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In the spider's web

von

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The way you lied

Ich beobachtete meine Füße wie sie über den roten, schweren Teppich wanderten. Ich hörte die Schritte und ich hörte wie mein eigenes Herz pulsierte. Meine Arme zierte noch immer die Gänsehaut, die sich dort ausgebreitet hatte, als Claude mich angefasst hatte.
 

„Genevieve.“ Ich hob den Kopf. Alois war stehen geblieben und hatte die Tür zu seinem Zimmer geöffnet. „Los.“ Er nickte mit dem Kopf und ich betrat zögernd das Schlafgemach.
 

Wahrscheinlich war Claude’s Behandlung noch nicht Strafe genug gewesen und Alois wollte jetzt noch einen draufsetzen. Die Grausamkeit und die Kreativität dafür besaß er auf jeden Fall. Doch ich zweifelte stark daran, dass er mir jetzt noch etwas antun konnte, dass mich aus der Bahn warf.
 

Ich stand nun in der Mitte des Raumes und wartete nur darauf, dass Alois mir irgendetwas befahl, das lediglich der Anfang einer Reihe von Demütigungen und Erniedrigungen war. Ich rechnete wirklich mit allem. Aber nicht mit dem, was dann geschah.
 

Weshalb ich auch erschrocken zusammenzuckte, als Alois plötzlich von hinten beide Arme um mich legte und mich an sich drückte. Mein Herz begann zu rasen und ich starrte ins Leere. Alois legte sein Kinn auf meiner Schulter ab und seufzte.
 

„Ich wusste, dass Claude meinem Befehl gehorchen würde. Ich wusste auch was das mit dir anstellen würde. Nur...hab ich völlig außer Acht gelassen, was das mit mir machen würde.“ Ich runzelte die Stirn. Großartig, jetzt verstand ich gar nichts mehr.
 

Alois kicherte. „Du hast es geglaubt, nicht wahr? Alles was ich gesagt habe?“ Ich warf einen irritierten Blick über meine Schulter und nickte leicht. „Gut so. Du sollst auch alles glauben was ich dir sage.“, grinste Alois und löste sich dann von mir. „Allerdings...habe ich gelogen.“
 

Ich drehte mich zu Alois um. „Gelogen?“, wiederholte ich verwirrt und er nickte. „Dass du nur mein Spielzeug bist und du mir absolut nichts bedeutest. Ich habe das gesagt, um dich für deine Unpünktlichkeit zu bestrafen.“, erklärte Alois und ich fiel aus allen Wolken.
 

„Dass ich das Duell gegen Claude verliere war zwar nicht so geplant, doch ich hatte ihm befohlen, dich ein wenig...ähm in Bedrängnis zu bringen, sollte ich nicht gewinnen.“ Alois machte eine kurze Pause und musterte mich.
 

„Ich...hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass es mich so...anwidern würde zu sehen wie Claude dich berührt.“ Er griff nach meiner Hand und zog mich an sich.
 

„Dann...dann habt Ihr das alles gar nicht so gemeint? Ich bin Euch nicht egal?“, fragte ich, nachdem ich endlich meine Sprache wiedergefunden hatte. Alois grinste und schüttelte den Kopf.
 

„Wie könnte meine kleine Rose mir denn egal sein? Ich muss doch dafür sorgen, dass du mir nicht eingehst.“, antwortete er und ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. „Ich werde veranlassen, dass Claude dich nie wieder bedrängt. Es...tut mir leid. Ich bin offensichtlich zu weit gegangen.“
 

„Nein, seid Ihr nicht. Es liegt alles in Eurem Ermessen. Ihr könnt mit mir machen was Ihr wollt.“, erwiderte ich und drückte leicht Alois‘ Hand. „Es ist so dumm von mir, dass du dich mir völlig auslieferst.“, entgegnete Alois. Ich zuckte mit den Schultern. „Na und? Ich will es eben so.“
 

Alois legte eine Hand an meine Wange. „Genevieve...“ Er näherte sich vorsichtig meinen Lippen und platzierte einen Kuss auf meinen Lippen. So vorsichtig, als wäre ich aus Glas und könnte in tausend Stücke zerbrechen.
 

„Ich werde veranlassen, dass Claude uns das Abendessen heute hier serviert.“, sagte Alois. „Uns?“, hakte ich nach. „Ja, du musst auch etwas essen. Was soll ich denn mit dir anfangen, wenn du nur aus Haut und Knochen bestehst?“ Alois packte mein Kinn etwas grob. „Mit eingefallenen Wangen siehst du nämlich bestimmt nicht mehr so hübsch aus.“
 

Er ließ mich wieder los und verließ dann ohne ein weiteres Wort. Ich blieb mit meinen verworrenen Gedanken und Gefühlen zurück. Zu verarbeiten, dass Alois das alles nur gesagt hatte, um mich zu bestrafen, war die eine Sache.
 

Aber die Tatsache, dass es ihm offenbar zuwider war, wenn jemand anderes (insbesondere Claude) mich anfasste und, dass er sich dafür auch noch entschuldigt hatte....das wollte einfach nicht in meinen Kopf hinein.
 

Vielleicht war es ja auch nur eine von seinen Launen und wenn er wiederkam, war dieses Stimmungshoch vorbei und er wollte, dass ich vor ihm auf die Knie fiel und ihm die Schuhe sauber leckte. Na ja, bei Alois konnte man das nie wissen.
 

Ich nahm mir die Freiheit und setzte mich auf die Kante von Alois‘ Bett und wartete. Mein Herz hatte sich wieder einigermaßen beruhigt und ich versuchte irgendwie das Chaos in meinem Kopf zu ordnen. Was mir nur mäßig gut gelang, weshalb ich nach einer Weile einfach aufgab.
 

Zum Glück dauerte es nicht lange, bis Alois wieder zurückkehrte und irgendwie wirkte er etwas...angepisst. Ich fragte aber nicht. Nicht weil ich glaubte, dass Alois mir keine Antwort geben würde, sondern weil er vermutlich wusste, dass ich im ansehen konnte, dass er gerade nicht bei bester Laune war. Ein Gespräch war somit unnötig.
 

Alois setzte sich zu mir auf die Bettkante und zog mich in einen etwas harschen Kuss, was aber vermutlich daran lag, dass seine Wut irgendwohin musste und bevor er mich beschimpfte oder anschrie, machte er es lieber so.
 

Ich vermutete einfach mal stark, dass es Claude nicht sonderlich gefallen hatte zu hören, dass sein Herr heute das Abendessen in seinem Zimmer zu sich nehmen würde. In Gesellschaft seines persönlichen Dienstmädchens, dem es obendrein auch noch erlaubt war, ebenfalls zu essen.
 

Ich stellte mir Claude’s leicht perplexen und dann verbissenen Gesichtsausdruck vor und meine Lippen kräuselten sich leicht. Der Gedanke war einfach zu amüsant.
 

„Woran denkst du?“, wollte Alois wissen, als er sich wieder von mir löste. „Unwichtig.“, wehrte ich ab und normalerweise hätte Alois nun nach einer Antwort verlangt, doch heute tat er das nicht. Stattdessen zuckte er einfach nur mit den Schultern und küsste mich ein weiteres Mal, diesmal etwas sanfter, als zuvor.
 

„Ich hoffe ich störe die jungen Herrschaften nicht.“ Vor Schreck bisst Alois mir auf die Unterlippe, doch ich untersagte mir das mädchenhafte Quieken, das sich meine Kehle emporkämpfen wollte. Claude hatte, leise wie ein Schatten, das Zimmer betreten.
 

„Was fällt dir ein?! Einfach reinzukommen ohne anzuklopfen!“, keifte Alois, der aufgesprungen war und aussah, als wolle er Claude jeden Moment an die Kehle springen.
 

„Verzeiht mir Hoheit, ich wollte Euch nicht stören.“, sagte Claude und trotz seiner höflichen Haltung schwang in seiner Stimme etwas mit, dass sich ohne Zweifel als Ärger interpretieren ließ. „Hast du aber! Und jetzt raus!“, befahl Alois und deutete zur Tür. „Wie Ihr wünscht, Hoheit.“ Claude verbeugte sich knapp und verließ das Zimmer.
 

„Verdammter Dämon...“ Alois starrte die Tür in Grund und Boden, während er am ganzen Körper vor Wut zitterte. Ich schaute zu dem silbernen Servierwagen, den Claude ins Zimmer geschoben hatte und stand auf. „Hoheit, Ihr solltet essen bevor es kalt wird.“, sagte ich.
 

Alois drehte sich zu mir um. „Wie kannst du nur so ruhig bleiben?“, fragte er und schaute mich verständnislos an. „Ich...habe gelernt meinen Ärger herunter zu schlucken. Es gehört sich nicht für ein Dienstmädchen so offen zu zeigen, was es fühlt. Ich muss stets die Haltung bewahren.“, erklärte ich.
 

Alois hob die Augenbrauen, dann lachte er kurz und kam auf mich zu. „Aber mir gegenüber wirst du immer ehrlich sein, nicht wahr? Du wirst mich nie anlügen oder mir etwas vorspielen, richtig?“ Ich nickte. „Natürlich nicht. Ich habe doch versprochen Euch immer die Wahrheit zu sagen.“
 

„Gut, andernfalls wäre ich sehr enttäuscht von dir.“ Alois nahm eine meiner Haarsträhnen und drehte sie zwischen den Fingern. „Hoheit...das Essen.“, sagte ich und etwas missmutig ließ Alois von meinen Haaren ab.
 

„Essen...eine solche Zeitverschwendung. Wo man doch so viel anderes tun könnte.“ Er hob die silberne Abdeckhaube. Dampf stieg auf und ein feiner Duft verbreitete sich im Zimmer. „Hm, er mag zwar ein Teufel sein, aber kochen kann er.“ Alois schmiss die Abdeckhaube auf den Boden (da ihm der Tisch anscheinend zu weit weg war) und winkte mich näher heran.
 

Ich betrachtete das Essen mit einer gewissen Skepsis. Immerhin war Claude in der Lage innerhalb von Minuten eine komplette Villa umzugestalten. Da brauchte er für ein Fünf-Gänge-Menü sicher nur Sekunden.
 

„Jetzt guck nicht so misstrauisch, kleine Rose. Es ist nicht vergiftet. Claude hätte doch nichts davon mich zu töten.“, lächelte Alois und im nächsten Moment sackten seine Mundwinkel nach unten. „Zumindest jetzt noch nicht...“
 

Ich schaute Alois von der Seite an. In seinen blauen Augen lag dieser hoffnungslose Ausdruck, der mir wieder einmal bewusstmachte, dass Alois sehr wohl wusste wie das alles hier enden würde.
 

„Denkt nicht darüber nach.“, bat ich und legte Alois eine Hand auf die Schulter. „Aber es ist unausweichlich. Ich muss immer daran denken.“ Ich schüttelte den Kopf. „Nicht wenn Ihr bei mir seid.“
 

Entschlossen schob ich Alois zu dem kleinen Tisch, der sich in seinem Zimmer befand, platzierte ihn auf einem der Stühle und servierte ihm das Essen. Erst auf sein Drängen hin, setzte ich mich ebenfalls und erst nachdem Alois es mir lautstark befahl, aß ich auch etwas.
 

Zugegeben, Claude’s Essen war köstlich, doch dass es von einem Dämon stammte, hinterließ irgendwie einen bitteren Beigeschmack.
 

Das benutzte Geschirr ließ Alois einfach stehen. Er wollte nicht, dass Claude kam und es abräumte, da dieser seine Nerven heute schon genug strapaziert habe. Und mir verbot er auch nur einen weiteren Handschlag zu tun, sondern zerrte mich zum Bett.
 

Ich wusste nicht, ob er es tat, weil sich ablenken wollte oder weil gerade einfach Lust darauf hatte, aber es konnte mir ja auch eigentlich egal sein. Ich würde sowieso niemals verstehen warum Alois etwas tat, weil sich seine Motive und Beweggründe alle paar Minuten änderten. Doch das war nicht schlimm.
 

Denn auch wenn Alois stets zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt schwankte, so gab es doch einige Dinge, die immer gleichblieben.
 

Zum einen war das seine verdrehte und ungesunde Zuneigung, die er für Claude empfand und die ihn nochmal ins Grab bringen würde. Dann sein Hass gegenüber allem was langweilig war und seine Angst davor allein und sein und von niemandem geliebt zu werden. Und...
 

„Genevieve.“
 

Alois hatte sich über mich gebeugt. In seinen blauen Augen spiegelte sich das Licht der Kerzen wieder, die in seiner schweren goldenen Halterung auf dem Nachttisch standen. Wie wenn Eis auf Feuer traf.
 

„Du starrst mich an.“ Alois schmunzelte und fuhr mir durch die Haare. „Verzeiht mir.“, bat ich und verfluchte mich stumm dafür, dass ich es immer wieder schaffte mich in Alois‘ Augen zu verlieren.
 

„Dann tu etwas dafür. Sorg dafür, dass ich dir verzeihe.“ Die Wärme um mich herum verschwand, als Alois sich neben mich in die Kissen sinken ließ und die Arme hinter dem Kopf verschränkte. Aha, das war es also, was er wollte. Ich setzte mich auf.
 

„Nun gut...ich hoffe Ihr könnt mir meine Unverschämtheit verzeihen, Euer Hoheit.“ Alois schmunzelte. „Das werden wir noch sehen.“ Er klopfte auffordernd auf seinen Schoß. „Bettle um Vergebung.“
 

Vergebung. Erlösung. Ich brauchte keinen Gott und keinen Priester, die mir meine Sünden vergaben. Keine Absolution. Ich brauchte nur Alois und mehr nicht.
 

~ *** ~
 

Der weiße Wachs war an dem goldenen Kerzenständer herunter getropft und dann erstarrt. Irgendwann in der Nacht waren die Flammen wohl erloschen. Ich hatte sie mit Absicht nicht ausgeblasen, da ich wusste, dass Alois sich vor der Dunkelheit fürchtete. Selbst dann, wenn er nicht allein war.
 

Jetzt lag er schlafend neben mir, hatte das Gesicht zur Hälfte im Kissen vergraben und hielt meine Hand. Die Hand an der er auch den Ring trug. Ein schweres goldenes Ding, mit kleinen Diamanten und einem Rubin verziert. Es passte irgendwie nicht zu Alois. Ein Saphir in einer silbernen Halterung hätte viel besser gepasst.
 

Ich zuckte leicht zusammen, als Alois meine Hand plötzlich drückte und dann blinzelnd die Augen öffnete. „Du bist noch hier...“ Ich runzelte die Stirn. „Natürlich bin ich hier. Wo sollte ich denn auf hingehen?“, fragte ich und als Alois meinem Blick auswich, verstand ich was los war.
 

„Oh, hattet Ihr einen Albtraum?“ Wieder keine Antwort, nur ein knappes Nicken. „Was immer es war, Ihr braucht Euch nicht davor fürchten. Es ist nicht real.“, sagte ich.
 

„Nein? Ich träumte ich sei ein Schmetterling ohne Flügel gefangen in einem Spinnennetz. Und nichts anderes bin ich.“, erwiderte Alois. „Was habt Ihr denn diesmal geträumt?“, wollte ich wissen. Alois zögerte und schaute zu unseren ineinander verschränkten Händen.
 

„Ich stand inmitten von Rosen. Rote Rosen. Und als ich sie berührt habe...sind sie alle verwelkt. Eine nach der anderen.“ Ich schwieg.
 

Waren die welkenden Rosen womöglich eine Warnung? Klang es selbstsüchtig, wenn ich sagte, dass die sterbenden Blumen vielleicht darauf hindeuteten, dass ich bald sterben würde? Vielleicht, vielleicht auch nicht.
 

Es war jedenfalls nicht so, dass ich Angst davor hatte zu sterben. Sollte mein Leben enden, wäre mir das relativ gleichgültig. Die Frage war nur...ob es Alois ebenfalls egal wäre?
 

„Genevieve...“ Alois legte eine Hand an meine Wange. Nein, es wäre ihm nicht egal. Selbst wenn ich ihn nun fragen und er alles diesbezüglich leugnen sollte...ich wusste was er wirklich fühlte. Zumindest dieses eine Mal.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ookami-no-Tenshi
2017-12-24T20:51:24+00:00 24.12.2017 21:51
Langsam versteht Gen (ich darf sie doch immer noch so nennen, oder? ;) ) Alois immer besser, auch wenn man unseren kleinen Psycho nie gänzlich verstehen kann <3

Nun frage ich mich natürlich ob der Traum womöglich wirklich solch große Bedeutung hat. O.o
Ich bleibe auf jeden Fall gespannt! ^-^

Lg. Ookami-chan


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