Heaven on Earth von Tasha88 ================================================================================ Kapitel 1: ✡ ✟ Prolog ✟ ✡ ------------------------- Ein Ruck ging durch meinen Körper und ich blieb stehen. Es dauerte eine kurze Zeit, bis sich mein Herzschlag wieder beruhigt hatte und ich ruhig atmete. Ich öffnete meine Augen und sah mich um. Es hatte funktioniert, ich war hier. Menschen liefen geschäftig über die Straßen, alle hatten es eilig. In ihren Händen Aktentaschen und Handys. Keiner achtete auf jemand anderen. Aber das war gerade gut so, denn so achtete keiner von ihnen auf mich. Doch selbst wenn, sie hätten auch gar nicht sehen können, wie ich hier angekommen war. Für sie war es so, als wäre ich von Beginn an hier gestanden, als wäre ich nie weg gewesen, als wäre ich immer ... gewesen. Mein Blick wand sich zur Seite und fiel auf ein Schaufenster, in dem ich mich spiegelte. Ich ließ meinen Blick über mein Spiegelbild wandern. Lange, braune Haare fielen in sanften Locken über meine Schultern und über meine Brüste. Schlanker, sportlicher Körper. Mein Blick wanderte zurück zu meinem Gesicht und erstarrte, als er auf meine Augen traf. Goldene Augen … diese waren geblieben, wie sie immer waren. Er hatte gesagt, dass er mich auf eine Mission schicken würde … und das hatte er. Hier war ich also … in der Welt der Menschen, der Sterblichen … in der Welt der Unsterblichen, der Schattenweltler, der Hexenmeister … und der Welt der Nephilim, der Schattenjäger. Mein Name? Elana - Licht Gottes. Was ich war? Ein Engel. Ein Engel mit einem Auftrag. Kapitel 2: ✡ ✟ Kapitel 1 ✟ ✡ ---------------------------- Nachdenklich stand ich noch immer vor dem Schaufenster. Was genau sollte ich jetzt tun? Wo sollte ich mit der Suche anfangen? Meinem Herrn war eine Drachme gestohlen worden. In den falschen Händen bedeutete sie eine Gefahr für die ganze Welt. Und daher lautete meine Aufgabe, diese zurück zu holen. Der Diebstahl lag in meiner Heimat nur ein paar Tage zurück … Die Zeit im Himmel und auf der Erde verging jedoch unterschiedlich … und was bei uns einen Tag ausmachte, waren auf der Erde 77 Jahre. Bei zwei Tagen im Himmel waren hier bereits 154 Jahre vergangen… Wir Engel hatten viele Fähigkeiten, viel mehr, als man uns zutraute. Mehr, als man jemals vermuten würde. Es gab nur einen, der allmächtig war … man konnte auch sagen drei. Trotz dessen konnten wir die Drachme nicht finden, wussten nicht, wo sie war, da sie auf der Erde mit einem Zauber versehen worden sein musste. Sie war unsichtbar für unsere Augen, nicht möglich zu erfühlen, erspüren ... Unsere Suche vom Himmel aus war vergeblich gewesen. Die letzte Möglichkeit war gewesen, sie auf der Erde selbst zu finden. Daher war ein Engel ausgesandt worden. Ich. In meiner normalen Gestalt war dies allerdings nicht möglich gewesen. Die Aufgabe hatte also auch beinhaltet, meinen Engelskörper aufzugeben und Menschengestalt anzunehmen. Die meisten meiner Fähigkeiten würde ich auch hier einsetzen zu können, ich sollte mich trotzdem bedeckt halten. Ich wusste nicht, wer die Drachme hatte, daher konnten alle meine Feinde sein - Elben, Schattenweltler, Schattenjäger… oder auch meine Verbündeten. Die Einzigen, die ich sofort als Verbündete ausschließen konnte, waren die Dämonen. Zwischen Engeln und Dämonen würde niemals Frieden bestehen können … oder auch nur ein Waffenstillstand. Ich ließ meinen Blick erneut über die Straße wandern. Wo sollte ich anfangen? 154 Jahre … plus minus ein paar Jährchen, es war eine lange Zeit, in der die Drachme bereits verschwunden war. Ich war hier. Hier auf der Erde. In Houston. Und irgendwo musste ich mit meiner Suche beginnen, denn ich konnte erst zurück, wenn ich meinen Auftrag beendet hatte. Ich setzte mich ziellos in Bewegung. Nur an einer Stelle zu stehen, brachte mich mit meiner Suche auch nicht weiter. Irgendwo sollten doch Informationen über die Drachme zu finden sein … in einem Buch vielleicht … in einer Bibliothek. Es war eher unwahrscheinlich, dass sich ein Buch mit solchen Texten in einer normalen, weltlichen Bibliothek finden ließen. Es gab für solche Bücher nur zwei Alternativen. In der Bibliothek eines Hexenmeisters … oder in der Bibliothek der Schattenjäger. Und egal wo, es wäre schwierig, dorthin zu gelangen. Also sollte ich doch mit einer normalen Bibliothek beginnen. Ich griff in meine linke Jackentasche und ergriff einem kleinen Geldbeutel, den ich sofort heraus zog und öffnete. Dort oben war wirklich an alles gedacht worden. Ich erkannte einen Führerschein, von dem aus mir ein Bild von mir entgegen blickte, eine Kreditkarte mit meinem Namen und deren Anblick mir wie von selbst eine Nummer in das Gedächtnis zauberte. Etwas Geld war auch dabei, auch wenn ich nicht viel brauchen würde. Ich steckte den Geldbeutel wieder ein und griff stattdessen in die rechte hintere Hosentasche, aus der ich ein dünnes Smartphone zog. Durch meinen Fingerabdruck entsperrte es sich und ich tippte das Symbol an, das für das Internet stand. Im Himmel hatte ich solch ein Gerät nie verwendet, aber hier auf der Erde war es für mich, als hätte ich nie etwas anderes getan. Es ging wie von selbst, wie als ob es in meinem Kopf gespeichert worden wäre. Über das Handy suchte ich die nächste Bibliothek heraus, dort wollte ich mit meiner Suche nach der Drachme beginnen. Bereits nach wenigen Sekunden wurde mir die Adresse der Bibliothek und eine Route zu dieser angezeigt. Ich sah mir diese an und steckte das Handy zurück in die Hosentasche. Schnellen Schrittes machte ich mich auf den Weg. Ich musste mit der Suche anfangen und das ohne Verzögerungen. Ich wollte zurück, zurück dorthin, wo ich hingehörte. Die Bibliothek hatte ich schnell gefunden. Ich war zum Glück nicht allzu weit davon entfernt auf der Erde angekommen. Ich nickte der älteren Dame am Empfang zu und ging zu der Übersicht, auf der die verschiedenen Abteilungen zu finden waren. Mein Blick huschte über die Namen. Religion. Daran blieb ich hängen. Vielleicht sollte ich hier anfangen. Mein Gefühl sagte mir, dass ich hier nicht fündig werden würde, aber irgendwo musste ich beginnen, und dieser Ort war besser als nirgendwo. In der Abteilung ging ich zielstrebig auf das Regal zu, in dem ich Bibeln finden konnte. Ich griff nach einer davon und zog sie hervor. Ruhe machte sich in mir breit, als ich sie öffnete. Ich schlug das Lukas Evangelium auf und las das Gleichnis, das Jesus über die verlorene Drachme geschrieben hatte. ~~~ Oder welche Frau, die zehn Drachmen hat, zündet nicht, wenn sie eine Drachme verliert, eine Lampe an und kehrt das Haus und sucht sorgfältig, bis sie sie findet? Und wenn sie sie gefunden hat, ruft sie die Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und spricht: Freut euch mit mir! Denn ich habe die Drachme gefunden, die ich verloren hatte. So, sage ich euch, ist Freude vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut. (Die Bibel Lukas 15, 8-10) Quelle: Elberfelder Bibel 2008 ~~~ Meine Blick blieb auf dem Text liegen. Wer, der diese Zeilen las, würde davon ausgehen, dass es sich bei der sogenannte Drachme, Münze, Groschen und wie es in den verschiedenen Übersetzungen genannt wurde, um eine Waffe handelte? Ich schlug die Bibel wieder zu und stellte sie zurück ins Regal. Ich musste sie finden und das musste ich bald tun. ⇼ Ich wusste nicht wieviele Bücher ich gelesen hatte. Ich hatte mehrmals die Abteilung gewechselt, alle Bücher, die eventuell mit dem Thema zu tun hatten, zu einem freien Tisch mitgenommen und mich dort ausgebreitet. Religiöse, altertümliche, okkulte Bücher, Fantasie, Fakten, Waffen und sogar Münzsammlungen. Nirgends darin hatte ich die Drachme gefunden. Erschöpft schlug ich das letzte Buch zu, das ich vor mir liegen hatte. So würde ich nicht weiterkommen. Ich wischte mir mit einer Hand über das Gesicht. Trotzdem … Vielleicht hatte es hier noch weitere Bücher. Vielleicht in der Abteilung… “Junge Frau, wir müssen jetzt wirklich schließen. Ich finde es zwar sehr schön, dass sie sich in der heutigen Zeit mit Büchern und nicht nur mit den elektronischen Geräten auseinandersetzen, dennoch kann ich sie nicht noch länger hier sitzen lassen!”, erklang eine Stimme hinter mir, die mich erschrocken zusammenzucken ließ. Ich drehte mich herum und sah die Bibliothekarin, die mich bereits das dritte Mal informierte, dass die Bibliothek schon längst geschlossen war. “Ich … entschuldigen sie bitte”, brachte ich hervor und sprang auf. Anscheinend war ich doch länger in meine Recherchen vertieft gewesen zu sein als angenommen. Die ältere Dame war neben den Tisch getreten und nahm die Bücher genauer in Augenschein, die alle noch in Stapeln auf dem Tisch lagen. “Ein interessantes Thema”, gab sie von sich und sah mich neugierig an. Ich blinzelte verwundert. Hatte sie gerade nicht noch gesagt, dass sie schließen mussten? Warum dann jetzt dieses plötzliche Interesse? Misstrauisch musterte ich sie. Dann schimpfte ich mich innerlich aus. Ich konnte ihre Aura wahrnehmen. Sie war das, was sie zu sein schien. Ein Mensch. Eine ältere, neugierige Dame. Nichts weiter. Sie war kein Feind, nicht für mich. Ich lächelte schief. “Ja, Recherchen … für eine Aufgabe. Es tut mir leid, dass ich sie solange aufgehalten habe.” Mein Blick wanderte zu den Büchern. “Ich räume die Bücher gleich wieder auf und …” “Nein, das müssen Sie nicht. Das ist hier meine Aufgabe”, fiel mir die Bibliothekarin ins Wort. Ich sah sie an und lächelte. “Vielen Dank”, gab ich von mir. Sie brachte mich noch zur Eingangstüre. Dort drehte ich mich ein letztes Mal zu ihr herum. Ich sah ihr in die Augen und daran, wie diese sich leicht weiteten, wurde mir klar, dass sie etwas spürte, eventuell meine wahre Natur. “Ich wünsche Ihnen Gottes Segen”, richtete ich an sie und noch ehe sie etwas erwidern konnte, öffnete ich die Türe und trat ins Freie. Kapitel 3: ✡ ✟ Kapitel 2 ✟ ✡ ---------------------------- Als ich ins Freie trat, war ich einen Moment darüber verwundert, wie dunkel es bereits war. Hatte ich wirklich so viel Zeit im Inneren der Bibliothek verbracht? Ich schüttelte leicht meinen Kopf. Ich sollte mich daran gewöhnen, dass die Zeit hier anders verging, schneller. Anders als in meinem Zuhause. Ich atmete ruhig ein und aus, während ich meine Augen schloss und meinen Geist ziehen ließ. Es war, als würde ich meinen Körper verlassen. Ich spürte alles um mich herum. Das Leben, das überall pulsierte, die dunklen Stellen, die Schattenweltler. Das Licht, das die Dunkelheit vertrieb und Houston in ein sanftes Licht tauchte. Und dort … Ich öffnete abrupt meine Augen und sah zur Seite. Dort standen sie, nicht weit von mir entfernt, nur ein paar Meter. Nephilim, Schattenjäger. Sie waren nicht schwer zu erkennen. Zwei junge Männer und eine junge Frau. Die Zeichnungen auf ihrer Haut, die an den freien Stellen zu erkennen waren, kennzeichneten sie. Runen. Runen, die ihnen Kräfte und Fähigkeiten gaben. Auch durch die Waffen und die dunkle Kampfmontur konnte man sie als Schattenjäger erkennen. Außer Menschen, für diese war es unmöglich, die Schattenjäger zu sehen. Ich konnte zumindest auf einem Arm eine Zauberglanz-Rune wahrnehmen. Diese sorgte dafür, dass Menschen die Schattenjäger nicht sehen konnten. Ebenso konnten die meisten Menschen auch die Schattenweltler und die Dämonen nicht wahrnehmen. Doch es gab auch Ausnahmen. Es gab einige wenige Menschen mit dem zweiten Gesicht. Auf diese wirkte der Zauberglanz nicht. Auch auf uns Engel hatte die Rune keine Auswirkungen. Ich konnte die Schattenjäger klar und deutlich erkennen. Die Frau hatte blonde Haare, die zu einem Bob geschnitten waren, ihre Augen funkelten in einem hellen blau. Der schwarzhaarige Mann neben ihr hatte dieselbe Augen. Geschwister. Der Dritte im Bunde konnte mit braunen Haaren und dunkelbraunen Augen dienen. Die Drei waren noch nicht sonderlich alt, vielleicht 18, 19, nicht älter. Sie schienen in eine lebhafte Diskussion vertieft zu sein, sich anscheinend nicht einig. Ich überlegte, mein Gehör zu verstärken um sie besser zu hören. Dafür hatten die Schattenjäger auch eine Rune … Runen, die ich nie benötigen würde. Wir Engel hatten viele Fähigkeiten. Viele dieser Fähigkeiten konnten von den Schattenjägern ebenfalls verwendet werden, durch die Runen. Es machte Sinn, dass Nephilim, die ja von Engeln abstammen und unsere Aufgaben auf Erden durch führten, auch unsere Fähigkeiten dazu hatten. Und so hatte Raziel, einer der obersten Engelsfürsten, ein Erzengel, diese den Schattenjägern zur Verfügung gestellt. Alle Runen waren im sogenannten grauen Buch zu finden. Die Schattenjäger konnten diese mit Hilfe einer sogenannten Stele auf ihre Haut auftragen. Allerdings verblassten diese mit der Zeit, manche früher, manche später. Sie mussten immer wieder nachgetragen werden. In meine Beobachtungen versunken, bemerkte ich nicht, dass sich ein Paar hellblaue Augen auf mich richteten. Als ich meinen Kopf hob und mein Blick auf diese fiel, konnte ich es gerade noch zurückhalten, zusammen zu zucken. Nicht nur, dass ich nicht aufmerksam genug gewesen war, nein, der Schattenjäger sollte nicht wissen, dass ich ihn tatsächlich bemerkt hatte. Er sollte nicht wissen, dass ich mehr war, als ich vorgab zu sein - ein normaler, sterblicher Mensch. Ich lächelte strahlend und hob meine Hand. Verwirrt sah er mich an und machte ein paar Schritte auf mich zu, wobei seine Hand an eine silberne Röhre an seinem Gürtel griff. Eine Seraphklinge, eine Waffe, die nur von Nephilim, einem Menschen mit Engelsblut, verwendet werden konnte. Ich unterdrückte es, meine Augenbrauen zu heben und ihn verärgert anzusehen. Was dachte er denn, wer ich war? Nun gut, die Antwort war eigentlich die, die ich hören wollte. Für einen Menschen, einen einfachen Menschen. Ich lächelte noch strahlender und lief auf den Schattenjäger zu, woraufhin er verwirrt stehen blieb. Mein Lächeln ließ ihn in seinen Bewegungen innehalten und mich ansehen. Er schien nicht mehr imstande zu sein, etwas zu tun. Mein Herz machte einen stechenden Satz. Das Lächeln eines Engels … es konnte etwas wunderbares sein … oder etwas schreckliches. “Was …?”, gab er von sich, als ich nur nur noch ein kleines Stück von ihm entfernt war.. “Da bist du ja!”, rief ich und er konnte gerade noch einen Satz zur Seite machen, ehe ich ihn umgerannt hätte. “Ich habe ewig gewartet!”, richtete ich an einen jungen Mann, der vor wenigen Augenblicken mit einer Gruppe auf den Platz vor der Bibliothek gekommen war. Verwundert sah er mich an, da fiel ich ihm aber schon um den Hals und drückte ihn an mich. Ich spürte seine Verwirrtheit über meine Handlung, wie er sich versteift hatte, merkte dann aber, wie er mir zögerlich den Rücken tätschelte. “Äh, ja … ich freue mich auch”, gab er total verwundert von sich. Ich hörte leises Tuscheln von den Personen, die mit ihm unterwegs waren, löste mich von ihm und trat einen Schritt zur Seite. Mit einem schnellen Rückblick bemerkte ich, dass sich der Schattenjäger wieder den anderen Schattenjägern zugewandt hatte. Erleichtert registrierte ich, wie sie sich gemeinsam auf den Weg machten. Erneut sah ich den jungen Mann an, dem ich so stürmisch um den Hals gefallen war. “Entschuldige bitte”, grinste ich ihn an. “Eine Wette. Sie”, ich deutete über meine Schulter auf die Schattenjäger, die sich gerade entfernten, “dachten, dass ich es mich nicht trauen würde. Du warst nur leider zur falschen Zeit am falschen Ort.” Ich schenkte ihm ein zerknirschtes Lächeln, ein menschliches Lächeln. “Oh … ach, das macht doch nichts”, erwiderte er mit einem schiefen Grinsen und kratzte sich am Hinterkopf, ehe er mir seine freie Hand entgegen streckte. “Ich bin Steve.” Ich sah ihn einen Moment an, ehe ich die Hand ergriff und leicht drückte. “Elana.” “Schön dich kennen zu lernen.” Eine leichte Röte erschien auf seinen Wangen und ich könnte mich selbst in den Hintern treten. Auswirkungen eines Engels auf einen Menschen … Nicht gut. “Fand ich auch. Danke, dass du mitgemacht hast”, ich lächelte, “aber ich muss.” Ein schneller Blick über meine Schulter. “Die warten ja nicht einmal … schlechte Verlierer.” Die Gruppe um uns herum lachte. Steve schluckte und schien dann eine Unsicherheit zu überwinden. “Wenn du willst, dann kannst du auch mit uns mitkommen. Wir wollen etwas trinken gehen”, richtete er an mich und sah mich hoffnungsvoll an. Ich schenkte ihm ein entschuldigendes Lächeln. “Tut mir leid, aber ich kann nicht.” Sein hoffnungsvoller Blick änderte sich nicht, wurde eher noch tiefer. Er schluckte erneut. “Dann … wann anders vielleicht?” Ich seufzte innerlich. “Es tut mir wirklich leid Steve, aber er …” Wieder deutete ich über meine Schulter und hoffte, ihn von etwas zu überzeugen, das eindeutig nicht so war. Doch er glaubte mir, wie ich an der schwindenden Hoffnung in seinen Augen erkannte. “Also danke nochmal”, richtete ich an ihn, lächelte erneut und drehte mich herum, um den davon eilenden Schattenjägern zu folgen. Kapitel 4: ✡ ✟ Kapitel 3 ✟ ✡ ---------------------------- Die Schattenjäger mussten etwas vorhaben, denn anders ließ es sich nicht erklären, dass sie in voller Kampfmontur und Waffen unterwegs waren. Ich ließ meinen Geist erneut streifen, bis ich ihre Aura wahrnahm und so wusste, wo sie waren. Ich lief los und noch während des Laufens ließ ich meine eigene Art von Zauberglanz über mich gleiten. Mein Name lautete nicht nur Licht Gottes, es bedeutete viel mehr. Das Licht war meine Kraft, meine Waffe. Ich konnte sie einsetzen, wie ich sie benötigte. Durch ein leichtes Verschieben der Lichtpartikel ließ ich mich unsichtbar werden, mich verschwinden. Und diese Unsichtbarkeit war weder von Schattenjägern, noch von anderen Bewohnern der Welt zu durchdringen. Es dauerte nicht lange, bis ich die Schattenjäger eingeholt hatte. Ich blieb ihnen auf den Fersen und folgte ihnen weiter. Nicht ein Geräusch von mir drang zu ihnen, so auch nicht das Aufkommen meiner hohen Absätze auf dem Steinboden. Es hatte zwar nichts mit meiner Aufgabe zu tun, aber ich war neugierig. Was erwarteten die Schattenjäger? Einen Kampf? Zudem hatte ich ein schlechtes Gefühl. Irgendetwas stimmte nicht … und ich war mir sicher, dass die Schattenjäger dies ebenfalls ahnten. Anders konnte ich mir ihr Auftreten nicht erklären. Ich verfolgte sie gefühlt durch die halbe Stadt, in ein Industriegebiet. Dort blieben sie schlussendlich vor einem großen Gebäude, in dem eine Fabrik zu sein schien, stehen. “Okay, wir trennen uns”, richtete der Schattenjäger, mit dem ich vorher fast aufeinander geprallt wäre, an die anderen Beiden. “Ich weiß nicht, ob das so eine sinnvolle Idee ist”, entgegnete die Schattenjägerin ihrem Bruder, zumindest war es immer noch meine Vermutung, dass sie Geschwister sein mussten. “Er hat recht Lori”, richtete der zweite Schattenjäger an die junge Frau. “Chris hat nicht immer recht Dan!”, erwiderte sie scharf. Chris also … mein Blick wanderte erneut zu dem schwarzhaarigen Schattenjäger. “Wir machen es so, wie er gesagt hat Lori”, gab Dan von sich und sah Chris an. Der nickte. “Pass auf sie auf. Wir sehen uns hinten.” “Chris!”, zischte Lori, sah von diesem aber nicht mehr viel außer dem Rücken. Der Schattenjäger machte sich daran, die Außenmauer zu überwinden und ließ sich nach seiner Kletterei auf der anderen Seite herunterfallen. “Komm Loreen.” Dan war zu der Schattenjägerin getreten und legte ihr eine Hand auf den Rücken. Er sah sie mit einem Blick an, der mir sagte, dass die Beiden mehr waren als nur Freunde. “Er sollte nicht immer so überfürsorglich sein! Ich brauche keinen Aufpasser! Du hättest auch mit ihm mitgehen können”, gab die Schattenjägerin von sich, ehe sie sich mit einem Ruck herum drehte und auf die Eingangstüre des Hauptgebäudes zuging. Dan folgte ihr. “Du kennst ihn, Lori. Er ist so und er wird sich vermutlich niemals ändern.” Die Schattenjäger tauschten einen Blick, ehe Lori sich wieder abwand. “Es nervt trotzdem”, gab sie von sich, zog eine Stele hervor und zeichnete eine Rune auf die Eingangstüre, die sich gleich darauf öffnen ließ. Ich überlegte einen Moment, ob ich ihnen folgen sollte. Eigentlich gingen mich die Dinge der Schattenjäger nichts an, sie hatten nichts mit meiner Aufgabe zu tun. Dennoch… irgendetwas stimmte hier eindeutig nicht. Und das war sicherlich auch der Grund, weshalb die Schattenjäger hier waren. Ich entschied, ihnen zu folgen. Genau gesagt entschied ich, ihm zu folgen, dem schwarzhaarigen Schattenjäger. Denn er war alleine, während die anderen zu zweit waren. Ich tat es Chris nach und ließ mich gleich darauf ebenfalls auf der anderen Seite der Mauer herunter fallen. Beim Aufkommen ging ich leicht in die Knie und richtete mich sofort wieder auf. Ich ließ erneut meinen Geist schweifen um ihn wieder zu finden. Das war kein Problem, denn seine Aura schien regelrecht zu leuchten und mich anzuziehen. Allerdings war er nicht der Einzige, den ich fühlte. Etwas anderes war noch hier, etwas Großes. Etwas Dunkles. Etwas, das nicht gut sein konnte. Ich ging in die Richtung, die Chris eingeschlagen haben dürfte. Der Weg führte um das große Gebäude herum und es war erkennbar, was für ein riesiger Platz zu der Fabrik gehörte. Riesige Container und Maschinen standen herum, die ich nicht erwartet hatte. Die dunkle Aura, die ich schon zuvor wahrgenommen hatte, wallte auf einmal auf und ich blieb ich wie erstarrt stehen. Dämonen … viele Dämonen. Es musste ein Portal sein, anders war es nicht erklärbar. Bis vor einigen Minuten hatte ich wohl nur dieses wahrgenommen, aber noch keine Dämonen. Aber jetzt … eine derartige Intensität. Ich rannte los, als die ersten Schreie ertönten. Dämonisches Kreischen … und eine menschliche, männliche Stimme. Ich sprang auf einen Container und erstarrte auf diesem erneut. Dort war wirklich ein Portal, das rötlich schimmerte. Und aus diesem strömten Dämonen. Genug Dämonen, um einem einzelnen Schattenjäger Schwierigkeiten zu machen, egal, wie stark dieser war. Ich verschränkte meine Arme und zwang mich dazu stehen zu bleiben und nicht in den Kampf einzugreifen. Das hier war nicht mein Kampf. Ich hatte eine Aufgabe, und die lautete, die Drachme zu suchen, zu finden und zurück zu bringen. Der Kampf zwischen Schattenjägern und Dämonen ging mich nichts an. Ich ballte meine Hände zu Fäusten zusammen und beobachtete den Kampf von meinem erhöhten Standpunkt aus. Es war ein unfairer Kampf, dessen Vorteil nicht bei dem Schattenjäger lag. Mein Blick wanderte zu der Rückseite des Gebäudes. Seine Begleiter sollten doch jetzt dann auftauchen. Ein erneuter Aufschrei erklang und mein Blick zuckte zurück zu dem Kampf. Mehrere Dämonen hatten sich auf den Schattenjäger gestürzt. Sie würden nicht rechtzeitig kommen. Dan und Lori. Alleine hätte Chris keine Chance. Und trotz dessen, was ich mir vor wenigen Minuten gesagt hatte, entschied ich mich, dem Schattenjäger zur Hilfe zu eilen. Kapitel 5: ✡ ✟ Kapitel 4 ✟ ✡ ---------------------------- Ich ließ meinen Zauberglanz fallen. “Hey”, brüllte ich laut und sprang von dem Container, von dem aus ich den bisherigen Kampf des Schattenjägers mit den Dämonen beobachtet hatte. Ich winkte wild mit meinen Armen und erreichte damit genau das, was ich gewollt hatte. Die Dämonen drehten sich in meine Richtung und schenkten mir ihre Aufmerksamkeit. Sie wurden von mir von ihrem bisherigen Tun abgelenkt. Genau das hatte der Schattenjäger gebraucht, der gerade eben noch von einem der Dämonen gepackt worden war. Mit seiner Seraphklinge konnte er den Dämonen vernichten und sah anschließend mit großen Augen zu mir. Erwartet hatte er mich eindeutig nicht und seinem Blick zufolge, war er über meine Einmischung auch nicht wirklich begeistert. Daran konnte ich nun aber nichts mehr ändern, ich stand hier, einige Meter von ihm entfernt und vor mir lauter Dämonen, die mich ansahen. “Engelsblut”, gab einer dieser Dämonen plötzlich mit einer schaurigen Stimme von sich. Ich runzelte meine Stirn. Es verwunderte mich nicht, dass er erkannte was ich war. Dämonen konnten meine Aura spüren, so wie ich ihre. “Na los, kommt und holt mich!”, brüllte ich. Vielleicht war das die Möglichkeit, die Dämonen so lange abzulenken, bis die anderen beiden Schattenjäger auftauchen würden. Und hoffentlich war das sehr bald, so dass ich mich nicht offenbaren musste. Zumindest war genau das meine Hoffnung, denn meine Einmischung und die Ablenkung der Dämonen funktionierte genauso gut, wie ich es gehofft hatte … Vielleicht sogar zu gut. Einer der Dämonen fauchte und damit stürzte eine Lawine los. Der Dämon, der mir am nächsten war warf sich brüllend auf mich. Ich machte gerade noch einen Satz zur Seite und der Dämon schlitterte an mir vorbei. Der nächste versuchte es, doch auch diesem konnte ich ausweichen. Plötzlich stand ein weiterer vor mir und es war zu spät auszuweichen. Es waren einige Dämonen, die das Portal verlassen hatten. Und ich war bisher ohne eine Waffe. Das könnte ich jedoch sehr schnell ändern. Ich hob eine Hand, bereit, dem Dämonen vor mir einen Lichtball ins Gesicht zu schleudern. Noch bevor ich das Licht heraufbeschwören musste, tauchte eine Klinge aus purem Licht in der Brustgegend des Dämons auf und im nächsten Moment zersprang er in glühende Funken, die gleich darauf verweht wurden und verschwanden. “Spinnst du?”, erklang Chris Stimme aufgebracht. Der Schattenjäger stand mir nach dem Ableben des Dämons direkt gegenüber. Mein Herz machte einen Satz, als ich in seine leuchtend blauen Augen sah. “Du hast hier nichts zu suchen Mundi!”, zischte er und dieses Mal verzichtete ich nicht darauf, ihn verärgert anzusehen. “Ich denke, dass dir meine Hilfe tatsächlich geholfen hatte!”, zischte ich zurück. Ich blickte zur Seite und meine Augen weiteten sich. “Achtung!”, rief ich, woraufhin er nach hinten sah. Unser kurzes Gespräch hatte nun uns selbst abgelenkt und den Dämonen so die Möglichkeit gegeben, uns noch näher zu kommen. Mit einer schnellen Bewegung hieb Chris die Seraphklinge nach vorne und der nächste Dämon verschwand in einem Funkenregen. “Verschwinde! Ich sage es nicht noch einmal!”, knurrte Chris in meine Richtung, ehe er sich auf den nächsten Dämonen stürzte. “Ich glaube, du hast sie nicht mehr alle!”, zischte ich erneut und beleidigt drehte ich mich herum. Dann sollte er sich eben selbst mit seinen Problemen, Verzeihung, Dämonen, auseinandersetzen. Ich war ein paar Schritte gegangen, als erneut ein Schrei hinter mir erklang. Das Portal flackerte dunkelrot auf und im nächsten Moment erkannte ich, wie sich ein sehr großer Dämon aus dem Portal löste. Er sah in meine Richtung und setzte sich mit schnellen Schritten in Bewegung. Wie erstarrt blieb ich stehen. Was machte ein Dämon von dieser Größenordnung hier? Was war hier los? “Vorsicht!”, brüllte Chris und ich erkannte aus dem Augenwinkel, wie dieser ebenfalls auf mich zu hetzte. Hatte er einmal nachgedacht? Völlig ruhig beobachtete ich das Geschehen. Vor mir der Dämon, von der Seite der Schattenjäger. Wer würde wohl schneller sein? Der Schattenjäger war nur ein klein wenig schneller als der Dämon. Chris warf sich vor mich, der Dämon holte mit seiner Pranke aus und hieb ihn zur Seite. Der Schattenjäger flog durch die Luft und krachte gegen einen Container, an dessen Seite er herunter rutschte. Seine Seraphklinge löste sich aus seiner Hand, fiel zu Boden und bereits in dem Augenblick, in dem sich Chris´ Griff gelöst hatte, erlosch die Lichtklinge, die nur durch die Berührung mit dem Schattenjäger aktiviert gewesen war. Die Klinge! Reines Licht! Eine Waffe, durch die ich meine eigenen Mächte nicht beschwören musste. Das war die Lösung. Ich brauchte diese Waffe. Mein Blick richtete sich zu dem Dämon, der sich wieder mir zuwand. Ich drehte mich herum und rannte los. Ich hatte keine Zeit mehr zu verlieren. Aus den Augenwinkeln erkannte ich, wie Chris sich aufrappelte. Doch für ihn hatte ich keine Zeit. es kam auf jede Sekunde an. Ich streckte meine Hand nach der erloschenen Seraphklinge auf dem Boden aus. “Nicht!”, hörte ich Chris Stimme, “sie wird dich verletzen!” Mein Blick richtete sich auf ihn und ich erkannte das Entsetzen in seinem Blick. Genau in diesem Moment schloss sich meine Hand um die Klinge und ich spürte die Kraft, die durch mich in sie hinein floss. Die Seraphklinge strahlte auf und mit einer fließenden Bewegung drehte ich mich herum. Ich achtete auf nichts mehr um mich herum, als die Klinge durch den Dämon hindurch fuhr und erneut ein Funkenregen auf mich herab regnete. Ich blieb nicht stehen sondern bewegte mich weiter. Es war ein Tanz, Bewegungen, die dazu da waren, die Welt zu schützen. Um mich herum regneten die Funken. Erst nach einigen Minuten kam ich langsam wieder zu mir und wie durch eine Wolke hörte ich die Stimmen hinter mir, die Chris Namen riefen. Ich blinzelte und die Realität kam zurück. Zwar hatte ich viele Dämonen vernichtet, aber durch das Portal kamen mehr und mehr hervor. Sie waren gewarnt worden, deshalb war auch einer der höheren Dämonen aufgetaucht. Engelsblut. Er war meinetwegen hier gewesen. Mein Blick richtete sich auf die Schattenjäger. Lori und Dan waren bei Chris angekommen, der mich mit einem seltsamen Blick musterte. Ich streckte meine Hand in ihre Richtung aus. “Gebt mir eine weitere Klinge”, rief ich ihnen zu. “Wie bitte?” Mit großen Augen starrten mich Dan und Lori an. “Gebt ihr einfach eine Klinge”, gab Chris mit gepresster Stimme von sich und griff nach dem Griff, der noch an Dans Gürtel hing, um diesen zu lösen. Dan griff selbst danach und zog die Seraphklinge ab. “Sie ist benannt, sie kann sie nicht benutzen”, murmelte er, ohne seinen Blick von mir zu nehmen. “Das war meine auch!”, antwortete Chris scharf, riss an dem Griff und warf ihn mir in einem hohen Bogen zu. Ich streckte meine Hand aus und wie als ob ich den Griff angezogen hätte, landete er in dieser. Sofort flammte auch diese Seraphklinge in einem hellen Licht auf. “Kümmert euch um das Portal!”, rief ich hinter mich und drehte mich wieder herum. Ich selbst wollte meine volle Aufmerksamkeit nur den Dämonen zuteil lassen. In jeder meiner Hände hielt ich eine Seraphklinge und ich spürte, wie die Kraft des Lichtes durch mich floss, ich war das Licht und ich war hier, um die Dämonen zu vernichten, das war mein Selbst, das war ich. Ich konnte alles spüren, es wahrnehmen, jedes Geräusch wahrnehmen. Ich war mir allem und jedem bewusst, der hier auf dem Platz war. Dazu wurde ich geschaffen, das hier war meine eigentliche Aufgabe. Ich stieß mich ab und sprang in die Dämonenherde hinein. Jede meiner Bewegungen war fließend, die Seraphklingen waren Verlängerungen meiner Arme. Es war wie ein Tanz, ein Tanz, dessen Schrittfolgen ich verinnerlicht hatte, den ich ausüben konnte, ohne nur ein einziges Mal darüber nachdenken zu müssen. Das war ich. Kapitel 6: ✡ ✟ Kapitel 5 ✟ ✡ ---------------------------- Erst als kein weiterer Dämon mehr vor mir auftauchte, hielt ich in meinen Bewegungen inne. Mein Blick richtete sich zur Seite. Das Portal war erloschen und ich konnte sehen, wie die Schattenjäger den letzten beiden Dämonen den Garaus machten. Dann richteten sich ihre Blicke auf mich. Mir wurde unbehaglich zumute. Das hier hatte ich nicht wollen. Ich ging auf sie zu. Erst zögerlich, dann festen Schrittes. Mit kurzen Handbewegungen ließ ich die beiden Seraphklingen erlöschen und hielt die Griffe den Schattenjägern entgegen. “Diese gehören euch”, richtete ich an sie. Kaum dass Chris und Dan die Seraphklingen entgegen genommen hatten, drehte ich auf dem Absatz um und ging davon. Der Rest war Sache der Schattenjäger, damit hatte ich nichts mehr zu tun. Meine Aufgabe war eine Andere. “Bleib stehen!”, durchschnitt eine scharfe Stimme die Stille, die durch das Ableben der Dämonen entstanden war. Ich blieb stehen und schloss meine Augen, ehe ich mich seufzend herum drehte. Ich schien nicht so einfach davon zu kommen, wie ich einen Moment gehofft hatte. “Das hier ist nicht meine Angelegenheit!”, gab ich von mir und sah die Schattenjäger emotionslos an. “Es wurde in dem Moment deine Angelegenheit, in dem du dich eingemischt hast”, erwiderte Chris. Dan brachte gerade eine Heil-Iratze auf dessen Arm an, direkt unter einem breiten Schnitt, einem Kratzer, den einer der Dämonen ihm zugefügt hatte. “Du sahst in dem Moment nicht so aus, als ob du das alleine schaffen würdest und auch nicht so, als seien deine Freunde rechtzeitig bei dir. Also sei einfach dankbar für meine Hilfe”, erklärte ich mit einer wegwerfenden Handbewegung und drehte mich erneut um. “Du bleibst jetzt gefälligst hier und wirst uns das erklären!”, knurrte Chris wütend. Sein Tonfall brachte mich dazu, erneut stehen zu bleiben. Ich sah über meine Schulter zu ihm. “Ich bin euch keine Rechenschaft schuldig!” Unsere Blicke trafen aufeinander und man konnte die Spannung zwischen uns wohl regelrecht spüren, denn die Schattenjägerin trat zwischen uns. “Du hast ja grundsätzlich recht. Du hast uns, du hast ihm”, sie deutete auf ihren Bruder, “geholfen und dafür sind wir auch alle dankbar. Aber”, sie wurde ernst, “du würdest in unserer Situation auch nicht anders handeln.” Mein Augenbrauen hoben sich. “Eure Situation?” War es gerade nicht ich gewesen, die eine Horde Dämonen vernichtet hatte? “Weißt du, was wir sind?”, fragte sie. Mein Blick huschte über die Drei. “Man erkennt euch ganz eindeutig”, antwortete ich. “Schattenjäger erkennen untereinander”, gab Dan von sich und sah mich ebenso ernst an. Ich erstarrte. Ich war kein Schattenjäger. Und das würde man auch erkennen, wenn man meine Haut sehen würde. Zum Glück gingen die langen Ärmel meiner Lederjacke über meine Arme, sodass das Fehlen von Runen nicht sichtbar war. Die Schattenjäger vor mir gingen wohl davon aus, dass ich eine von ihnen wäre, eine Schattenjägerin. Und ich durfte ihnen keine Vermutung geben, dass ich etwas anderes war. “So wird es wohl sein”, erwiderte ich ausweichend. “Wer bist du?”, erklang Chris Stimme. Er war einen Schritt zur Seite getreten, sodass er mich an seiner Schwester vorbei wieder ansehen konnte. Seine blauen Augen leuchteten regelrecht. Ich schluckte. “Mein Name ist Elana”, antwortete ich, ohne meinen Blick von ihm zu nehmen. Er wartete. Als ich jedoch nichts weiter sagte, seufzte er leise. “Mein Name ist Christopher Whitelaw, das sind meine Schwester Loreen und mein Parabatai Daniel Gray”, stellte Chris sich selbst und seine Begleiter vor. Ich erwiderte darauf nichts sondern nickte ihnen nur zu. Es herrschte für einige Minuten Schweigen, ehe Lori das Wort erneut ergriff. “Wir sollten zurück ins Institut”, wand sie sich an ihre Mitstreiter. Diese stimmten ihr nickend zu, ehe sich ihre Blicke zurück auf mich richteten. “Du kommst ebenfalls mit ins Institut”, erklärte Chris mir. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihn an. Ins Schattenjägerinstitut? Ich? “Oder musst du irgendwo anders hin?”, fragte Lori. Mein Blick wand sich von ihrem Bruder zu ihr. Woanders hin? Ich hatte mir noch keine Gedanken darüber gemacht, wo ich die Nacht verbringen sollte. Kaum dass ich hier auf der Erde angelangt war, hatte ich sofort mit der Suche nach der Drachme begonnen. Andere Dinge waren mir noch gar nicht in den Sinn gekommen. Menschen mussten schlafen … das spürte ich. Aber dazu in das Institut gehen? Unter dem wachsamen Blick der Schattenjäger? Diese würden herausfinden können, was ich war. es könnte eine große Gefahr sein. Ich könnte auch immer noch an einem anderen Ort unterkommen, vielleicht in einer Kirche. Dort wäre ich meinem Vater am nächsten. Ein Problem wäre dies für mich nicht. Wenn ich jedoch in ein Schattenjägerinstitut gehen würde … Ein Gedankenblitz drängte sich mir auf. In der menschlichen Bibliothek hatte ich nichts über die Drachme gefunden. Vielleicht würde sich mehr darüber in einer Bibliothek der Schattenjäger finden lassen. Und diese befand sich im Institut. Ich könnte also mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Es gäbe ein gemütliches Bett, zumindest hoffte ich das, etwas warmes zu essen und ich konnte meine Forschungen hoffentlich vorantreiben. Und diese Gedanken waren es, die schlussendlich gewannen. “Gerne”, antwortete ich und hoffte, dass diese Entscheidung kein großer Fehler gewesen war. Kapitel 7: ✡ ✟ Kapitel 6 ✟ ✡ ---------------------------- Misstrauen beschrieb es wohl am besten, wie wir uns den ganzen Weg über immer wieder musterten, zumindest Chris und ich. Auch Dan misstraute mir, allerdings nicht so offensichtlich wie der schwarzhaarige Schattenjäger, der anscheinend der Anführer des Trios war. Die Einzige, die sich keine großen Gedanken darüber zu machen schien, war Loreen. Die junge Schattenjägerin lief neben mir, während die anderen Beiden uns mit ein wenig Abstand folgten. Lori erklärte mir auf dem Weg alles mögliche über das Schattenjägerinstitut von Houston. Es hörte sich an, wie alle anderen Institute auch… wobei ich zugeben musste, dass mich die Schattenjäger bisher nicht sonderlich interessiert hatten. Ich hatte im Himmel besseres zu tun gehabt, als mich mit den Spielsachen von Raziel abzugeben. Okay, das klang mehr als gemein… Raziel hatte die Schattenjäger geschaffen, als es die Dämonen geschafft hatten, Portale auf die Erde zu senden und dorthin einzudringen, um dort die Menschen zu bekämpfen und zu vernichten. Unser Herr hatte Raziel daraufhin die Erlaubnis gegeben, Nephilim zu schaffen. Diese taten seit vielen Jahrhunderten, was sonst die Aufgabe von Engeln wie mir gewesen wäre. Dämonen zu bekämpfen. Doch mich hatten die Nephilim nie interessiert. Und das war vermutlich ein großer Fehler gewesen, wenn ich bedachte, dass es ausgerechnet mich getroffen hatte, nun in einem menschlichen Körper auf der Erde zu wandeln. Auch wenn es nur der äußerliche Anschein eines menschlichen Körpers war. Ich war immer noch ein Engel mit all meinen Fähigkeiten . Ich versuchte weiterhin Loris Ausführungen zu lauschen. Vielleicht gab sie mir ja auch unwissentlich bereits einen Tipp, um meine Suche voranzubringen. Sie erzählte etwas über die Kirche, in dem das hiesige Institut untergebracht war, als ich Gesprächsfetzen hinter mir aufschnappte. Gesprächsfetzen eines Gespräches, das ein paar Meter hinter mir geführt wurde. Ich runzelte meine Stirn und lauschte diesem. “Wir wissen nicht, wer sie ist!”, erkannte ich Chris Stimme, der sehr leise sprach. “Sie muss auch eine Schattenjägerin sein, alles andere ergibt keinen Sinn”, erwiderte Dan ebenso leise. “Ich weiß ja was du meinst, weshalb du diese Vermutung hast. Genau diese habe ich auch… aber … irgendwas stimmt an ihr nicht. Wie konnte sie benannte Seraphklingen ohne deren Namen aktivieren? Sie ist auf die am Boden liegende Seraphklinge zu gerannt, hat sie ergriffen und die Klinge wurde aktiviert. Ich habe noch nie eine Seraphklinge gesehen, die so hell gestrahlt hat! Sie hat sich herum gedreht und den Oberdämon mit einem einzigen Strich erledigt.” Genervt entsprach wohl der Stimmung, die mich überkam, als ich dem Gespräch lauschte. Sie sollten einfach mit mir reden und nicht ohne mich. Also drehte ich mich mit einem ironischen Lächeln herum. “Schonmal etwas von Adrenalin gehört? Da gab es eine Mutter, die nur wegen Adrenalin ein Auto hochheben konnte. Vielleicht ging das mir ja auch so.” Chris und Dan blieben wie erstarrt stehen. Sie hatten wohl nicht erwartet, dass ich sie hören konnte. Sie waren zu weit von mir weg und dazu hatten sie vermutlich irgendwelche Runen aufgetragen, die eigentlich vermeiden sollten, dass jemand anderes sie belauschen konnte. Das war wohl Fehler Nummer… vier des heutigen Tages. Nummer eins, den Schattenjägern folgen. Nummer zwei, mich in den Kampf einmischen. Nummer drei, sie ins Institut zu begleiten. Vermutlich würde es keinen Sinn machen, eine Fehler-Liste anzulegen, denn meine Vermutung sagte mir, dass diese Liste noch anwachsen würde, bis ich wieder zurück in den Himmel konnte. Dan sah mich verwundert an. “Adrenalin?” Anstatt zu antworten, zuckte ich nur mit meinen Schultern. “Ach lasst sie, das kann ja schon sein”, unterbrach Lori weitere Fragen und dafür war ich ihr wirklich dankbar. Ich war mir mehr als sicher, dass ich mich in Schwierigkeiten bringen würde, wenn ich zu viel sagen würde. Ich musste es für mich behalten, wer ich war. Und die Gefahr mich durch irgendwelche Äußerungen zu verraten, war groß. Denn dieser Chris brachte mich dazu, ihm am liebsten alles mögliche gegen den Kopf zu knallen … und ihm am liebsten zu demonstrieren, dass ich mehr war als er … “Von wo kommst du Elana? Aus welchem Institut?”, richtete Lori in diesem Moment eine Frage an mich. Ich erstarrte einen Moment. Wo ich herkam? Darüber hatte ich mir keinen einzigen Moment Gedanken gemacht. Wo wurden Menschen geboren? In Orten? In welchen Orten? “Ähm … Heaven?”, brachte ich leise und perplex hervor ohne weiter darüber nachzudenken. “Haven? Oh, New Haven? In Connecticut?”, fragte Lori begeistert nach. Ich nickte schnell. “Genau.” Wo war verdammt nochmal Connecticut? Ich war mir nur in einer Sache sicher - dort gab es kein Institut, denn das würde ich wissen. “Ich wusste garnicht, dass es dort ein Institut gibt”, erklang hinter mir langgezogen bereits Chris Stimme. Ich unterdrückte es die Augen zu verdrehen. “Ich war auch nicht in einem Institut”, erwiderte ich in einem Tonfall, der ausdrücken sollte, dass es sie nichts anging. Als ich bemerkte, dass keiner der Schattenjäger weiter ging, drehte ich mich erstaunt zu ihnen um. Sie alle sahen mich mit großen Augen an. “Du kommst aus keinem Institut?”, fragte Lori ungläubig. “Wer hat dich dann ausgebildet?”, gab auch Dan ungläubig von sich. Chris sah mich nur verwundert an, ehe sich sein Blick änderte und er eher misstrauisch aussah. Mein Blick veränderte sich ebenfalls. “Ich werde nicht darüber reden!”, gab ich zu verstehen und drehte mich herum. Meine Haltung schien aussagekräftig genug gewesen zu sein, denn keiner fragte mehr irgendetwas. Stattdessen gingen sie weiter und führten mich zum Institut. Bis wir dort ankamen, sprach keiner von uns ein weiteres Wort mehr. Und das Misstrauen schien noch größer zu sein, als zuvor. Vor dem Institut blieben sie stehen. Eine alte Kirche. Sie war auch von Zauberglanz umgeben. Für Menschen würde sie alt und verfallen aussehen, für Schattenjäger jedoch nicht. Auch dieser Zauberglanz hatte keine Wirkung auf mich. Die Kirche war wunderschön und sie strotze nur so von Kraft. Kraft, die direkt auf mich auszustrahlen schien. Man spürte, dass hier Kräfte am Wirken waren, dass die Kirche in der Hand der Nephilim, Menschen mit Engelsblut, war. “Das hier ist das Institut”, durchbrach Lori die Stille, die die letzte halbe Stunde zwischen uns geherrscht hatte. “Ich sehe es”, antwortete ich ihr, ohne ihr einen Blick zu schenken. “Kommt mit”, Chris drängte sich an uns vorbei und trat durch das hohe Eisentor, das die hohe Mauer, die das Institut umgab, unterbrach. An der hohen, doppelten Eingangstüre der Kirche blieb er stehen. “Du darfst”, richtete er an mich und deutete auf die Türe. Verwundert sah ich ihn an, zuckte dann mit Schultern und drückte gegen die Türe, deren Flügel aufschwangen. Hinter mir hörte ich erstauntes Aufkeuchen und verwirrt drehte ich mich herum. Alle drei Schattenjäger sahen mich mit großen Augen an. Eine Erinnerung kam mir und ich konnte es gerade noch unterdrücken, selbst aufzukeuchen. Schattenjäger, die noch nie in dem Institut gewesen waren, konnten nur hinein, wenn sie einen Spruch zitierten. Nicht nur, dass ich den Spruch nicht kannte, ich hatte die Türe einfach so geöffnet Fehler Nummer fünf … Mein Blick wanderte zur Seite, von wo mich Chris eigenartig ansah. Er griff nach meinem Arm und zog mich an sich, ehe er nach hinten sah. “Geht rein”, richtete er an Lori und Dan. Seine Schwester schien sich zuerst weigern zu wollen, wurde dann jedoch von Dan mitgezogen. Ich sah den Beiden hinterher, bevor ich meinen Blick missmutig auf Chris richtete. Dieser hatte seinen Blick ebenfalls auf mich gerichtet. Er zog mich noch näher an sich, damit er mit seinem Mund an mein Ohr kam. Jetzt erst, in dieser Position, stellte ich fest, dass er mich fast um einen Kopf überragte. Mein Herz setzte einen Moment aus, ehe es schneller weiter schlug als zuvor. “Ich weiß nicht wer und was du bist, aber ich werde es herausfinden, verlass dich drauf!”, erklang seine Stimme leise. Ich runzelte meine Stirn und trat wütend einen Schritt zurück, wobei ich auch meinen Arm aus seinem Griff zog. “Ich weiß nicht was du hast”, bemühte ich mich um eine neutrale Stimme, “aber du bist wirklich paranoid!” Damit drehte ich mich herum, um in das Institut einzutreten und von ihm wegzukommen. Kapitel 8: ✡ ✟ Kapitel 7 ✟ ✡ ---------------------------- Unter Anstrengung unterdrückte ich ein Aufstöhnen. Warum waren Menschen, und allen voran die Schattenjäger, so misstrauisch? Seit wir das Schattenjägerinstitut betreten hatten, wurde ich mit neugierigen und eben misstrauischen Blicken gemustert. Gleich nach unserem Eintreten hatte ein älterer Schattenjäger vor uns gestanden und Chris, Dan und Lori mit sich beordert. Erleichtert hatte ich gedacht, dass ich mich vielleicht etwas umsehen könnte, doch sofort war ich von Chris am Arm gepackt und mitgezogen worden. Er hatte erklärt, dass er mich lieber im Auge behalten wollte. Sofort hatte ich ihn mit einem missmutigen Blick bedacht. Er misstraute mir … In Ordnung, ich ihm auch. Chris Misstrauen mir gegenüber, hatte wohl dafür gesorgt, dass ich von allen Schattenjägern die uns im Institut begegneten, misstrauisch angesehen wurde. Dieses generelle Misstrauen würde es mir vermutlich um einiges schwieriger machen. Ich hatte mir einen Plan zurechtgelegt, als wir auf dem Weg hierher kein Wort mehr miteinander geredet hatten. Ich wollte die Bibliothek des Institutes aufsuchen, versuchen etwas über die Drachme herauszufinden und anschließend wieder verschwinden. Ich musste mit den Schattenjägern nichts zu tun haben und sie nichts mit mir. Dass sowohl sie als auch wir Engel die Dämonen als Feinde hatten, machte uns nicht zu Verbündeten und erst recht nicht zu Freunden. “Ich bin dafür, dass wir sie nicht einen Moment aus den Augen lassen!”, gab Chris in dem Moment von sich. Ich wurde aus meinen Erinnerungen gerissen und sah ungläubig über den runden Tisch, an dem wir mit drei weiteren Schattenjägern saßen. Darunter Elizabeth und Maurice Gray, Dans Eltern und die Leiter des hiesigen Institutes. Zusätzlich der Ausbilder der Schattenjäger, Nathanael, dessen Nachname ich nicht mitbekommen hatte. Maurice war der Schattenjäger gewesen, der uns bereits zu Beginn abgefangen hatte. Nun saßen wir gemeinsam in einem Zimmer, das wohl das Büro des Institutsleiters war, an einem großen Tisch. Die Schattenjäger hatten wissen wollen, was heute Abend passiert war. Und irgendwann war dann eben die Sprache auf mich gekommen. Und das war nun eben Chris letzte Aussage gewesen … dafür, dass er nicht wirklich viel hatte erzählen können und ich auf keine ihrer Fragen eingegangen war. “Wie bitte?”, gab ich von mir und starrte Chris an. Dieser sah zu mir zurück und erwiderte meinen Blick. “Was erwartest du denn?” “Vielleicht, dass du einfach nur dankbar bist, dass ich deinen Arsch gerettet habe?”, brachte ich fassungslos hervor. Das war jetzt nicht wirklich nicht sein ernst! “Ja, danke. Dafür, dass du uns in Gefahr gebracht hast”, antwortete er sarkastisch. “Ich habe euch in Gefahr gebracht? Du warst gerade dabei, von einem Dämonen in Stücke gerissen zu werden und deine Verstärkung war nicht einmal in Sichtweise!”, brüllte ich ihn an. Noch während meinen Worten war ich aufgesprungen und hatte in Loris und Dans Richtung gezeigt. Ich war sauer, so richtig stinksauer. Chris sah mich aus zusammengekniffenen Augen an. An seinem Kieferknochen konnte man erkennen, wie er wütend mit den Zähnen knirschte. “Du verlangst von uns, dass wir dir einfach vertrauen, dabei wissen wir nichts von dir, nichts außer deinem Vornamen! Du hast keine einzige unserer Fragen beantwortet! Wir Schattenjäger hatten die letzten Jahrzehnte oft genug Probleme mit abtrünnigen Schattenjägern. Wie kommst du also darauf, dass wir dir so ohne weiteres vertrauen?” Chris brachte es wohl unter größter Willenskraft zustande, nicht zu knurren oder zu schreien. “Ich denke, dass ihr nicht streiten solltet. Schreien und Schimpfwörter helfen hier nicht weiter”, gab Elizabeth ruhig von sich und sah zwischen uns hin und her. Ich ließ mich unter ihrem Blick wieder auf meinen Stuhl sinken, jedoch konnte ich es nicht unterlassen, wütende Blicke auf Chris ab zu feuern. Zu meiner Verteidigung - er tat auch nichts anderes.. “Er hat nicht ganz unrecht”, richtete die Institusleiterin anschließend an mich, “wir wissen nichts von dir, außer dass du ihnen zur Hilfe geeilt bist. Auch wenn wir dir für deine Hilfe dankbar sind, so wäre es gut, wenn du uns mehr erzählst, als uns nur deinen Vornamen zu nennen.” Ich erwiderte ihren Blick mit einem durchdringenden. “Es gibt Dinge, über die ich wirklich nicht reden will. Dazu gehört meine Vergangenheit. Das müssen sie akzeptieren. Wenn sie das nicht tun, sie alle”, mein Blick wanderte zu Chris, “dann wird das zu Komplikationen führen. Und ansonsten”, ich griff in meine Tasche, nahm einen Gegenstand und ließ ihn über den Tisch auf Elizabeth zu schlittern. Vielleicht hätte ich mir über meine Handlung zuvor Gedanken machen sollen. Auf die anwesenden Schattenjäger schien genau das einen Angriff darzustellen. Alle sprangen auf, Namen wurden gerufen, Waffen gezückt und auf mich gerichtet. Ich erkannte zwei Seraphklingen, ein Schwert, zwei Messer und wo hatte Maurice auf die Schnelle den Bogen und den Pfeil aufgetrieben? Ich sah mich überrascht um und ehe ich mich zurückhalten konnte, brach ich in Gelächter aus. Ich war ein Engel, ich hätte sie alle vermutlich pulverisieren können. Und sie richteten Waffen auf mich? Gerade in dem Moment, als ich ihnen zumindest ein paar Fragen beantworten wollte? “Ihr könnt die Waffen herunter nehmen, das hier”, richtete Elizabeth an die Schattenjäger und griff nach dem Gegenstand vor ihr auf dem Tisch, “ist ein Geldbeutel.” Alle sahen sie verwundert an, ließen aber ihre Waffen sinken und setzten sich wieder. Als ich meinen Blick von Elizabeth abwand, erkannte ich, dass Chris Blick ungläubig auf mich gerichtet war. Er ließ seine Seraphklinge als Letzter erlöschen und legte sie auf den Tisch. “Genau. Ein Geldbeutel. Mit Führerschein und Kreditkarte, einen Pass. Ihr findet meine ganzen persönlichen Angaben darauf.” Ich verschränkte meine Arme vor meinem Oberkörper ohne meinen Blick von Chris zu nehmen. Wie würde er darauf reagieren? “Elana Luxor, 18 Jahre alt, wohnhaft in New Haven.” Elizabeth sah auf. “Und was machst du hier Elana?”, richtete sie direkt an mich. Mein Blick verdüsterte sich. “Ich will gerade nicht darüber reden. Aber seid gewiss, dass ich euch nichts böses will. Ich muss nicht hier bleiben, ich kann nach einer anderen Unterkunft für mich suchen. Ich bin nur hier, weil diese drei”, ich deutete auf Chris, Dan und Lori, “mich hierher bringen wollten.” Ich blickte Elizabeth abwartend ab. Elizabeth schüttelte ihren Kopf und steckte den Führerschein wieder in den Geldbeutel. “Nein, wir haben genug Zimmer im Institut und alle Schattenjäger sind willkommen. Du kannst hier bleiben.” Sie legte den Geldbeutel auf den Tisch und schob ihn in meine Richtung. Trotz ihrer Aussage, spiegelten sich noch einige Fragen in ihren Augen, die sie nicht stellte. “Du scheinst mehr zu wissen, als du zuzugeben bereit bist.” Wir maßen uns mit unseren Blicken, ehe sie mit ihren Schultern zuckte. “Ich werde dich jedoch nicht zwingen, Dinge zu sagen, die du momentan noch nicht sagen willst. Vielleicht sind wir irgendwann deines Vertrauens würdig. Bis dahin musst du eben damit leben, dass die hier lebenden Schattenjäger dir gegenüber misstrauisch reagieren werden.” Ich nickte ihr zu. “Das kann ich.” “Gut.” Elizabeth wechselte einen kurzen Blick mit ihrem Mann, ehe sie sich an die Jüngeren wand. “Bringt sie zu einem Zimmer, in dem sie schlafen kann.” “Ich kümmere mich …”, begann Lori, wurde jedoch von ihrem Bruder unterbrochen. “Das werde ich übernehmen.” Lori und Dan sahen Chris verwundert an, während ich nur meine Augenbrauen hob. “Komm mit”, richtete er an mich, drehte sich herum und verließ das Zimmer, seine Seraphinklinge ließ er liegen. Ich verdrehte meine Augen, griff nach meinem Geldbeutel und folgte ihm, nachdem ich der Leiterin noch einmal zugenickt hatte. Kapitel 9: ✡ ✟ Kapitel 8 ✟ ✡ ---------------------------- Chris hatte sich draußen im Flur an der Wand angelehnt und als ich nun das Zimmer verließ, musterte er mich nachdenklich. Dann stieß er sich von der Wand ab und lief ohne ein weiteres Wort los. Ich unterdrückte ein weiteres Aufstöhnen. Das konnten wir beide wohl, uns anschweigen… oder streiten. Ich bevorzugte ersteres. Der Schattenjäger lief ein paar Treppen hoch und runter, durch verschiedene Gänge und blieb in einem dunklen Flur stehen. Er griff nach einer Türklinke und schob die Türe auf. Ich wusste nicht, was genau ich erwartet hatte, aber sicherlich nicht dieses große Zimmer. Ich blieb im Türrahmen stehen, ehe ich zu dem großen Fenster ging, das fast die komplette gegenüberliegende Seite einnahm. Ich stützte mich auf der breiten Fensterbank ab, auf die man sich auch gut setzen könnte. Ein paar Kissen, eine Decke und vielleicht etwas zu lesen. Es war wundervoll. Mein Blick wanderte aus dem Fenster. Von hier aus hatte man einen perfekten Blick über einen großen Park auf die Skyline von Houston. Es war wirklich schön. Mein Blick verdüsterte sich. Ich sollte mich nicht zu sehr hier einrichten. Ich würde nicht lange bleiben. Ich stieß mich wieder von der Fensterbank ab und drehte mich herum. Chris stand an den Türrahmen gelehnt da und sah mich nachdenklich an. Ich erwiderte seinen Blick, ehe ich mir einen Ruck gab und auf ihn zuging. Dabei zog ich meinen Geldbeutel aus meiner Jackentasche und drückte sie ihm in die Hand. “Vorsicht, Bombe”, gab ich ironisch von mir und drehte mich wieder herum. Ich spürte seine Überraschung. “Du musst mir nicht vertrauen”, richtete ich an ihn, “das tue ich euch schließlich auch nicht!” Ich sah über meine Schulter zu ihm. “Aber du hast am besten gesehen, zu was ich fähig bin, also solltest du dir gut überlegen, ob du mich zu deinem Feind machst.” Erstaunt sah er mich an, ehe er sich räusperte. “Ich will dich nicht zu meinem Feind machen. Ich weiß jedoch nicht, was du bist. Vielleicht bist du doch mein Feind. Falls das so ist, sollte ich auf der Hut sein. Und das werde ich solange sein, bis ich mir darüber klar bin, ob ich dir vertrauen kann oder nicht. Und solange werde ich dich auch nicht aus den Augen lassen!” Mein Mundwinkel zuckte und ich versuchte mühsam, ein Grinsen zu unterdrücken. Wenn ich wollte, dann würde mich niemand mehr sehen. Ich sah wieder nach vorne und hob meine Hand vor meinen Oberkörper. Mit einem leichten Verschieben der Lichtpartikel ließ ich sie unsichtbar werden, sodass auch ich sie nicht mehr sehen konnte. Ich machte den Zauberglanz wieder rückgängig und drehte mich komplett zu dem Schattenjäger um. “Das werden wir ja sehen”, richtete ich an ihn. Keine Spur des Grinsens war mehr auf meinem Gesicht zu sehen. Er erwiderte meinen Blick und ehe ich mich versehen konnte, war er auf mich zugetreten. Direkt vor mir blieb er stehen. Er griff nach meinem Kinn und drückte es leicht nach oben. Sein Blick war auf meinen gerichtet und wieder gab es diese Spannung zwischen uns. “Ich weiß es wirklich nicht”, murmelte er leise, mehr an sich selbst, als an mich gerichtet, “ich weiß nicht, was das mit dir ist. Aber ich werde es herausfinden.” Noch ehe einer von uns etwas weiteres sagen konnte, erklangen Schritte im Flur, die man durch die offene Zimmertüre hören konnte. “Das willst du wirklich Chris?”, erklang Dans Stimme. Chris löste sich von mir, ehe er einen Schritt nach hinten trat. Er sah über seine Schulter und drehte sich dann leicht. “Nur wenn es für dich in Ordnung ist.” Dan nickte. “Ich vertraue deinen Entscheidungen Parabatai.” Sie sahen sich ernst an. Ich hob meine Augenbrauen und trat einen weiteren Schritt zurück, weiter weg von dem Schattenjäger vor mir. Chris hielt immer noch meinen Geldbeutel in der Hand. Ich griff danach, um ihn wieder an mich zu nehmen. Noch ehe ich soweit kam, zog er seine Hand weg. “Ich werde mir das hier noch genauer ansehen.” Meine Augen verengten sich zu Schlitzen. “Gewöhne dich daran”, richtete er hinzufügend an mich. Ich stöhnte laut auf, ehe ich mich herum drehte. “Mach doch was du willst!”, knurrte ich und sah zu Lori. Sie schien für mich am vernünftigsten. Dan auch, doch er war Chris Parabatai und damit würde er immer hinter ihm stehen. “Wo gibt es hier ein Bad? Irgendetwas, wo ich mich erfrischen kann?” Die Schattenjägerin begann breit zu lächeln. “Da habe ich genau das Richtige für dich.” Anschließend drehte sie sich herum und sah ihren Bruder und dessen Parabatai an. “Ihr könnt verschwinden.” “Aber …” “Christopher, verschwinde einfach. Das hier ist jetzt nichts für dich”, richtete Lori mit in die Hüften gestemmten Hände an ihn. “Komm mit, Lori kümmert sich um Elana.” Dan griff nach dem Arm des Angesprochen und zog ihn mit sich. Chris sah aus, als würde er sich dagegen sträuben wollen, ließ sich dann aber mitziehen, nicht ohne mich wieder so seltsam anzusehen. Kaum hatten sie den Raum verlassen, schloss Lori die Türe und ich stöhnte erneut auf, ehe ich mir eine Hand aufs Gesicht legte. Was hatte ich mir dabei eigentlich gedacht? Die Antwort war ganz klar: Nichts. Ich hatte nicht wirklich darüber nachgedacht. “Alles in Ordnung Elana?”, fragte Lori und ich ließ meine Hand wieder sinken. “Mach dir über meinen Bruder keinen Kopf. Er ist viel zu misstrauisch und zu nachdenklich. Der große Schattenjägerkrieg vor ein paar Jahren hat ihn so werden lassen. Unsere Eltern sind dabei … nun ja.” “Ich verstehe”, ging ich dazwischen, ehe sie es aussprechen musste. Ich lächelte sie mitfühlend an. Der große Krieg. Damals durften wir uns eigentlich schon nicht einmischen … Raziel hatte es aber schlussendlich getan. Ich hatte mich rausgehalten. Es war nicht meine Sache. “Es tut mir sehr leid”, richtete ich noch an Lori, deren Emotionen geradezu überschwappten. Man konnte es nicht wirklich sehen, aber spüren. Eine Sache, die auch mich traurig stimmte. Und dazu hatte ich keinen Kopf. “Also etwas zu erfrischen?”, fragte ich nochmals. “Natürlich”, antwortete sie sofort. “Hier ist dein eigenes Bad”, sie ging zu einer Türe, die ich bisher nicht wahrgenommen hatte. “Und dann gibt es hier im Institut noch eine Besonderheit. Wenn du soweit bist, dann zeige ich sie dir.” Kapitel 10: ✡ ✟ Kapitel 9 ✟ ✡ ----------------------------- Lori hatte nicht zuviel versprochen. Das hier war ein Traum. Das Institut in Texas beinhaltete in den unteren Räumen eine Art Schwimmbad. In den Steinboden war ein Loch geschlagen worden, das mit Wasser gefüllt war. Verschiedene Lampen am Rand des Beckens ließen dieses in verschiedenen Farben leuchten. Diese Lichter waren die einzigen Lichtquellen in diesem Raum. An der Decke konnte man die Wasserbewegungen erkennen, was dem Raum ein gemütliches und entspannendes Gefühl gaben. Das große Becken war allerdings nicht das einzige in diesem Raum. Ein paar Schritte weiter, gab es ein kleineres Becken, dessen Wasser dampfte. Eine Art heißer Quelle. Und auf dieses freute ich mich gerade wirklich. Ich legte den Bademantel zur Seite, den Lori mir in die Hand gedrückt hatte, zusammen mit einem Bikini und dem Spruch, dass dieser hoffentlich passen würde. Ich sah an mir herunter und rückte ihn erneut zurecht. Das Unterteil passte einwandfrei, das Oberteil war eher etwas … knapp … Was aber nicht so schlimm war, da ich ja alleine hier war. Ich ließ mich in das kleinere Becken sinken und seufzte genüsslich auf. Das heiße Wasser ließ mich entspannen und ich bemerkte erst jetzt, wie angespannt ich gewesen war. Einen menschlichen Körper war ich nicht gewohnt. Ich kannte dieses Gefühl nicht, dass mein Körper mir anzeigte, dass es ihm zu viel gewesen war. Der Kampf mit den Dämonen … er war nicht sonderlich schwer gewesen, aber dieser Körper war anscheinend anfälliger, als mein Engelskörper. Ich musste wirklich lernen, richtig mit ihm umzugehen. Auch wenn ich wirklich hoffte, dass ich nicht allzu lange hier auf der Erde war. Dazu musste ich die Drachme so schnell wie möglich finden. Und zumindest war ich nun bei den Schattenjägern. Hier würde ich hoffentlich meine ersten Informationen zu der Drachme finden, vielleicht sogar den Hinweis, wo die Drachme war. Nicht nur vielleicht. Ich wünschte es mir, dass ich die Drachme bald in meinen Händen halten konnte und wieder nach Hause durfte. Denn das wollte ich. Ich entschied, dass ich mir für den Moment genug Gedanken gemacht hatte. Ich sollte den Moment genießen, entspannen. Ich tauchte mich einen Moment komplett unter … Aus dem Moment wurde ein längerer, bis ich wieder auftauchte. Ich lehnte mich nach hinten, rutschte mit meinem Körper soweit vor, wie ich konnte, und legte meinen Kopf gegen die Umrandung. Ich schloss die Augen und versank in ein Gebet, ein Gespräch mit meinem Herrn. Als die Türe aufgerissen wurde und laute Stimmen erklangen, zuckte ich zusammen. “Du kannst da nicht rein!”, erklang Loris Stimme laut. “Und ich habe gesagt, dass sie nicht einen Moment unbeaufsichtigt sein soll!” “Sie hätte hier nicht einfach entkommen können! Ich saß direkt vor der Türe!” “Das reicht nicht aus!” Durch die lauten Stimmen aus meinen Gedanken gerissen, drehte ich mich herum und erkannte zwei Gestalten, die an der nun offenen Türe standen, durch die helleres Licht in den Raum hinein fiel. “Ich kümmere mich darum Lori. Du kannst gehen!” “Ich verschwinde hier nicht einfach, nur weil du es mir befiehlst. Du bist mein Bruder, nicht mein Vater!” Es herrschte einen Moment Stille und ich spitzte neugierig meine Ohren. “Du sollst zu Dan kommen, er wollte irgendetwas von dir. Und Lori?” “Ja?”, antwortete diese kleinlaut. “Sag das nie wieder.” Die Geschwister sahen sich an, ehe Chris hereinkam und die Türe hinter sich schloss. Mit einer Stele schrieb er eine Iratze an die Türe. Ich seufzte auf. Gut, ich würde ihm das Gefühl geben, als ob mich diese Rune ebenfalls aufhalten würde. Er wusste ja nicht, dass ich trotz seiner Mittel die Türe einfach aufziehen könnte … “Was machst du hier?” fragte ich und drehte meinen Kopf zurück, wobei ich meine Augen wieder schloss. Er würde mir meine gerade einigermaßen gute Laune nicht versauen, das würde ich nicht zulassen. Das waren die ersten Minuten in meinem Menschenkörper gewesen, in denen ich mich hatte entspannen können. Ich hatte Chris Schritte gehört, die auf mich zugekommen waren. Bei meiner Frage verstummten sie. “Ich … ich sollte dich nicht alleine lassen.” “Oh, hast du etwa Angst, dass mir etwas passiert?”, fragte ich ironisch, drehte mich komplett herum und legte meine Unterarme auf die Umrandung, um ihn darüber hinweg ansehen zu können. Er verzog sein Gesicht. “Eher im Gegenteil. Ich frage mich, was den Anderen passieren könnte.” Ich hob meine Augenbrauen doch noch bevor ich etwas erwidern konnte, weiteten sich seine Augen. “Deine Arme …” Verwundert sah ich ihn an, ehe ich meinen Blick auf meine Arme richtete. Erst da wurde ich mir bewusst, was er gemeint hatte. Meine Arme, meine Haut war makellos. Es gab keine Runen, keine Narben, keine Brandmale. Woher also sollte ich die Schattenjäger-Fähigkeiten haben, wenn nicht von ihnen? Schnell ließ ich meine Arme unter das Wasser sinken und drehte mich wieder herum, froh darüber, dass meine langen und nassen Haare meinen Nacken und meinen Rücken verdeckte. “Zeig mir nochmal deine Arme!”, verlangte er. “Sicherlich nicht. Wenn du etwas sehen willst”, ich drehte meinen Kopf herum und lächelte ihn verführerisch an. Mir vollkommen bewusst, dass er das nicht machen würde, “dann komm zu mir ins Becken.” Kapitel 11: ✡ ✟ Kapitel 10 ✟ ✡ ------------------------------ “In Ordnung.” Bei dieser Antwort erstarrte ich. Das war nicht sein ernst! Entsetzt drehte ich meinen Kopf erneut zu ihm. Mit geweiteten Augen nahm ich war, wie er sich seiner Kleidung entledigte. Mit dumpfen Poltern landete erst der eine Stiefel, dann der andere auf dem Boden. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm wenden. Er war muskulös, hatte breite Schultern, einen Sixpack. Und seine Haut war überzogen mit Runen und Runenmalen. Ich spürte, wie mein Gesicht warm wurde, ich konnte nicht erklären, warum. Als er nur noch eine schwarze, enge Boxershort anhatte, kam er auf mich zu. Ich drehte mich zur Seite und ließ mich tiefer ins Wasser sinken, sodass nur noch mein Kopf aus dem Wasser ragte. Chris ließ sich neben mir ins Wasser sinken. Unbewusst rutschte ich ein Stück zur Seite, einfach nur um ihm zu entkommen. Kaum dass Chris komplett im Becken war, griff er unter Wasser nach meinem Arm und zog daran. Ich versuchte mich aus seinem Griff zu lösen und mich von ihm zu schieben. Er ließ das aber nicht zu und zog mich näher an sich. Die Lichter im Wasser begannen zu flackern, als ich mich wehrte. Meine Kraft sorgte dafür. Chris hielt erstaunt inne. Sein Blick wanderte über die Lichter im Wasser, ehe er mich erstaunt ansah. Ich versuchte mich zu beruhigen, worauf hin auch das Flackern aufhörte. “Lass mich in Ruhe”, zischte ich ihn an. Der junge Schattenjäger knurrte mich an und zog an meinem Arm, bis dieser aus dem Wasser ragte. Sein Blick wanderte über die makellose Haut und im nächsten Moment fuhr er mit seinen Fingern darüber. Eine Gänsehaut machte sich auf meiner Haut breit und ich erschauderte leicht. Solche Gefühle kannte ich nicht. Ich atmete scharf ein und bekam gar nicht mit, dass er meinen rechten Arm ebenfalls aus dem Wasser hob. Seine Hand glitt auch über die Haut an diesem Arm und blieb an meinem Handgelenk stehen. Sein Daumen streichelte über die Zeichnung einer Sonne auf der Innenseite meines Handgelenkes. Das erste Zeichen, das er auf meiner Haut fand … trotzdem war es keine Rune und ich war mir sicher, dass ihm das auch bewusst war. Seine Hände glitten meine Arme hoch über meine Schulter und an meinen Seiten hinunter. Ich konnte mich nicht mehr wehren. Ich sah ihn mit großen Augen an, während mein Herz wie verrückt schlug. Mein Blick war auf seine Augen gerichtet, die über meinen Körper huschten. Als seine Hände um meine Taille griffen, entfuhr mir ein leiser Aufschrei. Er hob mich ein Stück hoch und setzte mich auf einer erhöhten Stelle im Becken ab. Ich war wie erstarrt und bewegte mich nicht, während ich ihn mit weit aufgerissenen Augen ansah. Sein Blick huschte über meinen Oberkörper. Einmal blieb sein Blick hängen und ich war mir sicher, dass sich seine Wangen leicht röteten. Das konnte aber auch eine Täuschung gewesen sein oder von der Wärme des Wassers stammen. Er griff wieder nach meinem Arm und wollte mich herum drehen, vermutlich, um meinen Rücken ebenfalls begutachten zu können. Und das wollte ich nicht! In mich kam wieder Leben und ich wehrte mich erneut in seinen Armen. Er ließ es jedoch nicht zu und zog mich einfach eng an sich. Einen Arm schlang er um mich und presste mich so an seinen Oberkörper. Als meine Haut seine berührte, erstarrte ich. Und das war der Moment, den Chris nutzte, um die Haare auf meinem Rücken zur Seite zu streichen und über meine Schulter hinunter auf meinen Rücken zu sehen. Ich nahm ein erstauntes Aufatmen an meinem Ohr wahr. “Was ist das?”, fragte er und folgte mit seinen Fingern den Linien auf meinem Rücken. Ich antwortete ihm nicht. Als er dieses Mal nach meinem Arm griff und mich herum drehte, wehrte ich mich nicht mehr. Er hatte sowieso schon einen Blick auf das werfen können, was ich vor ihm hatte verbergen wollen. Kaum dass ich mit dem Rücken vor ihm stand. griff er mit beiden Händen nach meinen Haaren und schob sie über meine Schulter nach vorne, wo er die eine Hand liegen ließ. Mit der anderen zeichnete er erneut die Linien nach. “Flügel”, hauchte er fast tonlos. Er setzte an meiner Schulter an und zog die Linie bis zu dem Rand des Bikiniunterteils nach. Sein Griff an meiner Schulter festigte sich durch die Haare hindurch und er fuhr auf der anderen Rückenseite den dortigen Flügel von unten nach oben nach. Als er oben angekommen war, stockte er und griff dann nach meinem Nacken, auf dem ein Kreuz angebracht war, in dessen Mitte in einem etwas kleineren Format die Sonne zu erkennen war, die auf der Innenseite meines rechten Handgelenkes zu finden war. “Das sind keine Runen”, stellte er mit fester Stimme fest und ließ erneut die Finger über meinen Rücken streicheln. Wieder verursachte seine Berührung eine Gänsehaut. “Wer bist du?”, hauchte er plötzlich an meinem Ohr. Ich erstarrte. “Das habe ich euch gesagt”, erwiderte ich mit leicht zitternder Stimme und befreite mich aus seinem Griff. Nun wo er gesehen hatte, was er hatte sehen wollen, ließ er es geschehen. “Ich frage anders. Was bist du?” Ich drehte mich zu ihm herum und sah ihn an. Es musste eine Lösung geben, eine, die plausibel war. Wie nannten die Menschen, die Mundis, das nochmal? “Tattoos …”, gab ich von mir. “Was?”, Chris sah mich verwirrt an. “Hast du schon einmal etwas von Tattoos gehört?”, fragte ich ironisch, “so nennt man diese Dinge nämlich!” Er sah mich an und runzelte seine Stirn. “Tattoos …” Ich zuckte mit meinen Schultern und drehte mich herum um das Becken zu verlassen. “Ach, ist doch egal. Du glaubst mir sowieso kein einziges Wort. Also denke was du willst Christopher.” Missmutig sah ich ihn an, ehe ich mich zu dem Bademantel bückte und diesen überwarf. “Ich will in mein Zimmer.” Er sah mich immer noch nachdenklich an, ehe er das Becken ebenfalls verließ und nach seinen Sachen griff. Etwas schadenfroh sah ich ihm zu, wie er in seine Kleidung schlüpfte und diese durchnässte. Das hatte er mit dieser Aktion verdient. Und eigentlich noch viel mehr. Kapitel 12: ✡ ✟ Kapitel 11 ✟ ✡ ------------------------------ Mit verschränkten Armen lief ich vor Chris in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Mein Herz raste immer noch wie verrückt … aus verschiedenen Gründen. Und alle davon hatte er verursacht. Mein Blick richtete sich über meine Schulter nach hinten zu Chris. Dieser hatte seinen Blick auf mich gerichtet und erstarrte einen Moment, als unsere Blicke sich trafen. Sofort sah ich wieder nach vorne und blieb stehen. “Ich weiß nicht weiter”, erklärte ich mit kratziger Stimme. Ich hatte mir den Weg, den Lori gegangen war nicht gemerkt. Und wenn nun Chris vor mir laufen würde, dann müsste ich nicht die ganze Zeit seine Blicke auf meinem Rücken spüren. “Komm mit”, murmelte er und ging an mir vorbei. Ein Stück weiter blieb er stehen und sah mich an, wie als ob er sich sicher gehen wollte, dass ich ihm auch folgte. Seinem Blick ausweichend ging ich los und gleich darauf setzte er sich wieder in Bewegung. Es dauerte nicht sehr lange, bis wir wieder vor der Türe angekommen waren, hinter der sich das Zimmer befand, in dem ich nächtigen sollte. “Gute Nacht”, gab ich von mir und griff nach der Türklinke, die ich herunterdrückte. Aus den Augenwinkeln erkannte ich, wie er sich anspannte, entschied mich aber dafür, es zu ignorieren. Ich wollte nun einfach nur meine Ruhe haben, meine Ruhe vor ihm. Ich musste nachdenken, herausfinden, wie ich weitermachen sollte. Eigentlich war mein Plan klar gewesen. Danach sehen, dass ich in die Bibliothek der Schattenjäger kam, herausfinden was ich herausfinden konnte und wieder verschwinden. Die Drachme zu finden und zurück zu bringen war meine Aufgabe … und ich wollte es schaffen. Ich konnte es schaffen. Alleine, ohne Hilfe von anderen. Und sicherlich ohne Hilfe dieser misstrauischen Schattenjägern. Und vor allem ohne Hilfe dieses nervenden, idiotischen, dummen … Ich wurde in meinen Gedankengängen unterbrochen, als sich eine Hand um meinen Oberarm schloss und ich in das Zimmer geschoben wurde. “Was …?”, brachte ich hervor, wurde jedoch auch in diesem Satz unterbrochen. Kaum waren wir in dem Zimmer, wurde die Türe auch wieder geschlossen und die Deckenlampe erhellte das Zimmer. “Zieh dich aus!” Ich schnellte herum. “Was?” Chris verschränkte seine Arme vor seinem Oberkörper und sah mich unnachgiebig an. “Zieh dich aus.” Ich schüttelte ungläubig meinen Kopf. “Du hast sie ja nicht mehr alle!”, zischte ich ihn an. Noch ehe ich reagieren konnte, kam er zu mir und griff nach dem Bademantel. “Ich will dich nochmal im normalen Licht ansehen! Unten bei den Becken war das Licht nicht das Beste. Also mach schon.” Er zog an dem Stoff und schaffte es tatsächlich, den Bademantel über meiner Brust aufzuziehen. In dem Moment konnte ich endlich wieder reagieren. Ich stieß ihn mit beiden Händen fest gegen die Brust und beförderte ihn so von mir weg. “Verschwinde! Sofort!”, brüllte ich ihn an. Er blinzelte verblüfft, ehe er die Überraschung über meine Reaktion verdaut hatte und trat wieder auf mich zu. Eine Hand streckte er nach mir aus während er mich wütend ansah. Ich schlug die Hand zur Seite. “Hast du mich nicht verstanden? Verschwinde einfach!”, gab ich knurrend von mir und schlug nach der nächsten Hand. Er machte einen schnellen Satz auf mich zu, den ich nicht erwartet hatte. Mit beiden Händen griff er nach meinen Oberarmen, schob mich nach hinten und drückte mich gegen die Wand. Vermutlich hätte ich mich wehren können, ich sollte stark genug sein, um mich gegen ihn verteidigen zu können … aber ich war wie erstarrt. Er war zu nahe … und ich kannte es nicht, dieses Herzklopfen. Dieses Gefühl … “Zieh dich einfach aus. Ich werde dir nichts tun!”, versprach er mit leiser Stimme in der Nähe meines Ohres. Alles in mir schrie und ich hob meine Hände um ihn nochmal einen Stoß zu versetzen. Doch soweit kam es nicht. Ein Klopfen an der Türe ließ Chris und mich erstarren. “Elana? Ich bin es, Loreen. Bist du schon da? Ich komme rein, ja?” Und schon öffnete sich die Türe. Chris machte einen Satz nach hinten und löste sich von mir. Erleichtert bemerkte ich, dass ich wieder ausatmen konnte. “Elana, ich wollte dich …”, Lori blieb stehen, als sie ihren Bruder erkannte. Ihre Stirn runzelte sich und sie sah zu mir. Schnell zog ich den Bademantel wieder zusammen. “Ist alles in Ordnung?”, fragte sie. Ich nickte. “Ja, alles in Ordnung. Christopher”, mein Blick richtete sich auf den Schattenjäger, dessen Gesicht sich verzog, “wollte gerade eben gehen!” Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Lori sah ihren Bruder an und lächelte, ehe sie sich an mich wand. “Du willst auch sicher bald ins Bett. Ich wollte dir nur noch eine Kleinigkeit zum Essen bringen, etwas Suppe und Brot”, sie bückte sich und hob ein Tablett auf, das sie neben der Türe auf den Boden gestellt hatte. Sie trat an uns vorbei und stellte das Tablett auf einen Tisch, neben dem zwei kleine gemütliche Sessel standen. Der Geruch der Suppe sorgte dafür, dass mein Magen knurrte. Ich spürte meine Wangen rot werden. Wäre ich nicht schon mit dem Rücken an einer Wand gestanden, dann hätte ich einen Schritt nach hinten gemacht. “Das ist ja dann der perfekte Zeitpunkt gewesen”, gab Lori schmunzelnd von sich. Ich konnte nicht anders, als auch zu lächeln. “Vermutlich”, entgegnete ich ehrlich. “Gut, dann lass dir die Suppe schmecken. Das Geschirr können wir morgen aufräumen.” Lori nickte mir zu und ließ ihren Blick nachdenklich durch das Zimmer wandern, ehe sie wieder zu mir sah. “Elana, hast du eigentlich Kleidung?” Ich blinzelte verwirrt. Kleidung? Das war mir total drunter durch. Ich hatte nichts außer den Sachen, die ich am Körper trug. Langsam schüttelte ich meinen Kopf. Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Lori schien das nichts auszumachen. Sie klatschte in ihre Hände und lachte mich an. “Gut, dann müssen wir beide morgen wohl zusammen shoppen gehen.” Ich runzelte meine Stirn während von Chris ein Schnauben erklang. “Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist! Sie sollte hier bleiben, wo wir sie im Auge behalten können!” “Was hast du eigentlich für Probleme?”, zischte ich und sah ihn wütend an. “Jetzt hör doch auf Christopher!”, richtete Lori an ihren Bruder. “Sie hat keine Kleidung und das braucht man nunmal. Nur weil du sie nicht kennst, heißt das noch lange nicht, dass sie eine abtrünnige Schattenjägerin ist! Gib ihr einfach eine Chance.” “Sie ist keine …” Ich erstarrte bei Chris Worten. So schnell war es also gegangen. Wenn die Schattenjäger wussten, dass ich keine Runen hatte, war klar, dass ich keine Schattenjägerin sein konnte, nicht bei dem, was ich getan hatte. Mein Blick richtete sich mit weit aufgerissenen Augen auf den Schattenjäger und er verstummte mitten in seinem Satz, seine Augen auf mich gerichtet. Er räusperte sich und sah zur Seite. “Macht doch was ihr wollt”, knurrte er und ging an seiner Schwester vorbei aus dem Zimmer hinaus. Mein Herz schlug wie wild. Er hatte mich nicht verraten. Und ich wusste nicht, warum. “Dann lass dir das Essen schmecken. Ich hole dich morgen zum Frühstück ab”, richtete Lori noch an mich, ehe sie das Zimmer auch verließ. Ich hatte nur noch nicken können. Die Türe fiel hinter ihr zu und ich atmete tief aus. Was war das gewesen? Warum behielt er es für sich? Ich stieß mich von der Wand an um zu dem Tisch und der Suppe zu gehen, Hunger hatte ich immer noch. Da vernahm ich Worte, die vor der Türe zwischen den Geschwistern gewechselt wurden. “Was soll das, Chris?”, erklang Loris Stimme aufgebracht, die ich durch meine Fähigkeiten gut hören konnte. “Ich vertraue ihr nicht. Und daher verschließe ich die Türe, dass sie nicht einfach heute Nacht verschwindet”, hörte ich Chris. “Du bist wirklich paranoid!”, zischte Lori, ehe sie sich herum drehte und nach einigen Schritten eine Türe knallte. “Ich bin sicherlich nicht paranoid”, knurrte Chris, “und ich werde herausfinden, wer sie ist!” Dann ertönte das Kratzen einer Stele. Ich verdrehte meine Augen. Eine Rune … Irgendwann würde ich es ihm zeigen. Ich würde ihm zeigen, dass seine dummen Runen keine Auswirkungen auf mich hatten. Irgendwann … und bis dahin musste ich mich noch zurückhalten. Kapitel 13: ✡ ✟ Kapitel 12 ✟ ✡ ------------------------------ Diese Nacht, meine erste Nacht auf der Erde, hatte ich gut geschlafen. Das Bett war bequem gewesen und ich müde. Und auch wenn es eine Weile gedauert hatte, bis meine Gedanken aufgehört hatten, sich um meinen ersten Tag auf der Erde zu drehen, der Drachme, die Schattenjäger, die Dämonen, Chris … so war ich doch recht schnell eingeschlafen. Als ich aufwachte, war ich erst einige Minuten einfach nur liegen geblieben und hatte gegen die Decke gestarrt. Warum? Warum hatte ich es sein müssen, die mit dieser Aufgabe betraut worden war? Es gab so viele Engel, die sicher besser geeignet gewesen wären. Ich seufzte auf, ehe ich mich aufrichtete. Nein, darüber wollte ich nicht nachdenken! Gottes Pläne waren immer die richtigen, auch wenn es oft nicht so erschien. Es hatte einen Grund, dass ich erwählt worden war und daher musste ich mir darüber keine Gedanken machen. Es war richtig, so wie es war. Ich sollte meine Kraft mehr darauf legen, die Drachme zu finden, sie in meinen Besitz zu bringen und dann wieder nach Hause zu gehen. Das war das, was ich tun musste, was ich sollte. Ich erinnerte mich, dass mich Lori abholen wollte, shoppen gehen… Kleidung kaufen? Ich musste mich überraschen lassen. Ich schwang meine Beine über den Bettrand und trat anschließend zu dem großen Spiegel auf der anderen Seite des Zimmers an der Wand. Ich zog das Shirt, das ich zum schlafen angezogen hatte, über meinen Kopf. Dieses hatte Lori wohl auf das Bett gelegt, während ich mich mit Chris bei den Becken herum geärgert hatte. Mein Gesicht verzog sich bei den Gedanken an den Schattenjäger. Er hatte gesehen, dass ich keine Runen trug… und er misstraute mir noch mehr als zuvor. Was würde geschehen, wenn Lori ebenfalls sehen würde, dass ich keine Runenmale hatte? Ich bezweifelte, dass sie es für sich behalten würde, so wie Chris gestern. Sie würde es ihrem Freund erzählen … und Dan es dann seinen Eltern, die die Leiter des hiesigen Institutes waren. Und das würde mir ziemlich viel zunichte machen. Mir wurde gesagt, dass ich mich bedeckt halten sollte. Also wollte ich das auch tun, solange es ging. Mein Blick wanderte über meinen Körper im Spiegel und mir kam eine Idee. Ich brauchte Runen, dringend. Und meine Art von Zauberglanz war von Schattenjägern nicht zu durchschauen, also … Ich legte einen Finger auf meine Schulter. Langsam zog ich das Muster der Rune der Weitsicht nach … und diese nahm auf meiner Schulter Gestalt an. Ein Lächeln trat auf meine Züge. Genauso hatte ich mir das vorgestellt. Zwanzig Minuten später hatte ich meine Arme und einen Teil meines Oberkörpers mit verschiedenen Runen übersehen, die mir im Gedächtnis geblieben waren. Das waren hoffentlich die wichtigen. Ich drehte mich, um im Spiegel alles genau ansehen zu können. Doch, so könnte ich nun wirklich als Schattenjägerin durchgehen, da war ich mir sicher. Der Zauberglanz tat sein bestes. Es klopfte an der Türe. Das war vermutlich Lori um mich abzuholen. “Komm rein”, rief ich und griff nach meinem BH, den ich gestern angehabt hatte, bekommen hatte … es war wirklich an alles gedacht gewesen. Die Türe öffnete sich, ich griff nach dem Shirt, das ich wieder anziehen wollte und erstarrte in meinen Bewegungen. Es war nicht Lori gewesen, die geklopft hatte und hereingekommen war. “Was ist das?”, fragte Chris ungläubig, der mich von der Türe aus ebenfalls wie erstarrt ansah. Ich versuchte das T-Shirt noch über meinen Kopf zu ziehen und mich zu bedecken, jedoch war der Schattenjäger schneller gewesen. Das T-Shirt wurde aus meinen Händen gerissen und landete auf dem Boden während sich eine Hand um meinen Unterarm schloss. “Was ist das?”, wiederholte Chris und zeichnete eines der Runenbilder nach. “Das kann dir völlig egal sein!”, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. “Du hast dir Runen aufgemalt?” Chris war auf 180. Wie wild wischte er mit seinem Daumen über die Rune der Schnelligkeit, die ich auf dem Unterarm aufgemalt hatte, den er gerade in der Hand hielt. “Komm mit!” Er zog an mir und zog mich mit in das Badezimmer, das zu dem Zimmer gehörte, in dem ich geschlafen hatte. “Lass mich los!”, knurrte ich und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien. Ich wehrte mich gegen ihn und versuchte ihn von mir zu schieben. Im Gegensatz dazu riss er an mir und zog mich wieder zu sich. Er war stark, dazu kam vermutlich noch eine Rune. Und ich war total durcheinander. Was war das? Was machte er und warum brachte es mich so durcheinander? Durch mein Zögern bekam Chris die Überhand. Er zog stärker und gleich darauf lag ich in seinen Armen. Wir erstarrten beide, er hatte sich jedoch schneller wieder unter Kontrolle und im nächsten Moment hing ich über seiner Schulter. “Was soll das?”, brüllte ich und schlug mit meinen Fäusten auf seinen Rücken ein. Er ignorierte mich, meine Handlungen und meine Schreie. Ein paar Augenblicke später fand ich mich unter der Dusche wieder und kämpfte mit Chris um den Wasserhahn. “Hast du sie noch alle?”, brüllte ich ihn an und wand mich in seinem Griff. “Ich? Du hast dir falsche Runenmale aufgemalt!”, brüllte er zurück. Ich erstarrte und genau diese Sekunde nutzte er, um zum Wasserhahn zu greifen und das Wasser aufzudrehen. Innerhalb von Sekunden waren wir beide durchnässt, er in voller Kleidung, ich nur in Unterwäsche. Wie wild wischte er über meine Arme und versuchte die Runen zu lösen. Als dies nicht funktionierte griff er an mir vorbei zu dem Waschgel, das in einem Ablagekorb lag. Gleich darauf versuchte er mit dem Waschgel die Runen zu lösen. Zauberglanz konnte man jedoch nicht abwaschen. Ich stieß ihm beide Hände gegen die Brust, sodass er gegen die Duschwand aus Glas krachte. Wütend sah ich ihn an, ohne ein Wort zu sagen. Auch er blitzte mich wütend an und griff wieder nach meinen Arm. “Warum? Warum hast du dir Runenmale aufgemalt? Du hattest gestern keine! Diese hier sind nicht echt!” Chris deutete auf meine Arme. “Du … du bist echt nicht mehr normal! Was sollte dieser Mist hier?” Mit einer Handbewegung deutete ich auf die Dusche um mich herum. Er erstarrte. Gerade als er ansetzte zu sprechen, wurde die Badezimmertüre aufgeschoben. “Elana, Chris? Ist alles bei euch in Ordnung? Ihr schreit so herum und …” Lori erstarrte in der offenen Türe. Sie überblickte die Situation sofort. “Was macht ihr da?”, fragte sie mit gerunzelter Stirn. Chris verließ schnell die Dusche und trat zur Seite. Ich selbst stellte das fließende Wasser aus und griff nach einem Handtuch als auch ich die Dusche verließ. “Dein Bruder ist durchgedreht!”, richtete ich an die Schattenjägerin und funkelte den besagten Bruder anschließend wütend an. “Er wollte mit Gewalt die Runen abwaschen!” Lori blinzelte mich erstaunt an, ehe sie zu Chris sah. “Was hast du denn jetzt für Probleme?” “Die waren gestern noch nicht da? Gestern war ihre Haut makellos!”, versuchte Chris sich zu wehren und deutete auf mich. “Du hast sie einfach nicht mehr alle!”, schrie ich ihn an. Sofort ruckte sein Blick zu mir. “Ich habe sie nicht mehr alle? Das sagt ausgerechnet diejenige, die sich Runen aufgemalt hat um alle zum Narren zu halten?”, brüllte er zurück. “Es reicht!”, ging nach wenigen Augenblicken Lori dazwischen und sah uns an. Ihr Blick blieb schließlich an ihrem Bruder hängen. “Verschwinde du einfach und lass sie in Ruhe! Du hast Elizabeth gestern gehört! Sie ist unser Gast!” “Aber …” Chris sah zwischen ihr und mir hin und her. “Geh endlich!” Lori griff nach seinem Arm und zog ihn zur Badezimmertüre. Er schien sich noch zu sträuben, verließ das Bade- und anschließend das Schlafzimmer. Mein Herz schlug wie verrückt in meinem Brustkorb. “Ist bei dir alles in Ordnung?”, richtete die Schattenjägerin anschließend an mich. Langsam nickte ich. “Okay. Hast du noch irgendetwas zum anziehen oder soll ich dir etwas besorgen?”, fragte sie daraufhin. Ich nickte erneut. Ein paar Minuten später war sie mit frischer Unterwäsche zurück. Der Sport-BH passte zwar nicht perfekt, war aber eine Übergangslösung. Als ich angezogen das Badezimmer wieder verließ, musterte sie mich nachdenklich. “Ich weiß wirklich nicht, was mit meinem Bruder zur Zeit los ist …”, versuchte sie sich für ihn zu entschuldigen. Ich winkte ab. “Lass es einfach”, murmelte ich. Lori sah mich noch einen Moment an, nickte dann aber. Auf dem Weg zum Frühstück fühlte ich mich schuldig. Chris hatte nichts falsches gesagt … und trotzdem schaffte ich es, dass er nun verurteilt wurde… Kapitel 14: ✡ ✟ Kapitel 13 ✟ ✡ ------------------------------ “Und das hier kannst du auch noch anprobieren.” Schon landete das nächste Kleidungsstück auf meinen Armen. Lori schien ihren Spaß zu haben. Und einen guten Blick für Kleidung. “Okay, gehen wir zu den Umkleidekabinen”, richtete sie in diesem Moment an mich. Ich nickte leicht überfordert und folgte der Schattenjägerin. Die nächsten Minuten verbrachte ich damit, Kleidungsstücke anzuziehen, mich Loris urteilendem Blick zu stellen, die nächsten Sachen anzuziehen und wieder das gleiche Spiel von vorne. “Okay, das nimmst du aber auch!”, erklärte sie mir und lachte, als sie das dunkelblaue Top sah, das ich gerade zu einer schwarzen Röhrenjeans anprobierte. Über die Arme zog sich Spitze und es lag eng an. Ich musste ihr zustimmen und musterte mich selbst im Spiegel. Solche Kleidung hatte ich im Himmel nicht getragen, aber sie stand mir … zumindest in diesem Körper. “Gut, du hast ja jetzt schon einiges. Jetzt fehlt noch Unterwäsche”, meinte Lori, als ich in meiner eigenen Kleidung aus der Umkleidekabine trat. Eine Stunde später standen wir mit zahlreichen Tüten vor einem Schuhladen. “Ist es nicht toll? Ich gehe furchtbar gerne shoppen!”, rief Lori auf. Ich runzelte meine Stirn. “Habt ihr Schattenjäger dafür überhaupt Zeit?”, fragte ich verwundert. Lori sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. “Komm schon Elana, unser Leben kann nicht nur daraus bestehen, dass wir Dämonen jagen. Wir müssen auch Vergnügen haben. Und für uns Frauen”, sie stieß mir spaßhaft ihren Ellenbogen in die Seite, “ist shoppen Vergnügen, oder?” Ich sah sie nachdenklich an, ehe ein Lächeln über mein Gesicht glitt und ich nickte. “Ja.” Es hatte wirklich Spaß gemacht. “Komm, gehen wir einen Kaffee trinken” Lori hakte sich bei mir ein und zog mich mit zu einem Café. Wenig später saßen wir vor einer Tasse Cappuccino und einem Donut an einem Tisch. Ich stellte fest, dass es wirklich Spaß machte, die Zeit so zu verbringen. Und ich mochte Lori. Die junge Frau war offen, humorvoll und man fühlte sich in ihrer Nähe einfach wohl. Man würde sicherlich nicht erwarten, dass sie als Dämonen-Killerin ausgebildet war. Ich lächelte sie an und biss dann wie sie in das süße Gebäckstückchen, das ich in den Händen hielt. Der Geschmack explodierte regelrecht in meinem Mund. Das war ja so lecker. “Mhm …” Lori lachte auf. “Nicht wahr? Das hier sind die besten Donuts der Stadt.” “Die sind wirklich gut”, erwiderte ich und biss gleich wieder hinein. Menschsein hatte wohl doch etwas Gutes. Da hatte es sich doch fast gelohnt, ein Mensch zu werden. Ich erstarrte. Was tat ich hier eigentlich? Ich hatte doch gar keine Zeit, shoppen zu gehen, mich zu amüsieren und Spaß zu haben. Ich musste meine Aufgabe ausführen. Ich durfte nicht hier sitzen und … “Manchmal tut eine Pause ganz gut. Wir können nicht immer nur auf Dämonen einschlagen… das macht einen irgendwann noch kaputt”, gab Lori nachdenklich von sich. Ich richtete meinen Blick auf die Schattenjägerin und erkannte, wie sie ihre Hände um die vor ihr stehende Tasse gelegt hatte. “Wir haben eine wichtige Aufgabe, eine sehr wichtige! Aber wir sind nicht nur Krieger sondern auch Menschen. Und das bedeutet, dass wir auch mal eine Pause machen dürfen. Denkst du nicht ebenso, Elana?” Sie hatte ihren Kopf gehoben und sah mir nun ernst in die Augen. Ich schluckte und nickte dann. Vermutlich hatte sie recht. Im Himmel waren gerade einmal Nano-Sekunden vergangen … Ich würde mit unserer Suche beginnen, wenn wir zurück waren. “Gibt es im Institut auch ein paar Bücher?”, brachte ich hervor, “Ich würde gerne irgendetwas lesen … und bevor mir noch langweilig wird …” Lori nickte auf meine Frage. “Natürlich. Wir haben eine ganze Bibliothek, da wirst du sicher etwas finden. Aber du kannst auch mit uns trainieren, wenn du magst. Das was ich von dir gesehen habe, vor dem Dämonenportal, das war wirklich ...”, sie suchte nach Worten, “... wow!”, schloss sie ihren Satz dann. Bei ihrer Bewunderung trat mir ein Schmunzeln aufs Gesicht. “Ihr seid sicher auch gut”, erwiderte ich. “Zumindest bin ich nicht so gut wie du. Meinst du, dass du mir helfen kannst?”, fragte Lori eifrig. Ich blinzelte sie verwirrt an. “Ähm… ich weiß nicht …”, ein Gedanke kam mir und mein Gesicht verfinsterte sich, “Meinst du, dass dein Bruder mich überhaupt trainieren lässt? Ich bezweifle es doch stark!” Auf diese Aussage änderte sich etwas in Loris Ausdruck. “Christopher … ich weiß nicht, was er hat. Seit wir auf dich getroffen sind, ist er wie ausgewechselt. Er ist so ernst und nachdenklich … So kenne ich ihn nicht … Oder nicht mehr…” Ich runzelte meine Stirn. Chris sollte sonst anders sein? “Was genau meinst du damit?”, fragte ich verwundert. Lori zuckte mit ihren Schultern und zwang sich ein Lächeln aufs Gesicht. “Er ist normalerweise lockerer drauf … nicht so … misstrauisch …” Ich seufzte auf. Misstrauisch … das traf es wohl ganz gut. “Was war das heute Morgen zwischen euch?”, riss mich Lori erneut aus meinen Überlegungen. “Heute Morgen?”, fragte ich erstaunt. Sofort nickte sie. “Ja, ihr beide unter der Dusche. Du halbnackt.” Ich spürte wie meine Wangen warm wurden. “Dein Bruder hat einen Knacks …”, knurrte ich, “es hat geklopft und ich dachte du wärst es, daher habe ich ihn hereingebeten … und … naja …” Meine Wangen wurden noch wärmer, dummes Menschsein! “Ich hatte das T-Shirt noch nicht an … irgendwie fand ich das bei dir nicht schlimm …” Lori hätte die Runenmale gesehen und wäre davon ausgegangen, dass ich eine Schattenjägerin wäre. Sie hätte meine Runen gesehen, es vermutlich Dan erzählt, der es seinen Eltern und dann hätte ich Ruhe gehabt. Denn wenn man davon ausging, dass ich eine Schattenjägerin war, dann wäre ich im Institut vielleicht doch ganz gut aufgehoben … “Und dann hat er dich unter die Dusche gezerrt?” Ich nickte auf die Frage der Schattenjägerin. “Ja … er wollte mir die Runenmale abwaschen … er hat sie einfach nicht mehr alle!”, zischte ich zum Ende und sah genervt zur Seite. Lori musterte mich noch kurz, entschied sich dann aber, keine Fragen mehr zu stellen. Und das war mir mehr als recht. Kapitel 15: ✡ ✟ Kapitel 14 ✟ ✡ ------------------------------ Auch wenn mich unser Gespräch nachdenklich gestimmt hatte, so hatte ich mit Lori doch eine gute Zeit verbracht. Im Institut angekommen führte sie mich zu meinem Zimmer. “Die Kleidung sollte erstmal reichen, oder?”, fragte sie, als ich die Tüten auf einen der Sessel und davor auf den Boden stellte. “Ich hoffe es doch sehr”, antwortete ich und blickte auf die Tüten. Eigentlich war es wirklich schade darum. Denn wenn ich wieder gehen würde, dann benötigte ich diese Kleidung nicht mehr. Im Himmel brauchte ich diese Art nicht. Ich hatte meine eigenen Sachen und die unterschieden sich von der Kleidung der Menschen. “Brauchst du noch irgendetwas?”, fragte mich die Schattenjägerin. Ich drehte mich herum und sah zu ihr. Die Zeit die ich noch hatte, sollte ich sinnvoll nutzen. “Oh ja. Kannst du mir gleich die Bibliothek zeigen? Dann kann ich mir ein Buch suchen.” Sofort nickte die Schattenjägerin eifrig. “Natürlich, komm mit.” Mein Blick war auf ihren Rücken gerichtet und ich stellte wieder einmal fest, wie sehr sie sich doch von ihrem Bruder unterschied. Sie war offen und lebenslustig, während er so verschlossen und misstrauisch war … Wobei … Lori hatte vorher gesagt, dass er das sonst nicht war … erst, seit ich hier war. Wir trafen auf ihn und Dan, als wir durch die Zentrale des Institutes liefen. “Ihr seid wieder da”, begrüßte Dan Lori und mich, wobei er sie kurz an sich drückte. Die Schattenjägerin nickte. “Ja. Und wir hatten eine gute Zeit. Wir haben viel eingekauft. Hauptsächlich Elana. Ein paar heiße Teile darunter, nicht wahr?” Sie zwinkerte mir zu und ich spürte erneut die Wärme auf meinen Wangen. Das war eindeutig ein Minuspunkt am Menschsein! “Vermutlich”, murmelte ich und sah zur Seite. Mein Blick landete bei Chris, der mich wieder mit einem ernsten Gesichtsausdruck musterte. Sofort verzog ich auch mein Gesicht und sah ihn kalt an. “Lori?”, richtete ich an die Schattenjägerin. “Oh, natürlich. Komm mit”, sagte sie zu mir, als sie erkannte, was ich gemeint hatte. “Wo geht ihr hin?”, schnitt Chris Stimme scharf durch die Luft. “In die Bibliothek. Elana will sich ein Buch suchen”, antwortete Lori und hob ihre Augenbrauen bei dem Tonfall ihres Bruders. Der sah sofort mich an und ignorierte seine Schwester. “Ein Buch?” “Darf ich denn jetzt nicht einmal mehr etwas lesen?”, zischte ich. “Kannst du überhaupt lesen?”, versuchte er mich zu beleidigen. “Im Gegensatz zu dir, ja!”, antwortete ich in dem gleichen Tonfall und drehte mich zu der Schattenjägerin um, “Lori?” Hoffentlich erkannte sie, dass ich weg wollte. “Wir gehen. Auch ohne deine Erlaubnis Chris.” Lori sah ihn noch kurz strafend an, ehe sie Dan eine Hand auf die Schulter legte, diese drückte und dann einfach weiter ging. Ich warf Chris noch einen wütenden Blick zu, ehe ich ihr folgte. Er brachte mich zur Weißglut … und dazu musste er nicht allzu viel tun. Ob das eine Gabe war? Ich seufzte auf. Es waren noch ein paar Meter, dann blieb Lori stehen und deutete mit ihrer Hand in den Raum auf ihrer rechten. “Bitte schön, die Bibliothek.” Ich ging an ihr vorbei und blieb dann stehen, während sich ein Lächeln auf meinen Zügen ausbreitete. Damit sollte sich doch etwas anfangen lassen. Mein Blick schweifte über die Regale, zumindest diejenigen, die ich sehen konnte und die sich bis zur Decke erstreckten und bis dorthin auch mit Büchern gefüllt waren. “Kann ich mir einfach eines nehmen? Oder muss ich mich irgendwo eintragen?”, fragte ich meine Begleitung. Lori schmunzelte. “Nimm was du willst, räume es halt wieder auf, wenn du es nicht brauchst. Hier findest du fast alles. Dans Mutter hat auch einige Romane untergestellt. Sie müssten ungefähr …” Noch ehe sie aussprechen konnte, ging ich auf ein Regal zu. “Ich habe schon was ich brauche”, gab ich von mir und zog das Buch heraus, das ich mitnehmen würde. Fürs Erste zumindest! “Eine Bibel?”, fragte Lori erstaunt. Ich nickte. “Natürlich. Es ist immer gut, zu wissen, was der Schöpfer des Himmels und der Erde getan hat”, richtete ich ernst an sie. Lori sah mich noch einen Moment nachdenklich an, ehe sie nickte. “Das macht vermutlich Sinn.” Meine Hand verkrampfte sich um die Bibel. “Da das hier eine alte Kirche ist … gibt es hier auch eine Art … Altarraum?”, fragte ich vorsichtig. Lori runzelte kurz ihre Stirn, lächelte dann aber wieder und nickte. “Natürlich. Darin halten wir auch immer unsere Zeremonien ab. Zum Beispiel, wenn Schattenjäger eine Ehe eingehen. Komm mit, ich zeige ihn dir.” Es war nicht allzu weit von der Bibliothek entfernt. An der rückläufigen Wand, hinter einer Art Altar, hing auch noch ein Kreuz. “Es ist immer gut zu wissen, woher man stammt. Woher die Engel stammen”, sagte ich, während mein Blick fest auf das Kreuz gerichtet war. “Da hast du recht … aber ich denke, dass es trotzdem viel zu oft untergeht …”, murmelte sie hinter mir. “Und das ist der Fehler der Menschheit …”, gab ich von mir, ehe ich mich wieder zu ihr umdrehte. “Okay, du kannst mich gerne wieder zurückbringen und dann hast du ja vermutlich noch etwas vor.” Lori musterte mich kurz entschuldigend, woraufhin ich ihr ein Lächeln schenkte. “Du hast einen Job … und der bin nicht ich. Zudem bin ich jetzt erstmal versorgt”, ich hob die Bibel an und schien sie damit zu besänftigen denn sie erwiderte mein Lächeln. Beim Rückweg kamen wir an einer Art Trainingsraum vorbei. Darin waren Chris und Dan damit beschäftigt, mit Stäben gegeneinander zu kämpfen. Ich blieb wie angewurzelt stehen und beobachtete die Schattenjäger dabei. Sie waren gut, das musste ich zugeben. Als Lori bemerkte, dass ich ihr nicht mehr folgte, trat sie wieder an meine Seite. “Da könnte man eine Weile zusehen, oder?”, fragte sie und ich erkannte nach einem kurzen Blick zu ihr, dass sie ihren Freund beobachtete. Das konnte man unter anderem ihren leuchtenden Augen entnehmen. Auch ich richtete meinen Blick wieder zurück auf die Kämpfenden. Sie waren beide gut … aber Chris schien verbissener zu sein, er wollte sich keine Blöße geben. Man konnte seine Muskeln erkennen, die sich an seinen Armen immer wieder anspannten. Beide hatten nur Tanktops an, die eng anlagen. Mein Kopf legte sich schief, ohne dass ich meinen Blick von dem Schattenjäger wenden konnte. Das waren also Menschen-Männer … Ein Poltern riss mich aus meinen Gedanken und ich erstarrte, als ich bemerkte, dass Chris Blick auf mich gerichtet war. Seine Stange lag auf dem Boden, Dan hatte den Kampf gewonnen. Ich erwiderte Chris Blick, ehe ich mein Kinn hob und mich weg drehte. “Ich gehe in mein Zimmer”, richtete ich an Lori. “Findest du es alleine?” Ein Lachen entrann mir. “Ich denke, das schaffe ich. Sonst gibt es doch Ortungsrunen.” Ein Augenzwinkern an die Schattenjägerin, ein kurzer Blick zurück zu den männlichen Schattenjägern, dann ging ich den Weg in Richtung des Zimmers, in dem ich schlafen durfte. Ich war nur wenige Meter weit gekommen, als ich schwere Schritte hinter mir vernahm. “Ich finde den Weg auch selbst. Du musst mich nicht begleiten!”, gab ich genervt von mir. “Mir geht es auch nicht darum, dass du den Weg nicht finden könntest sondern darum, dass ich dich im Institut nicht alleine herumlaufen lassen möchte”, erklang seine tiefe Stimme hinter mir. Ich verdrängte jede Erwiderung und ging einfach vor ihm her. Ich würde mich nicht wieder auf ein Streitgespräch mit ihm einlassen. Das heute Morgen hatte mir völlig ausgereicht. Und ich hatte wichtigeres zu tun, als mich von ihm so durcheinander bringen zu lassen. Er war ein Mensch … ein Nephilim. Und ich war höher gestellt als er. Bei der Zimmertüre blieb ich stehen. “Ich bin hier. Und du kannst mich jetzt alleine lassen”, gab ich von mir ohne mich zu ihm umzudrehen. “Du kannst mich ja wieder einsperren”, fügte ich noch hinzu und strich mit meinen Fingern über die Rune, die seine Stele gestern Nacht im Holz der Türe hinterlassen hatte. Das Gute - er gab kein einziges Wort von sich. Daher öffnete ich die Türe und schloss sie gleich hinter mir wieder. Kapitel 16: ✡ ✟ Kapitel 15 ✟ ✡ ------------------------------ Es war mitten in der Nacht, als ich mich aus meinem Zimmer schlich. Chris Rune an der Zimmertüre, die er nachgezogen hatte, hinderte mich nicht daran. Ein Grinsen schlich auf meine Züge. Er hatte keine Ahnung … und das würde so bleiben. Ein kurzer Blick durch den dunklen Flur. Ein extra Licht benötigte ich nicht. Die Schattenjäger hatten eine Nachtsicht-Rune … ich hatte Engelsblut in den Adern, reines Engelsblut … und dazu war ich ein Engel des Lichtes. Ich konnte im Dunkeln fast so gut sehen wie tagsüber. Auch den Weg zur Bibliothek hatte ich mir gemerkt und so dauerte es nicht lange, bis ich den Raum betrat. Hier schickte ich mit ein paar kurzen Handbewegungen Lichtkugeln vor die Regale. Ich würde es hier so ähnlich machen, wie in der Bibliothek der Menschen. Mir einfach die verschiedenen Genres ansehen. Und genau das tat ich auch. Ich zog mir verschiedene Bücher hervor und was ich interessant fand, notierte ich in einem Notizbuch, das ich in einer Schublade des Schreibtisches gefunden hatte, der in meinem Zimmer stand. Ich musste ehrlich sein… die Suche verlief schleppend. Ich fand - nichts. Am Ende meiner ersten Suche räumte ich die Bücher enttäuscht zurück in die Regale und ließ das Licht erlöschen. Dann machte ich mich auf den Rückweg. Noch war ich nicht entmutigt. Es gab noch viele Bücher, viele Möglichkeiten … Trotzdem rannte mir die Zeit weg … Ich musste die Drachme finden und das bald. Auf dem Rückweg musste ich mich vor Schattenjägern verbergen, die mir entgegen kamen. Ich ließ meinen eigenen Zauberglanz über mich fallen, um mich unsichtbar zu machen und behielt diesen die ganze Zeit über aufrecht. Als ich in den Flur einbog, in dem mein Zimmer lag, blieb ich wie erstarrt stehen. Ich erkannte zwei Gestalten vor meiner Türe stehen. “Meinst du nicht, dass du übertreibst, was sie angeht?”, erklang eine leise Stimme. “Nein. Das denke ich nicht. Sie … sie hat irgendetwas, das mich aufhören lässt … das mich dazu bringt, sie zu beobachten”, erklang eine mir gut bekannte, tiefe Stimme ebenfalls sehr leise. Ich knirschte mit meinen Zähnen und trat näher auf die Gestalten zu. Dank meines Zauberglanzes konnten sie mich nicht erkennen. “Dich bringt doch etwas ganz anderes dazu, sie zu beobachten!”, erklang Dans Stimme, den ich nun erkennen konnte. Sowohl er als auch Chris hielten eine Art Stein in den Händen, die hell leuchteten - Elbensteine. “Was willst du damit sagen?”, knurrte Chris leise. “Du kannst deine Augen nicht mehr von ihr nehmen. Und das, seit du sie das erste Mal gesehen hast. Das musst du gar nicht verleugnen, schon gar nicht mir, deinem Parabatei”, antwortete Dan leise. “Du spinnst doch!” Ich konnte Chris Stimme anhören, dass er über diese Antwort nicht sehr begeistert war. “Du … du hast es nicht gesehen. Als sie zu kämpfen begonnen hat … so etwas habe ich noch nie gesehen. Und dann die Sache mit den Runen. Verdammt Dan, als ich sie unten im Becken gesehen habe, da hatte sie keine einzige Rune auf ihrem Körper! Außer ein paar Tattoos war ihr Körper makellos! Und das ist ein Körper nicht, wenn er Runenmale hatte! Wir behalten Narben davon! Und heute Morgen, da war ihr Körper plötzlich von Runen überzogen! Wo kamen die bitteschön auf die Schnelle her?” Dan seufzte leise auf. “Sie ist vermutlich eine Schattenjägerin, so wie du und ich. Vielleicht hast du die Runenmale beim ersten Mal nicht wahrgenommen.” “Wie sollte ich sie nicht wahrgenommen haben? Sie hatte fast keine Kleidung am Körper! Ich konnte eigentlich alles sehen!” Dan erwiderte nichts, er schien jedoch sein Gesicht zu verziehen. “Schau mich nicht so an Dan. Sie hatte ja noch etwas an.” Chris Parabatei seufzte auf. “Lass das ja nicht Lori hören, die dreht dir sonst den Hals um.” “Keine Angst, meine Schwester halte ich da raus. Und versuche du sie von Elana fernzuhalten. Ich vertraue ihr einfach nicht. Sie taucht hier einfach so auf und hat nichts dabei. Da stimmt etwas nicht und ich will rausfinden was.” “Ich gebe mein bestes. Aber Lori sollte das nicht erfahren.” Chris nickte, wie ich erkennen konnte. “Ich sage ihr sicher nichts. Und wenn du sie von ihr fern hältst, dann wird sie es auch nicht mitbekommen.” Ich unterdrückte ein Zischen. Gehört hätten mich die Schattenjäger vermutlich. “Du sagtest, sie hatte Tattoos?”, erklang Dans Stimme. “Ja. Eine Sonne am rechten Handgelenk. Und ein Kreuz im Nacken. Und … ja ... “ Ich blinzelte erstaunt. Das größte Bildnis auf meinem Körper behielt er für sich? Das war… verwunderlich. Dan schien noch zu warten, ob noch etwas kam, als Chris aber nicht weiter redete, seufzte er leise. “Bau keinen Mist Chris. Ich weiß nicht, ob das so gut ist, was du hier tust.” “Keine Sorge Parabatei. Ich passe auf. Ich werde sie nicht mehr aus den Augen lassen.” Erneut nickte Dan. “In Ordnung. Ich gehe ins Bett. Gute Nacht Chris.” Er schlug seinem Parabatei auf die Schulter und ging ein paar Schritte weiter, ehe er in einem Zimmer verschwand. “Gute Nacht Dan”, erwiderte Chris und richtete seinen Blick auf meine Zimmertüre. Eine Hand legte er auf das Holz. “Ich werde schon herausfinden wer du bist Elana. Ich muss es einfach wissen”, gab er leise von sich, ohne einen drohende Tonfall. Im Gegenteil … einen sehr nachdenklichen Tonfall. Dann seufzte er auf, drehte sich herum und verschwand zu meiner Überraschung direkt durch die Türe, die meiner gegenüber lag. Ich trat zu meiner Türe und behielt seine im Blick. Es wäre ärgerlich, wenn er gerade herauskommen würde, wenn ich die Türe trotz seiner Rune öffnete. Er sollte noch nicht wissen, dass seine Rune mir nichts tat, mich nicht einsperrte, so wie er es sich wünschte. Er wollte wissen, wer ich war? Warum? Es hatte nichts feindseliges in seinem Tonfall gelegen… vielmehr Neugierde. Wenn er über mich redete, war er also nicht feindselig … nur mir direkt gegenüber. Auch ich seufzte auf, während ich die Türe leise hinter mir wieder schloss. Ich würde die Menschen vermutlich niemals verstehen. Kapitel 17: ✡ ✟ Kapitel 16 ✟ ✡ ------------------------------ Ich war bereits mehrere Nächte in die Bibliothek gegangen und hatte alle möglichen Bücher angesehen. Ein paar Dinge hatte ich inzwischen gefunden, aber noch nichts genaueres. Viel konnte ich damit noch nicht anfangen, zumindest hatte ich keine Spur oder auch keine Vermutung, wo die Drachme sein könnte. Daher musste ich einfach weitersuchen. Auch in dieser Nacht. Wie immer verließ ich mein Zimmer. Doch dieses Mal hatte ich nicht genug acht gegeben. Ich schien nachlässig geworden zu sein, denn genau mir gegenüber öffnete sich ebenfalls eine Türe. Wie erstarrt blieben wir stehen und sahen uns an. Dann kam plötzlich Bewegung in uns beide. Während Chris einen Satz nach vorne machte, trat ich in mein Zimmer zurück und wollte die Türe zuschlagen. Er war schneller … und stärker … Er drückte gegen die Türe und stand im nächsten Moment in meinem Zimmer. Ich wich bis an die Fensterfront zurück, während Chris die Türe hinter sich schloss und auf mich zutrat. “Elana …”, brachte er hervor. Ich sah zu ihm auf, während mein Herz wie verrückt in meiner Brust schlug. “Wie … wie konntest du … Da war eine Rune. Du hättest nicht … die Türe hätte nicht …” Er blinzelte. “Du hättest nicht rauskommen dürfen!”, brachte er gleich darauf mit fester Stimme hervor. Ich blinzelte. “Vielleicht … vielleicht hast du die Rune ja falsch gezeichnet.” Sofort schüttelte er seinen Kopf und trat auf mich zu. Ich würde gerne noch weiter zurück weichen, hatte jedoch keine Möglichkeit mehr. “Ich habe die Rune nicht falsch gezeichnet! Sicherlich nicht. Sie … sie hatte .. keine Wirkung auf dich. Warum hatte sie keine Wirkung auf dich?” Er trat noch näher zu mir, so nahe, dass kaum noch Platz zwischen uns war. Seine Hand griff nach meiner Hand und drehte sie nach oben, so dass er das Bild der Sonne auf meinem Handgelenk ansehen konnte. “Was bedeutet es?”, fragte er leise, während sein Daumen wieder und wieder über meine Haut streichelte. “L-licht …”, brachte ich stotternd hervor, während ich das Gefühl hatte, gleich nicht mehr atmen zu können. “Licht …”, wiederholte Chris und sah dann in meine Augen. “Wer bist du Elana?”, fragte er leise. Mein Herz machte einen weiteren Satz. “Das … das weißt du doch”, antwortete ich leise und zog meinen Arm aus seinem Griff, während ich zur Seite sah. “Das stimmt doch nicht.” Er griff nach meinem Kinn und zog es zurück, wobei er mich zwang in seine Augen zu sehen. “Ich weiß überhaupt nichts von dir, Elana! Irgendetwas stimmt nicht … und ich will wissen was!” Bei seinem letzten Satz kam wieder Leben in mich. Ich schob ihn unsanft von mir und trat zur Seite. Das Zimmer durchquerend versuchte ich Abstand zwischen uns zu bringen. “Du bist paranoid!”, brachte ich hervor. “Ich bin paranoid?” Chris schüttelte den Kopf und ging in Kampfstellung. “Paranoid? Du bist hier aufgetaucht … Du bist alles andere als eine normale Schattenjägerin. Wenn du überhaupt eine Schattenjägerin bist!” Ich kniff meine Augen zusammen. “Und du behauptest bei diesen Aussagen, dass du nicht paranoid bist? Seit Beginn misstraust du mir!”, ging ich in Verteidigungsstellung … mit einem schlechten Gewissen, denn er hatte ja eigentlich recht. Er war einer der wenigen, der alles richtig sah … “Hör zu Elana, ich werde dich ab sofort nicht mehr aus den Augen lassen. Ich will wissen, wer du wirklich bist. Und ich will wissen, warum ich...” Chris brach mitten in seinem Satz ab und sah mich unnachgiebig an. “Was meinst du damit?”, fragte ich verwirrt. Seine Augen weiteten sich und verwundert sah ich ihn an. Ich verstand seine Reaktion nicht. Bedeutete das irgendetwas Bestimmtes? Diese menschlichen Reaktionen überforderten mich total. “Ich werde dich ab sofort nicht mehr aus den Augen lassen, Elana”, wiederholte der Schattenjäger, ehe er sich herum drehte und das Zimmer ohne weitere Worte verließ. Ich blinzelte ihm hinterher. Ich verstand es nicht. Ich verstand überhaupt nichts mehr. Ich seufzte auf und entledigte mich der Kleidung, die ich angehabt hatte. Stattdessen zog ich das T-Shirt wieder an, das ich zum schlafen trug. Nun musste ich mein Zimmer auch nicht mehr verlassen. Ich war mir sicher, dass Chris mich wirklich genaustens im Auge behalten würde. Und ich traute ihm auch zu, dass er vor meiner Türe ein Lager aufschlagen würde, um mich genaustens beobachten zu können. Heute Nacht nicht … aber hoffentlich die nächste dann wieder. ⇼ Chris hatte in dieser Nacht nicht zu viel versprochen. Bereits am nächsten Tag stand er vor meiner Türe und wartete mit verschränkten Armen, dass ich mein Zimmer zum frühstücken verlassen würde. Ich verdrehte meine Augen und ging los, ohne ein Wort an ihn zu richten. Wenn er meinte, dass er das tun müsste, dann bitte. Es war nicht mein Problem sondern seines! Okay, es war mein Problem, aber dann würde heute Nacht der Zauberglanz helfen müssen. Irgendwie wäre es schon zu schaffen. Beim Frühstück setzte Chris sich mir gegenüber und aß auch etwas. Als ich fertig war schob ich meine Schüssel zur Seite und legte meine Unterarme auf der Tischplatte ab. “Wie hast du dir das jetzt vorgestellt? Verfolgst du mich auch auf die Toilette?” Er wurde rot und hustete. “Was denn? Unter die Dusche hast du mich ja auch schon gebracht”, gab ich schulterzuckend von mir. Er griff nach seinem Kaffee und verdrehte die Augen. “Das hatte einen anderen Hintergrund.” “Ja, deine Paranoia!” Wir starrten uns an, ohne etwas weiteres zu sagen. Als ein Alarm losging, sah er plötzlich auf. “Komm mit!”, richtete er an mich und stürmte aus dem Raum. Kurz überlegte ich, ihm einfach nicht zu folgen, dazu war ich aber zu neugierig, also folgte ich ihm doch. Kapitel 18: ✡ ✟ Kapitel 17 ✟ ✡ ------------------------------ In der Zentrale angekommen, ging Chris zu einem Schattenjäger. “Chris, da draußen gab es einen Dämonenangriff. Ich will, dass ihr danach schaut”, richtete der Schattenjäger an den Ankömmling. Dieser runzelte seine Stirn. “In Ordnung. Ich mache mich fertig.” “Wo sind Dan und Lori?” “Die sind gemeinsam unterwegs. Ich werde also alleine gehen.” “Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist”, erwiderte der Schattenjäger. Chris zuckte mit seinen Schultern. “Etwas anderes bleibt uns momentan nicht übrig. Oder willst du mit?” Der Schattenjäger schüttelte den Kopf. “Ich kann mein Bein immer noch nicht belasten.” “Dann bleibe das nächste Mal den Dämonen fern.” Chris nickte dem Schattenjäger zu und stürmte aus dem Raum. Ich wechselte einen schnellen Blick mit dem Schattenjäger, ehe ich Chris hinterher lief. “Chris, warte!”, rief ich und eilte hinter ihm in ein Zimmer. Ich sah mich um. Das hier musste die Rüstungskammer sein, wie man den ganzen Waffen entnehmen konnte. “Was willst du?”, fragte er, während er eine Rüstung anlegte. “Nimm mich mit!”, antwortete ich ihm. Ich sehnte mich danach, aus dem Institut herauszukommen. Und das schien meine Chance zu sein. “Wie bitte?”, Chris sah mich ungläubig an. “Die Schattenjäger wollen nicht, dass du alleine raus gehst. Lori und Dan sind nicht da … aber ich bin da. Und ich kann kämpfen, das weißt du!”, versuchte ich ihn zu überzeugen. Er sah mich ablehnend an. “Und du kannst mich im Auge behalten. Das wolltest du doch, oder?”, spielte ich meine Trumpfkarte aus. Ich erkannte, wie er noch einen Moment zögerte, ehe er schließlich nickte. “In Ordnung. Nimm dir eine der Rüstungen.” Er deutete auf diese. Grinsend tat ich, was er gesagt hatte. Ich zog ein paar Sachen hervor und nach wenigen Minuten war ich bereit. Chris war bereits mit den Waffen beschäftigt. “Bekomme ich auch eine Waffe?”, fragte ich ihn. Sein Kopf ruckte zu mir herum und wieder lag sein Blick misstrauisch auf mir. Dieses Mal dauerte sein innerer Kampf nicht so lange. “In Ordnung. Eine Seraphklinge?” Ich nickte überrascht. Irgendwie hatte ich mit einer längeren Diskussion gerechnet. “Hier.” Chris trat vor mir zu einem Tisch und deutete auf die Röhren, die darauf lagen. “Diese hier sind benannt, diese müssen noch benannt werden.” Er deutete erst auf die eine Hälfte des Tisches, dann auf die andere. “Aber dir kann es eigentlich egal sein, oder?”, richtete er an mich. Ich erkannte das Misstrauen in seinem Blick und entschied mich, nichts darauf zu erwidern. Stattdessen drehte ich mich herum und griff einfach nach zwei Röhren. Chris stand plötzlich direkt neben mir und griff ebenfalls nach einer Röhre. Er befestigte diese an seinem Waffengürtel und griff anschließend nach meinem Oberarm. “Stell nichts an und tue, was ich sage”, richtete er ernst an mich. Ich blinzelte und nickte anschließend. Er sah mich noch einen Moment an, ehe auch er nickte. “Komm mit.” Ich folgte ihm zu einer Art Garage. Dort griff er nach einem Helm und hob ihn mir entgegen. “Aufziehen”, befahl er und griff nach einem weiteren Helm, den er sich selbst auf den Kopf setzte. Dann trat er zu einem Motorrad, auf das er sich setzte. Er hielt mir seine Hand entgegen. Schnell setzte ich auch den Helm auf meinen Kopf und trat zu ihm. Gleich darauf saß ich hinter ihm. Chris zog an meinen Händen, sodass ich diese um ihn legte. Anschließend drückte er einen Knopf und vor uns öffnete sich ein Tor. Ehe ich reagieren konnte, drückte Chris aufs Gas. Zuerst versteifte ich mich und schlang meine Arme fester um ihn, wobei ich mich an seinen Rücken drückte. Es dauerte nur kurz, bis ich mich daran gewöhnt hatte … und es fühlte sich toll an, fast wie fliegen. Ich lockerte meinen Griff und streckte meine Arme gleich darauf zur Seite aus. Das Motorrad schwankte einen Moment, als Chris mit einer Hand nach hinten griff und mich versuchte festzuhalten. Sofort legte ich meine Arme wieder um ihn. Es würde keinen Sinn machen, wenn wir gleich auf dem Boden landen würden, weil er das Motorrad nicht mehr unter Kontrolle hatte. Seine Hand strich über mein Bein nach vorne und blieb noch einen Moment auf meinem Knie liegen, ehe er sie wieder an den Lenker legte. Als wir ankamen, stellte er das Motorrad ab und zog den Helm herunter. Ich tat es ihm gleich und schwang mein Bein über das Motorrad. Gleich darauf trat Chris zu mir. Er nahm mir den Helm ab und hängte ihn an das Motorrad. “Stell ja nichts an! Ich will nachher nicht erklären müssen, weshalb irgendetwas schief gegangen ist. Gerade, weil ich dich die ganze Zeit über überwacht im Institut lassen wollte!” Ich verzog mein Gesicht zu einer Grimasse. “Dann solltest du besser darauf achten, mich nicht zu provozieren”, knurrte ich ihn an und ging an ihm vorbei. Ich konnte die Dämonen-Aura spüren und je schneller ich an einem von diesen meine Wut auf Chris auslassen konnte, desto besser. Denn ich wollte nachher nicht erklären, warum ihm ein Bein fehlte … oder so etwas. “Warte, wo gehst du hin?”, erklang seine Stimme und gleich darauf war er neben mir. “Die Dämonen sind in diese Richtung”, antwortete ich und deutete dorthin ohne meine Schritte zu verlangsamen. “Falsch, der Angriff war dort”, entgegnete Chris und deutete in die andere Richtung. “Die Dämonen sind nicht mehr dort. Vertraue mir einfach, ja?” Ich sah ihn ernst an. Er erwiderte meinen Blick und nickte anschließend. “In Ordnung.” Ich wusste nicht, wie viel Überwindung es ihn gekostet haben musste, aber ich war dankbar dafür. Kapitel 19: ✡ ✟ Kapitel 18 ✟ ✡ ------------------------------ Die Dämonen hatten wir nach wenigen Metern tatsächlich erreicht. “Was machen die da?”, fragte Chris und blickte um die Ecke herum. Auch ich blickte um die Ecke herum. Eine Befürchtung machte sich in mir breit. Was wollten die Dämonen hier? Und warum auch solch hohe Dämonen? Es gab ein paar der niederen Dämonen, ein paar höhere. Und eine Gestalt, die fast menschlich aussah … fast. Das Gesicht war kein normales Gesicht, ein Schnabel zierte es, zusätzlich zu den roten Geschwüren, die über die Haut verteilt waren. Anstatt den Händen konnte man Krallen erkennen. Kein schöner Anblick für die Augen. Mein Herz begann zu rasen, als dieser plötzlich in unsere Richtung sah. Nicht nur wir Engel konnten die Auren der Dämonen spüren. Leider war es andersrum auch so. Und das hatte ich in diesem Moment total vergessen. Ich griff nach Chris Oberteil und krallte meine Hände in die Jacke. “Wir müssen hier weg …”, murmelte ich. “Was? Wieso dass denn? Elana, da vorne sind Dämonen! Unsere Aufgabe ist es, diese zu vernichten.” “Das können wir nicht!”, gab ich panisch von mir. Ich könnte es vielleicht, ja. Aber nicht er. Auch wenn er ein Schattenjäger war … so war er doch nur ein Mensch, im Gegensatz zu mir. Und ich wollte mich nicht offenbaren. Also mussten wir weg. “Komm schon!” Ich zerrte an ihm. Jedoch hatte ich nicht an seinen Dickkopf gedacht. “Wir Schattenjäger haben eine Aufgabe. Und dieser werde ich nachgehen, auch wenn es mir klar hätte sein können, dass du dich da raus halten willst!” “Hast du sie noch alle?”, zischte ich ihn an. “Hast du dir die Dämonen überhaupt einmal genau angesehen? Das ist keiner von den Dämonen, gegen die ihr Schattenjäger normalerweise kämpft! Das einzig Richtige was du machen kannst ist tatsächlich nur zu fliehen!” “Wir Schattenjäger?”, fragte er eisig und starrte mich an. Ich trat bei diesem Blick einen leichten Schritt nach hinten. Ein weiterer Fehler. “Ich werde nicht einfach abhauen!” Chris trat wieder an die Ecke um darum zu sehen. “Chris, bitte nicht”, hauchte ich. Ein eigenartiges Gefühl schnürte mein Inneres zu. Ich konnte es nicht beschreiben, ich wusste nur, dass ich nicht wollte, dass er auf diese Dämonen zutrat, um gegen sie zu kämpfen. Ich wollte nicht, dass ihm etwas passierte. “Findet das Engelsblut!”, erklang eine laute, krächzende Stimme und ich erstarrte. Das war nicht gut, gar nicht gut. “Verdammt!”, murmelte ich, als ich spürte, wie die Auren noch näher auf uns zu kamen. Ich griff nach den Seraphklingen an meinem Waffengurt und ließ in jeder Hand eine davon erstrahlen. “Jetzt plötzlich doch?”, fragte Chris sarkastisch und zog seine eigenen Waffen. Er musterte mich noch einen Moment misstrauisch, ehe er einen Satz zur Seite machte. “Achtung!”, rief ich, wirbelte vor ihm vorbei und ließ den ersten Dämonen in einem Funkenregen verglühen. Dazu war ich jedoch aus unserer Deckung gedrehten und stand zig Dämonen gegenüber. “Engel … Ich weiß was du willst!”, erklang die kratzige Stimme und ich erkannte, dass der Blick des höchsten Dämonens auf mich gerichtet war. Seine Augen bestanden nur aus Schwärze, ansonsten war nichts zu erkennen, keine Pupillen, keine Iris - nur Schwärze. Adrenalin breitete sich in meinem Körper aus und ich wurde ruhig. Dafür war ich trainiert worden - ähnlich wie die Schattenjäger. Auch Chris stellte sich neben mir in Kampfposition. “Redet er mit dir?”, knurrte er leise. “Meinst du etwa, ich weiß, was in seinem Kopf vorgeht?”, murrte ich leise und ließ meinen Blick über die Dämonen schweifen, die in Habachtstellung gegangen waren. Ich hoffte sehr, dass Chris nicht klar wurde, was der Dämon tatsächlich in mir sah. “Tötet sie!”, ließ der Hauptdämon seine Stimme erneut erklingen, ehe er sich herum drehte und in ein Portal trat, das hinter ihm erschienen war. Ein Aufschrei entkam mir. Er wusste etwas! Die Dämonen wussten etwas! Ehe Chris auch nur etwas sagen konnte, setzte ich voran und wirbelte herum. Alle Dämonen, die zwischen mir und dem Portal standen, wurden einfach vernichtet, doch zu spät. Gerade als ich das Portal erreichte, erlosch dieses. Alles was übrig blieb, war schwarze Asche auf dem Boden. Mit gerunzelter Stirn blickte ich auf diese, dann ließ ich die Seraphklinge erneut erleuchten und vernichtete die beiden Dämonen, die sich auf mich stürzten. Ein lauter und wütender Aufschrei brachte meine Gedanken wieder zu Chris, vor dem sich mehrere Dämonen aufgebaut hatten. Mein Herz zog sich zusammen. Ich hatte ihn völlig vergessen, als ich auf das Portal zu gehastet war. “Nicht”, brüllte ich und trat den Rückweg an. Doch auch hier war ich zu spät. Ich erkannte die Waffe, die auf Chris herunter fuhr. Der Dämon dazu war gleich darauf vernichtet, aber trotzdem hatte die Waffe den Schattenjäger getroffen. Panik breitete sich in mir aus, als ich Chris blutüberströmt auf dem Boden liegen sah. “Nicht Chris, bitte nicht …”, gab ich von mir und ließ die Seraphklingen fallen, als ich neben ihm in die Knie ging. Meine Hände tasteten über ihn, strichen sanft über seine Wangen. “Chris, bitte, bleib bei mir …”, brachte ich hervor, während Nässe über meine Wangen lief. “Nicht … weinen …”, brachte der Schattenjäger hervor und hob mühsam eine Hand, ehe er sie mir auf die Wange legte. Ich blinzelte. Sein Gesicht verzog sich schmerzerfüllt. “Vor- vorsicht … hin...hinter dir, Elana!”, brachte er hervor. Sofort drehte ich mich herum. Es waren noch zu viele Dämonen hier, zu viele für einen Menschen. Und Chris … wenn ich die Dämonen nicht aufhalten würde, dann … dann würde er sterben. Mein Herz verkrampfte sich bei dem Gedanken. Er durfte nicht sterben! Langsam richtete ich mich auf. “Verschwindet!”, gab ich mit fester Stimme von mir. Ein Fauchen war die einzige Antwort darauf. Ich drehte mich herum und hob meine Hände an. “Ihr habt recht, zu verschwinden ist ganz falsch! Die Schattenjäger haben eine Aufgabe. Und diese lautet, euch zu vernichten. Soll ich euch etwas sagen?”, ein schiefes Grinsen schlich auf meine Gesichtszüge, “das ist auch meine Aufgabe!” Im nächsten Moment erschienen leuchtende Lichtkugeln auf meinen Handflächen, die ich auf die Dämonen schleuderte. Diejenigen, die ich getroffen hatte, gingen in Funkenregen auf. “Engelsblut!”, zischte ein Anderer, sodass es sich wie eine Beleidigung an hörte. “Hochwertiger als euer Blut!”, erwiderte ich. “Tötet sie!”, kreischte ein Anderer und es war, als würde eine Flutwelle ausbrechen. Alle Dämonen hetzten auf mich zu. Hinter mir lag immer noch Chris auf dem Boden, schwer verletzt und ich wusste nicht, ob er es überhaupt schaffen würde! Aber nicht mit mir. In meiner reinen Menschengestalt konnte ich es nicht schaffen, aber als Engel … Was wiederum bedeutete, dass ich mich offenbaren musste. Kapitel 20: ✡ ✟ Kapitel 19 ✟ ✡ ------------------------------ Vor mir die Dämonen, die ich nur als Engel besiegen konnte… Hinter mir ein Schattenjäger, der nicht wissen sollte, was ich war. Und trotzdem gab es nur eine richtige Lösung! Ich schloss meine Augen und atmete tief ein. Als ich meine Augen wieder öffnete, leuchteten sie, das Gold glänzte, ließ erkennen, dass ich kein Mensch war… Ich war mehr, viel mehr. “Mit einer wichtigen Aufgabe betraut, wurde ich von meinem Herrn hier auf die Erde gesandt. Und ich werde nicht zulassen, dass ihr mir dabei in die Quere kommt”, richtete ich an die Dämonen, die alle erstarrten. Ich spürte die Kraft in mir, die Stärke, die ich bekommen hatte, die mein war. Ich spürte ein Prickeln auf meinem Rücken, spürte, wie ich sie endlich wieder ausbreiten konnte. Vor mir auf dem Boden war mein Schatten zu erkennen. Und meine Schwingen, meine Flügel, die ich ausgebreitet hatte. “Ihr habt es so wollen. Also bekommt ihr es auch so!” Erneut breitete ich meine Arme aus. Wo ich vorher etwas Licht heraufbeschworen hatte, brachte ich nun genug Licht hervor, um die Dämonen vernichten zu können! Ich streckte meine Hände aus. “Grüße in der Hölle!”, gab ich noch von mir, ehe ich durch mehrere Handbewegungen Lichtstrahlen auf die Dämonen abschoss. Die übrigen Dämonen stürzten sich auf mich. Ich setzte eine Attacke aus Licht nach der anderen auf die Dämonen ab. Es waren nicht mehr so viele, dass sie mir besonders gefährlich werden konnten. Zuvor waren schon einige vernichtet worden, sowohl von Chris, als auch von mir selbst. Gemeinsam hatten wir mehr bekämpfen, können, als ich zu Beginn angenommen hatte. Zudem war meine Waffe, das Licht, sehr stark - und diese Dämonen nicht besonders. Es war kein schwerer Kampf mehr und es waren nur Minuten, in denen das Adrenalin durch meinen Körper strömte und ein Dämon nach dem anderen in einem Funkenregen vergang. Ich legte meine Schwingen an meinen Körper an und überflog mit meinem Blick die Umgebung, erst mit den Augen, dann breitete ich meinen Geist aus. Keine Dämonen waren mehr anwesend. Immer noch raste das Adrenalin durch meinen Körper. Ich war aufgeputscht und hätte mich am liebsten abgestoßen um in den Himmel aufzusteigen, alles von oben anzusehen, endlich wieder ich zu sein. Eine Stimme hielt mich davon aber ab. “Engel…”, erklang hinter mir. Sofort drehte ich mich panisch um. Noch während ich zu ihm trat, ließ ich meine Schwingen wieder verschwinden. Ich ging neben Chris wieder in die Knie. “Du… du bist ein Engel…”, brachte er hervor und musterte mich mit weit aufgerissenen Augen. Ich legte eine Hand an seine Wange und schüttelte sofort meinen Kopf, während ich leise lachte. “Nein, nein … du musst dir den Kopf gestoßen haben!”, versuchte ich seine Erinnerungen zu verändern. Mein Herz raste … von so vielen Dingen … und auch davon, dass ich hier etwas schreckliches tat. In der Bibel stand, “du sollst nicht falsch Zeugnis geben”. Und doch log ich. Bereits seit ich auf der Erde angekommen war. Und das fühlte sich nicht gut an. “Ich… ich habe nicht…”, murmelte Chris und griff nach mir. Seine Hand schloss sich um mein Handgelenk der Hand, die an seiner Wange lag. “Du… du bist ein Engel…”, brachte er erneut hervor. “Du hast dir wirklich den Kopf gestoßen!”, brachte ich wieder hervor und schluchzte auf. Das Blut hörte nicht auf, aus seinen Wunden an der Stirn und dem Bauch zu treten und unter seinem Körper war eine Blutlache. Was… was sollte ich tun? In heilen? Aber wie? Eine Iratze? “Deine … deine Stele?”, brachte ich hervor und klammerte mich mit der anderen Hand an seiner Schulter fest. “Jack-jackentasche …” Seine Stimme wurde immer schwächer. Ich löste meine Hände von ihm und durchwühlte die Taschen, bis ich die Stele in der Hand hielt. Zuerst versuchte ich die Wunde an seiner Stirn zu heilen und kratzte die Rune in die Haut, direkt neben der Wunde. “Verdammt”, schluchzte ich leise, als die Wunde sich einfach nicht verschließen wollte. Dämonensekret - Gift. Nochmal versuchte ich es. Ich ließ meine Engelskraft in die Stele fließen und tatsächlich verschloss sich die Wunde. Ich schluchzte erneut auf und zog dann an der Jacke, um die Wunde am Bauch frei zu legen. Wieder legte ich die Stele an. “Engel…”, murmelte er und strich mir sanft über die Wange. “Nein… Elana… einfach nur Elana”, kam über meine Lippen. Als seine Hand abrutschte und hinunter fiel, schrie ich leise auf. Schnell ließ ich meinen Geist nach seinem greifen… er war nur ohnmächtig geworden… Ich suchte nach seinem Handy, das in einer seiner Taschen stecken musste. Als ich fündig wurde, zog ich es hervor und wählte gleich darauf eine Nummer. Als abgehoben wurde, konnte ich nur noch in das Telefon schluchzen. “Dan? Bitte, bitte ihr müsst sofort kommen! Ich weiß nicht, ob Chris… ich weiß es nicht! Bitte!” Ich legte nach dem Telefonat auf und ließ meine Stirn auf Chris Brust sinken. Ehe ich irgendetwas tun konnte, fing mein Körper an zu zucken und erneut spürte ich diese Nässe auf meinen Wangen. Was hatte Chris gesagt? Nicht weinen? Dann… dann waren das Tränen? Und dieses Gefühl? Angst… Ich hasste es. Ich hasste es, ein Mensch zu sein. Und ich hasste es… Angst um ihn zu haben. Angst um diesen Schattenjäger zu haben, der mir mehr bedeutete, als ich es wahrhaben wollte. Kapitel 21: ✡ ✟ Kapitel 20 ✟ ✡ ------------------------------ Als es an meiner Zimmertüre klopfte, richtete ich mich auf dem Bett auf und wischte die Tränen aus meinem Gesicht, die seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr aufgehört hatten zu laufen. “Ja?”, brachte ich mit krächzender Stimme hervor und sah zur Seite. Vermutlich sah ich schrecklich aus, zumindest fühlte ich mich so. “Elana?”, Lori steckte ihren Kopf zum Zimmer herein. Als sie mich sah, kam sie herein, warf die Zimmertüre hinter sich zu und trat zu mir. Gleich darauf saß sie neben mir auf dem Bett und schloss ihre Arme um mich. Diese eigentlich simple Geste ließ die Tränen wieder überschwappen. Lori hielt mich fest und streichelte sanft über meinen Rücken. Wir saßen eine Weile so da, bis ich mich wieder etwas beruhigt hatte. “Ich… ich hatte solche Angst…”, brachte ich hervor. “Die hatten wir alle”, erwiderte Lori sanft. “Aber… ich… ich kenne das nicht.” Lori stockte kurz in ihren Bewegungen, ehe sie sie wieder aufnahm. “Es geht ihm besser. Deine Heil-Iratzen haben geholfen. Was wirklich erstaunlich war… er muss doch Dämonengift abbekommen haben”, überlegte Lori, “er hatte eben Glück”, entschloss sie dann und lächelte mich an, “er hatte dich dabei.” Als ich ihren begeisterten Gesichtsausdruck sah, zog sich alles in mir zusammen. Ohne mich wäre Chris das gar nicht passiert. Ohne mich, wären die Dämonen nicht auf uns losgegangen. Ohne mich, hätte er es nicht abbekommen. Erneut fingen die Tränen an zu laufen. “Okay, komm mit”, richtete Lori an mich und sprang auf. “W-was?”, ich blinzelte sie verwirrt an. “Jetzt komm schon”, Lori klatschte in ihre Hände, “ich weiß, was dir jetzt gut tun wird.” “Wirklich?”, fragte ich verzweifelt. “Natürlich!” Die Schattenjägerin griff nach meiner Hand und zog daran. Ich stolperte vom Bett und wurde von Lori durch das halbe Institut gezogen. In einem Bereich, wo ich noch nie gewesen war, blieb sie vor einer Türe stehen. Lori lächelte mich an und ließ mich vor sich in das Zimmer eintreten. Verwundert sah ich sie an, tat aber wie sie wollte. Erst danach sah ich mich im Zimmer um und erstarrte. Mein Blick fiel auf Chris, der mich ebenfalls anstarrte. Er lag in einem Bett und neben ihm saß Dan auf einem Stuhl. Mein Herz machte einen Satz und ich trat zurück. “Elana…”, hauchte Chris. “Komm mit”, gab Lori von sich und legte mir eine Hand ins Kreuz, um mich unnachgiebig auf das Bett zuzuschieben. Mein Blick huschte von einer Ecke des Raumes zu anderen, überall hin, um nur nicht zu Chris sehen zu müssen. Das hier war wohl die Krankenstation des Instituts. Total interessant, wirklich interessant. Allerdings hatte ich nicht wirklich viel Zeit dafür, denn von der Türe zu Chris Bett war es nicht weit gewesen. Und lange würde ich darum auch nicht herum kommen… Ich sah auf und direkt in Chris Augen, der mich mit einem seltsamen Blick musterte. Stirnrunzelnd machte ich erneut einen kleinen Schritt nach hinten. “Geht es dir gut?”, fragte er und sah mich besorgt an. Ich musste wohl wirklich bescheiden aussehen. “Ja, ja…”, murmelte ich und sah wieder zur Seite, bis ich ihm wieder in die Augen sehen konnte. “Und wie geht es dir?”, fragte ich ihn leise. “Gut. Erstaunlich gut. Dank dir.” Zu meiner Überraschung hielt er mir eine Hand entgegen. Erneut durch Lori nach vorne gestoßen, ergriff ich diese. Chris zog mich sanft an die Seite des Bettes und drückte mich sanft darauf, sodass ich vor ihm saß. Er selbst hatte das Kopfteil nach oben geschoben, so dass er aufrecht saß. Er hob eine Hand und legte sie an meine Wange, wie vorher, als der Dämon ihn erwischt hatte. Ich hielt meinen Atem an, voller Angst, dass ich wieder weinen musste. Sein Daumen begann leise Kreise auf meiner Wange zu zeichnen. “Du warst das…”, murmelte er. Ich blinzelte ohne etwas zu sagen. “Du bist ein Engel…”, redete er leise weiter und sah mir tief in die Augen. Panisch rutschte ich nach hinten, von seiner Berührung weg. “Was? Nein. Nein! Wie… wie kommst du denn darauf?” “Ein Engel?” Mein Kopf ruckte zur Zeit. Ich hatte ganz vergessen, dass Lori und Dan auch noch da waren. Erneut sah ich zu Chris zurück, der mich immer noch so eigenartig ansah. “Er…”, stammelte ich, ehe ich die anderen beiden Schattenjäger ansah, den Versuche eines Lächelns auf meinem Gesicht. “Der Schlag auf seinen Kopf muss härter gewesen sein als gedacht…”, versuchte ich lachend zu erklären. “Ich weiß doch was ich gesehen habe!”, Chris griff nach mir und zog mich wieder zu sich. “Du hattest Flügel Elena! Weiße Flügel auf deinem Rücken. Und du hast alle diese Dämonen vernichtet.” Sofort schüttelte ich meinen Kopf. Mit beiden Händen griff ich nach seinen Wangen und beugte mich zu ihm, um ihn eindringlich anzusehen. Egal wie, er musste diese Gedanken, diese Erinnerungen aus seinem Kopf bekommen, es einfach anders sehen. “Chris, das stimmt nicht. Ich weiß nicht was du gesehen hast, aber sicherlich nicht das! Flügel? Du… du hattest etwas anderes im Kopf. Und so viele Dämonen waren es nicht. Du… du lagst auf dem Boden, du warst teilweise ohnmächtig. Ich bin mir sicher, dass du das nur geträumt hast.” Man konnte in seinen Augen erkennen, dass langsam Zweifel auftauchten. Und diese musste ich weiter schüren. “Du weißt selbst, woher du die Erinnerung an Flügel her hast. Du hast sie gesehen… auf meinem Rücken. Und durch den Schlag auf den Kopf, deinen Blutverlust, da hast du dir das sicher eingebildet”, flüsterte ich ihm ins Ohr. Ich blieb so bei ihm sitzen, meinen Kopf direkt an seinem. Meine Wange berührte seine und mein Herz raste regelrecht. “Vielleicht sollten wir sie alleine lassen”, kicherte Lori an Chris anderer Seite. Sofort riss ich meinen Kopf wieder zurück. Panisch sah ich neben mich, von wo aus Lori mir zuzwinkerte. “Erzähl doch keinen Mist!, murrte Chris und löste seinen Griff an mir. Ich rutschte zurück und sah zu den anderen beiden Schattenjägern. Dan sah mich ernst an, ehe er zu Chris sah. “Du solltest dir nichts einreden, Parabatei. Elana hat recht. Der Schlag gegen deinen Kopf war heftig und dein Blutverlust auch nicht ohne! Deshalb hast du vermutlich etwas gesehen, was wirklich nicht da war.” Chris und sein Parabatei sahen sich an, ohne etwas zu sagen. “Wir reden später”, richtete Chris an Dan, ehe er mich wieder ansah. “Geht es dir gut?”, fragte er erneut. Ich war verwirrt. Vor dem Kampf war er noch so wütend mit mir gewesen… und nun so besorgt? Er verwirrte mich so sehr. “Ich… ich weiß nicht…”, murmelte ich. Das alles hier überforderte mich total. “Sie war am Ende”, gab Lori von sich. Mein Blick richtete sich erschrocken auf sie. “Wirklich?”, fragte Chris erstaunt, ehe er wieder mich ansah, “Stimmt das Elana?”, richtete er direkt an mich. Seinen Blick erwidernd, wurde mir klar, dass das hier so nicht sein durfte. Da war zu viel… zu viel von etwas, das ich mir gerade selbst nicht erklären konnte. Daher zuckte ich nur mit meinen Schultern und stand auf. “Ich bin einfach erschrocken.War wohl etwas viel. Wenn ihr mich dann nicht mehr braucht…” Ohne auf die Worte hinter mir zu achten, verließ ich das Zimmer wieder und schloss die Türe, an die ich mich einen Moment lehnte. Ich musste meine Aufgabe ausführen… dann konnte ich wieder nach Hause und musste diese verwirrenden menschlichen Gefühle nicht weiter haben. Kapitel 22: ✡ ✟ Kapitel 21 ✟ ✡ ------------------------------ Ich zog ein weiteres Buch aus dem Regal. Waffenkunde… vielleicht würde ich hier etwas finden. Ich trug das Buch zu einem Tisch in der Bibliothek und schlug es auf. Ich blätterte es durch, fand aber nichts. Irgendwann würde ich an dem ständigen Misserfolg zugrunde gehen. Genervt nahm ich das Buch, schlug es zu und schob es wieder zurück in das Bücherregal. Ich hatte gedacht, dass ich bereits etwas gefunden hatte, aber Fehlanzeige. Es hatte sich dabei nicht um die Drachme gehandelt. Seufzend sah ich an dem Bücherregal auf. Wie viele der Bücher hatte ich bereits gelesen? Aber ich kam keinen Schritt vorwärts. Im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, dass es rückwärts ging. Der Dämon hatte gemeint, dass er wusste, warum ich hier war. Es konnte bedeuten, dass die Dämonen die Drachme hatten… oder zumindest auch auf der Suche danach waren. Und das war alles andere als gut. Als ich einen metallischen Geschmack auf meiner Zunge wahrnahm, bemerkte ich, dass ich auf meiner Lippe herum kaute. “Was machst du hier?” Eine tiefe Stimme riss mich aus meinen Überlegungen. erschrocken drehte ich mich herum. Ich hatte nicht aufgepasst, mich nicht genug konzentriert. “Chris…” Der Schattenjäger sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, während er zu dem Tisch ging, auf dem meine Unterlagen verteilt waren. “Meine weitere Frage wäre, was du mitten in der Nacht hier machst?”, redete er weiter, während ich ihn nur mit großen Augen ansehen konnte. Er war beim Tisch angelangt und griff nach meinen Aufzeichnungen. “Die Drachme des Lukas?”, sein Blick wanderte zu mir. “Das… das ist nichts…”, murmelte ich. Chris sah mich an. “Nichts? Ein Nichts, wegen dem ich dich nachts um halb drei in der Bibliothek antreffe? Ganz alleine?” Ich trat ein paar Schritte auf ihn zu. “Du verstehst das nicht. Ich konnte nicht schlafen, also bin ich hierher gekommen”, versuchte ich mal wieder, ihm etwas anderes zu erzählen als das, was er dachte. Er war der Einzige… der Einzige, der mehr wusste als alle anderen. Derjenige, der richtig vermutete. Und wieder musste ich ihn anlügen. “Was ist die Drachme des Lukas?”, fragte er und hob die Unterlagen hoch. Ich erstarrte. “Das… das ist eine Bibelstelle”, murmelte ich ausweichend. “Bibelstelle?” Ich nickte. “Ja, eine Bibelstelle. Eine Frau hat zehn Drachmen. Und sie verliert eine. Sie sucht danach und als sie sie wiederfindet, informiert sie alle ihre Freunde. So, das ist die Geschichte, dann kannst du jetzt ja wieder gehen”, antwortete ich und deutete auf den Eingang der Bibliothek. “Hmm, ja. Die Stelle kommt mir bekannt vor”, entgegnete Chris und ignorierte den Rest von dem, was ich gesagt hatte. Er legte die Unterlagen wieder auf den Tisch und sah mich an. “Warum suchst du Informationen darüber?” “Einfach… so halt…”, erwiderte ich langgezogen. “Elana.” Chris trat auf mich zu und sofort ging ich die Schritte nach hinten. Ich wollte Abstand zwischen uns bringen. “Ich weiß nicht, warum du mir nicht vertraust”, gab er von sich. Immer weiter kam er auf mich zu. Als ich das Bücherregal in meinem Rücken spürte, blieb ich stehen. Weiter kam ich nicht. Chris hielt jedoch nicht inne. Er blieb nur wenige Zentimeter von mir stehen. Mit einer Hand strich er meinen Arm herunter und umgriff mein Handgelenk. Erneut streichelte er über das Zeichen an der Innenseite. Mein Puls beschleunigte sich. “Du… du vertraust mir doch auch nicht…”, antwortete ich auf seine Frage. Sofort beugte er sich zu mir hinunter. “Ich weiß wirklich nicht, was das an dir ist Elana…”, mit der anderen Hand griff er nach einer Strähne und zwirbelte diese zwischen seinen Fingern, “... seit ich dich das erste Mal gesehen habe… und du einfach an mir vorbeigelaufen bist… du hast so gelächelt… und seitdem bekomme ich dich nicht mehr aus meinem Kopf.” Es fühlte sich an, als würde mein Herz zusammen gepresst werden. Ich hatte ihn angelächelt… Das Lächeln eines Engels konnte Auswirkungen haben. Eine dieser Auswirkungen war, dass man den Engel nicht vergessen konnte… und das schien Chris passiert zu sein. Er bekam mich also nicht mehr aus seinem Kopf... “Ich weiß wer du bist, was du bist Elana. Und auch wenn du etwas anderes behauptest… Ich werde nicht aufhören, das zu glauben. Du hast Flügel…” Seine Hand löste sich von meinen Haaren und schob sich auf meinen Rücken. Dadurch wurde ich nach vorne gedrückt, an seinen Brustkorb. Ich erstarrte, während er mit seinen Fingern über meinen Rücken streichelte. “Ich habe sie gesehen… in beiden Formen. In der gemalten auf deinem Rücken und gestern, als du sie ausgebreitet hast.” “Du… du spinnst…”, stotterte ich. Ich sah auf und erstarrte erneut. Er war zu nahe. Zu nahe an mir. Er beugte sich noch weiter zu mir. Seine Lippen waren nur Zentimeter von meinen entfernt. “Ich glaube dir nicht. Ich weiß, was ich gesehen habe. Und ich… ich will in deiner Nähe sein.” Er kam noch näher. Mein Herz explodierte fast. Es war einfach zu viel. Ich schob meine Hände zwischen uns und drückte ihn von mir. Kapitel 23: ✡ ✟ Kapitel 22 ✟ ✡ ------------------------------ Als Chris Hände sich lösten, drückte ich mich an ihm vorbei und trat zum Tisch, um hastig meine Unterlagen zusammen zu suchen. “Wie kann ich dir helfen?” Ich erstarrte, als ich seine Stimme direkt hinter mir wahrnahm. Eine Hand auf meiner Schulter zog mich herum und sofort sah ich in Chris´ blaue Augen. “Mir helfen?”, brachte ich mit hoher Stimme hervor. “Anscheinend suchst du ja etwas…”, er deutete auf die Unterlagen in meinen Händen, “und ich habe gelernt, dass es immer gut ist, wenn man Hilfe hat. Also Elana, bitte…” er trat wieder zu mir und nahm mein Gesicht zwischen meine Hände. “Erlaube mir dir zu helfen. Du hast heute mir geholfen. Und ich will dir helfen.” ⇼ Ich wusste nicht, was mich da geritten hatte. Ich hätte ablehnen sollen, von mir aus auch dankend. Aber das hatte ich nicht getan. Ich hatte Chris nicht einfach wegschicken können. Ich hatte es wollen, wirklich, aber hatte es nicht können. Warum ich ihm in dieser Hinsicht plötzlich vertraut hatte? Ich konnte es nicht sagen, wahrhaftig nicht. Denn eigentlich vertrauten wir uns doch nicht. Dennoch… er war der Einzige. Derjenige, der die richtige Vermutung gehabt hatte und auch immer noch hatte. Zudem fühlte ich mich in seiner Gegenwart so… so anders. Ich konnte dieses Gefühl nicht benennen… aber ich fühlte mich wohl. Ich vertraute ihm wohl auch. Natürlich hatte ich Chris nicht alles erzählt. Ich hatte ihm nur gesagt, dass ich diese Drachme finden musste. Dass ich deshalb nach Houston gekommen war. Er hatte sich erstaunlich zurück gehalten. Normalerweise hätte ich erwartet, dass er alles hinterfragte, alles genau wissen wollte. Das tat er jedoch nicht. Er hörte mir zu und nickte. Schließlich stand er auf und zog selbst ein paar Bücher aus dem Bücherregal. “Dann schauen wir doch mal, was wir finden.” Er zwinkerte mir noch zu und vertiefte sich in seine Aufgabe. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm wenden. Das schien ihn irgendwann zu nerven, denn er sah mit hochgezogenen Augenbrauen zu mir auf. “Kannst du bitte auch mal etwas machen und nicht nur so rumstehen? Das ist irgendwie… störend.” “Was? Oh ja, sofort!” Kurz darauf saß ich neben ihm und blätterte selbst durch ein Buch. Dass mein Blick jedoch immer wieder zu ihm wanderte, dagegen konnte ich nichts tun. “Was genau ist die Drachme eigentlich?” Seine Frage ließ mich stocken. Ich konnte ihm irgendeine Geschichte auftischen, die er mir wahrscheinlich auch nicht glauben würde… oder einfach die Wahrheit. “Eine Waffe”, antwortete ich. Nun erstarrte er. “Eine Waffe?” Anstatt einer Antwort nickte ich nur. “Da draußen ist eine Waffe? In den Händen von jemanden, den du nicht weißt?” Er sah mich an und erneut nickte ich nur. “Okay. Wie gefährlich ist diese Waffe?” “Sehr gefährlich”, antwortete ich und sah ihn ernst an. “Elana”, er legte eine Hand auf das Buch vor ihm und schüttelte seinen Kopf, “wir müssen es Elizabeth und Maurice sagen. Sie sollten wissen, dass da draußen eine gefährliche Waffe ist.” Meine Hand landete auf seiner. “Nein Chris”, es war an mir, meinen Kopf zu schütteln, “ich habe es dir gesagt. Dir alleine. Bitte, bitte sag noch nichts.” Ich sah ihn eindringlich an und das schien etwas in ihm auszulösen. Nach kurzem Zögern nickte er, bevor er seine Hand drehte und meine umschloss, die immer noch auf seiner gelegen hatte. “Ich werde dir helfen, so viele Informationen wie möglich zu sammeln. Aber wenn es darauf ankommt, dann werde ich die Schattenjäger informieren.” Als ich etwas entgegnen wollte, schnitt er mir das Wort ab, noch ehe ich ein Wort hervorbringen konnte. “Ich bin ein Schattenjäger, Elana, das war ich immer und ich werde es immer sein. Diese hier”, er tippte auf eine Rune, die auf seinem Unterarm zu erkennen war, “sind nicht nur zur Zierde. Sie bedeuten mir etwas. Ich bin mit Dan den Parabatei-Bund eingegangen, weil ich daran glaube. Und ich glaube daran, dass wir Schattenjäger eine Aufgabe haben. Wir sollen die Menschen beschützen. Und dazu zählt es, wenn eine Waffe in die falschen Hände gerät. Denn das ist eine Gefahr. Für alle.” Er sah mich so eindringlich an, dass ich meinen Kopf senken musste. “In Ordnung”, flüsterte ich. “Vertraue mir, ja?”, erklang Chris Stimme sanft und mit einer Hand drückte er mein Kinn in die Höhe. Ich erstarrte, als er mir wieder so nahe war. Mein Herz stolperte, ehe es zu rasen begann. Warum machte er mich so verrückt? Meine Hand drückte seine unbewusst fester. Das schien er als Aufforderung zu verstehen, denn er kam mir näher. Ich konnte seinen Atem auf meinen Lippen spüren. Und das war der Moment, als mich Panik überkam. Ich sprang auf. “Ich… ich sollte ins Bett…”, stammelte ich und sammelte meine Sachen zusammen. “Elana”, Chris sprang auf und beobachtete mich. Als er erkannte, dass es mir ernst war, seufzte er leise. “Okay, warte kurz. Ich komme gleich mit.” Er griff nach den Büchern die auf dem Tisch lagen und räumte diese auf. Anschließend trat er zu mir. “Können wir?”, fragte er leise. Auf ein Nicken von mir gingen wir gemeinsam los. Vor unseren Zimmertüren sahen wir uns in die Augen. “Gute Nacht Elana”, richtete der Schattenjäger leise an mich. “Dir auch”, gab ich leise von mir und verschwand in meinem Zimmer. Kapitel 24: ✡ ✟ Kapitel 23 ✟ ✡ ------------------------------ “Ich habe hier etwas, Elana”, richtete Chris an mich und kam mit einem Buch zu mir. “Wirklich?”, fragte ich erstaunt. “Ja. Nicht wirklich viel, aber eine Luca-Münze ist einer Lukas-Drachme doch sehr ähnlich, was meinst du?”, Chris legte das Buch vor mich und deutete auf die Stelle, die er gefunden hatte. Mein Herz begann schneller zu schlagen, als ich das Bild erkannte. “Ja… das ist sie”, ich riss das Buch zu mir und legte meinen Finger auf die goldene, abgedruckte Münze. Chris ließ sich neben mir nieder und legte eine Hand auf die Rückenlehne hinter mir. Ich versteifte mich einen Moment, als sein Kopf dicht an meinem war, sodass auch er in das Buch hineinsehen konnte. “Das erste Mal ist sie vor 70 Jahren aufgetaucht”, las er den Text unter dem Bild der Münze vor, “das Alter wurde jedoch auf einige hundert Jahre geschätzt.” “Sie ist auch alt…”, murmelte ich. “Bedeutet?” Ich richtete meinen Blick auf den Schattenjäger neben mir. Er war mir schon wieder so nahe. “Sehr alt…”, gab ich von mir und sah schnell wieder auf das Buch. “Hier steht nichts weiter… aber es muss doch mehr Informationen geben!” Verzweifelt blätterte ich in dem Buch herum. “Komm schon. Es ist ein Anfang. Das ist das Erste darüber, was du gefunden hast, oder?” Ich nickte. “Siehst du? Es ist etwas. Ich werde es übers Internet suchen.” Eine Hand landete in meinem Nacken und massierte mich sanft. Eine Gänsehaut machte sich breit und leise seufzte ich auf. “Komm mit.” Die Hand entfernte sich. Ich sah auf. Chris war bereits ein paar Schritte gegangen und stand in der Nähe der Türe. “Warte kurz.” Ich sprang auf und räumte die Sachen auf, ehe ich das Buch und unsere Aufzeichnungen ergriff und Chris folgte. Er ging in die Richtung, in der unsere Zimmer lagen. Zu meinem Erstaunen ging er auf sein Zimmer zu. Er öffnete die Türe und deutete darauf. “Gehst du jetzt rein?”, fragte er, als ich keine Anstalten dazu machte. “Oh… ja, natürlich…”, ich trat an ihm vorbei und ging in das Zimmer hinein. Es war so groß, wie das, in dem ich schlafen durfte. Ein großes Bett, viele graue Farben mit blauen Farbklecksen, an der Wand ein Schrank, Regale mit verschiedenen Gegenständen, ein Schreibtisch mit einem Bildschirm darauf. Auf letzteres ging Chris zu, nachdem er seine Zimmertüre wieder geschlossen hatte. Ich legte die Aufzeichnungen und das Buch auf sein Bett und sah mich neugierig um. Es gab ein paar Bilder von ihm, Lori und Dan. Und auch ein Bild, auf dem er und seine Schwester mit einem älteren Ehepaar zu sehen war. Vermutlich seine Eltern. Ich streckte die Hand nach dem Bild aus, zog sie aber gleich wieder zurück, als ein leises Piepsen erklang. Chris hatte seinen Computer gestartet und sich davor gesetzt. Nochmal richtete ich den Blick auf das Bild, ehe ich mich herum drehte und zu dem Schattenjäger ging. Ich stand neben Chris, hatte meine Arme auf der Tischplatte abgestützt und blickte mit in den Computer, während er alle möglichen Internetseiten durchsuchte. “Nichts…”, murmelte Chris. “Wenn du den Namen anders schreibst?”, ein Hand landete auf Chris Schulter. Der Schattenjäger versuchte mehrere Schreibweisen. “Nein, so wird es nichts…”, murmelte er, als immer noch kein Ergebnis angezeigt wurde. Sein Kopf wand sich zu mir. “Ich habe im Mundi-Internet gesucht. Wir können auch noch in unseren Computern suchen… aber ich weiß nicht, inwieweit das gespeichert wird… es könnte also sein, dass das Institut davon erfährt. Und das wäre auch eine Möglichkeit.” Sofort verneinte ich. “Wir haben eine Abmachung. Und diese sagt aus, dass die Schattenjäger nicht involviert werden… zumindest jetzt noch nicht!”, erinnerte ich ihn an unsere Absprache. Chris seufzte auf. “Okay, dann nicht so.” Er fing an mit seinen Fingern auf der Tischplatte herum zu trommeln. “Was jetzt?”, richtete er an mich. Ich zuckte mit meinen Schultern. “Ich weiß es nicht”, ich legte eine Hand vor mein Gesicht, “verdammt! Ich bin einfach überfordert. Ich weiß nicht weiter…” Ich spürte, wie er mit seinem Stuhl zurück rollte, mit seiner Hand nach meiner Hüfte griff und mich zu ihm zog. Gleich darauf saß ich auf seinem Schoss und er drückte mich sanft an sich. “Wir finden die Drachme schon Elana. Es braucht einfach nur ein wenig Zeit.” “Ich weiß aber nicht, wieviel Zeit wir noch haben.” “Was genau meinst du damit?” Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Stattdessen schloss ich meine Augen und genoss Chris Berührungen. Mein Kopf lag an seiner Schulter und seine Hand streichelte sanft über meinen Rücken und meine Seite. Seine Bewegungen stockte. “Elana, bitte. Was meinst du damit, dass du nicht weißt, wieviel Zeit noch ist?” “Es ist eine Waffe. Ich weiß nicht, wer die Drachme hat… und daher weiß ich auch nicht, wieviel Zeit wir noch haben.” “Wie lange wird die Drachme schon vermisst?”, fragte er weiter, während seine Hand wieder seine Bewegungen aufnahmen. “Zwei Tage…”, murmelte ich. “Zwei Tage?”, erklang seine Stimmer erstaunt. Mir kam, was ich gesagt hatte. “Was? Ähm nein… zwei Tage ist ja Quatsch…”, gab ich schnell von mir. Die Zeit im Himmel und auf Erden verging immer noch unterschiedlich. “Über 150 Jahre…”, antwortete ich ihm. “Okay… und wie lange suchst du du schon danach?” “Seit ich hier bin…” Chris sah auf mich hinunter. Durch unsere momentane Stellung, war er mir wieder sehr nahe. Mein Herz nahm erneut an Tempo zu. Er war nahe… zu nahe. Sofort sprang ich auf. “Ich muss sie einfach finden”, erklärte ich und konzentrierte mich auf das, weswegen ich hier war. Er sah mich mit einem eigenartigen Blick an, ehe er nickte. “In Ordnung. Hast du noch eine Idee, wo wir etwas finden können?” Ich zog meine Augenbrauen zusammen. Vielleicht… “Vielleicht könnte man in einer anderen Bibliothek noch weitere Informationen finden…” Chris drehte sich mit seinem Stuhl in meine Richtung und legte seinen Arm auf dem Schreibtisch ab. “An was für eine Bibliothek hast du gedacht?” Ich zuckte mit meinen Schultern. “An die eines Hexenmeisters?” Chris sah mich noch einen Moment an, ehe er grinsen musste. “Perfektes Timing kleiner Engel.” “Nenn mich nicht Engel!”, knurrte ich, während Chris auf seinem Schreibtisch nach etwas suchte. “Ach komm schon Elana”, richtete er schmunzelnd an mich und hob mir eine Karte entgegen. Mit gerunzelter Stirn musterte ich ihn, ehe ich die Karte entgegennahm und diese genauer betrachtete. { Trevor Silk lädt ein zum Maskenball } “Trevor Silk?” Chris grinste immer noch. “Trevor Silk ist der hier ansässige Hexenmeister. Und ich bin übermorgen Abend auf den Maskenball eingeladen. Bisher hatte ich nicht hingehen wollen, aber mit dir zusammen… Also wegen deiner Aufgabe… warum nicht?” Kapitel 25: ✡ ✟ Kapitel 24 ✟ ✡ ------------------------------ “Wirklich jetzt? Gestern wolltest du noch nicht auf den Maskenball!”, Lori sah ihren Bruder ungläubig an. Der zuckte mit seinen Schultern. “Warum nicht? Trevor macht gute Partys. Und ich sollte irgendwann mal wieder raus.” “Jetzt sag schon. Wie kam der Sinneswandel?”, stocherte Lori weiter. Chris seufzte auf. “Ich darf ja noch meine Meinung ändern wenn ich will”, antwortete er und griff nach der Kaffeekanne, um sich nach zu schenken. “Normalerweise hinterfrage ich ja nicht, was du so machst, aber dieses Mal würde es mich doch interessieren”, mischte auch Dan sich ein. Er hielt seinem Parabatei seine eigene Tasse entgegen, so dass dieser auch ihm nachschenken konnte. “Wie als ob ich nie spontan wäre”, Chris stellte die Kaffeekanne zurück, während Dan aus der gefüllten Tasse trank. “Dagegen sagt ja keiner von uns etwas”, warf Lori ein. “Es wundert uns nur”, beendete Dan den Satz seiner Freundin. Chris warf mir einen kurzen Blick zu, ehe er wieder zu den anderen Beiden sah. “Wir sollten Elana auch etwas mehr von Houston zeigen. Und ich bin davon ausgegangen, dass Trevor einen Ausflug wert ist.” Es herrschte Stille am Frühstückstisch. “Okay…”, gab Lori irgendwann langgezogen von sich. Ihr Blick richtete sich auf mich, ehe sie wieder zu ihrem Bruder sah. “Willst du sie loswerden? Denkst du, dass Trevor dir einen Zauber oder einen Zaubertrank hat? Damit das klar ist! Ich werde dir dabei nicht helfen!” Chris sah seine Schwester ungläubig an, ehe er laut zu lachen begann. “Lori, du hast vielleicht Ideen”, richtete er an seine Schwester. Die sah ihn ernst an. “Dir ist alles zuzutrauen!”, sie richtet ihren Blick anschließend auf ihren Freund, “Sag du doch auch was dazu Dan.” Dan zuckte mit seinen Schultern und grinste Chris an. “Dir ist wirklich alles zuzutrauen. Aber das…”, sein Blick richtete sich auf Lori, “das traue ich ihm nicht zu. Denn alle Schattenjäger würden sofort ihn verdächtigen. Immerhin mag er Elana nicht.” Ich zog meinen Kopf ein, während ich die Anderen beobachtete. Sie verunsicherten mich. “Es ist ja jetzt nicht so, als ob ich Elana nicht mögen würde. Sie hat nur…”, er sah zu mir “etwas spezielles…” Ich erwiderte den Blick und spürte, wie meine Wangen warm wurden. “Genau, etwas ganz spezielles”, Dan konnte nicht anders, als seinen Parabatei mit hochgezogenen Augenbrauen an zu grinsen. Eventuell irrte ich mich, aber auch Chris schien rot zu werden. Ein schneller Blick auf mich, ehe er wieder Dan ansah. “Halt die Klappe.” Anschließend sah er Lori an. “Sie braucht noch ein Kleid. Das wäre dann deine Aufgabe.” Loris Augen begannen zu strahlen. “Ein Kleid? Oh ja”, ihr Blick wanderte zu mir, “ich weiß genau, wo wir hin können, Elana!” Sie klatschte begeistert in die Hände und ich nickte langsam. “Gut, dann kümmert ihr euch darum und ich und Dan erledigen noch ein paar Dinge”, Chris stand auf und sah mich noch kurz an, ehe er gemeinsam mit Dan den Raum verließ. Er war noch keine Minute weg, als er seinen Kopf wieder herein streckte. “Oh Lori, und eine Maske, ja?” Die Schattenjägerin nickte, ehe sie sich mir zuwand. Chris war bereits wieder verschwunden. Loris Blick richtete sich immer noch strahlend auf mich. “Na dann los Elena. Ich weiß genau, wo wir das perfekte Kleid für dich finden.” ⇼ “Hereinspaziert!” Lori hielt eine Türe auf. Misstrauisch sah ich in den Raum dahinter. In den Schaufenstern hatte man schon Kleider erkennen können, trotzdem wirkte es so klein und so… “Jetzt komm schon. Zier dich nicht so!” Ich wurde an einem Arm gepackt und in den Raum hinein gezogen. “Hey Lia”, rief Lori laut und gleich darauf stand eine junge Frau vor uns. Ich konnte ihre Aura wahrnehmen und sofort versteifte ich mich. Eine Werwölfin. Auch Lia runzelte ihre Stirn, als sie mich sah. Konnte sie mein Engelsblut ebenfalls stärker wahrnehmen? Vermutlich… “Lia, das ist Elana, eine Freundin von mir. Wir gehen heute Abend auf Trevors Maskenball und sie braucht noch ein Kleid.” Lias Blick richtete sich auf mich, während ich ungläubig Lori ansah. Freundin? Ein Lächeln schlich auf mein Gesicht. Ein Glücksgefühl durchströmte mich. So war das also… Freunde. So einfach? Ob ich für Chris auch eine Freundin war? “Auf den Maskenball? Dann sehen wir uns. Ich bin auch eingeladen”, richtete Lia an Lori. “Wie schön. Hast du eine Begleitung?” Lia schmunzelte. Lori war einfach sie selbst, sie nahm kein Blatt vor den Mund. “Ich gehe mit Phil.” “Phil ist der Anführer des hiesigen Werwolfrudels”, richtete Lori an mich. Ich nickte, während Lia mich einen Moment nachdenklich ansah. Anschließend richtete sie sich jedoch wieder an Lori. “Und du gehst mit Dan?” “Mit wem sonst?”, erwiderte Lori schmunzelnd. “Und dein Bruder?”, auf Lias Gesicht machte sich ein anzügliches Grinsen breit. “Er geht mit Elana.” Lori deutete auf mich. Ich blinzelte verwirrt. Ich war Chris´ Partnerin? Das war mir so nicht bewusst gewesen. Lia musterte mich erneut, bis sie eine Entscheidung zu treffen schien. “Sehr gut. Na dann komm mal mit. Ich habe das perfekte Kleid für dich!” Ehe ich mich versah, griff die Werwölfin nach meinem Arm und zog mich einfach mit sich. ⇼ “Es ist perfekt!”, Lori sah mich mit leuchtenden Augen an. Lia hatte ihre Arme vor ihrem Oberkörper verschränkt und nickte zufrieden. “Habe ich nicht gesagt, dass ich das perfekte Kleid für sie habe?”, richtete sie an die Schattenjägerin, ehe sie wieder zu mir sah. Ich war gerade aus der Umkleide des gemütlichen kleinen Ladens getreten. Ich trug ein bodenlanges weißes Kleid. Es hatte dünne Träger, die mit goldenen Pailletten bestickt waren, einen Wasserfallausschnitt und das leichte und weiche Material lag eng an meinem Körper an, ehe es ab meinen Oberschenkel locker herunter fiel. “Meint ihr?”, fragte ich verunsichert. “Natürlich. Komm, schau in den großen Spiegel.” Lia zog mich zu einem deckenhohen Spiegel, der ein Stück weiter angebracht war. “Dein Rücken!”, brachte Lori überrascht hervor, als sie das erste Mal meinen freien Rücken sah. Ich erstarrte einen Moment, ehe ich mich mit dem Rücken zum Spiegel drehte und über meine Schulter sah. Ich hatte meine Haare zuvor mit einer Klammer nach oben gesteckt, sodass man einen freien Blick auf meinen Rücken hatte. Das Kleid hatte einen tiefen Rückenausschnitt, der fast meine kompletten Flügel frei legte. Nur die Spitzen waren noch unter dem weißen Stoff verbogen. Die glitzernden Pallietten von den Trägern zog sich den kompletten Rand entlang. “Hast du die schon immer?”, fragte Lori und trat zu mir. Mit einem Finger zog sie eine der Linien auf meinem Rücken nach. Überrascht stellte ich fest, wie sehr sich Loris Berührung von der ihres Bruders unterschied. Bei ihm hatte ich eine Gänsehaut bekommen. Bei Lori fühlte ich nichts. “Schon eine Weile zumindest”, antwortete ich ihr schulterzuckend. “Hier ist das Schmuckstück”, Lia trat zu uns und hielt mir eine goldene, filigrane Maske entgegen. Ich nahm diese und musterte sie einen Moment. “Setz sie auf”, Lori klatschte begeistert in ihre Hände. Ich sah kurz zu der Schattenjägerin, ehe ich meinen Blick wieder auf den Spiegel richtete und die Maske auf mein Gesicht setzte. Lia trat hinter mich, ergriff die goldenen Bänder der Maske und band diese hinter meinem Kopf zusammen. Ich blinzelte erstaunt in den Spiegel. Es sah… gut aus. Das hätte ich niemals erwartet. Das Kleid schmeichelte mir, dazu noch die Maske... Erneut drehte ich mich herum, um meinen Rücken nochmals ansehen zu können. Die Flügel waren sehr gut zu erkennen. Sollte ich sie so offen zeigen? Oder sollte ich sie doch lieber bedecken? “Ach du siehst wirklich gut aus”, Lia lächelte mich an und auch ich musste lächeln. “Meinem Bruder werden die Augen ausfallen”, lachte Lori auf. Erneut spürte ich, wie sich meine Wangen röteten. “Sag so etwas nicht”, murmelte ich und griff nach der Maske, um sie von meinem Gesicht zu ziehen und dieses zumindest noch kurz mit den Händen zu bedecken. Dann sah ich wieder in den Spiegel. Meine goldenen Augen leuchteten regelrecht. Ja, Chris würde es gefallen. Und das war der Moment, in dem ich entschied, das Kleid zu nehmen. Kapitel 26: ✡ ✟ Kapitel 25 ✟ ✡ ------------------------------ Erneut rückte ich das Kleid zurecht. Konnte ich so wirklich aus dem Haus gehen? Konnte ich mich so überhaupt zeigen? Vielleicht war es doch nicht so gut, meine Flügel offen zu zeigen. Aber hätte ich eine Alternative? Es klopfte an der Türe und Lori kam herein. “Elana? Bist du soweit? Die Jungs warten unten.” Ich erstarrte. Okay, nicht nur nichts anderes zum anziehen, auch keine Zeit mehr zum umziehen. “Du siehst einfach gut aus”, Lori strahlte und trat ganz in das Zimmer ein. Sie trug ein ebenfalls bodenlanges Kleid in sanften Türkis-Tönen, dazu eine silberne Maske, durch die ihre hellblauen Augen leuchteten. “Komm, ich ziehe dir die Maske an.” Sie trat zu dem Tischchen auf dem die goldene Maske lag und anschließend zu mir, um sie mir zu reichen. Kaum dass ich sie mir aufs Gesicht gesetzt hatte, band Lori die Bänder an meinem Hinterkopf zusammen. Meine Haare hatte sie zuvor kunstvoll aufgesteckt und sich auch mit Make up auf meinem Gesicht ausgetobt. Aber es sah gut aus und es gefiel mir. “Vergiss auch die Schuhe nicht.” Lori warf mir noch die goldenen Highheels zu, die ich sofort anzog. Ich stand auf und folgte der Schattenjägerin, die wirklich bezaubernd aussah. Lori war ein wundervoller Mensch und eine wundervolle Freundin. Deswegen hatte es sich schon gelohnt, dass ich doch zu den Schattenjägern gegangen und geblieben war. Und immerhin hatte ich auch schon etwas herausgefunden, was die Drachme anging. Und heute Abend erhoffte ich mir noch mehr. Wir traten in die Eingangshalle des Schattenjägerinstitutes. Dort standen Chris und Dan, die sich miteinander unterhielten. Als wir ankamen, sahen sie zu uns und erstarrten. “Wow, du siehst gut aus”, richtete Dan an Lori und hielt ihr seine Hand entgegen. Lori ergriff diese kichernd und drehte sich unter seinem Arm, ehe sie ganz nahe zu ihm trat. “Nicht wahr?”, Lori kicherte erneut und küsste Dan sanft. “Hast du deine Maske?”, fragte sie. Dan nickte und hob eine schwarze Maske in die Höhe. “Natürlich.” Während die Beiden herum turtelten, sah ich von ihnen zu Chris und erstarrte. Er sah mich so eigenartig an. Ich konnte ihn nicht lesen, ich konnte nicht erkennen, was er dachte. Er drehte sich auf einmal herum. “Gehen wir”, brachte er mit harter Stimme hervor. Mein Herz schien fast zu zerspringen, so stark wie es in meiner Brust klopfte. Ich konnte nicht sagen, warum sich alles in mir so zusammen zog… Doch, ich konnte es. Ich hatte eine andere Reaktion erwartet. Ich hatte gehofft, dass er anders reagieren würde. Dass er mich schön finden würde… und vielleicht auch, dass er mich so ansehen würde, wie Dan Lori angesehen hatte. Auf meiner Unterlippe kauend, folgte ich den Schattenjägern. Ich verstand es nicht… ich verstand diese menschlichen Gedanken und Gefühle nicht. Zum Glück konnte ich wieder zurück in meine Heimat. Dazu musste ich die Drachme finden. Und ich hatte ein gutes Gefühl. Ich würde sie finden. Heute Abend würde ich Informationen bekommen. ⇼ Wir fuhren mit einem schwarzen SUV zu Trevor Silks Anwesen. Dieses lag etwas erhöht, sodass wir die Stadt verlassen mussten. Draußen war es bereits dunkel und je höher wir kamen, desto mehr sah man von dem beleuchteten Houston. “Das ist wundervoll”, brachte ich hervor. Lori, die neben mir auf dem Rücksitz saß, beugte sich über mich um ebenfalls aus dem Fenster heraus zu sehen. “Houston hat schon was, oder?”, richtete sie an mich. Ich lachte leise und nickte. “Ja, das hat es.” Lori setzte sich auf ihren Platz zurück. “Da oben ist es”, sie deutete auf das Gebäude, das man nun erkennen konnte. Es war hell erleuchtet und das Licht wechselte seine Farben. Ich sah in die Richtung, ehe ich wieder nach vorne sah. Im Rückspiegel konnte ich erkennen, dass Chris seine Augen auf mich gerichtet hatte. Kaum dass mein Blick auf seinen fiel, sah er jedoch wieder nach vorne. Dieses Tun verletzte mich, mehr als ich es erwartet hätte. Daher sah ich wieder zum Fenster hinaus. Ich musste ihm nicht gefallen. Daher war es mir egal, was er tat oder wie er handelte. Ein paar Minuten später lenkte Chris das Auto auf ein großes, verziertes Eisentor zu, in dessen Mitte ein T und ein S zu erkennen waren. “Trevor liebt solchen Protz”, erklärte Dan grinsend, als ich erstaunt nach vorne sah. “Das merke ich”, murmelte ich, als wir nach Vorzeigen der Einladung das Tor passieren durften. Chris fuhr noch ein Stück weiter, bevor er das Auto direkt vor der Türe parkte. Er stellte den Motor aus, ließ jedoch den Schlüssel stecken und stieg aus. Auch Dan stieg aus, öffnete die Hintertüre und hielt Lori seine Hand entgegen. Als sich auf meiner Seite die Autotür öffnete, sah ich Chris erstaunt an. Er hob mir ebenfalls seine Hand entgegen. Durch die schwarze Maske leuchteten mir seine hellblauen Augen entgegen. Er musste sie gerade aufgesetzt haben, bevor er ausgestiegen war. “Jetzt komm schon”, murrte er und streckte mir seine Hand noch weiter entgegen. Bei seinem Tonfall runzelte ich die Stirn, ehe ich seine Hand zur Seite schlug und alleine aus dem Auto ausstieg. “Ich brauche deine Hilfe nicht”, zischte ich ihn an. Ich atmete erschrocken ein, als er mich plötzlich an sich zog. “Hör auf damit, Engel. Wir beide sind gemeinsam hier, du bist meine Begleitung! Also stoß mich nicht von dir!” Ich war wie erstarrt. “O-okay... “ brachte ich hervor. Erst als er von mir zurück trat, konnte ich wieder aufatmen. “Nenne mich nicht Engel”, zischte ich ihn an. “Sicher doch… Engel!” Seine blauen Augen blitzten mich herausfordernd durch die Maske hindurch an. “Ich dachte, ihr würdet euch besser verstehen”, gab Dan von sich. Dieser stand mit Lori an seinem Arm hinter Chris und sah an diesem vorbei zu mir, ehe er seinem Parabatei in den Rücken stieß. “Was?”, fuhr dieser ihn an. Dan sah ihn stirnrunzelnd durch seine eigenen schwarze Maske an. “Sei einfach nicht so giftig zu ihr!”, zischte er, ehe er sich herum drehte und Lori seinen Arm entgegen hielt. Die Schattenjägerin hakte sich nach einem kurzen Blick auf ihren Bruder und mich bei ihm ein. Chris blickte mich an, ich sah jedoch zur Seite. “Gehen wir rein”, murmelte er und drehte sich ebenfalls in Richtung der Eingangstüre. Ich folgte ihm, während jemand das Auto wegfuhr. Als ich auf der Höhe von Chris war, legte er eine Hand auf meinen unteren Rücken, um mich auf seiner Höhe zu behalten. Als seine Hand meine nackte Haut berührte, erstarrte er und blieb stehen. Ich selbst war noch ein paar Schritte gelaufen, ehe auch ich stehen blieb. Als ich über meine Schulter sah, blinzelte ich verwirrt. Chris Augen waren hinter der Maske geweitet und auf meinen Rücken gerichtet. Er kam zu mir und streckte seine Hand aus, ehe er über meinen Rücken strich. Und wieder überkam mich eine Gänsehaut. Warum machten seine Berührungen das aus? Chris Blick traf auf meinen und sekundenlang konnten wir uns nur ansehen, brachten jedoch kein Wort hervor. Schließlich wandte er sich ab. “Gehen wir rein”, murmelte er und hielt mir seinen Arm entgegen. Ich musterte ihn noch einen Moment verunsichert, ehe ich mich einhakte. Kapitel 27: ✡ ✟ Kapitel 26 ✟ ✡ ------------------------------ Chris und ich traten in das Haus ein und es war, als würden wir eine andere Welt betreten. Musik erklang, ich konnte Springbrunnen plätschern sehen und hören, Lichter, die immer wieder in unterschiedlichen Farben erleuchteten. Stimmengewirr kam aus allen Richtungen, passend zu all den Personen, die herumliefen. Schattenweltler aller Fraktionen. Hexenmeister, Werwölfe und auch Vampire. Darunter auch Menschen, vermutlich mit dem zweiten Gesicht. Wir schlossen zu Lori und Dan auf. Mein Blick huschte von einer Ecke zur anderen. Hier war so viel los. All diese Eindrücke überforderten mich. Ja, wir feierten bei uns auch… aber es war hier unten etwas anderes. Ich spürte erneut eine Hand auf meinem unteren Rücken und sah zur Seite, von wo Chris mich eindringlich ansah. Ich spürte die Wärme auf meinen Wangen und drehte meinen Kopf wieder zur Seite, um weiter durch den Raum zu sehen. “Schattenjäger”, erklang eine tiefe Stimme. Gleich darauf stand ein kräftiger, schwarzhaariger Mann neben uns “Phil”, wurde er von Dan und Chris begrüßt. Die Männer gaben sich einen festen Händedruck. “Lori, Elana!”, gleich stand auch eine Person bei uns, die ich wenigstens kannte. “Lia”, ein Lächeln erschien auf meinem Gesicht. “Du siehst wirklich wundervoll aus.” Die Werwölfin nickte begeistert als sie mich musterte. “Nicht wahr?”, fragte auch Lori. Die Schattenjägerin wirkte sehr zufrieden. “Oh, ich habe noch etwas dazu”, Lia griff nach ihrer Handtasche. Sie zog etwas daraus hervor und zeigte es mir. “Eine Kette!”, erklärte sie, “Komm her.” Sie winkte mir zu und deutete mir an, mich herum zu drehen. So stand ich Chris gegenüber, der mich immer noch mit einem eigenartigen Blick musterte. Ich spürte, dass Lia etwas um meinen Hals legte und dann spürte ich das kalte Metall auch auf meinem Rücken. “So”, Lia lächelte. “Oh, das ist wirklich gut. Warte Elana, ich mache schnell ein Foto davon, dass du es sehen kannst”, Lori zog ihr Handy hervor und zeigte mir gleich das Bild. Lia hatte mir eine Kette angezogen, die eng an meinem Hals anlag, während ein Teil über meinen Rücken herunter hing, genau zwischen meinen Flügeln hindurch und ein paar Zentimeter über dem Bund des Kleides endete. “Sehr schön. Kommt, wir gehen etwas trinken.” Die Werwölfin griff nach Loris und meinen Händen und zog uns einfach in den Raum hinein, zwischen verschiedenen Personen hindurch. Ich konnte Chris nur noch einen schnellen Blick zuwerfen, dann hatten sich schon andere in mein Blickfeld geschoben und versperrten meinen Blick auf den Schattenjäger. An einer Art Bar standen verschiedene Getränke, die man sich einfach nehmen konnte. Ich wollte nach einem Glas mit interessanter pinker Flüssigkeit greifen, als mich Lori davon abhielt. “Trink nicht einfach irgendetwas, ja? Manches davon sind Zaubertränke. Nachher rennst du eine Woche als Katze herum.” Sofort stellte ich das Glas wieder ab. “Oh… okay.” Mein Herz schlug etwas schneller. Das wäre wirklich schlecht. Gleich darauf schob mir Lia ein Glas mit orangenem Inhalt entgegen. “Hier, das kannst du sorglos trinken.” Sie zwinkerte mir zu. Dankbar nahm ich das Glas entgegen und gleich darauf stießen wir miteinander an und ich nahm einen Schluck. Es schmeckte fruchtig und sehr lecker. Lia und Lori drehten sich mit dem Rücken zur Bar, damit sie den Raum überblicken konnten. “Dein Freund sieht schon gut aus”, richtete Lia an Lori. Die kicherte und nickte. “Das stimmt wohl.” “Doch keiner sieht so gut aus wie Chris. Er ist einfach… hmm… lecker” Lias Stimme war ein Schnurren, als sie diesen Satz sagte. Mein Herz zog sich zusammen und ich blickte ebenfalls zu dem Schattenjäger, der mit seinem Parabatei und dem Werwolf ebenfalls weiter in den Raum hineingegangen waren und sich unterhielten. Mein Blick glitt über den Schattenjäger. Ich musste der Werwölfin zustimmen. Er sah gut aus. Er trug eine schwarze Anzughose, dazu ein schwarzes Hemd, dessen obere Knöpfe aufgeknöpft waren. Durch seine schwarze, schlanke Maske funkelten hellblaue Augen… direkt in meine Richtung. Wieder spürte ich Wärme auf meinen Wangen und war dankbar für die Maske, die sich über diese Stelle zog. Ich wandte mich Lia zu. “Und was ist mit deinem Freund?”, fragte ich, um meine Gedanken von Chris abzulenken. Lia sah mich erstaunt an. “Mein Freund?” “Ja, Phil. Oder?” Ich deutete in dessen Richtung. Lia blinzelte mich verwundert an, ehe sie und Lori in lautes Lachen aus brachen. “Oh Süße”, brachte die Werwölfin hervor, als sie sich wieder beruhigt hatte, “Phil ist mein Bruder.” Meine Augen weiteten sich erschrocken. “Oh.. das tut mir leid, entschuldige bitte.” Die Werwölfin legte mir eine Hand auf die Schulter. “Mach dir keinen Kopf. Ich habe es dir ja auch nicht gesagt.” Trotzdem war es mir peinlich. Bei Lori und Chris hatte man sofort erkannt, dass sie Geschwister waren. Bei Lia und Phil nicht sofort. Vielleicht, wenn ich sie nebeneinander stehen sah. Die Werwölfin zog mich wieder aus meinen Gedanken. “Keine Sorge, ich werde dir Chris schon nicht wegschnappen.” Sie lachte auf, als sie meinen entsetzten Blick sah. “Das… das ist…”, brachte ich hervor. Lori lachte hinter ihr auf. “Ach wenn du wüsstest, Lia. Ich habe eigentlich vermutet, dass Chris nur hierher ist, damit er von Trevor etwas haben kann, damit er Elana wieder los wird.” Meine Wangen brannten immer stärker. “Wie? Das kann ich gar nicht glauben. So wie er sie die ganze Zeit ansieht?” Lia sah von Chris zu mir, ehe sie zu der Schattenjägerin blickte. “So ist es, seit wir ihr das erste Mal über den Weg gelaufen sind. Wer weiß …” Loris unergründlicher Blick landete auf mir, “ich kann nicht in Chris Kopf hineinsehen … aber ich bin mir sicher, dass da Dinge vorgehen, die uns alle erstaunen würden.” Mit großen Augen sah ich sie an und wusste nicht, was und ob ich etwas darauf entgegnen sollte. Die Rettung nahte in Gestalt des Mannes, dem ich eigentlich aus dem Weg gehen wollte. “Elana, willst du vielleicht tanzen?”, fragte Chris, der plötzlich vor mir stand. Ich blinzelte ihn an und hatte gar keine Chance, zu verneinen, denn er zog mich bereits auf die Tanzfläche, auf der sich andere Paare drehten. Er zog mich eng an sich und legte eine Hand auf meinen Rücken, während er mit der anderen meine umfasste. Wieder löste die Berührung an meinem Rücken ein Prickeln aus. Er senkte seinen Kopf zu meinem, sodass seine Lippen nahe meines Ohres waren. “Habe ich dir schon gesagt, wie gut du aussiehst?” Ich versteifte mich in seinen Armen und krallte meine Hand unbewusst in seinen Rücken. “Du musst nicht so tun”, knurrte ich leise. Er stockte in seinen Bewegungen, ehe er diese wieder aufnahm. “Ich tue nicht so!”, knurrte er zurück, seine Lippen immer noch an meinem Ohr. “Ich habe deine Blicke doch gesehen. Du musst wirklich nicht so tun…”, erwiderte ich, woraufhin sich sein Druck auf meinen Rücken sogar noch verstärkte und ich enger an ihn gepresst wurde. “Elana! Du überwältigst mich! Du überwältigst mich bereits die ganze Zeit! Ich wusste nicht, was ich dir sagen sollte und wie ich es dir sagen sollte. Du raubst mir den Atem. Ich weiß nicht, ob ich schonmal eine Frau gesehen habe, die so wunderschön ist wie du?” Mein Puls beschleunigte sich und auch mein Atem ging schneller, während mir warm wurde. Wir waren stehen geblieben und Chris sah mir in die Augen. Er beugte sich zu mir herunter, kam mir näher… und ich drehte meinen Kopf zur Seite. “Chris…”, sagte ich leise, als er mir einen Kuss auf die Schläfe hauchte. Ich kniff meine Augen zusammen und versuchte mein Herzschlag zu beruhigen, der sich extrem beschleunigt hatte. Ich war nicht hier auf der Erde, um so etwas zu fühlen. “Die Drachme…”, brachte ich hervor und erinnerte dadurch auch Chris, weshalb wir eigentlich hier waren. Seine Griffe festigten sich kurz, ehe er wieder lockerer ließ. “Ja…”, murmelte er und ich konnte seiner Stimme anhören, dass er enttäuscht war. “Wo ist dieser Trevor Silk?”, fragte ich leise. Chris zuckte mit seinen Schultern. “Er sollte nicht zu übersehen sein. Er hat leuchtend blaue Haare und blaue Augen… die genauso leuchten. Er ist ein nicht zu übersehender Mann. Also sieh dich um, während ich uns über die Tanzfläche führe.” “Ja”, stimmte ich ihm zu und ließ meinen Blick schweifen. “Da!”, gab ich von mir, als ich den dunkelhäutigen Mann sah, von dem ich ausging, dass er der Hexenmeister war. “Ja, das ist Trevor”, stimmte Chris mir zu, als er zu dem Mann sah, den ich gemeint hatte. Und genau in diesem Moment richteten sich die leuchtend blauen Augen auf mich. Kapitel 28: ✡ ✟ Kapitel 27 ✟ ✡ ------------------------------ Der Hexenmeister hatte seinen Blick immer noch auf mich gerichtet. Als Chris sich erneut mit mir drehte, hatte er Trevor im Blick. “Er will, dass wir zu ihm kommen”, flüsterte er an mein Ohr und löste sich von mir. Nur fast… denn mit seiner Hand hielt er meine fest umschlossen und es schien nicht so, als wollte er diese wieder loslassen. Ich erkannte, wie Trevor sich herum drehte und vor uns auf eine breite, geschwungene Treppe zu bewegte, die er hinauf ging. Wir folgten ihm eine Weile, durch verschiedene Gänge, bis wir in einen großen Raum traten. An den Wänden standen Regale mit verschiedenen Gegenständen. Vor einer großen Fensterfront sah man ein Sofa, vor dem ein Tisch stand. Verschiedene Lichtkugeln schwebten in der Luft und erhellten den Raum. Mit einer kurzen Handbewegung des Hexenmeisters wurden diese noch heller und die Türe hinter uns schlug zu. Ich zuckte zusammen, ehe ich mich anspannte. Im Notfall musste ich für alles bereit sein. “Christopher Whitelaw. Ich freue mich, dass du und die anderen Schattenjäger tatsächlich zu meinem Maskenball gekommen seid. Ihr wart schon lange nicht mehr da.” Chris zuckte mit seinen Schultern und ließ meine Hand los.. “Ich fand, dass es mal wieder an der Zeit wäre.” Trevor nickte, ehe sich sein Blick auf mich richtete und mich neugierig musterte. “Und du bist in … interessanter Gesellschaft”, brachte er hervor und trat zu mir. Er ergriff meine Hand und hob diese an seine Lippen. “Trevor Silk, Hexenmeister aus Houston. Zu Diensten, meine Dame. Ich muss sagen”, sein Blick wanderte über meinen Körper, “ihr seht aus wie ein Engel… in diesem Kleid.” Wir sahen uns in die Augen, schätzten uns gegenseitig ab. Er wusste es… er wusste mehr, das wurde mir in dem Moment klar. Der Hexenmeister war das Kind eines Menschen und eines Dämons… er hatte mehr Dämonenblut in seinen Adern, als alle anderen, ausgenommen der Elben und Dämonen selbst. “Das ist Elana Luxor, meine Begleitung heute Abend”, gab Chris von sich und musterte den Hexenmeister misstrauisch. Verwundert sah ich ihn an. Was hatte er denn jetzt? Erst als Trevor ein paar Schritte zurück trat, entspannte sich der Schattenjäger wieder. “Ich habe das Gefühl, dass ihr etwas von mir wollt”, richtete Trevor an ihn, während er sich auf das Sofa setzte und uns mit verschränkten Armen neugierig musterte. “Wir wollen tatsächlich etwas von dir”, brachte Chris hervor. Trevors Blick wanderte von mir zu ihm. “Und das wäre?” “Hast du schonmal etwas von der Drachme des Lukas gehört?”, fragte Chris frei heraus. Ich erstarrte. “Drachme des Lukas?”, fragte der Hexenmeister nach. “Oder auch Luca-Münze”, antwortete Chris. Trevors Blick richtete sich auf mich. “Die Drachme des Lukas also…” Ich nickte. Der Hexenmeister kam auf mich zu und blieb direkt vor mir stehen. Ich spürte, wie sich Chris einen Meter neben mir erneut anspannte. “Ich könnte tatsächlich ein paar Informationen dazu haben... “ “In der Bibliothek?”, Trevor sah kurz zu Chris und anschließen wieder zu mir, während sich ein Schmunzeln auf seinem Gesicht ausbreitete. “Ja, dort auch…” “Gut, wir brauchen diese Informationen.” Ich ließ Chris reden, was sollte ich auch sagen? Ich kannte diesen Hexenmeister nicht, im Gegensatz zu dem Schattenjäger. Trevor hatte seinen Blick unnachgiebig auf mich gerichtet. “Ich helfe euch… ihr bekommt die Informationen. Ich habe jedoch eine Voraussetzung…” “Und welche?” Ich griff nach meiner Maske und löste diese, ließ sie herunter sinken und sah dem Hexenmeister fest in die Augen. Trevors Augenbrauen hoben sich, als ich das erste Mal das Wort ergriff. Seine Hand legte sich unter mein Kinn und drückte dieses nach oben, um mich ohne die Maske genauer mustern zu können. “Ich will mehr von dir wissen, Engel…” “Sie mag es nicht, wenn man sie so nennt!”, knurrte Chris neben uns. “Oh…”, Trevor hob seine Augenbrauen erneut, “warum nicht?” Seinen Blick fest erwidernd, beantwortete ich seine Frage. “Weil ich es eben nicht mag.” “Warum das denn?” “Aus meinen eigenen Gründen!” Trevor löste sich von mir und trat zurück. “Die kann ich mir fast vorstellen… ich will sie wissen. Ich will alles wissen. Ich hatte noch nie Kontakt mit jemanden wie… wie euch”, sein Blick war unnachgiebig. Ich musste nachdenken. Was sollte ich machen? Er war bisher der Einzige, der mir helfen konnte. Und er wusste, wer ich war… was ich war. “In Ordnung”, antwortete ich ihm. `Er darf davon aber nichts wissen´, übertrug ich meine Gedanken geistlich in Trevors Kopf. Dieser blinzelte kurz verwundert, ehe ein Grinsen auf sein Gesicht trat. “Sonst noch etwas?” `Niemand darf von mir erfahren! Ich bin hier, weil ich eine Aufgabe erfüllen muss. Und ich will nicht, dass die Schattenjäger oder jemand anderes von mir weiß.´ “Dann haben wir einen Deal.” Trevor hielt mir seine Hand entgegen. Ich sah ihn an, ehe ich die Hand ergriff und drückte. “Deal”, erwiderte ich. “Willst du das wirklich?”, fragte Chris mich und trat zu mir. Er legte mir eine Hand auf die Schulter und musterte mich fragend, besorgt. Ich nickte ihm zu und sah erneut zu dem Hexenmeister. “Mister Silk kann mir helfen.” “Und Miss Luxor mir.” Wir sahen uns wissend an, ehe ich mich an Chris wand. “Danke für deine Hilfe. Jetzt bin wieder ich dran.” “Was willst du damit sagen?”, er griff nach meinem Handgelenk und zog mich an sich, während er mich hart ansah. “Christopher”, ich schob ihn von mir, “es ist meine Entscheidung.” “Aber…” “Es gibt kein Aber. Es ist meine Suche und daher entscheide ich, was ich tue.” Er kämpfte mit sich und ich erkannte, wie er aufgab. Er löste seine Hand von meiner und trat zurück. “In Ordnung”, erwiderte, ohne mich weiter anzusehen. Es stach in meinem Herzen, ehe ich mich erneut dem Hexenmeister zuwand. Noch ehe einer von uns etwas sagen konnte, krachte die Zimmertüre auf und ein Vampir stürmte herein. “Trevor, Trevor! Dämonen! In deinem Garten!” Kapitel 29: ✡ ✟ Kapitel 28 ✟ ✡ ------------------------------ Trevor und ich wechselten einen Blick. “Die Vampire dürfen nicht draußen sein! Alle sollen rein!”, zischte ich ihm zu. “Ich kümmere mich darum”, antwortete er ernst. “Dämonen sind unsere Aufgabe!”, richtete auch Chris an den Hexenmeister und rannte los. Ich folgte ihm auf den Fuß. “Sorge dafür, dass alle Vampire ins Haus kommen!”, richtete Trevor noch an den Vampir, ehe auch er uns hinterher rannte. Im unteren Stockwerk herrschte helle Aufregung. Personen rannten durcheinander, Geschrei war zu hören. “Dan!”, brüllte Chris durch den Raum. “Hier!”, erklang dessen Stimme. Die Drei waren die einzigen Schattenjäger auf Trevors Party. Jedoch waren sie nicht die Einzigen, die in den Garten stürmten. Einige mutige Werwölfe und Vampire wollten die Dämonen ebenfalls vernichten. Auf dem Weg zogen Lori, Dan und Chris Waffen hervor, ihre Masken hatten sie auf dem Weg nach Draußen gelöst und zur Seite geworfen. Alle drei Schattenjäger hatten Seraphklingen in den Händen. Und ich war die Einzige, die keine Waffen eingepackt hatte. Wie hätte ich auch vermuten können, dass heute Abend Dämonen auftauchen würden? Das war keine Entschuldigung sondern einfach nur dumm von mir gewesen. “Sie müssen rein! Alle!”, zischte ich Trevor zu, der hinter mir stehen blieb. “Ich tue ja mein bestes!”, entgegnete dieser ruhig, “Geh zu ihnen und hilf den Schattenjägern. Ich werde zu euch stoßen.” Als ich zu den Schattenjägern lief, rannten mir einige andere entgegen, die in das Haus hinein wollten. Doch für diese hatte ich keinen Kopf. Ich musste zu Chris und den Anderen. Die Dämonen waren meinetwegen da… oder wollten zumindest das Gleiche wie ich. Eine Waffe, die die Welt ins Chaos stürzen konnte. Die Schattenjäger und auch ein paar Andere versuchten gegen die Dämonen anzukommen. Lori wurde von einem Dämonen erwischt und nach hinten geschleudert. Alles in mir zog sich zusammen, als ich sah, wie ihr Körper durch die Luft wirbelte. Der Dämon war stark gewesen. Ihre Seraphklinge fiel zu Boden und erlosch. Ich erstarrte. Sollte ich mir diese einfach holen? Aber dann hätte sie keine Waffe mehr, mit der sie sich verteidigen konnte. Also war das keine Möglichkeit. “Ich hoffe, dass alle drinnen sind!”, schnaufte Trevor plötzlich neben mir und erstarrte. “Die sind stark”, gab er von sich, als auch er die Dämonen erkannte. “So sieht es aus”, entgegnete ich. Ich versuchte die Situation zu analysieren und eine Lösung zu finden. “Sie sind in der Unterzahl, du musst etwas tun!”, richtete Trevor drängend an mich. Ich sah ihn an und nickte. “Ich übernehme das, was ich kann. Kannst du eine Wand ziehen? Eine Art… Sichtschutz. Es sollte niemand wissen, was ich bin… falls ich mich… zeigen muss…” Trevor musterte mich erneut ernst, ehe er nickte. “Tue, was du tun musst. Und ich übernehme das, was ich kann”, gab er zurück, was ich zuvor gesagt hatte. “Du hast nicht zufälligerweise eine Waffe?”, fragte ich zweifelnd. Damit würde ich auch schon weiterkommen. Trevor schüttelte bedauernd seinen Kopf, ehe er sich herum drehte und Magie herauf beschwor, um eine Mauer zu schaffen. Ich blieb nachdenklich stehen und sah zu den Schattenjägern, die wie verbissen kämpften. Auch Lori war wieder auf den Beinen und griff an. “Was willst du machen?”, fragte Trevor neben mir, während er die Wand hochzog. Ich starrte immer noch zu den Schattenjägern. “Ich habe keine Ahnung”, murmelte ich. Und genau so war es auch. Was sollte ich auch tun? Ich hatte keine Waffe, die ich gegen die Dämonen einsetzen konnte… zumindest keine, die ich nutzen konnte, ohne mich zu offenbaren. Mein Blick richtete sich zurück auf Trevor, der noch damit beschäftigt war, die Wand zu vollenden. Er blickte zu mir, an mir vorbei und noch bevor er laut meinen Namen rief, erkannte ich an seinem Blick, dass etwas nicht in Ordnung war. Ich riss meinen Kopf herum und erkannte, dass Lori gestürzt war. Dan beugte sich über sie um sie zu schützen und ein Dämon ragte über ihnen auf. Noch im gleichen Moment hob ich meine Hand und ein Lichtstrahl traf den Dämonen, der in einen Funkenregen explodierte und über Lori und Dan nieder ging. “Engelchen, das war es wohl damit, dass du dich nicht offenbaren willst”, erklang Trevors Stimme hinter mir. Auf meinen Blick hin zuckte er nur mit seiner Schulter. “Kümmere dich lieber um die”, fügte er hinzu und deutete auf die anderen Dämonen. Ich biss meine Zähne zusammen und nickte. Alles andere machte nun auch keinen Sinn mehr. Ein weiterer Dämon stürzte auf die Schattenjäger zu und wurde von mir mit einer kurzen Handbewegung und einem erneuten Lichtstrahl vernichtet. “Was…”, hörte ich Dans Stimme, die erstickt klang. Meinen Blick starr auf die Dämonen gerichtet, ging ich an den Schattenjägern vorbei. “Es reicht!”, ließ ich meine Stimme laut erklingen, gewaltig und laut. Alle erstarrten, Nephilim, Schattenwesen, Dämonen. “Ihr wolltet mich”, richtet ich mit einem schiefen Grinsen an die Dämonen und hob meine Hände, “dann bekommt ihr auch, was ihr wollt.” Während ich Lichtkugeln auf meinen Handflächen bildete, spürte ich das Prickeln auf meinem Rücken und spannte gleich darauf mein Schwingen aus. Mit schnellen Handbewegungen ließ ich die Lichtkugeln davon fliegen. Eine davon traf, der anderen konnte der Dämon gerade noch ausweichen. Ich knirschte mit meinen Zähnen. Das hier gefiel mir nicht, ganz und gar nicht. “Jetzt steht hier nicht nur so herum!”, nahm ich eine tiefe Stimme hinter mir war und gleich darauf schnitt eine Seraphklinge durch die Luft und durchtrennte einen Dämon. Ein Lächeln schlich auf mein Gesicht. Ich überkreuzte meine Arme vor meinem Oberkörper, schloss die Hände in der Luft und zog sie langsam herunter. Wie aus dem nichts erschienen zwei hell gleißende, schmale Klingen - Engelsschwerter. Mit den Seraphklingen hatten die eisernen Schwestern versucht, ähnliche Waffen herzustellen. Und ja, die Seraphklingen waren gut, aber sie würden niemals gegen echte Engelsschwerter ankommen. Ich legte meine Schwingen an und griff wie die Schattenjäger mit meinen Waffen in den Kampf ein. “Engelsblut!”, erklang eine krächzende Stimme. Ich blieb wie erstarrt stehen. Nicht weit von mir stand ein bekannter Dämon. Der Gleiche, der befohlen hatte, dass Chris und ich angegriffen werden sollten. “Gib sie mir!”, krächzte er und stand in der gleichen Sekunde vor mir. “Gib mir die Drachme!” Seine Klauen schlossen sich um meinen Hals. “Gib mir die Drachme!”, krächzte er erneut. Noch ehe er richtig zu drücken konnte, zog ich meine Schwerter nach oben und der Dämon verglühte. Er war wohl doch nicht so stark gewesen, wie angenommen. “Was genau ist hier eigentlich los?”, erschallte in der plötzlichen Stille Loris Stimme laut. Kapitel 30: ✡ ✟ Kapitel 29 ✟ ✡ ------------------------------ Ich blickte mich um, konnte aber keinen weiteren Dämonen erkennen. Die Schattenjäger und Trevor hatten sich diesen ebenfalls angenommen. Ich ließ meine Arme an den Seiten meines Körpers herunterhängen und lockerte meine Schwingen, die eben noch eng an meinen Körper gepresst hatte. “Oho, Ärger im Paradies.” Mit gerunzelter Stirn sah ich zu Trevor, der auf eine Stelle hinter der von ihm geschaffenen Sichtwand deutete. “Schattenjäger”, erklärte er mit Blick auf mich. Ich seufzte auf. Alles umsonst. Die ganze Mühe, die ich mir die Zeit über gemacht hatte, dass ich ja unentdeckt, unerkannt blieb… umsonst. Ich nickte dem Hexenmeister zu, der mit gerunzelter Stirn und einer kurzen Handbewegung die Wand verschwinden ließ. Dahinter standen neben Elizabeth und Maurice einige andere Schattenjäger, alle in voller Kampfmontur. “Was ist hier passiert?”, verlangte die Leiterin des Schattenjägerinstitutes laut zu wissen. “Mum”, erklang Dans Stimme. “Elizabeth, sieh nur!”, machte Maurice seine Ehefrau bereits auf das aufmerksam, was zu erkennen war. Auf mich. Ich erwiderte den Blick der Schattenjäger mit hochgehobenen Kopf und löste die Hände um meine Schwerter. In dem Moment in dem ich sie los ließ, verblassten sie und verschwanden. Nur ich war in der Lage, diese Engelsschwerter zu rufen. Sie gehörten mir. Alle Blicke lagen auf mir und das bestärkte mich darin, warum ich es für mich behalten hatte wollen. Es lag keine Freude in diesen Blicken, nein. Misstrauen beschrieb es eher. “Vielleicht sollten wir uns nach drinnen begeben. Die Gefahr scheint fürs erste ja gebannt zu sein.” Dankbar sah ich zu Trevor, der auf sein Haus deutete. Sein Blick richtete sich auf mich und nickte mir zu. Ich erwiderte das Nicken, ehe ich wieder zurück zu Elizabeth und Maurice sah. Die Beiden musterten mich immer noch. Und während man in Maurice Gesicht die Neugierde herauslesen konnte, war Elizabeth diejenige, die mich mit Misstrauen musterte. “Das ist vielleicht eine gute Idee”, gab die Institutsleiterin langsam von sich. “Gut, dann kommt doch alle mit”, Trevors Blick huschte über alle, ehe er wieder zu mir sah. `Alles wird gut, Engelchen´, nahm ich seine Gedanken wahr. Ich hoffte es wirklich. Mein Blick streifte nochmal über alle und blieb auf Chris liegen, der mich mit einem unleserlichen Blick musterte. `Es tut mir leid´, übermittelte ich ihm meine Gedanken. Dass er diese bekommen hatte, erkannte ich daran, dass sich seine Augen weiteten. Doch er gab kein Wort von sich. In meinem Herzen stach es. Würde er mir jemals verzeihen können, dass ich ihn die ganze Zeit über angelogen hatte? Ich hoffte es sehr… “Legt ihr Handschellen an”, ertönte Elizabeths Stimme befehlend und verwundert hob ich meinen Kopf. Als ich ihre Hand erkannte, die auf mich gerichtet war, erstarrte ich einen Moment. Dann wurde ich wütend. Sie wollte mir, einem Engel, Handschellen anlegen? “Ich darf doch sehr bitten! Sie ist mein Gast!”, erklang Trevors Stimme und zu meiner Erleichterung klang auch er wütend. Ich hob meinen Kopf und breitete meine Schwingen einschüchternd aus, als ein Schattenjäger auf mich zu trat, in seinen Händen Eisenfesseln. Er erstarrte und ich sah zu Elizabeth. “Das meinen sie nicht ernst!”, gab ich ruhig von mir. Sie hob ihr Kinn. “Und ob ich das meine!” “Das lasse ich nicht zu! Ihr seid alle auf meinem Grund und Boden und ich gestatte es nicht, dass…”, Trevor trat wütend einen Schritt nach vorne. Ich unterbrach den Hexenmeister. “Trevor, lasse sie. So sind sie eben… Nephilim… Menschen…” Trevor erstarrte und sah mich hilfesuchend an. Als ich ihm zu verstehen gegeben hatte, dass es so in Ordnung war, verstummte er. Ich nickte dem Schattenjäger vor mir zu und noch während dieser zögernd auf mich zukam, zog ich meine Schwingen wieder ein. Sie verflüchtigten sich und waren wieder als Bildnis auf meinem Rücken zu erkennen. Der Schattenjäger trat vorsichtig hinter mich. Erneut sah ich Elizabeth mit erhobenem Kopf an, während der Schattenjäger meine Hände hinter meinem Rücken zusammen band. “Mum, das kannst du nicht machen! Das ist Elana! Sie hat uns die ganze Zeit über geholfen!”, Dan trat zwischen seine Mutter und mich. Meine Augenbrauen hoben sich. Das hatte ich von ihm nicht erwartet. “Dan, du hältst dich da gefälligst raus! Trevor”, wand sie sich an den Hexenmeister, “wo können wir hin, um sie”, der Blick richtete sich auf mich, “zu verhören?” Trevors Blick war hart. Er sah Elizabeth an und drehte sich dann einfach herum. “Folgt mir!”, knurrte er und ging voran in sein Anwesen. Außer Elizabeth und Maurice, dem Schattenjäger der mich an meinem Oberarm packte und mit zerrte, folgte kein weiterer Schattenjäger dem Hexenmeister. “Das können sie nicht tun, Dan! Das dürfen sie nicht!”, nahm ich Loris Stimme war. “Chris, tu doch was!” “Wartet hier”, hörte ich seine tiefe Stimme und vernahm gleich darauf weitere Schritte hinter uns, als wir das Haus betraten. “Hier herein”, Trevor öffnete eine Türe und deutete hinein. Elizabeth und Maurice gingen einfach an ihm vorbei, ich folgte ihnen, nach mir der Schattenjäger, der mit die Eisenfessel angelegt hatte und als letztes Chris. Trevor schloss hinter diesem die Türe und trat weiter ins Zimmer. Er schien wütend zu sein, was ich nach einem kurzen Blick festgestellt hatte. Der Hexenmeister trat auf die Institutsleiter zu und blieb vor diesen stehen. “Was denken sie eigentlich, wer sie sind?”, knurrte er wütend. Noch ehe er eine Antwort bekam, redete er weiter. “Ihr kommt hier, in mein Haus, auf mein Grundstück und greift meine Gäste an!” “Sie hat sich eingeschlichen! In unser Institut!”, herrschte Elizabeth den Hexenmeister an. Zwischen Trevor und ihr knisterte die Luft unangenehm, wie als ob sie jederzeit explodieren würde. “Sie hat sich nicht eingeschlichen!”, knurrte Chris, der plötzlich neben ihr stand, “Elana wollte weg und du hast gesagt, dass sie bleiben soll!”, richtete er an Elizabeth, die gleich darauf wütend zu dem jungen Schattenjäger sah. “Christopher! Halte dich gefälligst raus! Was machst du überhaupt hier! Warte draußen!” Sofort schüttelte Chris seinen Kopf und trat näher zu mir. “Ich bleibe hier!” Erleichtert vernahm ich seine Worte. Ich wusste nicht warum, aber es nahm mir einen Stein vom Herzen, dass er hier war. Dass er in meiner Nähe blieb. Ich bräuchte ihn nicht, hätte ich nie… und doch war es so. Kapitel 31: ✡ ✟ Kapitel 30 ✟ ✡ ------------------------------ “Nicht nur, dass ihr meine Gäste beleidigt, ihr habt sie auch in Fesseln gelegt!”, fauchte Trevor erneut die Institutsleiterin an. Diese knirschte wütend mit ihren Zähnen, während Maurice ruhig neben ihr stand und die Situation beobachtete. “Trevor”, richtete ich an den Hexenmeister, der mich sofort ansah, am ganzen Körper angespannt. Ich schüttelte meinen Kopf und wand mich an den Schattenjäger neben mir. “Hier, das sind deine.” Ich hob meine Hand und hielt ihm die Eisenfesseln entgegen. Seine Augen weiteten sich und er sah mich perplex an. “Denkt ihr etwa”, ich richtete meinen Blick auf Elizabeth, “dass eure kleinen Menschenspielereien mir etwas ausmachen?” Während die Institutsleitung kein Wort hervorkam sondern mich auch nur mit großen Augen anstarrte, trat Chris um mich herum, nahm mir die Eisenfessel aus der Hand und drückte sie dem Schattenjäger in die Arme. “John, du kannst gehen!”, richtete er scharf an diesen und zeigte auf die Türe. John wollte etwas erwidern, kam jedoch nicht mehr dazu. “Das ist eine sehr gute Idee”, stimmte Trevor Chris zu. Er wedelte etwas mit seiner Hand, die Türe öffnete sich und mit einem weiteren Handwink wurde John durch Trevors Magie aus dem Zimmer geschoben, ehe sich die Türe wieder schloss. “Trevor Silk! Ihr verstoßt gegen die geltenden Gesetze!”, rief Elizabeth laut auf. “Sagt mir gegen welche”, verlangte der Hexenmeister. Die Institutsleiterin deutete in meine Richtung. “In dem ihr es zulasst, dass eine Gefahr für alle frei herum läuft!” Und das war der Punkt, an dem ich wütend wurde. Ich ließ alle Schilde um mich herum fallen, alles, mit dem ich mich bisher bedeckt gehalten hatte. “Was bildet ihr euch eigentlich ein?”, hallte meine Stimme ungefiltert durch den Raum. Alle Anwesenden erstarrten, ehe sie mir mit geweiteten Augen einen furchtsamen Blick zuwarfen. Und mit alle meinte ich auch alle. Elizabeth, Maurice. Auch Trevor. Und ich spürte Chris neben mir. Doch es war mir alles egal. Ich hob meinen Kopf. Mir war bewusst, wie ich aussehen musste. Meine Schwingen waren ausgebreitet, meine goldenen Augen mussten leuchten und meine Stimme… Ich war zwar immer noch in, einigermaßen zumindest, Menschengestalt, aber ein gewisser, kleiner Teil meines normalen Wesen strömte hervor, meine Aura, wenn man es so nennen wollte. Ich war mehr! Ich war so viel mehr als ein Mensch und es war an der Zeit, dass diese Nephilim es spürten. “Wie konnte Raziel euch jemals erwählen?”, fragte ich und meine Stimme ertönte machtvoll, “Wie konnte er ein Volk wie euch erwählen? Wie konnte er euch erwählen, unser Blut zu teilen? Wieso euch?” “Er hat uns erwählt und das aus einem wichtigen Grund. Weil er uns Menschen als die Richtigen erachtete”, ergriff nun das erste Mal Maurice das Wort. Ich drehte meinen Kopf zu ihm und sah ihm in die Augen. Er zuckte zurück, trat dann aber gleich wieder einen Schritt vorwärts. Ich nickte leicht. “Damals, ja. Aber wie ihr euch heute verändert habt… Ihr seid so misstrauisch allem gegenüber, was ihr nicht kennt oder zumindest nicht gut kennt! Raziel dachte, dass ich hier offen von euch empfangen werde. Weil ihr seine Kinder seid. Doch ich habe auf meinen Heerführer gehört, der mir sagte, dass ich mich euch gegenüber erst bedeckt halten sollte. Wie enttäuscht Raziel sein wird, wenn er erfährt, dass er sich in euch geirrt hat.” Meine Stimme hallte noch nach, als ich meine Schwingen sanft anlegte. “Was… was erwartest du von uns?”, Elizabeth trat neben ihren Ehemann. “Wir müssen uns gegen Dämonen wehren, gegen sie kämpfen. Dann noch der Schattenjäger-Krieg vor ein paar Jahren. Wie sollten wir nicht misstrauisch sein?” Ich hob meine Augenbrauen. “Ich habe immer auf eurer Seite gekämpft und euch unterstützt. Auch da draußen”, mein Arm deutete in die Richtung, aus der wir gekommen waren, “ich habe die Dämonen vernichtet um die Anwesenden zu beschützen.” “Das hat sie tatsächlich immer”, erklang Chris Stimme leise an meiner Seite und ehe ich es mich versah, trat er nach vorne. “Sie hat an unserer Seite gekämpft, wie sie es gesagt hat.” Elizabeths Blick wand sich zu dem Schattenjäger. “Christopher, du solltest dich zurückhalten!” “Warum sollte ich?”, fragte er wütend, “Sie hat nichts falsch gemacht!” Meine Augen weiteten sich. War nicht er derjenige gewesen, der mir immer misstraut hatte? Warum trat er so für mich ein? Mein Herz machte einen Satz und ich musste tief einatmen um mich wieder zu beruhigen. Ich hatte keine Zeit für diese menschlichen Gefühle und Regungen, die ich immer noch nicht verstand. “Christopher! Allen ist klar, wie du sie siehst! Du kannst hierbei nicht rational denken!”, Elizabeth sah den Parabatei ihres Sohnes ernst an. Auch ich sah ihn an, aber eher verwundert. Was genau meinte die Institutsleiterin damit? Chris biss wütend seine Zähne zusammen und vermied jeden Blick in meine Richtung. “Was machst du hier Elana? Warum bist du hier auf der Erde?”, erklang Maurice Stimme sanft. Der Blick des Institutsleiters war auf mich gerichtet. Im Gegensatz zu seiner Ehefrau wirkte er nicht misstrauisch, nein, eher neugierig. “Sag es ihr, Engelchen”, richtete Trevor an mich und ich sah ihn stirnrunzelnd an. “Ich weiß nicht, ob das richtig ist…”, erwiderte ich auf seine Aussage leise. Der Hexenmeister erwiderte meinen Blick ernst. “Du willst, dass sie dir vertrauen. Also sag es ihnen. Vielleicht können dir die Nephilim helfen?” “Das denke ich auch”, erklang Chris Stimme neben mir leise. Nun erwiderte er meinen Blick, als ich ihn ansah. Ich wog das Für und Wider ab, ehe ich Maurice ansah. “Ich wurde beauftragt etwas auf der Erde zu suchen, das uns abhanden gekommen ist.” “Und was soll das sein?”, erklang Elizabeths Stimme eisig. “Sei nicht so”, richtete Maurice an sie, ehe er mich wieder ansah, “Elana. Was sollst du suchen?” Ich wechselte einen schnellen Blick mit Trevor. Dieser nickte mir zu, ehe ich zurück zu dem Institutsleiter sah. “Eine Waffe.” “Was?” “Eine Waffe?” Elizabeth und Maurice sahen mich entsetzt an. “Was für eine Waffe?”, brachte Maurice schließlich hervor. Ich atmete tief durch. Nun war es egal, jetzt könnte ich auch alles erzählen. “Es handelt sich um die Drachme des Lukas. Ein Gegenstand, der erstmalig im Evangelium auftaucht. Dem Besitzer der Drachme ist es möglich, jeden zu kontrollieren, den er kontrollieren möchte. Und diese Wirkung ist nicht auf eine einzelne Person beschränkt. Man könnte alle kontrollieren. Alle Menschen… Und alle, die Menschenblut in sich tragen.” Ein Aufkeuchen war zu hören. Auch neben mir. Bisher hatte Chris nur gewusst, was ich suchte… nicht die Auswirkungen, die diese Waffe hatte. “Deshalb ist es wichtig, dass ich die Drachme bald finde und zurück bringe. Ich bin hier nicht zum Spaß”, richtete ich hart an die Anwesenden, “ich habe keine Zeit für solche menschlichen Kindereien! Ich muss die Drachme finden und dann werde ich wieder zurückkehren. Ihr könnt euch überlegen, ob ihr euch in dieser Angelegenheiten gegen mich wendet… oder an meiner Seite steht. Was ihr niemals vergessen solltet ist, dass ich ein Engel bin! Einer der meinen hat euch zu dem gemacht, was ihr heute seid! Die Fähigkeiten, die ihr dank eurer Runen erhaltet, sind mir… sozusagen angeboren. Ich bin stärker als ihr und ich kann euch in einem Wimpernschlag vernichten! Also denkt gut darüber nach, ehe ihr entscheidet! Bisher bin ich nicht gegen euch, aber das kann sich bei einer falschen Entscheidung schnell ändern!” Kapitel 32: ✡ ✟ Kapitel 31 ✟ ✡ ------------------------------ Ich stand in meinem Zimmer im Schattenjägerinstitut und packte meine Kleidung in eine Tasche, die ich bekommen hatte. Trevor hatte mir angeboten, dass ich in sein Anwesen ziehen könnte, solange ich noch auf der Suche nach der Drachme war. Ich hatte mich dafür entschieden, da ich bei ihm vermutlich am meisten Informationen bekommen könnte. Hier bei den Schattenjägern kam ich nicht weiter, in der Bibliothek hatte ich nichts gefunden. Elizabeth und Maurice hatten mir zuvor bei Trevor ihre Hilfe zugesagt. Zumindest hatte Maurice dies gesagt, seine Ehefrau hatte sich ihm gefügt. Sie hatten mir gesagt, dass ich bei ihnen bleiben dürfte, dass ich weiterhin im Institut wohnen könnte. Ich hatte mich jedoch für den Vorschlag des Hexenmeisters entschieden, es war einfacher so. Heute würde ich noch hier schlafen, Morgen würde mich jemand zu Trevors Anwesen bringen. Ich legte das Kleid zusammen, das ich heute angehabt hatte und legte es ganz oben in die Reisetasche hinein. Mit meinen Fingern strich ich sanft über den Stoff. Einen solchen Ausgang des Tages hatte ich nicht erwartet. Alles, was ich bisher zu verbergen versucht hatte, war herausgekommen. Dank Trevors Sichtwand, hatten es nicht alle Gäste des Hexenmeisters mitbekommen, doch die Schattenjäger wussten es nun. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis es in fast allen Kreisen bekannt war … Ich seufzte auf. Noch ein weiterer Grund, die Drachme so schnell wie möglich zu finden. Ich nahm die Tasche und stellte sie auf einen Sessel. Ich wollte nur noch schlafen, morgen würde es weitergehen Ich hatte gerade die Bettdecke zur Seite geschlagen, als es an der Türe klopfte. Mit gerunzelter Stirn sah ich in die Richtung. Wir hatten halb drei Uhr morgens. Wer wollte um diese Uhrzeit noch etwas von mir? “Ja?”, fragte ich. Als die Türe aufging, weiteten sich meine Augen. “Du bist noch wach?”, erklang seine tiefe Stimme. “Wie du siehst …”, antwortete ich und musterte ihn, “was willst du, Chris?” Der Schattenjäger kam näher auf mich zu, während sein Blick auf das Bett neben mir gerichtet war. “Willst du es immer noch?” Ich zog meine Augenbrauen zusammen. “Was meinst du?” Chris blieb stehen und sah mich endlich an. “Meintest du das ernst, dass du zu Trevor ziehen willst?” Meine Stirn war immer noch gerunzelt, als ich ihn verwundert ansah. Wie kam er jetzt darauf? Und das noch dazu mitten in der Nacht. “Es ist das Sinnvollste, was ich machen kann. Der Hexenmeister hat Informationen, an die ich so am besten heran komme. Er kann mir helfen, zumindest gehe ich davon aus”, antwortete ich und sah zur Seite. “Und was ist mit mir?”, erklang Chris´ Stimme schon fast flehend. Meine Augen weiteten sich einen Moment. “Mit dir? Was meinst du damit? Ich verstehe dich nicht…”, brachte ich verwirrt hervor. Im nächsten Moment stand der Schattenjäger direkt vor mir und griff nach meiner Hand. “Ich hatte dir meine Hilfe bereits vor Trevor angeboten…” Blinzelnd erwiderte ich den Blick aus diesen leuchtend blauen Augen. “Du… du hast mir ja auch geholfen… du hast mich ja überhaupt erst zu Trevor gebracht und dafür bin ich dankbar.” “Das meinte ich doch gar nicht!”, brach es hart aus Chris hervor, “ich will wissen, was jetzt mit mir ist. Ich will dir helfen Elana, das will ich weiterhin. Also bitte, bitte lass mich dir helfen.” Immer noch war sein Blick ernst auf mich gerichtet. Er hob eine Hand und legte sie auf meine Wange. “Ich habe es gewusst”, murmelte er plötzlich und wich vom Thema ab. Mein Herz schlug schnell und ich spürte, wie meine Wangen wieder warm wurden. “Was… hast du gewusst?”, brachte ich leise hervor. Chris streichelte mit seinem Daumen über meine Haut. “Dass du ein Engel bist.” Mein Herz legte einen Satz zu. Ihm immer noch in die Augen sehend, war ich nicht in der Lage, zu antworten. “Du hattest dich damals gezeigt … als wir beide alleine unterwegs waren … und du hast mir einreden wollen, dass es nicht so ist. Ich habe angefangen zu zweifeln … schon vorher … an mir selbst, an dir … Aber jetzt ergibt alles einen Sinn. Die Flügel, die auf deinem Rücken aufgezeichnet waren, dass du auch ohne Runen Schattenjäger-Fähigkeiten hattest … deine goldenen Augen.” Sein Daumen beendete seine Streicheleinheiten nicht und Chris war noch näher zu mir getreten. Es war nicht mehr viel Platz zwischen uns. “Elana”, gab er leise von sich, “seit du aufgetaucht bist, kann ich an nichts anderes mehr als an dich denken. Du hast alles eingenommen, meine Gedanken, meine Gefühle …” Er sah mich ernst an und ich erwartete jeden Moment, dass mein Herz meinen Brustkorb durchschlagen würde. Mit geweiteten Augen sah ich den Schattenjäger an. Was war das? Was war das, was mich in diesem Moment so durcheinander brachte? Was war es, das mich so verwirrte? “Elana”, hauchte er und sein Daumen blieb still liegen. Es war nur ein Bruchteil, dann beugte er sich zu mir herunter und presste seine Lippen sanft auf meine. Die Gefühle, die daraufhin meinen Körper durchströmten, waren unglaublich. Es war das Schönste, das ich bisher gefühlt hatte. Mein ganzer Körper kribbelte, mein Herz schlug so unglaublich schnell und ich wollte, dass es niemals mehr endete. Irgendwann löste Chris sich einen kurzen Augenblick von mir und ich hörte, wie schnell er atmete. “Als ich dich das erste Mal gesehen habe Elana … in diesem Moment habe ich mich bereits in dich verliebt … als ich dein Lächeln gesehen habe. Da war es um mich geschehen.” Erneut beugte er sich zu mir und wieder spürte ich seinen Atem auf meinen Lippen. Bei seinen Worten hatte es sich angefühlt, als wäre ich mit einer kalten Dusche übergossen worden. Mein Lächeln … Ich schloss die Augen und unterdrückte ein Aufschluchzen, als es in meinem Oberkörper stach. Das Lächeln eines Engels … Wir waren Engel … wir wollten geliebt werden … und wir konnten mit unserem Lächeln Menschen dazu bringen, uns zu verfallen … Und das war passiert … Chris … alles was er zu fühlen glaubte … beruhte einzig und alleine auf etwas, das man auch als Waffe bezeichnen könnte. Ich atmete tief ein, drückte meine Hand gegen seine Brust und schob ihn von mir. “Christopher”, brachte ich hervor und sah zur Seite, um seinem Blick auszuweichen. Ich wollte und konnte ihn jetzt nicht ansehen. “Ich werde wieder gehen. Sobald ich meine Aufgabe erfüllt habe, und das hoffentlich sehr bald, dann bin ich wieder weg. Für so etwas habe ich keine Zeit.” Ich spürte, wie er erstarrte. “Elana … das … lass es uns doch einfach sehen, es versuchen!” Ich hörte den flehenden Klang seiner Stimme, schüttelte jedoch nur den Kopf. “Nein. Dafür bin ich nicht da. Und du findest jemanden, der zu dir passt.” Ich zwang mir ein Lächeln ins Gesicht und sah ihn doch noch an. Sein Anblick stach mir noch mehr ins Herz. “Du bist ein Mensch, von mir aus ein Nephilim. Ich bin ein Engel. Da gibt es solche Gefühle nicht.” “Elana! Ich weiß, dass da etwas ist!”, brach aus ihm heraus. Ich trat zurück, als er nach mir greifen wollte und schüttelte entschieden meinen Kopf. “Chris, du sitzt einem Irrtum auf. Da ist nichts! Bitte, geh und vergiss das Ganze einfach. Ich werde morgen zu Trevor ziehen und dann siehst du mich ja auch erstmal nicht mehr!” Er versuchte es, mit Worten, mit Gesten … und doch ließ ich mich nicht erweichen. Schließlich ging er niedergeschlagen aus dem Raum. Als die Türe sich hinter ihm schloss, konnte ich ein Aufschluchzen nicht mehr unterdrücken. Das war das schrecklichste Gefühl, das ich jemals empfunden hatte. Kapitel 33: ✡ ✟ Kapitel 32 ✟ ✡ ------------------------------ Am nächsten Morgen hatte ich mich wie erschlagen gefühlt. Ich hatte kaum geschlafen, die Augen einfach nicht zu bekommen. Immer wieder waren die Tränen geflossen. Ich konnte nicht erklären, warum ich mich so schlimm fühlte, aber so war es. Völlig fertig hatte ich mich geduscht, angezogen und gerichtet, ehe ich noch eine Kleinigkeit gefrühstückt hatte und mich von den meisten Schattenjägern verabschiedet hatte, mit denen ich zu tun gehabt hatte. Von Lori war mir die Verabschiedung wirklich schwer gefallen. Sie hatte sich bei mir aber gleich für die nächsten Tage angekündigt. In ihr hatte ich eine gute Freundin gefunden. Der Einzige, von dem ich mich nicht verabschiedete, war Chris. Ich wusste nicht genau warum, aber ich wollte ihn nicht sehen. Er würde mich vermutlich auch nicht sehen wollen, denn gestern hatte ich ihn sicherlich verletzt, zumindest war das meine Vermutung. “Du kannst schon in die Garage runter gehen. Dort bringt dich dann jemand zu Trevor”, richtete Dan an mich, nachdem er mich nochmal umarmt hatte. Ich nickte ihm zu, griff nach meiner Reisetasche und machte mich auf den Weg. Eigentlich hatte ich ja gedacht, dass er mich fahren würde. In die Garage trat ich durch die Hintertüre ein, die mit dem Institut verbunden war. Ein paar Meter weiter hörte ich jemanden Gegenstände herum räumen, daher trat ich diese Richtung. “Hallo?”, fragte ich nach. “Elana”, vernahm ich Chris Stimme und blieb wie erstarrt stehen. Mit geweiteten Augen sah ich den Schattenjäger an. Dieser sah so aus, wie ich mich fühlte. Ob er auch nicht geschlafen hatte? Meinetwegen? In meinem Herzen stach es und ich sah zur Seite. Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen. “Bist du dann soweit?”, brachte er mit heiserer Stimme hervor. Sofort ruckte mein Kopf in seine Richtung. “Du fährst mich?”, fragte ich leise und runzelte meine Stirn. Chris nickte und nun war er es, der meinem Blick auswich. “Ja. Außer du willst es nicht, dann hole ich jemand anderen.” Ich schüttelte als Antwort meinen Kopf. “Nein, ist schon in Ordnung…” “Dann gib mir deine Tasche”, murmelte der Schattenjäger und stand im nächsten Moment bereits direkt vor mir. Er griff nach meiner Reisetasche und ich ließ diese sofort los, wie als ob ich mich verbrannt hätte. “Komm.” Chris ging auf ein Auto zu und nach kurzem Zögern folgte ich ihm. Mein Blick fiel auf das Motorrad. “Chris?” “Ja?”, der Schattenjäger sah leicht über seine Schulter. “Können wir das Motorrad nehmen?” Ich erkannte, dass er seine Stirn runzelte, auch wenn er ebenfalls auf das Motorrad und nicht zu mir sah. “Bitte!”, flehte ich schon fast. Er zögerte noch einen Moment, nickte dann jedoch. “In Ordnung.” Ich beobachtete, wie er die Tasche unterbrachte und war dankbar, dass diese nicht allzu groß war. Er ging zur Seite und hielt mir gleich darauf einen Helm entgegen. “Zieh den auf.” Ich nickte, nahm den Helm entgegen und zog ihn auf. Während ich ihn schloss, hatte Chris das Garagentor mit einem Knopfdruck geöffnet und setzte sich auf das Motorrad. “Kommst du?”, richtete er an mich. Durch den Helm, den er aufgesetzt hatte, verstand ich ihn nur dumpf. Nickend trat ich zu ihm und erst als ich direkt neben ihm stand, wurde mir klar, was es bedeutete, mit dem Motorrad zu fahren. Ich überlegte, ob ich doch noch auf ein Auto umschwenken konnte … doch das Tor war offen und ich war es gewesen, die das Motorrad angefragt hatte. Also konnte ich das jetzt schaffen … ihm so nahe zu sein. Ich hob ein Bein über das Rückteil des Motorrades und legte meine Hände auf Chris´ Hüften. Zwischen uns hielt ich ein wenig Abstand. “Das funktioniert so nicht”, vernahm ich seine Stimme erneut durch den Helm gedämpft, “rutsch bitte noch ein wenig näher.” Ich blinzelte und tat, was er gesagt hatte. Auch durch den Helm hatte ich hören können, dass er die Zähne aufeinander gebissen hatte. Ich schloss meine Augen und legte die Arme um ihn. “Gut…”, vernahm ich seine Stimme, dann erwachte das Motorrad grollend unter uns zum Leben. Auch dieses Mal fühlte es sich toll an. Es war fast so wundervoll wie fliegen, dessen war ich mir sicher. Auf der Straße war nicht besonders viel los. Ich löste meine Hände von Chris und streckte sie zur Seite aus, während ich meine Augen immer noch geschlossen hatte. Dieses Gefühl … Es verdrängte alles andere, ließ alle Sorgen einen Moment verschwinden. Es war, als würden sie ebenfalls davon fliegen. Keine Aufgabe, keine Drachme … kein Chris … nur Freiheit. Als ich seine Hand auf meinem Knie spürte, öffnete ich meine Augen wieder. Ich schloss meine Arme erneut um Chris Oberkörper, woraufhin er seine Hand von mir löste und in eine Richtung deutete, ehe er die Hand wieder an den Motorradgriff legte. Ich blickte in die Richtung, in die der Schattenjäger gedeutet hatte und erkannte ein großes Haus, auf das wir zu fuhren. Wir wären also gleich da. Ein Seufzen verließ meine Lippen. Das war es also mit der Freiheit, die ich kurz empfunden hatte. Aber es gab wichtigeres, das war richtig. Und wenn ich die Drachme hatte, dann konnte ich nach Hause. Also musste ich meine volle Konzentration darauf richten, die Drachme zu finden. Meine Hände krallten sich in die Lederjacke, die Chris trug. Nach Hause… Wie Dan bei der Party am Vorabend, fuhr Chris bis direkt vor den Eingang. Wir stiegen beide ab und während der Schattenjäger das Motorrad abstellte, ließ ich meinen Blick über die Eingangstüre gleiten. Im Hellen wirkte alles wieder ganz anders, als im Dunkeln. Noch während ich die Türe musterte, schwang diese auf einmal auf. “Engelchen!”, erklang Trevors Stimme begeistert und der blauhaarige Hexenmeister kam heraus. Er trat zu mir und küsste mich auf die Wange, ehe er sich meinem Begleiter zuwand. “Christopher. Dich hatte ich zwar nicht erwartet, aber ich freue mich sehr, dich zu sehen.” Der Angesprochene nickte. “Ich habe Elana hierher gebracht. Und ich bin zum helfen da.” Trevors Augenbrauen hoben sich. “Helfen?” Chris erwiderte den Blick. “Ja, helfen. Ich habe ihr schon zuvor geholfen und ich werde sie unterstützen, bis die Drachme gefunden ist.” Trevor sah kurz zu mir, ehe er Chris auf die Schulter schlug. “Löblich Nephilim, sehr löblich. Dann folgt mir.” Er deutete mit einer Handbewegung passend zu seinen Worten, dass wir mit ihm kommen sollten. Chris griff schnell nach meiner Reisetasche und lief ein paar Schritte hinter mir. “Ich zeige dir schnell das Zimmer, in dem du nächtigen darfst solange du möchtest.” Trevor lächelte mich strahlend an und ging die Treppe hinauf, die wir bereits gestern betreten hatten. Ich sah mich neugierig um. Es war nicht zu erkennen, dass hier gestern noch eine große Party stattgefunden hatte. “Es gibt einige nützliche Zauber… und gute Helfer”, gab der Hexenmeister zwinkernd zu, als er meine neugierigen Blicke sah. Im zweiten Stockwerk blieb er vor einer Türe stehen. “So, das ist deines. Merke es dir einfach.” Ich nickte und trat an ihm vorbei, als er mir die Türe öffnete. Ich blinzelte erstaunt. Es war ein schönes und gemütliches Zimmer, das von einem riesigen Bett dominiert wurde. Auf diesem lagen viele Kissen in verschiedenen, glitzernden Farben. Große Fenster ließen viel Licht herein. Und es gab einen Erker, in dem man sicher gemütlich auf dem Sessel sitzen konnte, der darin stand. “Da drüben ist ein Bad. Und deine Kleidung kannst du dort im Schrank unterbringen”, erklärte Trevor und deutete auf die Türe, die wohl zu dem Badezimmer führte und anschließend auf den Schrank. Ich nickte, nahm Chris die Tasche ab und stellte sie auf das Bett. “In Ordnung. Können wir dann gleich anfangen?”, richtete ich an den Hexenmeister, der mich daraufhin überrascht ansah. “Gleich anfangen? Willst du nicht erst noch brunchen? Ich habe extra etwas hergerichtet…” Ich schüttelte meinen Kopf. “Ich möchte so schnell wie möglich beginnen und ich habe vorher erst im Institut gefrühstückt.” Trevor seufzte auf. “Na gut, dann komm mit. Ich bringe euch in meine Bibliothek.” Kapitel 34: ✡ ✟ Kapitel 33 ✟ ✡ ------------------------------ Wir waren in der Bibliothek des Hexenmeisters. Und wir hatten mehr Erfolg als ich bisher gehabt hatte. “Hier steht auch noch etwas.” Chris hielt mir ein Buch entgegen und deutete aufgeregt auf eine Stelle, in der die Drachme des Lukas erwähnt wurde. Ich nahm dem Schattenjäger das Buch ab und las die Stelle ebenfalls durch. Hier wurde die Drachme nur kurz erwähnt, als Teil einer größeren Sammlung. Das Gute daran, der Bericht war noch nicht so alt. Wenn wir sie von hier aus weiter verfolgen konnten, dann war die Wahrscheinlichkeit, herauszufinden, wo die Drachme heute war, sehr hoch. Freudestrahlend sah ich von dem Buch auf und zu dem Schattenjäger, der immer noch vor mir stand. Mein Strahlen verging, als ich den nachdenklichen Blick erkannte, den Chris auf mich gerichtet hatte. Er brachte mich durcheinander. Seit gestern Nacht konnte ich kaum noch aufhören, an ihn zu denken, an seinen Kuss. Ich war dankbar, dass ich mich mit der Suche nach der Drachme von ihm und der Situation zwischen uns ablenken konnte. Ich verstand diese verwirrenden Gefühle einfach nicht. “Engelchen, hier ist auch noch etwas”, erklang von meinem Gastgeber. Chris und ich sahen uns immer noch an und dankbar drehte ich mich auf Trevors Worte sofort zu diesem um. “Ja?” “Komm her”, er winkte mir zu und bedeutete mir, dass ich in das Buch sehen sollte, das vor ihm lag. “Ich weiß nicht warum, aber plötzlich ist hier von einem Schmuckstück die Rede”, murmelte er, während sein Blick immer noch auf das Buch gerichtet war. “Einem Schmuckstück?”, fragte ich erstaunt nach und sah ebenfalls in das Buch. “Ja, ein Schmuckstück. Sieh hier.” Ich musterte Trevor einen Moment, ehe ich den Text las, auf den er mit seinem Finger tippte. Der Hexenmeister hatte recht. Anstatt Drachme des Lukas, war von einer Lukas-Kette die Rede. “Vielleicht handelt es sich nicht um denselben Gegenstand”, meinte ich und wollte das Buch zuklappen. Trevor war jedoch schneller und legte seine Hand auf das offene Buch und hielt mich somit ab, es zu schließen. “Es könnte sich jedoch auch um die Drachme handeln, die irgendjemand umgearbeitet hat. Das kannst du so nicht sagen. Du warst es, die vorher erst gesagt hat, dass die Drachme von einem Zauber umgeben ist, sodass ihr Engel sie nicht mehr finden konntet.” Ich nickte zustimmend. “Es könnte sein”, stimmte ich ihm nachdenklich zu. “Dann sehen wir doch mal weiter”, tatkräftig drehte der Hexenmeister sich zu einem seiner Bücherregale herum und ging darauf zu. Eines musste man ihm lassen. Er hatte hier tausende von Büchern… und er wusste immer genau, wo welches Buch war. “Hier, das sollte es doch sein!”, rief er in dem Moment und zog ein schmales Buch, schon fast ein Heft, hervor. “Eine Art… Schmuckkatalog”, erklärte er mir und legte es auf den Tisch um darin zu blättern. Ich sah ihm dabei zu und gleich darauf stand Chris auf der anderen Seite des Hexenmeisters. “Wusste ich doch, dass ich das irgendwo mal gelesen habe!”, brach enthusiastisch aus dem Hexenmeister hervor, “hier, Lukas-Kette.” Er schlug die dazugehörige Seite auf. “Na bitte, Lukas-Kette. Mit Bildern!” Meine Augen weiteten sich. Mit einem Finger tippte ich auf das Bildnis einer Kette, genauer gesagt auf den Anhänger an der goldenen Kette. “Das hier ist die Drachme”, gab ich von mir. Trevor nickte. “Das dachte ich mir. Anscheinend hat irgendjemand die Drachme als Anhänger umarbeiten lassen.” Ich nickte nachdenklich. “Die Frage wäre noch, wusste derjenige, was er da in den Händen gehalten hat? Wusste er von der Kraft der Drachme?” Auch Trevor wirkte nachdenklich. “Das ist wirklich die Frage. Haben wir hier jemanden, der unser Feind ist? Oder einen Unwissenden?” Wir wechselten einen Blick. “Wir müssen wirklich herausfinden, wer sie hat.” Trevor nickte auf meine Aussage. “Und sie dann zurückholen!”, stimmte er mir zu. Dankbar lächelte ich ihn an. Er half mir wirklich sehr. “Das bedeutet, dass wir uns nun wohl eher auf den Schmuck konzentrieren sollten”, erinnerte Chris Stimme mich daran, dass er ja auch noch da war. Für einen Moment hatte ich das verdrängen können. “Ich versuche raus zu finden, ob manche Gegenstände der Sammlung, in der die Drachme vor ungefähr 125 Jahren war, ebenfalls als Schmuck umgearbeitet wurde. Damit kann man vielleicht einen Besitzer herausfinden.” “Das ist eine gute Idee Schattenjäger”, erwiderte Trevor und ich nickte nur zu Chris´ Worten, ehe ich mich wieder zu einem Bücherregal umwand. “Ach ja, 125 Jahre… das ist doch noch gar nicht so lange…”, murmelte Trevor, während er sich ebenfalls einem Bücherregal umwand, “von dieser Zeit habe ich auch noch einiges…” Ich beobachtete, wie er zu einem bestimmten Regal ging und dort ein Buch hervor zog. “Wie alt bist du denn?”, fragte ich neugierig nach. “So etwas fragt man doch nicht!”, erklang seine Stimme gleichzeitig tadelnd und belustigt. Von Chris erklang ein leises Schnauben. Ich wiederum hob nur meine Augenbrauen. “Ah ja… So alt wirst du jetzt ja wohl nicht sein.” Auch Trevor hob seine Augenbrauen. Seinem Ansehen nach war er Anfang, Mitte 20, aber ich bezweifelte es sehr stark. Als Hexenmeister war er unsterblich, wenn er nicht getötet wurde. Er schmunzelte. “Vor zwölf Jahren habe ich meinen 400. Geburtstag gefeiert.” Ich grinste ihn an. “Dann hast du dich wohl gut gehalten.” Ein Lachen erklang auf meine Aussage und ich drehte mich immer noch breit grinsend zurück zum Bücherregal. “Trotzdem bist du ein Jungspund.” “Ein Jungspund?”, erklang nahezu entsetzt von dem Hexenmeister. “Wie bitte?”, erklang auch ungläubig von Chris. Ich sah zu den Beiden und zuckte mit meinen Schultern. “So sieht es aus.” “Okay Engelchen…”, Trevor trat zu mir und legte eine Hand auf meine Schulter, sodass ich mich zu ihm umwand. “Was willst du damit sagen? Ich bin um einiges älter als du.” Ich sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. “Das bezweifle ich doch stark.” Er runzelte seine Stirn während er mich genau musterte. “Wie alt bist du?” Immer noch schmunzelnd zuckte ich mit meinen Schultern. “Für einen Tag im Himmel vergehen hier auf der Erde 77 Jahre. Bei knapp 400 Jahren … sind das über fünf Tage im Himmel. Ich bin 18 Jahre alt … so wie es auf meinen Ausweisen steht … In Erdenjahren umgerechnet …”, ich runzelte meine Stirn und sah nachdenklich in die Luft und zuckte anschließend einfach mit meinen Schultern, “es lässt sich nicht richtig umrechnen. Die Zeitrechnung ist einfach zu unterschiedlich. Ich bin ungefähr so alt wie die Zeit… Ich war von Beginn an bei meinem Herrn, bei Gott. Ich habe die Menschheit erlebt, ihre ersten Schritte …” Als ich den Hexenmeister und den Schattenjäger ansah, erkannte ich die Blicke, die aus weit aufgerissenen Augen auf mich gerichtet waren. Ich zuckte mit meinen Schultern. “Ich bin alt, merkt es euch … ansonsten bin ich weiterhin die 18 Jahre alt wie es auf meinen Ausweisen steht… körperlich zumindest.” Trevor war der Erste, der seine Fassung wieder fand. “Das hatte ich jetzt nicht erwartet … aber in Ordnung. Damit kann ich leben. Also damit, dass ich nicht der Älteste hier bin ... “ “Immerhin körperlich …”, versuchte ich ihn zu trösten und klopfte ihm auf die Schulter. “Also das war kein Kompliment”, erwiderte er daraufhin schmunzelnd und entlockte mir ein leises Kichern. Kapitel 35: ✡ ✟ Kapitel 34 ✟ ✡ ------------------------------ Wir verbrachten Stunden damit, mehr über die Drachme beziehungsweise die Kette in Erfahrung zu bringen. Trevor sorgte dafür, dass wir zwischendurch Getränke und Essen serviert bekamen. Es war schon spät, als er mich endlich dazu brachte, dass es an der Zeit war, ins Bett zu gehen. Ich hätte am liebsten noch weiter gemacht, aber der Hexenmeister hatte recht. Ich hatte einen menschlichen Körper und dieser brauchte seinen Schlaf. Ich hatte mich gerade ins Bett gelegt und wollte schlafen, als es an der Türe klopfte. Ich setzte mich auf. “Ja?” Die Türe öffnete sich und schloss sich zugleich hinter Chris wieder. “Hey …”, murmelte er. Er hatte sich vorher geweigert, zurück ins Institut zu fahren und so hatte Trevor ihm nach einigen Diskussionen ein Zimmer gegeben, in dem er schlafen konnte. Und dieses lag, wie könnte es auch anders sein, neben meinem. Ich wusste nicht genau, was sich Trevor dabei gedacht hatte. Er hatte gemerkt, dass etwas zwischen dem Schattenjäger und mir vorgefallen sein musste. Die Stimmung zwischen uns war angespannt. Vielleicht hatte Trevor gedacht, dass wir miteinander reden sollten. Das traute ich ihm zu. “Was gibt es?”, fragte ich nach. Die zweite Lösung wäre gewesen, Chris einfach wieder hinaus zu schicken. “Ich wollte nochmal mit dir reden … wegen … wegen gestern …”, stammelte er herum und wich meinem Blick aus. Ich legte meinen Kopf schief. Es schien ihm wirklich wichtig zu sein… und vermutlich war es auch das Richtige, oder? “Dann komm her …”, entgegnete ich leise und klopfte auf die Bettseite neben mir. Im Sitzen war es angenehmer zu reden als im Stehen. Chris musterte mich überrascht, nickte dann und kam zu mir. “Okay …”, murmelte er. Er setzte sich so, dass seine Beine noch den Bettrand hinunter hingen und drehte sich zu mir herum. Es sah unbequem aus. “Du kannst dich auch richtig hinsetzen”, richtete ich an ihn und sah ihn fest an. Er blinzelte verwirrt, ehe er seine Schuhe auszog und seine Beine auf das Bett legte. Einige Minuten schwiegen wir beide und starrten in alle mögliche Ecken und Stellen des Zimmers, um uns ja nicht ansehen zu müssen. Ich wusste, dass das so nicht bleiben konnte. “Du wolltest reden”, erinnerte ich ihn daran, weshalb er hier war. Sofort versteifte er sich neben mir. “J-ja”, brachte er stotternd hervor. Ich hörte wie er tief Luft holte. “Es tut mir leid Elana … Für gestern, dafür, dass ich dich so überfallen habe …” Auch ich erstarrte und ich erinnerte mich. An seine Lippen auf meinen, an das Kribbeln, das meinen Körper durchströmt hatte. Ich zog meine Beine unter der Decke an und schlang meine Arme darum. “Das muss es dir nicht … du hast ja nichts falsch gemacht.” “Doch! Ich habe dich einfach geküsst, dich bedrängt! Natürlich war das falsch!”, widersprach er mir sofort. Ich schüttelte meinen Kopf. “Du hast wirklich nichts falsch gemacht. Meine Auswirkung auf dich … deine Gefühle mir gegenüber … das ist alles nicht echt.” Bei diesen Worten spürte ich mein eigenes Herz brechen und ich konnte nur mühsam die Tränen zurückhalten. “Was? Wie kommst du denn darauf? Du kannst nicht darüber urteilen, ob meine Gefühle echt sind oder nicht!”, brach ungestüm aus ihm heraus. Ich konnte meinen Blick nicht zu ihm drehen, ich konnte es mir vorstellen, wie er mich ansah. Meine Augen geschlossen, umklammerte ich meine Beine noch fester. “Ich habe es dir doch schon einmal erklärt. Das Lächeln eines Engels Chris … wir können alle dazu bringen, sich in uns zu verlieben. Und das ist bei dir passiert … ich habe nicht aufgepasst und jetzt empfindest du etwas, das ich verursacht habe … unabsichtlich.” Ich spürte seinen Griff und wurde im nächsten Moment zu ihm herum gezerrt. Er starrte mich aus blitzenden Augen an. “Hör auf, über meine Gefühle zu urteilen! Ich weiß was ich fühle! Und das ist sicherlich nicht nur eine Auswirkung, weil du mich angelächelt hast!” Mein Herz machte einen Satz und schlug doppelt so schnell wie zuvor weiter. Er war mir wieder so nahe. “Ich empfinde etwas für dich Elana! Mehr als nur ein bisschen. Ich habe mich in dich verliebt! Und das, obwohl ich nicht wusste, wer du bist, was du bist!” Ihm war anzuhören und anzusehen, wie aufgewühlt er war. Ich griff nach seinem Handgelenk und brachte ihn so dazu, die Hand von meinem Oberarm zu lösen, den er mit seiner Hand schon fast schmerzhaft umklammert hatte. “Christopher”, ich sah ihn aufgelöst an. “Nein, sag mir nicht wieder, dass meine Gefühle nicht echt sind! Denn das sind sie. Selbst wenn sie durch ein Lächeln ausgelöst wurden, so sind sie doch real!”, knurrte er mich schon fast an. Ich blinzelte und verdrängte die Tränen, die sich in mir aufstauten. Ich durfte nicht weinen, ich musste ernst bleiben, dieser Situation gewachsen. “Selbst wenn deine Gefühle echt sind … Es kann so nicht funktionieren Chris, das tut es nicht.” In den Augen des Schattenjägers war ein Aufblitzen zu erkennen. “Warum kann es das nicht? Ja, du bist ein Engel, aber in meinen Adern fließt ebenso Engelsblut! Du bist älter als ich? Na und? Hier auf der Erde bist du sogar jünger als ich! Es kann zwischen uns funktionieren, das weiß ich. Und ich weiß, dass ich dir nicht egal bin! Das ist zu erkennen. Deine Blicke, ich habe gespürt, wie sich dein Puls beschleunigt und dein Atem wird schneller, wenn ich dir nahe komme. Das mit uns Elana, mit uns beiden. Es kann wirklich funktionieren, wenn wir es wollen. Und ich will es.” Mein Herz nahm an Tempo auf und ich fragte mich, ob er recht hatte. Könnten wir wirklich zusammen sein? Auf die Art und Weise, wie er es sagte? Könnte er mich wieder küssen? Würde er mich wieder küssen? Dann kam die Realität zurück, die die Hoffnung in mir, die ich in diesem Moment, in diesem Augenblick gespürt hatte, wieder zunichte machte. Ich zog mich von ihm zurück und alleine diese Handlung sagte ihm wohl einiges aus, denn er biss seine Zähne zusammen, sodass sein Kiefer sich anspannte. “Ich muss wieder zurück”, richtete ich leise und ernst an ihn. Er erstarrte. “Hörst du? Ich bin hier, weil ich die Drachme finden und zurückbringen muss. Und dann werde ich zurückkehren. Nach Hause, dort wo ich hingehöre. Ich bin ein Engel. Ich gehöre in den Himmel, zu meinem Herrn und zu meinesgleichen. Dort bin ich zu Hause.” Er sackte regelrecht in sich zusammen, als meine Worte zu ihm durch drangen. Er drehte sich und ließ sich mit seinem Rücken gegen die Kopflehne sinken. Sein Kopf fiel in seinen Nacken und er schloss die Augen. Ich betrachtete ihn, während wir schweigend da saßen. Und das eine Weile. Irgendwann durchdrang seine Stimme die Stille. “Hast du jemanden? Also da oben, im Himmel? Gibt es da jemanden?” Ich runzelte meine Stirn. Seine Frage war für mich unverständlich. Ob es da oben jemanden gab? “Ähm… ja… also Jesus… Jesus Christus”, antwortete ich. “Wie bitte?”, Chris Oberkörper richtete sich auf und er starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an, “Du hast etwas mit Jesus?” Nun ergab die Frage doch plötzlich einen Sinn für mich. Er hatte diese wohl im romantischen Sinne gefragt. “Nein, nein. Doch nicht so!”, rief ich laut und erschrocken auf. Das war … das war eine wirklich eigenartige Idee! “Was ich sagen wollte”, fügte ich schnell hinzu, “ist, dass er mir eine Aufgabe gegeben hat. Und diese ist für mich in diesem Moment vorrangig vor allem anderen. Ich werde die Drachme finden und dann nach Hause zurückkehren.” Erneut herrschte Schweigen, dann erklang ein leises Seufzen. “Es tut mir leid Chris”, richtete ich an den Schattenjäger. Dieser schwang seine Beine über den Bettrand. “Es ist schon in Ordnung Elana. Ich wollte es …”, er überlegte einen Moment, ehe er die Schultern zuckte, “ich vermute, dass ich einfach nur wissen wollte, ob ich tatsächlich keine Chance bei dir habe. Und ich will ehrlich sein”, sein Blick richtete sich auf mich, “es tut weh … aber ich werde lernen damit umzugehen … und ich werde dir weiterhin beistehen und helfen, versprochen.” Ich sah ihn an und musste dankbar lächeln. “Vielen Dank”, erwiderte ich leise, woraufhin er nur nickte. “Das passt schon. Jetzt schlaf schön und bis morgen.” Ich verabschiedete mich von ihm und dann verließ er das Zimmer. Ich ließ mich in mein Kissen sinken, zog die Decke höher und löschte mit einer Handbewegung das Licht. Im Dunkeln starrte ich gegen die Decke und schluchzte plötzlich auf, ehe ich mich zur Seite drehte und mich zusammen rollte, während die Tränen unablässig über meine Wangen rollten. Warum tat es so weh? Warum machte mich die Wahrheit so fertig? Es ergab doch alles einen Sinn! Alles, außer diesem seltsamen Gefühl ... Kapitel 36: ✡ ✟ Kapitel 35 ✟ ✡ ------------------------------ Wir hatten zu Beginn viel herausgefunden … und dann schien alles wieder im Sand zu verlaufen. Wir hatten die Drachme bis zu einem gewissen Punkt verfolgen können, dann die Kette … und dann war sie wie vom Erdboden verschwunden. Die Drachme, bereits in Form der Kette, war Teil einer Ausstellung gewesen, die anschließend in einzelnen Teilen verkauft worden war. Und ab hier gab es keine Informationen mehr. Wer war der Käufer gewesen? Das war nun wichtig herauszufinden. Und war dieser immer noch der Besitzer? Oder war die Drachme erneut weiterverkauft worden? Und war sie noch als Kette konzipiert? Lauter Fragen, die sich nicht beantworten ließen, zumindest nicht an dem Punkt, an dem wir gerade waren. Zudem schien es nicht nachvollziehbar zu sein, wer die Drachme im Himmel entwendet hatte. Sie war wohl schon durch zu viele Hände gegangen. Das wichtigste war aber, dass wir die Drachme zurück bekamen, der Rest war zumindest für mich unwichtig. “Auriel?”, erklang Trevors Stimme. “Ja?”, fragte ich und drehte mich in seine Richtung. Der Hexenmeister sah mich mit großen Augen an. “Tatsächlich! Das hätte ich jetzt nicht vermutet!”, gab er von sich. Ich musterte ihn mit gerunzelter Stirn. “Auriel?”, erklang Chris´ tiefe Stimme und erst da begriff ich. “Oh …”, gab ich leise von mir. Trevor schlug das Buch in seinen Händen zu, schob es ins Regal zurück und kam zu mir. “Auriel also.” Ich erwiderte seinen Blick ernst und nickte. “Ja.” “Hätte jemand die Güte, mich aufzuklären?”, fragte Chris ungeduldig nach. Er trat ebenfalls zu uns, bemühte sich jedoch darum, Abstand zu mir zu halten. Er hatte sein Versprechen eingehalten. Er half mir weiter mit der Suche nach der Drachme. Und doch … es schien ihm etwas auszumachen, in meiner Nähe zu sein. Und ich konnte es verstehen, nachvollziehen. Auch ich fühlte mich unwohl, wenn er da war. Ein eigenartiges, bedrückendes Gefühl. Ein Stechen in der Herzgegend. Und ich musste ehrlich sein. Ich war froh, wenn ich wieder zurück im Himmel bei meinesgleichen war, dann musste ich mir über diese eigenartigen Gefühle keine Gedanken mehr machen. “Mein wahrer Name ist Auriel”, klärte ich den Schattenjäger auf. “Auriel? Du heißt doch Elana. Dein Name stand auf deinem Pass …”, erklang seine Stimme verwirrt. Ich nickte. “Natürlich. Ich habe eine menschliche Gestalt erhalten, einen menschlichen Namen … ich sollte gut hierher passen, meine Tarnung eben.” Ich sah auf meine Hände. Ich hatte diesen Namen schon so lange nicht mehr gehört … Auriel. Seit ich hier war, hieß ich Elana … gefühlt war das mein Name … aber vermutlich nicht mehr lange. “Du hast deine Fähigkeiten behalten”, fügte Chris hinzu. “Ich bin auch immer noch ein Engel. Egal, wie ich von Außen aussehe. Ich sollte mich hier verteidigen können, auch in Menschengestalt.” “Es tut mir leid, ich verstehe es einfach nicht.” Chris griff nach nach meinem Arm und streichelte mit seinen Fingern über die makellose Haut. Die mit Zauberglanz aufgebrachten Runen hatte ich bereits an dem Abend wieder abfallen lassen, als ich mich offenbart hatte. Ich brauchte sie nicht mehr und musste keinen Schattenjäger mehr täuschen. Ich sah Chris ernst an und griff mit meiner anderen Hand nach seinem Handgelenk. “Du darfst niemals vergessen, wer und was ich bin. Denn das ist es, was mich ausmacht.” Wir sahen uns an und erst auf ein Räuspern von Trevor fuhren wir auseinander. “So sieht es wohl aus, Engelchen.” Nun war der Blick des Hexenmeisters ernst auf mich gerichtet. Ich erwiderte den Blick nur kurz, ehe ich wieder nach vorne sah. “Wie kamst du auf meinen wahren Namen?”, fragte ich ihn. “Ich hatte noch nie von einem Engel namens Elana gehört. Und ich war neugierig. Dein Name bedeutet übersetzt, Licht Gottes. Und dann noch dein Nachname. Luxor … Lux ist lateinisch. Or ist hebräisch. Beides heißt Licht. Auch Auriel bedeutet Licht Gottes. Es war also ein Versuch. Ich hätte nur nicht erwartet”, Trevor griff an sein Kinn und sah nachdenklich geradeaus, “dass ich auf Anhieb richtig liege.” Er zuckte mit seinen Schultern und grinste. “Aber gut, ich bin halt sehr intelligent.” Ich schnaubte leise. “Natürlich.” “Was willst du damit sagen Engelchen?” Ich grinste und drehte mich zur Seite. “Ich sage doch gar nichts dazu.” “Sprich dich doch bitte aus. Fühle dich völlig frei.” Eines musste ich zugeben. Ich hatte hier auf der Erde Personen kennengelernt, die ich mochte. Lori war mir ans Herz gewachsen. Sie war eine lebenslustige und offene Person, bei der ich mich von Anfang an wohl gefühlt hatte. Dann war da Lia, die Werwölfin, die mich zwar zuerst ebenfalls misstrauisch gemustert hatte, dann aber mit mir umgegangen war, wie man es mit Freunden machte. Trevor. Derjenige, der mich vom ersten Moment an erkannt hatte und der mir sofort seine Unterstützung und Hilfe zugesichert hatte. Ich fühlte mich bei ihm wohl und er war wohl derjenige, der einer Vertrauensperson am nächsten kam. Ich konnte ihm alles sagen, musste ihm nichts verschweigen. Er wusste was ich war … und er wusste, dass ich ihn in Sekunden besiegen könnte. Wobei ich bezweifelte, dass das der Grund war, weshalb er mir half. Ich war sicher, dass er mich auch mochte. Während wir uns gegenseitig neckten, fiel mein Blick auf Chris, der ein paar Schritte weiter weg stand. Er wirkte angespannt, hatte seine Zähne zusammengebissen und seine Augen verengt. Er versuchte jeden Blick auf uns zu vermeiden, was jedoch nicht die ganze Zeit über gelang. Immer wieder bemerkte ich, wie sein Blick kurz in unsere Richtung huschte, dann aber sofort wieder zurückgezogen wurde. Als er mir einmal direkt in die Augen sah, erstarrte er. Auch ich erstarrte und wir sahen uns ein paar Augenblicke nur an. Schließlich war er es, der den Blickkontakt unterbrach. Ich seufzte leise auf. Warum fühlte sich das nicht gut an? “Alles in Ordnung?”, fragte Trevor neben mir leise. Ich nickte als Antwort. “Okay…”, Trevors Blick richtete sich kurz zu dem Schattenjäger, ehe er sich wieder an mich wand. “Ich werde mich bei verschiedenen Geschäftspartnern nach der Drachme… beziehungsweise der Kette erkundigen. Ich behaupte einfach, dass ich sie gesehen habe und sie mir gefallen hat. Vielleicht ergibt sich ja etwas.” Auf seine Aussage nickte ich. Das hörte sich gut an. “In Ordnung.” “Ich werde mich auf den Heimweg machen”, unterbrach Chris uns. “Wie? Warum das?”, brach es aus mir hervor und ich sah ihn mit großen Augen an. “Irgendwann sollte ich auch wieder im Institut auftauchen. Ich habe Aufgaben zu erfüllen. Ich helfe euch zwar wirklich gerne, aber ich muss auch an meine Verpflichtungen denken.” “Christopher hat recht”, stimmte Trevor ihm zu. Ich sah kurz zu dem Hexenmeister, ehe ich zurück zu dem Schattenjäger sah. “Aber …”, murmelte ich und unterbrach mich dann selbst. Er hatte recht. Er konnte nicht die ganze Zeit hier bei mir sein … und trotzdem … ich wollte nicht, dass er ging. Ich wollte, dass er hier blieb, bei mir … Warum war ich so selbstsüchtig? Auch das verstand ich nicht. Chris … wir hatten uns von Beginn an misstraut … und waren trotzdem auch voneinander fasziniert gewesen … Und er hatte es gesagt … Er hatte sich in mich verliebt. Aber was bedeutete dieses Gefühl? Was war Verliebtsein? Kapitel 37: ✡ ✟ Kapitel 36 ✟ ✡ ------------------------------ “Ich soll was?” “Mitkommen!” Lori stand vor meinem Kleiderschrank und zog verschiedene Kleidungsstücke heraus, die sie musterte und wieder zur Seite warf, da sie ihr wohl nicht gefielen, während ich auf meinem Bett saß und sie beobachtete. “Warum soll ich mitkommen?” Ich war wirklich verwirrt. Sofort drehte die Schattenjägerin sich zu mir herum. “Elana, du kannst nicht nur hier sitzen und arbeiten. Du musst auch mal wieder raus und etwas erleben!”, erklärte sie mir. Mein Blick schien sie zu belustigen, denn sie lachte laut. “Ach Elana. Auch wenn du ein Engel bist, tief in deinem Inneren … hier bist du ein Mensch. Und das bedeutet, dass du deine Freunde und Ablenkung brauchst. Ich bin mir sicher, dass Trevor mir sofort zustimmen wird!” Mein Gesichtsausdruck verdüsterte sich. “Ja, wird er”, grummelte ich und verschränkte meine Arme vor meiner Brust. Ich mochte Trevor, sehr gerne … aber er war sehr überfürsorglich. Immer wieder mussten wir Pausen machen, schlafen, essen … In Ordnung, mein menschlicher Körper brauchte das, trotzdem würde ich wirklich gerne alle Zeit in die Suche nach der Drachme stecken. Trevor wartete gerade noch auf die Rückmeldung von ein paar Geschäftspartnern und danach hofften wir, dass wir weiter suchen konnten. “Hier, das solltest du anziehen”, riss mich Loris Stimme aus meinen Gedanken und verwirrt sah ich auf. “Was?” Die Schattenjägerin hob ihre Augenbrauen. “Das hier. Anziehen. Heute Abend zur Party.” Ich nahm ihr langsam die Kleidung aus den Händen, die sie mir entgegen hielt. Eine schwarze, enge Röhrenjeans und das dunkelblaue Top mit den Spitzenärmeln. “Muss ich wirklich?”, fragte ich flehend. Jedoch ließ Lori keine Widersprüche zu. `Elana - komm bitte zu mir´, erklang in meinem Kopf. “Ist alles in Ordnung?”, fragte Lori mich, als ich erstarrte. “Was? Oh ja, natürlich. Ich muss nochmal kurz zu Trevor.” Lori musterte mich nachdenklich. “Okay, aber dann zurückkommen, ja?” Ich nickte. “Versprich es mir Elana”, bestand sie auf mein Wort. Ein Lächeln trat auf mein Gesicht. Ich würde bei ihr niemals widersprechen können. “Ich verspreche es.” Danach war ich entlassen und mit dem Lächeln auf meinen Lippen machte ich mich auf den Weg zu meinem Gastgeber. “Da bist du ja Engelchen”, begrüßte er mich, als ich sein Zimmer betritt und deutete auf den Sessel, seinem gegenüber. “Gute Laune?”, fügte er lächelnd hinzu. Meine Mundwinkel zogen sich noch ein wenig höher. “Anscheinend”, antwortete ich ihm und ließ mich auf den Sessel fallen. “Lori?” “Lori!”, bestätigte ich seine Frage. “Dann wird es dich freuen, wenn ich dir noch bessere Laune verursache.” Sofort saß ich aufrecht und sah ihn an. “Du hast Informationen?” Er nickte grinsend. Mein Herz machte einen Satz. “Ja. Ich habe eine Vermutung, wo die Drachme ist. Oder die Kette, wie du es nennen möchtest.” Meine Aufregung nahm zu und Trevor griff nach meiner Hand, um meine Fingernägel aus dem Stoff der Sessellehne zu lösen. Stattdessen umklammerte ich sofort seine Hand, was zu einem schmerzhaften Gesichtsausdruck bei dem Hexenmeister führte, er hatte sich jedoch schnell wieder unter Kontrolle. Mit seiner anderen Hand griff er nach einem Blatt und hob es mir entgegen. Ich löste meinen Griff und nahm das Blatt mit beiden Händen. “Das ist ein Kaufvertrag, der 67 Jahre alt ist. Es handelt sich um die Lukas-Kette, zumindest laut diesen Unterlagen. Und die Käuferin ist Lilian Carbanié.” Ich sah mit stark schlagendem Herzen auf das Blatt in meinen Händen. Eine weitere Spur. Eine sehr gute Spur. “Okay, und was mache ich jetzt? Und”, die Aufregung legte sich langsam und ich sah Trevor fragend an. Warum hatte er den Namen der Käuferin so betont? “Wer ist diese Lilian Carbanié?” Trevors Grinsen wurde breiter. “Eine Vampirin. Und sie lebt hier in Houston. Sie ist Anführerin einer der größten Vampierclane hier.” Meine Augen weiteten sich. Das war eine großartige Nachricht. “Hier in Houston?” Trevor nickte. “Ja. Und wenn wir Glück haben, dann hat sie die Kette noch. Sie hat damals ziemlich viel Geld gezahlt. Ich bin mir auch nicht sicher, ob sie sich dessen bewusst ist, was sie da in den Händen hat.” “Du meinst, dass sie die Kette noch haben könnte?”, nachdenklich musterte ich Trevor, der nickte und eine Hand unter sein Kinn legte. “Sie ist eine Sammlerin. Sie will alles haben, was selten ist. Und die Lukas-Kette, die Lukas-Drachme, ist die einzige ihrer Art. Daher denke ich, hat sie sich damals dafür interessiert.” “Hmm … das hört sich zumindest gut an. Und auch die Tatsache, dass in den letzten 67 Jahren hier in Houston oder anderweitig auf der Erde noch nichts passiert ist, was sich nach der Wirkung der Drachme anhört, lässt mich hoffen”, erwiderte ich. Trevor nickte. “Und wie kommen wir jetzt an diese Vampirin und die Drachme?”, fragte ich aufgeregt nach. Sie könnte dort sein. Ich war ihr näher, als die ganze Zeit über, seit ich hier war. Trevors Blick ließ mein Herz einen Moment aussetzen. “Und da beginnen die eigentlich Schwierigkeiten”, antwortete er schon. “Was für Schwierigkeiten?”, fragte ich und versuchte, mich zusammen zu reißen. Auf einen Höhenflug … gleich der Absturz. “Lilian kann die Schattenjäger nicht ausstehen. Das hat wohl mit ein paar Dingen zu tun, die noch vor dem Schattenjägerkrieg und den aktuellen Abkommen geschehen sind. Sie vertraut keinem Schattenjäger und würde keinem Einzigen helfen”, erklärte Trevor. Ich runzelte meine Stirn. “Ich bin keine Schattenjägerin.” “Aber ein Engel… und damit den Schattenjägern am nächsten.” Ich wischte diesen Einwurf mit einer Handbewegung unwirsch zur Seite. “Was hat das damit zu tun?” Trevor hob seine Augenbrauen. “Du kennst sie nicht Engelchen. Du wirst mit ihr sprechen müssen. Und ich weiß momentan nicht, wie du das bewerkstelligen kannst.” Ich seufzte auf. Ich war so nahe daran. So nahe … und doch wieder so weit entfernt. “Okay… ich lasse mir etwas einfallen.” Trevor nickte. “Das ist zumindest mal ein Beginn. Aber heute Abend …” Ich zog meine Schultern hoch, da ich mir recht sicher war, was kommen würde. “Heute Abend gehst du mit deinen Freunden weg. Und dann schauen wir morgen weiter.” Flehend sah ich ihn an. “Aber ich könnte doch sicher …” Er ließ mich nicht aussprechen. “Nein. Elana, sie sind deine Freunde.” Ich erstarrte, ehe ich nickte. Er hatte ja recht. Lori war meine Freundin und sie wollte etwas mit mir machen. Also würde ich es auch, ihr zuliebe. Kapitel 38: ✡ ✟ Kapitel 37 ✟ ✡ ------------------------------ Ritsch Ratsch Mit großen Augen sah ich Lori an, die mir voller Stolz mein Top entgegen hielt. “Was hast du gemacht?”, fragte ich ungläubig, wobei fragen eigentlich unnötig war, ich hatte ihr immerhin zugesehen. “Jetzt stell dich nicht so an und probiere es. Ich bin sicher dass es so perfekt ist.” Lori warf mir das Top, oder eben das was davon übrig war, zu und legte die Schere zurück auf den Tisch. Ich hielt das Top in die Höhe. “Los jetzt, anziehen!”, forderte Lori mich auf. Ich seufzte und zog es dann über den Kopf. “Drehe dich”, forderte mich die Schattenjägerin nun auf und wie sie es wollte, drehte ich mich vor ihr. “Ich sagte doch, perfekt!”, rief sie auf und klatschte in die Hände. Ich trat nach vorne zum Spiegel und drehte mich, um meinen Rücken betrachten zu können. Dort hatte Lori die Schere angesetzt gehabt und nun war ein Großteil meiner Flügel zu erkennen. Ich seufzte leise. Soviel zum Thema sich weiterhin bedeckt halten … “Das sieht gut aus, das musst du schon zugeben Elana”, richtete Lori an mich. Ich erwiderte ihren Blick, ehe ich erneut zurück zum Spiegel sah. Irgendwie hatte sie ja recht. Ich nickte. “Tut es”, antwortete ich. “Gut.” Lori warf einen Blick auf die schmale Armbanduhr an ihrem Handgelenk. “Oh, wir müssen gleich los. Dan und Chris warten sicherlich schon auf uns.” Ich erstarrte und bemühte mich um einen neutralen Gesichtsausdruck. Chris … ich hatte ihn nicht mehr gesehen, seit er meinte, dass er wieder zurück ins Institut müsste. An diesem Tag hatte er sich recht kühl von mir verabschiedet. Ich weiß, dass er gesagt hatte, dass er mir helfen wollte … weiterhin, obwohl ich das was er sich von mir wünschte, nicht erwidern konnte … und trotzdem schien es ihm nun etwas auszumachen. Und wenn ich ehrlich war … mir auch. “Zieh die hier noch an.” Lori warf mir etwas zu. Ich fing die Goldkette auf, die Lia mir geschenkt hatte. “Kommst du?”, riss mich Lori aus meinen Gedanken. Ich sah auf und nickte, ehe ich die Kette anzog und ihr hinterherlief. ⇼ “Sie sollten hier irgendwo sein”, erklärte mir die Schattenjägerin und versuchte einen Überblick über die anwesenden Personen zu bekommen, die sich in dem Club tummelten, in den wir gegangen waren. Laute Musik erklang, zahlreiche Personen waren auf den Tanzflächen, andere an der Bar oder in Sitzgruppen. Und unter diesen sollten wir Chris und Dan finden. Von unserem Standpunkt über der Tanzfläche und der Bar, sollte das jedoch einigermaßen gut möglich sein. “Da sind sie!”, rief Lori begeistert, griff nach meiner Hand und zog mich einfach mit sich. Ich versuchte auf den hohen, schwarzen Highheels nicht zu stolpern, die mir die Schattenjägerin aufgedrängt hatte. Wobei aufdrängen das falsche Wort war … sie waren einfach toll! Ich hatte mich schnell dazu bereit erklärt, sie tatsächlich zu kaufen. Auch wenn ich sie eigentlich nicht bräuchte. Solange wäre ich nicht mehr hier und im Himmel benötigte ich sie nicht. Bei den Schattenjägern angekommen, ließ Lori meine Hand los, küsste ihren Freund und warf sich anschließend Chris um den Hals. “Alles Gute zum Geburtstag! Lass uns hier richtig feiern!” Ich erstarrte bei ihren Worten, während Dan mich zur Begrüßung kurz umarmte. Ich sah zu Chris. Geburtstag? Er hatte Geburtstag? Feierte man das hier auf der Erde normalerweise nicht? Vermutlich schon, denn sonst hätte Lori mich nicht mit hierher geschleift. Diese hatte sich von ihrem Bruder gelöst und war neben Dan getreten, dessen Hand sie umfasste. Chris Blick lag nun auf mir. Ich war unsicher. Was sollte ich machen? Schließlich überwand ich mich, trat nach vorne und umarmte ihn. “Alles Gute zum Geburtstag”, flüsterte ich in sein Ohr und war mir unsicher, ob er mich bei dem Lärm überhaupt verstanden hatte. “Danke”, erwiderte er jedoch und drückte mich an sich. Er schien eine Rune zu tragen. Als er sich von mir löste, sah er mir nachdenklich in die Augen. Einen Moment blieben wir so stehen, seine Hand auf meinem Oberarm, meine noch von der Umarmung an seiner Seite. “Wollen wir tanzen?”, rief Lori begeistert. Chris schüttelte seinen Kopf. “Ich hole mir erstmal was zum trinken”, antwortete er seiner Schwester. Diese hob ihre Augenbrauen und sah zu Dan. Der musterte Chris und mich, ehe er seine Freundin ansah. “Gehen wir.” Im nächsten Augenblick waren sie verschwunden. Ich blinzelte verwirrt. “Das bedeutet wohl, dass sie uns beide trinken schicken”, vernahm ich Chris Stimme an meinem Ohr. “Komm mit”, verstand ich als nächstes und dann zog er mich schon mit sich zur Bar. Dort bestellte er sich ein Bier und mir einen Cocktail. Er hatte gefragt, was ich trinken wollte. Da ich ihn jedoch nur hilfesuchend angesehen hatte, hatte er mir einfach etwas bestellt. Kurz darauf schob er mir ein Glas mit einer hellen, milchigen Flüssigkeit zu. “Hier, ein Angels Kiss.” Ich wurde rot, als er mir in die Augen sah. Als ihm klar wurde, wie es bei mir ankam, schüttelte er seinen Kopf. “Ich … ich wollte dich nicht erinnern!”, stammelte er, “Der Cocktail ist der einzige mit Angel im Namen … deshalb habe ich ihn für dich bestellt. Entschuldige bitte.” Ich hob abwehrend die Hand. “Mache dir keinen Kopf, ja?” Ich sah ihn an und griff nach dem Cocktail, von dem ich einen großen Schluck nahm. “Das ist sehr lecker”, stellte ich erstaunt fest. Chris grinste. “Na also. Komm mit.” Er griff mit einer Hand nach seinem Bier, mit der anderen nach meiner Hand und zog mich mit sich. Kurz darauf saßen wir gemeinsam in einer Sitzgruppe. “Entschuldige bitte das Ganze hier”, murmelte der Schattenjäger. “Was meinst du?”, fragte ich und nippte weiter an meinem Cocktail. “Das hier. Das Feiern … ich weiß nicht, was Lori geritten hat.” Ich blinzelte erstaunt. “Warum denn? Ich dachte, dass es den Menschen wichtig ist, ihren Geburtstag zu zelebrieren, oder etwa nicht?” Chris musste bei meiner Frage und meinem Blick leise lachen. “Doch, da hast du schon recht. Aber ich gehöre normalerweise nicht dazu. Es erinnert mich immer wieder nur daran, dass …”, er brach ab. Es dauerte, bis er weitersprach. “Es erinnert mich daran, wie viele Jahre meines und Loris Leben unsere Eltern bereits verpasst haben …” Er sah in die Ferne, ohne irgendetwas zu fokussieren. Ich legte meine Hand auf sein Knie und rutschte etwas näher an ihn heran. “Es tut mir wirklich leid”, gab ich leise von mir. Er sah mich überrascht an und griff nach meiner Hand auf seinem Knie um seine Finger darum zu schlingen. “Es muss dir nicht leid tun. Wir sind so aufgewachsen. Natürlich vermissen wir sie, vermisse ich sie. Aber wir haben so viele andere Menschen in unserem Leben, die unsere Familie geworden sind. Wir haben ein gutes Leben, vergiss das nie, ja?” Er sah mich so ernst an, dass ich nur nicken konnte. Ich verstand, was er mir sagen wollte … und trotzdem. “Nicht weinen”, murmelte er und wischte mit seinem Daumen eine Träne aus meinem Gesicht. “Es tut mir leid”, erwiderte ich, stellte das Glas auf den Tisch vor uns und wischte mit beiden Händen über mein Gesicht um die Tränen zu entfernen. Ich hielt meine Augen noch einen Moment geschlossen und hoffte einfach, dass ich mich wieder beruhigen würde. Das konnte er nicht gebrauchen. Als ich meine Augen wieder öffnete, war er mir immer noch so nahe. Mein Herz machte einen Satz. Schnell griff ich nach meinem Glas und hob es zwischen uns um einen Schluck zu nehmen. Die Enttäuschung war in seinen Augen erkennbar, ehe er sich nach hinten lehnte. “Magst du noch einen?”, fragte er und deutete auf das Glas in meinen Händen. Erstaunt stellte ich fest, dass dieses schon fast leer war. Ich nickte und gleich darauf hob er seine Hände, um einen Kellner herbei zu rufen. Es dauerte nicht allzulange und ich hatte ein neues Glas in den Händen. Kapitel 39: ✡ ✟ Kapitel 38 ✟ ✡ ------------------------------ Es war spät und ich befand mich auf der Tanzfläche, auf die Lori mich vermutlich vor Stunden gezogen hatte. Es machte mir wirklich Spaß! Und ich hatte es nicht erwartet! Ja, auch im Himmel feierten wir, tanzten, tranken, aßen. Aber das hier war etwas anderes. Ein menschlicher Körper war anders. Es waren andere Gefühle und Empfindungen. Und diese gefielen mir. Ich konnte nicht sagen, wie lange wir bereits hier im Club waren und feierten, aber es waren sicher bereits einige Stunden. Ich hatte zusammen mit Lori getanzt, mit anderen. Hier im Club waren einige Menschen und sogar ein paar Schattenweltler hatte ich erkannt. Chris hatte sich die ganze Zeit über in der Sitzecke aufgehalten. Dan war eine Weile bei ihm gewesen und auch andere Personen. Viele Frauen… was mich nicht wunderte. Er sah wirklich gut aus. Und doch … bei jeder Frau, die zu ihm getreten war, hatte sich irgendetwas in mir verkrampft. Ich wollte nicht sagen, dass ich den Schattenjäger beobachtet hatte, nein… aber mein Blick war öfter in seine Richtung gewandert. Ich ballte meine Hände einen Moment zu Fäusten. Es ging nicht! Egal, was ich fühlte… er war ein Nephilim, zur Hälfte Mensch. Ich war ein Engel. Und ich würde wieder fort sein. Ich würde bald heimkehren. Mit all den Argumenten, die ich ihm genannt hatte, versuchte ich auch mich zu überzeugen, dass das zwischen uns beiden ein Fehler war. Dass meine Empfindungen ein Fehler waren. Doch je öfter ich ihn beobachtete, je mehr ich trank… desto mehr hatte ich das Gefühl dass nur das, was ich tat, ein Fehler war. Wäre es wirklich falsch, es zu versuchen? War es falsch, ihn ständig von mir zu stoßen? Etwas in mir sagte nein. Und etwas anderes - ja. Und diese kleine Stimme, behielt immer noch die Oberhand … ⇼ Ich konnte nicht mehr sagen, wie viel Zeit vergangen war, wie viel ich getrunken hatte. Ich genoss es einfach. Ich genoss die Minuten, die Stunden, in denen ich die Suche Suche sein lassen konnte. In denen ich mir keine Gedanken machen musste. Ich konnte meinen Kopf einfach ausschalten, frei sein. Das alles konnte ich in diesen Stunden. Auch wenn mir bewusst war, dass all das wieder kommen würde. Aber jetzt nicht, nicht in diesem Augenblick! Ich hob meine Arme und tanzte mit geschlossenen Augen, gab mich der Musik hin. Genoss den Beat, den Bass, den ich in meinem ganzen Körper spürte… das Gefühl der Freiheit. Irgendwann spürte ich eine Hand an meiner Hüfte. Dann eine zweite und wie ich nach hinten gegen einen Körper gezogen wurde. Ich schob die Hände von mir und gab ein Zeichen, dass ich das nicht wollte. Derjenige wollte dies wohl nicht verstehen, denn der Griff festigte sich und wieder befand ich mich an dem Körper hinter mir. Ich wollte mich herum drehen und etwas tun, als der Körper sich plötzlich von mir entfernte. “Sie will nicht mit dir tanzen!”, erklang eine tiefe Stimme mit einem bedrohlichen Tonfall. Ich drehte mich erstaunt um und blickte daraufhin in diese leuchtend blauen Augen die mich bereits seit einiger Zeit nicht mehr in Ruhe ließen. “Alles in Ordnung?”, fragte er mich besorgt. Ich nickte. “Ja.” “Gut.” Wir blieben stehen und sahen uns nur an, ohne etwas weiteres zu sagen. “Leute, tanzt! Ihr steht mitten auf der Tanzfläche! Das kommt sonst wirklich blöd!”, erklang Loris Stimme belustigt neben uns und sofort schnellte mein Kopf zu ihr. Sie grinste mich an und zog Dan dann weiter. Ich blinzelte noch verwirrt, als ich einen Griff an meinem Arm spürte. “Besser wir tun was sie will, denn sonst kann sie sehr ungemütlich werden”, gab Chris mit einer heiseren Stimme von sich. Ich nickte und ließ mich dann einfach von ihm mitziehen. Er konnte tanzen! Das hatte ich von dem wortkargen Schattenjäger, der nur an der Seite saß nicht erwartet. Er konnte mit seinem Körper umgehen und das mehr als nur ein wenig. Ich bemerkte, wie viele Blicke auf ihm klebten und doch… doch tanzte er nur mit mir. Ich schmiegte mich etwas enger an ihn, unbewusst. Wollte zeigen, dass er in diesem Moment zu mir gehörte. Ich spürte Hände, die über meinen Körper wanderten, zu meinen Schultern und schlussendlich zu meinen Wangen, um die sie sich legten. Seine blauen Augen sahen direkt in meine, als er sich zu mir herunter beugte. Eine Hand legte sich in meinen Nacken, schob sich in meine Haare an meinem Hinterkopf und zogen mich enger an ihn. Und als nächstes spürte ich nur noch seine Lippen auf meinen. ⇼ Meine Augen waren geschlossen, als seine Lippen zuerst nur sanft über meine streiften. Dann wurde der Druck stärker und seine Zunge glitt über meine Lippen. Ich öffnete diese und gleich drang er mit seiner Zunge in meinen Mund ein. Der Kuss wurde intensiver und ich griff nach seinem schwarzen Shirt um ihn näher an mich heranzuziehen. Es war, als würde ich schweben. Mein Herz klopfte wie verrückt, das Blut rauschte in meinen Ohren. Alles um mich herum wurde ausgeblendet und ich spürte nur noch ihn. Seine Arme legten sich um mich und pressten mich an seinen Körper, während wir vollständig in diesem Kuss und diesen Gefühlen versanken. Es fühlte sich unglaublich an und ich wollte, dass es nie wieder endete. Es war wundervoll, das Schönste, was es gab. Meine Arme schlossen sich fest um den Mann vor mir, der mein ganzes Gefühlsleben kontrollierte. Was tat er mit mir? Was war dieses Gefühl, das mich ganz und gar einnahm? “Schnapp sie dir Tiger”, nahm ich eine belustigte Stimme neben mir wahr. Ich erstarrte, während mein Herz einen Moment aussetzte. Chris Griff um mich herum festigte sich und er löste sich von meinen Lippen. Trotzdem blieb er mir so nahe, dass ich seinen Atem immer noch an meinem Mund spüren konnte. “Elana…”, hauchte er meinen Namen. Als er sich doch ein Stück von mir entfernte, konnte ich direkt in seine leuchtend blauen Augen sehen. “Das musste doch so kommen”, ertönte Loris Stimme erneut belustigt. “Das denke ich auch”, fügte Dan hinzu. Chris sah mich immer noch an, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Die Stimmung zwischen uns knisterte regelrecht. “Elana, ich lie…”, brachte er so leise hervor, dass nur ich es wahrnahm. Meine Augen weiteten sich und mein Atem ging daraufhin schneller. Doch noch bevor er aussprechen konnte, erklang Dans Stimme. “Du hast recht Lori. Da drüben sind einige Vampire.” Sofort befreite ich mich aus Chris Armen und drehte mich zu dessen Parabatei herum. “Vampire?” Der Schattenjäger nickte. “Ja, da drüben.” Unauffällig zeigte er in eine Richtung. Ich trat zur Seite, womit ich mich endgültig von Chris löste. “Was sind das für Vampire?”, fragte ich aufgeregt. Die Schattenjäger wechselten einen verwunderten Blick. “Wenn ich es richtig erkannt habe, dann gehören sie zu Lilian Carbanié”, antwortete Dan auf meine Frage. Lori nickte bestätigend. “Sie haben die Ketten getragen, die Lilian jedem der Vampire gibt, die zu ihrem Clan gehört.” Kapitel 40: ✡ ✟ Kapitel 39 ✟ ✡ ------------------------------ Lilian Carbanié? Mein Herz fing an zu rasen. Die Lilian Carbanié, die vermutlich die Drachme hatte? Ich musste zu der Vampirin. Und die Vampire konnten mich zu ihr bringen. Ohne darüber nachzudenken, folgte ich ihnen. “Elana”, hörte ich die Stimmen meiner Freunde hinter mir. Ich ignorierte sie jedoch und lief weiter den Vampiren hinterher. Diese schienen den Club verlassen zu wollen. Dabei hatten sie bis Sonnenaufgang sicher noch zwei oder drei Stunden Zeit. Aber mir war es gerade recht, denn vermutlich würden sie dorthin gehen, wo ich Lilian finden konnte. Daher musste ich ihnen hinterher. Die drei Vampire liefen eine Treppe hinauf, die zum Ausgang führte und durch die wir zuvor auch herein gekommen waren. Im Freien erkannte ich, wie die Vampire eine Außentreppe auf das Dach hinauf erklommen. Die draußen stehenden Menschen, die ebenfalls aus dem Club kamen oder in den Club hinein wollten, sahen die Vampire nicht. Auch mir schenkten sie keinen Blick, als ich an ihnen vorbei huschte und den Vampiren die Treppe hinauf folgte. Plötzlich schloss sich eine Hand um mein Handgelenk und durch den Zug wurde ich in meiner Bewegung aufgehalten. Ich drehte mich herum und zerrte bereits an meinem Arm. Als ich in Chris blaue Augen sah, erstarrte ich. Er erinnerte mich an das, was wir gerade getan hatten. Wir hatten uns geküsst. Und es hatte sich gut angefühlt. Es hatte sich richtig angefühlt. “Elana, was ist los?”, brachte er mich mit seiner Frage wieder zurück zum Augenblick. Ich riss meinen Blick von dem Schattenjäger los und sah die Treppe hinauf. Von oben hörte ich Motorengeräusche. “Ich muss!”, ich drehte mich herum und wollte die Treppe hinauf laufen. Sofort festigte sich Chris´ Griff an meinem Handgelenk wieder. “Sag mir doch bitte, was los ist”, drängte er mich. Ich blinzelte ihn verwirrt an, ehe ich nickte. “Trevor hat herausgefunden, dass sich die Kette einmal Lilian Carbaniés Besitz befunden hat”, ich trat eine Stufe herunter und griff mit meiner Hand nach seiner, “Chris, das ist unserer erste richtige Spur! Sie könnte die Drachme immer noch haben.” Mein hoffnungsvoller Blick machte etwas mit ihm. Er nickte mir zu und löste seinen Griff. “Na dann los”, rief er und deutete die Treppe hinauf. Dankbar lächelte ich ihn an, ehe ich ich mich herum drehte und die Treppe hinauf lief. Die Motorengeräusche wurden lauter. Wir kamen oben an, als die Vampire auf ihren Vampirmotorrädern losfahren wollten. “Wartet!”, rief ich laut. Die Vampire drehten sich zu mir herum. Kaum dass sie mich sahen, verzogen sie ihre Gesichter. Nein, nicht als sie mich sahen, als Chris hinter mir die Treppe herauf kam. Es waren drei Vampire, der vorderste hatte lange silberne Haare, die über seine schwarze Lederkleidung fiel und dunkle Augen. Hinter ihm saß ein blonder Vampir, dessen grüne Augen verärgert aufblitzten. Und der Vampir, der uns am nächsten war zischte mich mit ausgefahrenen Zähnen an. Seine roten Haare waren mit Gel zu einer Igelfrisur geformt und seine braunen Augen sahen mich ebenso wütend an. Alle drei trugen eine silberne Kette, an denen ein Lilienanhänger hing. Das war wohl das Erkennungszeichen von Lilians Vampiren - passte doch. “Schattenjäger!”, zischte der rothaarige Vampir und spuckte dann auf den Boden. Ich blieb wie angewurzelt stehen. “Hört auf euch so zu verhalten!”, knurrte Chris und stellte sich neben mich. “Chris!”, ich sah ihn missmutig an, ehe ich die Vampire ansah. “Ich brauche eure Hilfe.” “Wir helfen keinen Schattenjägern!”, zischte der blonde Vampir. “Ihr kennt das Abkommen…”, begann Chris, wurde von den Vampiren jedoch sogleich unterbrochen. “Wir interessieren uns nicht für das Abkommen!” “Ihr habt euch an das Abkommen zu halten! Dieses wurde extra…”, und wieder durfte Chris nicht aussprechen. “Wir erkennen das Abkommen nicht an! Lilian hat sich da ganz klar ausgedrückt.” “Wir wollen keine Probleme mit Lilian und euch. Wir haben es oft genug versucht, mit euch zusammen zu kommen”, versuchte Chris, die wütenden Vampire zu besänftigen. “Das interessiert uns nicht! Lilian ist unsere Anführerin und wir tun, was sie sagt!” Ich blickte zwischen Chris und den Vampiren hin und her. Beide Parteien wirkten wütend und das konnte ich gerade nicht gebrauchen. Ich brauchte die Hilfe der Vampire. Sie sollten mich zu Lilian bringen. “Es bin auch ich, die etwas von euch braucht”, brachte ich hervor und trat zwischen Chris und die Vampire. “Wie gesagt, wir helfen euch nicht!”, zischte der vordere Vampir und startete sein Motorrad. “Wartet!”, rief ich laut. Jedoch gingen die Worte im Getöse der Motorräder unter. Ehe ich etwas tun konnte, starteten alle drei Motorräder und schossen über das flache Dach hinaus und flogen davon. Ich starrte ihnen mit großen Augen hinterher. “Das ging schief. Das war bei Lilians Vampiren klar.” Chris trat neben mich und sah den Motorrädern ebenfalls hinterher. “Ich muss ihnen hinterher!” Entschlossen sah ich zu den sich entfernenden Fahrzeugen. “Und wie willst du das machen?”, fragte Chris mit gerunzelter Stirn. Ich sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und legte eine Hand auf seine Schulter. “Du hast vergessen, wer ich bin.” “Was meinst du damit?”, fragte der Schattenjäger verwirrt nach. Ich grinste ihn schief an, drehte mich in die Richtung in die die Vampire gefahren waren und rannte los. “Elana!”, brüllte Chris hinter mir. In diesem Moment stieß ich mich aber bereits mit meinem Fuß an der Balustrade ab und in den Himmel. Auf meinem Rücken spürte ich das Prickeln, als sich meine Flügel ausbreiteten. Ich schwang mich in den Himmel hinauf, von wo aus ich mich nochmals zu Chris herum drehte. “Versuche mich zu orten”, rief ich ihm zu und ließ etwas herunterfallen. Chris machte einen Satz nach vorne und fing meine Kette auf. Seine blauen Augen waren weit aufgerissen, als er zu mir aufsah. “Ich bin ein Engel. Was hast du erwartet?”, rief ich ihm belustigt zu. Dann drehte ich mich herum und folgte den Vampiren. Kapitel 41: ✡ ✟ Kapitel 40 ✟ ✡ ------------------------------ Es war wundervoll und ich könnte mich darin verlieren. Endlich wieder fliegen. Den Wind um mich herum spüren, die Freiheit. Und doch… Ich zwang mich, mich auf das zu konzentrieren, weswegen ich hier in der Luft war. Mein Blick heftete sich auf die roten Rücklichter der drei Vampirmotorräder vor mir. Ich musste diese einholen. Und das bald. Ich flog schneller und holte auf. “Haltet an”, rief ich laut. Die Vampire hörten mich. Der Rothaarige sah über seine Schulter und ich erkannte, wie sich seine Augen weiteten. Dann fauchte er und gab Gas. “Fahrt schneller”, zischte er seinen Kumpanen zu. “Das darf doch nicht wahr sein!”, stöhnte ich auf, legte nochmal einen Zahn zu und flog über die drei Motorräder hinweg und flog ihnen in den Weg um sie aufzuhalten. “Stopp”, rief ich und hielt ihnen meine Hände entgegen. Die Vampire rissen die Motorräder herum um mir auszuweichen. Kurz darauf umkreisten sie mich. Ihre Augen waren weit aufgerissen auf mich gerichtet. “Wer bist du? Was bist du?”, der silberhaarige Vampir sah mich stirnrunzelnd an. Ich hob meine Augenbrauen und deutete auf mich. “Das ist doch erkennbar, oder?” Sofort fauchte der Vampir und zeigte mir seine spitzen Eckzähne. “Mein Name ist Elana. Ich muss mit Lilian sprechen. Und ihr sollt mich zu ihr bringen.” “Du glaubst doch nicht, dass wir dich zu ihr bringen würden!”, brachte der rothaarige Vampir hervor. Ich drehte mich in der Luft herum, um alle drei zu sehen. “Würde ich euch sonst fragen?”, erwiderte ich und grinste ihn schief an. “Also bringt mich jetzt einfach zu ihr, ja? Dann muss ich euch auch nicht wehtun.” “Wir helfen keinen Nephilim!”, meldete sich nun der blonde Vampir zu Wort. “Sehe ich aus wie ein Nephilim?”, erwiderte ich mit scharfer Stimme. “Du bist…” “Ich bin mehr als ein Nephilim! Viel mehr. Und das kann euch übel zu stehen kommen. Also, wie sieht es aus?”, ich sah zwischen den Vampiren herum, “Bringt ihr mich jetzt zu Lilian?” “Wir bringen dich nirgendwo hin! Verschwinde, Engel!” Ich blinzelte und erhob mich noch ein wenig höher in die Luft. “Mein Name lautet Licht Gottes”, gab ich von mir und meine Stimme hallte laut. “Diesen Namen habe ich von meinem Vater erhalten, da ich das Licht beherrsche”, erklärte ich. “Ihr denkt vielleicht, dass ihr noch eine Weile Zeit habt, bis die Sonne aufgeht. Aber soll ich euch etwas sagen? Die habt ihr nicht mehr. Denn ich bin das Licht!” Ich hob meine Hände und ließ Lichtkugeln erscheinen. “Ich beherrsche das Licht!” Ich ließ das Licht auf meinen Händen heller und heller erstrahlen. “Und ich werde es einsetzen!” Es dauerte nicht lange, bis die Vampire fauchten, die Hände vors Gesicht hielten und versuchten auf ihren Motorrädern zurück zu weichen. “Bringt mich zu Lilian!” Die Motorräder begannen zu schwanken, ehe sie an Höhe verloren und in Richtung des Bodens trudelten. Ich ließ mich ebenfalls auf den Boden sinken und kam dort auf meinen Füßen an. Ich legte meine Schwingen an, während ich auf meinen Handflächen immer noch die Lichtkugeln hatte. “Also?”, fragte ich. “Kero”, richtete der blonde Vampir an den Silberhaarigen. Der sah mich aus zusammengekniffenen Augen an. “Warum willst du zu Lilian?” “Sie hat etwas, das meinem Vater gehört”, antwortete ich und ließ das Licht auf meinen Handflächen dunkler werden. Die Vampire entspannten sich leicht. “Wir helfen niemanden, der auch nur ein wenig Engelsblut in den Adern hat!” Mein Blick richtete sich auf den rothaarigen Vampir. Dieser sah mich feindselig an. Ich hob meine Augenbrauen. Warum dachten alle hier unten auf der Erde, dass sie tatsächlich gegen mich bestehen könnten? Gegen mich, einen Engel? “Ich habe da oben keinen Scherz gemacht, als ich meinte, dass ich das Licht beherrsche. Und wenn ich mich recht entsinne”, wieder wurde das Licht auf meinen Handflächen heller, “vertragt ihr Vampire kein Licht, oder?” Mit einer kurzen Bewegung ließ ich etwas von dem Licht auf den Vampir zu fliegen. Kaum dass dieses den rothaarigen Vampire berührte, schrie dieser vor Schmerzen auf. “Also?”, fragte ich, während die anderen beiden Vampire ihren Kumpanen wie erstarrt ansahen. Mit einer schnellen Handbewegung ließ ich das Licht wieder erlöschen. Der rothaarige Vampir rutschte von seinem Motorrad auf den Boden, wo er sich vor Schmerzen zusammen krümmte. “Wie sieht es aus?”, fragte ich die Vampire. Kero sah mich an. “In Ordnung!”, presste er zwischen zusammengekniffenen Zähnen hervor. Ich lächelte ihn an. “Vielen Dank.” Der Vampir zeigte mir seine Fangzähne. “Das tue ich sicherlich nicht für dich! Ich bin mir sicher, dass Lilian es uns übel nehmen würde, wenn wir dich nicht zu ihr bringen würden. Sie mag… einzigartige Dinge. Und ich bin mir sicher, dass sie dich ebenfalls dazu zählen würde.” Ich zuckte mit meinen Schultern. “Mir ist egal aus welchem Grund. Wichtig ist einfach nur, dass ich mit eurer Anführerin sprechen kann. Und das am besten sofort!” Kero kniff seine Augen zusammen und sah mich an. “Auf die Gefahr hin, gleich von dir geröstet zu werden. Wir bringen dich nicht deinetwegen zu ihr!” “Wie gesagt, mir ist es egal aus welchem Grund. Können wir gleich?” Ich deutete in Richtung des Himmels und spannte meine Flügel aus. Kero knurrte und sah zu dem rothaarigen Vampir, der noch auf dem Boden lag. “Mike, geht es wieder?” Der Vampir rappelte sich auf und sah in meine Richtung. Offene Wunden, die sich langsam wieder schlossen, zogen sich über sein Gesicht. Als ich seinen hasserfüllten Blick erkannte, hob ich meine Augenbrauen. “Du wirst wieder heilen. Trink nachher etwas Blut, dann wird das wieder”, meinte ich und wedelte mit meiner Hand in seine Richtung. Er fletschte seine Zähne. “Vielleicht beginne ich mit Engelsblut!” Ich sah ihn ernst an. “Damit es euch gleich klar ist”, richtete ich an ihn, “ich könnte euch mit nur ein wenig mehr Licht verpuffen lassen… oder verbrennen… was auf das Gleiche hinauskommt. Ihr seid tot. Also endgültig.” Ich zuckte erneut mit meinen Schultern. “Was solls. Können wir endlich?” Ich sah zu Kero, der in meinen Augen der Anführer der Drei war. Dieser sah mich zwar noch wütend an, nickte aber und startete sein Motorrad. Ein paar Sekunden später folgte ich ihnen durch die Luft. Kapitel 42: ✡ ✟ Kapitel 41 ✟ ✡ ------------------------------ Wir waren nicht mehr lange unterwegs, bis die Vampire ihre Motorräder auf die Erde herab senkten und landeten. Ich landete neben ihnen und legte meine Schwingen an. Ich musterte die Stadtvilla, vor der wir standen und runzelte meine Stirn. Das Haus, nein, die Villa schien zu Lilian zu passen. Das was Trevor mir von ihr erzählt hatte ließ in mir die Vermutung aufkommen, dass sie eine stilbewusste Frau war, die das bekam, was sie wollte. Doch nun war ich es, die etwas von ihr wollte. Und ich würde nicht gehen, ehe ich es hätte. Ich biss meine Zähne aufeinander. “Hey, Engel!”, riss mich Kero aus meinen Gedanken. “Da geht es rein!”, richtete er scharf an mich und deutete mit seinem Kinn auf das große Metalltor, das sich geöffnet hatte. Über meine Schulter sah ich nochmal hinter mich, die Straße hinunter. Obwohl ich sonst sehr selbstsicher war… genau jetzt in diesem Moment wünschte ich, dass Chris bei mir wäre. Dass er an meiner Seite stehen und das alles mit mir zusammen machen würde. Hoffentlich konnte er mich orten und würde hierher kommen. “Ich komme.” Ich richtete meinen Blick wieder nach vorne und folgte den drei Vampiren. Mike warf immer wieder hasserfüllte Blicke in meine Richtung. Diese und auch ihn selbst ignorierte ich einfach. Was sollte ich auch machen? Mich entschuldigen? Vielleicht später, jetzt noch nicht. Nun musste ich erst zu Lilian. “Warte hier einen Moment.” Kero sah mich kurz an, ehe er Mike und dem blonden Vampir, der, wie ich in der Zwischenzeit erfahren hatte, Tristan hieß, folgte. Die Drei schoben ihre Motorräder zu einer Garage, wo sie diese hinein brachten. Ich sah mich in der Zwischenzeit genau um. Das Haus wirkte riesengroß, größer noch als Trevors Anwesen, zudem einen großen Garten. Nun gut, wenn Lilian hier wirklich einige Vampire unterbringen musste, dann verstand ich es. “Engel!”, erklang erneut die tiefe Stimme von Kero. Bisher hatte keiner von ihnen meinen Namen genannt, für sie war ich schlicht und ergreifend “Engel”. Mir war es egal. Hauptsache ich bekam, was ich wollte. Ich nickte Kero zu und spürte gleich darauf das Prickeln auf meinem Rücken, als ich meine Flügel wieder gänzlich einzog. Nun waren wieder die schwarzen Linien auf meinem Rücken erkennbar, die ich so lange als Tattoo verkauft hatte. Ich erkannte das Erstaunen in den Gesichtern der Vampire. “Lilian?”, richtete ich an sie. Kero runzelte seine Stirn, ehe er nickte. “Folge mir.” Ich lief dicht hinter ihm, während Mike und Tristan hinter mir lief. Sie wollten vermutlich auf mich achten. Ich konnte es ihnen nicht übelnehmen. Vermutlich würde ich ebenfalls darauf achten, wenn jemand in mein, ja, mein Zuhause eindringen würde. Noch dazu jemand, der einen der Ihren verletzt hatte und dazu in der Lage wäre, sie zu vernichten. “Hier entlang.” Kero hielt mir die Eingangstüre auf. Ich trat an ihm vorbei in die Eingangshalle. Mein Blick wanderte durch den Raum, in dem schon einiges an Reichtum zur Schau gestellt wurde. Bilder, Vasen… viel zu viel. Mein Geschmack wäre es nicht, aber gut, ich musste hier ja auch nicht leben. “Kero, ihr seid wieder da. Und ihr…” Eine Vampirin trat an die hohe Treppe heran und blieb abrupt stehen, als ihr Blick auf mich fiel. Ihre Augen verengten sich und gleich darauf fauchte sie mich an, wobei sie ihre Fangzähne sehen ließ. “Entweder ist sie etwas zu essen… oder etwas zu trinken!”, brachte sie hervor. “Weder noch”, antwortete Tristan. “Was wirklich schade ist”, vernahm ich Mikes Stimme hinter mir. “Dann erklärt mir doch”, die Vampirin kam die Treppe voll herunter, “was eine Nephilim hier macht!” Ich hob meine Augenbrauen und musterte die Vampirin genauer. Sie hatte eine dunkle Haut und ihre schwarzen Haare waren zu lauter kleinen Zöpfen geflochten, die bei jedem ihrer Schritte hin und her schwangen. Um ihren Hals hing auch die Lilien-Kette, die sich leicht bewegte. “Sie ist keine… keine Nephilim, Tara”, erwiderte Kero lang gezogen. “Keine Nephilim?” Taras Blick richtete sich überrascht auf mich. Sie musste älter sein als ich zuerst angenommen hatte, denn anscheinend spürte sie das Engelsblut in meinen Adern. “Kannst du bitte Lilian Bescheid geben, dass jemand für sie da ist? Unser Besuch muss dringend mit ihr reden.” Kero sah die Vampirin ernst an. Diese sah von mir zu ihm und zog ihre Augenbrauen zusammen. “Sie wird nicht zu einem Nephilim kommen… oder etwas… ähnlichem.”, antwortete sie Kero. Der sah sie ernst an. “Sie sollte besser runterkommen. Denn das hier ist wirklich wichtig… das wird auch sie sagen.” Tara zuckte mit ihren Schultern. “Ich sage es ihr, aber ich garantiere für nichts.” “Das ist in Ordnung. Sag ihr, dass wir im Butterfly-Salon sind.” Kero nickte ihr zu und wand sich anschließend an mich. “Komm mit mir mit.” Ich beeilte mich, ihm hinterher zu laufen. Er ging durch den Eingangsbereich zu einer Türe und durch diese hindurch. Ich folgte ihm und blinzelte erstaunt. Auch hier war Lilians Sammelwut zu erkennen. Überall standen und hingen verschiedene Gegenstände. Und auch wenn es viele waren, so war der Raum geschmackvoll eingerichtet. “Setz dich.” Kero deutete auf die Couch. “Das war keine wirklich Bitte”, meinte er, als ich keine Anstalten dazu machte. Ich hob meine Augenbrauen und setzte mich anschließend auf die Couch. “In Ordnung”, richtete ich dabei an ihn, “Aber denkt nicht, dass ihr mir deshalb überlegen seid.” Sofort änderte sich sein Gesichtsausdruck. Wo er bisher noch distanziert gewirkt hatte, wirkte er nun wütend. “Keine Angst, das vergesse ich nicht!”, knurrte er. Wir maßen uns mit Blicken, bis ich ihm zunickte. Dann wand ich meinen Blick zur Seite, ließ ihn durch den Raum schweifen und sah mir alles genau an. Lilian ließ mich eine ganze Weile warten. Sie wollte mir damit wohl beweisen, dass sie diejenige war, die hier das sagen hatte. Als sich die Türe öffnete hörte ich das Geräusch von Absätzen auf dem Boden und wand meinen Blick zur Türe. Kapitel 43: ✡ ✟ Kapitel 42 ✟ ✡ ------------------------------ Eine wunderschöne Frau mit langen blonden Haaren kam herein. Ihr Blick aus grünen Augen richtete sich auf mich. “Was soll das hier bitte?”, fragte sie mit einer schneidenden Stimme. Ich legte ein Bein über das andere und sah sie mit einem kalten Lächeln an. “Ich bat um dieses Treffen.” “Bat? Du hast uns bedroht!”, hörte ich Mikes Stimme hinter mir aufgeregt. Lilians Blick wanderte kurz zu dem Vampir, ehe sie wieder zu mir sah. “Ich mag die Nephilim nicht wirklich. Wie kommst du auf die Idee, dass ich irgendetwas für dich tun würde?” “Sie ist keine…”, warf Tristan ein, ehe ich etwas sagen konnte. Lilians Blick war immer noch auf mich gerichtet. “Das wurde mir bereits von Tara gesagt.” “Sie ist ein Engel Lilian”, gab Kero von sich. Lilians Augen weiteten sich und sie sah schnell zu Kero, ehe sie zu mir zurück sah. Dann verengten sich ihre Augen. “Ein Engel?” Ich lächelte immer noch. “Ja”, antwortete ich auf ihre Frage. “Was sucht ein Engel hier auf Erden? Und vor allem, was will ein Engel von mir?” Lilian verschränkte ihre Arme vor ihrem Oberkörper und musterte mich aus ihren leuchtend grünen Augen. “Ich bin hier, weil uns etwas gestohlen wurde. Und ich will es zurückholen. Das ist mein Auftrag, mit dem ich auf die Erde gesandt wurde.” Immer noch wurde ich genau gemustert. “Und was hat das mit mir zu tun?” Ich musterte die Vampirin. “Du hast anscheinend vor einigen Jahren die sogenannte Lukas-Kette gekauft. Eine Goldkette mit einer Lukas-Drachme, die als Anhänger verarbeitet wurde.” “Hmm… und wenn es so wäre?” “Die Lukas-Drachme gehört uns. Und ich hätte sie gerne zurück.” Ich war aufgestanden und stand der Vampirin gegenüber, die ihre Arme wieder hatte sinken lassen. Wir musterten uns genau. “Soviel ich weiß, habe ich einen Kaufvertrag für die Kette unterschrieben. Dieser sagt aus, dass ich die Besitzerin der Kette und damit auch der Drachme bin”, entgegnete Lilian kalt lächelnd. Wir starrten uns an, ehe ich wieder lächelte. “Die Sache ist die, Lilian”, ich sah sie genau an, “ich werde nicht ohne die Drachme gehen.” Auch sie lächelte kalt und ebenso falsch wie ich. Wir wussten beide, dass das in diesem Moment nur ein Spiel war. “Und wie kommst du darauf, dass ich sie dir gebe?” Ich zuckte mit meinen Schultern. “Es gibt zwei Möglichkeiten”, begann ich, “ich nehme mir mit Gewalt, was ursprünglich uns gehört oder”, zählte ich weiter auf, “ich entlohne dich dafür.” Damit schien ich die Aufmerksamkeit der Vampirin noch mehr zu haben als zuvor. “Entlohnen?” Ich nickte. “Entlohnen. Dich auszahlen, entschädigen. Suche dir ein Wort aus.” Lilians Augenbrauen hoben sich. “Ich will kein Geld. Davon habe ich genug. Also was kannst du mir bieten, was ich noch nicht hätte? Ich wandle schon so viele Jahr auf der Erde. Du Kind kannst da nicht mithalten.” Ich seufzte auf. “Oh Lilian”, gab ich von mir, “diese Unterhaltung hat auch Trevor vor einigen Tagen verloren. So wie du dein gutes Aussehen auch in hohem Alter behalten hast, so auch ich. Ich habe die Anfangstage der Erde miterlebt. Also bitte glaube mir, dass das keine Begründung ist, mir die Drachme nicht zurückzugeben.” Der Ausdruck in Lilians Gesicht hatte sich zu Erstaunen gewandelt. Sie hatte sich jedoch gut im Griff, was ein paar hundert Jahre wohl ausmachten, und musterte mich gleich darauf wieder gleichgültig. “Trotzdem bleibt die Frage, was du mir bieten kannst. Für den Fall, falls ich die Kette tatsächlich hergeben würde. Was übrigens nicht der Fall ist.” Ich sah sie an. “Ich weiß, dass du gerne sammelst Lilian. Dass du viele Dinge und Gegenstände hast, die einmalig oder zumindest sehr selten sind. Das was ich dir anbiete, das wäre einmalig für einen Vampir.” Ich schien ihr Interesse geweckt zu haben. Sie verschränkte ihre Arme vor ihrem Oberkörper und legte den Kopf leicht schief, während ihre Augen auf mich gerichtet waren. “Etwas einmaliges für einen Vampir?” Nickend erwiderte ich ihren Blick. “Es gab bisher nur einen Vampir, der dies konnte. Und soviel ich weiß… ist er heute kein Vampir mehr, auch wenn das nichts mit dem zu tun hat, was ich dir anbiete.” Lilian trat näher auf mich zu. “Was genau willst du mir anbieten?” Das Lächeln auf meinem Gesicht vertiefte sich. “Ich kann dir schenken, was fast jeder Vampir auf der Erde sich wünscht.” “Sag endlich, worum es sich handelt!”, zischte Lilian ungeduldig. Ich lächelte und legte meinen Kopf leicht schräg. “Ich kann dafür sorgen, dass das Sonnenlicht keine Gefahr mehr für dich darstellt.” Nach dieser Aussage herrschte Stille im Raum. “Was?”, brachte Lilian hervor. “Das ist doch Schwachsinn! Das kann niemand!” Ich sah sie ernst an. “Die anderen haben dir doch gesagt, was genau ich bin. Ich habe es dir auch gesagt. Selbst wenn, lass mich dir noch richtig vorstellen. Mein Name ist Elana. Ich bin ein Engel und wurde mit dem Auftrag die Drachme zu besorgen auf die Erde gesandt. Mein Name bedeutet Licht Gottes. Und das ist nicht nur ein Name. Ich beherrsche das Licht. Und ich bin dazu in der Lage, dir das zu geben, was ich gesagt habe.” “Woher soll ich wissen, das stimmt, was du sagst?” Ich hob meine Augenbrauen und drehte meinen Kopf zu Mike. Dieser sah mich sofort wieder hasserfüllt an. “Sie hat recht”, murrte er und wand seinen Blick zu seiner Anführerin, “zumindest damit, dass sie das Licht beherrscht. Sie hat mich vorher angegriffen!” Diese Worte führten dazu, dass sich die komplette Stimmung in dem Raum änderte. Wo sie bisher nur etwas angespannt gewesen war, war sie plötzlich zum schneiden dick. Vampirzähne wurden ausgefahren und alle Vampire gingen in Angriffsposition, ausgenommen Kero und Tristan. “Angegriffen?”, fragte Lilian in einer Tonlage, die aussagte, dass sie jederzeit dazu bereit wäre, mich in Stücke zu reissen. “Bitte!”, gab ich von mir. “Ich wollte zu dir. Und deine drei Lakaien”, mit einer Handbewegung deutete ich auf Kero, Tristan und Mike, “wollten mich nicht zu dir bringen. Daher habe ich ihnen klar gemacht, dass es gesünder für sie wäre, mich her zu bringen.” “Mit ihr ist nicht zu spaßen”, murmelte Kero in Lilians Ohr. Der Vampir war während meiner Erklärung zu ihr getreten. Lilians Blick war unverwandt auf mich gerichtet. Sie hob ihren Kopf. “Dann beweise es mir!” Kapitel 44: ✡ ✟ Kapitel 43 ✟ ✡ ------------------------------ “Dann beweise es mir!” “Wie du möchtest.” Ich musterte die blonde Vampirin. Währenddessen hob ich eine Hand mit der Handfläche nach oben und ließ eine Lichtkugel erscheinen. Je heller diese wurde, desto mehr wichen die Vampire zurück. Ich hielt diese in Lilians Richtung, woraufhin diese mich mit zusammengekniffenen Augen und ausgefahrenen Fangzähnen anfauchte. “Komm ruhig näher”, richtete ich an sie. “Das Licht!”, entgegnete sie und sah mich wütend an. “Oh, natürlich.” Ich ließ das Licht weniger intensiver werden, sodass es für die Vampire wieder angenehmer wurde. “Jetzt kannst du näher kommen.” Ich sah Lilian an, die zögerlich auf mich zutrat. “Versuche das Licht zu berühren. Aber ich kann dir jetzt schon sagen, dass es trotzdem schmerzen wird”, warnte ich sie vor. Sie blieb stehen und sah mich nachdenklich an. “Du bist eine der gefürchtesten Personen in Houston. Warum traust du dich also nicht?”, fragte ich sie mit hochgezogenen Augenbrauen. Das schien sie aufzustacheln, denn sie sah mich wieder wütend an. Die Worte schienen jedoch auch geholfen zu haben, denn sie nahm ihre Schultern zurück, trat die restlichen Schritte auf mich zu und streckte ihre Hand aus. Kaum dass sie die Lichtkugel berührte, ertönte ein zischendes Geräusch von Lilians Haut. Die Vampirin ließ einen gellenden Schrei los und riss ihre Hand zurück. “Du!”, brachte sie drohend hervor. Ich ließ das Licht erlöschen und griff nach ihrem Handgelenk. Sie versuchte die Hand zurück zu reißen, was normalerweise mit ihren Vampirkräften auch möglich sein sollte. Als ich jedoch dagegen hielt, erstarrte sie und sah mich mit großen Augen an. “Lass mich machen”, richtete ich an sie und nach ein paar Sekunden ließ sie locker. Ich legte meinen Daumen auf ihr Handgelenk, sodass ich den Puls spüren konnte. Ich ließ meine Kraft durch meinen Daumen in diese Stelle hineinfließen. Auf ihrem Handgelenk bildete sich, ausgehend von meinem Daumen, eine Sonne, der meinen nicht unähnlich. Als ich meinen Griff wieder löste, zog sie sofort ihre Hand zu sich und sah auf die Sonne. Anschließend richtete sie ihren Blick auf mich. “Was ist das?”, fragte sie mit scharfer Stimme. Ich antwortete nicht auf ihre Frage. Stattdessen ließ ich wieder das Licht auf meiner Handfläche erscheinen. Heller als zuvor brachte es die restlichen Vampire im Zimmer dazu, fauchend nach hinten zu weichen. Lilian blieb als einzige stehen und sah mich mit gerunzelter Stirn an. “Versuche es nochmal.” Ich hob ihr meine Hand mit der Lichtkugel entgegen. Lilian sah auf die Lichtkugel und streckte dann zögerlich ihre Hand aus. Sie musste die Wirkung meiner Macht bereits spüren, denn die anderen Vampire waren schon von dem Licht auf meiner Handfläche zurückgewichen, Lilian stand jedoch immer noch vor mir und war noch nicht einen Schritt zurückgewichen. Sie zögerte, als ihre Finger nur noch ein paar Zentimeter von dem Licht entfernt war. Dann erkannte ich in ihren Augen etwas aufblitzen und sie streckte ihre Hand endgültig aus. Als sie das Licht das erste Mal berührte, riss sie ihre Hand sofort wieder zurück, das aber eher aus Gewohnheit als deshalb, weil es weh tat. “Das … das funktioniert!”, gab sie von sich und griff erneut mit der Hand ins Licht. Nach wenigen Sekunden griff sie auch mit ihrer anderen Hand ins Licht. Das auch wieder zögerlich. Vermutlich hatte sie gedacht, dass nur die Hand funktionierte, auf dessen Handgelenk die Sonne zu erkennen war. Das hatte damit jedoch nichts zu tun. Das Licht erlosch auf meiner Handfläche und ich ließ die Hand hinunter fallen. Lilian zog ihre Hand zurück und umschloss das Handgelenk mit der anderen Hand. Ich sah sie ernst an und und sie erwiderte mein Blick auf die gleiche Art und Weise. “Gib mir deine Hand”, bat ich sie und hob ihr meine entgegen. Lilians Hand schloss sich um ihr Handgelenk und löste sich dann, ehe sie mir die Hand entgegen streckte, auf dessen Handgelenk die Sonne zu erkennen war. Ich griff danach und legte meinen Daumen wieder auf die Sonne. Als Lilian erkannte, was ich tat, versuchte sie ihre Hand wieder aus meinen Griff zu reißen. Ich ließ erst los, als die Sonne wieder verschwunden war. “Was soll das?”, rief sie laut. Ich hob meine Augenbrauen. “Ganz einfach. Ich schlage dir ein Geschäft vor, Lilian. Du gibst mir die Drachme, nein, die Kette. Und ich gebe dir die Fähigkeit, im Sonnenlicht zu wandeln. Aber das passiert wirklich nur, wenn ich die Kette in der Hand habe.” “Woher weiß ich, dass du mir wirklich die Fähigkeit gibst, im Licht zu wandeln?”, fragte Lilian mich misstrauisch. Ich sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. “Ich bin ein Engel, Lilian. Ich lüge nicht. Du kannst mir vertrauen.” Lilian musterte mich immer noch misstrauisch, ehe sie ihre Arme vor ihrem Oberkörper verschränkte. “Dir vertrauen?” Ich nickte. In Lilians Augen blitzte etwas auf und sie legte eine Hand an ihr Kinn. “Jetzt wäre noch die Frage, warum genau du die Drachme unbedingt zurück brauchst. Was ist der Grund dafür? Was ist das Besondere an der Drachme.” Stirnrunzelnd musterte ich sie. “Sie wurde den Engeln gestohlen. Sie gehört uns. Und wir lassen es nicht zu, dass uns etwas genommen wird.” Die Vampirin musterte mich immer noch nachdenklich. Ich seufzte auf. “Lilian, hör zu. Ich könnte mir die Drachme einfach nehmen. Ich könnte euch alle hier drinnen vernichten. Doch das tue ich nicht. Ich biete dir etwas großes dafür an. Es ist deine Entscheidung, was du machst. Ich muss dir aber dazu sagen”, ich sah sie ernst an, “dass es viele Vampire geben wird, die dir diese Fähigkeiten neiden werden. Der Tagwandler, den es vor einigen Jahren gab, er wurde verfolgt und angegriffen. Du musst dir im Klaren sein, dass das dir auch passieren wird.” Lilian musterte mich einige Minuten nachdenklich. Dann nickte sie. “In Ordnung. Du bekommst die Kette, ich hingegen bekomme von dir die Fähigkeit, zukünftig ins Sonnenlicht gehen zu können. Mit den Folgen werde ich zurecht kommen. Das ist meine Sache.” Als ich zustimmend nickte, hielt sie mir ihre Hand entgegen. Ich ergriff diese und drückte zu. Kapitel 45: ✡ ✟ Kapitel 44 ✟ ✡ ------------------------------ “Ich hole die Kette”, richtete Lilian an mich, als wir unsere Hände wieder gelöst hatten. Während sie den Raum verließ, schlug mein Herz wie verrückt. Ich hatte es geschafft! Gleich würde ich die Drachme in den Händen halten. Und dann, dann konnte ich zurückkehren. Mein Herz stach bei diesem Gedanken einen Moment. Ich ignorierte das Gefühl jedoch. Natürlich würde ich das hier vermissen, würde die Personen vermissen, die mir am Herzen lagen. Lori, Trevor … Chris … Aber ich hatte von Anfang an gewusst, dass ich zurückkehren würde. Und ich wollte ja auch nach Hause. In mein Zuhause. Ich wollte nicht weiter darüber nachdenken, daher sah ich mich stattdessen um. Die Vampire blickten mich mit unterschiedlichen Gefühlsregungen an. Neugierig, missmutig, wütend. Der wütende Blick kam natürlich von Mike. Ich erwiderte seinen Blick und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. “Willst du noch einmal?”, fragte ich ihn und hob meine Hand. Sofort fauchte er mich an. “Lass ihn in Ruhe.” Kero trat zwischen uns und sah mich ernst aus seinen dunklen Augen an. Ich nickte ihm zu und ließ meine Hand wieder fallen. “Kein Problem.” Ich lächelte und sah mich weiter um. Als ich das Klappern von Absätzen hörte, nahm mein Herz noch einen Schlag zu. Gleich, nur noch wenige Sekunden, dann gehörte die Drachme mir. Lilian trat durch die Türe in den Salon ein. In ihren Händen hielt sie ein rechteckiges, größeres Kästchen. Sie trat auf mich zu und musterte mich. “Ein Tauschhandel”, wiederholte sie. Ich nickte. “Ja. Du bekommst die Fähigkeit das Sonnenlicht zu vertragen und ich bekomme die Drachme.” Sie nickte und hielt mir das Kästchen entgegen. Sie öffnete es und ich konnte die Drachme erkennen. Erneut nahm mein Herz einen Schlag zu. Lilian nickte mir zu, als ich zu ihr aufsah. Ich lächelte und richtete mein Blick zurück auf die Kette. Mit meinen Fingerspitzen streichelte ich sanft über die Kettenglieder bis ich bei der Drachme ankam. Anschließend nahm die Kette aus dem Kästchen und hob sie hoch. Das Lächeln auf meinen Gesicht breitete sich aus. “Vielen Dank Lilian”, richtete ich an die Vampirin vor mir. Diese sah mich an. “Du musst mir nicht danken. Löse jetzt einfach nur unsere Absprache ein.” Sie reichte das Kästchen Kero und sah mich mit mit gerunzelter Stirn an. Ich nickte und schob die Kette in meine Hosentasche, so tief hinein wie möglich, dass ich sie nicht verlieren würde. Dann hob ich Lilian meine Hände entgegen. “Gib mir beide Handgelenke”, richtete ich an sie, während ich ihr in die Augen sah. Auch wenn sie mehrere hundert Jahre alt war und sich gut unter Kontrolle hatte, jetzt in diesem Moment merkte ich ihr ihre Aufregung an. Kaum dass sie mir ihre Hände entgegen hielt, griff ich danach und legte meine Daumen so, dass diese mittig auf ihren Handgelenken lagen. Ich schloss meine Augen und ließ meine Kraft wieder in sie hinein fließen. Im Gegensatz zum ersten Mal war es dieses Mal mehr Kraft, immerhin sollte es für immer sein. Als ich meine Hände wieder von ihren Handgelenken löste, öffnete ich auch meine Augen wieder. Lilian hob ihre Hände und hielt sie vor ihr Gesicht. Ihre Augen weiteten sich. Sie starrte die beiden Sonnen an, die sich auf ihren Handgelenken gebildet hatten. “Und nun kann ich …”, brachte sie hervor. Ich nickte lächelnd. “Nun kannst du in die Sonne.” Lilians Gesichtsausdruck wurde wieder ernst. “Dann haben wir uns gegenseitig geholfen”, stellte sie fest. “Das haben wir”, erwiderte ich. Noch während wir uns ansahen, stürzte ein Vampir in den Salon. “Dämonen, Dämonen!”, brüllte er. Diese Aussage kam mir bereits bekannt vor. Ich runzelte meine Stirn. Ich wusste, warum die Dämonen hier waren. Sie wollten die Kette. Doch ich hatte die Kette. Sobald ich sie wieder zurück gebracht hatte, war sie in Sicherheit, doch solange ich noch auf der Erde war, musste ich sie verteidigen. “Ich werde danach sehen”, erklärte ich und trat an Lilian vorbei. Diese sah zu ihren Vampiren. “Wir werden ebenfalls danach sehen. Ich will keine Dämonen in meiner Nähe!” “Lilian”, brachte Kero hervor und und deutete mit dem Kopf in Richtung des Fensters. Dieses war mit schwarzer Farbe bemalt, sodass kein Sonnenlicht herein scheinen konnte. “Die Sonne geht gerade auf”, richtete der Vampir an seine Anführerin. Sofort blieb Lilian wie angewurzelt stehen. Ich kümmerte mich nicht um die Vampire sondern verließ schnell die Villa. Draußen hörte man bereits das Brüllen und das Fauchen der Dämonen. Noch während ich auf das Tor zurannte, spürte ich das Prickeln auf meinem Rücken als sich meine Flügel ausbreiteten. Ich stieß mich ab und schwang mich in die Lüfte hinauf, von wo aus ich die Dämonen überblicken konnte. Dicht hinter dem Tor ließ ich mich in Front der Dämonen wieder auf den Boden sinken. Ich blickte auf und direkt dem Hauptdämonen in die Augen. Diesen kannte ich ebenfalls schon. Er öffnete seinen Mund und ließ ein lautes Knurren hören. “Gib mir die Drachme”, brachte er mit seiner schrecklichen Stimme hervor während er auf mich zutrat und nur ein paar Meter von mir entfernt stehen blieb. Sofort schüttelte ich meinen Kopf. “Die Drachme gehört uns Engeln.” Der Dämon sah mich fest an und hob seine Hand. “Eine letzte Möglichkeit. Gib mir die Drachme, dann lassen wir dich vielleicht am Leben.” Ich lachte leise auf. “Niemals Dämon!” Daraufhin verengten sich seine Augen. “Du wolltest es nicht anders Engel!”, der Dämon trat ein paar Schritte zurück und deutete auf mich. “Tötet sie und bringt mir die Drachme.” Kapitel 46: ✡ ✟ Kapitel 45 ✟ ✡ ------------------------------ Die Sonne sandte ihre ersten Sonnenstrahlen über die Straßen, als die Dämonen los stürmten. Sofort feuerte ich Lichtkugeln auf diese ab. Die ersten Dämonen vergingen in Feuerregen. Ich überkreuzte meine Arme und zog gleich darauf meine Engelsschwerter hervor. Gerade als ich mich in Angriffsposition stellte, bemerkte ich Bewegungen neben mir. Ich sah zur Seite, von wo Lori mich anlächelte. Neben ihr hielt Dan einen Stab mit spitzen Metallenden in den Händen. Als ich meinen Blick auf meine andere Seite wand, erkannte ich Chris neben mir und neben diesem sogar Trevor. Meine Augen weiteten sich und ich sah zurück zu Chris. “Schön dass ihr da seid”, hauchte ich leise. Ein Lächeln nahm die Strenge, die gerade noch auf seinem Gesicht gelegen war. “Wir würden dich niemals im Stich lassen Elana. Ich würde dich niemals im Stich lassen.” Mein Herz machte einen Satz. “Und Engelchen?”, rief Trevor über Chris Kopf und sah mich aus seinen leuchtend blauen Augen an. Ich grinste. “Ich habe sie Trevor.” Der Hexenmeister nickte zufrieden. “Sehr gut. Und jetzt?” “Jetzt machen wir erstmal diese Dämonen fertig!”, gab Dan von sich. “Dein Wort in meinem Ohr!”, stimmte Lori ihrem Freund zu. “Ich bin ebenfalls dabei”, erklang eine weitere Stimme. Wir alle wanden unseren Kopf und stellten erstaunt fest, dass Lilian neben uns stand. Die Vampirin hob ihren Kopf und sah mich mit ihren grünen Augen an. “Ich nutze eben gleich aus, was du mir gegeben hast.” Sie hob ihre Hände und zeigte mir ihre Handgelenke. Zufrieden lächelte ich und nickte ihr zu, ehe ich meinen Blick nach vorne wand. “Na dann fangen wir doch an.” Ich umgriff meine Schwerter fester und stürmte los. In meinen Augenwinkeln erkannte ich, dass auch die anderen losstürmten. Während sich die anderen Vier auf die Dämonen stürzten, hielt ich direkt auf den Hauptdämonen zu. Er gehörte mir! ⇼ Ich konnte nicht sagen, wie lange wir gekämpft hatten, ich konnte auch nicht sagen, wer wie viele Dämonen vernichtet hatte, aber irgendwann standen nur noch wir da. Drei Schattenjäger, ein Hexenmeister, ein Vampir und ein Engel. Ich sah zu meinen Kameraden. Meine Freunde. “Das war doch mal ein Kampf”, erklang Lilians Stimme aufgedreht. Ich blickte zu der Vampirin, die ein kleines Stück abseits stand, ihre Arme weit ausgestreckt und ihr Gesicht in die Sonne streckte. Diese war noch nicht weit aufgegangen, würde für einen normalen Vampir jedoch das Todesurteil bedeuten. Ich lächelte. “Ich hoffe, es war für dich die richtige Entscheidung”, richtete ich an sie, als ich näher kam. Sofort richtete Lilian ihren Blick auf mich. Nach kurzem Überlegen nickte sie. “Die Kette hatte ich zwar gekauft, jedoch nie getragen sondern nur in meiner Sammlung herum liegen. Das hier hingegen”, begeistert deutete sie in Richtung der Sonne, “davon habe ich um einiges mehr!” Ich lächelte immer noch, konnte man ihrem Blick doch die Freude ansehen. Ich trat ganz zu ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter. “Lilian”, richtete ich an sie, “hast du jemanden, mit dem oder der du das hier gerne teilen möchtest? Denn ich kann mir vorstellen, dass man einsam wird, wenn man sonst niemanden hat.” Lilians Blick änderte sich und sie sah mich erstaunt an. “Meinst du das ernst? Meinst du das wirklich ernst Engel?” Ich lächelte sie wieder an. “Das meine ich Lilian. Wenn ich eines in meiner Zeit hier auf der Erde gelernt habe, dann, dass man niemals alleine sein soll.” Mein Blick richtete sich auf die Schattenjäger und Trevor. Auf Chris Gesicht erschien ein Lächeln, als er meinen Blick erkannte. Mein Herz machte einen Satz. Dann sah ich wieder zu Lilian. “Man braucht jemanden an seiner Seite. Alleine kann man nicht sein. Daher biete ich es dir an, auch einem anderen Vampir die Fähigkeit zu geben, die auch du bekommen hast.” ⇼ Die Schattenjäger und Trevor erwarteten mich in dem Salon, in dem ich vorher gewesen war. Ich war mit Lilian und einem anderen Vampir in einem anderen Zimmer gewesen. In Lilians Leben gab es eine Person, die schon fast seit ihren Beginnzeiten als Vampir an ihrer Seite gestanden war. Und ihn wollte sie auch tagsüber an ihrer Seite haben. Daher hatte ich auch ihm die Fähigkeit gegeben, zukünftig das Sonnenlicht zu vertragen. Als ich die Türe zum Salon öffnete, richteten sich gleich alle Augen auf mich. “Was hast du denn mit Lilian angestellt? Sie ist wie ausgewechselt”, brach aus Trevor heraus, kaum dass ich in den Raum trat. Schmunzelnd trat ich zu ihnen. “Sie hat etwas bekommen, was sonst kaum jemand hat. Abgesehen von einem weiteren Vampir, damit sie nicht so alleine ist.” “Sie kann deinetwegen bei Tageslicht hinaus?”, fragte Dan. Ich sah zu dem Schattenjäger und nickte. “Ja. Und dafür habe ich auch etwas erhalten. Das war der Deal unseres Tauschgeschäftes.” Ich griff in meine Hosentasche und zog die Kette heraus. Breit grinsend hielt ich sie in die Höhe. “Du hast sie bekommen!”, Trevor sprang begeistert auf mich zu und zog die Kette aus meiner Hand. “Du hast es wirklich geschafft”, gab Chris von mir, der plötzlich neben mir stand. Mit einer Hand griff er nach einer meiner Haarsträhnen und zwirbelte diese zwischen seinen Fingern. Er sah mich ernst an. Ich lächelte leicht. Auch auf seinem Gesicht breitete sich ein leichtes Lächeln aus. “Ich freue mich für dich”, riss Loris Stimme uns aus unserer kleinen Blase. Chris ließ sofort seine Hand sinken. Ich riss meinen Kopf herum und sah zu der Schattenjägerin, die mich freudig ansah. “Ich danke dir”, erwiderte ich lächelnd. Als Lori begeistert zu plappern begann, fühlte ich eine Hand, die nach meiner griff und gleich darauf die dazugehörigen Finger, die sich in meine schoben. Ich sah zu Chris neben mir, der auf meinen Blick hin meine Hand sanft drückte. Ich erkannte die Hoffnung in seinem Blick und nach einem kurzen Moment erwiderte ich den Druck. Kapitel 47: ✡ ✟ Kapitel 46 ✟ ✡ ------------------------------ Ich saß in Trevors Bibliothek an einem Tisch und sah auf die Kette, die vor mir lag. Die anderen hatten sich alle in ein Bett zurückgezogen. Nach einem längeren Gespräch mit Lilian in ihrer Villa hatten wir uns auf den Weg zu Trevors Anwesen gemacht. Dort hatte Trevor uns allen, und auch sich selbst, ein paar Stunden Schlaf verordnet. Ich hatte Chris Blicke gesehen. Er hatte wohl gehofft, dass wir noch Zeit miteinander verbringen konnten. Immerhin wurde diese nun sehr knapp. Auch ich war in mein Zimmer gegangen. Ich hatte einige Minuten gewartet, ehe ich nach der Kette griff und damit in die Bibliothek gegangen war. Das war jetzt über zwei Stunden her. Immer wieder streichelte ich mit meinen Fingerspitzen über die Drachme. Mein Ticket nach Hause. Ich hatte meine Aufgabe erfüllt. Ich konnte wieder in den Himmel zurückkehren. Und doch … Etwas in mir zog sich zusammen. Der Gedanke daran, dass ich wieder nach Hause konnte erfüllte mich mit Freude. Aber auch mit Angst und Sorgen. Wenn ich zurückgehen würde, dann würde ich die Menschen nicht mehr sehen können, die mir hier auf der Erde so sehr ans Herz gewachsen waren. Lori, Trevor, auch Dan. Und dann war da auch noch Chris … Er war derjenige, der mein Herz jedes Mal mehr zum rasen brachte. Seine Küsse. Diese waren wundervoll gewesen. Gerade der Kuss in der Disko. Kaum zu glauben, dass das eigentlich erst ein paar Stunden her war. Er war wundervoll gewesen. Noch besser als der erste damals. Chris hatte es einfach getan. Obwohl er es wusste. Er hatte gewusst, dass ich gehen würde, ich hatte es ihm ja auch oft genug gesagt. Und trotzdem hatte er es getan … und mein Herz damit immer weiter gestohlen. Aus meiner anfänglichen Abneigung ihm gegenüber, waren mehr und mehr Gefühle entstanden. Wobei ich gestehen musste, dass er mich interessiert hatte, von Anfang an. Deshalb war ich ihm und den anderen Schattenjägern auch gefolgt, als ich sie vor der Bibliothek der Mundis getroffen hatte. Und das hier, erneut wanderten meine Finger über die Drachme, bedeutete auch, dass ich von ihm weg musste. In einem Tag im Himmel vergingen auf der Erde ungefähr 77 Jahre. Ob sie alle überhaupt noch so lange leben würden? Trevor vielleicht … aber die Schattenjäger? Die Vorstellung, dass Chris sterben würde … Es war die schrecklichste Vorstellung in meinem Leben. Ich hatte es ja gewusst, von Anfang an. Hatte ich es ihm nicht immer gesagt? Und doch … obwohl ich es gewusst hatte, es schmerzte und stach in meinem Herzen. Unwirsch wischte ich eine Träne weg, die über meine Wange lief. “Hey Engelchen”, erklang Trevors Stimme hinter mir. Erschrocken zuckte ich zusammen und wischte schnell eine weitere Träne ab, ehe ich mich zu dem Hexenmeister herum drehte. “Trevor”, brachte ich hervor und hoffte, dass meine Stimme nicht zu sehr zitterte. Er kam auf mich zu und zog sich einen weiteren Stuhl heran, ehe er sich neben mich setzte. Eine seiner Hände legte er auf eine meiner und lächelte mich an. “Elana, was ist los?” Ich blinzelte erstaunt, ehe ich beschämt meinen Kopf zur Seite drehte. War es wirklich so auffällig? Seine Hand drückte meine leicht. “Du kannst mit mir über alles reden. Also sag mir, was dich bedrückt.” Ich schluckte und griff mit meiner freien Hand nach der Drachme. “Sie … ich habe die Drachme … und damit ... damit kann ich nach Hause.” Immer noch drückte Trevor meine Hand sanft. “Aber das hast du dir doch gewünscht, oder?”, fragte er liebevoll. Ich zuckte mit meinen Schultern. “Ja. Nein. Ich weiß nicht, ich weiß es wirklich nicht, Trevor”, brachte ich unsicher hervor. “Ich weiß nichts mehr. Ja, ich will zurück. Im Himmel ist mein Zuhause. Dort gehöre ich hin. Ich bin ein Engel. Wir gehören zu unserem Herrn!”, presste ich plötzlich hervor. Mein Herz schlug wie verrückt in meinem Brustkorb. Bisher war es immer so einfach für mich gewesen. Mir war immer klar gewesen, dass ich zurück in den Himmel gehen würde. Doch plötzlich … plötzlich war alles anders. Es war ein eigenartiges Gefühl. Ich wollte immer noch zurück, das musste ich doch. Es war meine Aufgabe gewesen die Drachme zu finden und dann wieder zurückzukehren. Und doch … was bisher immer so klar gewesen war, war plötzlich total durcheinander gebracht worden. Ich seufzte auf und ließ meinen Blick wieder auf die Drachme gleiten. “Ach Elana. Ich weiß, dass du bisher immer nach Hause wolltest. Aber es gibt auch mehr als nur ein Zuhause. Und ich bin mir sicher, dass dein Herz an vielem hier auf der Erde hängt. Und mir ist bewusst, dass manche Personen dir mehr bedeuten als andere.” Ich sah zu ihm. Eine Weile sahen wir uns an, dann seufzte ich auf und lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter. “Ich weiß es nicht Trevor, ich weiß es nicht.” Der Hexenmeister drückte meine Hand und eine Weile blieben wir so beieinander sitzen. “Dann musst du dir Gedanken machen. Du musst dir überlegen, was du machen willst.” Ich nickte an seiner Schulter. “Da hast du wohl recht”, antwortete ich leise. Schließlich richtete ich mich auf und griff nach der Kette. Ich löste die Drachme von der Kette und legte diese zur Seite. Als ich nur noch die Drachme in den Händen hielt, betrachtete ich sie von allen Seiten und strich mit meinem Daumennagel über sie. “Ich halte sie wirklich in meinen Händen, Trevor. Seit fast drei Monaten suche ich danach … und ich hätte nicht gedacht, dass es dann so schnell geht … und auch nicht, dass ich sie ohne große Probleme tatsächlich bekommen habe.” Trevor lachte leise auf. “Ohne Probleme? Du erinnerst dich an die Dämonenarmee, die uns heute morgen angegriffen hat? Zum Glück hattest du die Schattenjäger an deiner Seite. Und sogar Lilian. Wie hast du das überhaupt geschafft?” Ich lächelte. “Wir hatten Glück. Drei ihrer Vampire sind uns in der Diskothek über den Weg gelaufen. Ihnen bin ich hinterher. Und dann hast du mir ja auch noch erzählt, dass Lilian immer das haben will, was andere Leute sonst nicht haben. Und da konnte ich ihr so etwas anbieten.” “Dass sie das Sonnenlicht verträgt.” Ich nickte auf Trevors Aussage. “Ja.” “Warum hast du ihr angeboten, dass es auch noch jemand anderes bekommen kann?” Auf Trevors Frage erstarrte ich kurz. Ich senkte meinen Kopf und lächelte, ehe ich Trevor ansah. “Was ich hier auf der Erde gelernt habe? Dass man niemals alleine sein will. Man braucht seine Freunde. Und ich habe euch.” Kapitel 48: ✡ ✟ Kapitel 47 ✟ ✡ ------------------------------ Trevor drückte meine Hand und lächelte mich an, ehe er aufstand. “Wir sind auch froh, dass wir dich haben”, entgegnete er noch. “Komm rein”, rief er dann über seine Schulter zum Eingang der Bibliothek. Erstaunt drehte ich mich herum. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass jemand gekommen war. “Ihr müsst vermutlich miteinander reden”, richtete der Hexenmeister an mich und ging zur Türe hinaus. Dabei klopfte er dem Ankömmling noch auf die Schulter und verschwand anschließend. Der Ankömmling kam auf mich zu und blieb bei mir stehen. Ich sah ihn mit geweitete Augen an und mein Herz nahm einen Schlag zu. “Wie geht es dir?”, fragte er und setzte sich auf den Stuhl, auf dem Trevor bis vor wenigen Minuten noch gesessen war. Ich blinzelte und sah wieder auf die Drachme in meiner Hand. “Ich … ich freue mich”, antwortete ich leise, denn ich freute mich tatsächlich darüber, die Drachme zu haben. Eine Zeitlang schwieg er. “Das … das glaube ich dir”, brachte er stockend hervor. Mein Blick richtete sich auf ihn und ich legte die Drachme auf dem Tisch ab. “Chris. Bitte denke nicht, dass ich mich freue, euch alle zu verlassen. Ich bin froh die Drachme zu haben … aber euch zu verlassen wird mir schwer fallen. Dich zu verlassen …” Seine Augenbrauen hoben sich erstaunt. “Meinst du das ernst?”, fragte er und griff nach meiner Hand. Ich senkte meinen Blick ehe ich nickte. “Ja, das meine ich.” Im gleichen Moment schloss sich seine Hand um meine. “Musst du wirklich gehen?”, fragte er leise. Erneut sah ich auf und direkt in seine Augen. Ich erkannte die Hoffnung in diesen. Seinen Wunsch. Und als ich ihn mit einem Blick ansah, der seine Frage beantwortete, ohne dass ich ein Wort sagen musste, die Enttäuschung. Chris wand seinen Blick ab, nahm seine Hand jedoch nicht von meiner. “Christopher”, brachte ich leise hervor und legte meine freie Hand auf seine, sodass diese zwischen meinen Händen lag. “Ich wünschte …”, ich stockte einen Moment, “ich wünschte ich könnte bleiben. Ich habe hier wundervolle Menschen kennengelernt und ich weiß, dass ich jeden einzelnen von euch vermissen werde. Aber es war von Anfang an klar, dass das hier nur für eine kurze Zeit ist. Ich war nur hier um die Drachme zu suchen. Und mein Platz ist nicht hier auf der Erde. Ich gehöre zu meinesgleichen.” Ich erkannte, wie Chris seine Augen zusammen presste, ehe er mich ansah. “Ich weiß… aber man darf doch noch hoffen, oder?”, versuchte er mit einem schiefen Grinsen die Stimmung aufzulockern. Ich konnte nicht lächeln. Denn trotz aller Tatsachen … es schmerzte. Die Vorstellung ihn zu verlassen … Das war einfach zu viel. Er schien den Ausdruck meiner Augen zu erkennen, denn sein Gesichtsausdruck änderte sich. Wo er gerade noch verletzlich aussah, lächelte er nun und versuchte mir Kraft zu schenken. Er zog seine Hand aus meinen und legte stattdessen beide Hände um meine Wangen. “Denken wir einfach nicht an das Traurige, ja? Jetzt gerade bist du noch hier. Und ich will die Zeit mit dir solange ausnutzen, wie ich noch kann. Das sollten wir, oder Elana?” Ich sah ihn mit großen Augen an. Im nächsten Moment beugte er sich jedoch schon zu mir und gleich darauf fühlte ich seine Lippen sanft auf meinen. Ich schloss meine Augen und genoss das Gefühl, das er in mir auslöste. Es war unser dritter Kuss. Und jeder Kuss war besser als der vorherige. Meine Hände wanderten auf seine und ich erwiderte den Kuss. Er wurde intensiver und während wir uns küssten, löste Chris seine Hände von meinen Wangen, griff nach meinen Hüften und zog mich kurzerhand auf seinen Schoss. Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und presste mich an ihn, während eine seiner Hände in meinem Nacken landete und der andere Arm sich um mich legte. Ich wusste nicht, wie lange wir bereits so dasaßen und uns küssten, als hinter uns ein Kichern erklang. “Hier geht es ja ab.” Erschrocken fuhren wir auseinander und nur Chris Arm um meinen Körper verhinderte, dass ich auf dem Boden landete. Mit großen Augen sahen wir zum Eingang der Bibliothek, wo Lori uns mit verschränkten Armen und aus blitzenden Augen grinsend ansah. Dan stand hinter ihr, seine Hände in den Hosentaschen und sah Chris mit hochgezogenen Augenbrauen an. Lori war die Erste, die das Schweigen wieder brach. “Kommt ihr zum Essen? Trevor hat etwas vorbereitet. Außer ihr wollt weitermachen, dann …” Mit einer Handbewegung wollte sie uns erklären, dass wir auch einfach bleiben konnten. Ich schüttelte den Kopf und stand von Chris Schoss auf. Mit fahrigen Händen versuchte ich das Kleid, das ich heute trug, glatt zu streichen. Chris stand ebenfalls auf. “Wir kommen”, richtete er an seine Schwester und seinen Parabatei. Ich griff nach der Drachme. Da ich keine Tasche an dem Wollkleid hatte, fädelte ich sie wieder auf die Kette auf und hängte sie mir um den Hals. Kaum dass ich meine Hände wieder sinken ließ, schloss sich Chris Hand um meine. Ich sah erstaunt zu ihm auf. “Bitte vergiss das alles niemals, ja?” Ein trauriges Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus und ich hob meine andere Hand, um ihm sanft über die Wange zu streicheln. “Das werde ich niemals, sei dir dessen bewusst.” Denn ich würde das alles hier auf der Erde und vor allem ihn, niemals vergessen können. Ich würde es immer in meinem Herzen behalten. Und ich würde die Gefühle niemals vergessen, die er in mir ausgelöst hatte. Kapitel 49: ✡ ✟ Kapitel 48 ✟ ✡ ------------------------------ Lori und Dan brachten das, was sie in der Bibliothek gesehen hatten, nicht mehr zur Sprache und dafür war ich ihnen wirklich dankbar. Wobei ich mir, auch ohne dass ein einziges Wort fiel, sicher war, dass Trevor es sich denken konnte. Immer wieder sah er grinsend zu mir herüber. Als Antwort darauf verdrehte ich gerade einmal meine Augen. Er sollte es einfach lassen. Aber das wäre ihm wohl zu langweilig gewesen. Doch auch er beschränkte sich auf Blicke und gab kein Wort in der Hinsicht auf mich und den Schattenjäger von sich. Auch ihm war ich dankbar dafür. Ich musste selbst mit dieser Situation klar kommen. Bald würde ich gehen, Chris verlassen. Und wenn er darüber nur im geringsten so wie ich empfand, dann war ich froh, dass er Menschen hier auf der Erde hatte, die für ihn da waren, wenn ich es nicht mehr war. Wir verbrachten den Großteil des Tages alle zusammen. Wir bestellten uns Pizza und sahen einen Film auf einer riesigen Leinwand in Trevors “Kinosaal”. Danach warfen wir einen weiteren Film ein und nach diesem verzogen sich Lori und Dan ins Bett. Ich verabschiedete mich mit beiden von einer festen Umarmung. Vor allem Lori hielt ich lange an mich gedrückt. Ich hatte mich entschieden, dass das unser Abschied war. Ohne Tränen, ohne Abschiedsworte. So wäre es am einfachsten. Zumindest für mich. “Hmm … wollt ihr noch einen Film sehen?”, drang Trevors Stimme zu mir durch. Ich stand immer noch an der Stelle, an der ich Lori und Dan eine gute Nacht gewünscht hatte. Chris saß auf einem gemütlichen Sofa, Trevor in einem Sessel. Von dort aus sah der Hexenmeister mich an. Ich schüttelte meinen Kopf. “Nein. Ich … ich würde jetzt …” Meine Hand griff nach der Drachme an der Kette und umklammerte sie. “Das dachte ich mir”, erklang Trevors Stimme leise. Er stand auf und trat zu mir. “Dann bringen wir es mal hinter uns.” “Was? Nein, Elana. das ist nicht dein ernst!” Chris war aufgesprungen und sah mich an, während er seine Hände an seinen Seiten zu Fäusten ballte. “Du willst … du willst einfach gehen? Ohne dich von ihnen wirklich zu verabschieden?” Er deutete in die Richtung, in die Lori und Dan gegangen waren. Ich wich seinem Blick aus. “Es ist einfacher so”, murmelte ich. “Ja, für dich. Aber nicht für sie. Sie denken, dass sie dich morgen wieder sehen. Sie konnten sich nicht wirklich verabschieden!” Chris war aufgebracht. Ging es ihm wirklich um die Verabschiedung? Oder darum, dass es jetzt tatsächlich soweit war? Vermutlich um beides. Ich sah ihn flehend an. Ich wollte mich nicht richtig verabschieden. Es war jetzt schon schlimm genug, noch Trevor und ihm Lebewohl sagen. “Es ist Elanas Entscheidung”, ging Trevor dazwischen und sah Chris ernst an. “Du hast ihre Entscheidung zu akzeptieren, egal wie sie ausfällt.” “Aber …” Chris sah von dem Hexenmeister zu mir. “Elana …” Ich trat einen kleinen Schritt zurück. “Chris … bitte. Mache es mir nicht noch schwerer, als es sowieso schon ist”, flüsterte ich. In diesem Moment spürte ich, dass eine Träne über meine Wange lief, gleich gefolgt von einer zweiten. “Nicht weinen”, brach aus ihm heraus und im nächsten Moment stand er vor mir und legte mir wieder seine Hände an die Wangen, um die Tränen mit den Daumen weg zu wischen. “Weine nicht mein Engel”, flüsterte er. “Ich … ich will es ja nicht …”, schluchzte ich leise. Im nächsten Moment wurde ich fest in seine Arme gezogen. Kaum dass mein Kopf seine Schulter berührte, brach es aus mir heraus. Die Tränen liefen und ich schluchzte wieder .und wieder Trevor seufzte leise auf. “Ich lasse euch mal alleine.” Dann verließ er den Raum. “Ich liebe dich Elana”, flüsterte Chris. Als Antwort krallte ich meine Finger in das Rückteil seines Oberteiles. Ich drängte mich an ihn und seine Arme schlossen sich noch enger an mich. Ich weiß nicht, wie lange wir uns im Arm hielten, irgendwann löste ich mich dann aber von dem Schattenjäger. Ich brachte es nicht über mich, auf und in seine Augen zu sehen. Mit einer Hand drückte er mein Kinn nach oben, sodass ich gezwungen war, ihm in die Augen zu sehen. “Ich will immer noch nicht, dass du gehst.” Ein schiefes Grinsen erschien auf meinem Gesicht. “Das denke ich mir.” Auch er musste leicht grinsen. “Sonst wäre es wohl nicht ich, oder?” Ich lachte leise auf. “Das würde ich so gerne öfter hören”, murmelte Chris und streichelte sanft über meine Wange. “Hören? Was meinst du?”, fragte ich verwirrt, da mir nicht klar war, was er mir damit sagen wollte. “Dein Lachen. Es ist wunderschön. Geradezu”, er grinste schief, “engelsgleich.” Ich musste schmunzelnd meinen Kopf schütteln. “Siehst du? So will ich dich in Erinnerung behalten”, murmelte er und ich sah ihn erneut fragend an. “Lächelnd. Nicht weinend.” Bei seiner Erklärung kam alles mit einem Schlag zurück. Ich zwang mich zu einem Lächeln, denn das wollte er von mir sehen. “Ich versuche es”, murmelte ich leise. “Das wollte ich hören.” Wir sahen uns an und uns war beiden klar, dass er eigentlich etwas anderes hören wollte. Und zwar, dass ich hier bleiben würde. Doch das konnte ich nicht sagen. Denn ich musste die Drachme zurück bringen. Und ich war sicher, dass auch schon bekannt war, dass ich die Drachme hatte. Ich konnte es also auch nicht länger herauszögern und noch hier bleiben. Erneut lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter. Sofort schlangen sich seine Arme wieder um mich und zogen mich eng an seinen Körper. Kapitel 50: ✡ ✟ Kapitel 49 ✟ ✡ ------------------------------ Wir standen noch eine Weile in dieser innigen Umarmung, als Trevor in den Raum zurück kam. “Engelchen?” Ich löste mich von Chris und sah zu dem Hexenmeister, der mich mitleidig ansah. Ihm schien klar zu sein, wie ich mich fühlte. Ich nickte ihm zu und trat einen Schritt zurück. Weit kam ich nicht, denn ich wurde gleich wieder zurück gezogen und dann lagen Chris Lippen auf meinen. Dieser Kuss war nicht sanft oder fordernd. Ich erkannte die Verzweiflung darin, sein Sehnen. Auf die gleiche Weise erwiderte ich den Kuss. Ich wollte, dass er wusste, dass ich genau das gleiche empfand. Doch irgendwann musste ich mich von ihm lösen. “Ich liebe dich”, flüsterte er so leise, dass nur ich ihn verstand. Daraufhin drückte ich ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen. Dann löste ich mich endgültig von ihm und drehte mich zu Trevor herum. “Dann ist es Zeit, mich auch von dir zu verabschieden”, gab ich von mir und sah ihn traurig an. Trevor breitete seine Arme aus und ich lief auf ihn zu. Der Hexenmeister drückte mich sanft an sich und seufzte an meinem Ohr auf. “Ich werde dich vermissen, Engelchen.” “Ich dich auch, Trevor”, erwiderte ich. Trevor löste sich von mir und grinste. “Na dann mal los. Ich will noch mehr Engel treffen.” Ich runzelte meine Stirn. “Noch mehr Engel?” Trevor nickte grinsend. “Natürlich. Das lasse ich mir sicherlich nicht entgehen. Also, wo treffen wir deinen Freund?” Ungläubig blinzelte ich ihn an. “Was?” Trevor deutete über seine Schulter. “Lass uns gehen.” Sofort schüttelte ich meinen Kopf. “Das geht nicht Trevor.” “Warum nicht?” “Weil es … weil es nicht geht!” Trevor verschränkte seine Arme vor seinem Oberkörper und zog seine Augenbrauen hoch. “Trevor, nein. Das geht wirklich nicht!” Ich war immer noch ungläubig. Ich wüsste nicht, wie Uriel reagieren würde, wenn nicht nur ich da stehen würde, sondern auch der Hexenmeister. “Ach, der wird sich schon nicht anstellen”, winkte Trevor meine Einwände ab. Meine Augen waren aufgerissen, als Trevor sich einfach herum drehte, ein paar Schritte ging und dann über meine Schulter zu mir sah. “Jetzt komm schon Engelchen.” Ich wusste nicht, wie Uriel reagieren würde, wenn nicht nur ich da stehen würde. Aber gut, wenn er nicht wollte, dann würde er nicht auftauchen. Uriel war einer der Erzengel und mein Heerführer. Er würde kommen, wenn er wollte, nicht, weil ich ihn rufen würde. Wir würden sehen. Ich nickte und folgte Trevor. “Wartet, ich komme mit!”, erklang eine tiefe Stimme hinter uns und gleich darauf lief Chris neben mir. Ich sah ihn mit großen Augen an und wollte ihn bereits zurückschicken. Dann erkannte ich aber seinen Blick, daher ließ ich ihn machen. Ich würde ihn nicht aufhalten können. Egal was ich sagen würde, welche Einwände ich vorbringen würde. Sowohl Chris als auch Trevor würden sich nicht abbringen lassen. Dazu hatten sie zu große Dickköpfe. ⇼ In Trevors Garten, der von verschiedenen Lampen in sanftes Licht getaucht wurde, lief ich auf den kleinen See zu, der dort war. Trevor und Chris blieben auf ein Handzeichen von mir hinter mir stehen. Ich griff nach der Drachme und schloss meine Augen. Ich hob meinen Kopf zum Himmel und bat meinen Heerführer lautlos, zu mir zu kommen, die Drachme zu holen … und mich. Als ich meine Augen wieder öffnete, war Nebel über dem See aufgezogen. Mein Herz fing an, doppelt so schnell zu schlagen. “Bleibt wo ihr seid und sagt nichts”, richtete ich über meine Schulter an die beiden Männer hinter mir. Hoffentlich würde ich keinen Ärger bekommen, weil Chris und Trevor hier waren. Ein helles Licht erstrahlte und eine große Gestalt erschien vor uns. Ein rötliches Licht umspielte die Gestalt und deren Flügel, die diese umgab. Genau erkennen konnte man sie nicht, nur ihren Schemen. Er hatte sich also entschieden, sich nicht vor Chris und Trevor in seiner vollen Pracht zu zeigen. “Auriel”, erklang mein Name mit einer tiefen und nachhallenden Stimme. “Uriel.” Ich legte einen Arm vor meinen Körper und beugte meinen Oberkörper leicht. “Du hast die Drachme.” Es war eine Aussage, keine Frage. Ich nickte. “Ja.” “Gib sie mir.” Eine Hand streckte sich mir entgegen. Ich griff an meinen Nacken und öffnete die Kette. Diese hob ich nach vorne und dann schwebte sie bereits über meine Hand hinauf in die Höhe und zu Uriel. Dieser nahm sie auf und er sah darauf. “Das hast du gut gemacht Auriel.” “Ich danke euch”, erwiderte ich. “Wir sind sehr froh, dass du die Drachme gefunden hast. Es war die richtige Entscheidung, dich auf die Erde zu schicken. Du hast deine Aufgabe zu unserer vollster Zufriedenheit ausgeführt.” Ein Lächeln erschien auf meinem Gesicht und meine Wangen wurde rot bei dem Lob, das mein Heerführer an mich richtete. “Auriel”, erklang seine tief hallende Stimme. “Uriel?” Ich sah fragend zu dem Engel auf. “Ich soll dir ein Angebot machen.” “Ein Angebot?” Ich trat einen Schritt auf ihn zu. Ich erkannte sein Nicken. “Ein Angebot. Wir wissen, wie du dich hier unten auf der Erde fühlst Und wir wissen von deinen Gefühlen. Du kannst zwischen zwei Möglichkeiten wählen. Du kannst zurück zu uns in den Himmel kommen. Oder du kannst auf der Erde bleiben. Als Nephilim.” Kapitel 51: ✡ ✟ Kapitel 50 ✟ ✡ ------------------------------ Mein Herz machte einen Satz und zog sich dann zusammen. Ich hatte die Möglichkeit? Ich durfte wählen? Ich … ich musste wählen? Zwischen meinem Zuhause …, mein Blick richtete sich über meine Schulter zu Chris, und meinen Gefühlen? “Du musst deine Entscheidung in 24 Stunden getroffen haben. Komme dann wieder hierher an diese Stelle.” Mit weit aufgerissenen Augen sah ich zu meinem Heerführer. “In 24 Stunden, Auriel”, erklang nochmals Uriels Stimme, dann verschwand das Licht, das ihn umgab und auch der Engel verschwand. Kurz darauf standen wir alleine an dem See, nur noch umgeben von den Lichtern aus Trevors Garten. Ich starrte immer noch ungläubig auf den See. Uriels Vorschlag. Er überforderte mich. Ich konnte mich entscheiden. Zwischen meiner Heimkehr zu meinesgleichen, in mein Zuhause und der Möglichkeit, hier zu bleiben. Doch hier zu bleiben würde nicht nur bedeuten, mein bisheriges Leben aufzugeben, nein, es würde auch bedeuten, kein Engel mehr zu sein. Und diese Vorstellung … sie machte mir furchtbare Angst. Auf der anderen Seite … Ich drehte meinen Kopf und sah über meine Schulter. Mein Blick fiel auf seine blauen, leuchtenden Augen. Kaum dass wir uns ansahen, kam Bewegung in ihn. Er lief auf mich zu und schloss mich in seine Arme. “Du kannst hier bleiben”, gab er begeistert von sich. Bei seinen Worten zog sich alles in mir zusammen. Hier bleiben? Warum lösten diese Worte so viel Angst in mir aus? Ich blickte an Chris vorbei, der mich regelrecht an sich presste. Mein Blick fiel auf Trevor, der mich besorgt ansah. Wie immer, schien er auch dieses Mal zu bemerken, wie ich empfand. “Gehen wir rein”, schlug er vor und deutete auf das Gebäude, aus dem wir gekommen waren. Ich löste mich aus Chris Armen und nickte. “Gehen wir rein”, stimmte ich dem Hexenmeister zu. Ich sah Chris nicht einen Moment an, denn ich hatte Angst, dass er sofort in meinen Augen lesen konnte, dass ich nicht wusste, was ich tun sollte. In seinen Worten war so viel Hoffnung mitgeschwungen, dass ich hierbleiben würde, so viel Sicherheit, dass genau das passieren würde. Und ich konnte es nicht sagen. Doch auch wenn ich ihn nicht ansah, so ergriff er meine Hand fest und ließ mich nicht mehr los, bis wir im Haus waren. “Vielleicht sollten wir alle ins Bett gehen. Das alles war jetzt doch sehr aufwühlend”, meinte Trevor hinter uns. Ich warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. “Ich denke auch, dass es eine gute Idee ist”, murmelte ich. Ich spürte Chris Handdruck an meiner Hand und sah das erste Mal seit Uriels Vorschlag in seine Augen. “Können wir … sollten wir nicht noch miteinander reden? Über … über alles? Das Angebot? Uns?”, erklang seine Stimme fast schon flehend. Ich zwang mich zu einem Lächeln, von dem ich mir nicht sicher war, ob es meine Augen erreichte. “Ich bin wirklich müde Chris, ich würde gerne in mein Bett gehen. Wir reden morgen, ja?” Enttäuschung machte sich in seinem Blick breit, ehe er nickte. “Okay. Ich bringe dich noch zu deinem Zimmer, ja? Natürlich nur, wenn es für dich iIn Ordnung ist.” Das Lächeln, das nun auf meinem Gesicht erschien, war echt. “Natürlich.” Anschließend drehte ich mich zu Trevor um. Dieser hob mir seine Hand entgegen. Ich ging auf ihn zu und wurde von ihm in die Arme genommen. “Denk gut darüber nach und mache das, was du für richtig hältst. Es ist alleine deine Entscheidung, vergiss das nicht, Engelchen”, flüsterte er mir dabei ins Ohr. Als er sich wieder von mir löste, sah ich ihm in die Augen und seufzte auf. “Ich habe Angst, die falsche Entscheidung zu treffen”, murmelte ich leise. Trevor lächelte und streichelte sanft über meine Wange. “Du wirst die richtige Entscheidung treffen, da bin ich mir ganz sicher.” Ich musste leicht lächeln, als er mich aufmunternd ansah. “Danke, Trevor”, erwiderte ich. “Immer, Elana. Egal wie du dich entscheidest, ich werde hinter dir stehen.” Wir sahen uns an, dann drehte ich mich zu Chris herum. “Gehen wir. Ich bin wirklich müde.” Der Schattenjäger nickte und griff anschließend erneut nach meiner Hand. Wir wünschten Trevor eine gute Nacht und gemeinsam gingen wir zu den Zimmern, die wir auch das letzte Mal schon hatten, als wir hier bei Trevor gewohnt hatten. Vor der Türe zu meinem Raum blieben wir stehen. Chris sah mich so hoffnungsvoll an und mein Herz begann schneller zu schlagen. “Wir haben eine Chance”, brachte der Schattenjäger hervor. Alles in mir zog sich zusammen. “Vielleicht”, antwortete ich leise. Vor seine Augen schob sich ein Schatten. “Vielleicht?” Ich biss mir auf die Unterlippe. “Ich muss nachdenken Chris. Das heute … das hatte ich nicht erwartet. Und ich kann mich nicht einfach für etwas entscheiden. Ich muss abwägen. Ich muss genau überlegen, was die richtige Entscheidung ist.” “Elana. Du kannst hierbleiben. Wir können zusammen sein. Du und ich.” Angst kam in ihm auf, das war zu erkennen. “Lass mich jetzt schlafen und morgen reden wir.” Ich streichelte sanft mit meiner Hand über seine Wange. “Und wir verbringen Zeit miteinander, ja?” Meine Worte schienen ihn zu besänftigen. “Dann schlaf gut. Und ich freue mich auf morgen.” Er legte seine Hand auf meine an seiner Wange, beugte sich zu mir und küsste mich sanft. Als wir uns verabschiedet hatten, war ich in mein Zimmer gegangen. Ich hatte mich umgezogen, Zähne geputzt und war anschließend ins Bett gelegen. Doch der Schlaf wollte sich einfach nicht einstellen. Uriels Vorschlag drehte sich in meinem Kopf von einer Ecke in die andere. Was sollte ich tun? Was war die richtige Entscheidung? Ich wusste es nicht. Zurück zu kehren wäre das, was ich immer erwartet hatte. Wovon ich immer ausgegangen war. Zu mir und meinesgleichen. Dahin, wo ich hingehörte. Hierzubleiben würde bedeuten, dass ich bei den Menschen bleiben konnte, die ich zu lieben gelernt hatte. Ich konnte bei Chris bleiben. Aber es hieß auch, dass ich das aufgeben musste, was mich ausmachte, was ich war. Kapitel 52: ✡ ✟ Kapitel 51 ✟ ✡ ------------------------------ Nach einer langen, unruhigen Nacht, war ich aufgewacht. Nun war er tatsächlich angebrochen. Mein letzter Tag auf der Erde. Ich schloss meine Augen und atmete tief ein, ehe ich mich auf den Weg zum Frühstückssalon machte. Trevors Anwesen war so groß, dass er tatsächlich für jede Mahlzeit einen eigenen Raum, oder eben Salon wie er es nannte, hatte. Ich vernahm das Stimmengewirr bereits vom Flur aus. Lori, die fröhlich plapperte, Trevor, der genauso mit machte und Dan, der immer wieder etwas einwarf. Von Chris vernahm ich kein Wort. Als ich im Türrahmen auftauchte, verstummten die Gespräche einen Moment. Alle sahen mich erwartungsvoll an. Ich trat zu Chris, neben dem noch ein leerer Teller stand und nahm diesen. “Ich habe wirklich Hunger”, erklärte ich augenzwinkernd. Es erklang Gelächter, dann nahmen Lori, Trevor und Dan ihr Gespräch wieder auf. Ich legte Chris eine Hand auf die Schulter und lächelte ihn an, ehe ich zu dem Buffet ging, das Trevor uns vorgesetzt hatte. Ich nahm mir von verschiedenen Speisen, auf die ich Hunger hatte und setzte mich anschließend neben Chris. Dieser warf mir einen nachdenklichen Blick zu, der allerdings einem Lächeln wich, als ich ihn anlächelte. Ich legte eine Hand auf seinen Oberschenkel und aß mit der anderen. Die anderen redeten und ich mischte mich in das Gespräch ein. Auch Chris war nun weniger ruhig und redete mit. Als wir alle fertig gefrühstückt hatten, wand sich Lori mit leuchtenden Augen an mich. “Also Elana”, sie klatschte in die Hände, “da das heute vielleicht dein letzter Tag hier ist”, nun schob sich ein dunkler Schatten kurzzeitig vor ihre Augen, ehe sie wieder lächelte, “was willst du machen? Wir sollten irgendetwas großes machen, etwas, das dir immer im Gedächtnis bleibt. Etwas unglaubliches, etwas…” Ich unterbrach sie. “Ich will nicht viel machen. Ich würde einfach nur gerne”, verlegen senkte ich meinen Blick, “Zeit mit euch gemeinsam verbringen. Mit den Menschen, die mir so wichtig geworden sind.” Einen Moment herrschte Stille am Tisch. “Die Idee finde ich gut”, erklärte Dan in die Stille hinein. “Das denke ich auch”, stimmte auch Trevor zu. Lori zuckte mit ihren Schultern. “Dann eben so. Wir bekommen uns auf jeden Fall beschäftigt.” “Das bekommen wir.” Chris lächelte mich an und schob seine Finger in meine. Ich erwiderte sein Lächeln. Das nannte man Freundschaft. Genau das. ⇼ Wir verbrachten den ganzen Tag miteinander. Wir hatten unseren Spaß und obwohl alle wussten, dass das hier eventuell ein Abschied für immer war, gaben alle ihr bestes, um keine traurige Stimmung aufkommen zu lassen. Vorallem Lori gab sich Mühe, unterstützt von Trevor. “Wir wollen ja alle nicht, dass wir uns nur an die traurige Zeit erinnern. Nein, an das Lachen, das ist das wichtige!”, erklärte Lori mit erhobenem Finger, als ich meine Mundwinkel heruntergezogen hatte. Sofort musste ich wieder lächeln. Mit ihrer Art brachte sie uns alle dazu. Wir machten vieles, ich konnte es gar nicht mehr aufzählen. Und Trevor hatte noch meine Lieblingsessen besorgt, ein Curry zum Mittag und zu Abend Burger. Dazu leckeren Salat und als Nachtisch Eis. Damit konnte ich leben. Wir hatten darüber geredet, was alles passiert war. Es waren nur noch drei Stunden bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich entschieden haben musste, was ich tun sollte. Ich war immer noch überfordert. Es sprach so viel dafür nach Hause zu gehen, aber auch so viel dafür, einfach hier zu bleiben. Ich bemerkte zuerst gar nicht, wie Trevor Lori und Dan versuchte Zeichen zu geben. Als diese aber nicht darauf reagierte und auch nicht auf die verschiedenen Zaubereien des Hexenmeisters, stand er genervt auf. “Okay, Lori, Dan. Verabschiedet euch von Elana.” Lori sah ihn verwirrt an, warf einen Blick auf ihre Uhr und sah dann wieder zu Trevor. “Warum denn? Sie hat doch noch fast drei Stunden.” “Vielleicht ist sie ja müde”, meinte der Hexenmeister und sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. Die junge Schattenjägerin verstand jedoch nicht, was er damit sagen wollte. “Selbst wenn sie müde ist, sie wird jetzt doch nicht ins Bett gehen wollen.” “Das weißt du doch nicht”, erklärte Trevor und deutete mit seinem Kopf auf Chris und mich. Ich kicherte leise. Eigentlich war es doch eindeutig, was der Hexenmeister andeutete. Dan trat hinter Lori und zog sie an sich. “Er meint eigentlich, dass wir Elana und Chris noch ein wenig Zeit zu zweit lassen sollten.” Lori erstarrte und wurde leicht rot, ehe sie zu uns sah. “Oh.” “Genau, oh”, sagte Trevor und verdrehte leicht seine Augen. “Na dann…” Lori löste sich von Dan und kam langsam auf mich zu. Vor mir blieb sie stehen. Ich stand von dem Sofa auf, auf dem ich gesessen hatte. “Lori…”, brachte ich mit brüchiger Stimme hervor. Tränen waren in ihre Augen getreten und ich bemerkte, dass auch meine Augen sich füllten. “Ich werde dich vermissen, Elana. Es war schön, mal nicht das einzige Mädchen zu sein. Es war toll, dass du mich gegen die beiden unterstützt hast.” Sie deutete auf ihren Freund und ihren Bruder. “Also, was ich eigentlich sagen will… ich werde dich vermissen.” Die ersten Tränen liefen über ihre Wangen. Auch meine Tränen begannen zu laufen. “Ich werde dich auch vermissen”, brachte ich hervor. Ich schloss meine Arme dazu und hielt sie fest an mich gedrückt. Irgendwann lösten wir uns. Sie griff nach meinen Händen und drückte diese. “Ich hoffe so sehr, dass wir uns morgen sehen. Ich wünsche es mir.” Ich musste schlucken. “Ich wünschte es auch”, erwiderte ich leise. Wir umarmten uns nochmal schnell, ehe wir uns ganz los ließen. Anschließend trat Dan zu mir und nahm mich ebenfalls fest in den Arm. “Es war schön, dass du bei uns warst. Du passt gut zu uns und es wäre mir eine Freude, wenn du zu uns gehören würdest, auch in Zukunft.” Er löste sich von mir. “Du hast ihnen beiden gut getan.” Er deutete auf seine Freundin und seinen Parabatei. “Du hast uns allen gut getan.” Einen Moment legte er eine Hand auf meinen Kopf, dann drehte er sich herum und trat zu Lori. Sie sah mich nochmal traurig an, dann ging das Paar gemeinsam aus dem Raum. Trevor trat zu mir. “Also jetzt richtig …”, gab er leise von sich und sah mich ernst an. Ich nickte und versuchte den Kloß in meinem Hals herunter zu schlucken. Wo ich Lori als meine beste Freundin hier auf der Erde bezeichnen würde, wäre er wohl das männliche Gegenstück, mein bester Freund. “Komm her Engelchen.” Der Hexenmeister breitete seine Arme aus und im nächsten Moment lag ich in diesen und schluchzte leise an seiner Brust. “Wir werden uns wiedersehen Elana, da bin ich mir sicher. Und wenn nicht morgen … Ich habe eine sehr lange Lebensdauer.” Ich schmunzelte leicht. “Ich hoffe es.” Er löste seine Arme um mich und hob mein Kinn mit einer Hand an. “Wir sehen uns wieder, Engelchen”, erklärte er selbstbewusst und beugte sich zu mir, um mir einen sanften Kuss auf die Wange zu hauchen. Als er losließ, sah er zu Chris. “Schattenjäger, du bist dran.” Chris nickte, stand auf und trat zu mir. Er schob seine Hand in meine und seine Finger zwischen die meinen. Trevor verließ den Raum und dann waren wir alleine. Chris sah mich an. “Sollen wir noch eine Runde spazieren gehen?”, fragte er mich. Ich nickte mit einem leichten Lächeln. Die letzten zweieinhalb Stunden … Und ich wollte sie mit niemand anderem als mit ihm verbringen. ⇼ Wir waren lange Zeit schweigend durch Trevors großen Garten gelaufen, unsere Hände immer miteinander verschlungen. Irgendwann hatten wir ohne etwas zu sagen den Weg zurück ins Anwesen eingeschlagen. Wir waren zu unseren Zimmern gegangen und standen nun vor meiner Zimmertüre. Nur noch eineinhalb Stunden. “Ich werde dich wirklich vermissen, wenn du nicht mehr da bist.” Ich zuckte unter seiner Stimmlage zusammen. Sie brach mir das Herz. Seine Hand hob sich und er strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. “Ich werde dich vermissen. Mehr … mehr als die anderen”, brachte ich leise hervor und spürte, wie sich erneut Tränen in meine Augen drängten. “Bleib einfach hier, bei mir, bei uns. Du hast die Möglichkeit, Elana. Du musst dich nur dafür entscheiden.” Ich senkte meinen Blick. Ich konnte ihm so nicht in die Augen sehen. Dann spürte ich seine Hand in meinem Nacken und wie ich an ihn gezogen wurde. “Bleib bei mir Elana, bitte. Ich brauche dich doch.” Ich biss mir auf die Unterlippe und spürte, wie die erste Träne über meine Wange lief. Ehe ich nachdenken konnte, griff ich mit beiden Händen nach seinen Wangen und presste meine Lippen im nächsten Moment auf seine. Chris war einen Moment wie erstarrt, dann erwiderte er den Kuss und legte, ebenso wie ich, alle Gefühle hinein. Als ich mich von ihm löste, sah ich in seine Augen. “Willst du mit mir reinkommen?”, fragte ich mit heiserer Stimme. Kapitel 53: ✡ ✟ Kapitel 52 ✟ ✡ ------------------------------ Nur noch zehn Minuten … Mein Blick war auf die Uhr auf den Wecker auf meinem Nachttisch neben meinem Bett gerichtet. Danach glitt er zurück. Auf die Person, die nackt neben mir im Bett lag. Chris schlief tief und fest. Ich griff nach seinem Arm, der um meine nackte Hüfte lag und hob diesen sanft nach oben. Ich wollte Chris nicht wecken. Als ich aufgestanden war, griff ich nach meiner verstreuter Kleidung und zog mich schnell an. Anschließend trat ich zum Bett und sah auf den immer noch schlafenden Schattenjäger hinunter. Ich beugte mich zu ihm und hob mit einer Hand meine Haare zurück, dass diese ihm nicht ins Gesicht fallen würden. “Ich liebe dich”, hauchte ich leise und drückte einen leichten und sanften Kuss auf seine leicht geöffneten Lippen. Anschließend richtete ich mich auf und schlich aus dem Zimmer. Ich hatte eine Entscheidung getroffen. Ich war ein Engel … und daher gehörte ich in den Himmel, dorthin, von wo ich kam. ⇼ Als ich auf den See zulief, raste mein Herz regelrecht in meinem Brustkorb. Das alles hier fühlte sich so furchtbar falsch an. Dabei war ich mir sicher, dass es die richtige Entscheidung war. Vor mir kam wieder Nebel auf, ein sanftes Leuchten und anschließend nahm Uriel Gestalt an. “Auriel”, erklang seine hallende Stimme, “du hast dich entschieden?” Ich nickte und legte meinen Arm vor meinen Oberkörper, ehe ich mich leicht beugte. “Ich will nach Hause kommen.” Ein weiteres Licht und eine schemhafte Gestalt erschien neben Uriel. Sofort machte der Erzengel einen Schritt zur Seite und verbeugte sich. “Herr.” “Auriel, mein Kind.” “Herr!”, brachte ich ungläubig hervor. Was wollte er hier? Ich vernahm den sanften Klang seiner Stimme. “Du willst nach Hause?” Ich nickte. “Ja, Herr.” “Oh Auriel. Es heißt hier auf der Erde, da wo dein Herz ist, da ist dein Zuhause.” Sofort erstarrte ich. “Ich kann in dein Herz sehen, Auriel. Und es ist nicht da Zuhause, wo du denkst, dass es das wäre.” Ich spürte mein Herz schon fast schmerzhaft schlagen und das Blut rauschte in meinen Ohren. Ich sah nichts mehr vor mir und in Gedanke beherrschte mich - da, wo mein Herz war … “Ich bin mir sicher, dass ich weiß, wo du Zuhause bist, wo es dein Herz ist.” Wieder erklang seine sanfte Stimme. “Wenn du dich nun von uns verabschiedest, ist es kein Abschied für immer. Wir werden uns wiedersehen, das weiß ich Auriel.” Mein Herz schlug immer noch so schmerzhaft. “Aber … aber wenn ich mich dafür entscheide … dann muss ich aufgeben, was ich bin.” “Du musst es nicht aufgeben. Du wirst immer bleiben wer du bist. Du bist du. Egal wo und egal als was.” Konnte es wirklich sein? “Wir werden uns wiedersehen mein Kind.” Er hob seine Hand und im nächsten Moment spürte ich das bekannte Prickeln auf meinem Rücken und ich spürte, wie meine Flügel sich ausbreiteten. Meine Flügel … das, was mich aus machte … Ich spürte die Tränen, die über meine Wangen liefen. Auch wenn er sagte, wo mein Herz wäre, wäre ich Zuhause. Egal wie die Entscheidung ausgefallen wäre, ich musste etwas aufgeben, etwas, das mir viel bedeutete. “Wir werden uns wiedersehen”, erklang erneut seine Stimme. “Das werden wir, Elana”, auch Uriels. Das Licht wurde heller und ich spürte einen festen Wind um mich herum, der zunehmend stärker wurde und an mir und meinen Flügeln zerrte. Und dann schwebten um mich herum lauter Federn, die immer heller zu leuchten begannen und in den Himmel aufstiegen. Das Leuchten wurde noch heller und erlosch schließlich. Meine Flügel waren weg und mit ihnen auch das Abbild auf meinem Rücken. Ich kniete auf dem Boden und schluchzte vor mich hin, während Tränen über meine Wangen liefen und ich beide Hände in das Gras gekrallt hatte. Das einzige Licht um mich herum, kam von Trevors Lampen. “Elana!”, erklang eine aufgebrachte Stimme hinter mir. Ich drehte mich herum, doch noch bevor ich das getan hatte, schlossen sich zwei Arme um mich und ich wurde fest an einen männlichen Körper gedrückt. “Ich hatte schon gedacht du wärst weg! Ich dachte wirklich, dass du gegangen wärst!”, erklang seine tiefe Stimme aufgebracht. “Ich … ich wollte auch gehen”, brachte ich mit heiserer Stimme hervor. Ich spürte, wie er erstarrte. “Aber mein Herr … er hat gesagt …”, ich stockte und musste mich sammeln, “er hat gesagt, dass ich da Zuhause bin, wo mein Herz ist. Und mein Herz, das ist bei dir Chris. Ich liebe dich.” Immer noch war er wie erstarrt, dann kam Leben in ihn. Seine Hände schlossen sich um mein Gesicht und wurde an ihn gezogen. “Ich liebe dich auch, Elana.” Und dann lagen schon seine Lippen auf meinen. Er war mein Zuhause - und das würde er auch bleiben. Epilog: ✡ ✟ Epilog ✟ ✡ ---------------------- Wieder und wieder krachten meine Schwerter auf die Stange vor mir. Ich wehrte diese ab, drängte sie von mir und griff erneut an. Ich spürte, wie mir der Schweiß über die Haut lief. Doch ich würde nicht aufgeben. Er würde nicht gewinnen, das würde ich nicht zulassen! “Hey, seid ihr bald fertig?”, erklang eine helle Stimme und sofort hielten mein Kampfpartner und ich in unseren Bewegungen inne. Wir blickten beide zu Lori, die im Türrahmen stand und uns belustigt musterte. “Falls ihr euch erinnert, wir haben noch etwas vor”, erklärte sie und drehte sich herum, jedoch nicht, ohne uns nochmals aufzufordern, ihr zu folgen. “Na dann”, gab Dan von sich und ließ seine Stange sinken. Auch ich ließ meine Schwerter sinken. “Wir sollten besser tun, was sie sagt …”, richtete Dan an mich. Ich schmunzelte. “Wenn das sogar ihr Freund sagt.” Dan lachte auf und stieß mich leicht in die Seite, ehe er in Richtung der Waffenkammer ging, die durch eine Türe mit dem Trainingsraum verbunden war. Ich folgte ihm und während er seinen Stab in der dafür vorgesehen Halterung an der Wand befestigte, räumte ich die beiden schmalen Klingen zur Seite, für die ich mich als Waffen entschieden hatte. Das war nun knapp ein Jahr her. Sie waren für mich die Waffen gewesen, die meinen Engelsklingen am nächsten gekommen waren. Ohne meine Engelsgaben konnte ich meine früheren Klingen nicht mehr rufen und musste daher auf normale Waffen ausweichen. Ebenso benutzte ich auch gerne Seraphinklingen, die ich aber inzwischen ebenfalls benennen musste. Ich war kein Engel mehr. Ich war ein Nephilim, wie auch die zahlreichen Runenmale auf meinem Körper erkennen ließen. Mein Herr hatte Wort gehalten. Er hatte mich zu einem Nephilim gemacht. Das einzige, was mir von meinen früheren Dingen geblieben war, war das Abbild der Sonne auf meinem inneren Handgelenk. Es sollte bedeuten, dass ich immer noch zum Licht gehören würde. Und das würde ich immer. “Kommst du?”, riss mich Dan aus meinen Gedanken. Als Antwort nickte ich und folgte dem Schattenjäger in die große Küche. Dort warteten bereits meine Freunde. Lori war da, Lia, die Werwölfin und sogar … “Trevor!”, rief ich laut und warf mich dem Hexenmeister in die Arme. Er war unterwegs gewesen, einige Wochen lang und es war nicht klar gewesen, ob er es schaffen würde. “Wie als ob ich mir den Geburtstag meines Lieblingsengels entgehen lassen würde”, erwiderte er mit hochgezogenen Augenbrauen. Ich musste lachen. “Bitte, Trevor!”, wehrte ich ihn ab und trat nach hinten. “Trevor?”, wand sich Lori an den Hexenmeister. Dieser sah sie schmunzelnd an. “Ja bitte?” “Würdest du die Güte erweisen und die Kerzen anzünden?”, fragte die Schattenjägerin schmunzelnd und deutete auf die Geburtstagstorte, die auf dem Tisch stand. Vermutlich mit 20 Kerzen geschmückt, das Alter, das ich hier auf der Erde hatte. Genau vor einem Jahr, war ich zu einem Nephilim geworden. Vor genau einem Jahr, hatte ich meine Flügel gegeben. Und genau dieses Datum war auf meinem Ausweis als Geburtstag erschienen. “Mit Vergnügen”, antwortete Trevor auf Loris Anfrage und wedelte mit einer Hand. Keine Sekunde später brannten alle 20 Kerzen. “Du bist dran”, erklärte Lori mir dann. “Alle Kerzen auspusten. Und wenn du sie auf einmal schaffst, dann hast du einen Wunsch frei.” Ich lachte auf und trat zu der Torte. “Okay. Aber auf eigene Gefahr”, entgegnete ich. Ein paar Sekunden später waren alle Kerzen ausgepustet und alle applaudierten. Ich trat wieder einen Schritt zurück und in dem Moment schlang sich ein starker Arm um meinen Bauch und ich wurde nach hinten an eine feste Brust gezogen. “Ich wünsche dir alle Gute zum Geburtstag, mein Engel”, erklang die Stimme des Mannes, den ich liebte und den ich mein Leben lang lieben würde. Alleine seinetwegen hatte es sich gelohnt, ein Teil dieser Erde zu werden. Er war es wert. Und das würde sich niemals ändern. ✡ ✟ Ende ✟ ✡ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)