Wie man es noch sagen kann von Yosephia ([Romance OS-Sammlung/ Prompt-Liste]) ================================================================================ 54. “I made reservations.” (JudeLayla) -------------------------------------- Als die Hunde ihres Bruders anschlugen, wurde Laylas Aufmerksamkeit von Zekua Melons neustem Meisterwerk fort gerissen und sie hob den Blick, um zu erkennen, wer sich in den hinteren Garten der kleinen Stadtvilla verirrt hatte, die seit drei Generationen der Familie Eucliffe gehörte. Der Besucher war Jude, das dunkelblonde Haar streng wie immer zurück gekämmt und mit Haargel in Form gehalten, der Schnurbart, der normalerweise nicht zu einem Vierundzwanzigjährigen passen würde, perfekt gestutzt, der Anzug saß bis auf die letzte Falte korrekt und die Haltung war mustergütig gerade, davon hätte man sich wahrscheinlich sogar beim Militär eine Scheibe abschneiden können. Die Soldaten zumindest, die Layla kennen gelernt hatte, als ihr Bruder sein Wehrpflichtjahr absolviert hatte, waren nicht einmal ansatzweise so diszipliniert gewesen. Es bot ein amüsantes Bild, wie Jude versuchte, mit so viel Würde wie möglich über den etwas zu hohen Rasen hinüber zu der Picknickdecke zu kommen, die Layla sich unter der großen Kastanie ausgebreitet hatte, ohne dabei auf einen der fünf Hunde zu treten, die sich um ihn drängten und um Aufmerksamkeit buhlten. Insbesondere Little Foot, den jungen Dobermannrüden, beäugte Jude mit einer gehörigen Menge Respekt und seine Hände pressten sich an seine Hosenbeine, weil Tetris und Pac-Man, die trotz ihres fortgeschrittenen Alters immer noch quirligen Labradore, immer wieder nach seinen Händen haschten, um gestreichelt zu werden. Keiner der Vierbeiner bedrohte Jude, sie alle kannten ihn bereits – insbesondere Tetris und Pac-Man – und freuten sich darüber, noch jemanden da zu haben, der ihnen Aufmerksamkeit schenken konnte. Jude allerdings war heute wie damals sehr unbeholfen im Umgang mit den anhänglichen Hunden, die in ihrer Ausdrucksfähigkeit einen so großen Kontrast zu ihm darstellten. Auf viele – eigentlich auf so gut wie alle, wenn man mal ehrlich war – wirkte Jude steif und unnahbar. Seit sie vor fünf Jahren eingewilligt hatte, Jude zum Abschlussball zu begleiten, hatte Layla sich schon unzählige Male anhören müssen, dass der schnöselige und verstockte Millionenerbe überhaupt nicht zu jemanden wir ihr passte, die immer kreativ und ausdrucksstark und lebendig war. Er sähe ja nicht einmal gut aus und Layla hätte sein Geld doch gar nicht nötig… Doch Layla musste beim Anblick des jungen Mannes lächeln und richtete sich auf, der vorher so spannende Roman völlig vergessen, um ihn zu begrüßen. Auch nach fünf Jahren noch flatterte ihr Herz wie ein junger Vogel aufgeregt in ihrer Brust, kaum dass ihr Blick den Judes begegnete. Um seine Lippen spielte dieses besondere Lächeln, das all den oberflächlichen Leuten nur allzu leicht entging, aber Layla sah es und sie wusste, dass es ganz alleine ihr gehörte. „Hallo Jude“, begrüßte sie ihn sanft und trat durch die Hundemeute hindurch auf ihn zu, um sich zu strecken und sein Gesicht in beide Hände zu nehmen. Unter ihren Fingern spürte sie, wie seine Wangen zuckten, als sein Lächeln stärker wurde. Statt auf die steife Art zu antworten, die ihm sein gestrenges Elternhaus regelrecht eingeimpft hatte, beugte er sich zu ihr herunter und küsste sie. Nur ganz behutsam – natürlich war ihm nicht entgangen, dass Laylas Bruder es sich ein paar Meter weiter in der Hängematte bequem gemacht hatte –, aber es genügte, um Layla weiche Knie zu bescheren. „Ich habe uns für heute Abend einen Tisch reserviert“, sagte Jude schließlich und hob eine Hand, um eine Strähne hinter Laylas Ohr zu streichen. „Das hättest du mir doch auch am Telefon mitteilen können“, schmunzelte Layla ahnungsvoll. „Ich war gerade in der Gegend und wollte es dir persönlich sagen“, erwiderte Jude mit betonter Beiläufigkeit, die Layla alles verriet, was sie wissen musste. Anstatt ihn zu entlarven, streckte sie sich, um einen weiteren Kuss zu erhaschen. „Zur üblichen Zeit am üblichen Ort?“, fragte sie flüsternd in einem Versuch, ihre Vorfreude im Zaum zu halten. Zur Antwort nickte Jude und dann trat ein seltsamer Ausdruck in seine Augen. Als hätte er einen wichtigen Entschluss gefasst. Regelrecht grimmig wirkte er und seine Hand glitt in seine rechte Anzugjackentasche, aber bevor er auch nur einen Ton heraus bringen konnte, erklang in der linken Tasche ein penetrantes Piepen. Seine dichten Augenbrauen zogen sich zusammen, als er den kleinen Pieper hervor holte und den Code auf dem kleinen Digitaldisplay las. Soweit Layla es mittlerweile entziffern konnte, bezog sich ein Teil davon auf Lager 5 – das größte Lager der Heartfilia Corp. hier in Crocus, das sich jedoch im Industrieviertel und damit am anderen Ende der Stadt befand. Der Rest des Codes stand vielleicht für einen Termin oder eine Havarie oder doch für etwas ganz anderes. Jude war nie sehr erbaut darüber gewesen, diesen Pieper immer in der Tasche haben zu müssen, deshalb hatte Layla ihre ruhigen gemeinsamen Momente nie mit diesem Thema belasten wollen. „Ich muss los“, erklärte Jude mit einem Hauch von Unwillen in der Stimme, neigte sich erneut nach vorn und küsste Layla wieder – dieses Mal mit einem Hauch mehr Nachdruck, als wollte er eine bleibende Erinnerung hinterlassen. Als ob er das nicht auch so schon tat. „Bis heute Abend“, erwiderte Layla sanft und trat schließlich zurück. Als Jude sich umwandte und Weißlogia, der zum Gruß die Hand hob, zunickte, scharten sich die Hunde sofort wieder um ihn, aber ein einziger Pfiff von Weißlogia rief sie zur Ordnung. Artig trotteten sie zur Hängematte, aus welcher der ausgebildete Hundetrainer sich nun erhob, um dem Freund seiner jüngeren Schwester hinterher zu blicken. „Also weißt du, Lay“, sagte Weißlogia gedehnt, während Jude um die Ecke der Villa verschwand, und kratzte Little Foot hinterm Ohr. „Jedes Mal, wenn er so etwas macht, frage ich mich, wann er endlich den Ring hervor holt. Den hat er sicher schon ein Jahr in der Tasche.“ Layla versuchte, bei diesen unverblümten Worten nicht zu erröten. Sie mochte länger als ihr Bruder gebraucht haben, um es zu bemerken, aber auch sie wusste schon längst, was Jude ihr sagen wollte. Allerdings hatte sie für sich entschieden, es ihm nicht vorweg zu nehmen und geduldig abzuwarten. Jude sollte es dann sagen können, wenn er sich dafür bereit fühlte. Und dieses Mal hätte er es sogar beinahe geschafft, wenn der Pieper ihn nicht gestört hätte. Er machte Fortschritte. „Nicht jeder handhabt das so wie du und Violet“, erwiderte Layla spitz und ihr Blick huschte zu dem zusammen gefalteten Ultraschallbild, das aus der Brusttasche von Weißlogias Hemd herausragte. Zur Antwort zog ihr Bruder nur milde amüsiert die Schultern hoch und lehnte sich wieder in der Hängematte zurück. Man hatte ihn noch nie damit aufziehen können, dass er sich in seine Kindheitsfreundin verliebt hatte. Nicht einmal die Aussicht, in sechs Monaten Vater zu werden, machte ihn nervös. Kopf schüttelnd ließ Layla sich wieder auf ihrer Picknickdecke nieder und nahm ihr Buch wieder auf, aber statt zu lesen, lächelte sie versonnen vor sich hin und dachte voller Vorfreude daran, dass sie heute wieder einen schönen Abend mit Jude verbringen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)