In the spider's web von Mizuki18 ================================================================================ Kapitel 15: A noble visit ------------------------- "Gnädiger Herr, der heutige Morgentee ist ein 'Her Majesty's Blend' von 'Ridgways'." Claude's monotone Stimme drang zu mir durch und ich war mir sofort sicher, dass es deutlich schönere Wege gab, um aufzuwachen. "Ihr habt Miss Delafontaine heute Nacht in Eurem Bett schlafen lassen?" "Sie hat mir Gesellschaft geleistet. Hast du ein Problem damit, Claude?", fragte Alois, gähnte und streckte sich. "Natürlich nicht. Ich sagte ja schon einmal, dass es in Eurem Ermessen liegt, wie Ihr mit ihr umgeht.", antwortete der Butler und es klapperte leise, als er Alois die Teetasse reichte. "Stimmt genau.", bestätigte Letzterer, bevor er den Tee trank. "Aber vielleicht solltet Ihr sie jetzt wecken. Sie ist trotz allem eine Eurer Bediensteten und so ein Verhalten ziemt sich nun wirklich nicht.", tadelte Claude. "Willst du mich schon wieder belehren? Ich hab doch deutlich gemacht, dass mich deine ständigen Lektionen nerven.", erwiderte Alois bissig. "Sie gehört mir und ich bestimme was sich für Genevieve ziemt oder nicht." "Selbstverständlich." Claude schob die Bettdecke zur Seite und ich überlegte wie lange ich mich noch schlafend stellen sollte. Das erübrigte sich jedoch, als Alois mir gegen die Stirn schnippte und ich blinzelnd die Augen öffnete. "Guten Morgen, kleine Rose." "Guten Morgen, Hoheit." Ich setzte mich auf und bekam sofort von Claude Alois' Nachthemd in die Hand gedrückt. "Leg das zusammen.", befahl er und selbst ein Blinder hätte erkannt, dass ihm meine Anwesenheit mächtig auf die Nerven ging. Ich faltete das Hemd im Sitzen und stand dann auf. Da ich es mir niemals getrauen würde den Kimono aufzuheben und ihn anzuziehen, beschloss ich einfach nackt in mein Zimmer zurück zu gehen. "Warte, nimm das Bettlaken mit. Ich will nicht, dass die Drillinge dich anglotzen. Schlimm genug, dass Claude dich so gesehen hat.", meinte Alois und warf mir den weißen Stoffhaufen entgegen. Ich fing ihn verwirrt auf. Er gab mir etwas, mit dem ich meinen Körper bedecken konnte? Damit mich die Drillinge nicht nackt sahen? Was lief denn jetzt falsch? "Aber jetzt wo du sie gesehen hast, Claude...sag mir...wie gefällt sie dir?" Alois legte seinen nackten Fuß unter das Kinn seines Butlers und hob es an. "Es steht mir nicht zu das zu beurteilen, Hoheit.", erklärte Claude und rückte seine Brille zurecht. "Wirklich? Und es stört dich auch nicht sie so zu sehen? Oder gefällt es dir?", hakte Alois mit einem Grinsen nach. "Weder noch. Ich habe kein Interesse an ihr. Sie gehört Euch.", entgegnete Claude. Alois wischte das Grinsen hinweg. "Hm, das ist langweilig Claude. Niemals zeigst du auf irgendetwas eine Reaktion." Er zog eine Schnute und verschränkte die Arme vor der Brust. Claude ignorierte es und zog seinen Herrn weiter an. "Du kannst gehen, kleine Rose. Geh und zieh dich an, aber beim Frühstück bist du wieder da. Verstanden?" Alois hob eine Augenbraue und musterte mich prüfend. "Ja, Hoheit." Ich verneigte mich kurz, legte mir das Bettlaken um die Schultern und verließ das Zimmer. Herrgott, Alois und Claude. Es war wirklich die eigenartigste Beziehung, die mir jemals untergekommen war. Obwohl das zwischen Alois und mir auch nicht gerade gewöhnlich war. Oder gesund. Aber kam es mir nur so vor oder hatte Alois sich irgendwie verändert? Es hätte mich nicht gewundert, hätte er mich splitterfasernackt durch die Flure der Villa laufen lassen, doch stattdessen gab es mir etwas, das ich mir überziehen konnte, damit unerlaubte Blicke nicht meinen Körper streiften. Diese Geste passte irgendwie nicht so recht zu ihm. Sie war...freundlich und nett. Das komplette Gegenteil von Alois und es verwirrte mich maßlos. Doch sollte ich mich nicht eigentlich darüber freuen? Ich hatte es mir schließlich zum Ziel gesetzt Alois zu helfen, ihn zu retten und bestand die Rettung nicht auch darin ihn zu ändern? Ich runzelte die Stirn. Wenn das so weiter ging bekam Alois das ganz ohne meine Hilfe hin und am Ende war ich diejenige, die gerettet werden musste. Schrecklich, was für ein Chaos. Ich betrat mein Zimmer, legte das Bettlaken ordentlich zusammen und zog mich an. Heute würde Alois' Onkel hier aufkreuzen. Ich war gespannt wie dieses Treffen ablaufen würde. Auf dem Weg zum Speisesaal traf ich auf Claude, der mich sofort ansah, als wolle er mich am liebsten umbringen. Nun ja, dass er mich nicht leiden konnte, wusste ich ja bereits und außerdem konnte er mich gar nicht töten, weil das Alois ganz sicher missfallen würde. Wie dem auch sei, jedenfalls betrat Claude allerdings nicht den Speisesaal, sondern ging an der breiten Tür vorbei. Vermutlich hatte er noch ein paar andere Sachen zu tun. "Hannah, meinst du nicht auch, dass uns die Spiegeleier leid tun sollten?" Alois stocherte mit seinem Messer in dem Eigelb des Spiegeleies herum und wirkte wie immer ziemlich gelangweilt. "Mit Gewalt wird ihre Hülle zerbrochen und die unvollkommene Gestalt bloßgelegt. Augen zu bekommen, einen Schnabel zum picken, Federn um zu fliegen. All diese Entwicklungsmöglichkeiten werden von mir ausgelöscht." Alois stieß die Spitze des Messers in das Eigelb und zermatschte es. Dann schaute er kurz zu Hannah, ehe er bemerkte, dass ich im Türrahmen stand. "Ah, Genevieve! Da bist du ja, komm her." Er winkte mich zu sich und ich stellte mich wortlos neben ihn. Und dann, ohne einen ersichtlichen Grund (obwohl man bei Alois' Handeln nach so etwas ja vergeblich suchte), stieß er das Glas mit dem Traubensaft absichtlich um, sodass sich alles über seinen Schoß verteilte. "Hannah." Das Hausmädchen kniete sich sofort neben ihren Herrn, als dieser plötzlich aufschrie und dann anfing zu lachen. Ich konnte nicht anders, als Alois verstört anzustarren. Was tat er denn da? "Wie erbärmlich das ist.", grinste Alois und mir blieb vor Schock der Schrei im Hals stecken, als er zwei Finger in Hannah's linkes Auge rammte. "Hat dir Claude das nicht gesagt? Ein Dienstmädchen darf seinem Herrn niemals in die Augen blicken." Das Blut rann Hannah's Wange hinab und ich verstand endlich warum sie immer solche Angst vor ihm hatte. "Du musst das verstehen. Wenn ich dich nicht bestrafe, würde Claude dich zerreißen." Alois ließ von Hannah ab. Das Blut lief ihren Arm hinab und tropfte auf den Boden. "Na, kleine Rose." Alois drehte sich auf seinem Stuhl halb zu mir. "Hast du jetzt Angst vor mir?" Ich erstarrte. Hatte er das nur getan, um mir zu beweisen, dass er ein Monster war? Dass ich mich gefälligst vor ihm fürchten sollte? Dass es längst zu spät und seine Rettung zwecklos war? Selbst wenn, er würde mich nie von meinem Vorhaben abbringen können. "Nein, ich habe keine Angst.", sagte ich. Alois hob das Kinn. "Ach, ist das so, ja?" Die Tür flog auf und Claude marschierte ins Zimmer, als wäre es seine Bühne und er der Star. "Räumt das hier sofort auf. Los." Die Drillinge setzten sich in Bewegung. Zwei halfen Hannah auf und schafften sie hinaus, der Dritte wischte das Blut vom Fußboden weg. Claude stellte sich hinter Alois und säuberte dessen Finger. "Mein Herr, einige Dokumente erwarten euch. Ein Brief ihrer Majestät ist ebenfalls dabei.", sagte Claude. "Kann das nicht noch warten?", fragte Alois und schob die Unterlippe vor. "Bedauerlicherweise nicht.", antwortete Claude und wandte sich dann an mich. "Du räumst hier alles weg." Alois stand von seinem Stuhl auf und fuhr sich mit einem Seufzen durch die Haare. "Kleine Rose, wenn du hier fertig bist, kommst du zum Arbeitszimmer." "Jawohl, Hoheit." Ich neigte den Kopf und begann dann das Geschirr und die Essensreste in die Küche zu schaffen. Hannah und die Drillinge waren nicht dort. Ob bei Dämonen Körperteile nachwuchsen? Oder heilten sie zumindest schneller als Menschen? Gott, ich musste mich diesbezüglich unbedingt besser informieren. Gab es in diesem gigantischen Haus eigentlich eine Bibliothek oder hielten die Trancy's nicht so viel von Büchern? Und warum bekam Alois einen Brief von der Königin höchst selbst? Das hatte mich bereits vorhin stutzig gemacht. Was könnte Queen Victoria von einem vierzehnjährigen Earl denn schon wollen? Ach man, ich musste wirklich aufhören mir selbst so viele Fragen zu stellen. Das tat mir nicht gut. Ich spülte das Geschirr ab, räumte es zurück in die Schränke und schmiss die Essensreste weg. Danach machte ich mich auf den Weg zum Arbeitszimmer. Gerade als ich anklopfen wollte, wurde die Tür geöffnet und Claude kam mir entgegen. Es warf mir einen missbilligenden Blick zu, drängte sich an mir vorbei und lief den Flur hinunter. Alois stand hinter seinem Schreibtisch und wirkte irgendwie aufgewühlt. Vor ihm auf dem Schreibtisch lag ein geöffneter Brief mit dem Siegel der Königin. Warum schickte sie ihm einen Brief? Was wollte sie von ihm? Oh Gott, noch mehr Geheimnisse. Irgendwann würde mein Kopf sicher platzen. "Ist...alles in Ordnung, Euer Hoheit?", fragte ich. "Jaja, Claude kümmert sich um alles. Ich brauche mir keine Sorgen zu machen.", antwortete Alois und setzte sich wieder. "Worum genau kümmert er sich denn?", wollte ich wissen. "Wie du weißt wird mich heute mein Onkel besuchen kommen. Er hegt Zweifel an mir und meinem Anrecht auf den Titel.", erklärte Alois und knirschte dabei mit den Zähnen. "Jedenfalls habe ich ja kürzlich umdekorieren lassen, aber das würde ihn nur misstrauisch machen und ihn in seinem blöden Zweifel vermutlich noch bestärken. Deswegen sorgt Claude dafür, dass wieder alles so ist wie vorher." "Verstehe. Das dunkle Rot und das schwere Gold.", murmelte ich. "Mir gefällt das Mitternachtsblau auch lieber, kleine Rose. Aber ich habe keine Lust auf eine Auseinandersetzung mit meinem dämlichen Onkel und diesem Priester.", erwiderte Alois und stand auf. Über der Stuhllehne lag der pflaumenfarbene Mantel mit den goldenen Knöpfen an den Ärmeln und dem hochgestellten Kragen. "Komm, wir gucken mal, ob Claude schon fertig ist." Er zog dich den Mantel über, griff nach meiner Hand und zog mich hinter sich her. Musste Claude denn gleich das ganze Haus wieder in diese schrecklichen Farben tauchen? Reichte es nicht, wenn er den Speisesaal und die Eingangshalle wieder so herrichtete, wie es vorher war? Ich mochte das Mitternachtsblau. Es war...schön. Am Absatz der großen, breiten Treppe blieb Alois kurz stehen, sah sich staunend um und zerrte mich weiter, während ich noch damit beschäftigt war blöd in der Gegend umher zu gaffen. Tatsächlich. Alles sah wieder genauso aus wie am ersten Tag. Als hätte sich nie etwas verändert. Claude stand vor der großen Tafel, die nun mit roten Rosen geschmückt war und rückte gerade seine Brille zurecht. "Den Tag zur Nacht, Zucker zu Salz und Lebende zu Leichen. Und zu guter Letzt wird das Dunkelblau golden gefärbt." "Das macht einen Butler der Trancy's aus. Nicht wahr?" Alois angelte sich zwei Rosen aus dem Gesteck, reichte mir eine davon und platzierte die andere zwischen Claude's Lippen. "Wie es von dir zu erwarten war. Wenn du da bist, brauche ich die anderen Tagediebe nicht.", flüsterte er, tanzte ein paar Mal um seinen Butler herum, schmiss dann sein rechtes Bein in die Höhe und klatschte in die Hände. "Olé!" Dann stürmte er auf mich zu, fasste mich bei den Händen und drehte sich mit mir ein paar Mal im Kreis. Mir wurde dabei fast schwindelig und ich stolperte nach hinten, als Alois mich abrupt los ließ und selbst tanzend durch die Gegend hüpfte. Bis er stehen blieb, offensichtlich ins Nichts starrte und dann bedrohlich flüsterte: "Komm nur, du Scheißkerl." Hm, Alois konnte seinen Onkel ganz offensichtlich nicht leiden. "Mein Herr." Claude nahm die Rose aus seinem Mund. "Euer Onkel ist soeben eingetroffen." "Verstehe." Alois schenkte dieser Ankündigung keine weitere Beachtung, sondern fuhr sich kurz durch die blonden Haare, drehte sich dann zu uns um und setzte sein strahlendes Lächeln auf. "Na dann, begrüßen wir ihn mal." In Claude's und meiner Begleitung lief Alois durch die Eingangshalle nach draußen wo zwei Kutschen standen. Das erste was mir auffiel, war der Mann im weißen Anzug, mit schulterlangen, weißblonden Haaren und...oh nein, das war der Viscount von Druitt. Dieser alte Perversling. Er war manchmal bei meinem ehemaligen Herrn zu Besuch gewesen und hatte keine Gelegenheit ausgelassen, um mich betatschen und begrabschen zu können. Ich hasste ihn. Fast noch mehr als meinen toten Herrn. Die zweite Person, die ausstieg war der Priester und zuletzt ein beleibter Mann mit blonden Haaren und einem grimmigen Gesichtsausdruck. Ganz offensichtlich... "Onkel Arnold! Du bist das!" Alois schoss man mir vorbei, breitete die Arme aus und sprang seinen Onkel förmlich an. Und dabei lachte er so unbeschwert, dass man niemals vermutet hätte, dass dieser Junge unter extremen Stimmungsschwankungen litt und ein kleiner Psychopath war. "Oh Alois, mein Neffe.", sagte Arnold und lächelte, doch es war ihm anzusehen, dass er sein Gegenüber zutiefst verabscheute. Was in diesem Fall ja auf Gegenseitigkeit beruhte. "Oh nein, Gott hat einen unglaublichen Fehler begangen! Als Wohnstätte für diese reine Schönheit hat er den Körper eines Knaben gewählt! Aber Gott, ich werde dir dieses Missgeschick großzügig verzeihen! Amen.", jauchzte der Viscount und ich verdrehte die Augen. So ein Spinner. "Hach, was sehen meine Augen! Eine liebliche Blume, so jung und unschuldig. Wangen, zart wie die Blüten einer Seerose. Lippen, rot wie das Blut in meinen Adern und Haar so seidig, wie der schönste Stoff der Welt! Welch Schönheit du doch bist, mein kleines Täubchen!", säuselte der Viscount und ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass er mich meinte. Bah, der sollte mir bloß nicht zu nahe treten. "Aber Viscount von Druitt, so beherrscht Euch doch. Dies ist eine der Bediensteten.", warf der Priester ein und räusperte sich. "Schönheit existiert unabhängig von gesellschaftlichen Klassen. Selbst wenn dieses Mädchen eine Sklavin wäre, ihre Perfektion wäre dennoch unübertroffen!", rief der Viscount und griff sich dabei theatralisch an die Brust. "Die junge Dame, die Ihr da gerade so blumig umschwärmt, ist Genevieve Delafontaine. Das persönliche Dienstmädchen des jungen Herrn. Und mein Name ist Claude Faustus. Ich bin der Butler des Hauses." Claude verbeugte sich und verzog dabei keine Miene. "Genevieve Delafontaine? Dieser Name ist ja einer Prinzessin würdig!", seufzte der Viscount und ich hatte nicht übel Lust ihm einfach eine Ohrfeige zu verpassen, damit er endlich die Klappe hielt. "Wenn die Herrschaften mir nun bitte folgen würden." Claude machte auf dem Absatz kehrt und der Rest der Gesellschaft folgte im ins Anwesen. Ich schaute kurz zu Alois, der seinem Onkel hinterher blickte, als habe er bereits einen Mordplan für ihn entwickelt. Obwohl, so abwegig war das eigentlich gar nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)