Life is precious von JesLea (Das Leben ist wertvoll) ================================================================================ Kapitel 27: Eine Hüpfburg? -------------------------- Rastlos ging ich in meinem Zimmer auf und ab, während es am anderen Ende der Leitung tutete. Ich zählte stumm mit. Eins. Zwei. Drei. Mein Herz klopfte wild, so aufgeregt war ich. Hoffentlich überschlug sich meine Stimme nicht gleich, wenn ich sprach. Vier. „Hallo?“ Es tat so gut, seine Stimme zu hören. Wie sehr hatte ich diesen Klang vermisst. Er wirkte überrascht, ein Lebenszeichen von mir zu erhalten. „Hallo, Jesse.“ Ich musste mich stark zurückhalten, um nicht vor Sehnsucht zu zerfließen. Ich hatte mir zwar die Worte zurechtgelegt, die ich ihm sagen wollte, aber jetzt war alles wie weggeblasen. Mein Kopf war leer. Ich konnte nur daran denken, dass ich am liebsten sofort ins Auto steigen wollte, um ihn zu sehen. „Wie geht's dir?“ Ich war ihm so unendlich dankbar, die peinliche Stille zu unterbrechen, weil ich keine Worte fand. Ich räusperte mich mehrmals, um mich wieder in den Griff zu bekommen, und haute mir ein Kissen ins Gesicht, was er glücklicherweise nicht sehen konnte. „Gut. Ja, mir geht's gut.“ Das war erbärmlich. Ich war erbärmlich. Wie sollten wir uns so wieder versöhnen? Ich könnte genauso gut über das Wetter reden oder den Mückenstich in meiner Kniebeuge, der mich seit zwei Tagen plagte, weil er nicht aufhörte, zu jucken. Konzentrier dich, ermahnte ich mich in Gedanken. „Jetzt, wo ich deine Stimme höre“, fügte ich verspätet hinzu. In diesem Moment lächelte er. Hundertpro. Ich wusste es einfach. Er lächelte und schüttelte dabei den Kopf. „Es ist auch schön, dich zu hören.“ Ich atmete tief durch, um endlich das loszuwerden, was ich ihm die ganze Zeit schon sagen wollte. „Ich habe es meinen Eltern gesagt. Das mit Kelly. Ich habe ihnen alles erzählt. Naja, die Kurzfassung, natürlich. Du hättest ihre Gesichter sehen sollen.“ Ich unterbrach mich selbst, weil ich mich in Rage redete. „Ich hoffe, das ist okay für dich.“ „Natürlich ist es okay.“ Mit der Antwort hatte ich gerechnet, war aber trotzdem erleichtert, als er es sagte. „Gut. Ich wollte nämlich reinen Tisch machen, bevor wir... Ich meine, bevor ich... Naja.“ Und ich wollte Sprachwissenschaften studieren. Klar, so wortgewandt, wie ich war. „Hey. Ganz ruhig. Atme tief durch. Und dann sag, was du sagen willst.“ Es war so süß von ihm, mir gut zuzureden. Nach allem, was vorgefallen war. Aber wie konnte er die Ruhe selbst sein? War er nicht ebenso aufgeregt und nervös wie ich? „Weißt du nicht längst, was ich sagen will?“ Immerhin kannte er mich gut. In der Leitung war es für einige Sekunden still. „Doch. Aber ich möchte es hören. Ich will, dass du es sagst.“ Aha. Ein kleiner Sadist steckte also doch noch in ihm. „Jesse“, quengelte ich. War nicht er derjenige gewesen, der die große Versöhnung geplant hatte? Natalie hatte mich doch nicht angelogen, oder? Nein, das würde sie nicht tun. Aber hier stand ich nun, kaute auf meinem Daumennagel und rang mit mir, ob ich es ihm wirklich so leicht machen sollte. Ich starrte mich im Spiegel an und schalt mich einen Feigling. „Okay, war nett, mit dir zu reden.“ Wollte er etwa auflegen? „Was? Nein, nein. Warte“, rief ich hektisch. Bei seinem Lachen verengten sich meine Augen zu Schlitzen. Schade, dass er mich jetzt nicht sehen konnte. „Sehr witzig, wirklich.“ Ich war erleichtert, weil er die Situation so locker sah. Diese Coolness besaß ich leider nicht. „Na schön. Hör zu, ich sage dir alles, was du hören willst. Aber nicht am Telefon. Können wir uns sehen?“ Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. „Klar. Passt dir morgen?“ Ich hatte auf heute gehofft, aber so hatte ich wenigstens Zeit, mich hübsch zu machen. Und mir die richtigen Worte zurechtzulegen – nochmal. Vielleicht sollte ich einfach einen Brief schreiben. Aber so wie ich Jesse kannte, würde er dann von mir verlangen, ihn laut vorzulesen. Und das war weitaus schlimmer, als einfach nur herumzustammeln. „Ja. Morgen ist super.“ Ich hatte noch mehr zu sagen, so viel mehr. Aber ich wollte ihn dabei ansehen, ihm gegenüberstehen und ihm um den Hals fallen, seine Arme spüren, wenn sie mich festhielten. Seinen Herzschlag, seine Wärme. Die Sehnsucht kam in immer größeren Wellen und drohte, mich zu ersticken. Nur noch ein Tag. Dann war alles überstanden. „Okay. Dann bis morgen“, sagte ich, weil Jesse sich in Schweigen hüllte. „Lea.“ Beinahe hätte ich schon aufgelegt. Ich presste das Handy fest an mein Ohr. „Ja?“ „Ich hab' dich vermisst.“ Und schon schmolz ich dahin. War das nicht schon wie eine Versöhnung? „Ich habe dich auch vermisst“, flüsterte ich, obwohl ich es in die ganze Welt hinausschreien wollte. Ich packte die Gitarre nicht ein, dafür war das Instrument viel zu unhandlich und ich zu unbegabt im Umgang mit Geschenkpapier. Ich band nur eine grüne Schleife um den Hals. Blassgrün. So wie seine Augen. Mich putzte ich dafür umso mehr heraus. Sogar meinen Haaren tat ich Gewalt mit Tammys Lockenstab an. Jesse war das nicht so wichtig, das war mir durchaus bewusst, dennoch wollte ich für ihn schön aussehen. Trotz des warmen Wetters zog ich die Lederimitathose an, die ihm so gut an mir gefiel. Ich wollte alle Trümphe ausspielen, die ich besaß. Auf den Nasenpiercing verzichtete ich jedoch nicht. Einen kleinen Schreck hatte er sich durchaus verdient. Ich bat Tammy um das Auto – schon wieder ein Gefallen, den ich kaum wiedergutmachen konnte. Die Liste wurde immer länger. Aber es war einfach praktischer, mein Geschenk im Auto zu verstauen, bis ich sicher sein konnte, dass wir uns wirklich versöhnten. Schließlich ging es hier um die Gitarre meiner Schwester. Falls aus irgendeinem unvorhersehbaren Grund alles schief ging, konnte ich einfach ins Auto steigen und nach Hause fahren – mit der Gitarre. Aber auf diese Option musste ich hoffentlich nicht zurückgreifen. Ich war so aufgeregt, wie schon lange nicht mehr. Freude vermischte sich mit Angst und Nervosität und mein Magen wurde so unruhig, dass ich schon befürchtete, ich müsse mich übergeben. Per SMS hatten wir uns um 11:00 Uhr bei ihm verabredet. Das war mir lieber, weil ich meine Eltern die Neuigkeit von Kelly erst einmal verdauen lassen wollte. Jesse würde sich früher oder später sowieso ihrem Fragenbombardement stellen müssen. Aber das war eine Schublade, die ich sorgfältig verschloss und versuchte, zu verdrängen. Jetzt hieß es erst mal versöhnen. Alles andere musste warten. Da ich davon ausging, heute nicht mehr so schnell von Jesses Seite zu weichen, rief ich Martha an, um ihr zu sagen, dass ich heute nicht ins Tierheim kommen konnte. „Aber knuddel Pearl fest von mir, ja?“ Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille, was mich stutzig werden ließ. Martha war normal nicht auf den Mund gefallen. Mich beschlich eine dunkle Vorahnung und mir wurde gleichzeitig heiß und kalt. Es war doch nichts passiert? Schlechtes Gewissen überkam mich, weil ich in den letzten Tagen kaum bei Pearl gewesen war. „Was ist passiert?“ Meine Zunge klebte förmlich an meinem Gaumen, weil mein Mund so trocken war. Meine Augen hingegen wurden blitzschnell wässrig. Eigentlich wollte ich die Antwort nicht hören, weil nicht alles in Ordnung sein konnte. Sonst würde sich Martha nicht so verhalten. „Martha?“ Sie holte tief Luft und ich hörte die Last, die ihr auf den Schultern lag. „Lea, es tut mir Leid. Ich hätte dich ja angerufen und dir Bescheid gesagt, aber es ging alles so schnell.“ Mein Herz flatterte, wie aufgeregte Schmetterlinge. Allerdings hatten sie nichts mit jenen gemein, die einen beflügelten, wenn man verliebt war, eher im Gegenteil. Sie bereiteten mir eine unbeschreibliche Übelkeit und brachten meine Gedanken durcheinander. „Was ist mit Pearl? Ist sie...“ Die Worte über die Lippen zu bringen, war unmöglich. „Nein! Nein, um Himmels willen. Es geht ihr gut. Tut mir Leid, ich sollte mich genauer ausdrücken. Pearl ist kerngesund.“ Die Schmetterlinge mit ihren wilden Flügeln explodierten in meiner Brust, sprengten mich beinahe von innen heraus. Endlich konnte ich wieder richtig atmen. „Aber es waren heute Interessenten da.“ Das sollte mich eigentlich freuen. Tat es aber nicht. Ich fühlte mich miserabel. Natürlich wollte ich ein schönes Zuhause für meinen kleinen Schützling – und ich wusste, wie schwierig das war, bei einem Hund mit nur drei Beinen. „Das ist doch schön“, sagte ich halbherzig. Pearl gehörte zu mir. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass sie sich bei jemand Fremden wohlfühlte. „Lea. Sie haben sie gleich mitgenommen.“ Ich durchlebte innerhalb von Sekunden die verschiedensten Gefühlswelten. Gerade war es Wut. „Was? Du hast sie einfach gehen lassen? Wieso? Was ist mit den Kontrollen?“ Normalerweise wurde jeder Anwärter zunächst genauestens überprüft. Martha sah sich die Wohnverhältnisse der Personen an und stellte in einem längeren Gespräch fest, ob die Tierliebhaber auch über genug Fachwissen verfügten, um sich richtig um das Tier kümmern zu können. Und das hatte sie einfach außer Acht gelassen, ausgerechnet bei Pearl. Dabei war sie, was das anbelangte, normalerweise sehr gewissenhaft. „Wie konntest du das tun?“ Ich war ja eigentlich nicht der aufbrausende Typ, aber bei meinem Schützling konnte ich mich einfach nicht zurückhalten. „Keine Angst. Ich kenne die Leute. Ich kann ihnen vertrauen, dass sie sich gut um Pearl kümmern. Mach dir keine Sorgen. Ich verspreche es dir.“ Ich vertraute Martha. Sie verfügte über eine gute Menschenkenntnis. Meine Besorgnis legte sich langsam. Trotzdem war die Enttäuschung, Pearl nie wiederzusehen, sehr groß. „Es tut mir Leid, dass du dich nicht von ihr verabschieden konntest. Aber ihre neue Familie wird sich gut um sie kümmern“, versuchte die Tierheimleiterin, mich zu trösten. Sie hatte ja Recht. Aber aufheitern konnte mich das nicht. Die Vorfreude auf das Treffen mit Jesse war getrübt. „Du hast bestimmt Recht“, murmelte ich. „Lass den Kopf nicht hängen“, bat Martha und hatte offensichtlich ein schlechtes Gewissen. „Mache ich nicht. Ich freue mich ja für Pearl.“ Das tat ich. Nur fühlen konnte ich es nicht. Ich sah auf die Uhr. Langsam musste ich mich beeilen, sonst kam ich zu spät. „Ich muss jetzt aufhören. Ich melde mich bald.“ Um nicht Gefahr zu laufen, in Selbstmitleid zu zerfließen, mich unter der Decke zu vergraben und hemmungslos zu weinen, stand ich sofort vom Bett auf und machte mich auf den Weg zu Jesse. Auch wenn ich versuchte, mich auf ihn zu freuen, überwog der Gedanke an die leere Box, die mich beim nächsten Mal erwarten würde, wenn ich ins Tierheim ging. Kein überschwängliches Schwanzgewedel, kein Um-die-Beine-streichen. Irgendwie musste ich diese Bilder aus meinem Hirn kriegen. Wenn ich bei Jesse aufkreuzte und ein Gesicht machte, als wäre gerade die Welt untergegangen, machte das nicht gerade einen guten Eindruck. Denk einfach an etwas anderes, redete ich mir im Auto gut zu. Denk an Jesse, an seine Augen, an seine Stimme. Ein wenig beruhigte mich das. Ein wenig. Je näher ich der Straße und dem Haus kam, desto unruhiger wurde ich. Beinahe schämte ich mich dafür, die Vorfreude eines kleinen Mädchens zu verspüren, das auf Ostern oder Weihnachten wartete. Nachdem ich den Wagen geparkt hatte, atmete ich tief durch und wischte meine feuchten Hände an der Hose ab. „Du schaffst das. Es wird alles gut“, sagte ich zu mir selbst im Rückspiegel. Ich gab mir einen Ruck und stieg aus. Beim Näherkommen betrachtete ich die Fenster. Stand er da und wartete auf mich, beobachtete mich durch die kleinen Löcher im Muster des Vorhangs? Das hätte ich jedenfalls getan. Sein Auto parkte direkt vor dem Haus und schon allein das ließ meinen Puls höherschlagen. Über eine Woche hatten wir uns nicht gesehen. Elf Tage. Eine grauenvoll lange Zeit. Angespannt wartete ich auf Schritte hinter der Tür, als ich klingelte. Das Erste, was ich jedoch hörte, war ein lautes Quietschen und schnelles Getrippel. „Ich mach' auf.“ „Warte, Kelly“, forderte Jesse sie auf, doch da war es schon zu spät. Sie stand freudestrahlend vor mir, als wollte sie mir ihre kleinen Milchzähne zeigen, und hüpfte auf und ab. „Lea!“ Sie umklammerte meine Beine, bis ich mich befreien konnte und mich hinkniete, um sie richtig zu umarmen. „Ich habe dich auch vermisst, Kelly!“ Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Während wir so dastanden, tauchte Jesse in der Tür auf. Er lächelte mich an, als wäre ich der hellste Stern im Universum. Und so fühlte ich mich in diesem Moment auch. Ich war hier, bei ihm, genau dort, wo ich sein wollte, wo ich hingehörte. „Kelly, lass Lea bitte los. Du knuddelst sie noch ohnmächtig.“ Aus Erfahrung wusste ich, dass ihre Umarmungen gut und gerne fünf Minuten dauern konnten, deshalb war ich nicht böse über Jesses Anweisung. „Na gut“, gab sie etwas enttäuscht zurück, nahm mich aber gleich bei der Hand, als ich aufstand. Ich hatte sie wirklich vermisst, das war nicht nur so dahergesagt. Allerdings nicht so sehr wie ihren Vater. „Hi, Jesse.“ Wir standen da und sahen uns nur an. Mir wurde warm und meine Knie weich. „Schön, dass du da bist.“ Er schien sich nicht sicher gewesen zu sein, ob ich auch wirklich aufkreuzte. „Aber die Überraschung will ich ihr zeigen“, riss seine Tochter uns zurück in die Realität. „Eine Überraschung?“ Ich hob eine Augenbraue – endlich hatte ich den Bogen raus. „Etwa noch eine, außer dass du heimlich bei meinen Freunden spionieren gehst?“ Ich sagte es in einem versöhnlichen Ton. Schließlich wollte ich keinen Streit vom Zaun brechen. Jesse scharrte mit dem Schuh über den Fußabstreifer und sah mich spitzbübisch an. „Verdammt. Hat sie mich doch verraten.“ Er warf den Kopf gespielt frustriert in den Nacken. „Dabei hat sie doch die Verschwiegenheitsklausel unterschrieben.“ Ich versuchte, nicht zu grinsen, was mir sichtlich schwer fiel. Schon allein die Tatsache, dass wir uns hier gegenüberstanden und es kein bisschen krampfig zwischen uns war, erzeugte Hochgefühle in mir. „Tut mir Leid. So kann ich nicht arbeiten“, meinte er pikiert und verschränkte die Arme vor der Brust. Kelly prustete los und ihr Lachen steckte mich an. „Spinner“, formte ich mit den Lippen, um es nicht laut vor Kelly auszusprechen, und schüttelte den Kopf. „Komm. Komm, ich zeig' dir die Überraschung.“ Kelly zog mich aufgeregt mit sich. Unglaublich, wie viel Kraft in so einem kleinen Körper steckte. Sie ging direkt an Jesse vorbei, der kurz die Augen verdrehte. „Hey. Wessen Überraschung ist das hier eigentlich? Man könnte meinen, ich hätte mit der ganzen Sache überhaupt nichts zu tun.“ Seine Tochter ignorierte diesen Kommentar, ich ließ mich ergeben mitziehen und zuckte nur entschuldigend mit den Schultern. Auch wenn ich gerne bei ihm stehen geblieben wäre, ihn umarmt und geküsst und einfach nur angesehen hätte, jedes noch so kleine Fältchen, jede Unebenmäßigkeit, seine Lippen, seine Wimpern, seine Augen in mich aufgesogen hätte. Aber mir blieben nur Sekunden. Sein Haar war in einem unordentlichen Pferdeschwanz zurückgebunden, sein Kinn zierte etwas mehr als ein Flaum. Das stand ihm gut. Seine Augen – meine Zeit war um, Kelly zog mich ins Haus und es wurde unmöglich, sich nach Jesse den Hals zu verrenken, ohne dass dies die Konsequenz einer Halskrause nach sich zog. Zum Glück hörte ich ihn gleich nach uns die Wohnungstür schließen und seine Schritte auf dem Gang. Ich wollte nicht eine Minute von ihm getrennt sein. Nie wieder. „Schneller, beeil dich.“ Langsam fragte ich mich, was das für eine Überraschung war, wenn sie Kelly so sehr gefiel. Aber ich musste zugeben, ich hatte nicht den leisesten Schimmer. Mir fiel die Gitarre im Auto ein und hoffte, dass diese neben Jesses Überraschung nicht völlig verblasste. Im Wohnzimmer holte Jesse uns ein und klemmte sich seine Tochter mit geübtem Griff unter den Arm. Sie stand jetzt kopfüber und kicherte erschrocken und belustigt. Er kitzelte sie, sodass sie anfing zu zappeln. Dann gab er ihr einen liebevollen Klaps auf den Po und setzte sie behutsam auf dem Boden ab. „Okay. Tauschen ist angesagt. Jetzt bekomme ich meine fünf Minuten.“ Kelly wurde ernst und nickte, als hätten sie das vorher besprochen. „Jawohl.“ Sie salutierte, konnte sich ein Grinsen jedoch nicht verkneifen. „Gut. Dann hol jetzt bitte das Geschenk. Und vergiss nicht. Fünf Minuten.“ Er hatte sich zu ihr heruntergebeugt und flüsterte. Kelly lief zu meiner Verwunderung hinaus in den Garten. Eine Überraschung im Garten? Schmiss er etwa eine Party für mich? Wohl kaum. Tammy und Jen saßen zuhause und wälzten Modezeitschriften. Und wen wollte er sonst schon groß einladen. „Bekomme ich etwa eine Hüpfburg?“, scherzte ich. Jesse trat direkt vor mich, ganz dicht, sodass ich mich nur auf meine Zehenspitzen zu stellen bräuchte, um ihn zu küssen. Ich wurde wieder zappelig, konnte nicht stillstehen. „Hey.“ Jesse strich mir beruhigend über die Arme. Er spürte meine Nervosität. Wie konnte er nur so ruhig sein? Doch an der Art, wie er tief Luft holte und sich räusperte, merkte ich, dass auch er aufgeregt war. „Schließ die Augen.“ Es war so schön, seine Stimme zu hören. Am Telefon war es einfach nicht dasselbe. Ich blinzelte zweimal in das Grün seiner Augen, dann schlossen sich meine Lider. Kam jetzt die Überraschung? Ganz sanft, fast so, dass es kitzelte, legten sich seine Lippen auf meine. Ich wollte die Arme um ihn schlingen und mich an ihn pressen, damit ich sein Herz gegen meines schlagen spüren konnte. Aber ich blieb ganz still stehen, was mich eine unglaubliche Selbstbeherrschung kostete. Viel zu schnell löste er sich wieder von mir und hinterließ ein Kribbeln auf meiner Haut, dort, wo er mich berührt hatte. Eigentlich kribbelte mein ganzer Körper. Bevor ich etwas sagen konnte – was schwierig war, weil mein Hirn völlig umnebelt war – küsste er mich erneut, dieses Mal weniger vorsichtig. Er legte seine Hände an meine Wangen, strich langsam nach hinten zu meinem Nacken, was meine dortigen Härchen sofort veranlasste, sich aufzustellen. Er bewegte seine Zunge langsam, fast so, als würden wir uns noch nicht kennen. Ich musste mich an seinen Armen festhalten, um nicht dahinzuschmelzen. Der Kuss war wie ein Versprechen. Mir kam es vor, als stünden wir ewig so da, doch irgendwann mussten wir beide zu Atem kommen. Erst da öffnete ich wieder meine Augen. Meine Lippen pulsierten. „Wenn das meine Überraschung war, bin ich vollauf zufrieden.“ Ein schiefes Grinsen erschien auf seinen Lippen. „Hätte ich gewusst, dass du so leicht zufriedenzustellen bist, hätte ich mir nicht solche Mühe gegeben.“ Ich zuckte mit den Schultern und legte meine Hände auf seine Brust. „Ich bin zufrieden, wenn ich bei dir bin.“ Jesse hob eine Augenbraue – er konnte es immernoch besser als ich – und zog seinen Kopf ein wenig zurück. „Ich würde dasselbe über dich sagen, aber... Hast du das nur gemacht, um mich zu ärgern?“ Ich war noch so im Liebesrausch, dass mein Gehirn nicht richtig funktionierte und ich keine Ahnung hatte, wovon er sprach. Auf mein Stirnrunzeln hin hob er eine Hand und tippte mit dem Zeigefinger auf meine Nasenspitze. „Oh. Das.“ Eigentlich hatte ich vorgehabt, ihn eine Weile auf den Arm zu nehmen. Aber ich überlegte es mir anders, weil seine Nähe so entwaffnend war. Außerdem wollte ich nicht riskieren, ihn wirklich zu verärgern. „Ist nur ein Fake. Magnetisch.“ Erleichtert legte er seine Stirn an meine. „Gottseidank. Ich hatte schon befürchtet, ich müsste Needle eine Lektion erteilen.“ Er grinste bei seinen Worten, aber ich war mir nicht sicher, wie viel Wahrheit in diesem Satz steckte. „Hör mal, weger der Sache mit Amanda...“ Seine Finger verschränkten sich mit meinen. „Können wir uns einfach darauf einigen, dass es uns beiden leidtut, und es dabei belassen?“, unterbrach ich ihn. Ich hatte mir so eine schöne Rede zurechtgelegt, aber jetzt wollte ich all das einfach nur noch vergessen. Es war nicht wichtig, Hauptsache, wir waren zusammen. „Okay. Schade. Dabei hatte ich dir eigentlich extra ein Lied zur Entschuldigung geschrieben.“ Mit großen Augen sah ich ihn an. Das war also meine Überraschung? „Wirklich?“, fragte ich atemlos. Jesse schüttelte den Kopf und ich konnte meine Enttäuschung nicht völlig verbergen. „Tut mir Leid. Hätte ich gewusst, dass dir sowas gefällt, hätte ich das natürlich in Betracht gezogen.“ Wem, um Himmels willen, würde so etwas denn nicht gefallen? „Aber ich verspreche dir, du wirst nicht enttäuscht sein, wenn du erst mal siehst-“ Er wurde von einem lauten Ruf seiner Tochter unterbrochen. „Überraaaaaaaaaaschung!“ Sie stand dort, in der Terrassentür. Aber nicht allein. Neben ihr, schwanzwedelnd und völlig außer sich, stand Pearl. Ich blinzelte mehrmals, bis ich sicher war, mir das nicht nur einzubilden. Ich starrte den Hund an, den ich so sehr in mein Herz geschlossen hatte, und von dem ich geglaubt hatte, ihn nie wiederzusehen, und meine Augen füllten sich mit Tränen. „Sie sieht nicht glücklich aus“, gab Kelly bei meinem Anblick zu bedenken. Ich schluckte schwer, fand keine Worte. „Was...“ Jesse legte einen Arm um mich, um mich zu stützen. Mir kamen meine Beine tatsächlich vor wie Wackelpudding. „Tut mir Leid. Ich wollte dich schonend darauf vorbereiten, aber es scheint, als hätte ich meine fünf Minuten mit etwas anderem zugebracht.“ Er grinste. Doch nicht einmal dazu war ich imstande. Ich sah ihn nur verwirrt an und er nickte. „Pearl ist ab jetzt Teil unserer Familie. Wir haben sie heute aus dem Tierheim geholt. Lydia und Greg sind gerade im Tierfachhandel und besorgen Futter, ein Körbchen und so weiter. Aber keine Angst, wir haben uns das gut überlegt und lange darüber gesprochen. Natürlich braucht sie in der Eingewöhnungsphase jemanden, dem sie vertraut, eine Bezugsperson. Was meinst du, hättest du Lust?“ So langsam realisierte ich, das alles nicht nur zu träumen. Weil ich noch immer kein Wort herausbrachte, strich er mir zärtlich über die Wange. „Lea. Alles okay? Freust du dich?“ Da endlich erwachte ich aus meiner Starre und fiel ihm überschwänglich um den Hals. Ich schlang meine Beine um ihn, sodass ich wie ein Äffchen an ihm hing, und er nahm mich fest in den Arm. „Ob ich mich freue? Das ist das beste Geschenk aller Zeiten!“ Ich übersäte ihn mit Küssen. „Ich liebe dich“, sagte ich und obwohl ich sonst immer so viel über diese Worte nachdachte, kamen sie mir jetzt völlig leicht über die Lippen. Ich sah die Überraschung in seinem Gesicht, die Freude, und auch, dass er sich diese Worte vielleicht bereits erhofft hatte. Ich sagte es noch einmal, um es nicht wie einen Ausrutscher klingen zu lassen, küsste ihn erneut und ließ dann von ihm ab, um mich meinem Geschenk zu widmen. Er brauchte es gar nicht zu erwidern. Allein die Tatsache, was er für mich getan hatte, dass er genau wusste, was mich am allerglücklichsten machte – noch bevor ich selbst mir darüber im Klaren war – zeigte mir, wie viel ich ihm bedeutete. Kelly, die äußerst erleichtert schien, dass ich mich nun doch freute, kam mit Pearl zu uns, die mir sofort freudig um die Beine strich und an mir hochsprang. „Hey, meine Süße.“ Meine Stimme war belegt und ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten. Ich wischte sie schnell weg, weil ich mir nicht sicher war, ob Kelly verstehen würde, was Freudentränen waren. Ich kraulte Pearl hinter den Ohren, am Hals und zwischen den Augen, das mochte sie am liebsten. Jesse kniete sich neben mich und ließ sich beschnuppern. Die beiden waren wohl schon auf Tuchfühlung gegangen, denn sie leckte ihm freudig die Finger. Ich konnte es immer noch nicht fassen. Pearl gehörte jetzt Jesse. Das hieß, sie gehörte mehr oder weniger auch mir. „Ich danke dir. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich -“ Ich fand keine Worte, die mein Glücksgefühl auch nur ansatzweise beschreiben konnten. Stattdessen küsste ich ihn erneut. „Danke!“ Kelly ging zu meiner Erleichterung ganz vorsichtig mit Pearl um. Das war nicht selbstverständlich. Ich hatte schon Kinder gesehen, die ihre Tiere eher wie einen Boxsack oder ein Klettergerüst behandelten. „Ich finde es total schön, einen Hund zu haben“, sagte sie, während sie Pearl vorsichtig streichelte. Ich fuhr über ihr blondes, glattes Haar. „Ja, ich finde das auch sehr schön“, sagte ich mit einem Seitenblick auf Jesse, der inzwischen im Schneidersitz auf dem Boden hockte und die Zufriedenheit eines Mannes ausstrahlte, der alles richtig gemacht hatte. Ich verzog ein wenig das Gesicht und legte den Kopf schief, während ich Kelly und Pearl betrachtete. „Jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen“, gab ich zu. Jesse sah mich fragend an. „Naja, meine Überraschung ist nicht halb so toll.“ Er horchte auf. „Ich kriege endlich mein Geschenk?! Ich wusste doch, dass du es nicht lassen kannst.“ Ich nahm seine Hand und zog ihn mit hoch, als ich aufstand. „Es ist nicht das ursprüngliche Geschenk. Aber definitiv besser.“ Das hoffte ich zumindest. „Was war das ursprüngliche Geschenk?“, fragte er und ließ meine Hand nicht mehr los. Ich grinste breit. „Das wirst du nie erfahren.“ Das meinte ich total ernst. Ich hoffte, Needle würde mich nicht irgendwann verraten. Aber bis zu Jesses nächstem Tattoo – sollte es je dazu kommen – dauerte es sicher noch eine Weile. Bis dahin hatte er es bestimmt vergessen. „Und woher soll ich dann wissen, dass mir das Geschenk wirklich besser gefällt?“ „Da wirst du wohl auf mein Urteil vertrauen müssen.“ Ich nickte Richtung Flur. „Ich habe es im Auto.“ Jesse ließ kurz von mir ab, um die Balkontür zu schließen, und bat Kelly, auf uns zu warten. „Wir sind sofort wieder da. Macht keine Dummheiten, ihr beiden.“ Sie gaben wirklich ein herzliches Bild ab, wie sie da auf dem Teppich zusammen schmusten. Die würden so schnell nirgendwo hingehen. „Okay“, antwortete Kelly verträumt und strich weiter über Pearls Rücken. Ich wusste genau, wie hypnotisierend ihr ruhiger Atem und ihre Wärme auf der Haut sein konnten. Jesse schob mich vor sich her aus dem Haus, doch bevor er einen weiteren Schritt machen konnte, hielt ich ihn am Arm fest. „Warte.“ Er drehte sich zu mir um und wirkte ganz ungeduldig. Ich hob eine Augenbraue – meine neu erworbene Fähigkeit musste ich schließlich ausnutzen. „Jetzt bist du an der Reihe. Augen zu.“ Er brauchte etwas länger, um sich dazu durchzuringen. Immerhin lag noch die Straße zwischen uns und unserem Ziel, da ich auf der anderen Seite parkte. „Vertrau mir.“ Behutsam strich ich ihm über die Augen, die er daraufhin geschlossen ließ. Ich nahm seine Hände und führte ihn langsam über die Straße. Es war absolut kein Verkehr. „Okay. Warte kurz. Augen zulassen. Wehe, du guckst!“ Ich stellte ihn auf dem Bordstein ab und öffnete den Kofferraum. Wie lange würde er wohl so stehen bleiben, wenn ich mich jetzt einfach umdrehte und ins Haus zurückging? Zehn Sekunden, eine Minute? Bei der Vorstellung musste ich ein Prusten unterdrücken. Was war ich doch für ein Kindskopf. Vor einem halben Jahr wären mir solche Scherze niemals in den Sinn gekommen. Ich war viel zu ernst. Gottseidank hatte sich das inzwischen gelegt. Und das verdankte ich Jesse. „Was ist so komisch?“, fragte Jesse und öffnete ein Auge. Auf meinen strengen Blick hin schloss er es aber schnell wieder. „Gar nichts. Hör auf zu schummeln.“ Ich holte die Gitarre heraus und schloss das Auto wieder ab, wobei ich ihm immer wieder prüfende Blicke zuwarf. Jetzt kam die Nervosität wieder. Würde ihm mein Geschenk gefallen, oder endete die Überraschung in einer Katastrophe? Seine eigene Gitarre hatte er zerschmettert, als Eleonore gestorben war. Hoffentlich glaubte er nicht, ich wolle sie damit irgendwie verdrängen. Aber wenn ich in der Zeit mit Jesse eines gelernt hatte, dann war es die Tatsache, dass ich mir meistens viel zu viele Gedanken um alle möglichen Dinge machte. Ich wollte ihm einfach nur eine Freude bereiten, und so würde er das bestimmt auch sehen. „Happy Birthday“, sagte ich, woraufhin er seine Augen öffnete. Er blinzelte zwei-, dreimal, sein Blick schwenkte zwischen mir und der Gitarre hin und her. Dann schüttelte er den Kopf. Mir rutschte das Herz in die Hose, weil ich wieder mal nicht deuten konnte, was in ihm vorging. Doch als er mich in eine feste Umarmung zog, legten sich meine Zweifel ganz schnell wieder. „Du bist unfassbar.“ War es etwas Gutes, unfassbar zu sein? Ich ging stark davon aus, so wie er mich im nächsten Moment küsste. Fast ein wenig hart, aber es gab keine Art, wie mir seine Lippen auf meinen nicht gefielen. „Damit du mir ein Lied komponieren kannst“, witzelte ich. „Vielleicht mache ich das sogar. Danke. Damit hätte ich echt nicht gerechnet. Ich liebe es.“ Dann grinste er breit. „Du kannst natürlich nichts dafür, dass mein Geschenk durch nichts zu toppen ist.“ Ein Geistesblitz schoss ihm durch den Kopf, das war deutlich zu sehen, denn eine besorgte Miene wischte sein Grinsen weg. „Sag mal, Süße. Du weißt schon, was so eine Gitarre kostet. Das ist doch viel zu teuer. Ich kann das nicht annehmen.“ Andächtig drehte er das Instrument in seinen Händen. „Oder du sagst mir, was sie gekostet hat. Ich will sie nämlich nicht wieder hergeben.“ Ich schüttelte vehement den Kopf. Selbst wenn ich meine ganzen Ersparnisse dafür ausgegeben hätte, würde ich nicht wollen, dass er mir etwas zurückzahlte. „Sie hat gar nichts gekostet. Tammy hat sie mal geschenkt bekommen, aber nie benutzt. Da dachte ich, bei dir ist sie in besseren Händen, und du freust dich vielleicht.“ Jesse nahm meine Hand. „Vielleicht? Soll das ein Witz sein? Ich hätte mir schon längst eine neue gekauft, wenn ich das Geld dazu gehabt hätte.“ Nun war ich wirklich erleichtert. „Gut. Ich war mir nämlich nicht sicher...“ Das Ende des Satzes ließ ich im Raum stehen. Er konnte sich bestimmt denken, was ich meinte, so gut, wie er mich kannte. „Also, ich bin mir, was dich betrifft, auf jeden Fall absolut sicher“, sagte er, küsste mich und zog mich mit sich zurück zum Haus, gerade als Gregs Wagen um die Ecke bog. „Perfektes Timing“, meinte Jesse. Wir warteten auf die beiden, um ihnen beim Tragen von Pearls Sachen zu helfen. Sie grinsten breit, als sie mich sahen. „Schön, dich zu sehen“, sagte Lydia und drückte mich kurz an sich. „Da hast du aber Glück, dass du es nicht verbockt hast, Brüderchen. Ansonsten hätte ich dir ordentlich die Leviten gelesen.“ Greg nahm wie immer kein Blatt vor den Mund. Ich bedankte mich bei den beiden dafür, dass sie bereit waren, Pearl bei sich aufzunehmen. „Das bedurfte keiner großen Überredungskunst. Greg wollte sowieso schon lange einen Hund im Haus. Und Pearl ist ja wirklich ein Sonnenschein. Wir haben uns alle auf Anhieb in sie verliebt“, erklärte Lydia mir, während wir Hundefutter und Näpfe in die Küche schleppten. „Ja, vor allem Kelly. Die beiden sind jetzt schon ein Herz und eine Seele“, tat ich meine Beobachtung kund. Gregs Verlobte nickte und lehnte sich gegen die Anrichte. „Allerdings bin ich nicht besonders scharf auf den Moment, wenn Helen sie abholen kommt. Da werden haufenweise Tränen fließen.“ „Ja, das muss ich auch irgendwie verkraften. Die Trennung wird hart.“ Lydia grinste. „Reden wir jetzt noch von dem Hund?“ Ich streckte ihr nur die Zunge raus und füllte Trockenfutter in eine Eisenschale, die ich auf den Boden stellte. Die Jungs nestelten an der Verpackung eines überdimensionalen Körbchens, als wir zu ihnen ins Wohnzimmer stießen. Kelly lag mit Pearl noch genau an demselben Fleck, wo wir sie zurückgelassen hatten. Beide beobachteten die Männer aufmerksam. „Können wir spazieren gehen?“, fragte Kelly mit schläfriger Stimme. Ich war mir nicht sicher, ob sie überhaupt noch zehn Schritte gehen konnte, ohne einzuschlafen. „Das ist eine fabelhafte Idee“, begeisterte sich Jesse zu meiner Verwunderung über diesen Vorschlag. Lydia kramte in der Kiste voller Spielzeug und Kauknochen nach einem neuen Halsband und einer dazu passenden Leine. Als das Körbchen in der Ecke neben dem Sofa verstaut war und ich Pearl die Leine angelegt hatte, strömten wir alle Richtung Hausgang. Als ich den anderen hinterher aus der Tür folgen wollte, hielt Jesse mich plötzlich auf. Fragend sah ich ihn an, doch er winkte nur den anderen zu. „Viel Spaß. Wir räumen noch die restlichen Sachen auf. Genießt den Spaziergang. Bis später.“ Lydia, die die Leine hielt, winkte zurück und Greg, der sich seine Nichte auf die Schultern gesetzt hatte, lächelte wissend. Kelly bekam gar nicht mit, dass ihr Vater ihnen nicht folgte, da sie vollkommen auf Pearl fixiert war, die interessiert ihre neue Umgebung beschnupperte. Jesse knallte die Tür zu, sodass ich den Blickkontakt zu ihnen verlor. „Was ist denn jetzt los?“ Seine Hände legten sich um meine Hüften und zogen mich näher an ihn heran. Ein Prickeln durchströmte meinen Körper. Seine Mundwinkel zuckten. „Ich habe lange genug gewartet.“ Er packte mich und hob mich hoch, was mir einen quietschenden Laut entlockte, und trug mich zur Treppe. „Wir feiern jetzt Versöhnung.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)