Momente von Alaiya ([One-Shots und Drabbles]) ================================================================================ Monsterjagd ----------- Das Ding verschwand um die nächste Ecke, während Pakhet den Gang hinabrannte. Sie war kein Monsterjäger. Verdammt noch mal, sie war kein Monsterjäger. Sie hatte es Michael immer und immer wieder gesagt. Sie war kein Monsterjäger, verdammt! Ja, sicher. In den U-Bahnsystemen der Großstädte siedelten sich gerne Ungeheuer an. In den U-Bahnsystemen von London, mit all ihrer Geschichte, ihren Emotionen und ihrer Bedeutung sowieso. Ach, so sehr, wie viele Leute an Ungeheuer hier glaubten, wurden diese wahrscheinlich auch noch von den dunklen Tunneln angezogen. Entsprechend war die Stadt London und Westminster sehr glücklich darum, regelmäßig einmal Geld springen zu lassen, um eben diese Monster verschwinden zu lassen – meistens nach einigen Toden oder seltsamen Fällen plötzlichen Verschwindens von etwaigen Passagieren. Natürlich brauchte man Monsterjäger, aber Fakt war: Sie war keiner. Endlich hatte sie die Biegung des Tunnels, die zu den Gleisen führte, erreichte und zog ihre Waffe in einer beinahe vollkommen automatischen Bewegung, als sie das gut drei Meter große Ungeheuer nicht sofort sah. Genau das war einer der Gründe, warum sie kein Monsterjäger war: Sie benutzte Pistolen. Verdammt noch mal, sie benutzte Pistolen! Pistolen, die wirklich toll waren, wenn man sich mit Menschen anlegte. Die meisten überlegten es sich direkt, ob sie einen weiter konfrontieren wollten. Doch Monster, ja, Monster waren meistens immun gegen Kugeln oder brauchten zumindest zwei, drei Magazinstreifen in ihrem Fleisch, um sich daran zu stören. Vorsichtig ging Pakhet auf den Bahnsteig hinaus. Er war verlassen – natürlich, war er doch wegen vermeintlicher Umbaumaßnahmen gesperrt. Eine Vorsichtsmaßnahme, nachdem das Ding drei Leute innerhalb von einer Nacht getötet hatte. „Komm schon“, grummelte sie in die Leere und ihre Stimme hallte von den Wänden der leeren Station wieder. „Zeig dein hässliches Gesicht.“ Warum machte sie diesen Scheiß eigentlich allein? Sie sah die Gleise, die auf beiden Seiten des Bahnsteigs verliefen, hinauf und hinab. Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder das Vieh hatte das Weite gesucht, um sicher zu sein, oder es wartete darauf, sie aus dem Hinterhalt angreifen zu können. Ein fernes Brummen ertönte aus seinem der Tunnel und kühle Luft wehte durch die Station, brachte jeden unverkennbaren Geruch von „U-Bahn“ mit sich. Irgendwo fuhr offenbar eine der Bahnen durch einen verbundenen Tunnel. Sie zögerte. Man hatte ihr garantiert, dass auch diese Gleise gesperrt sein würden, während sie hier „arbeitete„. Zugegebener Maßen war sie nicht heiß darauf, es zu testen. Ach, verdammt. Das Vieh konnte doch überall sein: Es konnte auch die Treppe auf der anderen Seite des Bahnsteigs hinaufgeflohen sein oder in einen von praktisch gesehen vier Tunneln, da immerhin jede Seite der beiden Gleise in einem solchen endete. Sie zog ihre Taschenlampe aus einer Tasche an ihrem Gürtel und legte sie in ihre falsche, linke Hand, ehe sie vorsichtig auf das Gleis zu ihrer linken sprang, vorsichtig darauf achtend, an kein metallenes Teil zu kommen. Ihre Schuhe sollten sie isolieren, doch sie wollte besser kein Risiko eingehen. „Letzte Chance, Mr. Ugly“, rief sie in die Dunkelheit des Tunnels hinaus. „Komm raus oder ich hol dich!“ Natürlich rührte sich nichts. Sie seufzte und ging in die Dunkelheit hinein, wobei sie sich mit der Taschenlampe den Weg leuchtete. Das war eine verdammt miese Idee … Sie ging weiter voran, angespannt auf jedes einzelne Geräusch achtend. Irgendwo im Dunkeln tropfte etwas. Leise Geräusche, die wahrscheinlich von Mäusen und Ratten kamen, waren zu hören. Und immer einmal wieder erklang das Rauschen eines entfernten Zuges. Ein Schritt. Noch einen Schritt. Verdammt, sie würde Michael dafür in den Hintern treten! Sollte er doch selber gehen. Wahrscheinlich war das dämliche Vieh schon länger über alle Berge. Oder auch nicht. Es war mehr ihre Intuition, die sie dazu brachte, sich umzudrehen und so gerade noch den beiden Händen, die nur grob an die eines Menschen erinnerte, zu umgehen, die dort aufeinander trafen, wo einen Moment vorher noch ihr Oberkörper gewesen war. Zumindest bekam sie so ihren ersten Blick auf das Ungeheuer: Seine Haut war gräulich und wirkte beinahe steinern, während er ein einziges gelbes Auge hatte, dass sie mit einem seltsam leeren Ausdruck ansah. Es erinnerte sie an einen Golem, doch war sie sich relativ sicher, dass es etwas andere war. Sie sprang nach hinten und schoss auf das Ding. Vorher hatte sie zumindest einen Treffer gelandet, der das Ding zur Flucht gebracht hatte. Doch wahrscheinlich war es mehr der Schreck gewesen, schloss sie nun, als das Ding einen seiner massiven, unförmigen Arme hob und ihre Kugeln einfach darin stecken blieben. Großartig! Das Monster stürmte auf sie zu, wobei es den Mund zu einem rollendem Schrei geöffnet hatte und dabei seine ungleichmäßigen gelben Zähne zeigte. Pakhet ließ ihre Taschenlampe fallen – sie hatte jetzt andere Prioritäten. Stattdessen wechselte sie, während sie einen Haken schlug, um zur Station zurück zu kommen, ihre Pistole in die linke Hand und zog ihr langes Kampfmesser, das an einer Tasche ihres Waffengurtes hing. Ungestüm krachte das Vieh in die nächste Wand, da es nicht so leicht navigieren konnte. Es schüttelte den Kopf und wandte sich dann ihr zu. Okay. Ein Versuch. Einen einzelnen Versuch. Aber die Größe des Monsters wäre ihm ein Nachteil. Also wartete sie, dass das Vieh, das nicht unbedingt intelligent zu sein schien, auf sie zukam und ließ sich dann in bester Manier eines Actionhelden auf den Boden fallen, wo sie sich gehockt unter dem Vieh hinwegduckte und den richtigen Moment abwartete. Dann versenkte sie das Messer im Knie des Wesens, nur um es wieder herauszuziehen, zwei weitere Schnitte in das Bein des Wesens zu setzen und dann abzuwarten. Es heulte auf und hob, beinahe wie ein Kind, das Bein an, während sein ekelig riechendes schwarzes Blut aus diesem hervorströmte. Es wollte sie packen, doch sie schnellte nach vorne und war sie hinter ihm. Es war mit seinem eingeschränkten Bein nicht schnell genug, so dass sie weitere Stiche in seinen Oberkörper setzen konnte. Das Vieh wandte sich auf wackeligen Beinen zu ihr herum und versuchte nach ihr zu schlagen. Doch sie war ihm einen Schritt voraus und sprang auf den Bahnsteig, so dass sie etwa auf Augenhöhe mit ihm war. Sie stach das Messer in seinen Hals und ließ es stecken, während das Monster einen gurgelnden Laut von sich gab. Derweil nutzte sie ihre freie Hand, um eine der kleine Granaten aus ihrem Waffengurt zu ziehen. Sie ließ sie auf das Gleis fallen und sprintete dann in Richtung der Treppe. Kaum dass sie halb die Treppe hoch war, erklang das laute Knallen der Explosion. Sie atmete auf und lauschte. Kein Geräusch mehr. Gut. Vorsichtig ging sie zum Bahnsteig zurück, wo die Granate einen Teil der Bodenfliesen in der Nähe des Gleises rausgerissen hatten. Doch von dem Monster waren nur noch schwarze Flecken übrig, die sich hier nun langsam in Ectoplasma auflösten. Nun, es sah ganz danach aus, als würde der Bahnsteig tatsächlich renoviert werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)