Mein Chef und ich von BloodyRubin (oder: Nie wieder Ferienjobs!) ================================================================================ Kapitel 12: Mein Chef ist manchmal wirklich merkwürdig ------------------------------------------------------ Den Kopf leicht nach oben geneigt, beobachtete ich Miyoshi-san, der buchstäblich am seidenen Faden hing. Dieser schien sich gar keine Sorgen zu machen, sondern wirkte eher gelangweilt. Nach einer halben Stunde wurde er wieder heruntergelassen, um etwas trinken zu können. „Hervorragend, Miyoshi-san. Wie fühlen Sie sich?“ „Alles in Ordnung.“ kam es undeutlich von diesem zurück, während er sich mit dem Handtuch das Gesicht abtupfte. „Allerdings kann ich ich nicht bestreiten, dass ich mich hier unten etwas wohler fühle.“ „Höhenangst?“ wollte ich gehässig wissen und der Blonde warf mir das Handtuch ins Gesicht. „Machen wir weiter.“ sagte er dann und schon wurde er wieder nach oben gezogen. Mistkerl, Mistkerl, Mistkerl… Moment, hatte ich nicht etwas gehört? Auch mein Chef schien es bemerkt zu haben, denn er runzelte kurz die Stirn. Doch er schien anzunehmen, dass es nur seine Einbildung gewesen war, denn schon war er wieder in Position gegangen. Ich hingegen horchte angespannt. Da, schon wieder! Das war doch eindeutig kein gutes Geräusch. Dann passierten urplötzlich mehrere Dinge gleichzeitig. Mit einem hässlichen Knirschen riss das Seil, an dem Miyoshi-san hing und er begann zu fallen. „MIYOSHI-SAN!!“ Der Ausruf war von Saitoh-san gekommen, doch niemand schenkte ihm Beachtung. Im Gesicht des Blonden zeichneten sich Erstaunen und Angst. Wenn er auf dem Boden aufkommen würde, würde er sich garantiert etwas brechen. Ich handelte, ohne zu denken und stürmte hinter die Kameras. Es gelang mir noch, meine Hände nach oben zu strecken, als mein Chef auch schon seinen unfreiwilligen Flug beendete und mir direkt in die Arme fiel. Ich stürzte rücklings zu Boden und der Aufprall presste mir sämtliche Luft aus den Lungen. Um mich herum stoben Federn, Schritte kamen auf uns zu und ich spürte schnellen, flachen Atem an meinem Hals. Das Gewicht auf meinem Körper verschwand und ich konnte wieder frei atmen. „Miyoshi-san! Kanagi-kun! Alles in Ordnung?“ „Ja, mir fehlt nichts. Nur das Kostüm hat etwas abbekommen. Obi? Kannst du aufstehen?“ Stöhnend versuchte ich, mich aufzusetzen und verzog das Gesicht. „Ich glaube, ich habe mir eine Rippe geprellt.“ „Zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert. Aber ich verstehe das nicht...gestern war doch alles in Ordnung.“ Langsam humpelte ich zu dem Haken, an dem das Seil festgemacht war und löste den Knoten. Als ich zu den anderen beiden zurückkehrte, hatten diese einen todernsten Blick. „Jemand hat das Seil angeschnitten.“ sagte Miyoshi-san und zeigte mir das Seil. An einer Stelle war es ausgefranst, als hätte sich jemand mit einem groben Messer darüber hergemacht. „Wie es aussieht, will mir tatsächlich jemand schaden.“ „Aber wer? Und warum geht diese Person so weit? Das mit dem Gestank ist ja noch verkraftbar, aber die Rasierklingen und jetzt das angeschnittene Seil sind wirklich keine Streiche mehr.“ stimmte Saitoh-san zu. „Das mit dem Gestank ist meine Schuld.“ Perplex schauten die beiden mich an. Okay, warum hatte ich das gerade gesagt? „Du hast die Sachen in meinem Zimmer versteckt?“ wollte mein Chef wissen und bei jedem Wort klang er wütender. Ich nickte mit gesenktem Kopf. „Aber warum?“ kam es nun von dem Fotografen. „Ich wollte Miyoshi-san einen Denkzettel verpassen.“ „Bist du auch für den Rest verantwortlich?“ fragte Miyoshi-san mit kalter Stimme. „Nein!“ erwiderte ich heftig und sah nun doch auf. „Außerdem...wenn ich etwas damit zu tun hätte, hätte ich doch wohl kaum meine Hand in die Flosse gesteckt oder dich aufgefangen und mir dabei das hier geholt.“ Ich zog mein Shirt hoch und Saitoh-san zog die Luft ein, als er den riesigen Bluterguss auf meiner Haut sah. Als er wieder etwas sagte, klang sein Tonfall etwas versöhnlicher. „Ich glaube Kanagi-kun. Und wir dürfen nicht vergessen, dass er gestern gar nicht hier war. Er hätte gar nicht die Möglichkeit gehabt, das Seil anzuschneiden.“ „Wenn du mir nicht glaubst, frag meine Mutter. Sie wird bestätigen, dass ich den ganzen Abend zu Hause war.“ Die Kälte verschwand aus den Augen des Blonden, dafür machte er jetzt einen strengen Eindruck. „Nein, ich denke, das wird nicht nötig sein. Ich halte dich zwar für dämlich, aber selbst du bist wohl kaum so bescheuert. Trotzdem wird die Sache mit meinem Zimmer noch ein Nachspiel haben, Mondkalb.“ Geknickt ließ ich wieder den Kopf hängen. „Du wirst morgen nach der Arbeit alles einsammeln, was du versteckt hast. Und im Gegensatz zu den anderen kannst du ohne Schutzmaske arbeiten. Ich werde dich beaufsichtigen. Also denk ja nicht, dass du dich drücken kannst, verstanden?“ „Verstanden.“ gab ich kleinlaut zurück, ehe ich zusammenzuckte, als der Gong zur Pause ertönte. Vorsichtig machte ich mich auf den Weg zum Pausenraum und ließ mich dort auf einem Stuhl nieder. Mein Oberkörper schmerzte und jeder Atemzug hinterließ ein Stechen. Leise aufstöhnend presste ich mein Hand gegen meine Rippen. „Zieh das Shirt aus, Mondkalb.“ Ich drehte meinen Kopf zur Tür, an der natürlich Miyoshi-san stand. „Wie bitte? Das kannst du vergessen, Blödmann.“ „Jetzt mach schon. Oder ist es dir lieber, wenn ich es dir ausziehe?“ „Versuch es und ich breche dir mehr als nur die Nase.“ Mehr als widerwillig stand ich auf und entblößte mich vor meinem Chef, welcher sich vor mir aufbaute und seine Hand ausstreckte. Ich verspannte mich, als seine Finger behutsam über meine Rippen strichen und ab und an leicht zudrückten. Als er den Bluterguss erreichte, entfuhr mir ein leises Zischen. Unbeeindruckt fuhr der Blonde mit seiner Tätigkeit fort, bis er den Punkt erreicht hatte, der am schlimmsten weh tat und ich ihn automatisch am Handgelenk festhielt, um ihn zu stoppen. „Offenbar wirklich nur eine Prellung. Hättest du dir vorhin eine Rippe gebrochen, hättest du mir wohl spätestens jetzt eine reingehauen.“ meinte Miyoshi-san völlig ruhig. „Heißt das, ich habe meine Chance verpasst? Verdammt...“ Ich stockte, als ich den Blick bemerkte, mit dem der andere mich bedachte. „Wie wäre es, wenn du mal festlegst, wie du dich mir gegenüber verhältst? Dieses ewige Hin und her ist nämlich ziemlich anstrengend. Entweder bist du nervig, laut und aggressiv, oder du begibst dich in Gefahr, um mich zu schützen. Wie bist du wirklich?“ „Bilde dir bloß nichts ein, Angeber.“ antwortete ich und drückte den Blonden etwas von mir. „Das war alles nur Zufall. Hätte es im Inneren der Meerjungfrauenflosse nicht geglitzert, hätte ich nie hineingegriffen. Und das eben...mein Körper hat einfach reagiert. Ich habe rein instinktiv gehandelt. Und nur um das sicherzustellen: Ich kann dich nicht ausstehen.“ „Zufall, was?“ Miyoshi-san klang nachdenklich, doch sein spöttisches Lächeln wollte einfach nicht verschwinden. „Dann beantworte mir doch mal drei Fragen, Mondkalb. Warum hältst du immer noch mein Handgelenk fest? Warum kannst du mir seit einer Weile nicht mehr in die Augen sehen, ohne rot zu werden? Und warum hast du dich nie gewehrt, wenn ich dich geküsst habe?“ Ich erstarrte, völlig aus dem Konzept gebracht. Dann sammelte ich mich langsam wieder und ließ meinen Chef los. „Ich...ich...“ Dann wurde mir wieder bewusst, dass ich gerade halbnackt vor dem Blonden stand und ich wandte mich ab, um mich anzuziehen. „Was ist denn los, Mondkalb?“ ertönte die ruhige, kalte Stimme hinter mir. „Schaffst du es nicht, meine Fragen zu beantworten?“ Immer noch blieb ich stumm. Was war nur los mit mir? Wieso führte ich mich so komisch auf? Zwei Arme, die sich fest um meinen Oberkörper schlangen, ließen mich innehalten. Dieser...blöde...miese… verdammt, ich konnte mich nicht konzentrieren. „Fängst du etwa an, dich in mich zu verlieben?“ Okay, jetzt hatte Miyoshi-san wirklich den Verstand verloren. Entschieden befreite ich mich von meinem Chef und drehte mich zu ihm um. „Ich? Mich in dich verlieben? Auf gar keinen Fall, du dämliche Kakerlake. Wie kommst du auf die Idee, dass überhaupt jemand etwas so Dämliches freiwillig tun würde?“ „Intuition.“ erwiderte der andere völlig gelassen. „Hast du dir vorhin bei deinem Fall vielleicht den Kopf angeschlagen? Du redest nämlich völligen Blödsinn. Außerdem bist du ein selbstverliebter, unausstehlicher Trottel, der nur mit einem halbwegs guten Aussehen gesegnet ist.“ Der Blonde sagte nichts dazu, sondern schenkte mir nur sein übliches, herablassendes Lächeln, ehe er sich vorbeugte und mich küsste. Dieses Mal verweilte er mit seinen Lippen nur kurz auf meinen, bevor er sich wieder zurückzog. „Mal sehen, wie lange du dich noch selbst belügen kannst. Du machst nämlich gerade jeder Tomate Konkurrenz.“ Sprachlos und verdattert sah ich Miyoshi-san hinterher, welcher sich einfach von mir abgewandt hatte und nun in Richtung Tür schritt. „Übrigens, deine Pause ist in fünf Minuten um, Mondkalb. Und vergiss nicht, dass du morgen länger bleiben musst.“ Damit schritt er durch die Tür und ließ mich alleine zurück. Der Kerl hatte doch wirklich einen Schaden. Niemals würde ich mich ausgerechnet in jemanden wie den verlieben. Das kam überhaupt nicht in Frage. Was für ein dämlicher Idiot... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)