In the spider's web von Mizuki18 ================================================================================ Kapitel 30: Let the game begin ------------------------------ Ich stand am Rand, schaute dem bunten, lustigen Treiben zu. Füße tanzten über den kostbaren Marmorboden, Gläser wurden aneinandergeschlagen und Gelächter erfüllte den Raum. Ich hatte nicht das Bedürfnis mich dieser Zerstreuung hinzugeben, ich war viel zu angespannt, als dass ich mich hätte amüsieren können. Was um alles in der Welt hatte Alois vor? Warum diese Kostümierung? Warum ausgerechnet als Dienstmädchen den Ball aufsuchen? Was hatte das für einen Sinn und wie trug es zu seinem völlig verqueren Plan bei sich Ciel Phantomhive zu eigen zu machen? Ich ließ meinen Blick durch die tanzenden Gäste wandern. Vielleicht hatte es auch einfach keinen Sinn. Vielleicht empfand Alois es lediglich als ein witziges Detail. So viele Dinge, die Alois tat, entsprangen nicht wirklich einem logischen Gedanken. Ich konnte also nicht darauf hoffen, dass dieser Plan chronologisch ablaufen oder sonst irgendeinem Konzept folgen würde. Ich seufzte. Wieso war ich überhaupt hier? Alois hatte mich allein in den Saal geschickt und steckte jetzt Gott weiß wo. Und Claude hatte ich auch nirgends entdecken können, wobei mich seine Abwesenheit viel mehr beunruhigte, als die von Alois. Oh man, warum stand ich hier nutzlos in der Gegend herum? Bei diesem dämlichen Spiel konnte so viel schieflaufen und ich hatte keine Ahnung wo Alois sich gerade aufhielt. Eigentlich müsste ich ihn sofort suchen gehen. Schließlich hatte ich es mir ja zur Aufgabe gemacht ihm zu helfen, egal wie und mit welchen Mitteln. Doch sollte er herausfinden, dass ich den Ball ohne seine Erlaubnis verlassen hatte, dann würde er mich für meinen Ungehorsam bestrafen. Verfluchte Zwickmühle. „Warum so trübsinnig, schönes Kind?“ Ich zuckte zusammen. Die samtene Stimme, in der ein rabenschwarzer Unterton lag, war direkt neben meinem Ohr erklungen. Ich brauchte mich nicht umzudrehen, um zu wissen wer da hinter mir stand. „Sebastian...“ „Ihr habt ein gutes Gehör, Milady.“ Der Teufel umrundete mich einmal und blieb dann vor mir stehen. Sein Anblick ließ ein ungutes Gefühl in mir hochsteigen, doch es war weniger unangenehm, als wenn ich mich in Claude’s Nähe befand. „Warum so förmlich? Ich bin keine Lady und sie kein Butler.“, sagte ich. Sebastian schmunzelte. „Nein, das sind wir nicht, aber die Etikette muss doch gewahrt werden und dies ist ein Ball. Und wir tragen alle eine Maske.“ Er bot mir seine Hand dar und ich fragte mich, ob das ein schlechter Scherz war. Er wollte mit mir tanzen? Jetzt? „Milady es wäre unhöflich dieses Gesuch zurückzuweisen.“, meinte Sebastian und obwohl er vollkommen ernst klang, entging mir das kleine Zucken seines rechten Mundwinkels nicht. „Was wollen sie von mir?“, fragte ich und reichte Sebastian meine Hand. „Ihr seid uns in London weggefangen wurden. Und das obwohl mein Herr und ich doch noch einige Fragen an Euch hatten.“, antwortete Sebastian. Ich legte meine andere Hand auf Sebastian’s Schulter. „Was immer sie wissen wollen, ich kann ihnen nicht helfen. Ich bin nur ein Dienstmädchen.“ „Oh, Ihr seid so viel mehr.“ Sebastian zog mich an der Hüfte zu sich und fügte sich mühelos in die Reihe der anderen Tänzer ein. „Ihr wisst was ich bin, was der Butler dieses Hauses ist. Ihr wisst mehr, als Euch vielleicht gut tut.“, fuhr er fort. Ich presste die Lippen aufeinander. „Was das betrifft sind wir einer Meinung.“ „Ich weiß sehr wenig über Euren Herrn, wärt Ihr so gütig mit diesbezüglich ein wenig Auskunft zu geben?“ Sebastian lächelte ein höfliches Lächeln, doch in seinen Augen konnte ich sehen, dass dies keine Bitte gewesen war. „Tut mir leid, aber ich kann nicht. Ich diene meinem Herrn treu und würde ihn niemals verraten.“ „Loyalität, eine seltene Tugend heutzutage.“, nickte Sebastian. „Aber mein Herr hat mir befohlen alles über den Earl Trancy herauszufinden und ich leiste jedem seiner Befehle folge.“ „Wenn sie glauben mich verletzen zu müssen, um an Informationen zu kommen, dann tun sie es und spielen sie nicht den perfekten Gentleman. Ich weiß was sie wirklich sind.“, sagte ich und schaute Sebastian dabei in die Augen. Ein Hauch von Überraschung spiegelte sich in dem tiefen Rot wieder. „Tut Ihr das, ja? Nun ich glaube...“ Er beugte sich so mir herunter und senkte die Stimme, sodass sich meine Nackenhaare aufstellten. „Ich glaube, dass Ihr nicht die geringste Ahnung habt, worauf Ihr Euch da eingelassen habt.“ Die Musik stoppte und über Sebastian’s Schulter hinweg, konnte ich einen blonden Haarschopf erkennen, der gerade den Ballsaal verließ. „Alois...“ Der Name war mir über die Lippen gekommen, ehe ich es hätte verhindern können. Sebastian stoppte augenblicklich und zog mich zur Seite. „Wo ist er? Wo will er hin?“ Er packte mich bei den Schultern. „Ich...ich weiß nicht. Ich weiß gar nichts...“, stammelte ich, was zur Hälfte stimmte, denn ich hatte keine Ahnung wohin Alois soeben gegangen war und was er vorhatte. Plötzlich hielt Sebastian inne und schaute sich um. „Der junge Herr...“ Ich folgte Sebastian’s umherirrendem Blick. Ciel waren nirgendwo zu sehen. Alois war verschwunden. Genauso wie Claude und auch von den Drillingen fehlte jede Spur. „Wo könnten sie hingegangen sein? Sag es mir.“ Sebastian sah mich eindringlich an. Selbst, wenn ich eine Antwort auf seine Frage gehabt hätte, ich hätte es ihm nicht verraten. Denn ich wusste, wenn Sebastian Ciel und Alois finden würde, dann würde ohne jeden Zweifel ein Kampf zwischen den Teufeln ausbrechen und für den Fall, dass Sebastian diesen gewann... Ciel würde sicher keine Gnade walten lassen und ich besaß nichts mit dem ich den Earl davon hätte überzeugen können Alois am Leben zu lassen. „Genevieve!“, zischte Sebastian, der tatsächlich etwas unruhig wirkte und mich an den Rand des Ballsaals gedrängt hatte. „Ich muss es wissen, mein junger Herr ist in Gefahr.“ „Meiner auch, wenn ich sie zu ihm führe.“, erwiderte ich. Sebastian ließ mich los. „Ich verstehe. Darum geht es also.“ Ich schaute mein Gegenüber verständnislos an. „Was meinen sie?“ „Du liebst ihn. Eine nicht zu übersehende Tatsache. Du willst ihn vor allem Unheil schützen.“ Sebastian blickte auf mich herab, ich öffnet den Mund, um etwas zu sagen, doch meine Lippen konnten nicht einmal stumm ein Wort formen. „Versuch erst gar nicht es abzustreiten. Ich weiß, dass es so ist. Ich kann tiefer in deine Seele blicken, als du denkst.“, raunte Sebastian. „Ich weiß was sie tun werden, wenn das Spiel vorbei ist. Ich weiß, dass Ciel...dass der Earl Phantomhive meinen Herrn töten wird. Und das kann ich nicht zulassen.“, entgegnete ich. Sebastian seufzte. „Liebe...Liebe kann einen stark und schwach machen. Was ist bei dir der Fall?“ „Claude und die anderen können sie meinetwegen töten. Die sind mir egal.“, sagte ich und meinte es auch so. Ich würde ihnen nicht hinterher weinen. Garantiert nicht. „Aber den Earl Trancy soll ich verschonen?“, fragte Sebastian mit gehobenen Augenbrauen. Ich nickte nur. „Na schön, aber wenn mein Herr befiehlt ihn zu töten, dann muss ich tun, was er von mir verlangt.“, sagte Sebastian. „Und ich werde nicht zulassen, dass sie ihn anfassen.“, erwiderte ich. Sebastian lächelte flüchtig, doch es schien mir nicht so, als wolle er mich verspotten, sondern es wirkte eher so, als habe er Respekt. Vor mir, meinem Mut, vor was auch immer. „Wenn Ihr mir dann folgen wollt, Milady.“ Sebastian hielt mir seinen Arm hin und kaum, dass ich mich eingehakt hatte, schienen meine Füße über dem Boden zu schweben, denn der Butler bewegte sich dermaßen schnell und geschmeidig, dass ich kaum Schritt halten konnte. „Also, wo könnten sie sein?“ Ja, wo könnten sie sein? Ich hatte nicht die leiseste Ahnung. Alois hat mir seinen meisterhaften Plan ja nicht einmal in groben Zügen erklärt, wie sollte ich da in Besitz solch detaillierter Informationen kommen? „Wo?!“, wiederholte Sebastian energisch. Ich zuckte zusammen. „I-Ich weiß es nicht! Sie könnten überall sein…sie…“ Ich hielt inne, als sich ein klarer, einfacher Gedanke in meinem Kopf festigte. „Was?“ Sebastian war stehen geblieben und schaute mich fragend an. „Nun ja…einen möglichen Kampf würde Alois nie im eigenen Haus austragen. Zu viele Möglichkeiten sich zu verstecken, sich zu wehren…er ist sicher…“ „Wo? Wo sind sie?!“ Sebastian hat unsanft meine Hand gepackt und drückte sie nun so fest, dass meine Finger rot anliefen. „Wald…der Wald! Sie sind mit Sicherheit draußen.“, sagte ich und hoffte inständig, dass diese Annahme auch der Wahrheit entsprach. „Wir…huch!“ Sebastian hatte mich, natürlich ohne um Erlaubnis zu fragen, hochgehoben und war losgerannt. „Ist das ein Hobby von dir Leute einfach so durch die Gegend zu tragen?!“, meckerte ich, weil ich es einfach hasste von allen wie eine Puppe behandelt zu werden. „Nein, aber so geht es schneller und du bist nun mal ein Fliegengewicht, meine Liebe.“, schmunzelte Sebastian, dessen einzige Freude es in seinem Butler-Dasein offensichtlich war andere in Verlegenheit zu bringen. Oder auch wütend zu machen. Wahlweise beides gleichzeitig. Ein frischer, kühler Wind strich mir um die erhitzen Wangen, als Sebastian eine Tür aufstieß und nach draußen in den Garten rannte. Das vertraute Knirschen des Kieses wich bald dem dumpfen Geräusch, das ertönt, wenn man auf Gras läuft. Bäume säumten mein Blickfeld und die Lichter des Anwesens wurden in der Ferne immer kleiner. Tanzende Glühwürmchen in der Dunkelheit. „Ihr solltet mich besser nicht unterschätzen.“, hörte ich plötzlich die Stimme von Ciel Phantomhive. „Das kann ich nur bestätigen.“, setzte Sebastian hinzu, der stehen geblieben war und mich lautlos von seinem Arm gleiten ließ. Er trat hinter dem Baum hervor, der mir die Sicht auf Ciel und wahrscheinlich auch Alois versperrte. Ich lehnte mich gegen die raue Rinde des Baumes und realisierte erst jetzt wie schnell mein Herz in meiner Brust hämmerte. „Ich habe sie vorhin schon darauf hingewiesen oder Claude?“, sagte Sebastian und ich vermutete, dass dieser Satz auf die Besitzansprüche Ciel betreffend bezogen war. „Schon gut, ich wollte nur an einem ruhigen Ort mit dir reden.“, meinte Alois und ich konnte mich nicht länger zurückhalten. In Erwartung einer Ohrfeige oder einer Standpauke trat auch ich hinter dem Baum hervor. „Kleine Rose?“ Alois schien für einen kurzen Moment verwirrt, so als hätte er nicht erwartet mich hier anzutreffen. Dabei müsste ihm doch mittlerweile klar sein, dass ich seine Befehle gerne mal missachtete. Vor allem dann, wenn es um seine Sicherheit ging. „Hatte ich nicht gesagt du sollst im Saal bleiben?“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und presste die Lippen aufeinander, um mir zu signalisieren, dass er enttäuscht von mir war. Doch das war mir im Moment völlig egal. „Ich…ich habe mir Sorgen gemacht…Hoheit. Und Sebastian…“ Ich schaute zu dem Butler, der wie ein Hund seinen Platz an Ciel’s Seite eingenommen hatte. „Was? Hat der dich angefasst? Hat der dich verletzt?“, wollte Alois wissen und hob die Hand, bereit Claude einen Befehl zu erteilen. Ich schüttelte sofort den Kopf. „Nein! Nein, er…“ „Wieso hast du sie überhaupt mit hergebracht?“, unterbrach Ciel mich und schaute aus dem Augenwinkel zu seinem Butler. „Sie hat mich hergeführt, junger Herr.“, sagte Sebastian ruhig und verneigte sich knapp. „Du hast was?!“, keifte Alois aufgebracht und ich zog automatisch den Kopf ein. Oh je, das würde Ärger geben. „Ruhe! Dieses alberne Geschwätz ist doch nur Zeitverschwendung.“, brummte Ciel und wandte sich nun wieder an Alois. „Also, Ihr veranstaltet diesen Ball, zieht solche Kleider an, warum? Was wollt Ihr überhaupt von mir?“ „Oh, ich will nur eines. Dich.“, grinste Alois und schien seinen Ärger aufgrund meines Ungehorsams einfach zu vergessen. „Wie meint Ihr das?“, fragte Ciel und legte die Stirn in Falten. „Ich will dich, das ist schon alles. Einfach nur dich, Ciel Phantomhive. Wenn du dich weigerst, werden alle, die sich in meinem Anwesen befinden sterben.“ Schweigen. Mich durchfuhr ein Schock. Der Ball, die vielen Menschen. Das alles diente nur einem Zweck. Sie waren Geiseln, ein Druckmittel. Alois benutzte sie nur. Er war bereit dutzende von Menschen zu töten, nur um Ciel in seinen Besitz zu bringen. „Ich habe eine kleine Einlage vorbereitet. Sobald das Programm beginnt, werden alle sterben. Auch die, die dir wichtig sind. Wie entscheidest du dich?“ „Tut was Ihr wollt.“ Die kalte und berechnende Antwort brauchte keine Sekunde, um über Ciel’s Lippen zu kommen. Mich und Sebastian überraschte das nicht sonderlich, Alois schon und Claude zeigte wie immer keinerlei Regung. „Meinst du das wirklich ernst?“, hakte Alois nach. „Ja, falls es Euch gelingen sollte. Aber ich habe da vorher noch eine Frage an Euch.“, erwiderte Ciel. „Welche? Ich beantworte sie dir gerne.“, entgegnete Alois. „Wenn du vor mir auf die Knie gehst und mit deinem Schwanz wedelst.“ „Wer hier mit dem Schwanz wedelt wird sich noch zeigen.“, sagte Ciel nüchtern. „Du nimmst den Mund ziemlich voll. Werde bloß nicht übermütig nur weil dein Butler ein paar Fähigkeiten besitzt. Denn mein Butler Claude ist unschlagbar!“ Alois packte Claude bei der dämlichen, schwarzen Schleife, die dieser immer um seinen Hals trug und streckte die Zunge heraus, auf der man nun deutlich das goldene Pentagramm erkennen konnte. „Wie ich es mir gedacht hatte.“ Ciel, drehte sich halb zu Sebastian und nun konnte ich in seinem rechten Auge das purpurne Vertragssymbol sehen. „Vergiss nicht Sebastian, unser Vertrag sieht vor, dass du mir beistehst. Bis ich mein Ziel erreicht habe. Dass du mich bis zum Ende beschützt. Erst dann gehöre ich dir.“ „Selbstverständlich, ich bin seit jenem Tag Euer treu ergebener Diener. Ich werde Euch jeden Wunsch erfüllen, bis zu dem Tag an dem der Vertrag endet und Ihr mir Eure Seele übergebt.“ Ein unheilvolles Lächeln glitt über Sebastian’s blasse Lippen und Ciel lächelte. „Das wollte ich hören.“ „Hoheo taralna rondero tarel. Claude! Hol dir Ciel Phantomhive!“ „Sebastian, ich befehle es. Du wirst jetzt alles tun, um mich zu beschützen. Um jeden Preis.“ „Jawohl, Eure Hoheit.“ „Jawohl, mein junger Herr.“ Nein. Das war das einzige Wort, das sich noch in meinem Kopf befand. Nein. Ich wollte das nicht. Ich wollte nicht, dass dieser Kampf ausbrach. Ich wollte nicht, dass Alois verletzt wurde oder starb. Ich wollte ihn nicht verlieren, niemals. Und in diesem Moment, der sich quälend lang dahinzog und eine Ewigkeit anzudauern schien, wurde mir bewusst, dass ich mich in Alois verliebt hatte. Verdammt. Sebastian hatte recht gehabt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)