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Journey to Evolution

Mit jedem Schritt wirst du stärker
von

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Selbstbeherrschung

„Denkt dran, dieses Mal spielen wir auf Sieg!“ Lily gab sich selbstsicherer, als sie sich fühlte, doch das sollten ihre Pokémon lieber nicht bemerken. Vielleicht konnte sie sich ja auch selbst einreden, dass sie es schaffen würde, wenn sie nur fest genug daran glaubte.

Evoli tänzelte jedoch wie immer fröhlich um sie herum, und auch Endivie blickte entschlossen drein, nachdem es einen aufmunternden Rankenklopfer von Bisasam bekommen hatte. Dessen Trainer nickte Lily aufmunternd zu und machte sich dann mit seinem Pokémon auf den Weg zur Zuschauertribüne, um sich schon einmal einen guten Platz zu sichern.

„Gehst du so auf die Bühne?“, wurde Lily plötzlich von hinten angesprochen, als sie sich ihrerseits auf den Weg zum Teilnehmerraum begeben wollte. Als sie herumfuhr, standen ihre Großmutter sowie ihre Tante und deren Tochter in der Lobby.

„Was macht ihr denn hier?“, fragte sie überrascht. Ihre Großmutter hasste doch Wettbewerbe, und Tante Darcy war immer beschäftigt. Melanie schien ebenfalls nicht so, als wäre sie gern gekommen, wenn man aus ihrer verdrießlichen Miene schloss.

„Ich wollte mir einmal ansehen, was du so machst. Schließlich bist du immer noch meine Enkelin, auch wenn diese Wettbewerbe mir widerstreben“, erklärte die alte Dame in einem selbstverständlichen Tonfall. „Viel Wert auf Eleganz wird ja hier anscheinend nicht gelegt“, fügte sie mit einem abschätzigen Blick auf Lilys Kleidung hinzu.

„Ich bin doch ordentlich angezogen...“ Für ihr Alter fand Lily sich angemessen gekleidet mit Faltenrock und frischer Bluse, vor allem wenn sie sich die anderen Koordinatoren ansah, von denen viele ihre normalen Reiseoutfits mit teilweise recht grellen, bunt kombinierten Kleidungsstücken trugen.

„Ich habe dir etwas mitgebracht.“ Ihre Großmutter ging gar nicht auf ihren Protest ein und öffnete eine große, längliche Schachtel, die Darcy bisher für sie getragen hatte. Gut verpackt kam ein leichter, rosafarbener Kimono hervor, der mit weißen Blüten verziert war.

„Den kann ich doch nicht anziehen“, protestierte Lily.

„Natürlich kannst du, wieso denn nicht? Teak City ist schließlich wie gemacht dafür, auch bei so einer... Veranstaltung im Kimono aufzutreten.“

„Mag ja sein, aber ich kann den wirklich nicht anziehen, ich weiß doch nicht wie.“ Schön war er schon, das musste Lily zugeben, aber sie würde sich etwas komisch vorkommen, wenn sie darin am Wettbewerb teilnehmen müsste. „Außerdem sind nur noch zehn Teilnehmer vor mir dran...“

„Ich helfe dir selbstverständlich – das wird eine Sache von wenigen Minuten.“ Ihre Großmutter ließ keine Widerrede zu und steuerte zielstrebig auf die Sanitäranlagen der Halle zu, wo sie Lily in eine Kabine drängte und ihr dort mit geübten Handgriffen den Kimono anzog. Mehrmals schnappte das Mädchen nach Luft, als der breite Gürtel fest um ihre Taille gezogen wurde. Ihre Pokémon beobachteten die Prozedur reichlich verwundert.

„So, und jetzt ab auf die Bühne mit dir. Vergiss nicht, kleine Schritte zu machen und gerade zu stehen!“

Da sie tatsächlich kaum mehr als trippeln konnte, erreichte Lily nur knapp vor Aufruf ihrer Nummer den Warteraum. „Denk daran, was wir trainiert haben, Endivie. Wir schaffen das!“, redete sie dem Pflanzenpokémon noch gut zu, bevor sie gemeinsam auf die Bühne gingen. Sie war froh, dass sie sich nicht viel bewegen, sondern nur das Kommando zum Start geben musste, auf welches Endivie begann, die Bälle, die Lily ihm zuwarf, mit seinen Ranken zu jonglieren. Nach einigen Runden beendete es die Vorführung dann damit, alle Bälle gleichzeitig in die Luft zu werfen und mit einer gezielten Rasierblattattacke zu zerschneiden, sodass ihre funkelnde Füllung - Lily hatte im Bastelgeschäft Glitzerstaub gekauft – sich über die Bühne ergoss.

Nachdem er Applaus des Publikums abgeklungen war, erfolgte die Bewertung durch die Jury. Die freundliche Schwester Joy bezeichnete Endivie als „bezaubernd“, und ein streng gekleideter älterer Herr lobte den Einsatz der Requisiten. Dann durften sie sich zurückziehen, wobei Lily darauf achten musste, nicht über den Saum ihres Kimonos zu stolpern.

Kaum war sie hinter der Bühne, klingelte ihr PokéCom, und eine Textnachricht von Alex erschien auf dem Bildschirm. „Tolle Vorführung, aber was soll die Verkleidung?“

Lily seufzte und tippte ebenfalls eine Nachricht. „Danke. Meine Großmutter ist hier, deshalb komm in der Pause besser nicht zu mir. Entschuldige, ich erkläre dir alles später.“

Dann ging sie in die Lobby, wo wie vermutet schon ihre Familie wartete. „Deine Haltung lässt wirklich zu wünschen übrig“, tadelte ihre Großmutter sie, noch bevor sie etwas zur Vorführung sagen konnte.

„Aber du warst wirklich gut“, sagte Darcy und lächelte ihr aufmunternd zu. Vermutlich war sie die gut gemeinten, aber nicht gerade freundlichen Kommentare ihrer Mutter gewöhnt.

Diese musterte sie immer noch kritisch. „Diese kringeligen Haare passen nicht ins Gesamtbild.“

Lily musste sich beherrschen, keinen Flunsch zu ziehen, denn ihre Haare waren nun einmal lockig, das brauchte man ihr nicht vorzuhalten.

„Ich glätte sie für dich“, bot überraschend Melanie an, die bisher mit teilnahmslosem Gesicht daneben gestanden hatte. Wieder wurde Lily ins Bad geschleift, wo ihre Cousine ein kleines Glätteisen aus der Tasche holte und anfing, Lilys Haare Strähne für Strähne hindurchzuziehen.

„Übrigens sollte, äh, wollte ich mich bei dir wegen neulich entschuldigen.“

„Oh.“ Überrascht blickte Lily das ältere Mädchen im Spiegel an. „Äh, ist schon gut.“

„Es war nicht nett, was ich gesagt habe über deine Mutter und so. Aber irgendwie hab ich über der ganzen Sache ja auch meine Mum verloren, sozusagen.“ Mit gleichgültiger Miene, die Lily nun als zumindest teilweise gespielt begriff, arbeitete sie weiter an ihren Haaren.

„Ich verstehe schon.“ Sie lächelte halbherzig, doch innerlich wollte sie ihre Cousine anschreien, sie solle ihre Situation nicht mit Lilys vergleichen. Wenn jemand das Recht hatte, traurig und wütend auf die Welt zu sein, war sie es, nicht Melanie. Stattdessen schwieg sie und betrachtete sich im Spiegel. Mit den glatten Haaren sah sie Rose etwas ähnlicher als sonst. Rose, die sich nach außen hin immer ruhig und freundlich gab, hielt sicher auch einiges an Gefühlen in ihrem Inneren zurück.

„Hübsch siehst du aus, Lily.“ Ihre Tante war hereingekommen und bedachte sie nun mit einem traurigen Lächeln. Ob sie an ihre eigene Schwester dachte, der Lily angeblich ähnelte? „Du bist übrigens in die nächste Runde aufgerückt, das wurde gerade angezeigt.“

„Danke.“ Sie konnte sich nicht so recht über die Mitteilung freuen, bemühte sich aber, fröhlich auszusehen, als sie zusammen in die Lobby zurückkehrten, wo ihre Großmutter in einem Sessel saß.

„Viel besser. Jetzt müsstest du nur noch etwas gerader stehen.“ Offenbar konnte die alte Dame nicht loben, ohne gleichzeitig zu kritisieren, jedenfalls arbeiteten sie, bis Lily wieder auf die Bühne musste, an ihrer Haltung.

Ihr erster Gegner stellte mit seinem Hoothoot keine große Herausforderung dar, da sie das Training mit Alex' Noctuh gewohnt war. Überhaupt hatten sie die letzten Tage viel mit dem Jungen geübt und war etwas sicherer im Kämpfen geworden, sodass sie auch den nächsten Gegner, ein Mädchen mit einem Quiekel, nach einigen Runden besiegen konnte. Bevor sie überhaupt wusste, wie ihr geschah, rückte Lily schließlich ins Finale des Wettbewerbs.

In der kurzen Pause vor dem letzten Kampf wollte sie sich und ihren Pokémon noch einen Schluck Wasser gönnen, als ihr PokéCom sich wieder meldete. „Ihr habt es fast geschafft! Bisasam und ich drücken euch die Daumen!“ Lily lächelte, als sie ihren Pokémon die Nachricht vorlas, und dachte dankbar an Alex, der nun sicher mit seinem Bisasam auf der Tribüne saß und mit ihr mitfieberte.

Sie betrat wieder die Bühne und versuchte, nicht an ihre Familie zu denken, die im Publikum saß. Stattdessen suchte sie unter den Zuschauern nach Alex, der ihren Blick bemerkte und ihr aufmunternd zuwinkte. Entschlossen schickte Lily nun ihr Evoli in den Kampf gegen das Forstellka eines Mädchens in ihrem Alter.

Der Countdown begann zu laufen, doch Lily wusste nicht, wie sie angreifen sollte. Das gegnerische Pokémon hatte keine Schwäche außer Feuer, und Evolis Attacken würden vermutlich nur dazu führen, dass ihr eigenes Pokémon verletzt wurde. Sie befahl Evoli, erst einmal Sandwirbel einzusetzen, um dem Gegner die Sicht zu erschweren, und ging im Kopf fieberhaft ihre Möglichkeiten durch. Tatsächlich verfehlte Forstellkas Angriff Evoli zunächst und verringerte die Punkte von Lilys Gegnerin, doch als sie daraufhin aus Mangel an Alternativen einen erneuten Sandwirbel startete, wirkte sich dies aufgrund der Wiederholung auch auf ihren eigenen Punkestand negativ aus.

Das andere Mädchen schien genervt zu sein und befahl Forstellka einen Käferbiss, der eigentlich nicht verfehlen konnte, doch Evoli schien wenig erbaut ob der Aussicht, zwischen den Panzer des Stahlkäfers zu geraten, und vergrub sich blitzschnell im Sand, der sich inzwischen auf dem Kampffeld türmte. In diesem Moment kam Lily eine Idee. „Evoli, setz Schaufler ein!“ Sie wusste, dass ihr Pokémon diese Attacke lernen konnte, aber bisher hatte es sie noch nie eingesetzt. Doch sie hatte Glück und das Normalpokémon grub sich tatsächlich durch die Sandhügel, bis es unter seinem Gegner war und ihm mit dem Bodenangriff zumindest mehr schaden konnte als mit Biss oder Kopfnuss, und die Punkte ihrer Kontrahentin verringerten sich sichtlich. Diese Prozedur wiederholten sie einige Male, wobei die gegnerischen Punkte weiter sanken, Lilys eigene jedoch ebenfalls, da die Wiederholung einer Attacke nicht unbedingt als elegant gewertet wurde. Doch sie hatte keine Wahl, ebenso wie ihre Gegnerin, sodass diese kurz vor Ablaufen der fünf Minuten und bei ungefährem Punktegleichstand einen verzweifelten Befehl erteilte: „Forstellka, Finale!“

Der runde Käfer begann in seiner Schale zu glühen, bis eine Explosion ausgelöst wurde. Lily konnte gerade noch „Evoli, Schutzschild!“ brüllen, bevor der Sand, den ihr Pokémon zuvor produziert und dann als Schutz benutzt hatte, aufgewirbelt wurde und ihr und allen Anwesenden in der Halle die Sicht nahm.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  yazumi-chan
2015-03-27T17:17:49+00:00 27.03.2015 18:17
Ich mag Melanie und die Oma xDD Das Lily jetzt endlich mit dem Schutzschild gegen ein Finale aufwarten kann, ist super, und mit dem Kimono und allem würde sie dieses Mal einen Sieg wirklich verdienen :D Und Schaufler ist immer praktisch^^
Antwort von:  Yurippe
27.03.2015 18:30
Schaufler wird sie sicher noch mal brauchen. :)
Von:  Kalliope
2011-12-11T16:22:04+00:00 11.12.2011 17:22
Ich bin gespannt, ob Lily ihr erstes Band gewinnt oder "nur" Zweitplatzierte wird. Auch ist es schön, wie du ihre Familie eingebaut hast. Über ein paar mehr Auftritte dieser Art würde ich mich freuen, weil ich sowohl die Oma als auch die Cousine in ihrer kratzbürstigen Art recht sympathisch finde :)
Von:  fahnm
2011-12-10T20:14:55+00:00 10.12.2011 21:14
Hammer Kapi^^


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