Wie man es noch sagen kann von Yosephia ([Romance OS-Sammlung/ Prompt-Liste]) ================================================================================ 23. “I’ll wait.” (Rakerva) -------------------------- „Wie wäre es mit heute?“ Ohne Rücksicht darauf, dass Minerva gerade dabei war, eine ziemlich unübersichtliche Tabelle durchzuarbeiten, um die für ihren Mandanten wesentlichen Börsenkurse zu überprüfen, setzte Rakheid sich auf eine Ecke ihres Schreibtischs und blickte mit einem gewinnenden Lächeln auf die Schwarzhaarige hinunter. Sie hatte ihre Haare zu einem strengen Zopf geflochten. Er mochte das. Das regte seine Fantasien über wilde Lehrerinnen-Spielchen an. Wobei die Fantasie mit dem Reisfeld-Szenario, wenn Minerva ihre Haare zu zwei Knoten hochgebunden hatte, auch sehr anregend war. Manchmal jedoch fragte Rakheid sich auch, wie sie wohl mit offenen Haaren aussehen würde und wie viele Männer sie überhaupt schon mal mit offenen Haaren gesehen hatten. Minerva Orland schien die Art Frau zu sein, die sich immer hinter einer knallharten Schale versteckt hielt. Irgendwie übte das eine besondere Anziehungskraft auf Rakheid aus. Er wollte gerne wissen, was für ein weicher Kern sich dahinter verborgen hielt, was für Schwächen und Sehnsüchte diese Frau mit sich herum trug, was sie außer knallhartem Ehrgeiz noch antrieb, welche Ängste ihr zu schaffen machten… Und ob sie lächeln konnte. Gerade diese letzte Frage vertrieb Rakheid jedoch für gewöhnlich schnell wieder aus seinen Gedanken, denn sie rief seltsame Fantasien hervor, die er nicht einzuordnen wusste. Ohne auch nur aufzublicken, griff Minerva nach einem langen Lineal und markierte damit die Zeile der Tabelle, die sie gerade überprüfte. Sie machte sich auf einem Blatt einige saubere Notizen und erst als sie den Kugelschreiber wieder weg gelegt hatte, antwortete sie, ihre Stimme knapp und kühl. „Nein. Offensichtlich.“ Rakheid zog die Augenbrauen zusammen und spitzte die Lippen für ein Schmollen. „Irgendwann musst du doch auch mal wieder wollen. Komm’ schon. Mein Büro lässt sich abschließen und du hast sicher nicht vergessen, wie bequem meine Couch ist.“ Nicht die Spur von Verlegenheit war in den olivgrünen Augen zu erkennen, als Minerva endlich den Blick hob. Ihre Miene wirkte eher herablassend. „Wir hatten Sex in deinem Büro. Einmal. Und er war gut. Aber das war’s auch schon. Ich habe mehr Klasse als eine klischeehafte Tipse, die sich auf Kommando von ihrem Vorgesetzten vögeln lässt.“ „Was ist so schlimm daran, noch mal mit mir zu schlafen?“, fragte Rakheid mit einem verwirrten Stirnrunzeln. Er fühlte sich wie ein kleiner Junge, dem etwas viel zu Kompliziertes erklärt wurde – eine ärgerliche Vorstellung, immerhin war er der Ältere von ihnen und hatte sich als Börsenmarkler bereits einen ordentlichen Namen gemacht, während die Tinte auf Minervas Unizeugnis noch feucht war. Die Frau hatte gerade einmal ihren ersten eigenen Mandanten! „Muss ich dir ernsthaft erklären, wie niveaulos eine Fickbeziehung mit dem Boss ist?“, fragte Minerva mit einem unverhohlenen Augenrollen und wandte sich wieder der Tabelle zu. Um das bitter aufstoßende Wort niveaulos besser ignorieren zu können, konzentrierte Rakheid sich lieber auf den angenehmeren Teil der Aussage: „So, so, ich bin also dein Boss? Vielleicht habe ich ja eine spezielle Arbeitsanweisung für dich?“ „In welchem Sexshop bist du eigentlich sozialisiert worden?“, murmelte Minerva, ohne noch einmal von ihrer Tabelle aufzusehen. Langsam glitt Rakheid von der Tischkante und richtete sich zu voller Größe auf, während er versuchte, den Ärger hinunter zu schlucken, der sich seiner bemächtigte. Warum machte ihn das eigentlich so viel aus? Er konnte sich auch einfach eine andere Vergnügung suchen. Er hatte mehr als genug zur Auswahl, dafür brauchte er Minerva nicht! Aber… es war mit Minerva irgendwie anders gewesen. Nicht so kitschig weltbewegend oder so, aber er hatte es als besonders angenehm empfunden. Und dass die Schwarzhaarige danach weiter gemacht hatte, als wäre nie etwas gewesen, hatte ihm irgendwie imponiert. So abgebrüht war keine der Kolleginnen gewesen, die er bisher vernascht hatte. Und bisher hatte auch noch keine so schonungslos mit ihm geredet. Sie nannte die Dinge direkt beim Namen. Eine so grobe Mundart hätte Rakheid ihr beim Kennenlernen noch gar nicht zugetraut, aber er fand es erfrischend. Rakheid war so in seine widerstreitenden Gedanken vertieft, dass er sich gar nicht bewusst war, dass er hier immer noch neben Minervas Schreibtisch stand. Die Schwarzhaarige hingegen schien das sehr wohl zu bemerken. Mit einem entnervten Seufzen drehte sie sich schließlich mit dem Bürostuhl herum und blickte zu Rakheid auf. Trotz der gegenteiligen Positionen hatte der Blonde das Gefühl, als würde sie zu ihm hinab sehen. „Ich bin keine Trophäe und kein Sexspielzeug. Wenn du mich näher kennen lernen willst, fein, können wir gerne ausprobieren, sobald du dich nicht mehr wie ein dauergeiler Gockel aufführst. Wenn du nur Sex willst, gibt es draußen genug Gelegenheiten für dich. Ist allein deine Entscheidung. Ich werde warten.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, erhob die Schwarzhaarige sich und ging hinüber zum Faxgerät, das mit einem Piepen ein eingehendes Fax ankündigte. Träge blickte Rakheid der Frau hinterher, während er versuchte, aus dem schlau zu werden, was sie zu ihm gesagt hatte. Ich werde warten. Was wollte sie ihm damit sagen? Und was sollte das bitteschön mit dem dauergeilen Gockel?! Schnaufend wandte Rakheid sich vom Tisch ab und stapfte zurück zu seinem Büro. Kurz bevor er die Tür erreichte, bemerkte er aus dem Augenwinkel Rogue. Der Gleichaltrige lehnte am Türrahmen der kleinen Büroküche und hielt eine Tasse Kaffee in der Hand. Ein spöttisches Lächeln lag auf den Lippen des Weißhaarigen mit der schwarzen Strähne. „Hast du deine Meisterin gefunden?“ „Als ob! So ein Frauenzimmer hat mir gar nichts zu sagen“, erwiderte Rakheid herablassend und versuchte den Gedanken zu verdrängen, dass Rogue genau den richtigen Nerv getroffen hatte. Obwohl der Gleichaltrige den Gefühlsreichtum eines Mokkalöffels besaß, war er ein erschreckend guter Beobachter. Manchmal hasste Rakheid ihn dafür. Nun erst recht frustriert, kehrte Rakheid in sein Büro zurück und ließ sich dort äußerst unelegant auf seinen Stuhl plumpsen. „Ich werde warten“, äffte er und griff nach seinem Smartphone, um seine Kontaktliste zu durchforsten. „Dann warte doch, bis du schwarz wirst!“ Als er beim Buchstaben O auf Minervas Namen stieß, hätte er sein Smartphone beinahe gegen die Wand geschleudert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)