Heute bei der extremen Kälte war dies natürlich weniger der Fall, sodass Scorpius und ich fast allein unterwegs waren.

Eine Weile schob ich Scorpius einfach durch den Schnee, keiner von uns sagte etwas. Ich schaute nach links und rechts, sah mir die verschneiten Bäume an. Doch mein Blick wanderte immer wieder zu Scorpius zurück, und ich fragte mich, was in seinem Kopf vorging. Und als ob er spüren würde, dass ich über ihn nachdachte, brach er unser Schweigen.

"Es ist wirklich schön hier", sagte er leise.

"Finde ich auch", antwortete ich. "Ich bin gern hier."

"Auch jetzt?"

"Vor allem jetzt. Ich liebe den Winter."

"Hmm…", machte er. "Ich bin ja eher so der Frühlingstyp."

"Frühling?", fragte ich. "Das hätte ich nicht vermutet."

"Wieso nicht? Frühling ist die beste Jahreszeit. Alles wird neu, das Jahr beginnt so wirklich, es gibt neue Möglichkeiten und Perspektiven. Man fängt quasi wieder von vorn an."

"Das ist eine sehr schöne Sicht auf das Leben", sagte ich nach einer Weile.

"Ja naja", antwortete er, "noch einen Frühling wird es für mich nicht geben."

Mir rutschte das Herz in die Hose. Von einem Moment auf den anderen war er von einer guten Laune direkt wieder in seine negative Stimmung gefallen. Wie war das jetzt auf einmal passiert?

Ich schob den Rollstuhl neben eine Parkbank und stellte ihn fest. Dann wischte ich den Schnee von der Sitzfläche und setzte mich so, dass ich Scorpius direkt ansah. Er schaute mir kurz in die Augen, dann wandte er den Blick ab.

"Scorpius", sagte ich. Er hob den Blick wieder.

"Was ist dir nur zugestoßen?", fragte ich dann.

Er seufzte und zögerte lange. Doch ich blieb geduldig, und letztendlich begann er zu erzählen:

"Ich arbeite im Ministerium. Kein prestigeträchtiger Posten, aber ich arbeite dran. Unsere Abteilung wird immer mal losgeschickt, wenn es Ärger gibt, quasi zur Unterstützung der Auroren. So war es auch diesmal. Mitten in London ist eine Gruppe von Zauberern durchgedreht und hat aus dem Nichts heraus angefangen, sich zu duellieren. Die Auroren waren woanders unterwegs, also wurden mein Partner und ich geschickt. Unsere Aufgabe war, die Duellanten ins Ministerium zu bringen und alle Muggel zu schützen, die sich dort aufhielten. Leider ging das Ganze fürchterlich schief. Wir konnten diese Spinner zwar überwältigen und mein Partner konnte mit ein paar von ihnen zum Ministerium apparieren. Ich sollte mit der anderen Hälte direkt hinter ihm sein, aber einer von ihnen konnte sich befreien und griff mich an. Wir hatten ihnen die Zauberstäbe weggenommen, aber er konnte mir einen abnehmen. Da es aber nicht seiner war, gehorchte er nicht richtig. Während unseres Duells muss ein Zauber fehlgeleitet worden sein. Auf einmal sah ich einen grünen Blitz und hörte einen Schrei und einer der Muggel fiel in sich zusammen. Als ich nach ihm sehen wollte, wurde noch einer der Muggel angegriffen und noch einer und noch einer. Ich war einfach komplett überfordert, ich wusste nicht, was ich tun sollte. Am Ende wurde ich wieder angegriffen. Mich traf ein Zauber nach dem anderen, und das nächste, was ich weiß, ist, dass ich im St. Mungo's aufwache mit dieser schrecklichen Erinnerung an meinen fehlgeschlagenen Auftrag. Ich bin Schuld am Tod dieser Menschen, Rose. Diese unschuldigen Menschen sind gestorben, weil ich den Kopf verloren habe. Ich hätte dort sterben sollen, nicht die Muggel. Wenn ich mein Leben für ihres tauschen könnte, ich würde es auf der Stelle tun. Das ist es, was mir zugestoßen ist, Rose. Deshalb möchte ich einfach in Ruhe gelassen werden."

Während Scorpius seine Geschichte erzählt hatte, hatte er immer schneller und aufgeregter gesprochen. Jetzt am Ende war er wieder ruhig geworden und in sich zusammengesackt. Mir war kalt geworden, doch ich wusste nicht, ob es an der Außentemperatur oder an Scorpius' Erzählung lag. Lange Zeit wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Es war schrecklich, was ihm passiert war. Er hatte Menschen sterben sehen und gab sich auch noch die Schuld daran.

"Scorpius", begann ich irgendwann, "ich kann verstehen, dass du denkst, dass du für den Tod dieser Menschen verantwortlich bist. Glaub mir, ich bin Heilerin, auch unter meiner Obhut sind schon Menschen gestorben. Gute Menschen. Aber es ist nicht deine Schuld. Es ist die Schuld dieser Gruppe von Duellanten, die rücksichtslos und unmenschlich gehandelt haben."

"Ich konnte sie nicht aufhalten", gab er zurück. "Ich konnte den Muggeln nicht helfen. Ich war schwach!"

"Weil du ein Mensch bist!", sagte ich aufgebracht. "Du bist nicht perfekt. Keiner von uns ist das. Du standest unter Druck und hast einen Fehler gemacht. Lebe damit und mache es von jetzt an besser. Um der Menschen Willen, die gestorben sind!"

Ohne es zu merken, war ich immer lauter geworden und schaute Scorpius jetzt etwas atemlos an. Er sah nur geschockt zurück. So eine emotionale Reaktion von mir hatte er genauso wenig erwartet wie ich.

Nach einer Weile atmete Scorpius hörbar aus.

"Wie soll ich meinem Partner je wieder in die Augen sehen?", fragte er mich.

"Du hast nichts, wofür du dich schämen müsstest", antwortete ich. "Mach deinen Job und mach ihn noch besser als bisher schon."

"Wie?"

"Lass mich dir helfen."

Zurück ins Leben

Ein paar Tage später wurde Scorpius aus dem St. Mungo's entlassen. Wir hatten noch viel miteinander gesprochen und hatten Spaziergänge unternommen. Körperlich war er vollkommen genesen und auch um seinen geistigen Zustand machte ich mir immer weniger Sorgen.

Nach seiner Entlassung kehrte der Alltag wieder für mich ein. Ich hatte wieder mehr Zeit für andere Patienten, ich bekam meinen Kopf frei von all den Gedanken, die ich mir um Scorpius gemacht hatte und ich konnte den Winter in vollen Zügen genießen.

Und dennoch verschwand Scorpius nie vollständig aus meinem Kopf. Oft fragte ich mich, wie es ihm ging, was er machte und ob er zu seiner Arbeit ins Ministerium zurückgekehrt war. Mehrmals war ich kurz davor, ihm einfach eine Eule zu schicken, doch diesen Gedanken verwarf ich jedes Mal sofort.

Als der Schnee langsam schmolz und die Tage länger und wärmer wurden, wurde es auch im St. Mungo's ruhiger. Erfahrungsgemäß steigt dann die Laune der Menschen wieder. Die Winterdepression verschwindet, Frühlingsgefühle brechen aus und die Leute gehen sich weniger an die Gurgel. Das wirkt sich natürlich auch auf die Arbeit der Heiler aus.

Nach einem wirklich sehr entspannten Freitagsdienst zog ich mich in Ruhe um und freute mich schon darauf, in meinem Lieblingsbuchladen stöbern zu gehen, um etwas für das Wochenende zu ergattern. Ich trat aus dem Zauber des St. Mungo's heraus auf die belebte Londoner Straße. Die Muggel hatten wie immer nicht mitbekommen, dass eine Frau aus dem Nichts vor einem vernagelten Schaufenster aufgetaucht war. Sie waren viel zu beschäftigt mit sich selbst und den tausend Dingen, die sie noch zu erledigen hatten. Ich stand eine Weile einfach da, schloss die Augen und ließ mir von der Abendsonne das Gesicht wärmen, als mich eine Stimme von der Seite ansprach:

"Hey, pass auf, dass du nicht einschläfst."

Ich erkannte die Stimme sofort und musste unwillkürlich lächeln. Langsam öffnete ich die Augen und drehte mich um. Vor mir stand, breit grinsend und mit einem bunten Blumenstrauß in der Hand, Scorpius Malfoy. Ich konnte dem Impuls nicht widerstehen, also ging ich auf ihn zu und umarmte ihn zur Begrüßung. Er erwiderte die Umarmung, als wäre es das Natürlichste der Welt und als wären wir alte Freunde.

"Scorpius, schön dich zu sehen", sagte ich. "Wie geht's dir?"

"Gut, sehr gut", antwortete er. "Ich gehe seit dieser Woche wieder arbeiten im Ministerium."

"Wow, das ist super! Ich freue mich wirklich für dich!"

"Danke, ohne dich hätte ich das nicht geschafft", sagte er und lächelte. "Rose, höre mal… ich wollte mich bei dir bedanken." Er hielt mir den Blumenstrauß hin. "Die sind für dich. Als Dankeschön, dass du mich nicht aufgegeben hast."

"Ich habe dir doch versprochen, dass ich dich wieder auf die Beine stelle, weißt du noch?", sagte ich und nahm lächelnd die Blumen entgegen. "Danke, die sind echt schön", fügte ich hinzu.

"Ist das Mindeste", antwortete Scorpius. "Ähm… Rose… kann ich dich zum Essen einladen? Ich kenne einen super Italiener in einer kleinen Seitenstraße beim Trafalgar Square."

Das hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Zum einen hätte ich nicht gedacht, dass ich Scorpius überhaupt je wiedersehen würde, zum anderen hätte ich mir nie träumen lassen, von ihm zum Essen eingeladen zu werden und mich dann auch noch darüber zu freuen.

Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, sagte ich Scorpius freudestrahlend zu und wir machten uns zusammen auf den Weg.

Der Italiener war klein und gemütlich mit durch Kerzenlicht beleuchteten Ecktischen und warmer Holzverkleidung an den Wänden. Im Hintergrund spielte leise Klaviermusik. Es war schon gut gefüllt, doch wir konnten noch einen Tisch am Fenster ergattern. Nachdem wir bestellt hatten, sah ich zu Scorpius, der mich mit einem Blick bedachte, den ich schon fast als warm bezeichnen würde.

"Was ist?", fragte ich ihn lächelnd.

"Nichts", antwortete er. "Ich freue mich nur, dass wir hier sind."

"Wirklich?", lachte ich.

"Ja wirklich, wieso nicht?"

"Ich weiß nicht, ich musste nur gerade an unsere Schulzeit denken", sagte ich immer noch grinsend.

Bei dieser Bemerkung musste auch Scorpius lachen.

"Ja, ich weiß", sagte er. "Wenn mir vor fünf Jahren jemand gesagt hätte, dass ich Rose Weasley mal nach einem Date fragen und sie zusagen würde, hätte ich alles dagegen gewettet."

"Ein Date?", fragte ich schmunzelnd. "Das ist das hier also."

Scorpius wurde schlagartig rot, was ich einerseits niemals erwartet hätte, aber andererseits unheimlich süß fand.

"Äh…", stotterte er, "also… ich…"

"Ist schon okay", sagte ich und musste jetzt offen lachen. "Ich wusste, worauf ich mich einlasse, als du mich zum Essen eingeladen hast."

Scorpius entspannte sich sichtlich.

"Das ist wirklich ein schönes Restaurant", sagte ich, um das Thema zu wechseln. "Wie hast du den entdeckt?"

"Wir waren mal im Kollegenkreis hier", sagte er und begann von dem Abend zu erzählen. Er hatte viele witzige Geschichten auf Lager. Wir lachten wirklich viel und ich fühlte mich in seiner Gesellschaft so wohl wie noch nie. Ich musste ihn immer wieder mit dem Scorpius vergleichen, der bei mir auf Station gelegen hatte und konnte einfach nicht fassen, wie gut es ihm wieder ging.

Ich merkte nicht, wie die Zeit verging. Das Essen kam und ging, wir bestellten Wein und unterhielten uns über alles und jeden. Wir sprachen über die Schulzeit, über Lehrer und Mitschüler und wie es uns seitdem ergangen war. Sogar über unsere Familien und deren Macken wurde diskutiert. Als ich das nächste Mal auf die Uhr schaute, war es bereits fast Mitternacht.

Um uns herum begannen die Kellner bereits, die Tische aufzuräumen und die Lichter nach und nach auszuschalten, sodass wir schnell zahlten und das Restaurant notgedrungen verließen. Draußen war es natürlich dunkel geworden und ich brauchte einen Moment, um mich zu orientieren und herauszufinden, wie ich zur nächsten U-Bahn-Station kam. Ich wusste nicht, wie ich mich von Scorpius verabschieden sollte. Ich wollte eigentlich gar nicht, dass der Abend schon endete, ich wusste aber auch nicht, wie ich ihn verlängern konnte. Doch bevor ich mir zu viele Gedanken machen konnte, kam Scorpius mir wieder einmal zuvor.

"Hey, Rose", sagte er, "ich möchte noch nicht nach Hause fahren."

Ich lächelte. Er war wirklich viel besser darin, seine Gedanken auszusprechen als ich.

"Geht mir genauso", antwortete ich wahrheitsgemäß.

"Wollen wir ein wenig an der Themse spazieren gehen?", fragte er dann.

Ich nickte. "Gern."
 

Gesagt, getan. Ein paar Minuten später spazierten wir auf der Promenade am Themseufer entlang. Der Fluss ist abends besonders romantisch, wenn er die Lichter der Straßenlaternen und der angrenzenden Gebäude reflektiert. Ich fragte mich, ob Scorpius sich dessen genauso bewusst war wie ich.

Inzwischen war es auch ganz schön kalt geworden. Ich hatte heute morgen nur eine relativ dünne Jacke angezogen, da mein Weg zur Arbeit ja nicht besonders weit war und ich wusste, dass es am Nachmittag wärmer sein würde. Doch jetzt fing ich an zu zittern.

"Ist dir kalt?", fragte Scorpius sofort und bevor ich antworten konnte, war er schon aus seinem Jackett geschlüpft und hatte es mir um die Schultern gelegt. Darunter trug er nur ein Hemd, was zwar unverschämt gut aussah, aber ihn nicht besonders warm halten konnte.

"Danke", sagte ich. "Aber ist dir dann nicht zu kalt?"

"So schnell erfriere ich nicht, keine Sorge", sagte er.

Ich lächelte ihn an und er grinste zurück.

Wir waren mittlerweile am St. Thomas' Hospital angekommen und hatten einen atemberaubenden Blick auf die Houses of Parliament und den Big Ben auf der anderen Seite der Themse. Ich lehnte meine Arme auf die steinerne Brüstung am Ufer und Scorpius stellte sich neben mich und tat es mir gleich.

"Die Aussicht ist fantastisch", sagte er, nachdem wir eine Weile einfach nur dagestanden hatten.

"Finde ich auch", antwortete ich. "Ich liebe London, ich bin wirklich froh, dass ich hergekommen bin."

"Das bin ich auch", sagte Scorpius. "Ich bin zwar immer noch nicht darüber hinweg, was passiert ist, aber ich bin froh, dass wir uns wieder begegnet sind und ich kann dir nicht oft genug sagen, wie dankbar ich dir für deine Hilfe bin."

"Das ist wirklich gern geschehen", sagte ich.

Scorpius drehte sich zu mir herum und ich drehte meinen Kopf, damit ich ihn ansehen konnte.

"Rose, kann ich dich wiedersehen?", fragte er und blickte mir tief in die Augen. Unter seinem Blick wurde mir auf einmal ganz warm. Ich freute mich wirklich, dass er mich wiedersehen wollte und ich musste mir eingestehen, dass es mir genauso ging. Ich hatte den Abend genossen und fühlte mich wohler bei ihm, als ich mir je hätte träumen lassen.

Also nickte ich und sagte: "Ja, natürlich."

Dann ging auf einmal alles ganz schnell. Scorpius trat einen Schritt auf mich zu, wodurch er unseren Abstand auf ein Minimum reduzierte. Er legte eine Hand auf meinen Rücken…

…und dann küsste er mich. Seine Lippen waren ganz weich und seine Berührung sendete einen Schauer durch meinen ganzen Körper. Ohne nachzudenken erwiderte ich seinen Kuss, einfach weil es sich richtig anfühlte. Als er merkte, dass ich ihn zurückküsste, legte er auch den anderen Arm um mich und zog mich noch näher an sicher heran. Ich schlang meine Arme um seine Taille und spürte sofort seine angespannten Muskeln. Mein Herz klopfte so schnell, dass ich dachte, Scorpius müsste es hören.

Ich weiß nicht mehr, wie lange wir am Themseufer standen und uns küssten. Als wir uns voneinander lösten, kam mir der Moment viel zu kurz vor. Scorpius hielt mich immer noch im Arm und schaute mich an. Es fühlte sich auch nicht so an, als ob er in absehbarer Zeit loslassen wollte, also lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter und genoss seine Berührung, seine Wärme und die romantische Aussicht über die Themse.

Ich hätte dort ewig stehen können, doch nach einer Weile merkte ich, wie Scorpius anfing zu zittern. Offensichtlich war er wohl doch nicht so kälteunempfindlich wie er gesagt hatte. Ich löste mich von ihm und schaute ihn an.

"Lass uns gehen", sagte ich.

"Wohin?", fragte er zurück.

Ich lächelte nur, nahm seine Hand und machte mich auf den Weg nach Hause.

Epilog

Ein Jahr später
 

"Schatz, ich bin zu Hause!"

Ich schob die Wohnungstür mit der Hüfte zu, legte gleichzeitig meine Handtasche im Flur ab und zog meine Jacke aus. Draußen schien zwar die Sonne und es herrschten wieder frühlingshafte Temperaturen, doch der heftige Wind ließ es kälter erscheinen als es war.

Scorpius kam mir aus dem Wohnzimmer entgegen und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

"Wie war dein Tag?", fragte er mich lächelnd.

"Ganz in Ordnung, war nicht viel los", sagte ich.

"Hast du Lust auf einen Spaziergang?", fragte Scorpius dann. "Wenn mal die Sonne in London scheint, sollte man das ausnutzen."

"Aber es ist wirklich windig draußen", gab ich zu bedenken.

"Dann packen wir uns schön warm ein und dann ist alles in Ordnung", antwortete Scorpius grinsend und warf sich schon seine Jacke über, während er mir noch einen Kuss gab. Bei seinem Anblick musste ich lachen. Er würde sowieso keine Widerrede dulden, also was soll's.

Der Abend war wirklich noch sehr schön. Die Bäume bekamen gerade wieder grüne Blätter und in den angelegten Blumenbeeten im Hyde Park und den Kensington Gardens blühten schon erste Frühblüher. Wir spazierten durch den Park und dann wieder durch die belebten Londoner Straßen. Beim Big Ben überquerten wir die Westminster Bridge und gingen am St. Thomas' Hospital vorbei. Dann wurde Scorpius auf einmal langsamer und blieb dann an der Ufermauer stehen.

"Erinnerst du dich noch an unser erstes Date?", fragte er.

"Natürlich", sagte ich und trat neben ihn. Er legte mir gleich den Arm um die Schulter und drückte mich an sich. "Nachdem wir beim Italiener hinausgekehrt wurden, damit sie schließen konnten, sind wir noch hierher gekommen", erzählte ich weiter.

Er lachte. "Ja, das war ein toller Abend."

Ich nickte und lachte mit ihm.

"Das ist jetzt genau ein Jahr her", sagte er dann.

"Wirklich?", sagte ich vollkommen überrascht. "Das hatte ich gar nicht auf dem Schirm."

"Es stimmt tatsächlich", antwortete Scorpius und warf mir einen Seitenblick zu. "Und ich hätte nie gedacht, dass der Abend so enden würde, wie er es tat."

Ich kicherte. "Tja, ich stecke halt voller Überraschungen."

"Das tust du wirklich", antwortete Scorpius. "Und deswegen habe ich mich so in dich verliebt."

Scorpius löste sich von mir, drehte seinen Körper in meine Richtung und nahm meine Hände in seine.

"Seit ich dich wiedergetroffen habe, ging es mir jeden Tag besser", sagte er. "Du hast mir gezeigt, wie schön das Leben sein kann und seitdem hat für mich jeden Tag die Sonne geschienen. Rose, du bist die Liebe meines Lebens und ich möchte den Rest meines Lebens mit dir verbringen. Willst du mich heiraten?"

Erschrocken und mit weit aufgerissenen Augen starrte ich ihn an. Das hatte ich unter keinen Umständen erwartet. Wir waren noch nicht mal ein Jahr offiziell zusammen und wohnten noch kürzer zusammen in einer Wohnung. Wir kannten uns noch gar nicht wirklich. In meinem Kopf spielten die Gedanken verrückt und mein Herz raste. Wie Scorpius da vor mir stand und mich erwartungsvoll ansah, bekam ich noch viel mehr Panik. Ich liebte ihn wirklich und er war der wichtigste Mensch in meinem Leben. Doch reichte meine Liebe für ein ganzes Leben? Ich zwang meinen Kopf und mein Herz, sich zu beruhigen. Ich wusste, auf welches von beiden ich hören musste. Das Ganze war total überstürzt und komplett verrückt, doch ich antwortete das einzig Richtige.

"Ja."
 

Ende



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Omama63
2018-01-06T09:30:16+00:00 06.01.2018 10:30
Eine super FF, mit einem schönen Ende.
Deine FF hat mir sehr gut gefallen.
Klasse Geschrieben.

LG
Omama63


Zurück