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Unerwarteter Familienzuwachs

An Unexpected Addition
von

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Kapitel 31


 

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An Unexpected Addition – Unerwarteter Familienzuwachs

 

Teil 31

 

Autor:

 

karategal

 

Übersetzer:

 

Lady Gisborne

 

P16-slash

 

Inhalt:

 

[Autorisierte Übersetzung] Alle Zwerge überleben die Schlacht der fünf Heere, doch Bilbo muss ins Auenland zurückkehren, um sein altes Leben in Ordnung zu bringen und den Weg für ein neues Leben im Erebor zu ebnen. Ein Jahr später kehrt er mit einem vor kurzem verwaisten Frodo zum Einsamen Berg zurück. Thorin ist sich nicht ganz sicher, was er von diesem neuen, winzigen Zuwachs zu seiner Gemeinschaft halten soll.

 

Disclaimer:

 

Bei dieser Geschichte handelt es sich um eine autorisierte Übersetzung von karategals englischer Originalstory An Unexpected Addition. Die Charaktere und Orte gehören selbstverständlich Professor Tolkien bzw. seinen Erben und ich verdiene mit dieser Story bzw. Übersetzung kein Geld, sondern schreibe nur aus Spaß an der Freude. ^^

 

Link zur Originalstory:

 

An Unexpected Addition

 

Anmerkung:

 

Wie einige von euch vielleicht bemerken werden, habe ich mich bei der Übersetzung dieser Story ausdruckstechnisch etwas vom Original entfernt, was in diesem Fall aber beabsichtigt war. Zwar bemühe ich mich, wenn ich Geschichten übersetze, so nah wie möglich am Original zu bleiben, aber mir ist auch und vor allem wichtig, einen flüssigen und sinnvollen deutschen Text zu schreiben und die erwähnten Abweichungen habe ich in diesem Fall vorgenommen, weil ich hoffe, dass die Geschichte für euch dann „flüssiger“ ist und ihr mehr Spaß beim Lesen habt. ^^

 

♔~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ♥ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~♔
 

„Seid ihr sicher, dass ich das alles brauche?“
 

Die erste Julnacht war weitaus schneller angebrochen, als Bilbo erwartet hatte. Sie hatte sich an ihn herangeschlichen, während die restlichen Einwohner der Stadt geschäftig umhergelaufen waren und sich auf die Khalâk-Zeremonie vorbereitet hatten, die am Julabend abgehalten werden sollte. Im Gegensatz zu Hobbits, Elben und Menschen, die ihre Heiratszeremonien alle auf eine recht ähnliche Weise abhielten, führten die Zwerge ihre Hochzeiten oder Vermählungsrituale auf eine Art und Weise durch, die weder Bilbo noch den anderen Völkern von Mittelerde auch nur im Geringsten vertraut war. Die zwergische Gesellschaft hielt jedes Jahr an den Sonnenwenden und Tag-und-Nacht-Gleichen  große Zeremonien ab, in denen sie den wachsenden Wohlstand ihrer Städte und die neuen Vermählungen feierten, die in dieser Nacht vollzogen werden sollten. Wie Bilbo von Balin erfahren hatte, heirateten Zwerge nur an besonderen Tagen im Jahr, wie an den Sonnenwenden und an den Tag-und-Nacht-Gleichen und zu besonderen Tageszeiten, wie bei Sonnenunter- oder Sonnenaufgang. Manche Bräuche waren von Sippe zu Sippe unterschiedlich, doch diese himmlischen Einschränkungen blieben bei allen Zwergen gleich.
 

„Natürlich!“ flötete Kíli. „Wir müssen doch dafür sorgen, dass du heute Abend gut aussiehst.“
 

„Und da du nicht an dem eigentlichen Khalâk-Wettstreit teilnehmen wirst, ist ein wenig mehr Pracht notwendig, damit du für das zwergische Auge sogar noch verführerischer aussiehst“, fügte Dís hinzu. Ihre Finger flochten mit schnellen Bewegungen Bilbos Haar und verwoben die kurzen Strähnen meisterhaft zu seinem ersten Hochzeitszopf. „Mein Bruder wird am Ende wahrscheinlich vollkommen verschwitzt und zerschrammt sein, aber bei dir wird meine harte Arbeit nicht vergebens sein, nicht wahr?“
 

Sobald Dís die Hochzeitsspangen befestigt hatte, schüttelte Bilbo den Kopf. „Es ergibt Sinn, dass ihr Zwerge eure Vermählungszeremonien mit Kämpfen und Gefechten in der Arena verbindet.“
 

„Ich habe mein khalâk shah-âi gewonnen“, erzählte Dís mit einem verschmitzten Lächeln. „Natürlich geschieht alles im Guten, aber es macht trotzdem immer ziemlichen Spaß, ein paar andere Zwerge zu verprügeln. Aber Víli wurde in der dritten Runde bewusstlos geschlagen.“
 

„Onkel Thorin ist in dem khalâk shah-âi heute Abend der stärkste Krieger“, prahlte Fíli, der eine mit Edelsteinen gefüllte Kiste in den Händen hielt, mit denen Bilbo geschmückt werden würde. „Kíli und mir ist es nicht erlaubt, den eigentlichen khalâk mit ihm zu kämpfen, da wir noch immer als minderjährig betrachtet werden, aber der Rest der Gemeinschaft wird dabei sein.“
 

„Kriegstänze, Kampfwettstreits und riesige gemeinschaftshochzeiten“, flüsterte Bilbo zu sich selbst. „Ich bin wirklich nicht mehr im Auenland.“
 

„Die Jungs werden die ganze Zeit neben dir sitzen“, versicherte Dís ihm, als sie die mit Juwelen geschmückten Spangen an seinen Ohren befestigte. „Da du ein Hobbit bist, wird von dir nicht erwartet, dass du an irgendetwas teilnimmst, außer der khalâk maza oder der Gelöbniszeremonie und deshalb ist es deinen Neffen gestattet, bis ganz zum Schluss bei dir zu bleiben.“
 

„Hast du das gehört, Onkel Bilbo?“ kicherte Kíli. „Nun sind wir offiziell deine Neffen!“
 

„Mögen die Valar mir beistehen.“
 

„Genau dieseleben Worte, die wir bereits seit Jahrzehnten sagen“, erwiderte Balin, als er das Blaue Gemach betrat. „Verläuft alles gut, Mylady?“
 

„Er war bei den Juwelen und der Festkleidung sehr wählerisch“, antwortete Dís, deren Finger mit blauer Farbe bedeckt waren, die sie nun sorgfältig um Bilbos Augen herum und auf der oberen Hälfte seiner Wangen zu verteilen begann. „Thorin hingegen ist nicht allzu schwierig, nicht wahr? Dieser Narr hat darauf bestanden, sein furchtbares, kiltähnliches Ding zu dem khalâk shah-âi zu tragen.“
 

Bei diesen Worten lachte Balin leise. „So ist es Tradition, Mylady.“
 

„Und es ist hässlich.“
 

„Wenn ich mich recht erinnere“, sagte Balin langsam, „haben sowohl Euer Vater als auch Eure beiden Großväter ebendieses Kleidungsstück zu ihrem khalâk getragen. Auch alle anderen Anwesenden werden die Farben ihrer Familie tragen.“
 

„Das bedeutet nicht, dass sie deshalb weniger hässlich sind“, entgegneten Dís mit einem abschließenden Schnauben. „Víli musste so etwas nicht tragen und er sah sehr gut aus.“
 

Kíli kicherte in sich hinein. „Vielleicht haben die Langbärte einfach gern eine leichte Brise um ihr Gemächte!“
 

„Und ihr Zwerge sagt, dass wir Hobbits seltsam sind“, murmelte Bilbo und stupste mit einem Finger gegen die Goldstickerei, die sich die Ärmel seines prachtvollen zwergischen Gewandes hinaufschlängelte. Er staunte über die zahlreichen Möglichkeiten, auf die Zwerge Gold, Mithril und kostbare Edelsteine in ihre Kleidung einarbeiten konnten. „Wo ist Frodo?“
 

„Gerade passt Dori auf ihn auf“, erwiderte Balin. „Der Junge ist heute ein wahres kleines Energiebündel.“
 

„Natürlich ist er das! Es ist nicht nur Jul, sondern unsere Familie feiert heute Abend obendrein ein khalâk“, erklärte Kíli. „Wie soll ein kleiner Junge da nicht aufgeregt sein?“
 

„Nun, das erklärt zweifellos, warum du heute Nachmittag im gesamten königlichen Flügel herumgesprungen bist“, meinte Dís und schnaubte. „Fíli, mach dich nützlich und hol mir eine Rolle dunkelblauen Faden. Sie ist in dem Schreibtisch in meinem Schlafgemach, in der zweiten Schublade von unten. Und beeil dich damit. Es ist bald Zeit.“
 

„Oh, du meine Güte…“
 

„Du hast keinen Grund, nervös zu sein, Bilbo“, versicherte Balin ihm. „Eigentlich ist Thorin derjenige, der heute Abend beeindruckend sein muss. Seine Königswürde und seine ruhmreichen Abenteuer haben dazu geführt, dass viele Angehörige unseres Volkes ihn auf ein sehr, sehr hohes Podest gestellt haben. Die Zugehörigkeit zu deinem Volk schließt dich automatisch von solch hohen Erwartungen fern, aber Thorin muss bei dem khalâk shah-âi heute Abend gut abschneiden, damit sein Volk nicht von seinem König enttäuscht ist.“
 

„Das klingst alles so furchtbar anstrengend“, klagte der Hobbit. „Sogar die Tänze sehen aus wie Kriegstänze. Aber es wird etwas zu essen geben, richtig?“
 

Balin lachte. „Ja, sobald die Zeremonien vorüber sind, wird es reichlich zu essen geben und du wirst nicht einen Bissen davon selbst zubereiten müssen.“
 

„Es wird wirklich schön sein, eine große Mahlzeit zu bekommen, die von jemand anderem als von mir selbst zubereitet wurde“, gab Bilbo zu. „Es ist harte Arbeit, euch alle satt zu bekommen. Eru sei Dank habe ich Bombur, der mir zur Hand geht.“
 

„Aber Bombur isst die Hälfte davon!“
 

„Danke, Fíli.“ Die Prinzessin ging um Bilbo herum, bis sie schließlich vor ihm stand. „Ich werde deine Ärmel ein wenig enger machen müssen, es sei denn, wir wollen, dass du deinen Mêinel-Ring in ihnen verlierst. Jetzt halte still…“
 

Dís befestigte die Ärmel an Bilbos Tunika, während die Jungs mit Balin über die Festlichkeiten des Abends sprachen und beide hüpften vor Aufregungen regelrecht auf und ab, während der ältere Zwerg ihnen die Einzelheiten der traditionellen Khalâk-Zeremonien erklärte. Balin zufolge wurden Khalâk-Zeremonien für gewöhnlich immer in einem riesigen Saal abgehalten, der an der westlichen oder östlichen Seite eines Berges gebaut worden war. Dies war von Sippe zu Sippe unterschiedlich und hing davon ab, zu welcher Tageszeit sie ihre Zeremonien bevorzugt abhielten. Durins Volk hielt ein khalâk immer in der Dämmerung ab und deshalb lag der Zeremoniensaal des Erebor unter den westlichen Hängen des Einsamen Berges, damit die letzten Strahlen der untergehenden Sonne durch eigens hierfür angelegte Öffnungen in der Decke hereinscheinen konnten.
 

Seit mehr als siebzehn Jahrzehnten war im Einsamen Berg keine Khalâk-Zeremonie mehr abgehalten worden und deshalb war dieser Abend ein äußerst wichtiges und symbolisches Ereignis für die Zwerge von Durins Volk. Für viele von ihnen würde dies die erste traditionelle Khalâk-Zeremonie sein, an der sie jemals teilgenommen oder die sie in ihrem Leben gesehen hatten. Bilbo hatte gehört, wie einige der älteren Zwerge miteinander gesprochen und sich an die Zeremonien vor Smaugs Angriff erinnert hatten. Mehrere von ihnen hatten sich mit ihrem eigenen khalâk gebrüstet und damit, wie wundervoll ihre Ehepartner in ihren Festgewändern in der Dämmerungen ausgesehen hatten. Einmal mehr wurde Bilbo daran erinnert, wie hart das nomadenhafte Leben nach dem Untergang des Erebor für Thorin und sein Volk gewesen war.
 

„Also sind es im Grunde kriegsähnliche Tänze, Wettkämpfe, Gelöbnisse, Schlemmereien, Trinken und Feiern“, meinte Bilbo nach ein paar Minuten. „Alle Grundfesten der zwergischen Kultur. Huh. Ich hätte es wirklich ahnen müssen.“
 

„Nun, der Rest von uns wird feiern“, erwiderte Fíli und wackelte mit den Augenbrauen. „Du und Onkel Thorin werden hier damit beschäftigt sein, etwas… Anstrengenderes zu tun.“
 

Dís verpasste ihm mit der Bürste einen Schlag auf den Kopf. „Pass auf, was du sagst, junger Zwerg. Mir steht es ungefähr bis hier oben mit all euren Streichen während der letzten Wochen. Heute Abend ist ein wichtiger Abend für euren Onkel und Bilbo, also zeigt euch lieber von eurer besten Seite. Sonst…“
 

Fíli und Kíli legten jeweils beide Hände an ihren Hintern.
 

„Ja, das habe ich mir gedacht“, meinte Dís. „Wirklich, was ist in diesem Alter nur los? Sie glauben alle, sie wären unbesiegbar und könnten durch nichts ihren Kopf verlieren. Und je ungehobelter ihre Worte sind, desto besser. Ja, ich meine euch beide! Jetzt hört auf, dort herumzusitzen wie ein Haufen Lumpen und holt euren kleinen Vetter. Er wird die ganze Zeit bei euch bleiben, also behaltet ihn besonders gut im Auge. Habt ihr mich verstanden?“
 

„Laut und deutlich“, antwortete Kíli und salutierte.
 

Die Prinzen verließen das Blaue Gemach und gingen in Richtung der Stimmen, die am Ende des Ganges zu hören waren. Den ganzen Weg über lachten sie, stießen einander an und schubsten einander, unterhielten sich wieder und wieder über den Wettkampf und darüber, wer wen in dem khalâk shah-âi besiegen würde. Bilbo konnte nicht anders, als zu lächeln, als beide zu dem Schluss kamen, dass Thorin mit jedem der anderen Teilnehmer den Boden wischen würde.
 

„Manchmal wundere ich mich wirklich über diese Jungs“, seufzte die Prinzessin. „Ich schwöre, das haben sie von Thorin und von ihrem Vater. Ein Haufen von Schwachköpfe und Lebensmüden. Bist du sicher, dass du in den Wahnsinn der Linie Durins einheiraten willst, Meister Beutlin?“
 

Auf dem Gang hörte Bilbo ein Krachen, dem ein Aufschrei folgte. Wahrscheinlich hatte Kíli wieder einmal zu oft gegen Dwalins halb abgebissenes Ohr geschnippt.
 

„Äh, ich denke, ich werde mit ihnen fertig.“
 

„Wenn du das sagst. Nun steh auf und lass dich anschauen“, befahl Dís.
 

Bilbo, der sich davor hütete, seiner zukünftigen Schwägerin zu widersprechen, stand auf und drehte sich einmal ganz um sich selbst, damit Dís seine Festtagskleidung von jedem Winkel aus begutachten konnte. Nach den Maßstäben der Hobbits sah er wie ein wandelnder und sprechender Edelstein aus, der von Kopf bis Fuß in prächtige blaue, mit Goldstickereien verzierte Stoffe gekleidet und mit genügend Schmuck behangen war, um Beutelsend fünfzehnmal kaufen zu können. Lobelia Sackheim-Beutlin hätte ihn wahrscheinlich bewusstlos geschlagen, ihm sämtliche Wertsachen abgenommen und ihn dann in einen Graben gestoßen, wenn sie die Gelegenheit gehabt hätte. Bilbo sah aus, als wäre er in die königliche Schatzkammer eingebrochen!
 

„Es ist perfekt!“ rief Dís aus und klatschte in die Hände. „Thorin wird über seine eigenen Füße stolpern und sich an seiner eigenen Zunge verschlucken, wenn er dich sieht. Sieht er nicht wunderschön aus, Balin?“
 

„Ihr habt hervorragende Arbeit geleistet, Mylady“, erwiderte der Berater mit einem breiten Lächeln. „Das geflochtene Haar an seinen Füßen und die Spangen sind eine wundervolle Ergänzung.“
 

Mit einem düsteren, verärgerten Blick wackelte Bilbo mit seinen Zehen. Er hatte versucht, Dís auszureden, das Haar an seinen Füßen zu flechten, doch die Prinzessin hatte darauf bestanden und es war eine ermüdende Angelegenheit, mit Dís zu streiten. Immerhin war es nur für einen Abend und deshalb war Bilbo gewillt, seinen Stolz hinunterzuschlucken und Thorin zuliebe an diesem Abend mit dem Strom zu schwimmen. Durch das Übermaß an Juwelen, sonstigem Beiwerk und Goldleinen fühlte sich Bilbo jedoch mehrere Pfund schwerer.
 

„Also gut, ich glaube, wir sind bereit zum Aufbruch“, verkündete Dís mit einem entschlossenen Nicken. „Als Thorins Schwester werde ich dich bis zum Festsaal begleiten, aber sobald wir dort sind, werde ich dich verlassen müssen und den Rest des Abends mit Thorin verbringen. Irgendjemand muss ihn schließlich im Auge behalten. Die Jungs werden bei den Thronen auf dich warten und die ganze Zeit bei dir bleiben, abgesehen von der Gelöbniszeremonie.“
 

„Throne?“
 

„Wo hast du gedacht, würdest du sonst sitzen?“ fragte Dís lachend. „Das khalâk wird immer vom König und seiner Familie geleitet, aber heute Abend werden Dáin, sein Sohn, die Jungs und du die einzigen dort oben sein. Aufgrund unserer langen Lebensspanne und unserer monogamen Natur findet ein königliches khalâk nur selten statt, aber es ist immer ein sehr großes Ereignis. Thorin und ich selbst werden den größten Teil des Abends entweder in der Arena selbst oder in ihrer Nähe sein.“
 

„Also eigentlich“, meinte Bilbo und erschauerte, „muss ich nur dort sitzen und hübsch aussehen.“
 

„Das ist alles.“
 

Dís und Balin gingen an jeweils einer Seite von ihm und führten Bilbo behutsam durch die gewaltigen Gänge und Schluchten und über die Gehwege und durch die Flure, aus denen der Erebor zum größten Teil bestand. In den vergangenen Wochen war Bilbo sehr viel besser darin geworden sich in den Hauptabschnitten der Stadtzurechtzufinden, doch in den Seitentunneln verirrte er sich nach wie vor auf Schritt und Tritt. Und in den langen Robin, in die Dís ihn gehüllt hatte, würde er sich sehr, sehr wahrscheinlich schon auf der kleinsten Treppe den Hals brechen, weshalb Bilbo die zusätzliche Hilfe zu diesem Zeitpunkt sehr zu schätzen wusste.
 

„Öffentlich Einwände sind bei einem khalâk erlaubt, aber ich habe Dáin und allen unseren Prinzen bereits gesagt, dass sie auf jeden, der an dir vorbeigeht, besonders einschüchternd wirken sollen“, erklärte Dís. „Kümmere dich also nicht um die Kriegshämmer oder Kampfäxte, die auf ihrem Schoß liegen werden. Das ist alles vollkommen zulässig.“
 

Bilbo nickte und versuchte verzweifelt, alles in sich aufzunehmen, was die beiden ihm erzählten. „Besteht denn wirklich die Möglichkeit, dass irgendjemand Einspruch erhebt?“
 

„Dier Möglichkeit besteht immer, aber die Wahrscheinlichkeit ist sehr viel größer, wenn ein Angehöriger eines anderen Volkes an einem khalâk beteiligt ist“, erwiderte Balin. „Viele Zwergen sind den Angehörigen anderer Sippen recht feindlich gesonnen, von den Angehörigen anderer Völker ganz zu schweigen. Aber deine Stellung innerhalb der Gemeinschaft und deine Mitwirkung bei der Rückeroberung des Einsamen Berges sollte die meisten Zungen in Zaum halten. Und wenn das nicht der Fall ist, nun ja, dann bin ich sicher, dass Dáin und die Jungs ihnen, was das betrifft, den Kopf zurechtrücken werden.“
 

„Ah, wir sind da!“
 

Bevor Bilbo noch irgendeine Frage stellen konnte, wurde er in den riesigen Saal geleitet, in dem im Erebor traditionell die Khalâk-Zeremonien abgehalten wurden. An der hochaufragenden Decke verliefen riesige Kristalle, die genügend Licht verbreiteten. Zwischen diesen Kristallen waren mehrere kleine, runde Öffnungen in die wichtigen Teile der Bergflanke geschlagen worden, die es den Sonnenstrahlen ermöglichten, die dicken Granitwände zu durchdringen. Die Mitte des Saales wurde von Gruben eingenommen, die mit Sand und Erde gefüllt waren und die alle für die bevorstehenden Wettkämpfe vorbereitet worden waren. Entlang der Wände und auf den übrigen freien Flächen waren lange Tische zum Essen und für Gespräche aufgestellt worden und an mehreren von ihnen hatten sich bereits große Gruppen von Zwergen eingefunden.
 

„Die Throne befinden sich genau dort oben“, erklärte Dis, während sie Bilbo zur gegenüberliegenden Seite des Saales führte. „Und wie es aussieht, haben meine teuren, lieben Söhne es sich dort auch bereits gemütlich gemacht.“
 

„Amad! Sieh nur, wie hübsch der kleine Frodo aussieht!“
 

Fíli und Kíli saßen beide auf ihrem jeweiligen Thron und waren in voller, königlicher  Festtagskleidung herausgeputzt. Frodo saß auf Kílis Schoß und beobachtete mit seinen blauen Augen alle Vorgänge im Saal mit großem Interesse. Der kleine Junge war bescheidener gekleidet, als die anderen Mitglieder der königlichen Familie, aber Bilbo hatte das Gefühl, dass die überaus lauten Proteste seines Neffen der Grund dafür waren.
 

„Dáin, wenn sie außer Kontrolle geraten, hast du meine Erlaubnis, ihnen eins überzuziehen“, sagte Dís. Sie beugte sich hinunter, gab Frodo einen Kuss auf die Wange und sagte dem kleinen Jungen, wie unglaublich hübsch er in seinen neuen Kleidern aussah. „Und du darfst jedem den Kopf abschlagen, der es wagen sollte, Einspruch zu erheben. Sonst könnte Thorin ihnen die Zunge herausschneiden.“
 

„Du wirst kein Wort von ihnen hören“, versprach der Herr der Eisenberge. „Ich habe bereits dafür gesorgt, dass mein Thorin sich irgendwelchen Anzeichen von Feindseligkeit in der Menge umsieht.“
 

Bilbo blinzelte verwirrt, bevor er sich erinnerte, dass Dáins Sohn ebenfalls Thorin hieß – Thorin III., um genau zu sein. Der Junge war ungefähr in Kílis Alter und hatte eine ähnliche Haarfarbe, doch das war die einzige Ähnlichkeit zwischen den beiden. Wie sein Vater hatte Thorin III. bereits einen sehr beachtlichen Bart, eine breite Statur und einen unangenehmen, zornigen Blick, der selbst den verwegensten Säufer dazu bringen konnte, um sein Leben zu laufen. Doch Bilbo merkte, dass er im Großen und Ganzen ein sehr netter Junge war, wenn auch von der lauteren und rauflustigeren Sorte.
 

„Ich wusste schon immer, dass diese Angewohnheit von ihm nützlich werden würde“, lachte Dís, die offensichtlich einen privaten Scherz mit ihrem ebenso belustigten Vetter teilte. „Jetzt bleib einfach hier sitzen, Bilbo und genieße die Vorstellung. Thorin wird währenddessen eine Zeitlang kein Hemd tragen.“
 

„Diese Frau wird eines Tages die Welt regieren“, meinte Dáin.
 

Alle anderen nickten zustimmend.
 

Innerhalb von Sekunden landete Frodo auf dem Schoß seines Onkels und kuschelte sich glücklich an den rundlichen Bauch des älteren Hobbits. Die vergangenen Tage waren für Bilbo und Thorin sehr stressig gewesen und deshalb war der arme Frodo meistens zu den anderen Mitgliedern der Gemeinschaft geschickt worden. Zum x-ten Mal an diesem Tag überkam Bilbo eine Welle der Erleichterung darüber, dass er an den meisten Zeremonien nicht teilnehmen musste. Stattdessen konnte er die meiste Zeit auf seinem Hobbithintern sitzen, außer während der eigentlichen Gelöbnisse und mit seinem Neffen kuscheln, der solange der elterlichen Aufmerksamkeit beraubt worden war.
 

„Die Hochzeiten hier sind wirklich seltsam, Onkel Bilbo. Sie haben überhaupt keine Blumen.“
 

„Ich glaube nicht, dass Zwerge, Blumen, richtige Tänze, Spitzendeckchen oder Silberlöffel sonderlich mögen, mein Junge. Nun ja, diesen Teil, dass sie das Silber nicht mögen, nehme ich zurück, aber ich glaube, du verstehst, was ich meine.“
 

Die nächste halbe Stunde verging damit, dass Frodo alle Einzelheiten der Zwergen – und Hobbithochzeiten miteinander verglich und jedes Mal, wenn er Dáin oder die Prinzen etwas fragen wollte, das ihm noch nicht erzählt worden war, gruben sich seine kleinen Füße in Bilbos mit Saphiren besetzten Gürtel. Keiner der Zwerge schien sich daran zu stören und sie beantworteten geduldig jede von Frodos Fragen, wenn die Neugier des kleinen Jungen die Oberhand gewann. Er eine Stunde später kehrte in dem überfüllten Saal schließlich Ruhe ein und ungefähr ein Dutzend verschiedene Gruppen traten vor und stellten sich in jeweils eine der großen Erdgruben, die in dem Saal verteilt waren.
 

Thorin, Dís und mehrere andere Mitglieder der Gemeinschaft standen in der Mitte des Saales und mit Ausnahme der Frauen trug sie alle keine Hemden und waren mit Farbmustern bedeckt. Da die Gemeinschaft keinerlei Skrupel gehabt hatte, während ihrer Reise nackt in Flüssen oder Teichen umherzutollen, erkannte Bilbo den größten Teil dieser Körperkunst, doch einige von ihnen hatten auch neue Tätowierungen, die der Hobbit noch niemals zuvor gesehen hatte. Dwalin war mit ihnen nun beinah vollständig bedeckt.
 

„Das khalâk beginnt mit den zeremoniellen Tänzen“, flüsterte Daín, der an Bilbos linker Seite saß, ihm zu. „Gewöhnlich nehmen nur Blutsverwandte daran teil, da jede Familie ihre eigenen, speziellen Bewegungsabläufe hat. Da Thorin jedoch ein Mitglied der königlichen Familie und außerdem der Stellvertreter aller Langbärte ist, kann er aus der Linie Durins jeden auswählen, um mit ihm daran teilzunehmen.“
 

Bilbo nickte und beobachtete, wie Dwalin, Glóin, Dori, Bofur, Nori, Glóril. Bifur, Dís und mehrere weitere Mitglieder von Thorins Leibwache den Zwergenkönig umkreisten. Überall im Saal ertönten laute Schreie auf Khuzdul und eine der anderen Gruppen begann mit dem ersten khalâk an diesem Abend. Als die sechste Gruppe ihre scharfen, von Rufen begleiteten Bewegungen vollführte, war Bilbo nach wie vor überzeugt, dass das khalâk ein Kriegstanz war, ganz gleich, ob Balin das Gegenteil behauptete. Er hatte ohne jeden Zweifel noch niemals zuvor im Auenland oder den nahegelegenen Dörfern der Menschen eine derart aggressive tänzerische Darbietung gesehen!
 

„Dwalin sieht lustig aus“, kicherte Frodo, als Thorins Gruppe mit ihrem khalâk begann. „Hat er in eine Zitrone gebissen?“
 

„Nein, mein Junge, er hat nicht in eine Zitrone gebissen“, flüsterte Bilbo und lachte leise. Thorins Rufe erklangen nun im selben Rhythmus wie das Fußstampfen der Gruppe und er schlug sich auf die Oberschenkel, bevor er mit einem lauten Ruf an Mahâl um Führung und Wohlwollen die Arme himmelwärts streckte. „Ich glaube, die lustigen Gesichter und Rufe sind ein Teil des khalâk.“
 

Jeder einzelne Teil des khalâk war laut, scharf, aggressiv und zeitlich perfekt abgestimmt und die ganze Gruppe bewegte sich als eine Einheit, wobei sie vollkommen synchron zu Thorins kehligen Gesängen blieb. Insgeheim dachte Bilbo, dass auf diese Weise eine schöne Symmetrie geschaffen wurde, die vielen der lockeren und zwangloseren Tänze im Auenland sehr fehlte. Thorin beendete das khalâk, indem er sich mit einem kleinen Dolch, den Bilbo vor einigen Wochen in Auftrag gegeben hatte, in beide Wangen schnitt. Dann wischte der Zwergenkönig das Blut von der Klinge auf den Boden zu seinen Füßen und bat somit Mahâl und seinem baldigen Gemahl für alle Ewigkeit einen Teil von sich selbst dar.
 

Bilbo konnte nicht aufhören zu lächeln und wie ein Kind am Mittjahrstag zu erröten.
 

„Fangen sie jetzt an zu kämpfen?“ wollte Frodo wissen und hüpfte auf Bilbos Schoß aufgeregt auf und ab. „Wann fängt der Wettkampf an? Jetzt sofort? Gegen wen kämpft Onkel Thorin zuerst?“
 

„Ich weiß es nicht, Liebling. Wir werden einfach abwarten müssen, in Ordnung?“
 

Und kurz darauf begann der Wettkampf, für den sich die Zwerge paarweise mit den freiwilligen Partnern auf, die sie ausgewählt hatten. Bilbo bemerkte, dass beinah alle zukünftigen Ehepartnerinnen ebenfalls daran teilnahmen, was ihn jedoch nicht hätte überraschen sollen, wenn er die bemerkenswerte Robustheit der Zwergendamen in Betracht zog, denen er bislang begegnet war. Selbstverständlich war Dwalin während der Kämpfe Thorins Partner. Der Riese von einem Zwerg hatte versucht, ihm die verschiedenen Traditionen und Gedanken zu erklären, die hinter dem khalâk standen, doch Bilbo dachte nach wie vor, dass es für die Zwerge nur eine weitere Gelegenheit war, sich zu versammeln und sich nur aus Spaß an der Freude die Seele aus dem Leib zu prügeln.
 

„Ich glaube, Dwalin wird seinen Spaß haben“, meinte Dáin grinsend.
 

Wie sich herausstellte, hatte der Herr der Eisenberge vollkommen Recht. Thorin und Dwalin mähten mit Leichtigkeit jeden Gegner nieder, auf den sie trafen und ihre Bewegungen waren flüssig und perfekt aufeinander abgestimmt, während sie jedes Paar in die Enge trieben und besiegten, gegen das sie zu kämpfen begannen. Fíli, Kíli und Thorin III. jubelten laut und rau auf ihren Plätzen und beschrieben Bilbo und Frodo jede Einzelheit der Kämpfe, die sich gerade abspielten und er kümmerte keinen von ihnen, dass die Hobbits alles mit eigenen Augen sehen konnten. Aber Bilbo war an die laute Natur junger Zwerge gewöhnt und machte sich deshalb nicht die Mühe, Einwände zu erheben, wenn ihm die Jungs einen sehr offensichtlichen Zug oder einfache Angriffsmethoden aufzeigten. Und manchmal war das sogar hilfreich, da es ihn, nun ja, sehr ablenken konnte, Thorin beim Kampf zuzusehen.
 

„Onkel Thorin versucht, heute Abend besonders beeindruckend zu sein“; lachte Fíli leise. „Ich glaube, dieser Zwerg ist mehr als fünfzehn Fuß weit geflogen!“
 

Mit einem stolzen Schnauben warf sich Kíli in die Brust. „Hast du irgendetwas anderes erwartet?“
 

„Natürlich nicht“, erwiderte Fíli und verdrehte die Augen. Dann streckte er die Arme aus und hob Frodo vom Schoß seines Onkels. „Ich nehme den kleinen Schlingel jetzt, Onkel Bilbo. Du solltest dich am besten für deinen Schwur bereitmachen.“
 

„Ach du meine Güte“, erwiderte der Hobbit aufgeregt. „Es ist fast Zeit, nicht wahr?“
 

„Ich werde dich zu den Gelöbnissteinen hinübergeleiten“, erklärte Dáin mit einem freundlichen Lächeln. Wie sein älterer Vetter brachte er es fertig, sein Gesicht mit dem dichten Bart selbst dann noch schroff und mürrisch aussehen zu lassen, wenn er entspannt oder von vertrauten Familienmitgliedern umgeben war. Bilbo vermutete, dass dies eine Eigenschaft sein musste, die in der Linie Durins vererbt zu werden schien, obwohl Fíli und Kíli die Ausnahme von der Regel zu sein schienen. „Und das khalâk shah.âi scheint nun beinah vorüber zu sein. Es wäre besser, Thorin nicht warten zu lassen, nicht wahr?“
 

Bilbo nickte und ließ sich von Dáin behutsam am Ellenbogen führen, denn seine Hände waren feucht und seine Kehle zog sich vor Angst vor dem unmittelbar bevorstehenden Ereignis zusammen. Bilbo Beutlin, der ewige Junggeselle von Beutelsend und einst ein ehrbarer Hobbit des Auenlandes wurde mit einem Zwerg vermählt oder verschworen oder khalâked oder wie auch immer es die verrückten, kampflustigen Zwerge nannten. Und das obendrein mit dem König unter dem Berge!
 

Belladonna wäre sehr stolz gewesen und Bungo wäre in Ohnmacht gefallen.
 

„Keine Sorge, Meister Hobbit. Der schwierigste Teil des Abends ist beinah vorüber“, versicherte Dáin ihm, als sie sich mehreren großen, steinernen Plattformen näherten, auf die das Mondlicht direkt hinunterschien. „Von jetzt an noch zehn Minuten, dann wirst du feiern, trinken und lachen und recht schnell zum Liebesspiel davoneilen.“
 

Bei diesen Worten stolperte der Hobbit beinah. „Ähm, äh, danke. Für die Beruhigung, Fürst Dáin.“
 

„Nun fang nicht mit diesem förmlichen Unsinn an, Junge. Ich weiß nicht viel darüber, wie ihr Halblinge solche Dinge bei euch im Auenland macht, aber wir Zwerge verwenden keine Titel, wenn wir mit unseren Verwandten sprechen. Das ist bedeutungsloses Gewäsch. Im engen Familienkreis wirst du zahlreiche peinliche und unfürstliche Dinge miterleben, das kann ich dir versichern.“
 

„Gut zu wissen.“
 

„Ich dachte mir, dass du eine Vorwarnung sehr zu schätzen wüsstest“, meinte Dáin und lachte leise. „Meine liebe Gemahlin hätte eine Vorwarnung von Thorin oder Dís sicherlich zu schätzen gewusst, da bin ich mir sicher.“
 

„Erzählst du jetzt schon schreckliche Geschichten über mich, lieber Vetter?“
 

„Verfolgungswahn steht deinem bezaubernden Gesicht nicht, mein König“, lachte der Zwergenfürst leise. „Und ich glaube, unser Hobbitfreund würde mir in dieser Angelegenheit ebenfalls zustimmen. Muhudel ukrat, Meister Beutlin.“
 

Mit einem nervösen Lächeln trat Bilbo auf den Stein, stellte sich neben Thorin und ließ seinen Blick über jedes der anderen Paare schweifen, die um sie herum versammelt waren. Er konnte Thorins Wärme an der Stelle spüren, an der sich ihre Schultern gestreift hatten und diese Vertrautheit war eine Beruhigung, die Bilbo in diesem Moment dringend brauchte. Gleich darauf ertönte hinter ihnen eine sogar noch vertrautere Stimme.
 

„Bilbo Beutlin. Wie es scheint, warst du in den letzten paar Jahren sehr beschäftigt, mein Freund. Das Auenland wird in heller Aufregung sein, wenn bekannt wird, dass ein Hobbit in das zwergische Königshaus eingeheiratet hat.“
 

„Gandalf!“
 

„Eine gewisse Prinzessin und ihre Söhne haben vor ein paar Wochen nach mir geschickt“, erklärte der Zauberer, als er vor den versammelten Zwergenpaaren zum Stehen kam. „Ihr Brief sprach von Liebeswerben, politischen Intrigen, Unstimmigkeiten innerhalb der Sippe und der großen Wahrscheinlichkeit einer königlichen Hochzeit. Diese letzte kleine Information hat mein Interesse geweckt, wie ihr sicher verstehen könnt. Besonders, das sie erwähnt hat, dass ein Hobbit an alledem beteiligt war und als stolzer Hobbitexperte wusste ich sofort, dass meine Anwesenheit bei einem solchen Ereignis absolut notwendig ist.“
 

„Nein, das ist es nicht.“
 

Der Zauberer schenkte Thorin keinerlei Beachtung. „Nun, halten alle ihre Ringe bereit? Das Mondlicht ist im Augenblick wundervoll und ich würde eine so ausgezeichnete Gelegenheit, die Edelsteine glänzen und strahlen zu lassen, nicht versäumen wollen. Ja, ich denke, es wird wunderschön wirken. Also gut, sagt euer auserwähltes Gelöbnis auf, meine Freunde.“
 

Von allen Paaren wurden leise Worte auf Khuzdul ausgetauscht und Bilbo stolperte bei der Aussprache in der rauen Sprache der Zwerge nur über ein paar der schwierigsten Sätze. Thorin trug jeden einzelnen Vers mit Entschlossenheit und Perfektion vor, doch darüber hinaus stellte der Zwergenkönig ebenfalls sicher, dass er seinem Geliebten jedes Mal ein sanftes Lächeln schenkte, wenn dieser ein Wort auf Khuzdul nicht ganz richtig herausbekam. Sobald dieser Teil des Gelöbnisses vollendet war, zog Thorin den kleinen Dolch hervor, mit dem er sich selbst zuvor während der Khalâk-Zeremonie geschnitten hatte.
 

„Das wird nur einen kurzen Augenblick wehtun, âzyungel“, sagte Thorin. „Und ich schwöre, dass ich, solange ich lebe, niemals wieder einen Tropfen deines Blutes vergießen werde, weder in dieser Welt noch in der nächsten, sanghivasha.“
 

So schnell und schmerzlos wie möglich schnitt Thorin eine winzige Linie in den Ringfinger von Bilbos linker Hand. Bilbo, der bei dem scharfen Schmerz leicht zusammenzuckte, streckte die Hand aus und verteilte das Blut, das sich auf seinem Finger angesammelt hatte, auf Thorins Nase, als eine symbolische Geste, die zeigen sollte, dass Blut für Thorins Lebens nun ebenso wichtig war, wie sein eigenes. Ein paar Sekunden später erwiderte der Zwergenkönig die Geste und bedeckt die Nase seines Geliebten leicht mit dem Blut aus seinem linken Ringfinger.
 

„Da nun der Austausch des Blutes vollzogen ist“, verkündete Gandalf, „könnte ihr die Ringe tauschen und das khalâk mêinel besiegeln. Muhudel, meine Freunde!“
 

Bilbo war kaum in der Lage, den aus Mithril und Saphiren gefertigten Mêinel-Ring, den er mit Hilfe der jungen Prinzen in Auftrag gegeben hatte, über Thorins Finger zu streifen, bevor der Zwergenkönig seinerseits verzweifelt versuchte, seinen eigenen, wunderschönen und handgefertigten Ring auf Bilbos Finger zu streifen. Bilbo, der bei dieser Grobheit zusammenzuckte, wollte seinen frisch angetrauten Gemahl gerade schelten, als Thorin beide Hände an seine Wangen legte und Bilbo den sehr wahrscheinlich leidenschaftlichsten Kuss seines Lebens gab.
 

„Das wollte ich schon die ganze Woche lang tun“, gestand Thorin, als sie sich schließlich voneinander lösten. Bilbo fühlte sich, als könnte er nicht mehr atmen oder auch nur denken. Es war wirklich nicht gerecht, dass Thorin so reizvoll war. „Die Keuschheit und die Einschränkungen des zwergischen Liebeswerbens sind die reinste Folter.“
 

„Nun, jetzt müssen wir nicht länger warten“, erwiderte Bilbo und errötete. „Nicht wahr?“
 

„Ganz und gar nicht.“
 

Der Hobbit kicherte vor Freude und beugte sich vor, um seinen frischgebackenen Gemahl seinerseits zum allerersten Mal zu umarmen, zu küssen und zu genießen. Allen anderen Zwergen schien es genauso zu ergehen und sie waren viel zu sehr miteinander beschäftigt, um sich um irgendjemanden sonst im Festsaal zu kümmern. Bilbo kehrte erst wieder in die Wirklichkeit zurück, als genau neben Thorin und ihm selbst zwei Gestalten erschienen.
 

„Es tut mir sehr leid, diesen atemberaubenden Moment zu unterbrechen“, meinte Dís mit einem wissenden Lächeln, „aber wir müssen unseren neuen Gemahl unter dem Berge krönen, mein lieber König.“
 

„Natürlich, natürlich.“
 

Die Prinzessin überreicht ihm eine wunderschöne, elegante und zugleich recht schlichte Krone aus Mithril, die mit Saphiren, Diamanten und kleinen Splittern des Arkensteins besetzt war. Sie war offensichtlich mit dem Gedanken an einen Hobbit angefertigt worden, denn die Hände eines Experten hatten winzige Vergissmeinnicht-  und Belladonnablüten in das Mithril geschnitzt. Mit einem strahlenden Lächeln nahm Thorin die Krone entgegen und ignorierte seine Schwester und Gandalf zugunsten seines frisch angetrauten Gemahls.
 

„Nun wird jeder genau wissen, wie wichtig und geachtet du wirklich bist, âzyungel.“ Thorin setzte die Krone auf den Lockenkopf seines Geliebten und zog ihn dann in einen weiteren innigen Kuss. „Nun bist du Bilbo Beutlin, ein Hobbit aus dem Auenland und der Gemahl unter dem Einsamen Berge.“
 

„Und ich könnte nicht glücklicher darüber sein“, erwiderte Bilbo mit einem breiten Lächeln und beugte sich zu einem weiteren Kuss vor, bevor er sich umwandte, um den Rest des Saales zu betrachten. „Also, da ich nun vermählt und gekrönt bin, wo ist das prachtvolle Festmahl, das mir versprochen wurde? Es war ein sehr langer Abend und wir Hobbits brauchen unser Abendessen, um glücklich und gesund zu bleiben, falls du das nicht bemerkt hast, mein König.“
 

Thorin lachte nur und küsste ihn erneut.

 

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