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In the spider's web

von

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The stranger

Das energische Klopfen hallte erneut durch das Anwesen und ich beschleunigte meine Schritte ein wenig, um den Fremden nicht warten zu lassen.
 

Nicht seinetwegen oder wegen der Tatsache, dass meine Position es so vorschrieb, sondern einfach aus dem Grund, dass ich keine Luft hatte von Claude voll gemault zu werden, weil ich meinen Aufgaben als Dienstmädchen nicht richtig nachging.
 

Als ich endlich die breite Flügeltür erreicht hatte, strich ich mir noch kurz die zersausten Haare glatt (man wollte ja schließlich einen guten ersten Eindruck hinterlassen) und öffnete dann.
 

Mir war durchaus klar, dass es sich nicht gehörte jemanden so anzustarren, doch ich konnte einfach nicht anders.
 

Vor mir stand eine hochgewachsene Gestalt, deren Gesicht fast vollständig vom aufgestellten Kragen des schweren, schwarzen Mantels verdeckt wurde. Zusätzlich trug der Fremde einen dunklen Zylinder, sodass er unmöglich zu erkennen war.
 

Lediglich ein paar schwarze Haare lugten unter der Kopfbedeckung hervor. Entweder lief er so vermummt durch die Gegend, weil es stürmte und regnete oder er wollte nicht erkannt werden.
 

Ich zuckte zusammen, als die Stimme des Fremden erklang.
 

"Es ist ganz schön stürmisch geworden.", sagte er und irgendwie bekam ich sofort eine Gänsehaut. "Ja, in der Tat.", erwiderte ich und fröstelte leicht, als mir eine nasskalte Windböe entgegen schlug.
 

"Weswegen sie sind sie hier, mein Herr?", fragte ich und hoffte, dass er nicht merkte wie neugierig ich ihn angaffte. "Ich bin vom Sturm überrascht worden.", antwortete der Fremde. "Wäre es möglich, dass sie mir für diese Nacht Herberge gewährend, junge Dame?" "Nun ähm...es ist so..." Ich versuchte unauffällig zu dem großen Koffer zu schielen, den der Mann bei sich hatte.
 

"Fall sie Bedenken haben, dass ich ihnen etwas zuleide tun sollte, machen sie sich keine Sorgen. Trotz ihrer blühenden Schönheit habe ich kein Interesse mich an ihnen zu vergreifen, meine Liebe.", erklärte der Fremde und mir klappte beinahe die Kinnlade herunter. Blühende Schönheit? Der wollte wohl wirklich sehr dringend reinkommen.
 

"Nein, mein Herr. Das ist es nicht. Ich bin nicht..." "Genevieve! Was machst du denn da?!" Alois riss mich fast zu Boden, als er sich an mich warf und mich den Bruchteil einer Sekunde später wieder los ließ, weil er etwas Interessanteres entdeckt hatte.
 

"Woah, das ist ja aufregend! Was ist das nur für ein dreckiger Mann? Er sieht aus wie eine Wanderratte.", quiekte er und wirkte aufgeregt wie ein kleines Kind. "Aber..." Plötzlich stellte er sich auf die Zehenspitzen und verletzte somit mehr als nur die Privatsphäre des Mannes. "Er riecht wenigstens gut. Wie ist ihr Name?"
 

Keine Antwort. Doch ich konnte es dem Mann auch keinesfalls verübeln. Entweder war er zu geschockt, um Alois seinen Namen zu nennen oder zu angepisst, weil ihm dieses ungezogene Balg bereits jetzt auf die Nerven ging.
 

"Der Mann darf doch hier übernachten, nicht wahr Claude?" Ich zuckte zusammen. Wann zum Geier war der denn hier aufgetaucht?!
 

"Wenn Ihr es wünscht, Hoheit.", sagte Claude tonlos, doch in seine sonst so monotone Stimme hatte sich etwas eingeschlossen, das sich ohne Zweifel als Ärger betiteln ließ. Und tatsächlich, der Blick, den er dem Fremden zuwarf hätte diesen ohne weiteres töten können.
 

"Großartig!" Alois klatschte in die Hände. "Mach ihm was zu Essen, Claude! Er hat bestimmt Hunger." "Sehr wohl.", flüsterte Claude, doch es kam mehr einem Knurren gleich.
 

"Genevieve, du nimmst dem Herrn seinen Mantel ab.", kommandierte Alois. "Aber wehe du versuchst ihn zu verführen." Er kniff mich kurz, aber kräftig in die Wange und tanzte dann davon. Und ich guckte wahrscheinlich drein wie der größte Idiot aller Zeiten.
 

"Nicht nötig, junge Dame. Ich behalte meine Kleidung an.", ertönte die Stimme des Fremden und er drängelte sich, samt Koffer, an mir vorbei. Ich blinzelte ein paar Mal verwirrt. Offenbar war nichts, das mit Alois oder dessen Dienerschaft irgendwie zusammenhing, normal.
 

Da tauchte mitten in der Nacht einfach so ein Fremder auf und bat um Einlass. Vom Sturm überrascht, ja klar. Verarschen konnte ich mich auch selber. Alois' Anwesen lag ein Stück abseits von London, hier verirrte man sich nicht einfach mal so her und selbst wenn er bei diesem Wetter draußen unterwegs war, wo war dann sein Pferd oder seine Kutsche? Er konnte mir nicht weismachen, dass er die ganze Zeit diesen Koffer schleppte.
 

"Genevieve, wo bleibst du denn?!", krähte Alois. Ich seufzte. "Komme schon!" Ich schloss die Tür und eilte dann in den Speisesaal.
 

Claude war bestimmt wenig begeistert, dass er um diese Uhrzeit extra für einen fremden noch ein perfektes Menü herzaubern musste, aber immerhin war er ein Dämon und warum zum Teufel machte ich mir eigentlich Gedanken über Claude?! Ich konnte den Kerl nicht leiden.
 

"Da bist du ja, kleine Rose. Ich dachte schon du wärst davon gelaufen.", sagte Alois, der neben dem Fremden an der Tafel Platz genommen hatte und mich nun anlächelte. Ein falsches Lächeln, ohne jeden Zweifel.
 

Die Aussage bezüglich meiner möglichen Flucht war nicht als Scherz gemeint. Ich wusste, dass Alois schreckliche Verlustängste hatte, egal wie kurz oder flüchtig er die Person kannte. Er hatte Angst, dass sie aus seinem Leben verschwand, sobald er auch nur ein Fünkchen Zuneigung für sie empfand.
 

"Nein, ich würde nicht weglaufen, Euer Hoheit. Niemals.", murmelte ich und musterte erneut den Fremden, der sich bisher weder von seinem Mantel, noch von seinem Koffer getrennt hatte.
 

"Hier." Ein wenig zu schwungvoll stellte Claude den Teller mit dem garnierten Fleisch auf dem Tisch ab. "Probieren sie das mal. Claude's Gerichte schmecken ausgesprochen lecker.", hakte Alois ein.
 

Der Fremde nickte. "Ja, es sieht hervorragend aus. Aber am Tellerrand befindet sich ein Klecks Soße." Ich hob die Augenbraue. Ein Klecks Soße? "Schnell beseitigt. Solch Kleinigkeiten gegenüber fehlt es an Aufmerksamkeit.", tadelte der Fremde und ich konnte nicht vermeiden, das meine Mundwinkel zuckten, als ich kurz Claude's angesäuerten Gesichtsausdruck sah.
 

"Ich bitte um Verzeihung. Ich nehme ihn sofort weg." Der Butler griff nach dem Teller. "Erstaunlich, dass sie darauf achten. Und, dass es ihnen überhaupt aufgefallen ist.", meinte ich, bevor ich diese Äußerung zurückhalten konnte.
 

"Man muss eben auch auf die kleinen Dinge achten, junge Dame.", erwiderte der Fremde, ohne mich dabei anzuschauen. "Aha, ja ist das so...", murmelte ich und verschränkte meine Finger ineinander.
 

Dieser Mann war mir unheimlich. Vielleicht war ich paranoid, doch ich konnte den Gedanken nicht loswerden, dass dieser Fremde hier nicht zufällig aufgetaucht war. "Genevieve, gib diesem Mann ein Zimmer und stell sicher, dass er zufrieden ist.", wies Alois mich an. "Jawohl."
 

Ich vollführte einen eher unbeholfenen Knicks und wollte schon davon marschieren, als Alois mir förmlich hinterher hechtete und mich am Handgelenk packte. "Aber wenn du unseren Gast weiterhin so neugierig anglotzt, dann muss ich was dagegen unternehmen, kleine Rose.", hauchte Alois in mein Ohr und ich versteifte mich.
 

Der besitzergreifende Part, da war er. Ich hatte mich schon gewundert wann diese Seite an Alois hervortreten würde.
 

"Folgen sie mir, mein Herr." Ich wand mich aus Alois griff, nicht ohne ihm vorher noch ein kurzes Nicken zu schenken. Hätte ich ihm nicht irgendeine Art von Einverständnis entgegengebracht, wäre er wohl durchgedreht.
 

"Mach ich ihnen Angst?" Mein Griff um die Türklinke verstärkte sich unwillkürlich. "Wie bitte?" "Ob ich ihnen Angst mache, frage ich.", wiederholte der Fremde. "Selbstverständlich nicht.", erwiderte ich. "Warum sollten sie auch?"
 

"Weil da dieser neugierige und zugleich misstrauische Ausdruck in ihren Augen ist.", sagte der Fremde, legte seine Hand auf meine und drückte die Türklinke nach unten. "Sie sind ein Fremder, der mitten in der Nacht das Anwesen meines Herrn aufsucht. Natürlich ist man da neugierig.", erklärte ich und flüchtete mich in die Weite des Zimmers.
 

"Und woher das Misstrauen?", fragte der Fremde und ich glaubte ein Lächeln aus seiner Stimme herauszuhören. "Wer weiß weshalb sie hier sind oder was sie vorhaben. Man muss doch vorsichtig sein.", antwortete ich und drehte mich um.
 

"Für ihr zartes Alter sind sie sehr klug.", bemerkte der Fremde, ging zu dem Bett mit dem gewaltigen, schweren Baldachin und setzte sich.
 

"Ich will nicht anmaßend klingen, aber würden sie mir verraten was sich in diesem Koffer befindet?", wollte ich wissen. "Ich will sie keinesfalls beleidigen, aber ziemt sich solch ein Wissensdrang denn für ein Dienstmädchen?", konterte der Fremde und ich war gleichermaßen beeindruckt wie verärgert.
 

"Genevieve!" Alois stand in der offenen Tür und hatte die Hände in die Hüfte gestemmt. "Reisender, hat meine kleine Rose sich gut um sie gekümmert?" "In der Tat, das hat sie. Ihr könnt Euch glücklich schätzen solch ein fähiges Dienstmädchen zu besitzen.", meinte der Fremde und bei dem Wort 'besitzen' drehte sich mir der Magen um.
 

"Oh ja, wirklich sehr glücklich." Alois kam auf mich zu, griff nach meiner Hand und schubste mich Richtung Tür. Was hatte er denn nur für ein Problem?
 

Auf der einen Seite wollte er, dass sich mich um unseren nächtlichen Besucher kümmerte und auf der anderen Seite durfte ich ihm auch keinesfalls zu nahe kommen. War Alois etwa eifersüchtig?
 

Nein, unwahrscheinlich. Logischer erschien mir der Gedanke, dass der Earl es einfach nicht mochte, wenn andere Leute seine Spielsachen anfassten.
 

"Nun! Was haben sie denn da in ihrem Reisekoffer? Kleidung oder Süßigkeiten?" Alois tänzelte um besagten Koffer herum und seine blauen Augen leuchteten. Ich hätte mir am liebsten an den Kopf gegriffen. Wie kam er denn darauf, dass ein erwachsener Mann mit einem riesigen Koffer voller Süßigkeiten durch die Gegend laufen würde?
 

"Wie beneidenswert. Es macht großen Spaß verschiedene Orte zu bereisen. Ich würde auch gerne mal verreisen. In der Villa ist es so langweilig.", seufzte Alois.
 

Langweilig? Bei all den Sachen, die er anstellte? Seine Spielchen mit mir und der selbst verursachte Brand im Ballsaal? Ja, natürlich. Hier passierte rein gar nichts, alles ging seinen gewohnten Gang und die Dienerschaft bestand auch nicht zu 90 % aus Dämonen, die den Tiefen der Hölle entsprangen.
 

"Langweilig?", wiederholte der Fremde. "Man hört, dass es im Keller dieser Villa etwas Interessantes geben soll." Alois riss den Kopf hoch. "Ja wirklich?" "Wenn Ihr mir den Keller zeigt, zeige ich Euch dafür den Inhalt dieses Koffers.", bot der Fremde an und mein Misstrauen wuchs.
 

Warum wusste er von einer interessanten Sache, die sich angeblich im Keller dieser Villa befand, Alois aber nicht? Er lebte doch schließlich hier.
 

Alois lehnte sich lachend über den Koffer und schaute dann zu dem Fremdem hoch. "Einverstanden." Er richtete sich auf, griff nach einem Kerzenständer, der auf einer der Kommoden stand und drückte in mir in die Hand.
 

"Zünd die Kerzen an. Wir wollen doch nicht, dass du aus Versehen die Kellertreppe hinunter fällst und du dir dein hübsches Genick brichst." Ja, das wäre wirklich sehr schade.
 

Ich zündete die Kerzen an und lief stumm neben Alois her, der als Einziger den Weg zum Keller kannte, während uns der Fremde wie ein Schatten folgte. Seine Bewegungen waren fast so geschmeidig und flink wie die von Claude und auch seine Präsenz hatte etwas düsteres an sich.
 

Aber er konnte unmöglich ebenfalls ein Teufel sein, nein völlig ausgeschlossen. Alois war schließlich kein Magnet für Gefolgsleute des Satan. Oder doch?
 

"Hier entlang." Alois war vor einer unscheinbaren Holztür stehen geblieben, die er nun öffnete und mir den Vortritt ließ. Na klar, wenn jemand diese steile und morsche Treppe herunter fiel und sich dabei sämtliche Knochen brach, dann natürlich ich.
 

Der Schein der Kerzen erhellte das alte Gewölbe nur spärlich. Dennoch konnte ich erkennen, dass der Keller duzende von Regalen beherbergte, die gefüllt waren mit Krügen und Kisten und allem anderen möglichen Zeug.
 

"Das muss es sein." Der Fremde blieb neben einem der Regale stehen und auf den ersten Blick wollte mir beim besten Willen nicht einfallen, was es in diesem Keller nun Interessantes zu bestaunen gab.
 

Dann fiel mein Blick auf eine kleine, handliche Teebox, die sich aus irgendeinem Grund von den anderen Boxen zu unterscheiden schien. Alois stieß mir seinen Ellenbogen leicht in die Seite, woraufhin ich den Kerzenständer auf dem Boden abstellte und die Teebox herunter holte.
 

"Das ist nur schwarzer Tee.", meinte Alois und er klang ein wenig enttäuscht. "'New Moon Drop'. Es heißt, dass in Vollmondnächten gepflückte Teeblätter einen klaren, süßen Duft verströmen.
 

Hier ist es umgekehrt. Diese Blätter werden bei Neumond gepflückt und der vage aufsteigende Duft verbreitet das Gefühl bodenloser Finsternis. Dieser Tee wird auch 'die Temperatur der Seele' genannt.", philosophierte der Fremde und ich konnte mich gerade noch davon abhalten die Augen zu verdrehen.
 

Ein Teekenner war er jetzt auch noch, na wundervoll.
 

Mein Gegenüber streckte die Hand nach der Teebox aus, doch Alois funkte dazwischen. "Nein, noch nicht.", sagte er und schob mich hinter sich. "Noch nicht?", fragte der Fremde und ließ die Hand wieder sinken. "Keine Sorge, sie werden ihn schon noch zu sehen bekommen. Aber vorher..."
 

"Vorher werden sie uns ihren Koffer überreichen." Ich schielte an Alois vorbei und entdeckte Claude, der am Fuß der Kellertreppe stand und wenig erfreut aussah. Der Fremde fuhr herum, vier goldene Messer zischten durch die Luft und rissen Hut und Mantel von Kopf und Schultern des Mannes.
 

"Sebastian Michaelis!", rief Claude und die Art wie er den Namen aussprach verhieß nichts Gutes. Wer war dieser Mann? Der Mann mit den rabenschwarzen Haaren und den blutroten Augen, der in dieser stürmischen Nacht das Anwesen von Alois Trancy aufgesucht hatte und das nur wegen ein paar Teeblättern.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ookami-no-Tenshi
2017-12-23T13:18:30+00:00 23.12.2017 14:18
Und da hätten wir nun unseren Sebastian. (Wir bitten um Applaus für den Auftritt des Special guest.) *Klatsch, klatsch*
Tut mir leid, aber das musste jetzt einfach raus ;)
Vor allem, da ich mir das gleiche an dieser Stelle im Anime gedacht habe XD

Bin schon gespannt, ob die Geschichte nun dank Genevieve anders verläuft, als im Original ^.^

Lg. Ookami-chan


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