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Zwei Tiere in Ionia

von

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Kapitel 46 - Neuer Horizont

...Ich stellte mich auf die Reling und wartete darauf, dass das Schiff nah genug an die Küste fuhr. Yi stand dicht hinter mir und schaute sich die Stadt nur mit einem missbilligendem Blick an. ,,Ich geh dann jetzt", sagte ich zu meinem Schatz und beugte mich zu ihm runter, um ihm einen Abschiedskuss zu geben. ,,Pass gut auf dich auf und halt dich nicht zu lange hier auf", sagte er leise mit geschlossenen Augen, nachdem wir uns lösten, als wäre er noch irgendwie benommen. Er öffnete seine Augen langsam und sah mich irgendwie... leer an. ,,Ganz bestimmt", antwortete ich kalt, ,,pass du auch auf dich auf" Er nickte und ich sprang ab, noch bevor der Anker überhaupt geworfen wurde. Yi würde jetzt noch weiter fahren.

 

Die letzten Stunden war diese merkwürdige Spannung zwischen uns gewesen. Wir verhielten uns eher, als wären wir uns völlig fremd und hätten keine Gefühle für einander. Aber ich spürte, wie ihn die Sorgen quälten, genauso wie mich; vor allem nach meinem Erwachen. Auch am Kuss gerade konnte ich spüren, wie ungern er mich gehen ließ. Er hatte sich mir nämlich noch hinterher gestreckt, als ich mich löste, und schien so berauscht. Ich konnte nur hoffen, dass diese Reise etwas brachte. Aber Kata würde mich nicht zu ihr ins Land rufen, wenn es nicht wichtig wäre.

 

So schnell wie möglich huschte ich durch die dreckigen Straßen Zhauns und suchte mir den besten Weg hinauf. Der Gestank machte sich in meinem gesamten Kopf breit. Ich hätte würgen können. Vorsichtig sprang ich umher, um nicht in eine Pfütze oder Ähnliches zu treten. Stück für Stück machte ich mir um die Aufzüge herum meinen Weg nach oben, indem ich von Dach zu Dach sprang.

 

Oben angekommen war ich nicht gerade erleichtert. Piltover schien offensichtlich sauberer zu sein, aber hier würde ich genauso wenig wohnen wollen. Es war mir hier zu hell und modern. Während ich in Zhaun trotz meiner Eile komplett ignoriert wurde, kassierte ich hier sofort neugierige Blicke.

 

Ich sah mich um, um mir eine Übersicht zu verschaffen, und rannte sofort weiter Richtung Süden. Auf dem Schiff hatte man mir erzählt, dass es dort einen Pass durchs Gebirge gab. Es wäre zwar ein kleiner Umweg, aber durch die Berge zu rennen würde deutlich länger dauern.

 

Nach wenigen Stunden konnte ich den Engpass schon erkennen und lief geradlinig darauf zu. Ich lief nur noch von automatisch. Meine Beine trugen mich in einem gleichmäßigen Tempo, während ich meine Aufmerksamkeit ganz in mich rein fokussierte. Ich bemerkte gar nicht, dass ich schon im Sumpfgebiet war, und lief instinktiv die Bergkette nach Osten entlang.

 

Ich malte mir aus was in Noxus passieren würde, spekulierte darüber herum was Kata wohl genau wollte, aber erinnerte mich auch einfach an schöne als auch schlechte Momente meiner Vergangenheit in Shurima, bis meine Erinnerungen irgendwann auch in Ionia angekommen waren: wie wir Ahri kennengelernt haben, die uns dann den anderen vorgestellt hat, wie ich meinen Helden zum ersten Mal sah, wie dieser Held mich tanzen lehrte und ich danach auf Zed traf, wie noch Yasuo dazu kam, wie die Noxier und Ionier zum ersten Mal aufeinander trafen, was Kata Talon für Kopfschmerzen bereitet hat, wie der Blutmond verlaufen ist, unser erster Kuss, die Magie des Lotusgartens, wie ich Lucian fand, wie unser Ausflug in die Berge schief gegangen war, aber ein wirklich schönes Ende nahm, wie viel Spaß ich mit Wukong hatte, aber auch wie ich eines Nachts erwachte und mich einem Toten und meiner Vergangenheit stellen musste, wie wir uns kurz darauf in einem Blitzkrieg behaupten mussten, wie ich bei den Vastaya etwas über mich selbst herausfand, wie ich Riven und Jhin konfrontiert hatte - oder sie eher mich, wie ich Yi rettete, aber es nur noch mehr eskalierte, wie wir zusammen den Sieg feierten, wie süß und angepisst Yi sein konnte, wenn er eifersüchtig war... und dann... dann war ich wieder hier. Ich habe schlimme Sachen in Ionia erlebt, das ist wahr, aber dafür hatte ich hier ein schönes Leben, indem ich Spaß, Liebe und Freundschaft erfahren durfte. Alles, was vor vor einem Jahr stattgefunden hatte, war ein öder Alltag, der nur aus trainieren, lernen, essen und schlafen bestanden hatte. Einfach unglaublich wie schnell sich ein ganzes Leben ändern konnte. Ich wollte nie wieder weg; ich wollte, dass es ewig währte...

 

Als sich meine Erinnerungen legten, bemerkte ich eine Wolkendecke aus grauen Schwaden, die von einem Berg ganz hinten am Horizont kam. Die haben hier aber echt was gegen Natur, kann das sein? regte ich mich auf. Aber ich biss mir auf die Lippe und erhöhte mein Tempo, da es schon Abend war. Tatsächlich klebten schon einige Haarsträhne wegen des Scheißes in meinem Gesicht und mein Rücken war komplett nass. Auch ich hatte meine Grenzen, aber ich musste es nicht mehr lange aushalten. Mir entrann ein Keuchen, als ich über einen Felsen sprang.

 

irgendwann kam ich an einer Brücke überm Torgraben an, der den Stadtstaat umrundete. Mit gerader Haltung ging ich gemütlich auf die beiden Wachen zu, die am Tor vor der Brücke standen. Innen war ich total nervös und befürchtete, dass es schief gehen würde, aber das konnte ich ihnen natürlich nicht zeigen.

 

Sie sahen mich nur skeptisch an, ehe einer von ihnen fragte: ,,Wer bist du, woher kommst du und was ist der Anlass?" Ich schluckte schwer, aber mein Blick war eiskalt und einschüchternd, als ich antwortete: ,,Neru-Anne van Anubis ist mein Name. Ich bin ein shurimanischer Champion und wurde zum Hause Du Couteau gerufen" Sie prüften noch mal meine Miene, um sicher zu gehen, dass ich die Wahrheit sagte, und ließen mich dann durch. ,,Einfach geradeaus", sagte einer noch. Ich hauchte ein ,,Danke", ehe ich schnellen Schrittes hinter der Mauer verschwand. Was den Weg anging, würde ich mich gleich noch auf die Einwohner verlassen müssen.

 

Die Stadt wirkte sehr dunkel und grau, die untergehende Sonne verstärkte den Eindruck nur. Ansonsten schien die Stadt sich nicht wirklich von einer anderen zu unterscheiden. Es herrschte noch reges Treiben, sodass man mir kaum Beachtung schenkte, als ich im Eiltempo die Straßen entlang lief. Ich sah mich beim Laufen um und prägte mir jeden Unterschied zu anderen Kulturen ein, den ich erkennen konnte.

 

Das lenkte mich sogar so sehr ab, dass ich irgendwann in jemanden rein rannte. Ich prallte ein Stück von dessen Rüstung ab, ehe ich mich fasste und zu dem Mann hinauf sah. Der Schwarzhaarige war ein ganzes Stück größer als ich und definitiv breiter als der Türsteher. In der rechten Hand hielt er eine große, schwere Axt und an seinem Rücken hing ein roter Umhang, der bis zum Boden reichte. Etwas grimmig, aber sonst eher neutral, sah er zu mir runter.

 

,,V-Verzeihung! Ich habe nicht aufgepasst", entschuldigte ich mich schnell und neigte meinen Kopf ein wenig als Verbeugung. Jetzt fielen ihm meine körperlichen Unterschiede im Vergleich zu normalen Menschen auf und er hob fragend eine Augenbraue. Aber dann sagte er nur: ,,Schon gut. Jeder ist mal in Gedanken. Jemanden wie dich habe ich noch nie gesehen. Ich nehme an, du bist nicht von hier?" Seine Stimme war sehr tief und rauchig. ,,Nein. Ich komme aus Shurima", antwortete ich. ,,Bist du ein Champion?", fragte er. ,,Ja, tatsächlich. Woher wissen Sie das?", stellte ich nun eine Frage. ,,Ich bin mir nicht sicher", meinte er, ,,habe ich dir vom Aussehen her einfach zugeraut. War wohl sowas wie ein Bauchgefühl" Ich legte den Kopf etwas schräg und legte ein Ohr zur Seite.

 

,,Naja, auf jeden Fall: Es war mir eine Freude sie kennen zu lernen", sagte ich, als ich mich daran erinnerte, was ich hier überhaupt machte, ,,aber ich muss jetzt weiter, Auf Wiedersehen" Ich sah mich um, um die Orientierung wieder zu finden, aber ich wusste sowieso nicht wo ich lang musste. Ich sah wohl ziemlich hilflos aus, da sich, nachdem mir der Mann kurz aufmerksam zugesehen hatte, ein kaum sichtbares Schmunzeln auf seine Lippen stahl. ,,Du kennst dich hier wohl nicht wirklich aus. Wohin musst du denn?", fragte er zuvorkommend. ,,Ehm... zum Haus der Du Couteaus. Könnten Sie mir bitte den Weg verraten?", ich fühlte mich irgendwie unsicher. ,,Ich spaziere gerade sowieso nur durch die Straßen, weil ich nichts zu tun habe, also werde ich dich einfach hinführen. Es ist gar nicht weit von hier", bestimmte er gelassen und wandte sich zum Gehen. Etwas überrumpelt blieb ich erstmal stehen, aber dann holte ich zu ihm auf und lief neben ihm her.

 

Nach langem Schweigen fragte er plötzlich: ,,Bist du etwa mit Katarina oder Talon befreundet?" ,,Ja, mit Katarina eher" ,,Hätte nicht von ihr erwartet, dass sie Freundschaften außerhalb von Noxus schließt", stellte er fest, ,,Crownguard mal ausgenommen", fügte er noch hinzu. Den ganzen Weg über hat er mich nicht einmal angesehen, sondern nur starr auf die Straße. Sein Tempo war eher gemütlich, wie bei einem richtigen Spaziergang, aber seine Beine fielen schwer auf den Boden und ließen seine Rüstung jedes Mal klirren. ,,Und ich hätte nicht erwartet, dass das jeder weiß", entgegnete ich. Er schnaubte amüsiert und erklärte: ,,Also bitte: es ist so offensichtlich mit den beiden. Selbst das gewöhnliche Volk ahnt es. Aber wir hoffen alle nur, dass es gewaltig schief geht" Ich hätte am liebsten laut losgeprustet, aber musste ein Pokerface bewahren. Pfffff es geht auch sicher gewaltig schief, die Frage ist hier nur für wen.

 

,,Hier, wir sind da", sagte er und deutete auf ein großes Eisentor vor uns. Um das Anwesen war eine drei Meter hohe Mauer und vorm Tor standen zwei Wachen. Aber beim Anblick des Hünen wichen sie sofort zur Seite und erwiesen ihm Respekt. ,,Vielen Dank, dass Sie mich hergeführt haben", sagte ich mit einem Lächeln und wollte schon durchs Tor gehen. ,,Gern geschehen... Ahja, ich habe mich gar nicht vorgestellt. Darius ist mein Name", erwähnte er und verabschiedete sich. ,,Neru-Anne", sagte ich immer noch lächelnd und machte einen leichten Knicks, bevor ich endlich eintrat und sich das Tor hinter mir wieder schloss. Hinter mir wurde Darius sofort blass, als er meinen Namen hörte, aber ich ging bereits den Weg entlang auf das Anwesen zu...



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