Something Worth Fighting For von SocialDistortion (»[AcexOC]«) ================================================================================ Kapitel 19: Fancy ----------------- Nikira hatte Ballons geliebt; liebte sie noch immer. Auch wenn die kindliche Freude dafür verschwunden war und diese bunten Dinger stattdessen Erinnerungen wach werden ließen. Erinnerungen, die nicht nur positiv waren und dennoch zu jenem Lebensabschnitt gehörten, in dem auch ihre Mutter vorkam. Und jeder dieser Gedanken war unheimlich kostbar für die Rothaarige. Sie wollte jede Emotion, jede Geste und jede noch so kleine Handlung von ihr in Erinnerung behalten. Wollte sie nicht vergessen. Und einer dieser Momente war, dass Nikiras Mutter ihr damals immer einen Ballon vom Markt mitgebracht hatte. Egal ob besonderer Anlass oder nicht. Jedes Mal, wenn Minako auf den Handelsplatz gegangen war, hatte sie ihrer Tochter eines dieser bunten Dinger mitgebracht. Währenddessen hatte sie immer neugierig zu Hause gesessen und gerätselt, welche Farbe es heute wohl sein würde. Am liebsten waren ihr immer die Roten. Sie hatten nämlich den gleichen Ton wie ihre Haare und das fand sie immer besonders toll. Heute würde sie behaupten eine Lieblingsfarbe bei Luftballons zu haben wäre idiotisch und kindisch, doch das wäre gelogen. Die Roten waren ihr noch immer die Liebsten. Nikira hätte nicht gedacht, dass sich ihre Gedanken jemals wieder so sehr um die ovalen Dinger drehen würden. Immerhin war sie mittlerweile 18 Jahre alt. Aber wer konnte auch ahnen, dass irgendwann zwei Dutzend Ballons in ihrer Kajüte landen würden? Bestimmt nicht sie, sonst würde sie nicht gerade ungläubig blinzelnd auf ihrem Bett sitzen und sich fragen, ob sie noch träumte. „Was zum…?“, murmelte sie und fuhr sich fahrig über die Augen – nur um sicher zu gehen. Anschließend strampelte sie sich die Decke von den Beinen und stand langsam auf; nicht ohne diese farbige Überraschung aus den Augen zu lassen. Erstaunt, und das war noch milde ausgedrückt, berührte sie mit ihrem Finger vorsichtig einen blauen Ballon und stupste ihn an. Dabei zierte ein leichtes Lächeln ihr Gesicht. Sie konnte noch immer nicht glauben, dass das die Realität war. Woher kamen diese Dinger überhaupt? Rätselnd riss sie sich von diesem ungewöhnlichen Anblick los und zog sich langsam um. Weiter hier rumstehen und starren würde ihre Frage nicht beantworten. Deswegen putzte sie sich ihre Zähne, band ihre Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen und verließ das Zimmer. Mit gerunzelter Stirn ließ sie sich im Speisesaal auf ihren Platz nieder und starrte kurz nachdenklich auf ihren noch leeren Teller. Dabei bekam sie nicht mit, wie sie von den anderen verwirrt gemustert wurde. Nur einer saß gut gelaunt wie sonst auch auf seinem Platz. Nikira, die zu dem Entschluss gekommen war einfach zu fragen, sah auf und meinte: „Wer von euch hat 24 Luftballons in meiner Kajüte abgelegt?“ Ihre Stimme klang dabei sehr neutral und nicht genervt wie so oft. Sie wollte wirklich wissen, wer das war. Nikira musste zugeben, dass diese Geste, von wem auch immer sie gekommen war, ihre Gefühlswelt ein wenig durcheinandergebracht hatte. Die Ballons weckten in ihr alte Erinnerungen. Alte und schöne. Deswegen war sie demjenigen dankbar dafür, dass er ihr ein glückliches Lächeln ins Gesicht gezaubert hatte. Ohne ein Wort zu verlieren, hatte er es geschafft einen schönen Teil ihrer Kindheit zurückzubringen. Marco sagte als erstes: „Ich war’s nicht. Dafür war ich gestern zu betrunken.“ Zustimmendes Nicken war die Folge. Anscheinend waren sie gestern noch lange unterwegs gewesen. Was ihr erst jetzt auffiel war, dass alle verdammt verkatert aussahen und nur halbherzig das leckere Frühstück genossen. Nur Ace schien ein wenig ausgeruhter als die anderen. „Wer kommt denn eigentlich auf so eine merkwürdige Idee?“, fragte er und stützte seinen Kopf mit der Hand ab. Dabei zierte ein amüsiertes Grinsen sein Gesicht. Nikira verdrehte über seine Frage die Augen. „Würde ich das wissen, würde ich nicht fragen, Baka.“ Diese Worte kamen der Rothaarigen etwas frustriert über die Lippen. Wenn es niemand von den Kommandanten war mit denen sie sich größtenteils abgab; wer war es dann? Seufzend beschloss sie die Sache erstmal ruhen zu lassen. Stattdessen nahm sie sich etwas von dem frisch gepressten Orangensaft und widmete sich voll und ganz dem Frühstück. Auch am Nachmittag, als sie an Deck ging um etwas frische Luft zu schnappen, dachte sie nicht darüber nach. Derjenige würde sich schon zu erkennen geben. Gerade, als sie sich an die Reling lehnte, kam ein aufgeregter Ace auf sie zu. Er hatte ein fettes Grinsen im Gesicht und ein Stück Papier in seiner Hand. Nikira runzelte ihre Stirn. Was hatte er jetzt schon wieder? Mit einem schon beinahe stolzen Gesichtsausdruck hielt er ihr das Blatt entgegen. Doch im Vergleich zum Schwarzhaarigen war die 18-Jährige alles andere als begeistert. Schon beinahe verärgert riss sie ihm den Steckbrief aus der Hand und starrte zerknirscht auf das Foto, auf dem sie selbst zu sehen war. Ihre Finger krallten sich in das dünne Papier und zerknitterten es. Sie konnte nicht glauben, dass er das getan hatte! Wie konnte vor allem ihr Vater einen Steckbrief über seine eigene Tochter auszustellen? Bei allem Respekt gegenüber der Marine, aber das konnte nicht deren verdammter Ernst sein. Tarnung schön und gut, aber das ging ihrer Meinung nach zu weit. Auch wenn sie anfing die Taten der Regierung in Frage zu stellen – dieses Papier war ihr öffentliches Todesurteil. Ausgestellt von ihrem Vater. Der Steckbrief war schlichtweg eine Warnung an sie. Nicht mehr und nicht weniger. „Schau nicht so verärgert. Freu dich lieber! Du bist jetzt offiziell eine gesuchte Piratin.“ Er schien richtig stolz darauf zu sein; im Gegensatz zu Nikira. Diese schloss leicht frustriert ihre Augen und rieb sich den Nasenrücken. Er hatte recht. Eigentlich sollte sie sich freuen. Immerhin war sie Piratin. Glaubte er zumindest. Deswegen seufzte sie. „Tu ich auch, aber ich war nur etwas überrascht. Außerdem sollte ich an meinem Kopfgeld arbeiten. Ich bin mehr wert, als 15.000.000 Berry“, murmelte die Rothaarige. „Da hast du Recht.“ Ace grinste und verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf. Kurz musste Nikira auf seine Unterarme starren, die dadurch mehr als gut zur Geltung gebracht wurden. Räuspernd sah sie schnell weg und gab Ace den Steckbrief zurück. Was sollte das denn, Nikira? Noch nie einen Mann gesehen? Sie schüttelte leicht den Kopf, um die Hitze aus ihrem Gesicht zu bekommen. Natürlich half es nicht, deswegen nahm sie es hin und hoffte, dass der Schwarzhaarige es nicht bemerkte. „Aber keine Sorge. Ein paar Mal der Marine in den Arsch treten und dein Kopfgeld ist so hoch wie meines“, fügte er hinzu und grinste wie so oft. Mittlerweile hatten ihre Wangen wieder einen normalen Ton angenommen. „Klar. 550.000.000 bekommt man auch so einfach.“ Sie streckte sich und machte sich auf zur Tür, die unter Deck führte. Dort trennten sich ihre Wege, denn Ace wollte in den Gemeinschaftsraum um mit den anderen Poker zu spielen. Nicht ihr Fall, deswegen verschwand sie in ihrem Zimmer. Der Log-Port brauchte auf dieser Insel außerordentlich lange um sich wieder aufzuladen. Eine Woche, wenn man es genau nahm. Dementsprechend wurden die Vorräte am letzten Tag nochmal aufgestockt, da man morgen recht früh weitersegeln wollte. Da die Piraten wie üblich lange gefeiert hatten, war es schon recht spät, als sie das Schiff verließen. „Wieso muss ich Babysitterin spielen?“, murrte Nikira und verschränkte die Arme, als sie nach der Aufgabeneinteilung neben Marco herging. „Weil Ace Ärger automatisch anzieht, wenn er alleine unterwegs ist.“ „Ja, aber wieso muss ich auf ihn aufpassen?“ Etwas genervt musterte sie den Phönix von der Seite. Sie hätte sogar lieber Lebensmittel mit Thatch eingekauft. Und das war schon nicht wirklich lustig. Marco zog amüsiert seine Augenbrauen nach oben. „Ich bin Vizekapitän. Ich muss keine Drecksarbeit erledigen“, er grinste kurz bei Nikiras fassungslosem Blick, „außerdem musst du Ace erst seit zwei Monaten ertragen. Wir haben ihn schon länger an der Backe.“ „Ich glaub’s nicht“, murmelte sie und legte ihren Kopf in den Nacken. Marco, der ihre Reaktion verstehen konnte, klopfte ihr belustigt auf die Schulter. „Du packst das schon, Nikira. Sei einfach…du selbst.“ Die Rothaarige blieb stehen, als der Kommandant der ersten Division zu anderen Mitgliedern ging. Sie sollte sie selbst sein? Was sollte das denn bedeuten? Seufzend wollte sie weitergehen, doch eine Stimme hielt sie davon ab. „Yo, Nikira!“ Ace kam neben ihr zum Stehen und grinste. „Ich hab gehört wir zwei machen die Stadt unsicher?“ „So etwas in der Art.“ Die 18-Jährige strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Ob er wusste, dass sie praktisch seine Aufpasserin war? Gemeinsam machten sie sich auf den Weg in die Stadt. Sie wussten weder wohin sie gehen wollten, noch wo sie gerade hingingen. Ace erzählte ihr ein paar peinliche Geschichten von Marco und wenn Nikira ehrlich war, dann fand sie die Gesellschaft von dem Piraten gar nicht so übel. Außerdem waren die Geschichten wirklich amüsant. „Das hat er tatsächlich getan?“, harkte Nikira leicht ungläubig nach und grinste bei der Vorstellung. So taff wie er immer tat, war er anscheinend nicht. „Oh ja! Wir haben ihn noch tagelang damit aufgezogen.“ Ace lachte und auch Nikira konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Sie konnte sich nur schwer vorstellen, dass der sonst so beherrschte Kommandant von einer alten Frau davonlief. Und dennoch war der Gedanke daran wahrlich amüsant. „Verständlich“, antwortete Nikira schmunzelnd und beobachtete ein wenig die Gegend. Dabei fielen ihr mehrere Dinge gleichzeitig auf. Die Straßen waren gepflastert und die Häuser waren allesamt schön verputzt. Die Leute hier trugen hochwertige Kleidung und sahen schon beinahe edel aus. Und langsam dämmerte es der Rothaarigen, dass sie auf unerklärlicherweise in den Stadtteil der Reichen gelangt waren. „Was starren die Leute so dämlich?“, fragte Ace und strafte jeden einzelnen mit einem finsteren Blick. „Vermutlich sind ihnen Piraten zu schäbig.“ Nikira musterte eine Gruppe von Personen, die in prunkvoller Kleidung und mit übertriebener guten Laune die Straße entlangging. Die Frauen trugen hohe Schuhe und gewagte Kleider. Auch die Männer hatten elegante Smokings an. „Eingebildete Bonzen.“ Ace‘ Mimik war abwertend, als er seine Hände in seine Hosentaschen steckte. „Sollen wir einen anderen Weg suchen?“, fragte die junge Frau. „Nein. Sonst haben die ja nichts mehr zu gaffen.“ Ace grinste sarkastisch und Nikira zuckte mit den Schultern. Schweigend gingen sie noch ein Stück, bis sie von einer energischen Stimme aufgehalten wurden. Verwundert blieben beide stehen und beobachteten einen Mann in Uniform, der auf sie zugelaufen kam. „Hey! Ihr zwei! Ihr dürft hier nicht durch!“ Er stellte sich vor sie und reckte das Kinn in die Höhe, als wäre er eine äußerst wichtige Person. Ace und Nikira warfen sich einen kurzen eindeutigen Blick zu, denn sie waren beide nicht der Meinung, dass der Kerl von belangen war. „Und wieso nicht?“ „Seht ihr das riesige Gebäude und die vielen schicken Leute?“ Er deutete nach hinten auf ein pompöses Haus, das mit Scheinwerfern in verschiedene Farben beleuchtet wurde. „Das nennt sich geschlossene Gesellschaft.“ Er grinste überheblich und sah beide abwertend an. Damit machte er unmissverständlich klar, dass sie hier nicht willkommen waren. Nikira musste sich trotz dem eingebildeten Mann ein abfälliges Grinsen verkneifen. Sie hatte solche Blicke zur Genüge ertragen müssen. Viele glaubten, dass sie die Position bei der Marine nur aufgrund ihres Vaters hatte. Dabei hatte sie hart für ihren Posten gearbeitet. Aber nicht nur Soldaten sahen sie so an. Manchmal zierte Verachtung auch das Gesicht ihres Vaters und verursachte ein undefinierbares Gefühl in ihrem Inneren. Sie hatte irgendwann gelernt damit zu leben und mittlerweile prallten solche Blicke einfach von ihr ab. Bei Ace war das allerdings nicht der Fall. Der Schwarzhaarige sah wütend aus. Zumindest ließen seine Fäuste und seine angespannte Haltung darauf schließen. „Ich glaube du hast keine Ahnung wer da gerade vor dir steht“, zischte Ace. Ein wenig wunderte es Nikira, dass er so sehr auf die Provokation des Mannes einging. Normalerweise machte er Scherze und sah über solche idiotischen Aussagen hinweg. Seine Reaktion kam vermutlich nicht von irgendwo. Mit verschränkten Armen beobachtete die Rothaarige die Situation genau. Sie wollte Ärger vermeiden und wollte einschreiten, wenn es brenzlig wurde. Argwöhnisch sah Nikira zu dem Mann, der sein dämliches Grinsen anscheinend nie aus dem Gesicht bekam. „Doch. Ich weiß sogar sehr genau, wer vor mir steht. Ein Möchtegern-Pirat, der sich vermutlich kein Shirt leisten kann und eine junge Frau, die nicht wirklich intelligent sein kann, wenn sie sich mit so einem Typen einlässt.“ Bei seinen Worten zog die Rothaarige ihre Augenbrauen nach oben. Sie hätte nicht gedacht, dass er einen Kommandanten der Whitebeards nicht erkannte. Wo hatte er die letzten Jahre gelebt? „Möchtegern-Pirat? Mal sehen ob du noch der Ansicht bist, wenn ich mit dir fertig bin“, raunte er leise und hob seinen Arm langsam an. Nikira, die ahnte was er vorhatte, machte einen Schritt nach vorne und legte anschließend ihre Hand auf seinen Unterarm. Es war eine zögerliche Geste und wirkte augenblicklich, denn die Anspannung von Ace verschwand sofort, als ihre Finger seine Haut berührten. Sachte drückte sie seinen Arm nach unten, schenkte dem Mann einen kalten Blick und meinte: „Lass es, Ace. Er ist es nicht wert.“ Dieses Mal war sie es, die ihn einfach an seinem Handgelenk packte und wegzog. „Hey! Was soll das? Wieso hältst du mich davon ab ihm eine reinzuhauen?“, murrte Ace, ließ sich aber bereitwillig mitziehen. Ohne sich umzudrehen, antwortete sie: „Du meinst warum ich dich davon abhalte etwas Dummes zu tun?“ Dabei verdrehte sie leicht die Augen und versuchte krampfhaft nicht an das Kribbeln in ihren Fingerspitzen zu denken, die noch immer um Ace‘ Handgelenkt geschlungen waren. „Wow. Abgesehen davon, dass das nicht dumm gewesen wäre, kann ich nicht glauben, dass du es gerade bist, die mich davon abhält jemanden zu schlagen.“ Er klang sehr erstaunt über diese Tatsache und ein wenig verstand Nikira ihn dabei. Sie konnte manchmal wirklich…impulsiv sein. Das gab sie zu. „Ich ehrlich gesagt auch nicht“, murmelte sie und ließ sein Handgelenk los, als sie in eine Seitenstraße abbogen. Aus Reflex umklammerte sie mit ihrer rechten Hand die Finger der anderen. Seine Haut war überdurchschnittlich warm. Noch wärmer als sonst, da er kurz davor gewesen war seine Teufelskraft zu nutzen. „Aber mal ehrlich. Wie konntest du so ruhig bleiben? Dieser Typ war ein komplettes Arschloch.“ Ace ärgerte sich noch immer darüber, dass er diesem Mann keine Abreibung verpassen konnte. Er verschränkte seine Arme hinter dem Kopf und schmollte. Nikira atmete hingegen tief ein, bevor sie ihm antwortete: „Blicke und Aussagen wie die von gerade eben prallen einfach von mir ab. Ich bin sie…gewohnt.“ Sie war sich bewusst, dass sie Dinge sagte, die sie gar nicht sagen durfte. Aber es waren Dinge, die sie sagen wollte. „Was soll das heißen du bist sie gewohnt?“ Ace sah sie stirnrunzelnd an und verlangsamte seine Schritte. Man hörte deutlich seine Neugier heraus. Die Rothaarige konzentrierte sich währenddessen auf den Boden. Auch wenn sie gerne darüber reden wollte, fiel es ihr dennoch schwer. „Sagen wir mal es gäbe einen Preis für den besten Vater des Jahres. Meiner hätte ihn in den letzten 13 Jahren nicht gewonnen.“ Die Antwort kam ihr trocken über die Lippen. „Wieso?“, entkam es ihm überrascht und schlug sich prompt innerlich gegen die Stirn. Diese Frage war total bescheuert gewesen. Sie hatte ihm ja schon den Grund verraten. Allerdings wollte er nichts ergänzen, denn dieses Gespräch führte in eine Richtung, bei der er mehr über die hübsche Rothaarige erfahren konnte. Das wollte er auf keinen Fall vermasseln! „Wieso?“, wiederholte Nikira, „Weil es schwierig ist ihn zufriedenzustellen.“ Im Gegensatz zu Ace dachte sie nicht über die Sinnlosigkeit seiner Frage nach, sondern ging näher auf die kalte Vater-Tochter-Beziehung ein. Seit sie mit dem Piraten über ihre Mutter gesprochen hatte, verspürte sie den Drang, ihm noch mehr über sich zu erzählen. Dabei war es ihr egal, ob sie gefährlich viele Details preisgab. Es tat nämlich gut darüber zu reden, denn diese ganze Geheimnistuerei setzte ihr mehr zu als sie sich eingestand. Und der Schachzug mit dem Steckbrief war auch nicht ohne… Erst die Stimme von Ace brachte sie zurück ins Hier und Jetzt: „War er denn wenigstens zufrieden, als du Piratin werden wolltest?“ Nikira sah bei seiner Frage auf und hatte ein amüsiertes Grinsen im Gesicht. „Ansichtssache.“ „Wieso ist das Ansichtssache?“, fragte der Schwarzhaarige. Ihre Antwort verwirrte ihn. Das Grinsen der 18-Jährigen wurde breiter. Wenn ihr Vater wüsste, dass sie hier ein gefährliches Frage-Antwort-Spiel spielte, würde er sie augenblicklich von ihrer Mission abziehen. Dennoch reizte genau dieser Gedanke die Rothaarige und aus dem Grund änderte sie auch nichts an ihrer nächsten Antwort. „Weil mein Vater bei der Marine ist.“ Zufrieden nahm sie wahr, wie Ace kurz überrascht stehen geblieben war und anschließend schnell wieder zu ihr aufholte. „Warte! Dein Vater ist bei der Marine?“ Fassungslos sah er sie an und konnte nicht glauben, was sie da gerade gesagt hatte. Nikira zuckte mit den Schultern. „Ja. Nichts Besonderes. Er hat keinen wichtigen Posten.“ Oder so. Die ganze Wahrheit konnte sie ihm auch nicht erzählen. Sie wollte nicht aus der Crew geschmissen werden. Grund dafür war allerdings nicht nur ihre Mission… Der Pirat fuhr sich durch die Haare. „Nichts Besonderes? Scheiße! Das ist sogar sehr besonders!“ Er murmelte noch irgendetwas vor sich hin, doch sie verstand es nicht. „Da bin ich anderer Meinung. Ich seh ihn nicht sehr oft. Deswegen ist es vermutlich nichts Besonderes.“ Das stimmte sogar. Auch wenn sie sich fast täglich auf dem gleichen Areal befanden, lief sie ihm selten über den Weg. Er hatte viele Besprechungen und Treffen mit anderen hohen Tieren der Regierung. Da blieb kaum Zeit für sie. In den letzten Jahren hatte sie mehr Zeit mit Garp verbracht, als mit ihrem Vater. Diese Tatsache störte sie auch nicht. „Wie kann es sein, dass ich das erst jetzt erfahre?“, fragte Ace verblüfft. Wieder zuckte Nikira mit den Schultern. „Du hast nicht gefragt.“ Er schwieg kurz, aber sie war sich sicher, dass er gerade die Augen verdreht hatte. „Schon klar. Weißt du was? Von dem Gerenne habe ich Hunger bekommen. Holen wir uns etwas zu essen.“ Ace grinste und sah sich um. Weit und breit war kein Restaurant oder eine Bar. Sie waren noch immer in dem Viertel, in dem unzählige Hotels standen. Er hatte diese Information anscheinend recht schnell verkraftet. „Sieht nicht so aus, als gibt es hier etwas zu essen“, murmelte Nikira und wollte zurück zum Hafen gehen. Doch Ace hatte anscheinend andere Pläne. Er fing an zu grinsen und bog nach links ab. Er ging geradewegs auf eines dieser teuren Hotels zu, sah sich abermals um und lief an dem Gebäude vorbei. „Was soll das denn schon wieder?“, fragte sich die Rothaarige und ging ihm schnell nach. Ein paar Sekunden der Unachtsamkeit und schon verlor man ihn aus den Augen. Wie bei einem kleinen Kind. „Ace! Lass den Unsinn und komm her!“, zischte Nikira und sah sich um. Es war niemand zu sehen, als sie dem Schwarzhaarigen folgte, der geduckt ums Haus verschwunden war. Fluchend schlich die 18-Jährige um die Ecke und wäre am liebsten sofort umgekehrt. Ace kletterte gerade über ein pompöses Balkongeländer und sah nicht so aus als würde er seinen Plan ändern. Als sich ihre Blicke trafen, wank er ihr zu und grinste dabei fett. Wieder stieß sie einen Fluch aus und ging ihm eilig nach. Sie konnte ihn schlecht alleine lassen. Wer weiß, was dann passieren würde? Mit Leichtigkeit stieß sie sich hoch und schwang ihre Beine elegant über das Betongeländer. Sie überquerte die Fläche und huschte durch die Balkontür. Nikira war ein wenig verwundert, dass die Tür anscheinend offengelassen wurde. Diese Tatsache ignorierend ging sie weiter und stand in einem großzügigen Schlafzimmer. Ace war nicht zu sehen, aber er hatte das Licht angemacht. Beeindruckt musterte sie die luxuriöse Einrichtung. Ein riesiger Kronleuchter hing von der Decke und jede Menge exklusive Gemälde waren an den Wänden befestigt. Sogar eine verflucht riesige Badewanne mit goldener Verzierung stand mitten im Schlafzimmer. Die Rothaarige schüttelte über diese Sinnlosigkeit den Kopf. Nachdem sie alles eingehend betrachtet hatte, griff sie in die Obstschale und nahm sich ein paar Weintrauben. Gedankenverloren schob sie sich eine Traube in den Mund, als aus dem anliegenden Raum eine Stimme ertönte: „Yo, Nikira! Du musst unbedingt das Essen probieren. Die haben Hummer bestellt und den nicht mal angefasst!“ Er klang begeistert. So musste es sich also anhören, wenn man sich über die kleinen Dinge im Leben freute, dachte sich Nikira und lächelte über die Tatsache. Dabei stach ihr allerdings etwas anderes ins Auge. Zögerlich ging sie ein paar Schritte näher und hob ihre Hand. Langsam strich sie über den weichen Stoff von einem beeindruckenden Kleid, welches am Kasten hing. Es war beinahe komplett schwarz. Nur an der Taille hatte es silberne Verzierungen. Nikira legte ihren Kopf leicht schief. Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch nie ein Kleid getragen. Sie hatte nie einen Grund dazu gehabt. Wo hätte sie es tragen sollen? Beim Training mit Garp? Wohl kaum. Früher als Mädchen hatte sie immer davon geträumt auf einen Ball zu gehen und in einem wunderschönen Kleid stundenlang zu tanzen. Es war der idiotische Traum einer 7-Jährigen, der nie in Erfüllung gehen würde. Nachdenklich steckte sie die letzte Traube in den Mund. Der Drang dieses Kleid anzuprobieren wurde größer, je länger sie es ansah. Was sprach dagegen, dass sie es ganz kurz anzog? Vermutlich kostete es ein Vermögen, aber das war wahrlich kein Grund ihrem Drang nicht nachzugeben. Abermals streckte sie ihre Hand aus und nahm schließlich das Kleid von seiner Halterung. Sie drehte es in ihrer Hand, biss sich auf die Lippen und murmelte: „Was soll’s.“ Eilig zog sie sich das Shirt über den Kopf. Der Rest folgte. Währenddessen hatte Ace so gut wie alles verputzt was sich auf dem Servierwagen befunden hatte. Zufrieden und voll wusch er sich seine Hände im Bad. Dabei blieb sein Blick bei einem glänzenden Gegenstand hängen. „Woah! Das sieht teuer aus.“ Ace schüttelte seine Arme um die Nässe loszuwerden und griff anschließend nach der Halskette. Sie funkelte im Licht, war recht schwer und kostete vermutlich mehr als sein ganzes Leben. Grinsend verließ er mit dem Schmuckstück das Bad und ging zurück ins Schlafzimmer. Er hielt den Schmuck nach oben und meinte: „Hey! Sieh mal! Lust eine verflucht teure Kette zu tragen?“ Gut gelaunt sah er auf und stockte bei dem Anblick, der sich ihm bot. Nikira hatte gerade ihren Reißverschluss geschlossen und sah ertappt auf. Sie hatte nicht so schnell mit Ace gerechnet. Es war ihr ein wenig unangenehm, dass er sie in dem Kleid sah. Deswegen richtete sie ihren Blick auf den Boden. Der Schwarzhaarige hingegen konnte die Augen nicht von der 18-Jährigen lassen. Er versuchte sich jedes einzelne Detail in kürzester Zeit einzuprägen. Sein Blick glitt von ihrem Hals zu ihren Schlüsselbeinen und hinunter zu ihrem Dekolleté. Von dort weiter über ihre wohlgeformten Brüste zu dem flachen Bauch und ihrer schmalen Taille. Ein Schlitz an der Seite des Kleides reichte von ihrem Oberschenkel bis zum Ende des Kleides und zeigte genug Bein, um Ace‘ Fantasie anzukurbeln. Hitze stieg in ihm auf und das kam nicht von seiner Teufelskraft. Er schluckte und rieb sich mit seiner freien Hand den Nacken. Er hatte die Rothaarige schon immer unglaublich hübsch gefunden, aber sie in einem engen eleganten Kleid zu sehen war etwas anderes. „Du solltest die Kette wieder zurücklegen. Der Preis dafür ist bestimmt höher als dein Kopfgeld“, murmelte Nikira und verschränkte ihre Arme. Sie hatte seine Blicke durchaus bemerkt, versuchte diese Tatsache aber zu ignorieren. Ace wandte nur schwer den Blick von ihr ab und richtete ihn stattdessen auf den Schmuck in seiner Hand. „Ich finde eher, dass du ihn wirklich tragen solltest. Nur für einen kurzen Moment zumindest.“ Lächelnd hob er seinen Kopf und sah Nikira auffordernd an. „Wieso?“, fragte die Rothaarige unverständlich. „Es würde das Bild perfekt machen“, fing er an, stockte und fügte eilig hinzu, „also nicht, dass du nicht schon perfekt…ehm gut aussehen würdest, aber…du weißt schon was ich meine.“ Ace räusperte sich und schlug sich in Gedanken gegen die Stirn. Was sollte das denn? Normalerweise hatte er auch keine Probleme damit Frauen ein Kompliment zu machen. Aber bei ihr war das anders. War alles anders… Nikira hatte ihn während seinem Gerede mit hochgezogener Augenbraue angesehen und ignorierte die Hitze, die in ihren Kopf stieg. Noch nie hatte jemand sie hübsch genannt. Deswegen murmelte sie ein „Schon klar“ und drehte sich weg, damit er ihre roten Wangen nicht sah. „Also? Darf ich?“, fragte er ruhig und hielt die Kette ein Stück höher, um sein gewünschtes Vorhaben zu verdeutlichen. Nikira musterte den Schwarzhaarigen, wie er mit einem zaghaften Lächeln dastand und sie darum bat, ihr den Schmuck umzulegen. Diese zurückhaltende Erscheinung passte nicht zu dem sonst so selbstsicheren Piraten, aber irgendwie gefiel ihr dieser Ace. Deswegen seufzte sie und meinte: „Wieso nicht?“ Sie drehte sich mit dem Rücken zu ihm und wartete geduldig, bis er hinter ihr stand. Tief atmete sie ein, als sie seine Präsenz dicht hinter sich wahrnahm. Als Ace die Kette über ihren Kopf hob, biss sie sich unbewusst auf die Lippe und genoss das kalte Material, das auf ihre erhitzte Haut traf. Beim Schließen der Kette berührte Ace mit seinen Fingern ihre Haut und verursachte an den Stellen ein Kribbeln, welches Nikira angestrengt versuchte zu unterdrücken. Allerdings scheiterte sie und so bildete sich ein angenehmer Schauer, der sich über ihren gesamten Rücken zog. Sie würde lügen, wenn sie behaupten würde, dass ihr erhöhter Puls, die Hitze und das merkwürdige Gefühl von irgendeiner Krankheit kamen. Diese ‚Symptome‘ traten meist mit der Anwesenheit von Ace auf und das machte der Rothaarigen zu schaffen. Schon beinahe erleichtert stieß sie die Luft aus, als der Pirat ein paar Schritte zurückging. Sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen, als sie sich umdrehte und eine Hand auf die Kette legte. Federleicht ließ sie ihre Finger über die kleinen Kristalle gleiten. Sie hatte die Befürchtung, dass sie wirklich unheimlich viel wert war und traute sich nicht den Druck zu erhöhen. Deshalb ließ sie lieber schnell davon ab. „Ich wusste doch, dass sie dir steht.“ Ace grinste und schmiss sich auf das übertrieben große Bett. „So ein Teil steht doch jedem“, murmelte die 18-Jährige und betrachtete ihre Erscheinung in dem großen Spiegel, der an dem Kasten angebracht war. „Stimmt. Mir würde sie auch sehr gut stehen.“ Der Schwarzhaarige lachte leise und selbst Nikira konnte ein leichtes Grinsen nicht verhindern. Die Vorstellung von Ace mit so einer glänzenden Kette war wahrlich amüsant. „Wow. Ich glaube ich muss mir auch so ein Bett zulegen“, kam es unzusammenhängend von der Feuerfaust. Die Rothaarige drehte sich fragend zu ihm und hob ihre Augenbrauen, als sie den Kommandanten begutachtete. Er hatte sich auf den Bauch gelegt und sein Kopf in den unzähligen Kissen vergraben. Dabei hatte er seine Gliedmaßen von sich gestreckt und so aus wie ein Seestern. Ein Seestern mit einem äußerst ansehnlichen Rücken… Kopfschüttelnd versuchte sie ihre Gedanken zu ordnen und sagte: „Wer braucht schon so ein großes Bett?“ Ace drehte sich langsam um, richtete sich auf und stützte sich mit seinen Händen ab. „Ich stell es mir ziemlich praktisch vor…wenn du verstehst.“ Er warf ihr einen eindeutigen Blick zu und lachte, als Nikiras Gesicht rot wurde. Doch dieses Mal hatte er nicht vor still zu sein. „Wieso so rot, Nikira? Willst du mir nicht Gesellschaft leisten?“ Grinsend klopfte er auf die Stelle neben sich. „Halt die Klappe“, murrte sie und verfluchte ihn. Ihn und seine dämlichen Anspielungen. Sie hatte schon oft solch zweideutige Aussagen ertragen müssen, aber bei ihm war das anders. Bei ihm war alles anders. Dessen war sie sich bewusst und sie konnte nichts dagegen tun. Es war nichts, was sie mit körperlicher Verausgabung oder Ignorieren lösen konnte. Sie musste diese Tatsache einfach hinnehmen. Ace wollte gerade etwas sagen, als urplötzlich Stimmen ertönten. Stimmen außerhalb des Raumes. Alarmiert kreuzten sich ihre Blicke und beide verharrten in der derzeitigen Position. Die Gespräche wurden lauter und kamen immer näher. Kurz darauf traf Metall auf Metall und ein Schlüssel wurde in das Schloss gesteckt. Schneller als sie reagieren konnten, wurde die Tür aufgerissen und eine hübsche Frau mit dunklen Haaren stand im Zimmer. Sie lachte, sah auf und stockte. Ihre gute Laune schwand urplötzlich und ihre Augen weiteten sich geschockt, als sie die zwei Piraten sah. Es dauerte nur einen Moment, bis sie aus Reflex laut aufkreischte. Damit riss sie Nikira und Ace aus deren Starre. „Lauf!“, rief Ace panisch, rappelte sich auf und schnappte sich Nikiras Hand. Die war so perplex, dass sie nicht mal daran dachte ihre eigentliche Kleidung aufzuheben und stattdessen dem Schwarzhaarigen hinterherstolperte. Auf dem Balkon ließ er sie los und sprang sicher über das Geländer. Nikira war bei weitem nicht so schnell, denn sie trug noch immer dieses enge Kleid. Zischend verlangsamte sie ihre Schritte und zog das Ende des Stoffes nach oben, um mehr Beinfreiheit zu erlangen. Umständlich kletterte sie ebenfalls über die Balustrade und strauchelte kurz, als sie auf dem Gras aufkam. Zu ihrem Glück hatte sie keine hohen Schuhe an und war ohne unterwegs. So konnte sie zumindest schnell laufen. Kurz drehte sie sich noch einmal um und sah, wie die Frau auf sie deutete und augenblicklich zwei großgewachsene Männer hinter ihr her waren. Fluchend beschleunigte sie ihre Schritte und hatte beinahe Ace eingeholt, der auf sie gewartet hatte. Gemeinsam rannten sie durch die ganze Stadt, benutzten Seitengassen und kamen schlussendlich am Hafen an. Ihnen wurden skeptische Blicke zugeworfen, denn hier war der Lebensstandard um einiges niedriger. Keuchend hielt sich Nikira die Seite und ignorierte die tuschelnden Leute. „Das war…knapp“, brachte Ace heraus und richtete sich auf. Die Rothaarige lächelte leicht, als sie ihm antwortete: „Aber auch ein wenig lustig.“ Bei ihren Worten sah der Kommandant überrascht auf und musste ebenfalls lächeln. „Hey! Wo wart ihr denn die ganze Zeit und wieso siehst du so schick aus, Nikira?“, kam es plötzlich laut über den Hafen. Die beiden sahen in Richtung der Lärmquelle. Einige Crewmitglieder kamen auf sie zu. „Wir waren…unterwegs.“ Ace grinste und setzte sich seinen Hut auf. „Ernsthaft. Was habt ihr getan?“, hakte Thatch neugierig nach und betrachtete die 18-Jährige skeptisch. Nikira zuckte mit den Schultern. „Ich schätze wir sind in ein Hotelzimmer eingebrochen und haben eine ziemlich teure Kette geklaut.“ Sie sagte dies, ohne eine Miene zu verziehen und erntete reihenweise ungläubige Blicke. „Ihr habt WAS?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)