Vergissmeinnicht von dattelpalme11 ================================================================================ Kapitel 43: Ein ausgeklügelter Plan ----------------------------------- ♥ Taichi ♥ Wie konnte er nur so dumm sein? Er ärgerte sich über sich selbst und konnte diese brodelnde Wut kaum in Worte fassen, die ihn seit Tagen einnahm. Er hatte versucht mit Mimi Kontakt aufzunehmen, doch die Winterferien machten es ihm unmöglich sie zu erreichen. Gemeinsam mit seiner Familie hatte er Weihnachten gefeiert, auch wenn es eher unüblich in Japan war. Doch seine Mutter bestand darauf, Familienzeit einzuberufen, um dem Zusammenhalt untereinander zu stärken. Zwar hatte Taichi das Gefühl, dass sich sein Vater tatsächlich versuchte zu ändern, aber ihm fiel es schwer an den Frieden zu glauben, da er in diesem Jahr einfach die Hölle auf Erden mitmachen durfte. Noch nie in seinem Leben hatte er es so herbeigesehnt, dass ein Jahr endlich zu Ende ging, wie dieses hier. Doch die Probleme wollten einfach nicht abbrechen. Mimi wollte ihn zurzeit nicht sehen und unterband jeglichen Kontakt zu ihm, was ihm große Sorgen bereitete, denn so wie beim Weihnachtsessen hatte er sie noch nie erlebt. Von Yamato hatte er erfahren, dass sie die letzten Tage über bei Sora verbracht hatte, nachdem der Streit zwischen ihren Eltern und ihr komplett eskaliert war. Er wusste noch immer nicht, was zwischen ihnen vorgefallen war, aber er kannte Mimi gut genug, um zu wissen, dass es sich um keine Lappalie handeln konnte. Heute Nachmittag wollte er sich gemeinsam mit seinem besten Freund und Sora treffen, um die Lage zu besprechen, auch wenn Sora ihm sicher die Leviten lesen würde. Doch darauf hatte er sich bereits eingestellt und hoffte, dass er Sora erklären konnte, dass die Sache mit Emi damals für ihn völlig bedeutungslos war. Natürlich hatte er an seine eigenen Gelüste gedacht und wollte Mimi dadurch vergessen, was ihm allerdings nicht wirklich gelungen war. Allerdings waren die beiden damals ebenfalls kein Paar gewesen, weshalb er Mimis abweisende Haltung nur bedingt verstehen konnte. Er hatte damit gerechnet, dass sie sauer wäre, aber nicht damit, dass sie den Kontakt zu ihm völlig unterbinden würde. Er fühlte sich einfach wieder zurück in die Vergangenheit versetzt, nachdem die Nacht zwischen den beiden passiert war und sie ebenfalls einen Schlussstrich daruntergesetzt hatte. Taichi hatte demnach Angst, dass sie wieder so engstirnig handeln würde, was in ihm eine deutliche Unruhe auslöste. Angespannt wanderte er durch sein Zimmer und ging sämtliche Szenarien durch, wie er Mimi die Sache mit Emi anständig erklären könnte. Doch er kannte seine starrköpfige Prinzessin, die von ihm Taten erwartete, statt Worte. „Willst du etwa ein Loch in den Boden laufen?“, ertönte plötzlich die Stimme seiner Schwester, die sich gegen seinen Türrahmen lehnte und ihn mit angezogener Augenbraue beobachtete. „Wie lange stehst du denn schon hier?“, fragte er überrascht, da er sie gar nicht kommen gehört hatte. „Du scheinst ja wirklich neben der Spur zu sein“, stellte sie fest, betrat sein Zimmer unweigerlich und setzte sich gespannt auf seinen Schreibtischstuhl. „Was ist denn los? Ich habe dich sogar vorhin gerufen, weil Mama wissen wollte, was sie uns für Silvester zum Essen kaufen soll.“ Stimmt. Das hatte er ja fast schon wieder vergessen. Seine Eltern würden Silvester und Neujahr bei seinen Großeltern auf dem Land verbringen, um dem Trubel der Stadt zu entfliehen. Er hatte die Aufgabe auf seine kleine Schwester acht zu geben, die jedoch schon ihre eigenen Pläne für Silvester mit ihren Freunden geschmiedet hatte. „Willst du darüber sprechen?“, hakte sie nach und beäugte ihn neugierig. Taichi seufzte nur und ließ sich auf seinem Bett nieder. „Was soll ich denn groß sagen? Ich habe Mist gebaut und weiß nicht, wie ich das wieder gut machen soll“, antwortete er grimmig und ließ sich mit dem Rücken auf seine weiche Matratze fallen. „Du hast also Stress mit Mimi“, stellte Kari nüchtern fest. „Um was geht es diesmal?“ „Das kann ich dir nicht so genau sagen…“, brummte er peinlich berührt, da er vor seiner Schwester ganz sicher nicht seine Sexeskapaden auspacken wollte. „Natürlich…warum machst du aus allem so ein Geheimnis, wenn ihr beide sowieso wie wilde Tiere übereinander herfallt?“ „Was?“, blaffte Tai und setzte sich augenblicklich auf. „Wovon redest du denn?“ „Naja, Yolei hat mir erzählt, dass das zwischen euch schon seit Mai geht! Ihr hättet auf der Poolparty wie wild rumgemacht! Mit Zunge! Und du wärst sogar mit der Hand unter ihrem Kleid verschwunden!“, stellte Kari in den Raum und blickte ihren Bruder mit einem abgeklärten Blick an. Taichi hingegen wurde feuerrot. „Was? Das stimmt doch gar nicht!“, beteuerte er waghalsig, wohlwissend, dass seine Schwester tatsächlich von der Wahrheit sprach. Er erinnerte sich noch gut an den Kuss und welche Auswirkungen dieser bei ihm hatte. Er war der Anfang. Der Hoffnungsschimmer, an dem er sich die ganze Zeit festgehalten hatte. „Ich verstehe echt nicht, warum du mich jetzt so eiskalt anlügst! Ich bin kein kleines Kind mehr und ich weiß, dass du sie liebst! Warum ist es dann immer so kompliziert zwischen euch? Ist das in einer Beziehung etwa normal? Wenn ja, will ich lieber keine haben!“, murmelte sie aufgebracht. Taichi blickte seine Schwester sprachlos an und verstand nur sehr langsam, was sie gerade zu ihm gesagt hatte. Selbstverständlich waren Beziehungen nie einfach, aber waren sie wirklich so kompliziert, wie es sich zwischen Mimi und ihm darstellte? Wieso konnten sie ihre Zweisamkeit nicht einfach genießen und ganz normalen Pärchenaktivitäten nachgehen? Er hatte immer das Gefühl, dass es sich um einen Kampf handelte. Einen Kampf den er nur verlieren konnte, da er sich selbst nicht gerecht werden konnte. „Nein Kari, so ist das normalerweise nicht. Aber wenn man einen Menschen schon mal verletzt hat, fällt es einem sehr schwer alles locker zu sehen, da man ihn nicht wieder verletzten möchte“, gab er zu und merkte, was ihn wirklich hemmte. Ja, er liebte Mimi und er wollte mit ihr zusammen sein, aber er hatte Angst, dass jeder Schritt den sie gemeinsam gingen, ihr Letzter sein könnte. Dass sie wieder scheiterten und vor den Trümmern ihrer Beziehung und Freundschaft standen. Doch er hatte vergessen, dass er sie so ebenfalls nicht glücklich machen konnte. „Aber glaubst du nicht, dass du sie damit nicht noch mehr verletzt? Mimi ist nicht aus Watte und so bleibt ihr doch immer auf der Stelle stehen. So wie Mama und Papa. Er hätte sich niemals geändert, wenn Mama ihm nicht die Augen geöffnet hätte!“ „D-Du hast das mitbekommen?“, fragte er erstaunt und konnte nicht fassen, dass seine kleine Schwester ein besseres Verständnis in Sachen Liebe hatte als er. „Natürlich, ich bin weder taub noch verschließe ich meine Augen vor der Realität! Und du solltest das auch nicht tun! Zeig Mimi was du für sie empfindest, bevor du sie verlierst! Sie war an deiner Seite gewesen als es uns schlecht ging und ich erinnere mich noch gut an ihren besorgten Blick als sie mitten in der Nacht extra für dich im Krankenhaus aufgetaucht war. So ein Mädchen findest du echt nie wieder, also halt dich ran!“, Kari beendete ihren Monolog, der einen auffordernden Unterton enthielt. Taichi war einfach nur baff. Seine Schwester war ihm eindeutig voraus. Um Längen sogar, auch wenn er es nur ungern vor ihr zugeben würde. Doch ihre Worte hatten ihn aufgerüttelt. Er musste etwas tun, um sie nicht zu verlieren und er hatte schon die passende Idee, was er machen könnte, um Mimis Herz wieder zurückzuerobern. _ „Und werdet ihr mir helfen?“, fragte er hoffnungsvoll und blickte in die Gesichter seiner beiden Freunde, die er von seiner Idee unbedingt begeistern wollte. „Du nimmst dir ja einiges vor“, antwortete Yamato lächelnd. „Hätte nicht gedacht, dass in dir ein wahrer Romantiker schlummert.“ Verlegen tätschelte sich Taichi den Hinterkopf und wanderte zu Sora, die sich noch nicht geäußert hatte, sondern ihren kleinen Babybauch zärtlich streichelte. „Was meinst du Sora? Wärst du dabei?“, hakte Taichi nach, da ohne sie sein Plan nicht funktionieren würde. „Vergiss nicht, dass mir die beiden damals auch geholfen haben. Am Strand“, erinnerte Yamato sie eindringlich, um sie zusätzlich zu motivieren. Sein bester Freund hatte sich vor allzu langer Zeit genau in der gleichen Lage befunden und konnte ahnen, wie wichtig Taichi diese Aktion war. Er wollte sich entschuldigen und ihr obendrein zeigen, wie viel Mimi ihm bedeutete. Es hatte fast schon etwas von einer Offenbarung, was ihm schon Überwindung kostete. Doch er wollte alles auf eine Karte setzen. Denn wer nichts riskierte, konnte auch nichts gewinnen. „Bitte“, flehte Taichi nachdrücklich, während Sora angespannt die Lippen aufeinanderpresste. Sie bewegte sie unruhig hin und her, bevor sie ihn mit einem dringlichen Blick fixierte. „Weißt du denn überhaupt, was genau zwischen ihren Eltern und ihr vorgefallen ist?“ Überrascht über diese Frage, zuckte er nur überfordert mit den Achseln. Woher sollte er es denn wissen? Mimi hatte jeglichen Kontakt zu ihm verweigert gehabt! „Taichi…ich glaube nicht, dass sie im Moment diesen Romantikkram braucht. Klar, sie ist verletzt, weil sie die Wahrheit über Emi und dich erfahren hat, aber ich glaube sie braucht viel mehr als das, was du geplant hast“, erklärte sie mit einem ruhigen Ton. „Aber ich will ihr doch zeigen, wie sehr ich sie liebe“, murmelte er etwas beleidigt, da er seine Idee unfassbar romantisch fand und sich mehr Unterstützung von seiner besten Freundin erhofft hatte. „Das weiß ich und ich finde das auch unglaublich süß, aber…sie sollte dir selbst erzählen, was vorgefallen ist.“ „Man Sora sprich doch nicht ständig in Rätseln! Wie soll ich denn bitte schön an sie rankommen, wenn sie mich komplett abblockt! Du müsstest doch nur mit ihr in die Stadt kommen, den Rest überlässt du einfach mir!“, versicherte er hartnäckig. „Aber…“ „Ich flehe dich an! Du weißt selbst, was sie für ein Dickkopf ist“, führte er ihr vor Augen – etwas dem Sora nicht widersprechen konnte. Sie seufzte und legte den Kopf in den Nacken. Erschöpft fuhr sie sich über ihr Gesicht, bevor sie sich wieder richtig hinsetzte und Taichi direkt in die Augen blickte. „Gut, ich mach’s! Aber versprechen kann ich dir wirklich nichts!“, erwiderte sie knapp. Taichi hingegen grinste und konnte nicht fassen, dass er in wenigen Tagen seinen Plan in die Tat umsetzten würde. _ Nervös wanderte er durch die Wohnung und richtete die letzten Feinheiten her, die er mühevoll seit gestern Abend vorbereitet hatte. Kari hatte ihm noch beim Essen geholfen, bevor sie sich zu Yolei aufmachte, um gemeinsam mit ihr und den anderen Silvester zu feiern. Sogar ein Schokofondue mit frischem Obst hatte Taichi besorgt, um Mimi eine kleine Freude zu bereiten. Er hatte sich dieses besondere Datum nicht ohne Grund ausgesucht. Denn an Silvester hatten sie sich das erste Mal geküsst. Es war der perfekte Moment, um ihr endlich offen und ehrlich zu sagen, was er für sie empfand. Dass keiner zwischen ihnen stand und die Vergangenheit nicht ihre Zukunft beeinflussen würde. Ein wohliges Kribbeln durchzog seine Magengegend, wenn er sich das fertige Ergebnis betrachtete. Er hatte Tempura zubereitet und sowohl Fleisch als auch Fisch sorgsam frittiert, damit Mimi entscheiden konnte, was sie lieber essen wollte. Er hatte sogar verschiedene Soßen besorgt, die er extra von seinem Taschengeld gekauft hatte. Auf dem Tisch fand sich ein wunderschöner Strauß Vergissmeinnicht, den er vor einer Stunde frisch beim Floristen abgeholt hatte. Auch sein Zimmer hatte er blitzblank aufgeräumt und sogar gesaugt, da er hoffte, dass sie auch die Nacht bei ihm verbringen würde. Von Kari hatte er sich einige Duftkerzen ausgeliehen, die er auf seinen Schränken großzügig verteilt hatte, um eine romantische Atmosphäre zu erzeugen. Egal, was heute Abend auch passierte, er war für alles gewappnet! Normalerweise war er in solchen Fällen nicht so akribisch genau, doch er wusste, was er zu verlieren hatte. Erschöpft ließ er sich auf dem Küchenstuhl nieder und kramte sein Handy aus der Hosentasche hervor. Sora müsste ihm jeden Augenblick eine SMS schreiben, um ihm mitzuteilen, wann sie sich mit Mimi auf den Weg in die Stadt begeben würde. Er war schon richtig ungeduldig und sein rechtes Bein zitterte die ganze Zeit, weshalb er sich kaum auf etwas anderes als sein Handy konzentrieren konnte. Apathisch sah er auf das Display, dass immer wieder schwarz wurde, wenn er eine längere Zeit drauf starrte. Er schnappte nach Luft und legte es danach auf den Tisch. Je länge er es im Auge hatte, desto wahnsinniger wurde er! Er musste runterkommen! Bisher lief alles nach Plan und er war sich sicher, dass er alles mit Mimi klären konnte, wenn er nur eine Gelegenheit dazu bekam. Sie würden das schon schaffen! Da war er sich sicher. Im selben Moment hörte er sein Handy vibrieren, sodass er es schnell an sich riss und sich innerlich schon darauf einstellte loszugehen, doch die Freude wich aus seinem Gesicht und hinterließ eine bittere Miene. Mimi ist zu ihren Eltern gegangen, um mit ihnen zu reden! Es tut mir leid, aber es ist wirklich wichtig für sie. Ich hoffe, du verstehst das! -Sora- Ungläubig starrte er auf die Nachricht, als seine Welt von dem ein auf den anderen Moment einfach zusammenbrach. Er blickte sich um und sah auf den Tisch, den er kurz zuvor so liebevoll gedeckt hatte. Enttäuschung machte sich in ihm breit, auch wenn er die Sachlage verstehen wollte. Natürlich hatte die Familie eine besondere Stellung, aber er hatte sich den Abend einfach anders vorgestellt gehabt. Traurig stand er auf und begann die Teller zusammen zu räumen. Er blies die Kerze aus und ärgerte sich, dass er alles auf die leichte Schulter genommen hatte. Manchmal ging das Leben eigensinnige Wege. Man konnte es nicht beeinflussen, sondern nur das Beste daraus machen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)