Unter den Schwingen des Horusfalken von Hotepneith ================================================================================ Kapitel 16: Gespräche --------------------- Rahotep kehrte von seiner ärztlichen Verpflichtung zurück. Für die Kranken der Stadt gab es im ersten Hof des Palastes stets einen Arzt als Ansprechpartner, der ihnen Medikamente und Beratung zukommen ließ, wenn sie ihn hier aufsuchten. Da wurde abgewechselt. Hausbesuche geschahen so gut wie nie, außer natürlich bei Unfällen an einer Baustelle oder ähnlichem, aber da waren auch stets Ärzte mit zugeteilt. Er fand die Gänge des Palastes bemerkenswert leer, erfuhr aber auf Nachfrage bei einem Diener, dass der mächtige Horus alle Höflinge zu sich befohlen hatte, es ginge um Menhekat. Nun, dann war wohl davon auszugehen, dass der Junge als Erbe vorgestellt werden würde. Ob das Meruka beruhigen würde, der war ziemlich angespannt. Das morgen beginnende Barkenfest lag seinem Vorgesetzten offenbar im Magen. Vielleicht würde er heute Abend auf der Besprechung der Gruppe mehr erfahren, auch, was bei diesem Empfang geschehen war. Jetzt sollte er erst einmal seine Arzttasche erneut bestücken, mit anderen Rezeptpapyri und vorbereiteten Medikamenten, denn er war für morgen mit zu dem Fest des Sokar in die Wüste befohlen. Mittel gegen Fieber, Skorpione und Schlangen waren da notwendiger als Schienen für Brüche oder Operationsbesteck, zumal er zwar die gängigen Fieberrezepte im Kopf hatte, aber durchaus nicht alle. Es gar sehr viele Möglichkeiten. Zum Glück konnte er aus der Vorratskammer des königlichen Haus des Lebens auch bereits vorbereitete Pflanzen und Mittel mitnehmen. Als Arzt in einer anderen Stadt hätte er sie sich erst suchen und vorbereiten müssen, etwas, was jeder Arzt schon früh in der eigentlichen Ausbildung lernte, ebenso wie Pflanzen zu unterscheiden und eben Lesen und Schreiben. Er war noch nie im Festzug selbst dabei gewesen und vermutete stark, dass bei dieser Abordnung Merukas Einfluss am Werk war, denn auch der und Ptahnacht würden mitgehen. Merit wäre erst am zweiten Tag mit bei den Frauen des ipet, alles andere wäre zu auffällig gewesen, da keine Frauen mit zu dem geheimnisvollen Tempel des Sokar gingen. Er selbst war neugierig, ob die Gerüchte stimmten, dass dieser zum Teil sogar unterirdisch lag. Ah, die Höflinge strömten aus der große Halle, dann war der Empfang vorbei. Er suchte seinen eigentlichen Vorgesetzten in der Menge, aber der guckte sich auch um. „Hier wäre ich, aber ich denke nicht, dass du mich so plötzlich benötigst.“ „Nein,“ gab der „Persönliche Schreiber des Königs“ zu. „Ich wollte mit Hekaptah reden, aber der ist sehr schnell weg gewesen.“ „Der und seine Schreiber gingen soeben mit unserem tjati und er sprach eifrig mit Sobeknacht.“ „Oh, danke. Dann haben sie wohl noch etwas zu bereden und ich muss warten. - Menhekat wurde zum Ältesten Königssohn ernannt, dazu Priester des Ptah und diverse andere Priestertitel. Damit hat er eine eigene Versorgung aus den Opferumläufen, dazu Domänen für seine Totenstiftung, und kann einen eigenen Haushalt gründen.“ Wie immer hatten alle Höflinge, auf dem Bauch liegend, diese Entscheidung bejubelt. Wenn Horus auf dem Thron der Lebenden erschien, mit der Doppelkrone, den Zeptern und dem uralten Ornat angetan, war er als Gott unfehlbar. Der Herr der beiden Länder leitete die Verwaltung, konnte krank werden und alt – nie das Göttliche in ihm, das sich bei seinem Tod mit den anderen Göttern vereinen würde. „Und er ist definitiv der Falke im Nest.“ Der designierte Erbe. „Ja. Ich weiß nur nicht, ob mir das gefallen soll.“ „Wegen Merit?“ „Wegen Merit?“ wiederholte Meruka ein wenig erstaunt. „Weißt du etwas, das ich nicht weiß?“ „Ich sah gestern rein zufällig, wie er sie und seine eigene Schwester, die Tochter der maat-hor, begrüßte. Es gab einen kleinen Unterschied. Zuerst die Schwester, nach dem Hofrang, natürlich, aber da nahm er nicht beide Hände, wie bei unserer lieben Merit. Er scheint eine gewisse Freundschaft zu ihr zu haben, wenn nicht mehr.“ „Ja, ich weiß. Sie wuchsen doch gemeinsam auf, es wäre erstaunlich, würde er sie missachten. Überdies liegt diese Entscheidung nicht bei mir. Du bist morgen bei Sonnenaufgang dabei.“ „Ja. Der Vorsteher der Ärzte, mein Lehrer, befahl mich dazu. - Dein Werk?“ Meruka lächelte etwas. „In der Tat. Ich habe ein ungutes Gefühl und zwei Ärzte schaden bei doch über hundert Männern sicher nichts. Bis später.“   Fast zwei Stunden später erst verließ Meruka wieder seinen Arbeitsplatz und bat um Audienz beim Siegler des Königs, nur um zu erfahren, dass Hekaptah noch immer nicht zurück sei. „Er wird bald kommen,“ versicherte der zuständige Schreiber. „Meine Kollegen sandte er bereits zurück, wenn du warten willst.“ „Das werde ich tun.“ Meruka ließ sich nieder. Als Stiefsohn und vor allem Mitglied des privaten Büros des Herrn der beiden Länder, würde ihm Vorrang vor den anderen Wartenden eingeräumt werden.   Als der Siegler des Königs kam, entdeckte er sofort seinen Stiefsohn und Sonderermittler und war entsprechend alarmiert. „Komm,“ sagte er nur. Merka gehorchte. Für einen Moment saßen sie sich im Arbeitszimmer Hekaptahs gegenüber, ehe dieser meinte: „Nun?“ „Zum Einen: mir wurde erst heute bewusst gemacht, dass ich nach den Königssöhnen und Akenptah der Nächste in der Thronfolge bin. Glaube mir, ich habe das zuvor nicht bemerkt.“ Hekaptah hob beruhigend die Hand. „Ich weiß. Aber mir war das immer klar. Ich wunderte mich schon, wann du es bemerkst.“ Aber so fähig der auch war, so analytisch er dachte – bei sich selbst sah das immer ein wenig anders aus. Meruka stockte. „Aber, warum hast du mich nicht von diesem Fall abgezogen ?“ „Mein lieber Junge.“ Wohl niemand außer ihm und dem lebenden Horus durfte diesen Mann so ansprechen. „Du warst derjenige, der vorgeschlagen hat es könne um den Thron gehen. Du warst aber auch derjenige, der jede Möglichkeit gehabt hätte, die Ermittlungen ordnungsgemäß und unauffällig abzuschließen. Nein, du nie. - Aber, du bist immer noch der Überzeugung, es gehe um den Thron des Horus?“ Meruka wusste nicht, ob er sich bedanken sollte oder peinlich ertappt fühlen. So rettete er sich in Sachlichkeit. „Da bin ich mir eben nicht sicher. Für die Thronfolgertheorie spricht, dass Sennefer offenbar auf der doch recht kurzen Reise mit dem tjati etwas mitbekam, von wem auch immer. Dagegen, dass nichts mehr passiert ist seit seinem Verschwinden. Dennoch: das Barkenfest steht unmittelbar bevor und alle drei Thronanwärter sind dabei. Ich bin mir nicht sicher, ob die Ernennung Menhekats zum Thronfolger etwas an den Plänen ändern würde. Und es behagt mir eigentlich nicht, dass das vor einem derartigen Fest geschah, dessen Termin ebenso fest liegt wie dessen Ablauf.“ Der Siegler zuckte ein wenig die Schultern. „Nun, diese Ernennung habe ich dem mächtigen Horus zu diesem Zeitpunkt in den Sinn gebracht.“ Meruka starrte seinen Vorgesetzten an. „Ja, aber, warum?“ Man fragte das eigentlich nicht, aber er war sicher, dass Hekaptah nie etwas ohne Grund tat. „Um ehrlich zu sein nehme ich deine Besorgnis sehr ernst. Und ich beschloss, wenn es einen offiziellen Ältesten Königssohn gibt, könnte das einen möglichen Attentäter entmutigen. Überdies: Menhekat hat nun Anspruch auf mehrere Räume, direkt neben denen des Herrn der beiden Länder. Als Priester der beiden Kronengöttinen und Ältester Königssohn liegen seine Aufgaben hauptsächlich im Palast. Er dürfte hier, von den Getreuen und Höflingen umgeben, sicherer sein, als wenn er erneut zur Bauleitung in Iunu gehört. Die Ziegel für die Räume werden bereits nach dem Barkenfest bereit gestellt. Es wird an sein bisheriges Zimmer angebaut. Büro, ein Raum für die Diener … nun, was eben so dazu gehört. - Menka dagegen lebt noch im ipet und teilt sich ein Zimmer mit seiner Mutter, ansonsten ist er von Kindern der Höflinge umgeben, an der Palastschule. Auch hier wäre es sehr schwer an ihn heran zu kommen. Und er sollte sicher sein, gerade wenn es einen ernannten Thronfolger gibt. Ein künftiger tjati oder Bauleiter sollte keine Mordgelüste erregen.“ „Wenn die Thronfolgertheorie die richtige ist und es nicht um die Bauernkinder geht, die zu Schreibern werden,“ wandte Meruka ein, doch erleichtert, dass der Siegler so gut mitgedacht hatte. „Das ist wahr. Eine Idee dazu?“ „Ich werde mir nach den Festtagen eine Liste besorgen mit allen Schreibern, die dort ihren Abschluss gemacht haben und überprüfen, wer davon alles noch am Leben ist.“ „Die Liste kann ich dir besorgen lassen, damit du sie nach dem Fest bereits vorliegen hast. In Iunu wird das Barkenfest ja nicht gefeiert und sie arbeiten die gewöhnliche Woche. Ja, bleiben wir lieber auf beiden Fährten, da hast du recht. Irgendwo in kemet lebt jemand, der genau weiß, warum Sennefer verschwinden musste, oder, seien wir ehrlich, sterben musste. Wer von deinen Leuten ist mit in Ra-Setjaui? „Pthanacht als Wächter und Rahotep als Arzt. Der Vorsteher der Ärzte des Palastes ist ja sein Lehrer.“ „Nefer wird dann ebenso wie Merit am zweiten Tag mit um die Mauern ziehen.“ „Äh, ja.“ Meruka wusste, dass er nichts verschweigen sollte, aber er fürchtete doch eine gewisse Bruderliebe, würde er zugeben, dass er Nefer unter falschem Namen in das Haus des Sobeknacht eingeschmuggelt hatte. Außerdem stimmte es, denn sie würde mit fast der gesamten Einwohnerschaft um die Mauern ziehen. „Ehe ich es vergesse – wer ist Thothhotep?“ „Wenn du den Hausvorsteher des tjati meinst? Ein alter Freund. Warum?“ „Oh, er war mit euch gemeinsam in der Palastschule?“ „Ja, natürlich. Die Schule in Iunu gab es damals ja noch nicht. Warum?“ „Eigentlich nichts weiter. Aber ich sehe in Akenptah irgendwie ein Bindeglied zu dem Tod Sennefers, auch, wenn er kaum etwas davon weiß. Und Tothhotep war doch sein Erzieher?“ „Ja. Ach, du suchst um Akenptah nach Verdächtigen? Nun, die engsten Vertrauten Sobeknachts, darunter auch Thothhotep, sind seit Jahren uns bekannt und vertrauenswürdig. Sobeknacht ist ein sehr pflichtbewusster tjati, auch, wenn er durch die schreckliche Tragödie als Mensch litt. Verständlich, nicht wahr?“ „Ja.“ Meruka sah seinen Verdacht bestätigt, dass er ohne genügende Beweise nicht weiter vorgehen sollte. „Dessen bin ich mir bewusst und ich will auch niemanden beschuldigen. Aber ich möchte eben auch alles ausschließen.“ „Du überprüfst alle Leute, die mit Sennefer, neben Sobeknacht und Akenptah, auf dem Schiff waren?“ „Zunächst einmal, ja. Und, nachdem der eigentliche Mörder Sennefers Zugang zu den Wüstenläufern hatte, kann es sich kaum um einen einfachen Ruderer gehandelt haben. Aber womöglich befand er sich auch auf einem anderen Schiff. Abends, nach dem Anlegen, redet man doch miteinander.“ „Wie mühselig dein Werk doch ist. - Noch etwas? Ich muss mich noch um die Lebensmittelzuweisungen an die Stadt für das Fest kümmern.“ „Nein, danke für deine Zeit und die Liste.“ Meruka erhob sich. Morgen schon, wenn der Herr der beiden Länder und sein Gefolge zum Tempel des Sokars zogen, würden auf den großen Plätzen Gestelle aufgebaut und Holz aufgeschichtet. Dann würden Ochsen Ptah und Sachmet geopfert, Sokar, natürlich auch, und, wenn die Götter ihren Anteil hatten, der Rest für die Einwohner Ibenu-hedjs gegrillt. Da kein Haus einen derart großen Herd besaß, fand das im Freien statt. Ochsen, Getränke und Brote wurden vom lebenden Horus ausgegeben.   Nach dem Abendessen, das er gemeinsam mit seinen Kollegen eingenommen hatte, ging Rahotep zu dem verborgenen Zimmer, in dem die Besprechung der Gruppe wie immer stattfinden sollte. Er blieb jedoch stehen, als er Merit entdeckte, die mit Ptahnacht auf ihn zukam. Nun, mit Ptahnacht war falsch. Der Krieger hielt sich, wie es seinem Rang gebührte, einen Schritt hinter der jungen Dame. Sie war eben eine Königstochter mit Leibwächter, so mochten es alle anderen sehen. Der Arzt lächelte seine beiden Kollegen an. „Wie schön,“ sagte er höflich an beide adressiert. „Merit, neuer Schmuck?“ „Oh, das ist dir aufgefallen?“ Sie wurde prompt rot. „Ja, da ich wegen der Türkise nachfragte, bestellte die maat-hor bei den Juwelieren einiges. Und, was sie trägt, sollte jeder tragen. Es ist die neueste Hofmode.“ Sie fasste sich unwillkürlich an ihren Hals. Statt der drei einzelnen Ketten, wie man sie bislang als Mann oder Frau getragen hatte, waren diese nun zusammengefasst und bildeten einen breiteren Kragen, verbunden mit kleinen Stäbchen. Um das Ganze nicht zu schwer werden zu lassen, trug man dazu im Nacken, ein Gegengewicht, das menit. „Du wirst sehen, übermorgen bei dem Zug um die Mauern tragen es fast alle Frauen des ipet, wenn nicht sogar auch die der hohen Beamten bereits. Das geht immer schnell.“ „Wie wahr, wie wahr.“ Das zweite Lächeln des Arztes galt Ptahnacht. „Unsereins ist da nie so auf dem Laufenden, nicht wahr?“ Der Krieger war deutlich weniger an höflichem Gespräch interessiert. „Stimmt. Aber wir sollten gehen. Ich denke, Nefer wird alles tun um heute hier aufzutauchen, aber sie kann bestimmt nur kurz weg.“   Als drei in den Raum kamen, fanden sie ihren Vorgesetzten bereits wartend. „Gedulden wir uns noch etwas,“ sagte Meruka als Begrüßung. „Wenn Nefer dann noch nicht hier ist, kommt sie wohl auch nicht mehr. - Merit, wir drei sind morgen auf dem Weg nach Ra-setauj. Bis das Barkenfest vorbei ist, werden wir uns nicht sprechen können. Dennoch: falls sich irgendetwas Verdächtiges oder Dramatisches im Haushalt des tjati ereignet, wird sich Nefer an dich wenden. Was ich, zugegeben, kaum glaube, denn Sobeknacht und Akenptah sind ja mit bei Hofe. Ptahnacht, wie viele Wachen sind dabei?“ Der Krieger zuckte etwas die Schultern. „Ich denke um die fünfzig. Nicht, dass der Palast unbewacht bleibt, aber es kommen ja keine Besucher herein in den Festtagen. Die Tore sind soweit geschlossen. Aber die Männer werden benötigt, um bei dem Zug um die Mauern die Menschen zurück zu halten.“ „Und drei Ärzte,“ ergänzte Rahotep. „Der Vorsteher der Ärzte, ich und vermutlich noch Akenchepri. Er ist Priester der Selket, spezialisiert auf Schlangenbisse und Skorpionstiche. Und deren Vorbeugung.“ Das bedeutete, er würde Gebete sprechen und mit Weihrauch den Palast ausräuchern, ehe der Herr der beiden Länder samt Gefolge dort einzog Überdies verstand er sich auf gewisse magische Sprüche, die das Gift aus dem Körper vertreiben sollten, eine wertvolle Ergänzung, wenn Kräuter und Kühlung versagten.   Nefer kam mit einem Korb herein. Was sich darin befinden mochte oder auch befunden hatte, war aus der Tatsache zu erkennen, dass sie nun statt der „alt“ wirkenden, einfachen Perücke eine deutlich bessere der gehobenen Stände trug, über dem einfachen weißen Kleid lag ein Netz aus bunten Perlen und auch ihr Schmuck entsprach keiner armen Witwe. Mit diesem Mitteln wäre sie kaum zu erkennen, wenn man sie nicht gut kannte. „Guten Abend, Nefer,“ meinte Meruka fast erleichtert. „Schön, dass du kommen konntest. Setz dich doch. - Bei uns gibt es nur soweit etwas Neues, dass Menhekat zum Ältesten Königssohn ernannt wurde, ebenso wie Menka und uns dreien morgen im Gefolge des Herrn der beiden Länder ist. Wir werden also ein Auge auf diese Zwei haben können. Akenptah ist wohl auch dabei.“ „Ja, er und der tjati.“ Sie holte tief Luft. „Glaubst du, das während des Festes etwas passiert? Das wäre ja Gotteslästerung. Sokar würde den Frevler doch bestrafen.“ „Das oder der mächtige Horus, ja. Aber es gibt Leute, die nicht daran denken, wie du weißt. Wie sieht es im Haushalt unseres tjati aus?“ „Alle bereiten sich auf das Fest vor. Ich habe heute einige, nun, sehr viele, Zwiebelketten hergestellt. Sie werden auch an Untergebene und Diener verschenkt. Natürlich tragen sie auch der Herr und Akenptah.“ „Hast du Akenptah gesehen und was sagen die Leute im Haus zu ihm?“ „Immer noch, es bestätigt sich nur, dass er sehr freundlich ist, er wirkt fast weich und sehr höflich auch zu Dienern. Thothhotep, der Vermögensverwalter, war ja sein Erzieher, aber auch die anderen Männer finden ihn sehr nett.“ „Blödsinn!“ entkam es Pthanacht. „Was ich sage?“ Nefer holte tief Atem. „Moment,“ unterbrach Meruka hastig, ebenfalls ein wenig verwundert, die gewöhnlich schon betont sachliche Nefer das so sagen zu hören. „Ptahnacht meinte sicher nicht dich, sondern etwas anderes.“ „Ja,“ gab der Krieger zu. „Irgendwie musst du etwas falsch mitbekommen haben, Nefer, meine Schwester. Das meine ich.“ Er wusste, dass ihr Temperament selten ausbrach, aber wenn, dann richtig. „Sage mir, er sieht gut aus, und alle jüngeren Frauen himmeln ihn an, und ich werde es dir glauben. Sage mir, Thothhotep war sein Erzieher und würde für seinen kleinen Prinzen alles tun, das nehme ich dir ab. Aber alle und jeder im Haus sollen ihn so nett finden? Das ist doch unglaubwürdig. Kein Mensch ist immer und überall gut gelaunt und nett.“ „Nun, er ist es.“ Nefer berichtete die Szene, bei der er sie rückwärts angerempelt und sie dabei die Krüge zerschlagen hatte. „Er hätte mich strafen können, Ersatz für die Krüge fordern, aber er schickte Thothhotep um neue und jemanden, der das aufwischte. Das fand ich überaus reizend. Das wirst du schon noch merken, wenn er die Tage bei euch ist und du ihn genauer im Auge behalten sollst.“ „Das werde ich, das werde ich.“ Meruka musterte seine Mitarbeiterin. „Du bist sicher, dass er dich nicht … weitergehend anmachen wollte.“ „Nein, sicher nicht. Er hat, soweit mir das im Haus bestätigt worden ist, keine Geliebte. Aber er war ja auch lange krank, nach dem Tod seiner kleinen Schwester und der Mutter.“ „Hm. Und er unterhielt sich mit Thothhotep so ausgeprägt, dass er in den Speiseraum rückwärts ging?“ „Ja. Was ist dabei?“ „Er scheint wirklich ein sehr innigesVerhältnis zu dem Vermögensverwalter zu haben. Aber auch ein gutes zu seinem Vater?“ „So sagen es die Anderen. Ich persönlich war noch nie dabei, wenn sie sich unterhalten, aber wenn ich sie auf dem Gang sehe oder beim Verlassen des Hauses unterhalten sie sich stets.“ Nefer war wieder sachlich. Sie verstand durchaus, dass es fast unglaubwürdig war, wenn jemand von allen gemocht wurde, aber sie vermutete, dass Akenptah zum Einen wirklich charmant war, wie er das bei ihrem Unfall ja auch bewiesen hatte, zum Zweiten natürlich der Sohn und Erbe des Hauses war, und so schon gewissen Respekt erhielt, und drittens sein Schicksal, vor allem mit der langen Krankheit und den ganzen Todesfällen Mitleid erregte. Das sagte sie auch. Ihr Vorgesetzter nickte. „Ja, das könnte natürlich alles stimmen. - Gut. Dann treffen wir uns in vier Tagen wieder hier. Bis dahin sollte ich auch die Liste der Schreiber, die in Iunu gelernt haben, erhalten haben. Vielleicht will jemand wirklich keine Bauernsöhne unter den Schreibern sehen. Wir müssen so oder so davon ausgehen, dass es sich weniger um ein handfestes Motiv handelt, wie das Erbe von Landgütern oder Eifersucht auf eine untreue Frau, sondern irgendetwas, das wir momentan noch nicht erfassen können. Wenn die Liste überprüft ist, sehen wir weiter, auch, wenn nichts auf dem Barkenfest geschieht.“ „Oh, eine Frage noch.“ Rahotep hob etwas die Hand. „Wie lange ziehen wir denn morgen früh zu dem Haus des Sokar?“ „Bis zum Nachmittag, denn es wird auch eine Mittagspause eingelegt. Nur zum Gehen sind es über drei Stunden. Mit der Barke wird es morgen langsamer, aber da geht es auch hinunter wieder in das Fruchtland. Der Rückweg morgen mit der Barke ist dauert dann.“ „Harte Arbeit für die hohen Beamten.“ Ptahnacht klang amüsiert. „Und der Tag ist noch nicht vorbei,“ tadelte Meruka sofort. Dann wird die Statue wieder in den Tempel geleitet, und der mächtige Horus selbst, unterstützt von drei oder vier Priestern beginnt mit den Riten der Nacht. Mit der ersten Dämmerung werden dann die Djedpfeiler aufgestellt. Erst dann ist das Fest vorbei. Wachen und Ärzte sind bestimmt auch als Zuschauer dabei. - Gut. Wir treffen uns in vier Tagen wieder hier, morgen bei Sonnenaufgang ziehen wir los.“     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)