Unter den Schwingen des Horusfalken von Hotepneith ================================================================================ Kapitel 24: Vorbereitungen -------------------------- Meruka sandte einen Kollegen aus dem königlichen Schreibbüro zu dem Lebenden Horus, um um eine private Audienz zu bitten. Er wusste nur zu gut, wie eng das tägliche Programm des Garanten der Weltordnung war und hoffte auf dessen Interesse, schließlich hatte der Herr der beiden Länder ja gesagt, er solle ihm Bericht erstatten. Natürlich würde der auf einer Lösung des Zwischenfalls beim Tempel des Sokar bestehen, aber der Ermittler hoffte, dass eine Falle ein guter Lagebericht wäre. Allerdings sollte er sich jetzt beeilen alle Informationen zu erhalten, die er für eine Falle benötigte. Nach einigen Erkundigungen in den Büros des Palastvorstehers und des Leiter des Speisebüros, stand er mit Ptahnacht und Rahotep in einem kleinen Seitengang des Palastes. Von hier aus gingen rechts und links kleine Zimmer ab, die hohen Beamten zugewiesen wurden, die aus dem einen oder anderen Grund kein Haus in der Residenzstadt besaßen. Jetzt standen alle leer, denn das Leben bei Tage war durchaus hektisch und von Arbeit geprägt. „Das hier ist das Zimmer, das Menhekat für die Tage bewohnt, in denen seine eigene Räume entsprechend umgestaltet werden.“ Meruka schlug den Vorhang beiseite. „Nach der Auskunft des Palastvorstehers wird er in drei Tagen in seine ausgebauten Räume zurückziehen können.“ Als Ältestem Königssohn standen ihm ein Vorraum, ein Empfangsraum, ein Schlafzimmer, ein Bad und ein Ankleidezimmer zu, deutlich größer als diese Kammer hier, und größer als der Raum, der ihm als einfachem „Königssohn“ zugeteilt worden war. „Wer auch immer ihn angreifen will, hat also nur noch diese drei Tage.“ „Warum? Ein Attentat könnte doch auch später erfolgen?“ Rahotep blickte sich jedoch unwillkürlich um. „Nicht wirklich.“ Ptahnacht war von der Leibwache des Herrn der beiden Länder und fühlte sich entsprechend etwas angegriffen. „Schon, um hierher zu gelangen, musst du dich auskennen. Aber, die Räume des Ältesten Königssohnes liegen direkt neben den Privatgemächern des Lebenden Horus. Da stehen an jeder Tür Kollegen von mir, eilen Diener herum und Höflinge. Da wird jeder gesehen.“ „Der Gang hier hat allerdings auch nur zwei Ausgänge.“ Meruka deutet vage hinter sich. „Der eine führt in den Vorraum der großen Halle, der andere allerdings in den vorderen Hof. Dort steht ebenfalls ein Türhüter, aber eine Menge Leute sind befugt hier herein zu gehen. Nicht zuletzt alle, die hier Zimmer besitzen. - Ptahnacht, gehe in das Privathaus des tjati und versuche unauffällig Nefer zu sprechen, Gleich, was sonst passiert, sie soll sich in der Nähe von Akenptah aufhalten. Entweder er ist unschuldig, in diesem Fall wäre sie jemand, der bezeugen kann, was er tat, oder aber er ist der Anstifter, in diesem Fall sollte sie zuhören, was er mit Thothhotep spricht. Du dagegen bleibst an Thothhotep dran, für eben diese drei Tage. Du solltest deine Waffen allerdings hier im Palast lassen, griffbereit.“ „Ja, ich bin nur ein einfacher Diener. Oder so. Ich bin schon weg.“ Der Krieger nickte nur und verschwand. Diener fielen in solch großen Haushalten, in denen immer wieder Personal von den Domänen kam und wieder ging, am wenigsten auf. Die Waffen weg, den Armreif weg, eine einfachere Perücke ... Meruka sah zu Rahotep. „Kannst du als Arzt etwas erkennen?“ „Was meinst du?“ fragte der zurück. „Diese Rizinussamen. Ich bin mir sicher, dass Thothhotep sie einsetzen will. Und das Essen bei den gemeinsamen Mahlzeiten zu vergiften, wie auch immer, wäre töricht. Niemand kann vorhersagen, welchen Teil welcher Schüssel, welches Brot, jedem einzelnen vorgelegt wird. Der Wasserkrug dort neben dem Bett wird abends frisch gefüllt gebracht. So etwas?“ „Eher weniger. Die Samen würden aufquellen, ja, aber ich glaube kaum, dass sie dann giftig sind.“ Rahotep musterte den Raum noch einmal genau. Ein Holzbett mit einem Brett am Fußende, oben die persönliche Kopfstütze des Besitzers, angepasst an dessen Schulterbreite, eine leichte Decke, denn der Sommer war vorbei. Auf dem Boden daneben ein tönerner Krug mit einem runden Griff. Wie alle Räume auf dieser Gangseite besaß dieser kein Fenster, denn jenseits der Rückwand befand sich bereits die große Halle. Die Zimmer auf der gegenüberliegenden Seite verfügten über die schmalen Öffnungen oben an der Wand. Nicht zuletzt deswegen brannte selbst jetzt hier ein kleines Öllämpchen und hüllte den Raum in ein ungewisses Licht. Hinten links ging eine Tür zum Bad ab, getrennt durch einen dichten Vorhang aus Schilf. Wenn Menhekat zurückkäme, würde ein Diener sicher die größere Feuerschale anzünden, die Wärme und Licht spenden würde. Schon jetzt waren am Rand der kleinen Holzstückchen Kräuter aufgelegt worden, die wohltuende Gerüche verbreiten würden. Der Raum war ansonsten leer, vermutlich hatte der Älteste Königssohn für die wenigen Tage seine Garderobe in seinem bisherigen Quartier gelassen und die Truhen nicht mitgenommen. „Lass mir einen Moment, Meruka,“ bat er. „Ich muss nachdenken.“ „Gut. - Der Raum gleich gegenüber wurde vor einer halben Stunde geräumt und steht uns zur Verfügung.“ „Du hast wahrlich gute Beziehungen.“ Der Königliche Schreiber lächelte flüchtig, ehe er hinaus in den Gang trat, da er meinte, Schritte gehört zu haben. Zu seiner gewissen Erleichterung kam Merit. „Schön, dass dich der Bote gefunden hat. Die maat-hor ließ dich gehen.“ „Ja, sie weiß ja Bescheid. Was gibt es?“ Das Mädchen atmete etwas heftiger, sie hatte sich beeilt. Sie trug bereits ein Kleid mit langen Ärmeln, denn es wurde gerade in den Morgenstunden bereits empfindlich kühl. In zwei Monaten würde sie bei Ausflügen außerhalb des Palastes sich lieber Socken und einen Umhang anziehen Der „Monat der Feuer“ war eindeutig der kälteste – aber er zeigte an, dass es bald auf die Ernte zugehen würde. Er kam gleich zur Sache. „In den folgenden drei Tagen, da bin ich sicher, wird ein Angriff auf Menhekat erfolgen.“ Sie holte tief Luft, schwieg jedoch. Gut, sie wurde professionell. „Im Augenblick kommt er seinen Pflichten als Priester der Kronengöttinnen nach, danach wird er in dem Vorbereitungsraum dort Unterricht haben zu eben den beiden Herrinnen, ihrer Geschichten aus Pe-Dep und Nechen, und allen Zeremonien, die ein Herr der beiden Länder durchführen muss. Er sollte Stunden beschäftigt sein. Aber, und das ist mir das Wichtigste: er darf unter keinen Umständen hier erscheinen, ehe wir alles überprüft haben. Gehe in den Garten, du weißt ja, wo das Heiligtum ist, und warte dort einfach. Kommt Menhekat nicht bis ich dich hole, ist es gut. Wenn er jedoch aus irgendeinem Grund früher kommt, lenke ihn ab. Du kennst ihn besser als ich, frage ihn nach seiner Gesundheit, lobe ihn für seine Reaktion, die Schlange zu erschlagen, irgendetwas. Er mag dich ja wohl sehr und wird sich auf ein Gespräch mit dir einlassen.“ Merit seufzte ein wenig, verbarg es jedoch sofort. „Gut. Du holst mich, wenn ihr hier alles überprüft habt?“ „Und ich dem mächtigen Horus, er lebe, sei heil und gesund, Bericht erstattet habe.“ „Oh. Natürlich. Verzeih.“ Er durfte mit dem Lebenden Gott direkt sprechen, das sollte sie nie vergessen. „Ich bin dann etwas im Garten.“ „Viel Vergnügen.“ Meruka öffnete den Vorhang des gegenüberliegenden Zimmers. Wie alle auf dieser Gangseite besaß es ein schmales, langes Fenster, durch das Luft und Licht hereinkam. Der bisherige Nutzer war vor einer halben Stunde ausgezogen, da er einen Befehl des Herrn der beiden Länder erhalten hatte, dessen Aufenthalt in seinem Palast bei seiner Pyramidenbaustelle vorzubereiten. Meruka gab zu, dass er nachgeholfen hatte, dass es diesen Beamten traf – aber er hatte nun einmal sein Zimmer benötigt. Und Schreiber, Beamte, waren für jeden Dienst am Herrscher zu nutzen. Er wandte den Kopf, als er den kaum wahrnehmbaren Schritt im Gang hörte und sah hinaus. Ein Kammerherr des Lebenden Gottes kam heran. „Meruka,“ sagte er: „Der Herr der beiden Länder, er lebe, sei heil und gesund, wünscht dich sofort zu sehen.“ Der Ermittler nickte nur. Den Göttern sei dank hatte er alle Vorbereitungen getroffen. Jetzt benötigte er nur noch die Zustimmung eines Gottes.   Rahotep bemerkte durchaus, dass sein Vorgesetzter ging, aber er hatte einen anderen Auftrag. Zum wiederholten Mal blickte er sich in dem Zimmer um, versuchte sich an alles zu erinnern, was er je über die so heilbringende und doch auch tödliche Pflanze gehört hatte. Würde es wirklich hier ein Attentat auf Menhekat geben? Meruka irrte sich selten und zugegeben, es gab hier die besseren Voraussetzungen, als wäre der erst einmal in seine Räume gezogen. Und, Thothhotep hatte sich Rizinussamen besorgt, er war bei der Sache mit Sennefer mit im Norden gewesen, er war auch mit am Tempel des Sokar gewesen. Gleich. Thothhotep oder ein anderer. Was würde jemand mit diesen Samen anstellen, wenn er nur halbwegs Ahnung von deren Tödlichkeit hatte? Doch in den Wasserkrug stecken? Aber das war riskant. Diese Krüge wurden hier jeden Abend ersetzt und frisch gefüllt. Hm. Im Bad? Aber, was sollt das bringen? Auch da kam das Wasser frisch am Morgen, wurde von Dienern gebracht. In das Essen in der Königshalle, da hatte sein Vorgesetzter recht, war es fast unmöglich etwas zu schmuggeln, vorausgesetzt, man wollte eine bestimmte Person treffen. Es musste hier passieren sollen. Aber wie? Noch einmal drehte sich der Arzt um. Hm. Kein Fenster, ein kleiner Raum. Selbst das Bad relativ dicht mit der Schilfmatte verhängt. Natürlich. Und es war kein Kunststück im Büro des Palastvorstehers herauszufinden, in welchem Zimmer Menhekat vorübergehend untergebracht wurde. Niemand dachte doch an so etwas. Wenn nicht der Attentäter es sogar vermocht hatte, einen Raum auf dieser Seite des Ganges vorzuschlagen. Kein Fenster. Ein kleiner Raum. Der Blick des Arztes glitt noch einmal durch das Zimmer, ehe er hinausging und den Vorhang schloss. Er sollte auf Meruka warten, aber dort drüben, in dem Raum, der ihnen zur Verfügung gestellt worden war, unsichtbar bleiben. Wer wusste schon,was passieren würde.   Meruka erkannte, dass er in den privaten Empfangsraum des Herrn der beiden Länder geführt wurde, wo dieser sich auch mit seinen engsten Beratern traf. In seiner Eigenschaft als Schreiber des privaten Schreibbüros des Lebenden Horus war er oft genug hier gewesen, um Notizen zu machen oder auch Befehle zu schreiben. Dennoch konnte er einen gewissen ehrfürchtigen Schauder nicht unterdrücken, als er erkannte, dass Horus Quahedjet auf seinem Stuhl auf einem Podest saß, Nebhotep, den zweiten Mann der „Getreuen“ als Wedelträger neben sich. Auf den Stufen des Podestes, niedriger, als das im Empfangssaal, waren Gefangene der Neun-Bogen-Länder gemalt, die die Feinde Kemets darstellten, und über die der Herr der beiden Länder so stets triumphierte. Vollkommen automatisch beachtete er das strenge Hofzeremoniell und glitt bereits an der Tür in die Knie, rutschte vor. Hinter ihm wurde die Tür geschlossen – von außen. „Komm, Meruka.“ So gehorchte er, rutschte weiter vor, bis er sich flach zu Boden warf, wie es sich in Gegenwart des Lebenden Gottes geziemte. „Dein Bericht? Und richte dich etwas auf.“ Im solch engem Raum sah der Herr der beiden Länder über das Protokoll hinweg. Es half nichts, wenn er stets nachfragen musste, weil die Berichte in den Boden erzählt wurden. Und er wusste um die Dienste, die ihm dieser Mann schon geleistet hatte. „Wenn man gestattet, so werde ich bereits vor einem halben Jahr beginnen, denn der Zwischenfall am Sokar-Palast begann eigentlich schon viel früher. Zum ersten Mal wurde es aktenkundig, als ein gewisser Sennefer, ein junger Leiter einer königlichen Domäne verschwand. Hier in Ibenu-hedj.“ Er berichtete davon, dass die Suche eingestellt wurde, von Chnummose, der sich an den tjati wandte, da sein Vermögensverwalter Menmire verschwunden war, den Ermittlungen und der schließlichen Festnahme des Wirtsehepaares. „Dennoch war klar, dass jemand, ein hoher Beamter, in die Sache verwickelt sein musste. Baket-bes ist eine törichte Frau, und sie wird dafür bezahlen, aber auch die angeblichen Wachen des Königs glaubten ja offenkundig im Auftrag des tjati zu handeln. In Menmires Papieren fanden wir einen Brief von Sennefer, dass der etwas entdeckt habe, und sich großen Hoffnungen darüber machte. Ich fuhr nach Iunu, die Schule, in der die beiden gewesen waren. Beide stammten aus einfachsten Verhältnissen und beide waren nur miteinander befreundet. Unmöglich, dass Sennefer an der Schule etwas mitbekommen haben könnte, unmöglich aber auch, dass er etwas wirklich Wichtiges auf der neuen Weinplantage, die ihm nun unterstellt war, erfahren hatte. Es konnte also nur auf der Reise nach Norden, an Bord des Schiffes des tjati, passiert sein. Außer Sobeknacht selbst und seinem Sohn Akenptah befanden sich einige wichtige Mitarbeiter seines engsten Umfeldes mit an Bord. Nur von denen kam jemand in Betracht. Sennefer war unerfahren, aber er hätte keinem Ruderer oder einfachem Bauern bei einer Landung in einem Dorf zugetraut ihn zu fördern.“ Meruka berichtete von der Halskette, die er für die erste Falle hielt, von der Rückfahrt nach Iunu, wo der Unbekannte wohl die Sandläufer im Namen des tjati bestellt hatte, um den Jungen zu töten. „Ich fragte mich lange, was Sennefer mitbekommen haben könnte, dass der Unbekannte zu solch drastischen Maßnahmen griff. Aber ich betrachtete das näher kommende Fest des Sokar mit Bedenken. Der Ablauf aller Feste ist stets gleich, so entspricht es der Maat. Ein Fest, abseits und in der Wüste … Ich war allerdings überrascht, dass es sich um eine Schlange handelte, aber dann wurde mir klar, dass es in allen Dörfern Schlangenbändiger gibt. Ich vermute, Sennefer bekam etwas von der Unterhaltung des hohen Beamten mit dem Schlangenbändiger mit. Und der Beamte wiederum bemerkte das. - Menka befindet sich in meinem eigenen Haus und erholt sich rasch. Aber, da der Eindruck erweckt wurde, er sei tot, wird sich der nächste Angriff auf Menhekat richten.“ „Warte.“ Der Herr der beiden Länder sagte es nur halblaut. „Wer ist es, der meine Söhne töten will, um selbst diesen Thron zu besteigen?“ „Er will ihn nicht selbst besteigen. Er will, dass Akenptah das tut.“ „Thothhotep?“ Ein wahrer Gott erkannte natürlich dies. „Ich bin mir bewusst, dass er einst mit dem tjati, mit Sobeknacht, mit Hekaptah und allen in die Schule ging, dass er ein guter, alter, Bekannter ist. Aber, da war auch noch die Sache mit dem Rizinus.“ Er berichtete. „Falls Thothhotep unschuldig ist, hat sich jemand überaus große Mühe gegeben, ihn zu verdächtigen. Ich weiß nicht, was von Akenptah zu halten ist. Aus diesem Grunde habe ich eine Falle aufgestellt. Wer auch immer in Menhekats Zimmer geht und dort etwas verändert oder sich verbergen will, wird gefasst. Zeitgleich beobachten zwei meiner Leute Thothhotep und Akenptah. Sind sie unschuldig, werden sie es bezeugen können. Ich darf nur bitten, mir noch einige Krieger zur Verfügung zu stellen, falls es notwendig werden sollte.“ Horus Quahedjet nickte. „Ich dachte es mir bereits. Nebhotep, übernimm das. Ihr beide bewahrt Stillschweigen. Geht.“ Unter tiefen Verneigungen zogen sich die Höflinge rückwärts zurück.   In einem Seitenzimmer der großen Halle blieben Meruka und Nebhotep stehen. „Wie viele Männer benötigst du?“ erkundigte sich der Wedelträger. „Ptahnacht überwacht Thothhotep. Mindestens zwei noch. Es sei denn, du willst selbst dabei sein.“ Nebhotep lachte fast auf. „Nett, dass du mich mit zwei Männern vergleichst. Aber du hast recht. Es sollten so wenige wie möglich davon wissen. Ptahnacht kann man vertrauen. Wie genau sieht deine Falle aus? Jeder, der in das Zimmer Menhekats geht, wird festgenommen?“ „Ja, aber das ist nur der erste Teil. Wir müssen herausbekommen ob Thothhotep UND Akenptah schuldig sind, wenn nein, welcher von beiden. Deswegen habe ich dann auch einen netten Aufenthaltsort für dich.“ Meruka blieb ernst. „Es kann sich nur um diese drei Tage handeln.“ „Im Auftrag des Herrn der beiden Länder.“   Als die beiden Männer zu Menhekats Zimmer zurückkehrten, warfen sie zunächst dort einen Blick hinein. Da es vollkommen leer war, aber auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges der Rollvorhang des dortigen Zimmers etwas gelüftet wurde, schlüpften sie rasch hinein. „Rahotep ist einer der königlichen Ärzte, Nebhotep. Ich denke, ihr kennt euch. - Rahotep, hast du eine Idee gehabt?“ „Leider.“ Der Arzt setzte sich auf das Bett und wies in dem Zimmer umher. „Was fällt euch hier an Unterschieden zu dem Raum von Menhekat auf?“ „Es gibt ein Fenster,“ erwiderte Nebhotep sofort, der das als gewisse Prüfung verstand. „Darum brennt hier momentan auch keine Öllampe. Aber, warum meinst du „leider“?“ Meruka dachte noch einmal nach. „Nebhotep hat recht. Aber, auch hier, die Feuerschale wurde noch nicht gefüllt. Verständlich, denn der Raum gilt als unbewohnt, während drüben der Älteste Königssohn vorübergehend einquartiert ist.“ „Ja.“ Rahotep atmete durch. „Wie ich Meruka schon des Öfteren mitteilte, ist es mir natürlich als Arzt verboten Rezepte und anderes an Nichteingeweihte zu verraten. Dennoch kann ich so viel dazu sagen: die Feuerschale drüben ist mit Tamariskenholz gefüllt, das außerhalb der Stadt gesammelt wurde, Kräuter liegen dort. Wenn Menhekat kommt, wird sie sicher entzündet. Er geht ins Bad, mit dem Öllämpchen, wird dort entweder ausgekleidet oder tut es selbst, aber es wird immer noch ein Diener dabei sein. Dieser geht dann und lässt den Vorhang an der Tür sorgfältig hinab. Das Öllämpchen wird gelöscht sein. Menhekat legt sich ins Bett. Der Raum ist klein und der Kräuterduft wird ihn bald komplett ausfüllen ...“ „Bei Sachmet!“ entkam es Nebhotep. Meruka war sachlicher. „Rizinus kann auch gefährlich sein, wenn er verbrannt wird?“ „Er kann, ja. Das hängt von der Dosierung ab. Jedenfalls ist ein kleines Zimmer ohne Fenster gefährlicher als eines mit einer Öffnung. Da passiert sicher nichts. Und darum, Nebhotep, meinte ich zuvor „leider“. Denn diese Informationen kann Thothhotep, oder wer auch immer, nur von einem Arzt erhalten haben.“ „Er ist ein alter Mann, vertraut mit den ranghöchsten Beamten und Königssöhnen,“ meinte Meruka prompt. „Ein Gespräch vor Jahren, womöglich in völlig anderem Zusammenhang, das ihm nun wieder in den Sinn kam, würde ja schon reichen. Gleich. Wer auch immer in das Zimmer geht und sich an der Feuerschale zu schaffen macht, wird verhaftet. Womöglich wurde wieder ein an sich harmloser Mann, wie der Schlangenbändiger, angeblich im Auftrag des tjati überzeugt. - Bleibt ihr beide hier. Ich werde Merit informieren, dass sie erst morgen wieder benötigt wird, wenn ich das Tagesprogramm Menhekats kenne. Die maat-hor wird ihre Schreiberin schon vermissen.“   Als Nebhotep mit dem Arzt allein war, setzte er sich neben diesen auf das Bett. „Merit? Er meint Meresanch?“ „Ja.“ „Sie arbeitet in dieser Sache auch für ihn?“ „Befehl des Lebenden Horus.“ „Schon gut, ich frage nicht weiter.“ Aber der zweite Mann der Leibwachen lächelte. „Oh, ja, ich hörte bereits, Menhekat würde sie gern sehen ...“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)