Follow your Heart von Linchen-86 ================================================================================ Kapitel 34: Verspätete Erkenntnisse ----------------------------------- 26.12.2010 Nachdem Taichi und Yamato sich noch lange ausgesprochen hatten, zockten sie bis spät abends miteinander und bestellten schließlich noch etwas zu essen. Taichi schlief irgendwann erschöpft auf der Couch ein und Yamato ließ ihn einfach liegen. Beiden tat die Ablenkung gut und war allemal besser, als sich ständig mit den eigenen Problemen auseinanderzusetzen. Taichi hatte am Morgen nicht mehr viel zu sagen gehabt, wünschte Yamato für das Gespräch mit Sora viel Erfolg und machte sich dann auf dem Weg nach Hause. Er musste alleine sein und sich Gedanken machen, wie es jetzt mit allem weitergehen sollte. Takeru hatte sich für den Morgen angekündigt, auch ihm hatte Yamato gleich geschrieben, dass er wieder im Lande wäre. Er freute sich darauf, seinen kleinen Bruder wiederzusehen. Sein Vater hatte sich nur kurz blicken lassen, duschte und machte sich dann schon wieder auf dem Weg zur Arbeit. Der Sender schien ihn wieder mal zu brauchen, aber Yamato kannte es ja nicht anders. Das würde sich auch nie ändern, dachte er, als er sich kurz mit ihm im Flur über seine Arbeit unterhalten hatte. Er bereitete gerade das Frühstück vor, als es an der Türe klingelte. Er stellte die Pfanne auf eine kalte Herdplatte zurück und öffnete seinem kleinen Bruder die Wohnungstür. Er ließ diese einen Spaltbreit offen und ging zurück in Küche. „Bin in der Küche“, rief Yamato durch die Wohnung, als er hörte wie jemand die Wohnungstüre passierte. „Hey.“ Takeru betrat die Küche und freudestrahlend sah der Jüngere zu seinem Bruder, sie umarmten sich kurz und musterten sich gegenseitig. „Du bist groß geworden, Kleiner!“, grinste der Ältere. „Wo hast du denn das Veilchen am Auge her? Wilde Fans, die sich um dich geprügelt haben und du musstest dazwischen gehen?“, fragte Takeru grinsend nach. Yamato fasste kurz an die Stelle. Die Schwellung war schon deutlich zurückgegangen und kaum noch der Rede wert. Nur noch ein leichter Blauschimmer war zu erkennen. „Ach das? Das ist nichts. Es geht mir gut“, erwiderte er unbekümmert und wand sich wieder seiner Pfanne zu, in der zwei Spiegeleier brutzelten. „Du bist noch gar nicht so abgehoben wie ich dachte“, scherzte Takeru. „Immerhin bereitest du noch selber das Frühstück zu.“ „Warum denkt das eigentlich jeder?“, erwiderte Yamato kopfschüttelnd. Er nahm die Pfanne von der Kochplatte und platzierte jeweils ein Spiegelei auf Takerus Teller und auf seinem eigenen. Den Tisch hatte er bereits vorher eingedeckt und Takeru nahm gegenüber von Yamato am Küchentisch Platz. „Tja, dein Ruf eilt dir wohl voraus“, kam es nur unbeeindruckt von dem Jüngeren. Er nahm sich sein Besteck, die Scheibe Brot, legte sein Spiegelei darauf und aß. „Wie läuft es denn so?“, hakte der Jüngere dann neugierig nach. „Gut, aber hast du wirklich etwas anderes erwartet?“, grinste der Musiker überheblich. „Wieso denkt nur jeder, dass du abgehoben sein könntest?“, neckte der Schüler seinen älteren Bruder, doch Yamato zuckte nur unbeteiligt die Schultern. „Wie läuft es hier bei dir? Alles okay? Du spielst doch noch Basketball oder?“ „Die Schule läuft gut, bin aber froh, dass wir jetzt erst mal Ferien haben und Basketball spiele ich noch so lange, wie ich es kann und es mir Spaß macht“, erklärte Takeru. „Freut mich für dich und wie läuft es mit Kari?“ Takeru nahm ein Schluck von seinem Tee bevor er zu seiner Antwort ansetzte. „Gut. Ich meine klar, die Sache mit ihrem Vater belastet sie noch sehr, oft weint sie auch noch und findet schwer in den Schlaf. Es ist eben alles noch sehr frisch, aber sie gibt sich Mühe das alles zu verarbeiten und ich versuche ihr zu helfen, so gut ich es eben kann“, erwiderte der Jüngere. „Ich bin nur froh, dass sie es zulässt und wir die Sache so gemeinsam durchstehen können. Ich hoffe, dass ihr das hilft.“ Yamato nickte verstehend. „Ihr schafft das schon. Kari kann froh sein, dass sie dich hat und ich bin sicher du wirst dich besser anstellen als ich es getan habe“, sprach der Musiker ernst und war bereits mit seinem Teller fertig. Takeru sah seinen Bruder an. „Du meinst besser als du mit Sora?“ Yamato nickte betrübt. „Ach Matt, eigentlich wart ihr das Paar, an dem ich mich orientiert und zu dem ich aufgesehen habe“, grübelte der Jüngere. Yamato hob den Kopf. „An uns?“, fragte er verwundert nach. „Natürlich, ihr habt euch nicht nur geliebt, ihr wart auch Freunde und ein wirklich tolles Team.“ Yamato hielt kurz inne und wusste für einen Moment nicht, was er sagen sollte. Er hatte eine tolle Zeit mit Sora gehabt und er vermisste sie sehr. Er fragte sich schon, ob die Musik das alles wert war, aber sobald er auf der Bühne stand, fühlte er sich immer so lebendig. Es war zum Haare ausreißen. Ob er jemals für eine andere Frau solche Gefühle aufbringen konnte wie für Sora? Er konnte es sich nicht vorstellen. Niemand war wie sie. „Na ja, gereicht hat es wohl trotzdem nicht, also mach nicht alles wie dein großer Bruder und vergraul Kari nicht“, lächelte der Musiker matt. „Habe ich nicht vor, aber Danke trotzdem.“ „Dann ist ja gut“, erwiderte Yamato grinsend. Er freute sich, dass wenigstens sein kleiner Bruder eine funktionierende und stabile Beziehung hatte, aber es wunderte ihn nicht. Wenn Takeru sich für ein Mädchen ins Zeug legen würde, war es Hikari und er würde sie nie alleine lassen. Er würde nie einfach das Land verlassen und Kari und er würden nie so viele Geheimnisse haben wie Tai und Mimi. Ja, die beiden Jüngeren machten viele Dinge besser, als sie alle zusammen und er war ein Vorbild für ihn? Nicht, dass er sich irgendwann Takeru als Vorbild nehmen würde. Die beiden Brüder frühstückten zu Ende und räumten den Tisch gemeinsam ab, anschließend verabschiedete sich Takeru von Yamato um zu Hikari zu gehen und Sora hatte sich bereits ebenfalls bei Yamato gemeldet. Eine Woche würde Yamato bleiben bis er wieder im Flieger sitzen würde um weiter an seinen Traum zu arbeiten. Gegen Mittag hatte Yamato sich mit Sora in ihrer Wohnung verabredet. Er hatte sogar das Geschenk eingepackt, auch wenn er noch nicht wusste, ob er es ihr geben sollte oder nicht. Er war aufgeregt, die Situation war angespannt und neu für ihn. Er hatte zwar einen Haustürschlüssel wusste aber nicht, ob er diesen benutzen sollte oder nicht, daher klingelte er. „Takenouchi“, erklang Soras helle Stimme aus der Gegensprechanlage. „Ich bins“, murmelte der Musiker mit rauer Stimme. „Achso... okay.“ Eine Sekunde später vernahm der Blonde ein Summen und stieß die Türe auf. Yamato schluckte, atmete tief ein und aus und betrat schließlich die Treppenstufen. Oben angekommen war die Wohnungstüre bereits geöffnet und Sora wartete auf ihn. Er konnte nicht umher sie genauer zu betrachten, war es immerhin vier Monate her, dass sie sich gesehen hatten. Sie trug eine enge Röhrenjeans, die ihre langen, schlanken Beine betonte und eine weiße Bluse mit einer großen Schleife am Kragen. Er erkannte ein dezentes Make-Up an ihr und sie hatte die Haare etwas zusammengesteckt. Mit anderen Worten sie sah einfach atemberaubend aus. „Hast du deinen Wohnungsschlüssel verloren?“, fragte Sora aufgeregt nach, stand im Flur und sah Yamato an, konnte aber dessen Blick nicht lange stand halten. „Nein, ich... ich wusste nicht, ob ich ihn benutzen darf“, murmelte er, diese Stille zwischen ihm und Sora machte ihn ganz wahnsinnig. Ein paar Minuten sahen sie sich schweigend an, dann räusperte sich Sora. „Möchtest du etwas trinken?“ Yamato nickte und folgte ihr in die kleine Küche. Er beobachtete Sora dabei wie sie zwei Gläser auf den Tisch stellte, Wasser aus dem Kühlschrank holte und beide Gläser auffüllte, dann schraubte sie den Deckel wieder auf die Flaschenöffnung, stellte diese auf den Tisch und legte sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Wieder blickte sie durch die Küche anstatt Yamato anzusehen. „Wie geht es dir?“, fragte er nach. Er wusste die Frage war dämlich, aber er hielt die Stille einfach nicht mehr aus und versuchte einen Anfang zu finden. „Gut“, murmelte sie tonlos. „Wie viel Zeit hab ich?“, fragte die Rothaarige nach und sah den Blonden das erste Mal länger als drei Sekunden an. „Was meinst du?“, fragte der Musiker überrascht nach, da er nicht wusste was sie von ihm wollte. „Wie viel Zeit habe ich bis ich die Wohnung geräumt haben muss?“, fragte sie dieses Mal genauer. Irritiert sah der Musiker sie an. „Ähm...wie bitte?“ Yamato war es nicht gewohnt, dass Sora so mit ihm sprach, kühl und abweisend, auch in ihrem Blick ließ sie keine Gefühl zu. Es versetzte seinem Herzen einen Stich. Er wusste ja, dass er ihr sehr weh getan hatte, aber das sie jetzt so miteinander umgingen, setzte ihm ziemlich zu. „Es ist mitten im Studienjahr nicht so einfach eine Zimmer im Studentenwohnheim zu bekommen und ich möchte nicht wieder nach Hause, kann mir aber alleine nicht die Wohnung leisten. Also wie viel Zeit lässt du mir.“ Yamato wusste im Moment immer noch nicht was er sagen sollte, dann schüttelte er seinen Kopf und versuchte sich zu konzentrieren. „Ähm... du kannst so lange bleiben wie du möchtest und was anständiges gefunden hast.“ „Das könnte aber noch Monate dauern und ich will dir deswegen keine Umstände bereiten. Du kannst das Geld für die Miete sicher anders gebrauchen“, erwiderte Sora mit brüchiger Stimmer, was dem Blonden nicht entging. „Hör zu Sora: Du suchst solange wie es eben dauert. Egal ob eine neue Wohnung oder ein Zimmer im Studentenwohnheim. Mach dir über meine Mietanteile keine Gedanken. Ich zahle solange weiter, wie du es brauchst.“ „Aber?“ „Nein Sora, bitte. Es sind keine Umstände für mich, es ist das Mindeste, also lass mich das für dich tun. Okay?“ Die Rothaarige nickte betrübt und umschloss ihr Glas Wasser mit beiden Händen. „Danke.“ „Kein Problem.“ „Ich habe deine restlichen Sachen in einen Karton gelegt, der steht im Wohnzimmer. Was ist denn mit den Sachen die wir gemeinsam gekauft haben? Soll ich dich auslösen?“, fragte Sora angespannt nach. Yamato schüttelte gleich seinen Kopf. „Nein, das kannst du alles behalten, also wenn du das möchtest.“ Er wollte es für sie nicht noch schwerer machen. Er wusste zwar, dass dieses Gespräch sehr schwer werden würde, aber dass es so verkrampft sein würde, hätte er nicht erwartet. Auch wenn er ehrlich gesagt nicht wusste, war er eigentlich erwartet hatte. Die Situation war einfach schrecklich und ihm wurde ganz schlecht. Wieder vergingen einige Minuten in denen Beide schwiegen. Da die Küche klein war und sie an einem schmalen Küchentresen saßen, wäre es ein leichtes für Yamato gewesen, seine Hand auszustrecken und die Jüngere zu berühren und er musste sich sehr beherrschen, dies nicht zu tun. Er hatte schließlich kein Recht mehr dazu. „Wie läuft denn die Tour? Ihr wart zuletzt in Denver oder?“, fragte Sora zaghaft nach. Yamato lächelte, dass sie noch so genau wusste, wo er wann spielte. „Ja. Willst du das wirklich wissen?“ „Sonst würde ich nicht fragen“, erwiderte die Rothaarige und sah vom Glas Wasser wieder auf und de Blonden in die Augen. „Es läuft sehr gut. Eine Plattenfirma möchte uns unter Vertrag nehmen. Derzeit sind wir in Verhandlungen, aber es sieht gut für uns aus“, antwortete der Musiker. „Glückwunsch, dann hast du es ja geschafft“, gab Sora von sich und wollte sich gerade mit ihrem Oberkörper vom Tisch wegdrücken und aufstehen, als Yamato sie an ihrem Handgelenk festhielt. „Es tut mir leid, dass ich dir die letzten Wochen vor unserer Trennung so weh getan habe. Es war richtig von dir, dich von mir zu trennen. Ich hätte...“ „Moment. Du denkst ich habe mich von dir getrennt?“, unterbrach Sora ihn und sah ihn wütend an. „Ich habe mich nicht von dir getrennt, du hast Schluss gemacht“, stellte sie klar. Yamato sah sie irritiert an. Sie hatte doch ihre Beziehung am Telefon beendet. „Aber du...“ „Nein, Matt. Du bist gegangen! An dem Tag, an dem du dich entschieden hast auf Amerika-Tour zu gehen ohne deine Freundin auch nur ansatzweise mit in die Entscheidung einzubeziehen, an dem Tag hast du mich verlassen. Ich habe es nur ein paar Wochen später ausgesprochen“, zischte sie ihn an und kämpfte dagegen an, dass ihr Tränen über die Wangen rollten. Sora entriss ihm ihr Handgelenk und stand auf. „Aber es scheint sich ja für dich alles zum Guten gewendet zu haben, also hast du ja alles richtig gemacht!“ „Sora... Ich...“ „Ich glaube es wäre besser wenn du jetzt gehst“, murmelte die Rothaarige und ließ den Musiker wieder nicht zu Wort kommen. „Ich will davon nichts mehr hören. Ich hatte sowieso nie eine Chance, keine wirkliche zumindest. Die Musik war an erster Stelle. Ich kam immer dahinter. Du hast dich für deine große Liebe entschieden, die bin aber nicht ich, sondern die Musik. Ich hab es verstanden und es bringt nichts mehr darüber zu reden, das macht es nicht besser.“ Sora verließ die Küche und ging in das Wohnzimmer um den Karton mit Yamatos Habsehlichkeiten zu holen. Yamato saß noch immer auf dem Barhocker am Tresen und konnte sich nicht rühren. Zum ersten Mal wurde ihm richtig bewusst, was er Sora eigentlich angetan hatte und wie rücksichtslos er sich ihr gegenüber verhalten hatte. Er exte das Glas Wasser in einem Zug leer. Er brauchte das kühle Wasser um seinen staubtrockenen Mund zu befeuchten und rappelte sich langsam auf. Im Flur angekommen versuchte er erneut das Wort zu ergreifen, aber Sora hob gleich ihre Hand und stellte den Karton vor seine Füße. Er hatte sie zutiefst verletzt und konnte das so schnell nicht wieder gut machen und selbst wenn hätte er nicht gewusst wie. Er kramte durch seine Hosentasche und zog seinen Schlüsselbund heraus. Er suchte nach dem Wohnungsschlüssel, löste ihn vom Rest und hielt ihn Sora hin. Diese zögerte erst nahm ihn aber dann entgegen. Kurz berührten sich ihre Hände, aber sobald Matt hätte die Berührung ausdehnen können, entzog Sora ihre Hand schon wieder. „Mein Angebot steht nach wie vor. Du kannst solange bleiben, wie du willst. Gib mir einfach nur Bescheid, wann du ausziehst“, murmelte der Blonde und packte den restlichen Schlüsselbund zurück in seine Hosentasche. Erneut nickte Sora und klammerte sich am Schlüssel fest. „Ich wünsche euch weiterhin eine erfolgreiche Tour“, flüsterte die Rothaarige und senkte wieder ihren Blick um den Älteren nicht ansehen zu müssen. „Danke“, kam es leise vom Musiker. Er griff nachdem Karton, drückte die Türklinke herunter und trat aus der Wohnung. Er näherte sich dem Flur des Treppenhauses. Da fiel ihm ein, dass er noch ein Weihnachtsgeschenk für Sora hatte und trotz der angespannten Stimmung wollte er es ihr geben. Er drehte sich zu ihr um. „Sora, ich...“, begann Yamato zögerlich doch weit kam er nicht, da Sora die Türe gleich wieder ins Schloss fallen ließ und ein Lebewohl murmelte. Erstarrt sah der Musiker auf die geschlossene Türe und sah einige Minuten die weiße Türe an. Selbst durch die dicken Wände konnte er ein Schluchzen heraushören. Wie gerne hätte er sie jetzt getröstet. Er fühlte sich so schlecht dabei, zu wissen, dass er dafür verantwortlich war. Er griff nach seiner Innentasche seiner schwarzen Lederjacke und holte ein kleines verpacktes Geschenk heraus. Er legte es auf die Fußmatte und holte anschließend seine Handy heraus. >Ich habe dir etwas vor die Türe gelegt. Frohe Weihnachten. LG Matt< Yamato schickte die Textnachricht ab, verstaute sein Handy wieder und verließ die Etage. Wehmut machte sich in seinem Herzen breit, als er das Wohnkomplex verließ. Wie glücklich er damals war, als sie die Zusage für diese Wohnung bekommen hatten und jetzt? Er sah schweren Herzens zurück und seufzte. Ob er jemals nochmal einen Fuß in diese Tür setzen würde? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)