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Life is precious

Das Leben ist wertvoll
von

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Pearl

„Komm schon, Pearl. Du musst stillhalten. Ich brauche dich im Profil, Süße.“ Die kleine spanische Hündin schnupperte an der Linse meiner Kamera und wedelte mit dem Schwanz, während sie meine Hand abschleckte. Ich legte den Fotoapparat zur Seite.

„Na gut, dann eben erst Kuschelrunde“, gab ich mich geschlagen und kraulte sie hinter den Ohren. Sofort legte sie sich auf meinen Schoß und lehnte ihren Kopf gegen meinen Bauch. Sie liebte Streicheleinheiten.

„Wie sollen wir dich je vermitteln, wenn ich keine Fotos von dir hinkriege, hm?“ Mir war es ja irgendwie recht, dass sich noch keine Interessenten gemeldet hatten, aber auf Dauer war das Tierheim keine Lösung.

„Na gut, genug geschmust. Mal sehen, ob du letztes Mal gut aufgepasst hast.“ Ich erhob mich von der Picknickdecke, die ich auf dem Übungsplatz ausgebreitet hatte, um Pearl an die Leine zu gewöhnen.

„Sitz.“ Sie gehorchte sofort. Sie war eine sehr lernfreudige und gehorsame Hündin. Ich spürte, dass sie mir gefallen wollte.

„Fein“, lobte ich sie und streifte ihr das Geschirr über. Sie hielt still, schien aber nicht besonders glücklich zu sein. Ich entschied, sie erst mal frei laufen zu lassen, um sie an das Gefühl des Geschirrs zu gewöhnen. Wir spielten eine Weile mit ihrem Lieblingsball, der quietschte, wenn sie darauf biss, und sie hatte schnell vergessen, dass sie den roten Stoff am Körper trug. Apportieren hatte sie in nur einem Tag gelernt. Ich hoffte, dass das mit der Leine auch relativ schnell klappte. Sie war es nicht gewohnt, von jemandem in eine bestimmte Richtung dirigiert zu werden. Als Straßenhund hatte sie in vollkommener Freiheit gelebt.

Ich entschied mich zunächst für eine Schleppleine, damit sie verstand, dass das seltsame Seil nicht ihr Feind war oder sie einengte. Ich befestigte den Karabiner an dem Geschirr und ließ sie weiter frei laufen. Sie war etwas irritiert von der Leine, die ihr ständig folgte, doch sie hatte keine Angst. Das war ein guter Anfang.

„Lea, willst du nicht mal Schluss machen? Es ist schon nach neun.“ Martha lehnte am Zaun und sah mich lächelnd an. Ich war schon fünf Stunden hier. Da hatte ich wohl die Zeit vergessen.

„Tut mir Leid. Du willst bestimmt abschließen. Ich bringe nur noch Pearl zurück in die Box, dann bin ich für heute fertig.“ Ich ging das Risiko ein, Pearl an der Schleppleine in ihren Zwinger zu führen, doch sie achtete gar nicht darauf, weil sie so fixiert auf mich war. Bei Fuß musste ich ihr wohl nicht mehr beibringen.

„Bis Sonntag, meine Süße.“ Ich befreite sie von ihrem Geschirr und knuddelte sie nochmal kurz, dann ging ich zu Martha und verabschiedete mich von ihr.
 

„Soll ich dich mitnehmen?“ Sie klimperte mit dem Autoschlüssel, doch ich schüttelte den Kopf. Es war für einen Winterabend noch erstaunlich hell und ich wollte einen kleinen Spaziergang machen. Morgen war Samstag, das bedeutete Bandprobe.

Ich musste mir darüber klar werden, ob ich mitgehen würde oder nicht. Ich mochte die Jungs und ich wollte wissen, ob Brandon auch vor den anderen die Hand meiner Schwester halten würde. Aber wieder einmal machte ich meine Entscheidung nur von einer Person abhängig. Ich wusste, wenn ich ihn wiedersah, lief ich Gefahr, ihn einmal mehr anzustarren. Ich hatte Angst davor, dass er wieder genauso distanziert sein könnte wie früher. Wir hatten gestern zwar auch nicht unbedingt viel miteinander geredet, aber irgendwie hatte ich das Gefühl gehabt, etwas hätte sich zwischen uns verändert. Sollte ich herausfinden, dass das nur eine Illusion war, müsste ich meinen Kopf wohl mit voller Wucht gegen die nächstbeste Wand schlagen.

Ich hatte lange genug Zeit gehabt, um mir einzugestehen, dass ich mich von Jesse angezogen fühlte. Gott weiß, warum. Vielleicht, weil er nicht wie alle anderen war. Vielleicht, weil er mich nicht kannte, weil er in mir etwas anders sah. Er hielt mich für mysteriös. So hatte mich noch niemand genannt. Und ich wusste nur zu gut, dass ich es nicht war. Ich selbst würde nicht mit mir abhängen, in dem Zustand, in dem ich war. Bestimmt war es momentan nicht sehr unterhaltsam, Zeit mit mir zu verbringen. Ich fühlte mich zerbrochen, unvollständig und unsicher. Meine Mundwinkel schienen schwerer geworden zu sein. Und es gab kaum noch etwas, das mich zum Lachen bringen konnte. Mir war bewusst, dass sich das nicht besonders von einer echten Depression unterschied. Die Antriebslosigkeit, die Leere, die Gleichgültigkeit. Warum sollte jemand freiwillig bei mir sein wollen?

Warum sollte Jesse das wollen?
 

„Ich kann morgen nicht mitkommen“, berichtete ich Tammy, während wir gelangweilt auf dem Sofa durch die Kanäle zappten.

„Was? Wieso nicht?“ Sie richtete sich auf und legte die Fernbedienung beiseite.

„Ich muss ins Tierheim. Pearl macht sich nicht gerade gut im Moment.“

Sie legte den Kopf schief.

„Du warst erst gerade bei ihr.“ Ich zuckte mit den Schultern.

„Und am Sonntag bist du auch wieder da. Meinst du nicht, sie hält's mal einen Tag ohne dich aus?“ Ich hätte mir eine bessere Ausrede einfallen lassen sollen.

„Ich habe irgendwie keine Lust, mitzugehen“, änderte ich meine Taktik und zog meine Decke weiter über mich. Tammy sah mich enttäuscht an.

„Geht das schon wieder los, Lea? Ich dachte, das hätten wir hinter uns.“ War ja klar, dass sie sich sofort wieder Sorgen machte. Sie sollte sich nicht den Kopf über mich zerbrechen. Das hatte sie in den letzten Monaten schon genug getan. Außerdem befürchtete ich, dass sie unseren Eltern davon erzählte.

„Es ist alles in Ordnung. Ich will nur einfach nicht mit.“ Ihre Mimik wechselte von besorgt zu argwöhnisch.

„Hat das was mit Jesse zu tun?“ Musste sie unbedingt seinen Namen erwähnen? Tammy glaubte wahrscheinlich immer noch, dass ich ihn nicht leiden konnte. „Hat er irgendwas gemacht, während wir weg waren?“ Was glaubte sie denn, was er machen würde?

„Was? Nein.“ Ich brauchte unbedingt einen Themenwechsel.

„Hat er was Blödes zu dir gesagt? Du weißt, ich mache ihm sofort Feuer unterm Hintern, wenn er dir blöd kommt.“ Ich musste grinsen, weil sie so einen ausgeprägten Beschützerinstinkt hatte.

„Verprügelst du ihn auch, wenn ich dich darum bitte?“, fragte ich lachend.

„Da fragst du noch? Natürlich! Ich schnappe mir Jen und zusammen machen wir Hackfleisch aus ihm.“ Um ihre Worte zu unterstreichen, schlug sie ihre Faust in die offene Handinnenfläche. „Hat er es denn verdient?“ Sie schien die Tracht Prügel ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Ich schüttelte nur den Kopf.

„Nein. Es war nichts.“ Tammy beugte sich zu mir herüber.

„Ich verstehe ja, dass du ihn nicht besonders leiden kannst, aber ich glaube, Jesse ist eigentlich gar kein schlechter Kerl.“ Ich seufzte.

„Ich will einfach mal 'nen Tag für mich, ist das zu viel verlangt?“ Tammy griff wieder nach der Fernbedienung und schaltete wahllos durch die Kanäle.

„Mach, was du willst.“ Sie schmollte. Wenn sie es jetzt schaffte, mir ein schlechtes Gewissen zu machen, würde ich noch einknicken und morgen wieder mitgehen. Also stapfte ich ohne weitere Umschweife noch oben in mein Zimmer und las mein Buch, das ich seit Tagen vernachlässigt hatte, endlich zu Ende.
 

Eigentlich mochte ich Samstage. Aber nicht, wenn es regnete. Und nicht, wenn ich ganz allein zuhause war – wo Tammy war, wusste ich ja ganz genau, und Mom und Dad hatten sich mit irgendwelchen alten Bekannten zum Essen verabredet. Ich hatte also das ganze Haus für mich. Und mir fiel die Decke auf den Kopf. Wenn ich nicht bald Ablenkung fand, würde ich gleich verrückt werden. Ich überlegte eine Weile, ob ich tatsächlich ins Tierheim gehen sollte, doch bei dem heftigen Unwetter würde ich nicht viel mit Pearl arbeiten können. Ich spielte mit dem Gedanken, ob ich Kasper anrufen sollte und hielt mein Handy unentschlossen in der Hand, als es klingelte. Ich erschrak kurz und musste über mich selbst lachen. Tammys Name leuchtete auf dem Display auf. Eigentlich hatte ich jetzt keine Lust, erneut mit ihr zu diskutieren. Bestimmt wollte sie mich überreden, doch noch in die Garage zu kommen.

„Was gibt’s“, fragte ich genervt in den Hörer. Wenn ich nicht abnahm, würde sie sich bloß wieder Sorgen machen.

„Sag deiner Schwester, sie soll sich abregen!“ Mein Gehirn verarbeitete die Stimme, die nicht zu der Nummer meiner Schwester passte.

„Ty?“ Ich war verwirrt. „Was ist los?“

Mein Herz schlug schneller. Wenn Tammy gerade eine Szene machte – wegen mir – dann müsste ich sie auf der Stelle umbringen. Ich hoffte nur, dass sie Jesse da raushielt. Gott, wäre das peinlich!

„Sie zerlegt unser gesamtes Equipment.“ Mir stockte der Atem. Wie konnte sie nur so ausrasten? Und das, wo ich ihr doch gesagt hatte, es sei alles in Ordnung. Sie hatte mir offensichtlich nicht geglaubt.

„Du musst sofort herkommen und sie aufhalten.“ Ich warf einen schnellen Blick auf die Uhr. Der nächste Bus kam erst in zwanzig Minuten. Kein eigenes Auto zu haben, war manchmal ziemlich unpraktisch. Dann hörte ich irritiert das Lachen am anderen Ende der Leitung.

„Ich mache nur Spaß, Lea.“

Er hatte mich nur veräppelt? Einerseits wollte ich ihn anschreien, andererseits war ich ziemlich erleichtert. Ich hörte ein Rascheln in der Leitung. Hatte Ty schon wieder aufgelegt?

„Ich habe nichts gemacht, ich schwör’s!“, erklang die Stimme meiner Schwester. Am Rauschen im Hörer und an diversen Rangellauten konnte ich erahnen, dass sich die beiden wohl um Tammys Handy stritten.

„Ty, gib’s mir zurück.“ Ich stellte mir vor, wie die Anderen amüsiert zusahen und keinen Finger rührten, um einem der beiden zu helfen.

„Lea, komm doch her. Wir haben hier ein paar kleine Meinungsverschiedenheiten bezüglich unserer Songauswahl. Und deine Schwester hat leider einen grauenvollen Musikgeschmack. Wir brauchen deine Hilfe. Die weibliche Note, du verstehst?“ Ich musste lachen.

„Zu viel Testosteron?“, fragte ich grinsend.

„Hey! Mein Geschmack ist vorzüglich, du Blödmann“, funkte Tammy wieder dazwischen.

„Komm einfach vorbei, ja?“, bat Ty und aus irgendeinem Grund wollte ich ihn nicht enttäuschen.

„Na schön“, seufzte ich. „Ich mache mich auf den Weg.“

Sie hatten Glück, dass mir so langweilig war. Und außerdem hatte Ty Recht: Der Musikgeschmack meiner Schwester war grauenvoll.
 

Ich hörte schon von draußen die laute Musik in der Garage. Im Innern diskutierten Ty, Tammy, Ezra, Kurt und Jesse über das Lied, das gerade lief.

„Das ist langweiliger Mainstream. Das können wir nicht bringen“, meinte Ezra gerade, als ich das Tor wieder hinter mir schloss.

„Hey, da kommt unsere Rettung“, begrüßte mich Ty. Ich lächelte in die Runde und setzte mich gleich auf meinen Autoreifen.

„Was macht ihr?“, fragte ich, obwohl es ziemlich offensichtlich war.

„Wir diskutieren über unsere Playlist für den nächsten Gig“, sagte Kurt und drückte auf Replay, sodass das Lied nochmal von Anfang an spielte.

„Was hältst du davon?“ Mir war bewusst, dass mich alle ansahen, aber ich starrte nur auf den Boden und wartete bis nach dem ersten Refrain. Dann zuckte ich mit den Schultern.

„Das kenne ich nicht. Klingt aber nett.“ Tammy warf die Arme in die Höhe.

„Du kennst es nicht?“ Ich schüttelte unberührt den Kopf.

„Nett ist die kleine Schwester von Scheiße“, gab Ezra seinen Kommentar dazu. Charmant.

„Aber es könnten wenigstens alle mitsingen“, hielt Tammy dagegen. Mir war nicht ganz klar, wer hier auf wessen Seite stand, deshalb schwieg ich lieber zu diesem Thema und versuchte es mit einer Ablenkung.

„Was habt ihr denn bisher?“ Kurt klickte sich durch den iPod, den er an eine Box angeschlossen hatte. Viele Lieder kannte ich nicht, aber sie gefielen mir.

„Finde ich ganz gut bisher. Eine gute Mischung.“

„Wir brauchen aber noch mindestens sieben weitere Lieder.“ Ezra schien genervt. Wenn sie den ganzen Tag auf Songsuche gewesen waren, konnte ich das auch gut verstehen.

„Was ist dein Lieblingslied?“, fragte Jesse plötzlich. Ich überriss erst gar nicht, dass er mit mir redete; doch als mich schon wieder alle abwartend musterten, begann ich, ernsthaft darüber nachzudenken.

„Was Schnelles. Nichts Schnulziges“, warf Ezra ein, der begonnen hatte, auf seinen Fingernägeln rumzukauen. Jesse warf mit seinem Feuerzeug nach ihm.

„Ich habe sie nach ihrem Lieblingslied gefragt, also halt die Klappe.“ Wir grinsten uns kurz an. Und schon war es wieder da. Das Herzklopfen. Bis jetzt hatte ich es vermeiden können, in seine Richtung zu sehen, doch jetzt hatten mich seine grünen Augen schon wieder in ihren Bann gezogen.

„Run boy run?“ Es war ein ziemlich bekanntes Lied, was eigentlich weniger in mein Schema passte. Ich versuchte mir vorzustellen, wie Zero es auf der Bühne performte.

„Könnte klappen“, befand Ezra und setzte sich ans Schlagzeug. Konnten sie das etwa einfach so spielen? Ohne Noten, ohne Vorbereitung?
 

„Probieren wir’s aus“, stimmte Kurt zu und schnappte sich seine Gitarre. Brandon fehlte am Bass. Wo war der eigentlich? Jesse hatte das Mikro bereits in der Hand. Anscheinend hatte er keine große Lust, von seiner Kiste aufzustehen. Gefiel ihm meine Wahl nicht? Er legte den Schalter von off auf on, wodurch ein leises Knacken in den Lautsprechern entstand. Ezra und Kurt spielten beide eine Weile unzusammenhängend auf ihren Instrumenten herum.

„Okay?“, fragte Ezra und als die beiden Jungs nickten, gab er das Intro zum Besten. Es war eine völlig andere Version, total improvisiert und teilweise abweichend vom Original und hin und wieder passten Schlagzeug und Gitarre nicht zusammen, aber für den ersten Versuch aus dem Stegreif fand ich das phänomenal. Und Jesse… ja, ich musste zugeben, ich starrte ihn schon wieder an. Aber dieses Mal war es mir völlig egal. Ich verfolgte jedes Wippen seiner Beine, dass Trommeln der Hände auf seinem Oberschenkel zum Takt der Musik, das rhythmische Nicken mit dem Kopf und seine Lippen, die mein Lied sangen. Er hatte verdammt lange Wimpern, was aber nur auffiel, wenn man genau hinsah, weil sie relativ hell waren. Manche Mädchen würden sterben für solche Wimpern.

Im Refrain schweifte sein Blick zu mir herüber und ich entschied mich, nicht wegzusehen. Sollte er ruhig sehen, wie ich ihn fasziniert musterte. Ihm war es sowieso schon aufgefallen. Nachher könnte ich ja behaupten, ich hätte mich nur auf seinen Gesang konzentriert. Er wich zwar oft vom Original ab, aber jeder Ton saß perfekt. Er wusste genau, was er tat. Erneut fragte ich mich, ob er im Internat irgendwas mit Musik gemacht hatte. Längst hatte ich aufgehört, mich gegen seinen Charme zu wehren, und so bohrten sich seine grünen Augen nun einen nie endenden Moment in meine. Ich sah, wie sich seine Lippen leicht kräuselten, dann war der Zauber wieder vorbei. Das Lied endete und ich musste tief durchatmen, bevor ich in Tammys Applaus mit einfiel.

„Das kommt definitiv mit auf die Liste.“ Sie schnappte sich Zettel und Stift aus ihrem Schoß und schrieb mein Lied dazu. Ich musste zugeben, ich war ziemlich stolz auf meine Wahl.

„Noch weitere brillante Vorschläge?“, fragte Ezra vom Schlagzeug aus. Ich überlegte fieberhaft. Ich wollte meinen guten Eindruck nicht mit einer schlechten Idee zunichtemachen.

„Wie wär’s mit einer Ballade?“, schlug Jesse vor und sah mich erneut an. Ich konnte mich nicht konzentrieren, wenn seine Augen mich so musterten. In meinem Kopf spulte ich alle möglichen Titel durch, die mir einfielen.

„Somewhere only we know… von Keane?“ Ich hatte keine Ahnung, ob sie das überhaupt kannten.

“The Scientist. Good enough. Ähm…” Jesse hob die Hand, um mich zum Schweigen zu bringen.

„Tammy, schreib das auf.“ Meine Schwester nickte. Kurt war anzusehen, dass er keine Ahnung hatte, wovon ich redete.

„Weißt du was, mach doch eine Playlist und brenn die CD. Dann können wir uns das alles in Ruhe anhören“, schlug Ty vor.

„Soll ich auch eine machen?“, bot Tammy sich an und Ty lachte.

„Du kannst gerne eine machen, aber ob wir uns die anhören, ist wieder eine andere Sache“, neckte er sie.

„Warum machen wir nicht alle eine Playlist? Und beim nächsten Mal entscheiden wir dann, was wir ins Programm aufnehmen?“

Gute Idee, aber dann war ich vollkommen umsonst hergekommen. Jetzt war ich gerade mal eine halbe Stunde hier. Jesse schielte auf seine Uhr.
 

„Gut, dann können wir ja jetzt zur Party, oder?“

Was, Party? Davon hatte vorhin keiner was gesagt. Ich warf Tammy einen wütenden Blick zu, doch sie schien genauso ahnungslos zu sein wie ich.

„Ihr kommt doch mit, oder?“, fragte Ty an uns beide gewandt.

„Was für eine Party?“, wollte meine Schwester wissen.

„Greg schmeißt 'ne Einweihungsparty. Er und Lydia haben vor kurzem ein Haus gekauft“, erklärte Ezra und warf seine Lederjacke über. Tammy sah an sich herunter.

„Ich habe gar nichts zum Anziehen dabei.“

Jesse sprang von seiner Kiste.

„Es freuen sich bestimmt alle, wenn du gar nichts anhast“, neckte er sie und öffnete die Garage. Starrte ich gerade tatsächlich auf seinen Hintern? Ich räusperte mich und sah schnell weg. Zu meiner Verwunderung wollte ich mich nicht vor der Party drücken. Ich mochte die neue Clique meiner Schwester. Früher war sie ständig nur mit Mädels aus ihrer Schule abgehangen, und die waren ziemlich anstrengend gewesen. Jungs waren so viel unkomplizierter und umgänglicher. Außerdem wussten sie im Gegensatz zu Tammys alten Freunden nichts über mich und das gefiel mir am allerbesten.

„Tammy, Lea, könnt ihr bei Jesse mitfahren? Wir müssen noch ein paar Kumpels abholen.“

Ich versuchte zumindest, mich nicht darüber zu freuen, wieder in sein Auto einzusteigen. Bevor Tammy hinten einsteigen konnte, hatte ich es mir schon auf dem Rücksitz bequem gemacht. Das ermöglichte mir wieder den Blick auf Jesses Nacken. Dieses Mal trug er jedoch keine Mütze. Ich mochte sein Haar.
 

„Ist das eher eine Gartenparty?“, fragte Tammy hoffnungsvoll, weil sie es noch immer nicht leiden konnte, ungestylt auf eine Party zu gehen. Ich verkniff mir den Kommentar, dass es in Strömen regnete. Jesse lachte kurz.

„Nein, definitiv nicht.“ Oje, so wie er es sagte, war klar, dass massenhaft Alkohol fließen und laut Musik gespielt werden würde. Warum hatte ich nicht einfach behauptet, ich hätte noch was vor? Irgendwie war ich davon ausgegangen, dass es ein ruhiger Abend werden würde. Manchmal war ich echt naiv. Ich vertrug doch keinen Alkohol. Und außerdem fiel mir gerade wieder ein, was das letzte Mal passiert war, als ich auf einer Party gewesen war. Ich hatte Jesse gestalkt, während er mit irgendsoeiner Blondine rumgemacht hatte. Mein Magen zog sich zusammen. Das durfte doch nicht wahr sein. War ich etwa eifersüchtig? Ich hoffte, nicht.

Denn ansonsten würde das bedeuten, dass ich mich verknallt hatte.



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