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Something Worth Fighting For

»[AcexOC]«
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Guilty As Charged

Es war eine so klare Nacht wie schon lange nicht mehr. Nikira saß gemeinsam mit Ace auf der gewaltigen Galionsfigur und tranken jeweils eine Flasche Sake. Seit geraumer Zeit herrschte Stille zwischen den beiden. Nur das Rauschen des Meeres war zu hören, wenn enorme Wassermassen gegen den Bug des Schiffes krachten.
 

Nikiras Mund entfloh bei dem Geräusch und dem Anblick des Ozeans ein leises Seufzen. Bei Nacht fand sie das Meer beeindruckender als ohnehin schon, denn es hatte etwas Unheimliches an sich. Etwas Unheimliches und zu gleich Befreiendes. Das Wort, mit welchem sie dieses unglaubliche Gefühl beschreiben konnte, lag ihr auf der Zunge.
 

„Freiheit“, murmelte sie mit einer Spur Begeisterung. Dabei vergaß sie völlig Ace, der sie verwirrt ansah, als sie das Wort aussprach bei ihrem Wort verwirrt ansah.
 

„Was?“ Der Schwarzhaarige war sich nicht sicher, ob er sie richtig verstanden hatte.
 

Mit einem Grinsen, welches einem Strahlen glich, wandte sie sich zu ihm. „Das Meer! Es ist das Symbol für Freiheit.“ Dabei hörte sie sich an, als wäre sie auf eine großartige neue Entdeckung gestoßen und nicht auf etwas, dessen Ace sich bereits seit Kindheitstagen bewusst war. Dennoch musste er schmunzeln. Nikiras kindliche Begeisterung für etwas so Offensichtliches war niedlich.
 

„Ja. Es steht für Freiheit“, gab er deshalb zur Antwort, stellte die Flasche beiseite und ließ sich nach hinten fallen. Er verschränkte seine Arme unter seinem Kopf und musterte die junge Frau, die mit dem Rücken zu ihm saß. Sie starrte wieder abwesend aufs Meer hinaus. Wie zuvor auch.
 

„Hast du dich jemals frei gefühlt, Ace?“ Die Frage der Rothaarigen klang sehnsüchtig.
 

Der Angesprochene schmunzelte. Die Antwort lag doch auf der Hand! „Klar. Das Piratendasein ist der Inbegriff von Freiheit.“
 

„Das meine ich nicht. Nicht nur“, fing sie an, wandte sich vom Anblick des Ozeans ab und drehte sich ganz zu dem Kommandanten, „Mit frei meine ich auch, dass du nie Gedanken hast, die dich bedrücken. Dass du keine Sorgen hast, die dich immer wieder nach unten ziehen. Dass es einfach nichts gibt, was dich an deinem Leben zweifeln lässt.“ Nikira benutzte ihre Hände, um ihren Worten Ausdruck zu verleihen. Dabei vergaß sie völlig, dass sie noch immer ihre Flasche in der Hand hielt. Sie verschüttete etwas Sake auf den Blauwalkopf, doch schenkte dem keine Beachtung.
 

Sie musterte Ace, dessen Gesicht bei ihren Worten einen unergründlichen Ausdruck angenommen hatte. Die 18-Jährige war zu betrunken, um sich ihrer Frage bewusst zu sein und die Reaktion des Schwarzhaarigen richtig zu deuten. Statt sich also Gedanken darüber zu machen, umschlang Nikira ihre Knie mit den Armen und legte ihren Kopf darauf ab. Wieso sagte er denn nichts mehr?
 

„Alles klar?“, hakte sie deshalb nach.
 

„Ja. Ich habe nur gerade über deine Frage nachgedacht.“ Seine Stimme war leise, als er sich aufrichtete, indem er sich mit seinen Händen abstütze. Nur langsam hob er seinen Kopf. Klar und deutlich war ihm anzusehen, dass ihn etwas mächtig beschäftigte.
 

„Und?“ Nikiras Gedanken waren mittlerweile wo anders. Gerade dachte sie daran, ob sich die Haare von Ace so weich anfühlen würden wie sie aussahen. Vielleicht durfte sie sie mal anfassen? Wenn sie ihn fragen würde? Sie runzelte die Stirn. Was ließ der Alkohol sie denken? Erst als der Schwarzhaarige die Stimme erhob, konzentrierte sie sich wieder auf das Wesentliche.
 

„Wenn man Freiheit auf diese Art betrachtet, dann…bin ich es wohl nicht.“
 

„Wieso?“, nuschelte sie undeutlich und beugte sich ehrlich interessiert nach vorne. Sie wollte wissen, was ihn so sehr beschäftige. Seit sie auf der Moby Dick war, hatte sie das Gefühl, als gäbe es nichts, was den Piraten erschüttern konnte. Da hatte sie wohl falsch gedacht.
 

„Ich…das ist eine lange Geschichte. Außerdem ist es schon recht spät“, blockte er leicht resigniert ab und streckte sich. Anschließend verschwand sein bedrückter Gesichtsausdruck und machte Platz für ein leichtes Grinsen. Dass es nicht seine Augen erreichte, erklärte sich von selbst.
 

„Was? Nein! Ich will jetzt den Grund wissen!“ Nikira kniete sich leicht empört hin und stützte sich vorne ab. Zögerlich streckte sie daraufhin den Arm aus, hielt kurz inne und legte ihre Hand dann doch auf seine nackte Schulter. „Vielleicht…vielleicht kann ich dir ja einen Teil diese Zweifel nehmen.“ Mit einem leichten Rotschimmer auf den Wangen, der von dem Alkohol in ihrem Blut stammte, sah sie Ace ernst an. Er hatte bei ihren Worten und ihrer unvorhergesehenen Berührung überrascht aufgesehen. Sein Blick fiel auf ihre Hand, die leichte Stromstöße durch seinen Körper schickte. Ihre Reaktion auf seine Antwort war nicht die, die er erwartet hatte. Um ehrlich zu sein, hatte er keine Ahnung, mit was er gerechnet hatte. Aber eines war ihm klar. Ihre Worte linderten den Selbsthass, welcher aufkeimte, sobald er an seine Herkunft dachte. Jedoch verschwand er nicht ganz. Würde er vermutlich nie.
 

Deshalb nahm er mit einem leichten Lächeln ihre Hand von seiner Schulter und umklammerte ihre Finger. Er sah von Nikira, die ihn verwirrt musterte, zu ihrer und seiner Hand. Sie machte keine Anstalten die Berührung zu lösen und das bedeutete ihm viel. Dabei war es ihm egal, ob sie betrunken war, denn sie war noch immer ein und dieselbe Person. Dennoch war er es, der seine Hand zurückzog.
 

„Ich weiß dein Angebot zu schätzen und vermutlich werde ich es irgendwann annehmen. Jetzt ist allerdings nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Du bist betrunken und wirst morgen nicht mehr alle Details wissen.“ Er schmunzelte leicht, als sie bei seinen Worten ihre Backen aufgeblasen hatte. Es war ein starker Kontrast zu ihrem sonstigen Verhalten, wenn sie um ein seriöses Auftreten bemüht war. Jetzt verhielt sie sich wie jemand, dessen Kindheit nicht von dem Mord ihrer Mutter geprägt war. Jetzt verhielt sie sich…wie viele andere in ihrem Alter.
 

„Abgesehen davon, dass ich mich morgen an alles erinnern werde“, fing sie an und bohrte ihren Finger in seinen Oberkörper, „reicht es jetzt mit dieser ernsten Miene.“ Mit verklärtem Blick nahm sie ihre Flasche und trank einen großen Teil auf einmal. Ace schüttelte bei ihrem Anblick belustigt den Kopf. Sie würde morgen einen furchtbaren Kater haben und vermutlich alle anderen verfluchen. Das würde lustig werden!
 

„Schon gut.“ Er fing an zu grinsen. „Besser?“
 

„Um einiges!“, antwortete sie nickend und legte sich wie Ace zuvor auf den Rücken.
 

Kurz war es still, während Nikira die Sterne beobachtete und der Schwarzhaarige die junge Frau musterte. Dabei fiel ihm etwas ein, das bereits einige Zeit zurücklag. „Kannst du dich an die Ballons in deiner Kajüte erinnern?“
 

Die 18-Jährige drehte ihren Kopf zu ihm und sah ihn von unten an. „Wie könnte ich das vergessen?“
 

„Weißt du auch, dass ich das war?“, fragte er neugierig. Sie hatte nie wieder ein Wort über diese Ballons verloren. Jetzt war ein guter Zeitpunkt dieses Thema wieder aufzugreifen. Außerdem wollte er das Gespräch auf etwas Anderes lenken. Er wollte nicht über ihn reden.
 

„Mhm“, fing sie an und murmelte: „Hab ich mir gedacht.“
 

„Achja?“ Ace zog seine Augenbrauen nach oben.
 

„Außer dir wusste niemand davon.“ Nikira spielte mit einer Strähne und beobachte wieder die Sterne, die vereinzelt faszinierende Bilder formten. Ihr war noch nie so bewusst gewesen, wie schön der klare Himmel bei Nacht war. Zumindest hatte sie ihm noch nie so viel Beachtung geschenkt wie jetzt.
 

„Stimmt“, pflichtete der Schwarzhaarige ihr langsam bei. Er konnte nicht verhindern, dass es ihn fröhlich stimmte, dass nur er von ihrer Vergangenheit wusste. Dass sie sich ihm anvertraute, war von großem Wert für ihn.
 

Plötzlich richtete sich die Rothaarige auf und sah ihn mit großen Augen an. „Warte! Das heißt, du warst in meinem Zimmer? Während ich schlief?“
 

Ace lachte leise bei ihrer Erkenntnis. „Ja. Du siehst übrigens süß aus, wenn du schläfst.“
 

„Du…hast mich beobachtet?“ Ihr Blick wurde etwas fassungslos.
 

„Und mich kurz zu dir gelegt.“ Mit ernster Miene sah er sie an und nahm belustigt zur Kenntnis, wie sie ihren Mund schockiert öffnete.
 

„Was stimmt denn nicht mit dir?“
 

Bei ihrer Reaktion fing Ace plötzlich an zu lachen und wuschelte anschließend der Jüngeren durch die Haare. „Bleib mal locker, Kleine. Das war nur ein Scherz. Für wie gruselig hältst du mich eigentlich?“
 

„Für verdammt gruselig!“, brummte Nikira, die es gar nicht leiden konnte, wenn man sie auslachte. Nicht mal im betrunkenen Zustand.
 

„Komm schon! Es war zwar sehr verlockend, aber so etwas würde ich nie ohne deine Zustimmung tun. Außerdem solltest du nicht immer alles glauben, was man dir sagt.“ Wieder lachte er auf. Manchmal war sie ja wirklich naiv, aber diese Eigenschaft fand er unheimlich süß.
 

Augenverdrehend stand die 18-Jährige auf, ignorierte bewusst die schummrige Umgebung und griff nach ihrem Sake, wobei sie diese bei ihrem Vorhaben beinahe umstieß. Sie schwenkte kurz die Flasche, um zu sehen, wie viel sich noch darin befand. Noch ungefähr die Hälfte. Sehr schön.
 

Die Rothaarige streckte sich ausgiebig und murmelte bezogen auf seine vorigen Worte: „Ich kann nicht glauben, dass die Frauen auf dich abfahren.“
 

Empört stand Ace ebenfalls auf. „Was soll das heißen, du kannst das nicht glauben? Findest du nicht, dass ich charmant bin?“

„Nein. Ich finde dich nur merkwürdig“, gab Nikira trocken zurück und trank von ihrem Sake. Sie war ziemlich voll, aber noch konnte sie sich halbwegs zusammenreißen. Außerdem fand sie in diesem Zustand alles amüsant. Das war mal…was Neues.
 

„Ich bin alles andere als merkwürdig!“ Ace verschränkte seine Arme, drehte demonstrativ seinen Kopf weg und schmollte extra übertrieben. „Außerdem habe ich einiges zu bieten, wie du siehst!“
 

Nikira verkniff sich ein Grinsen bei seinen arroganten Worten. Stattdessen tat sie so, als würde sie angestrengt überlegen. Dabei musterte sie ihn von oben bis unten.
 

„Vielleicht…nein. Oder doch? Nein, eher nicht.“ Sie murmelte vor sich hin und legte ihren Kopf schief.
 

„Was tust du da?“, fragte der Schwarzhaarige, der anfing sich unter ihren intensiven Blicken unwohl zu fühlen.
 

„Ich versuche herauszufinden, was du zu bieten hast.“ Eiskalt. Eiskalt war ihre Antwort fand Ace, der sie ungläubig ansah. Mit dieser Antwort hatte er nicht gerechnet. „Irgendwie strotzt heutzutage jeder vor Muskeln. Das ist nichts Besonderes mehr.“ Unbeeindruckt zuckte sie mit den Schultern und drehte sich weg. Dabei versteckte sie ihr Grinsen hinter der Sakeflasche. Sein Gesicht war herrlich. Er sah so aus, als hätte noch nie jemand solche Worte zu ihm gesagt. Vermutlich war es auch so und Nikira konnte auch verstehen warum.
 

Er sah gut aus. Da waren sich vermutlich alle Frauen einig, die je auf Portgas D. Ace treffen durften. Natürlich spielten seine Muskeln hierbei eine wesentliche Rolle, weshalb ihn die weibliche Bevölkerung begehrte. Jedoch war dies nicht der Hauptgrund für seine Anziehungskraft. Es war seine Ausstrahlung, seine ganze Art, die ihn auch für die Rothaarige attraktiv machte. Allerdings würde sie ihm das nicht sagen. Sein Ego war bereits groß genug, da brauchte es nicht noch einen zusätzlichen Push.

Belustigt ging Nikira auf das Deck zu und stoppte kurz vor dem Beginn des Wals. Sie drehte sich um und meinte: „Was ist los, Ace? Kommst du?“ Sich keiner Schuld bewusst, grinste sie ihm entgegen. Der 20-Jährige hatte ihre Worte anscheinend noch immer nicht verarbeitet, denn er stand mit einem perplexen Gesichtsausdruck dar. Erst nach kurzer Zeit schüttelte er den Kopf, um sich zu besinnen und folgte der Jüngeren.
 

Dabei murmelte er immer wieder: „Nichts zu bieten? Ich?“
 

Euphorisch sprang die junge Frau die Erhöhung hinunter, vergaß, dass sich ihr Gleichgewichtssinn beinahe zur Gänze verabschiedet hatte und stolperte über ihre eigenen Füße. Gerade so konnte sie sich fangen und verhinderte einen vermutlich schmerzhaften Sturz. Ihr entfloh ein überraschendes „Woah!“
 

„Geschieht dir recht!“, kam es schnaubend von Ace, dessen Stolz anscheinend noch immer angekratzt war.
 

„Jammer nicht, Streichholz. Nicht jeder ist eines deiner Fan-Girls.“ Nikira gähnte und stellte die mittlerweile leere Flasche einfach auf den Boden. Dabei richtete sie sich ein wenig zu schnell auf, denn abgesehen davon, dass sich ihre Umgebung ziemlich drehte, musste sie einen Schritt nach hinten machen, um wieder sicheren Halt zu finden.
 

„Ich geb‘ dir gleich Streichholz“, kam es von dem Piraten mürrisch, der dennoch sicherheitshalber eine Hand auf Nikiras Rücken gelegt hatte, als sie nach hinten stolperte. Seine Mundwinkel zuckten. Sie war wie ein kleines Kind, wenn sie betrunken war. Ständig stolperte sie.
 

„Ich will schlafen“, nuschelte auf einmal die 18-Jährige ohne einen Zusammenhang zu der vorherigen Diskussion.
 

„Dann gehen wir jetzt schlafen.“ Ace ging auf die Tür zu, die unters Deck führte und wartete geduldig auf die Rothaarige.
 

„Aber wehe du beobachtest mich wieder beim Schlafen!“ Dabei deutete sie mit ihrem Zeigefinger drohend in seine Richtung und brachte ihn zum Lachen.
 

„Keine Sorge. Ich werde deine Kajüte nicht mal betreten.“ Er kreuzte seine Finger, um seinen Worten Ausdruck zu verleihen.
 

Für einen Moment sah sie ihn nachdenklich an. „Ganz was Neues.“ Sie betraten den schwach beleuchteten Gang und machten sich schweigend auf den Weg zu ihren Zimmern.
 

Kurz vor ihren Kajüten hielt Nikira inne. „Betrunken zu sein ist ja schön und gut, aber diese verschwommene Umgebung ist ganz schön nervig.“ Sie stützte sich mit einer Hand an der Wand ab.
 

Belustigt blieb Ace ebenfalls stehen. Er kannte diesen Zustand nur allzu gut. „Du hast es bald geschafft. Da vorne ist dein Zimmer. Oder soll ich dich tragen?“ Er grinste, als er ihren nachdenklichen Blick sah. Dachte sie gerade ernsthaft über sein Angebot nach, welches eigentlich nicht ernst gemeint war? Diese Frau war wirklich unterhaltsam!
 

„Nein. Das schaff ich schon so.“ Dann setzte sie ihren Weg fort. Vor ihrer Tür hob sie den Arm, zögerte jedoch beim Öffnen. Sie wandte sich zu Ace und lehnte sich dabei gegen den Türrahmen. Der Schwarzhaarige stand mit beiden Händen in seinen Hosentaschen da und schien zu warten, bis sie es sicher in ihren Raum geschafft hatte.
 

„Ace?“, fing sie an. Sie schien angestrengt nachzudenken. Zumindest deutete ihre gerunzelte Stirn darauf hin.
 

„Ja?“
 

„So wenig hast du gar nicht zu bieten.“ Mit einem letzten, schelmischen Grinsen drehte sie sich um und verschwand endgültig in ihrer Kajüte. Zurück ließ sie einen perplexen Kommandanten, auf dessen Gesicht sich langsam ein triumphierendes Schmunzeln bildete.
 

„Ich wusste es!“ Zufrieden begab auch er sich in seine Kommandantenkajüte. Das war doch ein recht erfolgreicher Abend.
 


 

Noch nie war Nikira aufgefallen, wie verdammt laut es im Speisesaal war. Bis jetzt. Sie hatte die Tür geöffnet und wäre am liebsten wieder fluchtartig verschwunden. Der Lärm war unerträglich in ihrem Kopf und verursachte ein unangenehmes Pochen. Sie hielt kurz inne, presste ihre Finger auf die Schläfe und brummte missmutig auf. Sie hatte selten schlechte Ideen, aber der Alkoholkonsum letzte Nacht war definitiv unter den Top Drei.
 

Sie schlurfte mit den Händen in den Taschen ihres Hoodies zu dem Tisch, an dem sie sonst auch saß und ließ sich weniger elegant auf ihren Platz fallen. Sie stützte ihren Arm mit ihrem Ellbogen ab und legte ihr Kinn in ihre Hand. Dabei betrachtete sie mit wenig Begeisterung das Essen auf dem Tisch. Das Frühstück hatte sie ausgelassen und das aus gutem Grund.
 

Seufzend hob sie ihren Kopf und hielt inne, als sie fünf belustigte Blicke begegnete. Verärgert runzelte sie die Stirn. „Was?“, zischte sie miesepetrig. Sie war heute absolut nicht gut drauf. Da brauchte sie nicht noch eine Handvoll Piraten, die sich über sie lustig machten.
 

„Sag mal, Tao?“, fing Thatch grübelnd an, „Kannst du dich daran erinnern, was Nikira damals gesagt hat, als wir alle einen Kater hatten?“
 

„Ich glaube sie hat unsere Intelligenz infrage gestellt.“ Tao schmunzelte vor sich hin.
 

Der Schiffskoch und gleichzeitig Kommandant nickte ernst. „Korrekt. Also Nikira? Wie ist das so einen Kater zu haben?“ Sein zuvor ernstes Gesicht verschwand. Stattdessen schlich sich ein für Thatch hinterlistiges Grinsen auf sein Gesicht.
 

Die Rothaarige formte ihre Augen zu Schlitzen. Sie konnte sich nur vage an damals erinnern, als sie hämisch über die Piraten gelacht hatte. Jetzt war sie diejenige, die mit Restalkohol im Blut am Tisch saß.
 

„Wunderbar, Thatch. Es ist wunderbar.“ Sie setzte ein Lächeln auf, obwohl ihr absolut nicht danach zumute war. Aber die Genugtuung würde sie ihnen nicht geben.
 

„Das freut mich.“ Er verschränkte die Arme und grinste. Er wusste genau. wie es ihr gerade ging und das amüsierte ihn.

Doch er kam nicht mehr dazu etwas zu sagen, denn ein gut gelaunter Ace tauchte auf und quetschte sich zwischen Thatch und Tao, gegenüber von Nikira.
 

„Morgen liebe Leute!“ Fröhlich grinsend schaufelte sich der Pirat das Essen auf den Teller.
 

„Du hast das Frühstück verpasst, Ace. Wie kannst du so glücklich sein?“ Skeptisch schob sich Jozu eine ganze Fleischkeule in den Mund. Seine gute Laune war nicht nur ihm suspekt.
 

„Stimmt, aber weißt du was? Ich habe gerade gehört, wie ein paar über Marco geredet haben. Das hat meine Laune ins Unermessliche gesteigert.“
 

Bei dem Wort ‚Marco‘ sah Nikira irritiert auf. Irgendetwas in ihrem Kopf begann zu rattern. Da war doch etwas. Nachdenklich suchte sie den Blick von Ace. Kaum begegnete sie ihm, kamen die Bilder von gestern Nacht zurück. Marco. Stift. Dummheit. Streich.
 

„Ups“, entfloh es ihr jedoch mit ziemlich wenig Reue. Sie konnte sich zwar nicht an alle Dinge erinnern, die sie gemeinsam mit Ace auf das Gesicht des Blondhaarigen geschrieben hatte, aber alles war nicht aus ihrem Gedächtnis verschwunden. Und je mehr sie an die Tat dachte, je größer wurde ihr Grinsen.
 

„Ok. Ace‘ Verhalten ist schon sehr merkwürdig, aber was mir Sorgen bereitet ist, dass unsere sonst so miesepetrige Nikira grinst. Dabei stelle ich mir nur eine Frage: Was hat Marco damit zu tun?“ Thatch sah die beiden fragend an und auch die anderen hatten aufgehört zu essen, nur um ihnen neugierige Blicke zuzuwerfen.
 

„Das werdet ihr sehen, wenn der Vogel auftaucht.“ Ohne den anderen weiter Beachtung zu schenken, widmete sich der Schwarzhaarige wieder seinem Essen und auch Nikira versuchte ein paar Bissen herunterzubekommen. Das klappte auch ganz gut, doch irgendwann war sie angewidert von dem Geschmack des Fleisches. Deshalb schob sie den Teller von sich weg und hob den Kopf.
 

Kaum hatte sie den Blick nach vorne gerichtet, entgleisten ihr die Gesichtszüge.
 

„Heilige Scheiße“, entkam es ihr fassungslos. Sie hatte ja gewusst, dass es schlimm werden würde, aber das übertraf all ihre Vorstellungen. Nikira konnte nicht sagen, ob Marcos Gesicht rot vor Wut war, oder ob er versucht hatte die schwarze Farbe loszuwerden. Auf jeden Fall sah es nicht gut aus.
 

Bei ihren Worten waren auch die anderen aufmerksam auf den Vize geworden. Wie aufs Stichwort brachen alle in Gelächter aus, nur Nikira riss sich zusammen. Verbissen starrte sie auf den Tisch. Erst bei seinen gefährlich ruhigen Worten war sich die Rothaarige sicher, dass er aufgrund beider Gründe ein rotes Gesicht hatte.
 

„Wenn ihr nicht aufhört zu lachen, lasse ich euch alle Kielholen.“ Er musterte jeden einzelnen mit einem vernichtenden Blick und augenblicklich hatte Nikira das Gefühl, als wäre dieser dämliche Streich ein Fehler gewesen.
 

„Sorry, Marco. Aber…das sieht so bescheuert aus.“ Jozu wagte es als Erstes zu sprechen. Dabei lachte er laut und schlug so fest auf den Tisch auf, dass das sämtliche Geschirr darauf klirrte.
 

Auch Thatch schien sich prächtig zu amüsieren. „Ana-hahaha. Ananas-hahaha. Ananaskopf,“ brachte er mühsam zwischen dem Gelächter heraus. Nikira drückte ihren Handballen fest gegen die Stirn. Dieser Lärm war schrecklich.
 

„Du hättest nicht so sehr herumrubbeln sollen. Du bist ganz schön rot im Gesicht.“ Ace tat so, als würde er dies total ernst meinen und machte die Sache damit noch schlimmer. Am liebsten hätte ihm die Rothaarige eine reingehauen. Er musste ihn nicht noch zusätzlich provozieren!
 

„Ok. Wer von euch Idioten war das?“ Ehrlich gesagt wäre es Nikira lieber gewesen, wenn er geschrien hätte. Diese ruhige Stimme machte sie nervös und bedeutete nichts Gutes!
 

Als Antwort bekam er abwehrende Hände und verhaltenes Gelächter. Auch Ace hatte einen Ellbogen auf dem Tisch abgestützt und versteckte sein Grinsen hinter seiner Hand.
 

„Nochmal: Wer von euch war das?“ Marco musterte jeden Einzelnen akribisch.
 

„Wieso glaubst du, dass das einer von uns war?“, fragte Ace unschuldig. Nikira verdrehte daraufhin die Augen. Konnte er nie die Klappe halten?
 

„Vielleicht weil es immer einer von euch ist.“ Der Vize kniff seine Augen zusammen, als er zu Ace sah. Plötzlich wanderte sein Blick jedoch weiter zur Rothaarigen. „Hast du auch etwas dazu zu sagen, Nikira?“ Seine Augen sprühten förmlich Funken.
 

„Nur, dass der Stift vermutlich wasserfest war“, fing sie an, wurde allerdings zögerlicher bei ihren nächsten Worten, „und deshalb hilft kein Wasser bei der Entfernung.“
 

„Ach! Was du nicht sagst! Danke für den Hinweis“, zischte Marco wütend und war kurz davor seine Beherrschung zu verlieren. Unbeholfen zuckte Nikira mit den Schultern. Dabei half ihr das bescheuerte Kichern der anderen nicht. Zuvor hatte sie noch Ace für seine Worte verflucht und jetzt verzapfte sie selber so einen Mist.
 

„Falls ich herausfinden sollte, wer das war, kann er für sein restliches Leben die Klos auf der Moby Dick putzen. Und da ich Vize bin, entkommen selbst die Kommandanten nicht dieser Strafe.“ Trocken sprach er seine Drohung aus, während sich die andere wortlose Blicke zuwarfen. Nikira konnte es nicht glauben, aber irgendwie hatte sie Schiss vor Marco. Sie stand in ihrem Leben bereits ein Dutzend Mal vor den Admirälen der Marine, aber irgendwie hatte sie verdammten Respekt vor dem Kommandanten der ersten Division. Und dabei musste er dafür nur eine dämliche Drohung aussprechen.
 

Sie wollte schon erleichtert ausatmen, als Marco den Anschein erweckte mit seinem Auftreten fertig zu sein, da ertönte plötzlich eine laute gehässige Stimme: „Oh, redet ihr gerade über den Übeltäter, der für Marcos Kunstwerk im Gesicht verantwortlich ist?“ Er lachte laut auf.
 

Nikira drehte ihren Kopf nach rechts und entdeckte einen großen Mann mit schwarzen Locken und Kopftuch. Sie rümpfte die Nase, als ihr ein unangenehmer Geruch entgegenschlug. Aufgrund ihres Restalkohols waren ihre Sinne empfindlicher als sonst. Deshalb rückte sie näher zu Jozu, der dies gar nicht mitbekam. Misstrauisch musterte sie den Neuankömmling. Sie meinte sich vage daran erinnern zu können, dass er Teach hieß. Er war damals dabei, als die anderen versuchten Nikiras Vorlieben beim anderen Geschlecht herauszufinden. Besagter Teach ließ sich neben sie fallen. Dabei knarzte das Holz bedrohlich.
 

„Kann schon sein. Wenn du sonst nichts dazu zu sagen hast, kannst du gleich wieder abhauen.“ Marco schien nicht begeistert davon zu sein, dass sich noch jemand einmischte.
 

Auf das Gesicht des dicken Schwarzhaarigen schlich sich ein Grinsen. „Oh, ich hab sogar etwas sehr Interessantes zu sagen. Dabei geht es um unser Goldstück hier.“ Er schlang seine Hand um die Taille der Rothaarigen und drückte sie somit zu sich. Angeekelt verzog sie das Gesicht und versuchte sich wegzudrücken. Doch das war einfacher als gesagt.
 

„Teach!“, zischte plötzlich Ace und hörte sich nicht weniger wütend an als Marco. „Sag, was du zu sagen hast und verschwinde wieder. Du hast bald Wachdienst.“ Nikira hob ihren Kopf und runzelte verwirrt die Stirn. Der Schwarzhaarige ihr gegenüber sah angespannt und alles andere als erfreut aus. Anscheinend gefiel ihm die Anwesenheit dieses Mannes auch nicht.
 

Wie aufs Stichwort löste er den festen Griff um sie und hob abwehrend die Hände. Dabei schwand sein widerliches Grinsen aber nicht. „Schon gut, Kommandant Ace. Ich wollte dem Phönix nur mitteilen, dass ich weiß, wer ihm diesen kleinen Streich gespielt hat.“
 

Bei seinen verächtlichen Worten hob Nikira überrascht ihren Kopf. Woher sollte er das wissen? Auch Ace sah verwundert aus.
 

„Achja? Wer war es denn?“ Marco verschränkte seine Arme und sah ihn abwartend an.
 

„Die Süße neben mir“, dabei deutete er mit einem Nicken auf Nikira, „war gestern ziemlich betrunken und ich habe beobachtet, wie sie in deine Kajüte verschwunden ist.“ Mit einer gewissen Genugtuung grinste er in die Runde und erntete verblüffte Blicke. Nur Ace schien verärgert zu sein.
 

Er war es auch, der anfing zu protestieren: „Das stimmt so nicht! Sie war-“ „Schon gut, Ace. Ich geb’s zu. Ich war betrunken und hab mir einen kleinen Spaß erlaubt“, unterbrach ihn die Rothaarige trocken. Dieser Teach war ihr gerade sehr unsympathisch geworden. Unsympathischer als ohnehin schon. Jeder hier hätte geschwiegen, wenn er gewusst hätte, wer es war. Man verriet keine Kameraden. Das war selbst bei der Marine so.
 

Marcos Blick traf den von ihr. Stur erwiderte sie ihn. Er schien nachzudenken, was er jetzt tun sollte.

„Nach dem Essen vor meiner Kajüte. Alleine!“ Mit diesen ausdruckslosen Worten drehte er sich um und verschwand aus dem Speisesaal. Kaum war er außer Sichtweite, ging das Gerede los. Teach lachte schamlos, Thatch und die anderen fragten sich, wie gerade sie auf diese Idee kam und Ace sah sie einfach nur ungläubig an.
 

Seufzend aß sie noch ein wenig Obst, bevor sie aufstand. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Am liebsten würde sie einfach in ihre Kajüte gehen, um noch eine Runde Schlaf nachzuholen. Als sie bei Ace vorbeiging, umgriff er ihr Handgelenk. Bevor er etwas sagen konnte, erhob sie ihre Stimme: „Lass es gut sein. Ich übersteh das auch alleine.“ Sie lächelte und wartete, bis er seine Finger lockerte. Ohne auf seine Antwort zu warten, ging sie aus dem Saal.
 

„Er wird mich schon nicht umbringen…hoffe ich zumindest“, murmelte sie zu sich selbst und machte sich auf den Weg zu Marco.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Hypsilon
2017-11-13T15:06:31+00:00 13.11.2017 16:06
Der Umschwung zwischen total ernster Frage und "ob seine Haare wohl ganz weich sind" war einfach göttlich.
Auch, dass Ace' Ego so angekratzt wurde, war witzig zu lesen und ja, Ace hat einiges zu bieten, will ich meinen, dass sie sich da noch so lange gewehrt hat, das zuzugeben ist ja unglaublich, aber sie ist ja auch sehr stur.
Teach's Auftritt war gut eingebaut, so ein Verräterschwein...
Aber auch Marcos Predigt/Strafe bin ich jetzt schon wahnsinnige gespannt =D
Von:  Miana
2017-08-31T19:54:40+00:00 31.08.2017 21:54
Ja ja, der Alkohol. Aber endlich mal ein ausführliches Gespräch zwischen den beiden. Und was jetzt von Marco kommt, da bin ich echt gespannt!

Liebe Grüße
Miana



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