Follow your Heart von Linchen-86 ================================================================================ Kapitel 18: Die schockierende Wendung ------------------------------------- 19.11.2010 Die letzten zwei Wochen waren alles andere als leicht für den Yagami. Die Trennung seiner besten Freunde setzte ihm ziemlich zu, etwas das er immer noch nicht ganz fassen konnte. Sora arrangierte sich zwar so gut es ging mit der Situation, aber sie litt noch sehr unter der Trennung ihrer ersten und wahren Liebe. Die Arbeit lenkte sie die meiste Zeit über ab, auch dass sie bald nach Kyoto fahren würde forderte sie sehr. Der kurze Streit mit Mimi und den weiteren Verlauf des Abends versuchte er so weit wie möglich aus seinen Gedanken zu verbannen. Er ignorierte sein schlechtes Gewissen und war sich sicher, das es so das Beste war. Er hatte die Nachhilfestunden mit Nori augenblicklich beendet und ging ihr so gut es ging aus dem Weg. Auch wenn sie alles daran setzte sich mit dem Yagami auszusprechen. Für ihn bestand jedoch kein Redebedarf, er ging sogar Hiroto aus dem Weg, so sehr nagte das schlechte Gewissen an ihm. Aber es Mimi zu sagen ging erst recht nicht. Sie würde da viel mehr hineininterpretieren, als die ganze Sache wert war. Zudem wollte er sie nicht verletzen. Nicht unnötig und nicht wegen einer so dämlichen Sache. Tai kam gerade zurück von der letzten Vorlesung des Tages. Als er die Wohnungstür passierte sah er als erstes, wie Kari panisch durch die Wohnung lief, ihre Tasche packte und dabei wild auf Takeru einredete, der große Mühe hatte seiner Freundin zu folgen. „Was ist denn hier los?“, fragte Tai irritiert nach und sah sich aufgeweckt um. „Hast du meinen Reisepass gesehen, Mama?“, fragte Kari aufgebracht nach. Jetzt erst erkannte Tai, dass auch seine Mutter hektisch ihrer Tasche zusammenpackte und fieberhaft nach Karis Reisepass suchte. „Hier, Schatz“, sagte sie erleichtert, als sie die Ausweise von Kari und ihr in einer Schublade im Wohnzimmer fand. Takeru nahm ihn Yuuko ab und reichte ihn seiner Freundin, die diesen schnell in ihrer Handtasche verstaute, während der Blonde immer wieder einen besorgten Blick auf seine Freundin legte. „Hallo? Was ist hier los?“, fragte Tai erneut nach, nachdem er zunächst ignoriert wurde. Kari und Yuuko packten in heller Aufregung weiter, während der Blonde auf den Älteren zuging. „Susumo ist ins Krankenhaus gekommen, es sieht wohl wirklich sehr schlecht aus. Und es sieht auch so aus, als würde er da nicht mehr rauskommen“, klärte Takeru ihn vorsichtig auf. Tai nickte und erwiderte darauf nichts. „Und Kari und meine Mutter wollen jetzt dahin?“, fragte er nach, als er sah, dass Kari gerade fertig wurde und in ihr Zimmer lief um wohl noch irgendetwas herauszuholen. „Ja, selbst deine Mutter fährt mit. Der Zug fährt in einer Stunde los, ich weiß ja nicht ob du...“ Tai schüttelte gleich seinen Kopf. Was sollte er denn da? „Ich schau mal eben nach Kari, seit der Anruf vom Krankenhaus kam, ist sie keine Minute mehr ruhig.“ Takeru folgt seiner Freundin in ihr Zimmer, während auch Yuuko mit packen fertig wurde. „Möchtest du wirklich nicht mitkommen?“, richtete sie die Frage ernst an ihren Sohn. „Wir wussten doch alle, dass es irgendwann so weit sein würde“, erwiderte er leise und versuchte sich trotzdem seine Worte genau zu überlegen, da er jetzt niemanden verärgern oder verletzen wollte. „Taichi, ich weiß, dass du deinem Vater vieles nicht verzeihen kannst und willst, aber er liegt im sterben und die Möglichkeit dich mit ihm auszusprechen wird mit jedem Tag geringer, überlege dir ob du es so zwischen euch stehen lassen willst. Es geht dabei noch nicht mal um ihn, es geht um dich. Du musst damit weiter leben“, sprach sie mit fester Stimme, während Tai die ganzen Informationen erst mal verarbeiten musste. „Ich kann mir nicht vorstellen so weiter zu machen, ich brauche einen Abschluss Taichi, vielleicht brauchst du den auch...“, fügte die Ältere mit schwerer Stimme hinzu. Der Braunhaarige schüttelte nachdenklich seinen Kopf. „Ich...ich kann das noch nicht Mama..., bitte versteh das.“ „Ehrlich gesagt, versteh ich das nicht“, erwiderte sie traurig. „Er ist und bleibt dein Vater, dein Vater der im sterben liegt und du willst wirklich weiter auf stur stellen, nur weil du mit ein paar seiner vergangenen Entscheidungen nicht zurecht kommst?“, hakte sie behutsam nach. Der Jüngere sah seine Mutter überrascht an, er war es wirklich nicht gewohnt, dass sie so mit ihm sprach. „Ich...“, begann Tai einen kläglichen Versuch. „Ist schon okay, lass ihn einfach Mama. Er wird schon wissen was er tut“, mischte sich auch Kari ein, die mit einer weiteren Jacke über ihre Arme gestülpt aus ihrem Zimmer kam. „Er weiß wo Papa wohnt und wo wir sind. Er kann ja nachkommen, falls er sich umentscheidet“, sprach sie erst zu ihrer Mutter und dann zu Tai. Dieser nickte und lächelte die Jüngere etwas an. „Hast du alles?“, fragte Yuuko bei ihrer Tochter nach. Kari nickte. „Ja, meinetwegen können wir los“, antwortete sie. Auch Takeru kam mit einer kleiner gepackten Tasche aus Karis Zimmer heraus, auch er würde wohl mitreisen. „Ich auch“, erwiderte Yuuko und holte noch etwas Geld aus dem Schlafzimmer. Sie richtete den Blick zurück auf Tai. „Du bist dir sicher, dass du erst mal hier blieben möchtest?“, fragte sie nochmal ruhig nach. Der Braunhaarige nickte „Ja, aber ich kann euch noch zum Bahnhof fahren wenn ihr wollt?“, bot Tai an. Yuuko nickte dankbar. „Das wäre wirklich nett von dir.“ Tai nahm seiner Mutter noch das Gepäckstück ab und schloss die Türe hinter sich zu. Die Taschen seiner Mutter und Schwester verfrachtete er in den Kofferraum und fuhr los. Es dauerte circa zwanzig Minuten, dann kamen sie am Bahnhof an. Die Fahrt war ruhig und alle schienen ganz in Gedanken versunken zu sein. Im Rückspiegel sah er wie Kari ihren Kopf an Takerus Schulter abgelegt hatte und erschöpft ihre Augen geschlossen hielt. Sie war in den letzten Wochen die ganze Zeit wegen ihrem Vater besorgt, da sie nichts mehr von ihm gehört hatte. Tai hatte auch nicht erwartet, dass dieser in der Zwischenzeit ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Tais Hände waren fest an das Lenkrad geklammert und er konzentrierte sich bei der Strecke starr auf den Verkehr, obwohl er den Weg auswendig kannte. Kurz sah er zu seiner Mutter auf den Beifahrersitz, die einen wahnsinnig besorgten Blick trug, welchen er nicht ignorieren konnte. Nachdem Tai den Bahnhof passierte, half er seiner Familie noch das Gepäck aus dem Kofferraum zu holen und stand etwas unbeholfen vor seiner Mutter. „Du hast ja all unsere Nummern und wenn du dich umentscheidest melde dich. Ich bin sicher, dein Vater würde sich freuen und ich bin sicher es würde auch dir helfen“, richtete Yuuko nochmal besorgt an ihren Sohn und umarmte ihn zum Abschied. Er erwiderte die Umarmung, sagte aber nichts mehr. Er drehte sich zu seiner Schwester und zog auch sie in eine innige Umarmung. „Ich melde mich, sobald es etwas neues gibt“, richtete die Jüngere an ihren Bruder und lächelte ihn nochmal an. Tai nickte und wand sich auch kurz an Takeru, dem er seine Hand entgegen streckte. „Pass gut auf sie auf“, richtete er an den Jüngeren und deutete mit einer Kopfbewegung auf seine Schwester. „Keine Sorge, das mache ich“, versprach er und Tai wusste, dass er sich in diesem Punkt auf den Jüngeren verlassen konnte. „Und meldet euch, wenn ihr unten angekommen seid“, fügte er ruhig hinzu. Yuuko nickte und Kari winkte ihm nochmal zum Abschied zu. Dann verschwanden die Drei gemeinsam in Richtung Bahnhofshalle. Tai blickte ihnen noch eine Weile hinterher bis sie von der Menge verschluckt wurden. Tai brauchte einen Moment bis er sich wieder bewegen konnte. Seine Familie war unterwegs zu seinem schwerkranken Vater und er... er konnte nicht, er konnte sie auf diesem Weg einfach nicht begleiten. Er wusste selber nicht was genau ihn daran hinderte. War es wirklich nur wegen der Tatsache dass er so enttäuscht von seinem Vater war und er ihm nicht verzeihen konnte? Nach geschlagenen zehn Minuten rührte er sich und ging die paar Schritte zurück zu seinem Auto. Er setzte sich auf den Fahrersitz und startete den Motor. Aber wohin? Wohin sollte er fahren? Nach Hause, zu Freunden? Er schluckte als er darüber nachdachte das gerade so ein Wendepunkt im Leben seiner Familie anstand und er nur rumsitzen konnte. Ein Hupen hinter ihm erschreckte ihn, seine rechte Hand fuhr nach oben und er entschuldigte sich mit dieser Geste. Er stand im Parkverbot und wusste das er zumindest irgendwohin fahren sollte um Platz zu machen. Er fuhr los und ärgerte sich über den dichten Straßenverkehr, die Dummheit anderer Autofahrer und die permanenten roten Ampeln. Er fuhr schließlich doch nach Hause, was sollte er auch sinnlos durch die Gegend fahren. Bis nach Aoshima würden sie locker acht Stunden fahren, vorher würde er auch sicher nichts von ihnen hören. Wie ruhig es auf einmal hier in der Wohnung war. Zu ruhig, er erkannte immer noch das Chaos das seine Familie hier in der Wohnung hinterlassen hatte. Er räumte alles was er nicht brauchte weg und machte sich etwas zu essen. Er legte sich geschafft auf die Couch und dachte immer noch darüber nach, ob es klug war zu Hause zu bleiben oder nicht. Im Hintergrund ließ er den Fernseher laufen und irgendwann schlief er ein. --- Als sein Handy klingelte blickte Tai sich um und orientierte sich schnell. Es war mittlerweile zehn Uhr am Abend, daher konnte es wohl nur eine sein. Er nahm sein Handy, das auf dem Wohnzimmertisch lag und nahm das Gespräch entgegen. „Hi Kari.“ „Hallo, also ich wollte die nur sagen, dass wir gut angekommen sind und jetzt im Hotel sind. Hier ist noch alles sowie im Sommer. Sogar Herr Toyama hat sich nach dir und Mimi erkundigt. Er hat sich sehr gefreut, dass ihr euch wieder vertragen habt. Wir haben wohl ganz schön Eindruck hinterlassen oder viel mehr ihr“, erwiderte die Jüngere. „Ist doch gut und grüße Herrn Toyoma von mir.“ „Ja mach ich morgen, da es heute schon so spät ist. Wir gehen jetzt nur noch schlafen und morgen fahren wir ins Krankenhaus. Soll ich mich danach nochmal melden?“, fragte Kari unschlüssig nach. „Ja“, antwortete Tai kurz angebunden. „Ich werde ihm Grüße von dir ausrichten, ob es dir passt oder nicht. Wenn ich Herrn Toyama Grüße von dir ausrichten kann, dann gilt das gleiche auch für Papa“, stellte Kari klar. „Ja“, lenkte er gleich ein und wollte auch deshalb nicht mit seiner Schwester diskutieren. „Okay, dann machs gut und schlaf gut“, murmelte die Jüngere. „Du auch, Schwesterherz.“ Er beendete das Telefonat und rappelte sich auf, schaltete den Fernseher aus und ging in sein Zimmer. Kurz sah er auf das ungeöffnete Paket, das er nach seinem Geburtstag von seinem Vater erhalten hatte. Ob es jetzt ein guter Zeitpunkt war, das Paket zu öffnen? Er kniete sich neben seinen Schreibtisch, hob das Paket an und setzte sich damit auf seinen Schreibtischstuhl. Unsicher fuhr er mit seinen Händen über das Paketband, fuhr mit seinen Fingernägeln darunter, doch schließlich schüttelte er seinen Kopf und legte das Paket wieder neben sich auf den Fußboden. Er konnte nicht mal dieses verdammte Paket öffnen, wie sollte er es dann schaffen, nach Aoshima zu reisen? Wo war eigentlich sein Mut hin, wenn er ihn am dringendsten benötigte? Und wer war eigentlich gerade feige? Er oder damals sein Vater? Er fuhr seinen PC hoch, eventuell hatte er ja Glück und Mimi war bereits wach, auch wenn sie für gewöhnlich Sonntagmorgen und nicht Samstagmorgen skypten. Irgendwie wollte er ihre Stimme hören und er musste auch mit Irgendjemanden über all das reden. Hoffentlich würde sie ihn dafür nicht verurteilen. Tatsächlich tauchte nach ein paar Minuten Mimi auf. „Hi“, erwiderte er erfreut, auch Mimi strahlte, wenn sie auch etwas überrascht wirkte. „Ich wollte mal mein Glück versuchen.“ „Ich war sowieso gerade am Rechner, Sora hat sich bei mir gemeldet und wir haben bis eben geskypt.“ „Cool, habt ihr alles klären können?“ wollte er wissen. Mimi lächelte erleichtert. „Ja, alles wieder gut. Sie hat mir alles erzählt, sich entschuldigt, mir ihre Sichtweise erklärt und auch stolz von Kyoto berichtet“, brabbelte Mimi gleich drauf los und redete weiter ohne Punkt und Komma. „Nächste Woche ist die Abschiedsparty von der Band, dann gehen sie auch schon auf Tour. Aber das Gute, dann haben wir wieder einen Monat geschafft. Ist das nicht super?“ Tai nickte nur verhalten, während er dem Gespräch nicht mehr ganz folgte. „Ist alles in Ordnung?“ Der Braunhaarige sah wieder überrascht in die Kamera und erkannte Mimis besorgten Blick. „Du siehst so anders aus“, stellte sie nüchtern fest. „Kari, Takeru und meine Mutter sind heute nach Aoshima gereist“, klärte er sie auf. „Was? Warum?“, hakte die Jüngere irritiert nach und starrte ihn mit großen Augen an. „Ähm...es geht Susumo wohl nicht so gut und er liegt gerade im Krankenhaus“, murmelte Tai und senkte seinen Blick. Irgendwie konnte er sich denken, was als nächstes kommen würde. „Und warum bist du nicht mitgefahren?“ Und da war sie... die Frage auf die er gerade selber keine Antwort hatte. „Ich muss nachdenken“, erwiderte er trocken. „Vielleicht fahre ich ja noch nach“, versuchte er sich zu erklären um etwas besser dazustehen. „Ich denke deswegen nicht schlecht von dir.“ Tai hob seinen Blick und sah der Brünetten wieder direkt in die Augen. Als ob sie seine Gedanken lesen könnte. „Na ja, du hast dich damals auch nicht richtig von deinem Vater verabschieden können und die Briefe hast du auch lange vor dir hergeschoben. Ich wollte damals unbedingt, dass du sie öffnest, weil ich dachte das es dir helfen würde, aber ich habe erkannt, das es nicht so war und du nur noch wütender wurdest. Ich denke solange du so fühlst und so denkst, kannst du nicht einfach so weiter machen, richtig?“ vermutete Mimi blind ins blaue und traf einen wunden Punkt bei Tai. Er nickte verhalten. „Und das Paket von deinem Vater hast du sicher auch noch nicht geöffnet, oder?“ „Ist das bescheuert?“, fragte Tai nach und senkte wieder seinen Blick zurück auf das Paket. Die Jüngere schüttelte den Kopf. „Nein, du kannst es dir ja wirklich noch überlegen nach Aoshima zu reisen, aber vielleicht fängst du erst mal mit dem Paket an, wenn du soweit bist“, lächelte sie ihn aufmunternd an. „Danke, für alles.“ Tai war wirklich erleichtert, das Mimi ihn nicht noch zusätzlich für sein Verhalten ohrfeigte. Auch wenn sie sicher anders daran gehen würdeund es sicher auch nicht gut hieß. „Kari hält mich auf dem Laufenden. Sie gehen ihn morgen besuchen“, erklärte er „und weißt du was? Herry Toyama grüßt uns“, lächelte er etwas. Mimi schien kurz nachdenken zu müssen. „Ach der Hotelmitarbeiter aus Aoshima?“ fragte sie freudig nach. Tai nickte. „Genau.“ „Was? Er erinnert sich noch an uns, ist ja süß... na ja... mein Abgang war ja auch...“ „Mimi...like“, lachte der Ältere. „Ja...“, gab sie sich geschlagen und bekam rötliche Wangen. „Ich war aber auch wirklich, wirklich wütend auf dich.“ „Ja, ich weiß, entschuldige“, nuschelte der Braunhaarige „Aber wie du siehst, scheint er ja heute noch über uns zu reden. Wir sind eben beeindruckend.“ „Ich glaube ich würde schon gerne irgendwann mal wieder nach Aoshima reisen“, überlegte Mimi „Und natürlich mit dir, nur mit einem anderen Abgang“, fügte die Brünette nachdenklich hinzu. „Vielleicht machen wir das ja auch“, murmelte Tai und lächelte Mimi an. „Ja, vielleicht...“ Noch eine volle Stunde skypten sie miteinander. Während dem Gespräch erholte sich Tai mehr und mehr und die Anspannung fiel von seinen Schultern. Er war froh, dass Mimi Zeit gehabt hatte und er mit ihr reden konnte. Anders hätte er heute den Tag nur schwer verarbeiten können. Und auch wenn sie gerade weit weg war, fühlte er sich doch sehr mit ihr verbunden. Ihre einfühlsamen Worte waren das, was er heute gebraucht hatte. Alleine dafür war er ihr unheimlich dankbar, auch wenn sie wahrscheinlich gar nicht wusste, was es ihm bedeutete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)