Something Worth Fighting For von SocialDistortion (»[AcexOC]«) ================================================================================ Kapitel 34: From Soldier To Pirate ---------------------------------- „Ace?“ Ihr Körper spannte sich an, als sie das Rasseln der Ketten vernahm und Ace‘ Kopf sich langsam hob. Wie auch vor ein paar Tagen setzte ihr der Anblick sehr zu und sie fühlte sich fürchterlich, denn sie konnte einfach nichts gegen seine Lage tun. Tatenlos musste sie dabei zusehen, wie er litt. Während sich Nikira schwer tat, ihn anzusehen, ließ der Pirat sein Blick bedächtig über ihre Erscheinung wandern. „Schickes Outfit, Marinesoldatin“, waren seine leisen und emotionslosen Worte. Die Rothaarige presste bei seiner Reaktion die Lippen aufeinander. Nahezu verärgert zog sie ihren Umhang aus und schmiss ihn achtlos auf die Seite. Sie hasste dieses Teil und trug es nur, damit sie hierherkommen konnte. Die junge Frau holte tief Luft und haderte mit sich selbst. Eigentlich hatte sie sich all ihre Worte genauestens zurechtgelegt, aber gerade wollte kein einziger Laut über ihre Lippen kommen. Seinen Namen hatte sie gerade so herausgebracht, aber als sie ihn gesehen hatte, hatte sich nur ein dicker Kloß in ihrem Hals gebildet. Das unangenehme Gefühl in ihrem Inneren wurde nicht besser, als Ace plötzlich meinte: „Ich habe gehofft, dass Marco nur einen verdammt schlechten Witz gemacht hat.“ Seine Stimme klang bitter und führte dazu, dass Nikira zusammenzuckte. „Du...hast also mit Marco gesprochen?“ Eigentlich hätte sie damit rechnen müssen, dass der Vize mit ihm per Teleschnecke Kontakt aufnimmt. Ihr Gespräch mit dem Kaiser war immerhin nichts, was der Phönix seinem besten Freund vorenthalten würde. Vermutlich war es für ihn auch noch eine Genugtuung, als er es Ace mitteilen konnte. „Ich bin so unglaublich wütend“, fing er gepresst an und ignorierte ihre rhetorische Frage einfach. „Nicht nur auf diesen Mistkerl Blackbeard, sondern auch auf dich.“ Nikira hatte geahnt, dass er so empfinden würde. Sie würde genauso reagieren und doch konnte sie es nicht einfach so hinnehmen, weshalb sie ein schwaches „Es tut mir leid“ herausbrachte. Er würde ihre Entschuldigung nicht annehmen, aber es war das einzige, was sie ihm bieten konnte. Der Pirat schnaubte, wie erwartet, abfällig. „Klar. Und das soll ich dir glauben? Ernsthaft. Für wie blöd hältst du mich eigentlich?“ Sie biss sich bei seiner verächtlichen Aussage auf die Lippen. Auch wenn er allen Grund dazu hatte, ihr nicht zu glauben, so tat es dennoch weh und machte sie auf gewisse Weise wütend. Sie ging näher auf die Gitterstäbe zu. „Ehrlich gesagt, halte ich dich für verdammt bescheuert. Wie dumm muss man sein, um allein gegen Blackbeard zu kämpfen?“ Ace war zuerst überrascht, wandte aber schließlich seinen Blick ab. „Was kümmert es dich? Sei doch lieber froh, dass ich es getan habe und nun hier bin. Darauf hast du doch die ganze Zeit gewartet.“ Kaum hatte er das gesagt, bohrten sich viele Nadeln in ihr kleines Herz und die Wut verblasste. „Das stimmt nicht. Das habe ich nicht.“ Sie schlang ihre Arme um ihren Oberkörper. Fast so, als könnte sie sich dadurch selbst schützen. „Ach ja? Dann sag mir eins: Warum hast du uns alle belogen?“ Seine Augen funkelten sie an. Er war wütend. Einfach nur wütend und sonst nichts. Nikira holte tief Luft. „Ich habe euch nicht belogen. Nicht richtig.“ Reue schwang in ihrer Stimme mit. Etwas zu verschweigen war doch nicht dasselbe wie lügen, oder? Der Pirat sah das allerdings anders. „Was heißt nicht richtig? Du hast so getan, als würden wir dir etwas bedeuten und dabei hast du verschwiegen, dass du zur Marine gehörst“, zischte er. Bei seinen Worten zuckte sie abermals kurz zusammen, fasste sich aber schnell wieder. „Ihr habt mir etwas bedeutet. Das tut ihr noch immer.“ Eindringlich sah sie ihn an und seufzte. „Was ich getan habe, war falsch, aber damals hatte ich absolut keine Ahnung von der Welt außerhalb des Marinehauptquartiers. Ich habe meinem Vater jedes einzelne Wort geglaubt, weil ich seit meiner Kindheit nichts anderes kannte.“ Es klang wie eine billige Ausrede, aber das war es nicht. Ganz und gar nicht. Ace lachte freudlos auf. „Das ist deine Entschuldigung? Du hattest keine eigene Meinung und bist blind den Ansichten der Weltregierung gefolgt? Toll. Wirklich toll.“ Er war kaum zu überhören, dass er sich über sie lustig machte. Auch wenn sie jedes einzelne Wort und jeden einzelnen Blick verdiente, verletzten seine Vorwürfe sie. „Das ist nicht fair, Ace“, flüsterte sie deshalb brüchig. Der Pirat warf ihr einen bitteren Blick zu. „Weißt du, was nicht fair ist? Dass ich geglaubt habe, dass du das alles ernst meintest. Von deinem Lachen, bis hin zu dem...Kuss. Dabei entsprach einfach nichts der Wahrheit.“ Sie wusste nicht, wo sie hinsehen sollte, denn egal, wie sie sich entschied, sie sah immer seinen verächtlichen Blick. Deswegen nahm sie den direkten Weg und richtete ihre Augen auf ihn. „Ich habe alles ernst gemeint. Alles, außer den Grund, weshalb ich auf der Moby Dick aufgetaucht bin.“ Der Schwarzhaarige ließ die angespannten Schultern sinken, woraufhin die Ketten rasselten. „Ich kann dir das einfach nicht glauben“, meinte er tonlos. Nikira richtete ihr Augenmerk auf eine Pfütze vor ihr auf dem Boden. „Mir ist bewusst, dass du mir nicht vergeben wirst. Ich habe es zwar gehofft, aber nicht erwartet.“ Sie hielt kurz inne und hob wieder den Kopf. „Dieses besondere Herzklopfen. Ich spüre es selbst dann, wenn ich nur an dich denke und ich glaube, es wird nicht besser. Ich...Ich mag dich verdammt gerne, Ace. Dich hier zu sehen und nichts dagegen tun zu können, bringt mich fast um. Dabei ist es egal, ob du mich hasst.“ Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter und versuchte seinem Blick standzuhalten. Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen, hierherzukommen. „Ich...sollte jetzt wieder gehen“, murmelte sie deshalb und wandte sich ab. „Unser Leben wird nicht nur von unseren Vorfahren bestimmt, denn wir selbst sind dafür verantwortlich“, wiederholte er plötzlich nahezu identisch ihre Aussage von damals. „Das waren doch deine Worte, oder? Wieso hältst du dich nicht selbst daran?“ Sie hielt inne und murmelte: „Das ist in meinem Fall nicht so einfach.“ Ace schnaubte leise. „Ich bitte dich. Als wäre dein Leben so kompliziert.“ Nikira verkrampfte sich. Ihre gesamte Haltung wirkte angespannt. „Es ist alles andere als einfach, Ace. Aber das versteht jemand wie du nicht.“ „Ach ja? So schwer ist es nicht. Du lebst hier dein behütetes Leben, lässt dich vermutlich von den anderen Marineidioten feiern und genießt auch noch das Ansehen, weil dein Vater ein verdammter Admiral ist. Was ist daran also nicht einfach?“ Das hätte er nicht sagen sollen. „Du willst wirklich wissen, was nicht einfach ist? Schön!“, zischte sie energisch und wirbelte herum. Sie hatte eine kalte Maske aufgelegt und ihre nächsten Worte klangen alles andere als beherrscht: „Es ist nicht einfach, dass mein Vater mich immer für den Tod meiner Mutter verantwortlich macht und mich deshalb verachtet. Es ist nicht einfach, dass er mich schlägt und beinahe umbringt, weil ich nicht das sage oder tue, was er will. Es ist nicht einfach, dass ich statt Anerkennung extra Training erhalte, weil ich nicht gut genug für ihn bin und es ist nicht einfach, dass mich hier jeder hasst, weil sie glauben, ich erhalte Sonderprivilegien. Mein Leben ist vieles, aber nicht einfach.“ Angestrengt hob und senkte sich ihr Brustkorb rasch. Beinahe kraftlos ließ sie ihre Schultern fallen. Ihr Inneres glich einer einzigen Achterbahn der Gefühle. Schuld, Angst, Verzweiflung und Wut waren nur ein Bruchteil dessen, was sie fühlte. „Ich hatte...habe nichts, okay? Du hingegen hast so viel mehr als du glaubst. Sabo, Ruffy, Whitebeard und die Crew. Sie stehen allesamt hinter dir. Ich...Ich würde alles dafür geben, um so eine Familie zu haben.“ Es war ihr schon länger klar, dass sie ihn für sein Umfeld beneidete. Diese Vertrautheit und Verbundenheit, die auf der Moby Dick herrschten, war das, was sie sich seit Jahren über alles wünschte. Lange wollte sie das nicht einsehen, aber dank den Piraten und vor allem dank Ace wurde ihr das nach und nach schmerzhaft bewusst. Sie wollte nicht so jemanden wie ihren Vater, sie wollte Whitebeard mit seiner gesamten, durchgeknallten Crew. Nikira beobachtete Ace‘ Reaktion, obwohl es ihr mittlerweile auch egal war. Machte es einen Unterschied, ob er nun ein Fünkchen Mitleid mit ihr hatte oder ob er sie noch immer verachtete? Nicht wirklich. Sie fühlte sich innerlich so leer und gleichzeitig machte sie der Gedanke an die Exekution verrückt. Wie sollte sie damit umgehen? Sie konnte sich damit abfinden, dass sie ihr restliches Leben hier verbringen musste, aber nicht, dass Ace sterben sollte. Das war unmöglich. Der Pirat hatte indes den Blick abgewandt und eine unergründliche Miene aufgelegt. Nikira wusste nicht, ob er ihr das auch nicht glaubte. Vielleicht wollte er nicht wahrhaben, dass ihr Leben alles andere als unbeschwert war, oder vielleicht realisierte er, dass sie recht hatte. „Du musst nicht hierbleiben“, meinte er plötzlich leise und überraschte sie ein wenig.Sie fing an, auf ihrer Unterlippe herumzukauen. Dieser Gedanke war ihr auch schon gekommen. Deshalb antwortet sie: „Ich weiß, aber für immer alleine auf dem Meer herumzusegeln, stell ich mir ziemlich einsam vor.“ „Einsamer, als hier von jedem gehasst zu werden?“ Fest richteten sich seine Augen wieder auf die junge Frau. „Nein, vermutlich nicht.“ Ihre Worte waren nur ein leises Murmeln. Er hatte recht, aber ein paar Personen gab es im Hauptquartier, die ihr Leben halbwegs erträglich machten. Reichten diese aus, um hier nicht verrückt zu werden? Kurz herrschte Stille zwischen den beiden, ehe Ace sagte: „Egal was in ein paar Stunden passiert, du solltest dich für eine Seite entscheiden.“ Mittlerweile waren die pure Verachtung und die enorme Wut aus seiner Stimme verschwunden. Jetzt klang sie kraftlos. „Das...werde ich“, antwortete sie leise und musterte den Piraten. Er wirkte auf sie, als hätte er aufgegeben. Als hätte ihn nur die Wut aufrechterhalten. Der Anblick tat ihr weh, denn er war stets ein Kämpfer, dessen Stärke sie immer bewundert hatte. Trotz seines Hasses auf seinen Vater versuchte er in Freiheit zu leben. Von diesem Ace schien nicht mehr viel übrig zu sein und dabei war es dieser Ace, dem sie so viel zu verdanken hatte. Langsam ging sie auf die Zelle zu. „Sie werden kommen und dich retten. Da bin ich mir sicher, nur...gib nicht auf.“ Eindringlich sah sie ihn an, doch als er nichts mehr sagte, seufzte sie schwer. Das Gespräch war ein Auf und Ab. So, wie sie es erwartet hatte und dennoch war es an dieser Stelle zu Ende. Bevor sie gehen konnte, musste sie allerdings noch etwas erledigen. Sie nahm sich ihr kleines Messer, welches sie an ihrem Oberschenkel befestigt hatte und streckte ihren Arm aus. Konzentriert setzte sie die Klinge auf ihre Haut und zog mit leichtem Druck schräg über ihren Unterarm. Sie verzog dabei kaum das Gesicht. „Was tust du da?“, fragte Ace plötzlich verwirrt, als sie einen weiteren Schnitt machte. „Glaubst du wirklich, dass sie mich einfach so mit dir reden lassen?“ Sie warf ihm einen schnellen Blick zu. Mittlerweile hatten sie ihre Emotionen wieder im Griff, denn ihre gesamte Konzentration lag auf dem kleinen Messer. „Ergibt Sinn“, murmelte der Pirat mehr zu sich selbst. Nikira zog indes ihr Messer zum dritten und letzten Mal über ihre Haut. Das Blut ran ihren Arm entlang und tropfte auf den Boden. Die offenen Wunden brannten, aber sie hatte schon Schlimmeres erlebt. Abwesend fuhr sie mit ihrer Handfläche über die rote Spur. Anschließend steckte sie ihr Messer zurück und nahm sich ihr blaues Band vom Hals. Dieses wickelte sie sich um die drei Schnitte. Das Stück Stoff würde man unter ihrem Umhang nicht sehen und würde zusätzlich einen stärkeren Blutfluss verhindern. „Bevor ich gehe, wollte ich mich noch bei dir bedanken.“ Sie sah ihn nicht an, sondern versuchte das Band festzuziehen. Nicht einfach, wenn man nur eine Hand dafür hatte. „Wofür?“, fragte er konfus und hustete aufgrund der Kälte und der Dehydrierung. Die 18-Jährige griff nach ihrem Umhang und legte ihn sich über die Schultern. „Einfach für alles, was du für mich getan hast.“ Zum ersten Mal, seit sie hier vor der Zelle stand, lächelte sie. „Du warst so nett zu mir, obwohl du mich nicht kanntest und ich alles andere als umgänglich war. Du hast mich wie jemanden behandelt, der zur Familie gehört und das war das Schönste, was mir seit Langem passiert ist. Ich werde das nie vergessen. Dich und auch nicht...den Kuss.“ Bei der Erinnerung daran wurde ihr warm und trotz der aussichtslosen Lage durchströmte sie ein Gefühl des Glücks. Ace‘ Miene fiel bei ihren Worten in sich zusammen. Zaghaft fing er an: „Nikira, ich -“ „Schon gut“, unterbrach sie ihn eilig, aber keinesfalls unwirsch. „Ich kann mir vorstellen, dass du es bereust, aber ich tu es nicht. Im Gegenteil.“ Sie holte tief Luft und stieß sie angestrengt wieder aus. „Ich sollte jetzt wirklich gehen.“ Sie sagte es mehr zu sich selbst und wandte sich anschließend zum letzten Mal an den Piraten. Eine grimmige Miene war auf ihrem Gesicht aufgetaucht. „Ich schätze, wir sehen uns dann in ein paar Stunden.“ Noch bevor er etwas erwidern konnte, machte sie kehrt und ging den Weg zurück, den sie gekommen war. Sie musste schnell hier raus, denn auch wenn sie am Ende gewirkt hatte, als wäre sie total gefasst, sah es in ihrem Inneren anders aus. Ständig hatte sie an seine bevorstehende Exekution gedacht und tat es jetzt auch noch. Sie wollte fest daran glauben, dass ein Wunder den Plan der Marine vereitelte. Dass Whitebeard und die anderen es tatsächlich schaffen würden, Ace zu retten. Das Problem an der Sache war, dass Nikira nicht an Wunder glaubte. Noch einmal sah sie zu den Zellen, ehe sie die Treppen wieder nach oben ging und das Gefängnis verließ. Die beiden Wachen warfen ihr neugierige Blicke zu, denn das blutverschmierte Top war ihnen sofort aufgefallen. Die Rothaarige schenkte ihnen jedoch keine Beachtung. Zu sehr war sie in ihre Gedanken vertieft, die sich wie so oft um den schwarzhaarigen Piraten drehten. Wie lange würde es dauern, bis sie über seinen Tod hinwegkam? Wochen, Monate, Jahre? Sie wollte es nicht herausfinden und doch standen die Chancen gering, dass er aus dieser perfiden Lage entkam. Und was würde sie morgen tun? Auf der Seite der Marine stehen? Sie wusste es nicht. Erschöpft fuhr sie sich über das Gesicht und begab sich in ihr Zimmer. Dort wechselte sie einmal das blaue Band zu einem normalen Verband. Wie mechanisch zog sie sich danach andere Kleidung an, putzte sich die Zähne und legte sich ins Bett. Auf der Seite liegend, zog sie ihre Knie bis zur Brust und starrte in die Dunkelheit. Noch bevor sie es versuchte, wusste sie, dass sie nicht gut schlafen würde. Die aussichtslose Lage in der sie sich befand, bereitete ihr Kopfschmerzen. Nicht nur das. Auch, dass Ace...nein! Daran wollte sie einfach nicht mehr denken! Verbissen presste sie ihre Lider zusammen und drückte ihr Gesicht in das Kissen. Es war keine gute Idee, denn prompt tauchten Bilder vor ihr auf, die sie um jeden Preis vermeiden wollte. Gereizt drehte sie sich auf den Rücken und öffnete wieder ihre Augen. Dieser Drang, sich ständig bewegen zu müssen, spiegelte ihre innere Unruhe wider. Ihre Gedanken waren ein einziges Chaos. Dabei spielte Ace eine wesentliche Rolle, aber auch ihre eigene Zukunft, die so ungewiss vor ihr lag. Ihr Herz und ihr Verstand waren sich nicht einig und diese Auseinandersetzung raubte ihr den kostbaren Schlaf. Sie wusste, dass sie bereits in ein paar Stunden am Hafen sein musste. Ausgeschlafen und bereit, um eventuellen Problemen entgegenzutreten. Für die Marine war es von äußerster Wichtigkeit, dass die Hinrichtung reibungslos ablief. Nicht umsonst übertrug man sie in die ganze Welt. Natürlich rechnete man dabei mit den Whitebeard-Piraten. Dafür kannten Kranich, Garp und viele andere Edward Newgate zu gut. Der Kaiser würde nie eines seiner Kinder kampflos der Marine überlassen. Nikira wusste dennoch nicht, was morgen auf sie zukommen würde. Sie war viele mögliche Szenarien durchgegangen, aber vermutlich würde dann alles anders kommen, als gedacht. Die Angst darüber war kaum zu bändigen und sie hielt diese Spannung nicht aus. Es war belastend für die 18-Jährige und sie konnte nur mit Mühe die Tränen unterdrücken, die sich bemerkbar machten. Wieder einmal wurde ihr alles zu viel und wieder einmal wurde ihr bewusst, dass sie niemanden hatte, der ihr zur Seite stand. Seit langem wünschte sie sich ihre Mutter zurück. Sie sollte ihr sagen, dass alles wieder gut werden würde und dass sie nicht alleine war. Doch das war nur ein kindisches Wunschdenken von ihr, welches sie schnell abschüttelte. Die Rothaarige atmete zittrig ein und drehte sich abermals auf die Seite. Sie schloss erneut die Augen, versuchte sich aber ausschließlich auf schöne Erinnerungen zu konzentrieren. Das erste, an das sie dachte, war der Kuss. Der Kuss und all die unglaublichen Gefühle, die mit ihm einhergegangen waren. Sie erinnerte sich an seine Berührungen und seinen Geruch. Sie erinnerte sich an das Kribbeln und an das schnelle Schlagen ihres Herzens. Sie erinnerte sich an alles, als wäre es gerade eben passiert. Glück und Ruhe durchströmten sie und ohne es richtig wahrzunehmen, fiel sie langsam in einen leichten Schlaf. Natürlich hielt er nicht lange an und schlussendlich schlief sie nicht mehr als drei Stunden. Immer wieder war sie aufgewacht und hatte einige Minuten gebraucht, bis sie sich wieder beruhigt hatte, denn Träume waren tückisch. Vor allem, wenn sie sich unheimlich real anfühlten. So wie ihr letzter, in dem sie den metallischen Geruch des Blutes förmlich riechen konnte. Schweißgebadet hatte sie sich aufgesetzt und sich panisch versichern müssen, dass ihr Kopf ihr nur einen kranken Streich gespielt hatte. Das war früh am Morgen gewesen und sie hatte beschlossen, dass es ihr letzter Albtraum für heute sein sollte. Dementsprechend war sie verdammt müde, doch während dem Frühstück ließ sie sich nichts anmerken. Nikira hatte in den letzten Stunden vehement versucht, nicht an die Exekution zu denken. Es war schwierig, denn im Hauptquartier gab es kein anderes Thema unter den Soldaten. Überall wurde sie daran erinnert und vor allem bei dem quirligen Kito war sie kurz davor gewesen, auszurasten. Vor allem missfiel es ihr aber, dass man sich an jeder Ecke über die Hinrichtung freute. Jeder Soldat prahlte damit, wie toll die Marine doch war und dass selbst ein Kommandant Whitebeards nicht sicher vor der Gerechtigkeit war. Das Gerede kotzte sie einfach nur an. Es war auch der Grund, weshalb sie nach einem kurzen Gespräch mit Kranich über die Aufstellung für später sofort zu ihrem Zimmer gegangen war. Eilig schlug sie ihre Zimmertür zu und lehnte sich dagegen. Sie ließ ihre Schultern sinken und all die unterdrückte Wut krachte auf sie nieder. Fest presste sie ihre Kiefer aufeinander und vergrub ihre Fingernägel in die Handflächen. Auch ihre Atmung ging unkontrolliert. Aufgebracht machte sie einen großen Schritt auf ihren Schreibtisch zu. Sie überlegte nicht lange, griff nach einer unnötigen Vase und schmiss sie gegen die Wand über ihrem Bett. Das hellblaue Porzellan zersprang in viele Einzelteile und landete mitsamt dem Wasser und den Blumen auf ihrer Bettdecke. Ihr Brustkorb hob und senkte sich schnell, als sie das Chaos betrachtete. Bei dem Anblick fühlte sie pure Gleichgültigkeit, aber die Wut war noch immer viel zu präsent. Für einen Moment schloss sie die Augen und als sie diese wieder öffnete, ließ sie plötzlich ihre Schultern sinken. Langsam setzte sich auf den Bettrand, stützte sich mit ihren Ellbogen auf den Knien ab und vergrub ihre Finger in ihren Haaren. Sie verharrte in dieser Haltung. Minutenlang starrte sie einfach nur auf den Boden, sorgte dafür, dass ihre Gedanken wild umher flogen. Es kümmerte sie im Moment nicht. Im Gegenteil. Sie ließ es einfach zu, auch wenn sie dadurch beinahe verrückt wurde. In weniger als einer Stunde würde sie bei den Admirälen stehen und den Soldaten dabei zusehen, wie sie das Geschehen feierten. Wie Sengoku zufrieden und angespannt zugleich sein würde und wie Ace auf dem Schafott auf seine Hinrichtung warten würde. All das stand ihr bevor und doch war sie nicht bereit dafür. Erst nach zehn Minuten kam Bewegung in die 18-Jährige. Teilnahmslos wechselte sie ihre Kleidung. Es sollte bequem sein und sie nicht beim Kämpfen einschränken. Im Grunde sah sie nicht viel anders aus, als sonst. Ihr weißes, enges Top hatte sie in ihre schwarzen Shorts gesteckt. Darüber trug sie eine ebenso schwarze Lederjacke, die unterhalb ihrer Brust endete. Geübt brachte sie das kleine Messer an ihrem Oberschenkel und ihr Schwert an ihrem Gürtel an. Anschließend schlüpfte sie in ihre Boots. Etwas Entscheidendes fehlte jedoch noch. Mit einer grimmigen Miene griff sie nach dem weißen Mantel, der am Kleiderhaken hing. Sie betrachtete ihn nicht länger, sondern legte ihn um ihre Schultern. Sie wusste nicht, ob alles gut gehen würde. Sie wusste nicht, ob sie jemals wieder so glücklich sein würde wie auf der Moby Dick. Sie wusste auch nicht, wie die restlichen Whitebeard-Piraten auf sie reagieren würden. Zwischen all den unklaren Dingen in ihrem Leben gab es aber eine Sache, in der sie sich absolut sicher war. Sie wusste genau, auf welcher Seite sie stand und diese Entscheidung war endgültig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)