Die Tür von Caellon ================================================================================ Kapitel 1: Hinter der Tür ------------------------- Das Erwachen kam ruckartig, abrupt wie der Sprung in eiskaltes Wasser an einem warmen Sommertag. Ich öffnete die Augen und starrte einen Moment verwirrt in das Halbdunkel meines Schlafzimmers, lauschte dem leisen Surren der Klimaanlage, den mehr fühl- als hörbaren Schritten meiner Katze die in der ihr eigenen Neugierde ihren Geschäften nachging. Und natürlich lauschte ich ihr. Ruhig und gleichmäßig drangen ihre Atemzüge an mein Ohr, brachten mich unwillkürlich zum Lächeln. Langsam kehrten auch die Erinnerungen an den gestrigen Abend zurück – eigentlich steckte ich gerade mitten in einem neuen Projekt, hatte ihr nur ein wenig Gesellschaft leisten wollen ehe ich an den Schreibtisch zurückkehrte. Nun, scheinbar war ich eingeschlafen. Vorsichtig versuchte ich mich aufzurichten, was sich als überraschend schwer gestaltete wenn eine hübsche junge Frau die eigene Schulter als Kissen auserkoren hatte und keinerlei Grund sah, ebendiese Schlafunterlage wieder herzugeben. Als ich schließlich, eine ganze Menge harter Arbeit später, auch den Saum meines Mantels von ihr gelöst hatte in den sie sich wie in eine Kuschelecke gewickelt hatte stand ich auf, genoss es meine Muskulatur strecken, empfand selbst das sachte Knacken meiner Gelenke als nicht unangenehm. Es war ein perfekter Augenblick. Mein Blick wanderte wieder zu der Liebe meines Lebens, ihrem kurzen verwuschelten Haar, den schmalen Augenbrauen, ihren sanft geschwungenen Lippen und ihrem runden Bauch, in dem unser gemeinsames Kind heranwuchs. Ich gestattete es der Liebe in meinem Herzen für einen Augenblick in jede Faser meines Körpers zu strömen, warm und prickelnd meine Seele mit der Sehnsucht danach zu erfüllen, mich wieder zu ihr zu legen und sie bis zum Ende aller Tage im Arm zu halten. Nur schwer gelang es mir, mich davon zu lösen, meine Gedanken auf all die Arbeit zu richten, die noch vor mir lag ehe ich ruhen durfte. Mit flinken Fingern schloss ich die Mantelknöpfe, strich die Falten aus der Kleidung, brachte mein kurzes Haar zumindest einigermaßen in Ordnung ohne das mein Blick auch nur für einen Sekundenbruchteil von ihr glitt. Dann schließlich seufzte ich leise, verabschiedete mich mit einem stummen Lächeln in das ich all meine Gefühle für sie legte und verließ den Raum. Die Tür machte keinen Laut, als sie ins Schloss fiel – die Handwerker verstanden ihr... nun, ihr Handwerk. Anders war es mit den Schwertern der Soldaten die leise sirrend aus ihren Scheiden gezogen wurden. Traurig schloss ich die Augen. Ich wünschte, es hätte ein anderes Ende für mich gegeben. Kapitel 2: Vor der Tür ---------------------- Ich riss mich zusammen als feste Schritte auf harten Marmorfliesen den Hauptmann meiner Leibgarde ankündigten, der gespannt wie eine Feder vor mir Haltung annahm. Ein schlechtes Gewissen machte sich in mir breit bei dem Gedanken, das ich ihn Stunden zuvor einfach in meinem Büro zurückgelassen hatte. Ich begrüßte ihn mit einem zerknirschten Lächeln, das meiner Position vermutlich nicht direkt angemessen war, nickte dann dann meinen Leibwächtern zu, welche mit gezückten Klingen Haltung angenommen hatten. Immerhin war es eine Geste der Menschlichkeit und ich wusste niemand würde mir einen Vorwurf machen. Man behandelte mich schließlich mit überraschenden Respekt, seit ich den vorigen Herrscher, einen Uralten Drachen, und das war keineswegs in irgendeiner Form metaphorisch gemeint, in Stücke gerissen und die Wände mit seinem Blut gestrichen hatte. Immerhin hatten meine Berater in den letzten Wochen aufgehört zu zucken, wann immer ich sie anblickte. Oder nieste. Gähnte. Atmete. Irgendetwas tat. Der stahlgraue Blick eines Mannes, der ohne jede Probleme mein Großvater hätte sein können traf mich. Und wie üblich hatte ich keine Ahnung ob es Verachtung oder Anerkennung war die darin lag, Stolz oder Abscheu. Der Geist dieses Mannes musste einer Kugel aus Stahl ähneln: In sich geschlossen, reflektierend, makellos. Wäre er ebenso wie ich ein Telekinet gewesen... ich hatte keinen Zweifel das er nicht nur der Anführer der Garde gewesen wäre. Vermutlich wäre er Gott näher als den Menschen. Ich nickte ihm zu ehe wir Seite an Seite zurück zum Thronsaal schritten. Es hatte mich eine Menge Arbeit gekostet ihn dazu zu bringen, nicht immer den entnervenden Schritt hinter mir zu bleiben, aber das gewisse Maß an Paranoia das sich zwangsläufig entwickelte wenn man lange genug gejagt wurde hatte mich in dieser Hinsicht hart bleiben lassen. Zweifel daran, dass das Leben noch das eine oder andere Attentat für mich bereit hielt hatte ich jedenfalls keine. Ich hatte im Untergrund gekämpft, einen Tyrannen gestürzt, in einer Nacht ein Reich vernichtet und erschuf nun ein neues. Ein Besseres. Hatte Freunde verloren, Andere gefunden, Feinde begraben und durch Neue ersetzt. Vielleicht war dieses Ende doch garnicht mal so schlecht. Gekuschelt hätte ich trotzdem gerne mehr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)