Something Worth Fighting For von SocialDistortion (»[AcexOC]«) ================================================================================ Kapitel 15: Pretend To Be Ok ---------------------------- Nikira war bereits seit zwei Monate auf der Moby Dick. In dieser Zeit hatte sie Befehle befolgt, sich mit anderen unterhalten, mit Whitebeard geredet und – mehr oder weniger freiwillig - Zeit mit Ace verbracht. Während dieser ganzen Zeit, hatte sie nicht viel an ihre Mission gedacht, oder daran, dass sie Piraten aufs Tiefste verabscheuen sollte. Diese zwei Aspekte rückten in den Hintergrund und wurden ihr egal. Beinahe. Auch jetzt, als sie mit den anderen beim Abendessen saß und mit mäßigem Interesse den Gesprächen lauschte, dachte sie daran, dass diese Crew bis jetzt nichts getan hatte was man sich im Marinehauptquartier so erzählte. Das Gegenteil war der Fall. Wie Marco damals erzählt hatte, standen einige Inseln unter Whitebeards Schutz und somit auch die Bewohner. Nie hatte sie etwas Derartiges gehört. Piraten schützten unschuldige Menschen? Ein absurder Gedanke. Für Nikira zumindest. Aufgezogen von Piratenhassern konnte sie nichts anderes glauben und doch fing sie an zu zweifeln und stellte sich Fragen. Waren alle Piraten gleich? Wieso hatte ihr Vater die Wahrheit über Rainbow-Village verschwiegen? Und warum zum Teufel fing sie an sich hier wohl zu fühlen? Fragen über Fragen rasten durch ihren Kopf. Fragen auf die sie keine Antworten wusste. Diese Tatsache frustrierte sie ungemein und veranlasste sie dazu mit abgestütztem Kopf ihr Fleisch auf dem Teller hin und her zu schieben. „Hey, Nikira? Lust heute Abend mit uns Party zu machen?“, fragte Ace mit vollem Mund und riss somit Nikira aus ihren Gedanken. Statt auf seine Frage zu antworten, sah sie ihn angewidert an. „Das ist echt widerlich.“ Trocken sah sie dabei zu, wie er grinsend hinunterschluckte. „Besser, Prinzessin?“ Höflich lächelte er sie an und bekam im Gegenzug nur einen offensichtlichen Blick von der Rothaarigen. „Nein? Schließlich bist du noch immer hier“, meinte sie trocken. Die anderen begannen zu lachen und Ace verzog beleidigt sein Gesicht. Gespielt verletzt legte er seine Hand an die Brust. „Das hat mich gerade wirklich sehr getroffen, Nikira.“ „Vermutlich“, antwortete Nikira und verdrehte die Augen über seine kindische Art. Wenn sie recht überlegte, hatte sie sowieso noch nicht viele ernsthafte Gespräch mit ihm. „Also? Kommst du heute mit, oder nicht?“ Nikira zuckte mit den Schultern. „Vielleicht etwas später.“ Damit war die Diskussion und das Abendessen beendet. Sie war voll und entschied in ihre Kajüte zu gehen. Dort verweilte sie eine Zeit lang, machte ein Nickerchen und beschloss in die Stadt zu gehen, als ihr langweilig wurde. Sie gab es nur ungern zu, aber letztes Mal war es sogar unterhaltsam gewesen mit den Piraten unterwegs zu sein. Mit ihren Händen in der Jackentasche betrat sie die breite, aus Stein gepflasterte, Straße. Mittlerweile war hier niemand mehr unterwegs. Nur noch betrunkene Männer und leicht bekleidete Frauen waren zu sehen. Nikira ging weiter die Hauptstraße entlang und versuchte die anzüglichen Kommentare der Männer zu ignorieren. Von weitem konnte sie den Hauptplatz und eine Schar Marinesoldaten sehen. Moment! Was? Überrascht hielt die Rothaarige inne. Sie sahen aufgebracht aus. „Hey! Nikira!“, ertönte es plötzlich leise aus einer undefinierbaren Richtung und brachte Nikira dazu irritiert die Stirn zu runzeln. Hatte sie sich das gerade eingebildet? Etwas verstört sah sie sich um, konnte aber niemanden ausmachen. Schulterzuckend setzte sie ihre Schritte fort, ging aber in der Nähe der Mauern, um nicht sofort entdeckt zu werden. Auch wenn es nur halb so schlimm wäre. Immerhin war sie gar keine echte Piratin. „Nikira! Hier her!“ Abermals stockte sie. Schon wieder! Dieses Mal lauter als zuvor. Sie drehte ihren Kopf nach rechts und kniff ihre Augen zusammen. Bildete sie sich das ein, oder stand da jemand im Schatten der Gasse? Erst, als die Person einen Schritt nach vorne ging, konnte sie sehen wer sich versteckte. „Was soll das denn werden, Feuerfaust?“, fragte Nikira leicht spöttisch und ging ein wenig auf ihn zu. Der Angesprochene sah hektisch um die Ecke und dann wieder zu der Jüngeren. „Die Marine hat mich irgendwie entdeckt und jetzt verstecke ich mich vor ihnen“, erklärte er flüsternd. „Und wieso bekämpfst du sie nicht einfach? Sind doch nicht viele.“ Ace stöhnte genervt auf. „Würde ich ja, aber Marco und Pops haben gesagt ich darf nicht.“ Nikiras Mundwinkel zuckte bei seinen Worten verdächtig. Er hörte sich an wie ein kleines Kind. Noch bevor sie etwas erwidern konnte, ertönte auf einmal lautes Gerede. Mit geringem Interesse wandte sie den Kopf nach links und sah, wie die Soldaten sich aufteilten und nun teilweise in ihre Richtung liefen um Ace zu suchen. Noch bevor die Rothaarige überlegen konnte, wurde sie von Ace in die Gasse gezogen und an die Wand gedrückt. Seinen linken Arm hatte er dabei an der Wand abgestützt. Sie wollte protestieren, doch er hatte seine Hand auf ihren Mund gedrückt. „Pshh! Wenn sie uns entdecken, haben wir ein großes Problem“, raunte der Schwarzhaarige gefährlich nahe. Vollkommen erstarrt, blickte Nikira ihm direkt in die Augen. Jeder Muskel in ihrem Körper spannte sich an, als ihr die körperliche Nähe zu ihm immer mehr bewusst wurde. Er war höchstens eine Handbreite von ihr entfernt und wäre es ein wenig heller, hätte sie seine Sommersprossen abzählen können. Um sich auf etwas anderes zu konzentrieren, lauschte sie den Geräuschen. Außer dem Getrampel der Soldaten, einem entfernten Grillenzirpen und ihrem unnatürlich laut schlagendem Herzen war nichts zu hören. Erst als sich Ace sicher war, dass Nikira keinen Mucks machen würde, zog er seine Hand zurück; verharrte aber weiterhin in seiner Position. So warteten sie, bis die Marinesoldaten an der Gasse vorbeigelaufen waren und beide nicht entdeckt hatten. Doch auch als sie außer Reichweite waren, wagte Nikira es nicht sich zu bewegen. Gelähmt von der geringen Distanz zwischen ihnen, war es der jungen Frau unmöglich auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Doch nicht nur ihr erging es so. Auch Ace war für einen kurzen Moment gefangen. Gefangen von Augen, die sonst so ausdruckslos waren, glühten jetzt so intensiv, dass ihm der Atem stockte. Dies war der Anblick, den er bei ihr vermisste. Den er sich, nachdem er ihn gesehen hatte, viel öfters wünschte. Doch wie jeder Augenblick verging auch dieser und schneller als ihm lieb war, war der kühle und unnahbare Gesichtsausdruck der Rothaarigen zurück. Abrupt riss sie sich von seinen Augen los und senkte ihren Blick. Sie hatte sich endlich zur Besinnung gerufen, als ihr klar wurde, dass vor ihr nicht nur ein Pirat mit einem Kopfgeld von 550.000.000 Berry stand, sondern auch ihr Missionsziel. Brutal wurde sie dabei auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht und reparierte ihre Mauer aus Eis, die während diesem intensiven Blickkontakt Risse bekommen hatte. „Wir sollten zu den anderen gehen“, kam es deshalb distanziert von ihr, als sie sich schnell unter seinem Arm hinwegduckte. Dabei drückte sie ihre Nägel in die Handflächen, um sich auf etwas Anderes zu konzentrieren. Auf etwas Essenzielles. Ace verharrte in seiner Position, fuhr sich durch seine schwarzen Haare und sah ihr nach. Erst als sie um die Ecke bog, rührte er sich und folgte ihr – mit den Händen in seinen Hosentaschen. Nachdenklich musterte er sie, als sie schweigend vor ihm herging. Ihm war klar, dass sie nicht darüber reden würde. Aber ihm war auch klar, dass sie das gespürt haben musste. Diese Spannung zwischen ihnen hatte er sich nicht eingebildet. Auch hatte sie ihm eine Seite gezeigt, von deren Existenz sie vermutlich selber nicht wusste. Diese Augen hatten es ihm bewiesen. Tief in ihrem Inneren loderte ein Feuer, das nur darauf wartete die Eisschicht zu durchbrechen. Abermals fuhr sich Ace durch die Haare, seufzte und folgte der schweigsamen Rothaarigen frustriert in die Bar. Laute Musik und Gejohle dröhnten ihnen entgegen. Um sich auf andere Gedanken zu bringen, war das erste was er tat sich ein Krug mit Bier zu holen. Auch Nikira bestellte sich etwas und zur Überraschung des Schwarzhaarigen war es Alkohol. Mit einem wachsamen Blick folgte er ihr abermals. Dieses Mal zu dem Tisch von Marco und dem Rest. Grinsend wurden die beiden begrüßt, doch keiner erwiderte die gute Laune. Nikira bekam davon nicht wirklich etwas mit. Sie war viel zu beschäftigt damit sich auf ihren Sake zu konzentrieren und die kichernden Frauen zu ignorieren. Ihr war es bis jetzt schon öfters aufgefallen, dass überall wo Ace war, jede Frau sofort anfing zu gackern, sich aufreizend in Pose zu werfen und ihm eindeutige Blicke zuzuwerfen. Vor allem zwei Frauen an der Bar nervten die Rothaarige tierisch. Doch davon ließ sie sich nicht beirren. Mit einer nichtsagenden Miene setzte sie sich auf den leeren Stuhl zwischen Marco und Haruta. Nikira beteiligte sich nicht wirklich an den Gesprächen am Tisch, sondern nippte nur ab und zu an ihrem Sake. Ihre Gedanken schwirrten noch immer ein wenig um die Situation von vorhin. Auch wenn sie vehement versuchte nicht daran zu denken. Um schnell von diesem Tisch wegzukommen, leerte sie ihren Krug in einem rasanten Tempo. Wie aufs Stichwort meldete sich ihre Blase zu Wort. Um keine unnötigen Fragen beantworten zu müssen, nuschelte sie ein: „Ich geh mal auf die Toilette.“ Gesagt, getan. Vor dem Spiegel stehend, warf sie einen kurzen Blick in das verdreckte Rechteck. Ihr Aussehen war ihr nicht komplett egal, aber sie war niemand der seine Haare checken, oder auch den Lippenstift nachziehen musste. Abgesehen davon trug sie nicht mal etwas dergleichen. Nikira senkte ihren Blick aufs Waschbecken. Mechanisch drehte sie den Wasserhahn auf, der komische Geräusche machte und anschließend verschmutztes Wasser freigab. Die Rothaarige verzog keine Miene dabei. Mit so etwas hatte sie schon gerechnet. Immerhin war sie hier in einer heruntergekommenen Bar, die all die Einnahmen in leicht bekleidete Bedienungen steckte. Und wie als wäre dies das Zeichen gewesen, betraten zwei Kellnerinnen die Toilette. Kichernd umrundeten sie Nikira und stellten sich vor den Spiegel. Tuschelnd trugen sie Puder auf und pushten sich ihre Brüste nach oben. Die vorgegebene Piratin konnte ein abfälliges Schnauben nur schwer unterdrücken. Sie war richtig froh, als sie dabei war ihre Hände abzutrocknen. Nicht, weil ihr dieses dreckige Handtuch einen Grund dazu gab, sondern weil sie endlich von diesen Weibern wegkam, die wirklich unnötiges Zeug von sich gaben. Doch irgendwie hatte eine höhere Macht andere Pläne. „Hey! Du da“, kam es von einer der zwei Frauen unhöflich. Die Rothaarige blieb widerwillig stehen und sah nach hinten. „Hm?“ „Du könntest uns sicher etwas über deine Freunde erzählen, oder?“ Die schwarzhaarige Bedienung lehnte sich mit ihrer Hüfte an die Ablage und betrachtete ihre Nägel. Das Wort Freunde betonte sie spöttisch. Nikira ließ sich dadurch nicht beirren und zog eine Augenbraue nach oben. „Können schon. Nur…wollen nicht.“ Ausdruckslos drehte sie sich wieder um, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte und sie von ihrem Vorhaben abhielt. „Ich glaube du willst sehr wohl, Süße. Oder hast du etwa Angst, dass wir deinem Freund besser gefallen könnten als du? Obwohl das durchaus berechtigt wäre.“ Süffisant grinsend betrachtete sie Nikira von oben bis unten. Damit wollte sie der Rothaarigen wohl klarmachen, dass sie keine Chance gegen die beiden Kellnerinnen hatte. Unbeeindruckt schüttelte sie die Hand ab und ignorierte das Gekicher der anderen gekonnt. „An deiner Stelle würde ich die Hände bei mir behalten, wenn du nicht willst, dass sie dir abhandenkommen.“ Bei Nikiras kalten Drohung verrutschte das Grinsend der beiden Frauen kurz. Die Rothaarige wartete gar nicht auf eine Antwort, sondern verließ die Toilette, durchquerte den kurzen Gang und wollte wieder den Barbereich betreten – doch sie hatte nicht mit der Hartnäckigkeit der Kellnerin gerechnet. „Hey, du Miststück! Glaubst du ernsthaft, du kannst mir drohen und dann einfach abhauen?“, rief die Bedienung verärgert und war ihr gefolgt. Nikira verdrehte die Augen und sah nach hinten ohne stehen zu bleiben. „Ja? Was kannst du schon dagegen unternehmen?“ Ihre Lippen zierte ein spöttisches Lächeln. Diese Frau konnte höchstens Corby etwas anhaben; und das auch nur, weil sie eine Frau war und er immer beinahe in Ohnmacht fiel, wenn das andere Geschlecht mit ihm redete. Die Schwarzhaarige ballte ihre Hände zu Fäusten, während sich ihre Freundin aus der Sache raushielt. „Du arrogante Kuh“, knurrte sie und griff aus Reflex nach dem Handgelenk der kalten Piratin. Abrupt blieb Nikira stehen und wandte ihren Kopf wie zuvor nach links. Ihr war klar, dass viele Augenpaare auf ihnen Lagen. Sogar Marco und der Rest der Whitebeard Crew hatten deren Gespräche unterbrochen und verfolgten ihre ‚Schwester‘. Doch davon ließ sie sich nicht beirren. Viel zu fixiert war sie auf die Hand der Kellnerin, die ihre manikürten Nägel trotz Warnung gerade in ihre Haut bohrte. „Nimm deine Hand weg, oder du wirst es bitter bereuen“, zischte Nikira gefährlich leise. Ihre Finger berührten den Dolch an ihrer Hüfte und nur mit Mühe konnte sie sich beherrschen. Sie war bereits kulant genug ihr nicht gleich beim ersten Mal die Kehle aufzuschlitzen. Verdient hätte sie es durchaus. Stattdessen war sie ruhig geblieben. Bis jetzt. Manchmal wäre es besser seine Grenzen zu kennen und diese nicht zu überschreiten. „Ach? Werde ich das? Glaubst du wirklich jemand würde dir helfen, wenn du erbärmlich um Hilfe schreist? Ich glaube kaum, dass sich wegen dir jemand die Hände schmutzig macht. Vermutlich will nicht Mal dieser heiße schwarzhaarige Typ mit dir das Bett teilen. Hab ich recht?“, spekulierte sie überheblich und grinste; nicht klar, in welcher Situation sie sich gerade befand. Nikira hatte ihr indes ruhig zugehört, obwohl es in ihrem Inneren brodelte. Sie wusste nicht, ob ihr Gegenüber wirklich blöd war, oder nur so tat. Jeder der auch nur einmal die Zeitung in der Hand gehalten hatte, wusste über die Whitebeard-Piraten Bescheid – folglich auch über Ace und das neue Mitglied Nikira. Aber diese Bedienung hatte anscheinend wirklich keine Ahnung wer da vor ihr stand. „Natürlich hab ich das. Und weißt du was noch?“, abfällig grinsend drückte die Schwarzhaarige ihre Nägel fester in die Haut von Nikira, „Du bist nur halb so attraktiv wie du glaubst. Nur weil du mit einem Haufen heißer Männer rumläufst, heißt das nicht, dass du deswegen begehrenswerter bist. Eigentlich bist du sogar-“ Die letzten Worte blieben ihr im Hals stecken. Nikira hatte endgültig genug. Mit zusammengepressten Kiefer hatte die Rothaarige ihr Gegenüber an die Wand gedrückt und ihr kleines Messer neben ihr in die Wand gesteckt. Mit Genugtuung betrachtete sie das vor Schreck verzerrte Gesicht. Das Gekreische der anderen Kellnerinnen nahm sie nur gedämpft war. Viel zu sehr war sie damit beschäftigt, die Mimik der Schwarzhaarigen zu studieren. Diese wechselte von panisch zu wütend und wieder zurück. Noch immer schien sie die gesagten Dinge nicht zu bereuen. „Deine scheiß Arroganz macht mich so unglaublich wütend, dass ich dir hier und jetzt am liebsten dieses Messer in den Schädel rammen würde! Aber ich tu es nicht und weißt du wieso? Weil du es nicht wert bist“, raunte Nikira leise in das Ohr der Bedienung. Diese brachte nur einen unverständlichen Laut über ihre Lippen, woraufhin die Rothaarige den Griff um ihr Messer festigte. Die Wut, die sie den ganzen Tag über aufgestaut hatte, machte sich jetzt bemerkbar. Und auch die Ratlosigkeit über ihre Gefühle trugen dazu bei, dass die verängstigte Bedienung die geballte Wucht ihrer Aggressivität zu spüren bekam. Blind vor Zorn drückte Nikira fester mit der Hand zu, die sich um ihren Hals gelegt hatte und wiederholte zischend: „Verstanden?“ Reflexartig hob die Schwarzhaarige die Arme und umgriff den Arm von der Piratin. Angestrengt nickte sie, doch Nikira lockerte ihren Griff nicht. Wie gerne würde sie die Sache zu Ende bringen. Wäre da nicht plötzlich die Hand von Ace, die sich beruhigend auf den Arm der Rothaarigen legte und ihn mit leichter Gewalt nach unten drückte. Ohne die Schwarzhaarige aus den Augen zu lassen, ließ sie langsam den Hals los. Augenblicklich rutschte die Kellnerin auf den Boden und hielt sich die Stelle, an der vor kurzem noch Nikiras Finger gelegen hatten. Ace schob die Rothaarige ein wenig von der verängstigten Frau weg. Nikira jedoch betrachtete das Häufchen Elend weiterhin mit einem spöttischen Blick. „Glück gehabt“, meinte sie trocken und ließ sich dann von Ace nach draußen ziehen. Dabei war sie noch immer so sehr in die Geschehnisse von gerade vertieft, dass sie gar nicht dazu kam sich über die Hand an ihrem Handgelenk aufzuregen. Kaum waren sie im Freien, schritt Nikira stur in Richtung Hafen; dicht gefolgt von Ace, der über ihr Verhalten nur seufzten konnte. Die Rothaarige dachte gar nicht daran stehen zu bleiben. „Ok. Ich nehm‘ Mal an, dass du nicht darüber reden willst?“, fing er schließlich vorsichtig an und beschleunigte seine Schritte, um mit ihr gleichauf zu sein. Als Antwort bekam er nur ein Schnauben. Ace seufzte darüber. Zuerst dieser Moment in der Gasse und jetzt das! Nikira war wahrlich keine normale Frau und Frauen waren generell schon ziemlich schwierig… Dennoch überlegte er, wie er diese heikle Situation angehen konnte, ohne eine Faust von der Rothaarigen zu kassieren. Nach kurzem Grübeln, versuchte er es mit einer Taktik, die bei ihm funktionierte. Unschuldig meinte er: „Wenn das so ist, sollten wir eventuell an deiner Selbstbeherrschung arbeiten.“ Gespannt musterte er sie und musste ein Grinsen unterdrücken, als Nikira abrupt stehenblieb und sich energisch zu ihm drehte. „Meine Selbstbeherrschung war verdammt nochmal nicht das Problem.“ Mit geballten Fäusten funkelte die Rothaarige ihren Gegenüber an. Wie kam er auf die verwerfliche Idee, es wäre ihre Schuld gewesen? „Ach? Und was dann?“ Ace zog seine Augenbraue nach oben. Jetzt hatte er sie. Aufgebracht deutete sie mit ihrem Finger auf das Gebäude, in dem sich die Bar befand. „Dieses eingebildete Miststück, das meinte ich wäre arrogant.“ Ace‘ Mundwinkel zuckte verdächtig. Im Moment wäre es furchtbar unangebracht zu lachen. Das wusste er und deswegen hielt er sich zurück. „Was? Mehr war da nicht?“, harkte er stattdessen ehrlich ungläubig nach. Das konnte doch nicht alles gewesen sein. Nikira fuhr zwar schnell aus der Haut, aber nicht wegen ein paar leerer Worte einer eingebildeten Schnepfe. Nikira verschränkte ihre Arme und wirkte auf einmal Defensiv. Interessiert beobachtete er ihr Verhalten. So hatte er sie auch noch nicht gesehen. Es war, als würde er jeden Tag einen neuen Teil von ihr entdecken und das gefiel ihm. „Doch, aber im Nachhinein betrachtet war das nur Unsinn“, gab sie schließlich zu und fuhr sich mit ihrer Hand durch die Haare. „Komm schon, Kira. Wegen Unsinn bedrohst du doch nicht einfach eine unschuldige Bedienung.“ Bei seinen Worten musste Nikira schnauben. Wie wenig er sie doch kannte. „Sag schon. Was hat sie gesagt?“, drängte er nochmal. „Nichts Relevantes. Nur irgendetwas davon, dass ihr mir nicht helfen würdet, oder so“, murmelte sie und tat die Sache damit ab. Die anderen Sätze, die sie ihr an den Kopf geworfen hatte, erwähnte sie nicht. Irgendwie wäre es ihr unangenehm. Kurz schwieg der Schwarzhaarige und fragte sich, worüber die zwei Frauen noch geredet hatten, wenn so etwas zur Sprache gekommen war. „Du weißt aber hoffentlich, dass das nicht stimmt, oder? Wir würden dir immer zur Seite stehen, Nikira. Jeder einzelne von uns. Immerhin sind wir eine Familie“, versuchte er ihr sanft deutlich zu machen. Nikira hatte während seiner Worte den Kopf gesenkt und starrte vehement den Boden an. Ihre Mimik hatte sich verhärtet, als sie sich auf die Lippen biss. Zum ersten Mal seit Jahren wurde ihr gesagt, dass sie nicht alleine war. Dass sie eine Familie hatte, die auf sie aufpasste. Noch nie hatte ihr Vater etwas Derartiges gesagt. Nicht, seit ihre Mutter damals gestorben war. All die Jahre hatte sie sich solche Worte von ihrem Vater erhofft – vergebens. Nur, um sie dann von einem Piraten gesagt zu bekommen. Welch Ironie, dachte sich Nikira. „Hast du gehört, Nikira?“, fragte Ace nach, der die Reaktion der Rothaarigen stumm beobachtet hatte. Wie gerne würde er wissen was sie dachte. Was sie wirklich dachte. „Ja. Ja habe ich“, antwortete sie schließlich leise und sah so aus als wäre für sie das Thema erledigt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)