Follow your Heart von Linchen-86 ================================================================================ Kapitel 69: Tiefsitzende Erkenntnisse ------------------------------------- 26.06.2012 Drei Tage waren seit der wunderschönen Hochzeit von Joe und Saori vergangen. Inzwischen war Mimi wieder bei ihrer Großmutter und genoss ihre letzte Woche in vollen Zügen. Schon in einer Woche würde sie wieder zurück nach Orlando fliegen. Sie hatte ganz unterschiedliche Gefühle, wenn sie daran dachte. Sie freute sich einerseits darauf, ihre Freundin Nicole wiederzusehen und ihr Studium wieder aufzunehmen, aber ihre Freunde hier auf unbestimmte Zeit nicht sehen zu können, war jedes Mal wieder hart und auch wenn sie es nach all den Jahren mittlerweile gewohnt war, einfacher wurde es dadurch auch nicht. Und dann war da noch Taichi. Der Mann, den sie am liebsten gar nicht sehen wollte und der Mann, den sie die letzten Jahre nicht vergessen konnte. Es war so viel schief gelaufen bei den Beiden und doch wusste sie noch nicht, ob sie froh darüber war, ihn bald nicht mehr zu sehen. War sie nicht auf dem besten Wege Taichi hinter sich zu lassen? Über ihn hinwegzukommen? Warum musste er auch mit ihr tanzen und sie wieder so durcheinander bringen? Es war so frustrierend und sie wollte endlich aus dieser Teufelsspirale raus, daher war Ablenkung genau das Richtige für sie und was könnte sie besser ablenken als ein richtig toller Kerl? Heute hatte sie nämlich ein Date. Ein Date mit Ethan und auch wenn sie ihn schon öfter getroffen hatte und auch alleine, so wusste sie genau, dass es diesmal völlig anders war. Er erhoffte sich mehr und Mimi? Sie hatte immer noch überhaupt keine Ahnung was sie für ihn fühlte und würde sich heute bei dem Date tatsächlich etwas verändern? Würde Ethan ihr die Augen öffnen, könnte er sie überzeugen? Sie weg von Taichi bringen? Mimi wollte ihm die Chance geben, denn nach allem hatte er sie wirklich verdient. Jetzt stand sie hier, noch mit Handtuch bekleidet, vor dem Kleiderschrank und starrte ratlos hinein. Was sollte sie nur anziehen und warum hatte sie nur so wenig Auswahl? Frustriert nahm sie sich eine High Waist Jeans Hose und eine hellblaue Bluse heraus, stopfte die Bluse in die Hose und öffnete die ersten zwei Knöpfe. „Oh man, sieht das spießig aus...“ Mimi war überhaupt nicht überzeugt von ihrem Spiegelbild. Sie wusste immer noch nicht, was Ethan eigentlich geplant hatte. Was, wenn er sie in das tollste Restaurant der Stadt ausführen wollte und sie eine Jeanshose trug? Nein, das ging gar nicht. Kurzerhand zog die Brünette sich erneut um und entschied sich für einen Klassiker. Ein schwarzes eng anliegendes Kleid. Dazu kombinierte sie eine feine schwarze Strumpfhose mit Rosenapplikationen und für die kühleren Abendstunden nahm sie eine blaue Jeansjacke mit. Sie hoffe, dass dieses Outfit irgendwie passte. Die Haare hatte sie seitlich geflochten und ihr Make-Up war natürlich, aber romantisch gehalten. Sie sprühte sich gerade mit ihrem Lieblingsparfüm ein, als sie hörte, dass es an der Türe geklingelt hatte. „Einen Moment noch“, schrie Mimi, obwohl sie eigentlich niemand hören konnte. Erneut klingelte es, während die Brünette ihre Handtasche überprüfte, ob sie auch alles dabei hatte. „Ich komme ja schon.“ Mimi schenkte sich selbst nochmal einen kritischen Blick im Spiegel und verließ schließlich eilig das Badezimmer. „Hey.“ Mimi kam völlig außer Puste vor der Haustüre an und lächelte Ethan entschuldigend an. „Entschuldige, es ging nicht schneller.“ „Ach kein Problem und wenn ich es mir erlauben darf. Das Warten hat sich gelohnt, obwohl ich auch viel länger auf dich warten würde, als zehn Minuten.“ Mimi lächelte unsicher. Okay, so eine offensive Art war sie von Ethan wirklich nicht gewohnt gewesen. „Danke, verrätst du mir denn auch wo es jetzt hin geht?“ „Hmm… noch nicht. Lass dich einfach überraschen, okay?“, schlug Ethan vor und hielt ihr seine Armbeuge hin, damit Mimi sich einhaken konnte. „Na gut.“ „Darf ich jetzt gucken?“ Ethan hielt Mimi die Augen mit den Händen geschlossen und ziemlich schnell spürte die Brünette wie der Ältere sie in eine andere Richtung drehte. Er nahm seine Hände weg und Mimi sah erst einmal nur ein großes Gebäude. „Wir sind da“, sagte Ethan und stellte sich gleich neben die Jüngere. „Und wo sind wir genau?“, fragte Mimi und blickte sich neugierig um. „Na ja, also wir müssen noch reingehen. Ich habe mir gedacht, dass ich es langweilig finden würde, wenn ich dich einfach nur zum Essen ausführen würde. Also dachte ich mir, warum nicht selber kochen und sehen was wir gemeinsam so zu Stande bekommen“, erklärte Ethan und öffnete der Jüngeren die Türe, damit sie eintreten konnte. „Einen Kochkurs?“, fragte Mimi begeistert nach. „Ja, hab ich deinen Geschmack getroffen?“ „Na klar, du weißt doch, dass ich gerne koche und backe. Welche Nationalität wird es denn?“ „Ich wollte es dir natürlich nicht zu einfach machen und hatte die Hoffnung, dass du so vielleicht noch etwas dazu lernen könntest. Schon mal afrikanisch gekocht?“ hakte der Braunhaarige nach, obwohl sein Grinsen schon erahnte, dass er damit ins Schwarze getroffen hatte. „Nein, noch nie.“ „Habe ich mir gedacht und soll ich dir was verraten?“ „Du auch noch nicht?“, riet Mimi, während Ethan eifrig nickte. „Ich wollte aber immer schon mal afrikanisch essen.“ „Das kann ja dann was werden. Ob wir die Küche stehen lassen?“ „Ach, ich bin zuversichtlich. Obwohl, bei so einer heißen Frau ist Brandgefahr nicht ausgeschlossen“, erwiderte Ethan flirtend, während Mimi nur schmunzeln den Kopf schüttelte. „Dann hast du hoffentlich eine gute Haftpflichtversicherung abgeschlossen.“ Nach einer kleinen Vorstellungsrunde standen Ethan und Mimi hinter einer kleinen, länglichen Kochinsel auf der sämtliche Zutaten ausgelegt waren. Als Vorspeise würde es eine Bananensuppe mit Mais und Chilli geben, als Hauptgang Hähnchen mit Reis und Couscous und als Dessert Sellou. „Puh, da haben wir ganz schön was vor uns“, stellte Mimi fest und fühlte sich nun in ihrem schwarzen Kleid unvorteilhaft gekleidet. Hätte sie doch besser die Jeans samt Bluse angelassen. „Ist alles in Ordnung?“, fragte Ethan nach, als er bemerkte, wie die Brünette an sich herum zupfte. „Ich finde mein Kleid gerade irgendwie unpraktisch.“ „Ich finde du siehst darin toll aus“, erwiderte Ethan augenblicklich und ließ seinen Blick einmal kurz über Mimis Körper wandern. „Hey! Du hättest mich ja auch mal vorwarnen können“, schmollte die Jüngere. „Never. Du kochst sicher auch in einem schwarzen Kleid außerordentlich gut und wenn nicht, na ja… dann hat es sich trotzdem gelohnt. Für mich zumindest.“ „Du bist heute ganz schön frech“, kicherte Mimi. Irgendwie stand heute ein ganz anderer Ethan vor ihr. Er war viel direkter und flirtete fast bei jeder Gelegenheit mit ihr. Es war egal, ob es eine flüchtige Berührung, eine liebevolle Geste war oder ob er ihr ein strahlendes Lächeln schenkte. Er hatte sie die ganze Zeit über im Fokus und Mimi gefiel das. „Möchtest du die Vorspeise machen?“, fragte Ethan nach und wollte ihr den Vortritt überlassen. „Ja und auf jeden Fall das Dessert. Ich kenne Sellou zwar nicht, aber es liest sich auf dem Rezept sehr lecker.“ Ethan lachte. „War mir klar, dass die Süße das Süße übernehmen will. Passt.“ „Ich übernehme aber auch die Vorspeise und da ist Chili drin“, widersprach die Jüngere schmunzelnd. „Passt noch besser. Scharf und süß.“ Mimi kicherte wieder, nahm sich die Schüssel und begann die Bananensuppe zuzubereiten. Der Abend verging wie im Flug. Das Essen war lecker, die anderen Gäste gut drauf und Ethan und Mimi unterhielten sich und lachten viel, während sie das Essen kochten. Niemals hätte Mimi erwartet, dass sie sich in der Gegenwart von Ethan so wohl fühlen würde. Würde es immer so mit ihm sein? Würde er immer versuchen sie zum lachen zu bringen? Er wirkte, als wäre er wirklich ein lieber Typ, der alles machen würde um seine Freundin glücklich zu machen. Ja, wahrscheinlich würde er sie auf Händen tragen. Mimi sah zu dem Brünetten und lächelte ihn dankbar an. „Es war eine gute Idee von dir, heute Abend hierher zu kommen. Es war so ein toller Abend und das Essen war köstlich. Danke.“ „Ach, ich danke dir. Ich fand es auch einfach nur schön, beziehungsweise ich hoffe, dass der Abend noch nicht vorbei ist.“ Ethan legte den Löffel von seinem Dessert beiseite und legte seine Hand auf ihre. Sanft strich er mit dem Daumen darüber und lächelte sie an. „Ist er nicht...“, hauchte Mimi und sah dem Braunhaarigen tief in die Augen. Sie erkannte wie Ethan schluckte und wich seinem intensiven Blick schnell wieder aus. „Dann würde ich mal vorschlagen, wir holen unsere Jacken und gehen etwas spazieren?“ „Klingt gut.“ Ethan stand zuerst auf, rückte den Stuhl von Mimi zurecht und hielt ihr prompt die Jeansjacke hin, sodass sie einfach nur ihre Arme in die Ärmel der Jacke stecken musste. „Vielen Dank.“ „Sehr gerne, daran könnte ich mich glatt gewöhnen.“ „Ich mich auch“, rutschte Mimi da schon über die Lippen, aber es stimmte. Sie sehnte sich wirklich wieder nach einer Beziehung, nach einem jungen Mann der ihr die Sterne vom Himmel holen würde. Sie fühlte sich wohl bei Ethan, war es denn dann so verkehrt es mit Ethan zu probieren? Es richtig zu versuchen? Könnte er derjenige sein, der ihr Herz zum schneller schlagen bringen würde? Dem sie wieder vertrauen könnte? Ethan und Mimi verließen den Kochkurs und gingen hinaus. Sie gingen nah nebeneinander die Straßen entlang, bis Ethan nach Mimis Hand griff und zaghaft seine Fingern mit ihren verschloss. Kurz war die Jüngere etwas erschrocken darüber und wollte ihre Hand wegziehen, doch dann behielt sie ihre Hand wo sie war. Sie wusste nicht, ob es sich gut oder schlecht anfühlte. Sie wusste nur, dass sie sich irgendwie auf ihn einlassen musste, wenn sie ein paar Antworten haben wollte. „Warum fällt es dir so schwer Nähe zuzulassen?“, fragte Ethan mit ruhigem Ton nach, weil er ihre kurze Unsicherheit bemerkt hatte. „Ich denke, ich bin einfach schon zu oft enttäuscht worden und ich will nicht mehr verletzt werden.“ „Und die Alternative ist alles und jeden von dir zu schieben?“ „Ich schätze schon. Ich meine ich schiebe nicht alle von mir, aber… wenn ich daran denke, was passieren könnte wenn ich mein Herz öffne… dann lieber verschließen.“ „Ich kann dich verstehen. Niemand wird gerne verletzt und keiner steht darauf, wenn man ihm das Herz bricht, aber deshalb auf Liebe zu verzichten wäre dennoch keine Option für mich.“ „Warst du schon mal richtig verliebt?“, fragte Mimi nach. Ihr wurde jetzt erst so wirklich bewusst, dass sie nichts über Ethans früheres Liebesleben wusste. „Einmal und das liegt schon ziemlich lange zurück. Sich zu verlieben ist überhaupt nicht so einfach und bei mir passiert das auch sehr selten. Ich glaube deswegen bist du mir auch so wichtig. Ich kann die Gelegenheit nicht einfach so verstreichen lassen. Ich würde mir hinterher in den Hintern beißen, wenn ich es nicht wenigstens versucht hätte.“ Mimi lächelte Ethan an. Ihr gefiel ihr gemeinsames Gespräch und sie mochte es, wie er sich ihr öffnete. Vielleicht sollte sie sich einfach einen Ruck geben. „Lass uns da lang gehen.“ Sie zog an Ethans Hand und führte ihn in Richtung Park. Es war ein perfekter Sommerabend. Der Himmel war sternenklar und es wehte ein lauer Wind. Sie blieben an einer Brücke stehen und Mimi versuchte sich zu sammeln. Der Abend war schön und Ethan toll. Er hatte soviel Potenzial und in vielen Punkten passten sie wirklich gut zusammen. Also was hielt sie noch zurück? „Weißt du was Ethan?“ „Was?“ „Du bist toll und ich danke dir für alles.“ Mimi lächelte den Älteren an, legte ihre Arme um seinen Nacken und schloss ihre Augen. Gefühlt wartete sie vielleicht fünf Sekunden, dann spürte sie zwei warme weiche Lippen auf ihren. Sie hielt ihre Augen weiterhin geschlossen, öffnete ihren Mund und spürte wie Ethan diesen Kuss gleich voran trat und ihm mehr Intensität verlieh. Es war nicht ihr erster Kuss und doch fühlte er sich diesmal ganz anders an. Technisch war der Kuss einwandfrei. Ethan war ein guter Küsser. Und dennoch … Mimi wartete auf etwas, sie konnte nur nicht genau sagen auf was. Wo war das Kribbeln? Wo waren die Schmetterlinge? Mimi küsste Ethan fester, saugte an seinen Lippen und neckte seine Zunge mit ihrer. Warum fühlte sie nicht wie ihr Körper unter dem Kuss dahin schmolz? Wie ihr immer wärmer wurde? Mimi fühlte sich unverändert. Sie brauchte eine Pause, sie musste dringend Luft holen. „Wow… das war...“, murmelte Ethan, doch Mimi schüttelte nur ihren Kopf. „Was ist los? Hat… hat es dir nicht gefallen?“, hakte Ethan unsicher nach. Mimi wusste genau, was das Problem war. Gefühle konnte man nicht erzwingen. Man konnte sie nicht herbeirufen, nur weil man sich diese gerade wünschte. Es gab dafür keine pro und contra Liste, entweder man fühlte oder man fühlte nicht und obwohl Ethan in so vielen Punkten ein Volltreffer war, sie konnte nicht einfach mit ihm zusammen kommen, darauf hoffen, dass sich nach und nach mehr Gefühle einstellen würden, dass sie sich verlieben würde. Das hatte er schlichtweg nicht verdient. Mimi spürte wie die Tränen in ihren Augen brannten. Sie wusste was sie zu tun hatte und sie wusste, dass das was sie tun musste, einen Menschen verletzen würde, der ihr sehr viel bedeutete. Sie müsste einem Menschen das Herz brechen und keiner konnte das besser nachempfinden als Mimi selbst. „Hey, was ist denn los?“, fragte Ethan flüsternd und hielt seine Hände an Mimis Gesicht, damit sie ihn angucken konnte. „Ich… ich kann das nicht.“ „Was kannst du nicht? Du meinst… du meinst das mit uns?“ Langsam nickte die Brünette, Ethan lockerte sofort den Griff um Mimis Kopf und ging einen Schritt zurück. „Aber warum? Wir könnten es doch langsam angehen lassen… in einem Tempo in dem du dich wohl fühlst und dann...“ Wieder schüttelte Mimi ihren Kopf, während die Tränen über ihre Wangen liefen. „Ich glaube, nein ich weiß, dass sich das nicht ändern würde. Ich würde dich nur hinhalten.“ „Das tust du doch schon die ganze Zeit!“, rief Ethan frustriert auf und raufte sich die Haare. „Du sendet mir auf der einen Seite Signale, aber auf der anderen Seite stößt du mich immer wieder von dir.“ Er war verletzt und eigentlich war es vollkommen egal was Mimi jetzt sagen würde, denn Ethans Herz hatte sie so oder so gebrochen. „Ich muss dich gehen lassen, weil ich dich eben nicht hinhalten will. Du bist zu gut, zu wertvoll, als dass du deine Energie mit mir verschwendest. Ich könnte dir nicht das geben, was du von mir brauchst.“ Unwirklich schüttelte Ethan seinen Kopf, sah immer wieder zurück zu Mimi, nur um dann wieder seinen Kopf zu schütteln. „Deine Angst steht dir im Weg. Du hast dein Herz so fest eingeschlossen, dass es selbst ein Sprengsatz nicht öffnen könnte.“ Mimi wusste nicht was sie darauf sagen sollte. Ja, sie hatte ihr Herz verschlossen, aber das war nicht der einzige Grund. „Liegt es an mir?“, fragte Ethan geknickt nach. Sie sah wie wütend er war und sie konnte es verstehen. Mimi schüttelte ihren Kopf. Wie sollte sie nur etwas erklären, was sie selber nicht verstand? „Nein, es liegt an mir und es soll nicht wie eine billige Floskel klingeln. Du bist für eine andere bestimmt. Glaub mir.“ „Tzz… ich verstehe es nicht. Ich verstehe einfach nicht, warum du glaubst, dass ich nicht gut genug für dich bin. Was dein verdammtes Problem mit mir ist.“ „Du bist eben nicht er.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)