Wie man es noch sagen kann von Yosephia ([Romance OS-Sammlung/ Prompt-Liste]) ================================================================================ 62. “It can wait until tomorrow.” (Lucy-Levy-Juvia) --------------------------------------------------- „Da fehlt etwas.“ Neben ihr schnaufte Levy leise. „Du bist wirklich schwer zufrieden zu stellen.“ Juvia schnitt ihrer Freundin und Mitbewohnerin eine Grimasse und richtete ihren Blick dann wieder auf den Bildschirm, um heraus zu finden, was genau eigentlich ihr Problem war. Dort wurde die Homepage gezeigt, an der Levy in den letzten Tagen für sie gebastelt hatte. Das untere Ende der Seite, wo sich auch die Links zu Impressum, Kontaktdaten, Versandkosten und dergleichen befanden, sah aus wie ein dunkler Weidenkorb, aus dem Wollknäuel in den verschiedensten Farben hervor lugten, während seitlich zwei Strick- und eine Häkelnadel herausragten. Ein verspielter, blauer Faden schlängelte sich nach oben ins Zentrum der Seite und bildete dort den Namen: Wool Paradies. Oben rechts war eine Leiste, welche die unterschiedlichen Produktkategorien und den Einkaufskorb verlinkte. Vor jedem Kategorienamen befanden sich winzige Wollknäuel. „Irgendetwas fehlt einfach“, seufzte Juvia und riss entmutigt die Arme hoch. „Es tut Juvia furchtbar Leid. Du hast dir so viel Mühe gegeben und Juvia hat gar nichts weiter gemacht und jetzt meckert sie nur….“ „Beruhige dich wieder“, erwiderte Levy und tätschelte ihr sanft den Arm. Die vertrauliche Berührung verursachte das altbekannte Kribbeln in Juvias Magengegend, aber sie versuchte, sich zusammen zu reißen. Sie kannte Levy schon seit Jahren – eben seit sie zu Beginn von Studium und Ausbildung Beide eine WG gesucht hatten und schließlich bei einer gemeinsamen Freundin gelandet waren. Das war schon sechs Jahre her und seitdem waren sie enge Freundinnen geworden, aber erst seit ein paar Monaten verursachten Levys seltene Berührungen bei Juvia diese neuen Gefühle. „Natürlich fehlt noch etwas“, erklärte Levy geduldig, die anscheinend nichts von Juvias Reaktion bemerkt hatte. „Sogar sehr viel, würde ich behaupten. Normalerweise programmiere ich ganz andere Sachen. Mit dem Design von Webseiten beschäftige ich mich überhaupt nicht.“ „Aber es ist doch wirklich gut!“, widersprach Juvia leidenschaftlich. „Juvia liebt die Idee mit dem Korb und der Wolle und die Farben und alles…!“ „Und dennoch fehlt etwas“, schmunzelte Levy und strich sich eine Strähne hinters Ohr, was nicht über die niedliche Verlegenheitsröte hinweg täuschen konnte, die sich bei Juvias Worten über ihre Wangen gelegt hatte. „Keine Sorge, wir finden das schon noch heraus. Wir haben doch erst vor ein paar Tagen damit angefangen und es sind ja auch noch gar keine Produkte drin und wir müssen sowieso noch abwarten, bis mit dem Gewerbeamt alles geklärt ist. Wer weiß, wie lange das dauern wird.“ Levy verdrehte die Augen und Juvia seufzte frustriert. Als immer mehr Leute sie dazu ermuntert hatten, ihre selbst gestrickten Sachen zu verkaufen, hatte sie noch nicht daran gedacht, wie kompliziert das alles werden würde. Stricken und Häkeln war einfach. Das tat sie schon seit vielen Jahren. Aber diese ganzen Formalitäten für die Anmeldung eines Kleingewerbes, Buchhaltung, das Ausstellen von Rechnungen… das war trotz ihrer Ausbildung zur Schneiderin ein ganz anderes Thema. Und wie die meisten Ämter war auch das Gewerbeamt nicht das schnellste. „Wisst ihr eigentlich, wie spät es ist?“ Gleichzeitig blickten sie zur Tür und erkannten ihre neue Mitbewohnerin Lucy, die mit in die Hüften gestemmten Händen im Rahmen stand und sie Beide anfunkelte. Sie trug bereits ihr Schlafshirt und die lockeren Shorts, die nur bis zur Hälfte ihrer Oberschenkel reichten, und ihre Haare waren zu einem lustigen Dutt hochgebunden, das Gesicht bereits abgeschminkt. Genau dieser Anblick, der so völlig von der sonst so perfekt wirkenden Lucy abwich, verursachte schon wieder ein Kribbeln in Juvias Bauch. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Levys Blick einmal über Lucys gesamten Körper huschte, ehe ihre Wangen sich zartrosa färbten. „War Juvia zu laut?“, fragte sie besorgt und biss sich auf der Unterlippe herum. „Nein, darum geht es doch gar nicht“, erwiderte Lucy und machte eine wegwerfende Handbewegung, ihre Miene noch immer streng. „Aber Levy muss in sieben Stunden wieder aufstehen, damit sie rechtzeitig zur Arbeit kommt und du solltest auch mal ein bisschen abschalten! Du hast alles getan, was du tun konntest, Juvia. Jetzt musst du der Sache einfach Zeit geben.“ Trotz ihres energischen Auftretens und der abermals in die Hüften gestemmten Hände schwang in Lucys Worten eine gewisse Weichheit mit, die das Kribbeln in Juvias Inneren verstärkte. Lucy lebte erst seit vier Monaten in der WG, seit sie ihr Doppelstudium abgeschlossen hatte – BWL, um ihren Vater zufrieden zu stellen, und Literatur, weil das einfach ihr Ding war. Weil sie mit ihrem ziemlich erfolgreichen Blog weiter machen wollte – der sich vorrangig um Buchrezensionen und um Ausschnitte ihres in Arbeit befindlichen Romans drehte – und dabei nicht von ihrem Vater unterstützt wurde, hatte sie eine bezahlbare Bleibe gebraucht. Und da Juvia und Levy nach Lisannas Auszug sowieso ein Zimmer frei gehabt hatten, hatten sie Lucy bei sich aufgenommen. Damals hatte noch keine von ihnen geahnt, was für ein Gefühlschaos diese neue WG-Zusammenstellung bedeuten würde. Juvia hatte früher schon mal eine Beziehung mit einer Frau gehabt und sie hatte Lucy von Anfang an als attraktiv empfunden, aber wirklich kribbelig war ihr erst zumute geworden, als sie bemerkt hatte, wie fasziniert Levy von der Anderen war – Levy, von der Juvia wusste, dass sie bisher nur eine Beziehung mit einem Kommilitonen gehabt hatte, was jedoch schon vor zwei Jahren mit einer freundschaftlichen Trennung ausgelaufen war. Irgendwie hatte es Juvia eifersüchtig gemacht, dass Lucy mehr Aufmerksamkeit von Levy zu erhalten schien als sie selbst. Nur war ihr lange Zeit nicht so richtig klar gewesen, auf wen sie eigentlich eifersüchtig war… „Wir haben an Juvias Homepage gearbeitet“, erklärte Levy kleinlaut. „Ich habe den ersten Entwurf fertig und wollte Juvias Meinung dazu einholen und-“ „Das kann bis morgen warten“, erwiderte Lucy und verschränkte die Arme vor der Brust, aber ihre zusammengekniffenen Augenbrauen kündeten eher von Sorge als von Verärgerung. „Ihr solltet wirklich besser auf die Zeit achten. Es ist wichtig, genug Schlaf zu bekommen.“ „Du brauchst dir um Juvia keine Sorgen zu machen, sie hat doch morgen frei, weil sie am Samstag arbeiten muss.“ Im selben Atemzug wurde ihr etwas anderes klar und sie drehte sich hektisch zu Levy um. „Es tut Juvia so Leid, dass sie dich vom Schlafen abgehalten hat!“ „Hast du nicht. Ich habe dich doch rüber gerufen, damit du dir den Entwurf ansehen kannst“, seufzte Levy und strich sich schon wieder die Strähne hinters Ohr. „Ihr Beide seid wirklich schlimm“, brummte Lucy und durchmaß den Raum, um sowohl Levy als auch Juvia an den Händen in die Höhe zu ziehen. „Bloß gut, dass ich jetzt auf euch aufpasse!“ Juvia könnte es sich auch einbilden, weil die Berührung sie so aus der Fassung brachte, aber sie hatte das Gefühl, dass rote Flecken auf Lucys Wangen aufgetaucht waren, die vorher nicht da gewesen waren. „Geh’ ins Bett Levy. Wir können uns morgen diese Homepage gemeinsam ansehen.“ Die Angesprochene nickte belämmert und Juvia bemerkte, wie sie die Hand, an der Lucy sie berührt hatte, mit der anderen umfasste. „Schlaft gut“, murmelte sie. „Du auch, und vielen Dank für deine Hilfe“, sagte Juvia und berührte Levy in einem Versuch, sich noch einmal für ihre Achtlosigkeit zu entschuldigen, zaghaft an der Hand. Abermals setzte das Kribbeln ein, als Levy kurz ihre Hand ergriff und behutsam drückte, doch dieses Mal blieb das Kribbeln, weil im nächsten Moment Lucy nach ihrer Hand griff, um sie aus dem Zimmer zu ziehen. Vor ihrer eigenen Schlafzimmertür hielt Lucy an und drehte sich noch immer mit dieser Sorgenfalte zwischen ihren Augenbrauen zu ihr herum. „Mach’ dich nicht verrückt wegen dieser ganzen Sache, Juvia. Wenn du Fragen zu dieser ganzen Selbstständigkeitssache hast, kannst du mich jederzeit fragen und deine Homepage ist bei Levy in den besten Händen.“ Ihr fehlten die Worte. Lucy kannte sie erst seit so kurzer Zeit, aber sie war dennoch so lieb zu ihr und kümmerte sich auch immer so lieb um Levy. Es fühlte sich einfach so schön an, mit ihr und Levy zusammen zu sein! „Juvia weiß nicht, wie sie dir und Levy jemals danken soll“, krächzte sie schließlich mühsam. „Das musst du nicht“, erwiderte Lucy und ihr Gesicht erhellte sich mit einem sanften Lächeln. „Dir und Levy würde ich jederzeit helfen… Und jetzt solltest du auch ins Bett gehen. Lies noch etwas, damit du auf andere Gedanken kommst, aber du darfst vor dem Einschlafen keine Wolle mehr anrühren, versprochen?“ Der Themenumschwung ließ Juvia für einen Moment verwirrt blinzeln. Dieses Mal war sie sich sicher, was die roten Flecken auf Lucys Wangen betraf. Bevor sie richtig darauf reagieren konnte, hatte Lucy sie bereits in Richtung ihrer eigenen Schlafzimmertür geschoben, ihr eine Gute Nacht gewünscht und sich auffällig hastig in ihr eigenes Zimmer zurück gezogen. Seufzend lehnte Juvia sich an die Innenseite ihrer Tür. Auf ihre Lippen schlich sich ein glückliches Lächeln. Sie wusste, dass es nicht normal war, für zwei Personen gleichzeitig solche Gefühle zu empfinden, aber sie konnte keinen Grund finden, der es zu etwas Schlechten machte. Als sie versucht hatte, ihrem besten Freund von ihren Gefühlen zu erzählen, hatte er mit den Schultern gezuckt und etwas davon gebrummt, dass sie halt beide Frauen nehmen sollte, wenn sie Beide wollte. Große Worte, wenn man sein eigenes verkorkstes Liebesleben bedachte, aber letztendlich war Juvia zu dem Ergebnis gekommen, dass er Recht hatte. Sie wollte sich nicht zwischen Levy und Lucy entscheiden – und sie hoffte inständig, dass sie die Zeichen nicht falsch deutete und es auch tatsächlich nicht musste! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)