Momente von Alaiya ([One-Shots und Drabbles]) ================================================================================ Der letzte Dinosaurier ---------------------- „Ich verstehe den Zusammenhang nicht“, meinte Kye und warf der Krähe einen Blick zu. „Magie ist real, weil Leute daran glauben und deswegen gibt es noch einen Dinosaurier?“ Vielleicht machte er sich auch zu viele Gedanken darüber. Immerhin sprach er gerade mit einer Krähe. „Genau“, erwiderte die Krähe in einem amüsierten Tonfall und ließ sich kopfüber vom Ast hängen, ehe sie weiter über die kahle Landschaft des Outbacks flog. Kye hatte in seiner Kindheit viele Geschichten über sprechende Krähen gehört. Seine Großmutter hatte ihm davon erzählt. Anders als der Rest seiner Familie, stammte sie von den Aboriginals ab, und hatte ihm viele Geschichten aus der Traumzeit erzählt. Unter anderem natürlich die Geschichten von Waa, der Krähe, die den Menschen das Feuer gebracht hatte. Bis gestern hatte Kye jedoch geglaubt, das all das nur Legenden waren. Und nun wanderte er durch den Outback und folgte eben dieser Krähe. Es wäre sehr wohl möglich, beschloss er, dass die Krähe eine Halluzination war und er verrückt geworden war. Wahrscheinlich würde man seine vertrocknete Leiche in ein paar Monaten im Outback finden. „Warum erzählst du mir das?“, fragte Kye schließlich die Krähe, Waa. Waa lachte. „Ich will sehen, wie du reagierst.“ Das ergab keinen Sinn. „Würde es dann nicht mehr Sinn machen, wenn du mir nicht vorher davon erzählen würdest?“ Wieder landete die Krähe, dieses Mal auf einem Busch. Sie legte den Kopf schief. „Vielleicht.“ „Ich bin kein Schamane, weißt du?“, meinte Kye. „Noch nicht“, antwortete Waa und erhob sich wieder in die Luft. Er führte Kye den Abhang eines Hügels, der mit Felsen und trockenen Büschen bedeckt war, hinauf. Es dämmerte bereits. Wie lange liefen sie schon? Auf einem kleinen Baum auf der Spitze des Hügels blieb Waa sitzen und sah in die Senke auf der anderen Seite hinab. „Schau“, krächzte er. Unsicher kletterte Kye hinab. Er war sich der jeden Lautes, des unter seinen Füßen wegbrechenden Gerölls bewusst. Warum schlug sein Herz ihm nun plötzlich bis zum Hals? Er erreichte die Spitze, den Baum, auf dem Waa saß und sah hinab. Unter ihnen lag ein kleiner See, umringt mit einigen grünen Büschen, einigen Gräsern. Doch das war nicht das wirklich seltsame. Denn tatsächlich war da ein Wesen, das an dem See stand und trank. Ein Wesen, das wie eine Art Raptor aussah. Kye kannte das Wesen aus Erzählungen. „Der Burrunjor.“ Die Krähe auf dem Baum nickte. „Ich habe dir ja gesagt, er ist real.“ „Aber wie?“, fragte Kye. „Weil genug Leute an seine Existenz glauben“, antwortete die Krähe und ein wenig Ungeduld schwang in ihrer Stimme mit. „Aber wieso?“, fragte Kye und kam sich dumm vor. Waa musterte ihn. „Vielleicht brauche ich einen Schamanen.“ Er krächzte wie ein echter Rabe. „Oder vielleicht erlaube ich mir nur einen Spaß.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)