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Aller Anfang

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben.

Hiermit möchte ich mich an etwas neuem probieren, ein FF die fern des Naruto Fandom ist.

Während ich mal wieder, in nostalgischer Laune, den erst Harry Potter Film geguckt habe, kam mir die Idee zu dieser Geschichte.

Sie wird grob an den Handlungen von Buch und Film entlang laufen, jedoch wie gesagt nur grob. Ok manchmal auch nicht ganz so grob ... aber lest doch einfach selbst ;)


Disclaimer: Mir gehört nichts, außer dass was so nicht in Film und Büchern steht.
Alles andere gehört J.K. Rowling und so!

ACHTUNG! In dieser FF wird es nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen geben. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hey.

Nach langer Zeit geht es auch hier mal weiter.

Urlaub und gutes Wetter sind wirklich eine tolle Mischung. Zwar brauche ich gefühlte drei Tonnen Sonnenmilch um mich nicht in einen Keks zu verwandeln, aber was solls. Hauptsache mal die Sonne auf der Haut spüren und Vitamin D sammeln, als sie immer nur von der Arbeit aus sehnsüchtig betrachten.

Im weiteren Verlauf werdet ihr einige "Veränderungen" bemerken.
Ist Parsel

Ein doppelter Abstand ein Zeitsprung und ein dreifacher ein Perspektiven Wechsel.
Aber warum erkläre ich das eigentlich? Ihr seid doch schlaue Leser *g*

So, viel Spaß. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallöleee~


Hier ein Kapitel, an dem (hoffentlich) dem Sanara Fans ihren Gefallen finden. Ist gar nicht so einfach aus Sicht einer Schlange zu schreiben …


Ach ja, bitte lest doch die Anmerkung am Ende des Kapitels.


Viel Spaß


Chaos Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
(*) Erklärung im Nachwort.

Viel Spaß :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Lang hat es gedauert ... doch hier ein neues Kapitel.
Da ich hier ein Kreahoch hatte, schreibe ich bereits am zehnten Kapitel, sodass Nachschub nicht so ewig auf sich warten lässt*g* Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Und noch eine Klausur ist geschafft. Fehlen noch ... 3 (glaub ich).
Anfang April beginnt dann die Abschlussphase ...*urks*

Aber genug davon, hier erstmal ein neues Kapitel in dem ihr mit Harry zusammen 'Scotchi' und 'Löffli' kennenlernt *lach* Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Weiter gehts mit dem Shoppen und der Begegnung mit einigen neuen Menschen! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallöle~
Es mag wieder Shoppen dabei sein, aber das ist nur "nebenbei". Es geht um etwas anderes, das was drum herum passiert ....
Mal sehen, ob ihr mit dem Kapitel auch Spaß habt, so wie ich;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Für alle Sanara + Scotchi Fans. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Mea Culpa. Mea maxima culpa! Da bin ich doch gestern, beim Einstellen des neuen Kapitels, tatsächlich eingeschlafen!

Jetzt aber ... viel Spaß damit.

Der Titel lässt sich auf mehrere Sachen auslegen. Findet ihr es?
Auch werden hier mehrere Grundsteine gelegt ... Fäden geknüpft ... Saaten gepflanzt .. seht es wie ihr wollt ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallöle ihrs.
Es dauert hier immer ein bisschen, dies tut mir leid.
Vermisste Muse plus renovieren und arbeiten ... nun ja.
Vergesst bitte nicht, diese FF heißt 'Aller Anfang' sprich hier werden Grundsteine gelegt oder angedeutete. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben.
Liest dies hier eigentlich noch jemand? Man ist das lange her, dass es hier weiter ging. Mea Culpa!
Aber jetzt ist die Muse der Geschichte aus ihrem Winterschlaf aufgetaucht.

Es geht hier nochmal um die Freundschaft von Harry und Draco, den Spaß den die beide miteinander haben und wie gut sei einander tun.
Aber auch sieht man dass die Erwachsenen hier anders sind, als man denkt. Eigentlich ganz normal und vor allem Narzissa ist eine neugierige Vollblut Mama.

Dazu ist Severus deutlich aufmerksamer als die Malfoys. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallöle endlich mal ein neues Kapitel

In diesem Kapitel finden sich zwei Originalzitate, dessen Quellen ihr im Nachwort findet.
Auch ist dieses Kapitel relativ nah am Original, nur für meine Bedürfnisse zurecht gedreht.

Ich bin gespannt wie es euch gefällt. Komplett anzeigen

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Prolog

Dezember 1937

Es war einmal, vor langer Zeit.

Da begann ein Junge schon im zarten Alter, die Auswirkungen von der Gier nach Macht und Anerkennung auszuleben.

Er bestahl Freunde.

Er bedrohte Mitschüler.

Er brachte Feinde in Lebensgefahr.

Er war einfach ein Niemand unter vielen.

Nur durch seine schlimmen Taten, nahmen ihn die Menschen war.

Der junge Kerl, merkte früh wie man seine Mitmenschen manipulieren konnte. Die Hände einzig durch sein geringes Alter und der Unglaubwürdigkeit, gebunden.

Der Junge war besonders. Niemand konnte so wilde Sachen veranstalten wie er. Plötzlich verschwinden, Sachen durch die Luft fliegen oder explodieren lassen. Tiere, vor allem Schlangen die auch mit ihm sprachen, hörten auf sein Wort.

Das alles trat in seltenen, komischen, unvorhergesehenen Situationen auf, doch der Junge war sich sicher, dass würde er irgendwie regeln können. Er würde das auf die Reihe kriegen und es für sich zu nutzen wissen.

 

Er war besonders, dass würde die Welt schon irgendwann begreifen, so schwor er sich.

 

Dann wäre er kein Niemand mehr.

Keiner mehr von vielen.

Keiner mehr, den niemand wollte, sondern im Gegensatz: Die Leute würden ihm dann ‘die Bude einrennen’. Nicht alle, das war ihm schon in seinen jungen Jahren klar, doch einige bestimmt.

 

Kichernd warf der schwarzhaarige Elfjährige einen Blick auf seinen Kleiderschrank. Dort befand sich seine ‘Schatzkiste’. Seine dunklen Augen bekamen ein gefährliches Glitzern, als er sich daran erinnerte, wie er den anderen diese ‘liebsten Dinge’ entwendet hatte. Nun waren sie seine Trophäen und damit Belohnungen für seine Taten.

Gerade sinnierte er darüber, dass ihm noch das liebste Bilderbuch von der kleinen fünfjahrigen Maria Appel fehlte, als es an seiner Tür klopfte.

Missmutig drehte er seinen Kopf in Richtung dieser und setzte eine gelangweilte und doch abschätzige Miene auf.

Die Leiterin des Weisenhauses, das sich sein “Zuhause” schimpfte, trat gefolgt von einem älteren Herren ein. Der Mann hatte einen langen Bart und sah allgemein in seinem komischen Umhang und der ulkigen Brille, nicht wirklich ernst zunehmend aus.

Er hoffte, dieser Mann kam nicht um ihn zu adoptieren, irgendwie … ja irgendwie hatte dieser Typ eine seltsame Ausstrahlung.

Nur wenig später stand für ihn fest: Der Mann vor ihm, ließ sich nicht von ihm einschüchtern und ja, er war besonders.

Denn er, Tom Vorlost Riddle, war ein Zauberer!

 

Dies war sein Anfang in der magischen Welt.

 

 

Januar 1971

 

Die kleine Lily Evans war auf dem Weg nach Hause. Sie war glücklich, hatte sie doch gerade schöne Stunden mit ihrem besten Freund Severus verbracht.

Zusammen hatten sie Zeit auf der Lichtung verbracht und die zauberhaftesten Dinge vollbracht. Severus war es, der ihr alles erklärt hatte. Warum sie Sachen konnte, die zum Beispiel ihre Schwester Petunia nicht konnte.

Sie hatte, genau wie Severus, magische Kräfte. Sie war eine Hexe.

Mehr hüpfend als gehend, war sie unterwegs. Immer wieder musste sie kichern, wenn sie sich an die lustigen Dinge erinnerte, die sie heute gezaubert hatten. Bunte Lichter, kleine Wirbel und magische Blumen.

Laut lachte sie auf, als ihr wieder Severus schockierter Blick einfiel, als sie seine Haare pink gefärbt hatte. Ausversehen, natürlich. Sie hatte doch nur mit dem Holzstäbchen herum gewedelt.

Das Holzstäbchen, das Severus liebevoll Zauberstab nannte und den er Zuhause stibitzt hatte.

 

“Und Sev hat mir von Hogwarts erzählt. Das ist die Schule für Hexen und Zauberer. Das ist so cool, dass er den Brief am Geburtstag  bekommen hat! Er darf sich sogar ein Haustier kaufen. Vertrauter heißt dass dann. Leider sehen wir uns dann nicht mehr so oft”, plapperte Lily fröhlich am Abendbrot Tisch. Ihre Mutter lächelte selig, während ihr Vater ihr einen amüsierten, aber auch skeptischen Blick zu warf.

Die Grünäugige war glücklich, auch wenn der Verlust ihres besten Freundes im September ihr ein kleines bisschen auf das Gemüt schlug.

 

“Du bist verrückt. Glaubst einfach alles, was der Junge sagt”, schimpfte Petunia in diesem Moment und packte sich, mit mehr Kraft als nötig, Kartoffelpüree auf den Teller.

“Ihr beiden seid albern. Wedelt mit Stöckern herum”, fuhr sie abwertend fort. “Vater, die beiden sind gefährlich. Ich habe gesehen, wie Lily diesem Jungen die Haare pink färbte. Wer weiß, was sie noch anrichtet. Zu dem ist dieser Severus total heruntergekommen, wer weiß was der alles für Krankheiten hat. Lily soll verschwinden!”

 

Während ihre Eltern Petunia zur Räson riefen und eine Entschuldigung forderten, stocherte Lily traurig in ihrem Essen herum. Der Appetit war ihr gehörig vergangen.

Die Frage, warum ihre eigene Schwester nur so etwas sagte; ob sie sie gar nicht liebte, brannte sich immer tiefer in ihr Herz.

Sie wusste, egal wie begeistert ihre Eltern auch davon waren, eine Hexe als Tochter zu haben, verstehen würden sie sie nie. Sie wusste ihre eigene Schwester traute ihr nicht über den Weg; so sehr sie auch heimlich hinter ihr und Severus her schlich.

Lily wusste dennoch, sie liebte ihre Schwester.

Egal wie weh ihr Petunias Verhalten tat und so oft sie sich für Severus einsetzte, wenn ihre Schwester mal wieder kein gutes Haar an ihm ließ; sie, Lily Evans würde sie wohl immer lieben.

 

Am Morgen des 30.1.1971, saß das aufgeregte, rothaarige Mädchen am Frühstückstisch.

Heute war ihr Geburtstag. Ganz der Tradition nach, gab es die Geschenke erst nach dem Frühstück. Sie konzentrierte sich nicht wirklich auf ihr Marmeladenbrötchen, sodass einige Spritzer des roten Aufstrichs auf den Tisch und ihrem Oberteil landeten. Lily war viel zu aufgeregt. Ob sie wohl das so sehnsüchtig erhoffte neue Fahrrad bekam?

“Schätzchen, es bringt auch nichts, wenn du das Brötchen inhalierst. Geschenke gibt es erst, wenn wir alle fertig sind”, wurde sie liebevoll von ihrer Mutter erinnert.

“Aber isch bün doch so aufgerögt”, sagte sie mit vollem Mund.

“Lily, lass dass, das ist ekelig. Man spricht nicht mit vollem Mund!”, wurde sie von Petunia geschwimpft!

Mit großen, grünen Augen blickte sie ihre Schwester an und schluckte ihr Brötchen runter.

“T’schuldigung, Tunia”, murmelte sie und aß nun gesitteter.

 

Kurz vor beendigung des Frühstücks, passierten mehrere Dinge gleichzeitig.

Lily unterhielt sich mit ihrem Vater über die normale Schule und auch was Severus denn alles über die Zauberschule erzählt hatte, während ihre Mutter immer wieder erwähnte, dass der Junge doch mal vorbei kommen könnte. Schließlich hatten sie einen großen Garten in dem sie spielen konnten. Ihre Mutter ließ auch wieder mal nicht unerwähnt, dass sie auch etwas ganz besonders leckeres wie Schokotorte machen würde, falls Severus denn so etwas mochte.

Petunia, die mit dem Gesicht zum Fenster saß, biss mit verdrießlicher Miene in ihr Brötchen mit Schokoladenaufstrich. Abschätziges Schnauben war ihr einziger Kommentar.

Plötzlich gab es einen lautes knall und klatsch Geräusch am Fenster. Alle Anwesenden schrien erschrocken auf, Petunia ließ ihr Brötchen fallen und verschluckte sich an ihrem Essen. “Nein …”, röchelte sie gequält, als sie sah WAS dass Geräusch verursacht hatte.

“Eine Eule!”, schrie Lily in diesem Augenblick, sprang auf und öffnete das Fenster um das Tier herein zu lassen.

Die zerknautscht wirkende Eule schüttelte sich kurz und blickte Lily an.

Aus einem plötzlichen Gefühl, streichelte sie die große Eule zaghaft, kraulte sie unter dem Schnabel und sagte: “Keine Sorge, dass muss dir nicht peinlich sein. Hätte mir auch passieren können.” Wenn Eulen erleichtert aussehen konnten, dann, da war sich Lily sicher, sah sie genau so aus wie das Tier vor ihr.

Mit einem Gurren streckte die Eule ihr rechtes Bein hervor und Lily entdeckte eine Schriftrolle an diesem. Ihre Hände begannen zu zittern und sie traute sich kaum zu Atmen, als sie die Rolle losband. Abwesend trat sie zum Tisch zurück, rupfte ein Stück trockenes Brötchen ab und reichte dieses an die Eule. Das Tier hatte sich einfach auf ihre Stuhllehne gesetzt, als auch sie sich wieder gesetzt hatte. Lily betrachtete das Schriftstück in ihren Händen.

Konnte dass DER Brief sein? Der Brief aus Hogwarts? Was war, wenn er zwar von da war, aber sie eine Absage erhielt? Einfach weil sie zu schlecht war? Sie wollte so gerne weiter Zeit mit Sev verbringen und wenn sie beide nach Hogwarts gingen, war dies möglich.

“...ly, nun öffne ihn schon. Wir sterben hier sonst gleich vor Aufregung”, drang die Stimme ihres Vaters zu ihr.

Als würde sie aus einer Trance erwachen, hob sie den Kopf und sah ihre Eltern an die sich an der Hand hielten und Daumen drückten.

Trocken schluckte sie und brach das rote Siegel, mit dem “H” und entrollte die Schriftrolle.

Immer hektischer atmete sie, immer kräftiger leuchteten ihre grünen Augen, je mehr Zeilen sie las.

“Ich bin angenommeeeeeeeen! YEAH!”, rief sie aus, sprang auf und sprang jauchzend um den Esstisch herum. Nach der dritten Runde wurde sie von ihrer Mutter eingefangen und in eine Umarmung gezogen. “Wir freuen uns so für dich. Wir sind unglaublich stolz auf dich”, wisperte ihre Mutter, während die Freudentränen flossen.

Lily löste sich aus der Umarmung und schaute ihrer Mutter ins Gesicht.

“Mum, darf ich los und Sev davon erzählen?”, bat sie aufgeregt.

“Aber klar”, kam es gleichzeitig von ihren Eltern.

“Danke. Ich hab euch lieb!”, und damit verschwand sie, ließ nur ihre Familie, eine Eule auf der Stuhllehne und das Geräusch einer zuknallenden Haustür zurück.

Nun war sie glücklich. Sie würde im September nach Hogwarts gehen. Zusammen mit Severus. Nun konnte sie nichts mehr von ihrem besten Freund trennen!

 

Dies war ihr Anfang, eines Lebens außerhalb ihrer geliebten Familie.

 

 

März 1976

Severus Snape hatte schlechte Laune. Im Moment war doch einfach alles zum Mäuse melken! Nicht nur, dass er in den letzten Nächten kaum geschlafen hatte, nein. Gerade hatte er sich auch noch mit einem vollkommen inkompetenten Zaubertranklehrer, Professor Slughorn, herum ärgern dürfen. Wieso verstand dieser Dummkopf denn einfach nicht, dass der Trank den sie gerade brauten, LINKS herum gerührt mehr Potenzial entfaltete als RECHTS herum! Nur weil es nicht in den Büchern stand? Hatte die Brunnenkresse auch nicht gestanden, und doch hatte er sie aus einem Gefühl raus in seinen Trank gegen Erkältung getan. Das Ergebnis sprach für sich: Die “Testpatienten” hatten weniger Gliederschmerzen. Zwar nur geringgradig, aber immerhin etwas.

Auf sein Gefühl oder Intuition zu hören, hatte er von einer gewissen Rothaarigen gelernt. Sie hatte ein unglaubliches Geschick im Bereich Zaubertränke. Im Gegensatz zu ihm, war ihr Lehrer jedoch hocherfreut wenn Lily mal wieder etwas zusammenmischte, das so NICHT im Lehrbuch stand. Selbst wenn sie dadurch Sachen kreierte, die das Labor in die Luft zu jagen drohten. Warum durfte die Gryffindor eigentlich fröhlich machen was sie wollte und er als Slytherin hingegen wurde ermahnt, wenn er etwas Gutes tun wollte?

 

Die grünäugige Gryffindor war ein weiterer Grund seiner Schlaflosigkeit.

Dauernd spukte sie in seinen Träumen herum. Immer anders verließ sie ihn. Wann war es nur so weit gekommen?

Er hatte nun eine Freistunde und beschloss sie an der milden Frühlingsluft zu verbringen.

 

Am See angekommen, ließ er sich ins saftig grüne, zarte Gras sinken. Die Baumkrone eines großen Baumes hinderte die Sonne daran, ihn zu blenden. Insgeheim mochte er dieses Spiel aus Licht und Schatten.

Licht und Schatten, Lily und er … wann hatte es begonnen, dass sie sich voneinander entfernten? Wahrscheinlich, als sie in getrennte Häuser eingeteilt wurden.

Erneut verfluchte er diesen verdammten, modrigen Stofffetzen, der sich “Sprechender Hut” schimpfte.

 

Er gab sich seinen Erinnerungen hin.

In den nächsten Ferien, die sie beide damals zu Hause verbracht hatten, hatte Lily gemeint, er hätte sich verändert. Severus hatte in seiner heißen Schokolade herum gerührt und gefragt wie sie darauf kommen würde. “Nur ein Gefühl”, hatte sie mit nachdenklichem Blick gemeint und er ihr Gefühl darauf geschoben, dass sie nun mal in verschiedenen Häusern waren und kaum noch Zeit miteinander verbrachten im Schloss.

Schnell war beschlossen, dass sie dies unbedingt ändern mussten.

 

Die ersten beiden Schuljahre hatte sie beinahe jede freie Minute genutzt um miteinander Zeit zu verbringen.

Wie viele Stunden sie in der Bibliothek saßen und Lily ihn mit stechenden grünen Augen ermahnte, sich auf die Hausaufgaben zu konzentrieren, wusste er nicht mehr.

Des Öfteren hatte er einfach nur auf seiner Feder herum gekaut und unkonzentriert beobachtet wie Lily auf ihrer Unterlippe kaute, wenn sie über etwas nachdachte.

Wie oft er ihr diese aus den Zähnen gezogen hatte und sie mit Blicken getadelt hatte, wusste er nicht mehr.

Wie oft sie heißblütig diskutiert hatten, weil sie beide keinen Meter von ihrer Meinung abweichen wollten, wusste er nicht mehr. Meist waren es Diskussionen über hell und dunkel, weiß und schwarz, gut und böse. Sie war schon damals jemand, der in Severus Augen eindeutig gut war, während er … er sah sich selbst im Graubereich. Sein Leben hatte ihm von Anfang einiges gelehrt: Es war nicht alles Gold, was glänzte und ein schönes Aussehen, konnte über einen gammeligen Kern hinwegtäuschen. Anders herum allerdings genau so.

Nichts war, wie es schien. Manchmal musste man einfach härtere Seiten aufziehen um zu bekommen was man wollte und der Zweck heiligte, ab und an, die Mittel.

 

Schmunzelnd erinnerte sich Severus an einen weiteren Moment aus dem zweiten Schuljahr.

Damals hatte die Gruppe um den von ihm gehassten Gryffindor James Potter, erneut gegen ihn gewettert. Hatten ihn “Schniefelus” genannt und abfällige Sprüche fallen lassen, während sie ihn zwischen sich hin und her schubsten. Oh ja, damals war er schwach und ängstlich. Vollkommen überfordert hatte er nur schwach Gegenwehr gezeigt. Niemand half ihm, er war nur eine einsame Schlange, die gegen ein Rudel Löwen kämpfte. Keine weitere Schlange war in dem Moment in diesem Teil des Schlosses und andere Mitschüler hielten sich fein aus den Streitigkeiten raus. Keiner wollte sich den Zorn der “Rumtreiber” zuziehen und ebenfalls auf ihrer Abschussliste stehen! Snape wusste das ganz genau und bis zu einem bestimmten Punkt, konnte er es sogar nachvollziehen.

Plötzlich schallte ein sehr wütendes “POTTER!”, durch den Flur. Angst durchflutete Severus. Was tat seine Lily hier nur? Und wenn er ehrlich war, hatte er nicht nur Angst UM sie, sondern auch ein klein wenig VOR ihr. Mit wehenden Haaren, funkelnden Augen und festem Schritt kam Lily auf die Gruppe zu. “Hier nimm mal.”, damit schob James Potter ihn zu seinem besten Freund Sirius Black. Dieser fixierte ihn von hinten an den Ellenbogen und flüsterte ihm ins Ohr. “Ich glaube, das wird lustig.”

Snapes Blick wechselte dauernd von der wütenden Lily, zum überheblich grinsenden Potter. Mit verschränkten Armen stand er im Halbkreis seiner Freunde und wartete anscheinend darauf, dass Lily zu ihm kommen würde.

“Püppchen, was kann ich für dich tun”, fragte er süffisant lächelnd.

“Du, James Potter, kannst mal ganz artig aufhören zu atmen. Dann muss ich nicht die selbe Luft wie du atmen”, hatte Lily damals trocken zurück gegeben.

Das kichern in seinem Rücken und das verdutzte Gesicht in Potters Gesicht, hatten ihm verraten dass dieser wohl solche Reaktionen nicht gewohnt war.

“Du Potter, bist für mich nur eine armselige Gestalt, die andere ärgert und auf ihre Kosten ‘Spaß’ hat”, sie spukte das Wort Spaß beinahe aus und machte Gänsefüßchen in der Luft.

“Wie erbärmlich. Wir sollten hier alle zusammenhalten, stattdessen führt ihr euch hier wie die Obermacker auf. Ich rate dir eins …”, damit trat sie auf den sprachlos gewordenen Potter zu und tippte ihm auf die Brust. “... lerne dich zu benehmen. Sollte ich dich noch einmal bei so einem Scheiß erwischen … tja dann würde ich alle Speisen vorkosten lassen.”

Anschließend hatte sie Sirius befohlen ihn los zu lassen, der mit einem “Ei Ei, Mam”, befolgt hatte was sie sagte und lachend zu Boden gesunken war, als Lily seine Hand geschnappt hatte und ihn schnaubend und fluchend von der Gruppe weggezogen hatte.

 

Ja, danach hatte er eine ganze Zeit Ruhe vor der Gruppe. Auf jeden fall in Lilys Augen. Denn diese waren einfach nur vorsichtiger geworden. Dies war auch die Zeit, in dem er immer mehr Kontakt mit seiner “Mitschlange” - Lucius Malfoy - hatte. Dieser war zwei Stufen über ihm und strahlte einfach so eine Coolness aus. Er erzählte Severus Dinge von Reinblütern, Muggeln und seiner Ansicht im Punkt “Vermischung der Welten”. Severus hatte begonnen die Anwesenheit des älteren Slytherin zu genießen. Mit diesem konnte er in Ruhe seine Ansichten von Gut und Böse bereden. Im Gegensatz zu Lily, appellierte der Slytherin nicht dauernd an sein Gewissen. Ermutigte ihn eher, eigene Erfahrungen zu machen und stärker zu werden. Einzig Lily selbst, war ein Streitpunkt der beiden. Auch hatte ihm Lucius viele tolle Sachen gezeigt. Sachen, die er durch dunkle Magie vollbringen konnte.

 

Severus zupfte gedankenverloren ein Gänseblümchen aus und begann die Blütenblätter einzeln auszuziehen. Warum hatten sich Lily und er nur so unterschiedlich entwickelt?

Eine Frage die ihn einfach nicht losließ. Wie sollte er sie denn so beschützen … wie sollte er an ihrer Seite sein, wenn es ihm doch immer öfter so vorkam, als würden sie auf entgegengesetzten Seiten stehen. Warum konnte sie denn nicht verstehen? Warum sah sie denn nicht ein, dass auch sie nicht nur gut war? Warum konnten seine Slytherin Freunde nicht erkennen, dass Lily nicht so war, wie sie diese sahen?

 

“Hey, Schniefelus!”, holte ihn der laute Ausruf James Potters aus seinen Gedanken.

“Was ölst du denn hier rum”, sagte er, woraufhin sein ewiger Schatten Sirius Black in haltloses Gegacker ausbrach, Remus Lupin die Augen verdrehte und Peter Pettigrew schüchtern kicherte.

Diese vermaledeiten Gryffindors! Diese, beziehungsweise dieser verfluchte Potter, waren doch mit Schuld am schlechten Verhältnis zu seiner Lily. Dauernd strich er wie ein rolliger Kater um die Grünäugige rum. Überging ihre Abweisungen, um es kurz darauf erneut zu probieren. Posierend, prahlerisch und laut! Der sollte gefälligst seine Pfoten von ihr lassen. Er selbst kannte Lily seit der Kindheit, er liebte sie schon viel zu lange um sie in die Hände von diesem aufgeblasenen Idioten zu geben!

Immer, wenn Severus Lily darauf ansprach um sie zu warnen, nahm sie ihn nicht ernst und wischte das Thema mit einer Handbewegung vom Tisch.

 

Mit finsterem Blick, stand Severus geschmeidig auf und fixierte den Potterbengel. Es wurde Zeit, dass er ‘Arsch in der Hose’ bewies. Dies hatte er sich schon des Öfteren von Lucius anhören dürfen. Nun würde der Löwe sehen was passierte, wenn man eine Schlange zu lange reizte. Alles weitere geschah so schnell und parallel, dass Severus nicht wusste was zuerst kam. Er hörte noch die Aussage des Potter Sprösslings, dass seine Speichellecker sich raus halten sollten, und schon im nächsten Moment schossen die beiden sich Flüche um die Ohren. Untermalt von den Anfeuerungsrufen des Black. Unbeabsichtigt stachelte er damit Severus Motivation an. Er würde diesem Haufen zeigen, dass er nicht zu unterschätzen war und er sich nicht hinter Lily versteckte.

Nur wenige Augenblicke später war aus dem Nichts eine durchsichtige Wand zwischen ihm und seinem Feind erschienen und Lily hatte sie beide angebrüllt, warum sie sich dauernd wie Kinder verhielten. Feuerte einen Lähmfluch auf die Gryffindors ab, der sie innehalten ließ und brüllte Potter nieder, dass Severus es nicht gewundert hatte, wenn dieser auf Hutgröße zusammengeschrumpft wäre. Im nächsten Moment hatte sie vor ihm selber gestanden und ihn mit enttäuschtem Blick angesehen. Ihn hatte sie mit leiserer aber nicht weniger missmutiger Stimme zurechtgestutzt und dann riss ihm die Hutschnur.

“Du bist doch auch nur ein dreckiges Schlammblut!”, rief er aus, schnappte sich seine Sachen und verschwand.

Begleitet vom wütenden Geschrei der Gelähmten und bei einem kurzen Blick über die Schulter, stumm weinenden Lily. Die Lippen formten tonlos das Wort “Warum”, doch er rannte weiter.

Flüchtete vor den Worten, die er schon beim Aussprechen bereute. Die sein eigenes Herz angriffen und doch wusste er, er konnte nicht zurück zu Lily gehen. Er konnte sie nicht in den Arm nehmen und sagen, dass er es nicht so gemeint hatte.

Dies waren Worte, die etwas in ihr zerstört hatten, das hatte er in ihren Augen gesehen.

Dies waren Worte, die nicht zu entschuldigen waren.

Letztendlich war es ein Wort, das den Anfang vom Ende der tiefen Freundschaft von Snape und Evans besiegelte.

Ein unbedachtes Wort, das der Anfang vom Rest seines Lebens ohne Lily, einläutete.
 

 

Dezember 1981

Es war ein kalter Morgen, als die junge Petunia Dursley durch die Wohnung in Richtung Bad schlurfte. Sie war müde. Ihr eineinhalbjähriger Sohn Dudley hatte sie mal wieder kaum schlafen lassen. Dieses Mal waren es gemeine Blähungen und Bauchschmerzen gewesen, die ihn wie am Spieß schreien gelassen hatten.

Tiefe Augenringe zierten ihr Gesicht und wenn sie die Nachbarn in diesem Zustand sehen würden, würden sie wohl an ihren Qualitäten als Mutter und Hausfrau.

Dabei waren diese herausragend! Mit erhobenem Kopf stellte sie sich vor den Spiegel, ehe sie sich die Zähne putze. Ja, sie sah etwas blass um die Nase herum aus, aber sie hatte schon fast wieder ihre schlanke Figur, von vor der Geburt zurück.

 

Nach dem sie hergerichtet war für den Tag, ging sie auf leisen Sohlen in Dudleys Zimmer. Der Anblick des friedlich schlummernden Kleinkindes, entschuldigte sofort für alle Unannehmlichkeiten.

Ihr Dudy-Spatz war ein properes und einnehmendes Wesen. Sie war sich sicher, er würde zu einem stattlichen, angesehenen, selbstbewussten Mann heranwachsen.

Er würde einen Bürojob annehmen, vielleicht in der Firma seines Vaters, und eine hübsche, liebliche Freundin finden, heiraten und Kinder zeugen.

So wie es sein sollte. Normal und geregelt.

 

Lächelnd zog sie die hellblaue Decke wieder bis an Dudleys Schultern hoch. Es wurde Zeit, dass sie ihrem Mann das Frühstück vorbereitete. Behutsam ging sie die Holztreppe herunter, um als erstes die Zeitung hereinzuholen.

Mit einem leisen Klicken schloss sie die Haustür auf und fröstelte, als ihr beim öffnen die kalte Luft entgegen schlug. Den Blick auf die graue Masse am Himmel geheftet, trat sie vor die Tür. Es würde heute bestimmt noch ordentlich Schnee geben.

Unerwartet stieß ihr Fuß gegen ein Hindernis. Als sie nach unten blickte, entdeckte sie einen kleinen Weidenkorb, der mit einer dicken weißen Decke ausgefüllt war. Auf der Decke lag ein weißer Briefumschlag.

Schnell blickte sie sich um, doch es war niemand zu sehen. Weder jemand, der diesen Korb dahin gestellt hatte, noch einer ihrer neugierigen Nachbarn. Schnell hob sie den, erstaunlich leichten, Korb hoch und trat ins Haus zurück.

Schnell ging sie in die Küche, stellte den Korb ab und öffnete den Brief.

“Nein …”, hauchte sie. “Das darf nicht wahr sein!” Mit großen Augen überflog sie die Zeilen erneut, als ein leises Wimmern aus dem Korb drang.

Mit spitzen Fingern hob sie die Decke ein kleines Stück an. Sofort erblickte sie den kleinen schwarzhaarigen Jungen mit einer blitzförmigen Narbe auf der Stirn. Der Junge war in Dudleys Alter und der Moment als der Winzling seine Augen öffnete, war der Moment, als Petunia panisch nach ihrem Mann brüllte.

Diese klaren, grünen Augen.

Grüne Augen, die ihr sofort sagte, dass der Verfasser des Briefes nicht gelogen hatte.

Grüne Augen und schwarze Haare, die ihr bestätigten, dass vor ihr Harry James Potter lag.

Dass ihre Schwester tot war und sie nun auf Lilys Sohn und damit ihren Neffen, achten sollte.

 

Dies war der Anfang vom Ende, des normalen Leben der Dursleys.

Dies war der Anfang von Harrys Leben in der Familie Dursley.
 

 

Juni 1991

Mühsam versuchte ein schmächtiger schwarzhaariger Junge, aus den Fängen seines Traumes zu entkommen. Es war ein faszinierender wie auch irritierender Traum gewesen. Irgendwas mit einem Motorrad das fliegen konnte, grünem Licht und bunten Flüssigkeiten.

Er musste niesen, als eine Spinne über seine Nase krabbelte.

Wie oft war er schon so geweckt worden? Er wusste es nicht, doch so nervig die kleinen Krabbeltiere auch waren, war dieses Prozedere doch auch schon so etwas wie ein lieb gewonnenes Ritual. Er hatte sogar angefangen, “seinen” Spinnen Namen zu geben, nach dem er aufgehört hatte sie nach draußen zu setzen. Sie kamen doch eh wieder.

Zurück zu ihm, in den Schrank unter der Treppe. Müde tastete er nach seiner Brille, konnte er ohne sie doch kaum etwas sehen; selbst wenn mehr als schwaches Dämmerlicht in seinem “Zimmer” herrschen würde.

Kurz genoss er den Moment der Ruhe, als auch schon ein kräftiges Klopfen an der Tür, sowie Tante Petunias schrille Stimme erklang.

“Aufstehen, aber dalli!”

“Ja”, gab er bloss zurück, fischte nach dem Band der nackten Glühbirne über sich, und als er daran zog, wurde sein kleiner Raum von gelb-weißem Licht erleuchtet.

“Aufstehen! Nun mach schon”, fauchte seine Tante und hieb erneut gegen die Holztür.

Irgendwann würde sie diese durchschlagen, das war schon einige Zeit seine Befürchtung.

“Beeil dich, du musst das Essen für Dudley machen! Wehe es ist an seinem Ehrentag verbrannt!”, hörte er sie noch ermahnend, als ihre Schritte sich entfernten.

 

Schnell schlüpfte er in seine Kleidung.

Als er seine Socken anzog, schaute ihm sein großer Zeh entgegen. Wieder einmal hatten die alten Socken von Dudley, die er großzügigerweise bekam, ein Loch. Hieß er musste sich wohl heute Abend dran machen dieses zu stopfen.

Heute war Dudleys Geburtstag und wenn er besonders viel Glück hatte, bekam Dudley wieder von irgendwem Socken geschenkt. Dann würde er wieder ein “neues”, altes Paar bekommen und er musste sich heute Abend nicht hinsetzen und die Finger wund stechen.

 

Als er nach einen kurzen Katzenwäsche in die Küche trat, war seine Tante gerade dabei, die zahlreichen Päcken akkurat aufzustapeln. Warum sie dass überhaupt tat, verstand Harry nicht. Dudley würde eh wie ein Orkan über die Pakete herfallen und nichts außer Papier Schnitzel überlassen, ging es ihm durch den Kopf als er Eier, Milch, Speck, Butter und Aufschnitt aus dem Kühlschrank nahm. Schnell zog er zwei Pfannen aus dem Schrank und stellte sie mit etwas Butter auf die Herdplatten. Während die Pfannen warm wurden, bereitete er eine große Portion Rührei vor, die er schließlich in eine der Pfannen kippte. Während die Masse anfing zu stocken, legte er einige Scheiben Weißbrot in den dafür vorgesehenen Korb und trug ihn mit der Butter und der großen Auswahl an Aufschnitt zum Esstisch. Genau im richtigen Moment, trat er zurück an den Herd und begann die Eiermasse in der Pfanne hin und her zu schieben. Als er den Speck in die Pfanne warf und das betörende Aroma in seine Nase drang, knurrte sein Magen so laut, dass seine Tante ihm einen strengen Blick zu warf.

“Wag es dich ja nicht, von unserem Essen zu klauen!”, donnerte plötzlich die Stimme von Onkel Vernon vom Essbereich herüber.

“Nein, Sir.”, sagte er und schluckte das Gefühl der aufsteigenden Magensäure herunter.

 

Wann hatte er das letzte Mal etwas warmes gegessen? Ach ja, dass war, als ihm die Erbsensuppe angebrannt war. Es war zwar schwer gewesen, die Suppe zu essen, einfach weil er kaum Gefühl im Gesicht gehabt hatte, aber dennoch war sie lecker. Seit dem passte er wieder besser auf, dass ihm das Essen nicht anbrannte.

Die Suppe war lecker, doch sie hatte ihn nicht die ganzen zwei Tage, die er anschließend im Schrank eingesperrt gewesen war, bei Kräften gehalten. Auch weil sein Körper von den Schlägen mit dem Gürtel, einfach zu weh getan hatte.

Kopf schüttelnd, um die finsteren Erinnerungen zu verbannen, drapierte er den durchgebratenen Speck auf einem Teller. Gerade als er den letzten Streifen drauf packte, betrat sein Cousin den Raum. Sofort beglückwünschten seine Eltern ihn überschwänglich.

“Elf Jahre alt ist mein kleiner Spatz nun schon”, gab seine Tante mit tränenerdrückter Stimme von sich.

“Bald ist er ein ganzer Mann!”, meinte sein Onkel und schlug dem Sohn auf die Schulter.

Harry schleppte die schwere Pfanne zum Esstisch und beeilte sich den Speckteller danebenzustellen.

Vorsorglich hatte er auch schon Cola für Dudley, Kaffee für Onkel Vernon und Orangensaft für Tante Petunia vorbereitet, die er nun ebenfalls auf den Tisch stellte.

“Kämm dir gefälligst die Haare”, blökte sein Onkel, bevor er an seinem Kaffee nippte und Dudley beobachtete, der immer noch gebannt auf seine Geschenke starrte.

“Sechsunddreißig”, kam es in diesem Moment vom Geburtstagskind und Harry begriff, schnappte sich zwei Scheiben trockenes Weißbrot aus der Tüte und verschwand aus dem großen Raum. Schnell huschte er in seine Kammer und verriegelte die Tür von innen.

Nur Sekunden später, hörte er lautes, wütendes Geschrei aus dem Esszimmer. Dudley regte sich fürchterlich darüber auf, dass es zwei Geschenke weniger waren als im Jahr zuvor. Da brachte auch die Aussage Petunias, dass er eins übersehen hatte, keineswegs etwas.

Weniger als im Jahr zuvor, blieb weniger.

Bei dieser Aussage, musste Harry kichern. Das war ja schon beinahe eine wirklich kluge Aussage seines Cousins.

 

Etwa eine halbe Stunde später traute er sich wieder aus dem Schrank heraus. Das Geschrei war verebbt und die Dursleys dürften fertig sein mit Essen. So war es auch. Dudley beschäftigte sich mit seinem neuen ferngesteuerten Hubschrauber, der gegen seinen Kopf geflogen wäre, wenn er sich nicht noch schnell gebückt hätte.

“Räum auf!”, forderte ihn sein Onkel mit tiefer Stimme auf und eilig begann er das Besteck und Geschirr in die Küche zu tragen und in die Geschirrspülmaschine einzuräumen.

 

“Wann geht der Junge zu der alten Figg rüber?”, wandte sich sein Onkel in diesem Moment an seine Tante. Harry blickte zu seiner Tante. Er wollte nicht zu der alten Dame. So nett sie auch war, so gruselig war sie auch. Dauernd erzählte sie ihm Geschichten über ihre Katzen. Lebende wie tote. “Um …”, setzte seine Tante an, doch das Klingeln des Telefons unterbrach sie. Eilig stand sie auf und ging in den Flur um den Anruf entgegen zu nehmen.

Nach wenigen Minuten kam sie mit blassem Gesicht zurück in den Raum. Langsam ließ sie sich auf dem Sofa nieder und strich abwesend über eines der sorgfältig drapierten Sofakissen.

“Schlechte Neuigkeiten, Vernon. Die alte Mrs. Figg hat sich ein Bein gebrochen und kann den Jungen nicht nehmen.”

“Und nun? Sollen wir Marge anrufen?”

Trocken lachte seine Tante bei diesem Vorschlag auf und auch er konnte nur innerlich aufseufzen bei diesem Vorschlag.

“Sei nicht albern, Vernon, sie hasst den Jungen.”, sprach Petunia seine Gedanken aus. War dass seinem Onkel in all den Jahren etwa nie aufgefallen oder war er einfach wirklich nur dümmer als Harry dachte.

“Und nun?”

“Ich kann auch alleine hier bleiben”, schlug Harry hoffnungsvoll vor.

Wie schön diese Momente doch waren, wenn alle Dursleys ausgeflogen waren. Voller Ruhe und Harmonie.

“Waaaaas?!”, schrie sein Onkel und damit begann eine Diskussion, wo er, der Freak, unterkommen sollte, während die Familie mit Dudley und seinem besten Freund in den Zoo ging.

 

Das Geräusch der Türklingel unterbrach das gerade eingesetzte Gejammer von Dudley.

“Ruhe jetzt. Junge du kommst mit. Zieh dir was ordentliches an und kämm dir die Haare.” Damit schubste sein Onkel ihn in den Flur. Vernon selbst, ging zur Haustür um den jungen Piers hineinzulassen.

Harry konnte sein Glück kaum fassen. Er würde zum aller ersten Mal in den Zoo fahren. Er war fürchterlich aufgeregt und gespannt.

Bitte lass nichts besonderes passieren, betete er immer wieder gedanklich.

 

Schließlich war die Gruppe im Zoo angekommen. Nach dem sie Nilpferde, Vögel, Raubkatzen und auch Ziegen gesehen hatten, wanderte die kleine Gruppe ins Reptilienhaus.

Dudley verlangte es danach, aus der Sonne zu kommen.

Harry schlenderte gemütlich hinter der Gruppe her. Ihm war es vollkommen egal was sie anguckten, alles war besser als die Wände seines Zimmers.

Fasziniert schaute er sich eine riesige Schildkröte an. Er hätte nicht gedacht, dass diese Tiere so groß werden konnten. Fasziniert beobachtete er, wie die Schildkröte gemächlich an einem Salatblatt herumkaute, als Dudleys aufgeregte Stimme an sein Ohr drang.

“Guck mal Piers, wie groß die Schlange ist!”

Sofort begann er an die Scheibe zu klopfen.

“Hey, beweg dich!”

Harry beobachtete die Jungs, als nun auch Piers gegen die Scheibe klopfte. Neugierig trat er näher und entdeckte eine wirklich große Schlange, die eingerollt auf einem Felsen lag.

“Dad, mach dass sie sich bewegt!”, forderte Dudley im Befehlston von seinem Vater. Ratlos klopfte auch Vernon gegen das Glas, doch die Schlange tat einen Teufel, sich auch nur einen Millimeter zu rühren.

Harry gönnte es Dudley so richtig. Er fand es einfach gemein, dass sie so einen Krach veranstalteten. Auch die Schlange hatte ein Recht auf Ruhe. Sie hatte es sich nicht ausgesucht, hier zu sein und dauernd begafft zu werden. Mitgefühl durchströmte ihn.

Als die drei Männer enttäuscht davon gingen, wobei sich Dudley und Piers auf das Terrarium der Schlange gegenüber stürzten, weil diese eine Maus verspeiste, trat er an die Behausung der großen Schlange heran.

 

Schwermütig stützte er sich mit den Unterarmen auf die Lehne einer Bank, die vor dem Terrarium stand.

“Du hast es auch nicht leicht”, sagte er leise, als er die Schlange betrachtete.

“Dauernd nervt dich irgendwer und will dass du irgendwas machst.”

Er wusste in diesem Moment nicht so recht ob er auf das Leben der Schlange oder sein eigenes anspielte.

Die Schlange öffnete ihre Augen und blickte ihn direkt an. Kurz kam es ihm so vor, als hätte sie ihm zugezwinkert. Irritiert trat er dicht vor die Scheibe, als die Schlange ihren breiten Kopf hob. Aus einem Reflex raus, zwinkerte er zurück.

Wer mag es schon eingesperrt zu sein? Hörte Harry plötzlich eine Stimme fragen. Irritiert blickte er sich um. Doch niemand stand nah genug bei ihm.

“Niemand …”, antwortete er trotzdem. Er wurde wohl langsam wirklich verrückt. Ganz so wie seine Verwandten ihm immer vorwarfen. Harry senkte seinen Kopf.

Du sagst es. Kleiner, warum bist du so traurig. Ich kann es sogar durch die Scheibe riechen.

Hektisch hob Harry den Blick und fixierte die züngelnde Schlange.

“Redest du mit mir?”, fragte er verwirrt, worauf die Schlange nickte.

Du bist der erste der mich versteht, wenn ich mit ihm rede. Ich lebe mein ganzes Leben hier. Erzählte die Schlange und tippte mit ihrer Schwanzspitze in Richtung einer Hinweistafel.

“.... geboren im Zoo.”, las Harry und schaute die Schlange erneut an.

“Du kennst es genau so wenig wie ich, in Freiheit zu leben …”, sagte er matt und die Schlange schien einen finsteren Ausdruck zu bekommen.

Wie meinst du das?

Doch Harry kam nicht dazu, sich zu erklären.

 

“DUDLEY! MR. DURSLEY! KOMMT UND SEHT EUCH DIE SCHLANGE AN. Sie ist WACH!”

Im nächsten Moment kam Dudley angewatschelt und stieß Harry rüde zur Seite. Fasziniert legten er und Piers die Hände aufs Glas. Beobachteten, wie die Schlange sich immer weiter aufrichtete, wütend in ihre Richtung züngelte und ihre spitzen Zähne zeigte.

Harry saß auf dem kalten Betonboden und rieb sich über sein Steißbein. Er war genau darauf gefallen. Dabei war es doch immer noch angeschlagen von Onkel Vernons letzten Wutausbruch.

Dieser verdammte Dudley!

Wie er ihn doch in diesem Moment hasste! Der Kerl hatte doch keine Ahnung wie es war, eingesperrt zu sein. Dauernd wie etwas gefährliches, abstruses, abnormales, behandelt zu werden. Sein fetter Cousin sollte einmal selber spüren, wie es war.

Kaum hatte er diesen Gedanken formuliert, geschah etwa das niemand erwartet hatte.

Das Glas des Terrariums verschwand, die Jungs kippten in dieses und die große Schlange zischte wütend, bevor sie eilig aus ihrem Gefängnis glitt.

Direkt auf Harry schlängelte sie zu, doch im Gegensatz zu den schreienden Mitmenschen, verspürte er kein bisschen Angst.

Danke ssseeeehr, kleiner Masssster.

“Äh … gern geschehen”, gab er perplex zurück. Was war hier nur geschehen.

Brasssilen, ich komme. Vielleicht sssieht man sssich einmal wieder, Kleiner.

Kurz schmiegte die Schlange ihren Kopf gegen sein Gesicht und schlängelte dann in Richtung Ausgang.

Egal was passiert war, eins war sicher: DAS würde mächtigen Ärger geben.

Gepeinigt kniff er seine grünen Augen, während die Dudleys außerhalb des Terrariums um Hilfe brüllten und Dudleys und Piers von innen wie besessen gegen die Scheibe klopften.

 

Das war der Anfang, in der Harry akzeptierte, dass er ein Freak war.

Das war der Anfang, dass er begriff, dass er nicht normal war.

Das war der Anfang einer neuen Zeit. Einer neuen Zeit, voll von Strafen für seine unfreiwillige Tat.
 


 

 

Sanara

Juli 1991 Kapitel 1: Sanara

 

Little Whinging, Ligusterweg 4.

Ein leises Piepen drang aus dem Schrank unter der Treppe. Ein genauso leises Stöhnen kam als Reaktion, ebenso wie das Geräusch von umfallenden Spielzeugsoldaten.

Tastend versuchte Harry in der Dunkelheit seine Brille zu finden. Doch wie so oft, schien sie wie vom Erdboden verschwunden. Er war sich vollkommen sicher, dass er sie rechts neben seiner Matratze abgelegt hatte. Im müden Kopf kam ihm die Idee ob seine Spinnenfreunde diese wohl weggetragen hatten oder es Geister in diesem Haus gab.

Wundern würde ihn dass mit den Geistern nicht wirklich. Ruhelose Geister der Menschen, die aufgrund seines Onkels keinen Sinn mehr im Leben gesehen hatten. Er konnte sich das wirklich gut vorstellen, dass es da eine ganze Liste gab.

Mühsam versuchte er sich aufzurichten. So mussten sich Rentner fühlen, ging es ihm bitter durch den Kopf, als sämtliche Knochen knackten und knarzten. Mehr durch Zufall, fand er bei den Verrenkungen seine Brille und setzte sie auf. Punkt eins seiner Liste war damit auch geschafft. Doch nun musste er sich wenigstens hinhocken, um an das Band der Glühbirne zu kommen. Sonst würde das Anziehen nicht nur unglaublich lange dauern, sondern wäre einfach tierisch umständlich; vom Ergebnis, beziehungsweise Erfolg, gar nicht erst zu reden.

Über zwei Wochen waren seit der Geschichte im Zoo vergangen. Als er sich für den Tag herrichtete, erinnerte er sich zurück.
 

 

Während seine Tante, Piers und ihren Dudy-Spatz zu beruhigen versuchte, wobei diese eher überdreht als ängstlich waren, hatte sein Onkel ihn immer wieder finster angeschaut. Das pulsieren der Ader an der Stirn, hatte Harry jedoch verraten dass dieser kurz vor dem Ausbruch stand.Doch auch im Auto war dieser nicht erfolgt, trotz dessen dass Piers lautstark bekannt gab, das er gesehen hatte wie Harry mit der Schlange gesprochen hatte. Anstatt dieses zu verneinen, hatte er sich plötzlich an seinen Traum erinnert und von fliegenden Motorrädern gesprochen. Da war sein Onkel das erste mal bösartig und unkontrolliert laut geworden. “ES GIBT KEINE FLIEGENDE MOTORRÄDER! Du gottverdammter Freak!”

Daraufhin war Harry immer kleiner geworden. Mühsam versuchte er eins mit dem Sitz zu werden.

 

Als Piers schließlich zu Hause abgeliefert und die Dursleys im Ligusterweg 4 angekommen waren, hatte sein Onkel ihn lediglich am Kragen gepackt, zu seinem Schrank geschleift, hineingeworfen und mit dem Kommentar: “Hier kannst du erst mal eine ganze Zeit über deine Fehler nachdenken”, die Tür von außen verriegelt.

Zu diesem Zeitpunkt war Harry froh gewesen, dass er im Zoo die Reste von Dudley und Piers aufessen durfte. Wer wusste schon, wie lange er hier wieder OHNE Essen hocken musste. Zu diesem Zeitpunkt wurde Harry regelrecht panisch bei dem Gedanken an den Moment, wenn diese Schranktür sich wieder öffnen würde. Was hatte sein Onkel sich dann nur wieder einfallen lassen? Wäre diesem der Gürtel genug als Strafe? Verdammt, wie hasste sehr Harry doch diese Ungewissheit. Er hasste es auch geprügelt zu werden, doch noch mehr verabscheute er es, wenn dieses hinausgezögert wurde. Schnell und schmerzhaft war besser als langsam und langanhalten quälend!

 

Erstaunlicherweise war die Tür schon am nächsten Morgen aufgemacht worden und seine Tante im Rahmen erschienen. Kommentarlos hatte sie ihm einen Teller mit zwei Scheiben Weißbrot, bestrichen mit einem Hauch Butter, sowie ein undefinierbares Häufchen was anscheinend einen Backversuch von ihr darstellte, in den Schrank gereicht. Mit großen Augen und ebenso schweigend hatte er den Teller entgegengenommen. Schüchtern hatte er gelächelt und hätte beinahe den Teller fallen gelassen, als er einen Moment glaubte, ein Lächeln über das Gesicht seiner Tante huschen gesehen zu haben.

“Piers hatte es verdient! So ein unerzogener Junge …” Damit hatte sie die Tür wieder verschlossen und Harry konnte ein irres Kichern nicht verhindern. Seine Tante war schon ein Unikat! Glaubte die tatsächlich noch, dass PIERS der SCHLECHTE Einfluss in der Freundschaft mit Dudley war?! Glaubte sie tatsächlich an das Gute in ihrem Sohn? Naja, sollte ihm recht sein. Schulterzuckend machte er sich über das wenige Essen her. Wenig war immer noch besser, als gar nichts.

 

Am Ende der ersten Woche, die er dank seiner überraschend netten Tante recht gut überstanden hatte, war die Schranktür erneut aufgegangen. Irritiert guckte Harry auf seinen alten Wecker. Es war doch gar nicht wieder Badzeit, was wollten sie denn jetzt schon wieder?

Als das runde Gesicht seines Onkel erschienen war, war er panisch ins hinterste Eck seines Zimmers zurückgerutscht. JETZT gab es mächtig Ärger, schoss es ihm durch den Kopf und er kniff instinktiv die Augen zusammen. Doch als auch nach einiger Zeit weder Gürtel noch Fäuste oder Anderes auf ihn niederprasselten, hatte er sie wieder vorsichtig geöffnet und bemerkt, dass sein Onkel nicht mehr als eine offen stehende Tür zurückgelassen hatte.

“Nun beweg deinen faulen Hintern schon ins Wohnzimmer, Bengel!”, war der Befehl seines Onkels ertönt.

“Dalli!”, fügte seine Tante hinterher.

Ok, nun begann seine Strafe erst richtig, da war sich Harry sicher gewesen.

 

Als er schließlich nervös ins Wohnzimmer getreten war, saßen seine Verwandten nebeneinander auf der Couch. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, hatte sein Onkel angefangen zu reden.

“Es ist schönes Wetter draußen ...”, deutend hielt er die Hand in Richtung Fenster, “... nutz das schöne Wetter und mach dich im Garten nützlich. Die Blumen, Büsche und der Rasen müssen gepflegt werden. Sieh zu, dass sie den Sommer überstehen.”, hatte er schließlich noch, mit drohendem Unterton, hervor gebracht.

“Ja, Sir”, gab er bloß zurück und war umgehend nach draußen verschwunden. Kaum trat er auf die kleine Terrasse, war es ihm als würde er in einem Backofen stehen. Ein Blick auf das kleine Aluminium Außenthermometer reichte, um ihm den Schweiß über den Rücken hinab laufen zu lassen: 30 Grad! Und das im Schatten der Markise.

Die brennende Sonne und die damit einhergehende Hitze taten weder den Pflanzen, noch Harry gut. Mit gemeinen Verbrennungen war er schließlich, spät in der Nacht, zurück in seinen Schrank gekehrt.

Am nächsten Morgen hatte er zu seiner Verwunderung erneut zwei Scheiben Brot mit Butter, sowie eine kleine Flasche Wasser gefunden als die Tür aufgeschlossen wurde. Ebenso wie die Notiz: “Teil es dir gut ein!”, oder mit anderen Worte: Bis Morgen würde es nichts anderes geben.

Nach einer viertel Scheibe und einem kleinen Schluck Wasser, hatte er sich schnell ins Bad begeben um seine Zähne zu putzen und war ebenso fix in den Garten gehuscht.

Gegen Mittag war er ins Haus gegangen, hatte die angefangene Brotscheibe, sowie die Flasche geholt und sich in den Schatten eines großen Rhododendronstrauch gesetzt.

 

Hihi, das Zweibein hat mich noch nicht bemerkt. Verwundert blickte sich der schwarzhaarige Junge um, als plötzlich neben ihm eine kleine Karamellfarbende Schlange, mit an Bronze erinnernden Flecken, erschien. “Huh”, gab er erschrocken von sich und hob seine Hand an, als das Reptil sich daran entlang schlängelte.

Oh ein mutiges Zweibein. Mal schauen ob das klappt

Belustigt konnte Harry beobachten, wie die kleine Schlange sich vor seinen Füßen positionierte und in seine Richtung schnappte und zischte.

Magst du mir verraten, was du da tust?, wollte er neugierig von dem kleinen Reptil wissen.

Na das sieht man doch! Ich mache dir Ang… MOMENT! Du verstehst mich, Zweibein? Schnell wich das kleine Tier von ihm zurück.

Schmunzelnd hielt Harry der Schlange seine Hand hin. Ich heiße Harry und du?

Nach einem Moment des Schweigens, schlängelte sie sich wieder zu ihm heran; neigte den Kopf von links nach rechts und schien ihn ausführlich zu mustern.

Sanara. Mein Name Sanara. Du bist das Zweibein, dass das die Pflanzen pflegt.

Sag, warum bist du nicht wie diese anderen Zweibeine in diesem Wasserloch?

Sanara ruckte mit dem Kopf in Richtung der Dursleys, die im Pool Erfrischung fanden.

Es … das geht nicht. Ich muss arbeiten.

Wenn du mich nun entschuldigst.

Damit nahm er noch einen kleinen Schluck Wasser, ehe er sich schwerfällig aufrappelte.

Schmerzverzehrt verzog er sein Gesicht, als er dabei mit seinem verbrannten Arm an den Busch kam.

Zwei … Harry, ist es für euch Zweibeiner nicht viel zu warm zum arbeiten? Selbst mir brennen die Schuppen, wenn ich zu lange in der Sonne bin., wollte das kleine Reptil verwundert wissen.

Harry, der die kleine Heckenschere gerade an einem überstehenden Ast ansetzte, blickte zu ihr herunter. Ist es, aber ich habe leider keine andere Wahl, Sanara. Trocken lachte er auf. Wenn man bedenkt, dass es ein Vorfall mit einer deiner Art war, die mir das einbrachte … lustig das ich hier gerade mit dir rede. Dem neugierigen Blick Sanaras ausweichend, schnitt er den Ast ab und trat musternd um den Busch herum. Doch das kleine Schuppentier war einfach viel zu neugierig. Wie? Erzähl es mir, Harry. Bitte. Ich habe doch sonst nichts zu tun. Mir ist soooo langweilig, bettelte sie züngelnd.

Seufzend fuhr er sich mit einer Hand durch die Haare. Durch den Schweiß standen sie nun noch wilder als zuvor ab. Na gut …

Dies war der Anfang der Freundschaft zwischen der jungen Glattschlange Sanara und dem jungen Harry Potter.

 

Es fing bereits an zu dämmern, als Harry den rechten Arme hängen ließ und sich mit der linken Hand den Schweiß von der Stirn wischte. “Geschafft!”, sagte er erfreut.

Vorsicht!, zischte seine kleine Freundin und verschwand unter einer Wurzel. “Junge!”, blökte in diesem Moment die Stimme seines Onkels zu ihm heran. Müde schnappte er sich noch seine Wasserflasche und ging zu seinem Onkel. “Ja, Sir. Was ist denn?”

“Wie weit bist du?”

“Alle Büsche und Sträucher sind gestutzt, das Unkraut gezogen, Sir. Jetzt muss ich sie nur noch gießen.”, zählte Harry eifrig auf. Mit einem kleinen Hauch von Selbstzufriedenheit, sah er, wie Unzufriedenheit durch die Augen seines Onkels zog.

“Hmpf”, gefolgt von einem Schnauben, waren die einzigen Reaktionen. Dies bekräftigte Harry noch in der Annahme, dass sein Onkel es nicht passte wie viel geschafft worden war.

“Dann sieh zu, Freak. Danach darfst du ins Bad. Zehn Minuten, dann bist du wieder raus und in deinem Schrank verschwunden! Morgen mähst du den Rasen.”

“Ja, Onkel Vernon, Sir…”, antwortete Harry mit gesenktem Kopf.

Harry! Was machst du da! Mein Gefühl sagt mir, morgen wird es noch wärmer, da solltest du nicht hier draußen sein. Harry … jetzt … du riechst wie eine verängstigte Maus. Pikiert zischte das kleine Reptil hinter Harry. Mit einer Handbewegung hinter seinem Rücken, versuchte er das aufgeregte Tier zum Schweigen zu bringen.

“Ach und du kannst auch gleich das zweite Abendbrot machen. Also sieh zu Bengel!”, befahl sein Onkel noch schweratmig, ehe er sich umdrehte und schnaufend in Richtung Haus ging.

Dieses Zweibein!, empörte sich Harrys neue Freundin, zischend und fauchend. Ich beiß ihn. Ja, das mach ich. Der wird schon sehen. Soll er seine Beute doch selber fangen! Wütend schlängelte sich Sanara zwischen Harrys Füßen hindurch.

Schnell griff er nach unten und erwischte gerade noch ihren Schwanz.

Hör bitte auf, bat er eindringlich und hielt sie schnell hinter den Rücken, als sein Onkel sich noch einmal skeptisch zu ihm umdrehte. “Hast du was gesagt, Bengel?”

“Nein, Onkel Vernon. Ich hatte nur einen Frosch im Hals”, gab Harry mit möglichst neutralem Ton zurück. Erleichtert stieß er den Atem aus, als Vernon schnaubend und “Zu nichts zu gebrauchen, dieser Bengel”, murmelnd wieder in Richtung Haus ging.

 

Mit der zappelnden Sanara in der Hand, ging er schnell in den hinteren Teil des Gartens. Dort standen die Regentonnen. Die Schlange auf dem Deckel einer leeren abgelegt, erhob er auch schon so gut es ging die Stimme: Ist dir eigentlich bewusst, was passiert, wenn dich einer meiner Verwandten entdeckt? Es geht mir gar nicht um die Strafe die ICH bekomme, sondern um DICH! Sie werden dich so lange suchen und jagen, bis du aus dem Garten verschwunden bist. Wahrscheinlich werden sie erst zufrieden sein, wenn du tot bist!

Der Anblick der kleinen, geknickt wirkenden Schlange, ließ Harry wieder etwas ruhiger werden. Sein schlechtes Gewissen meldete sich. Er hätte das junge Reptil nicht so anmaulen dürfen; hätte den Frust nicht auf ihr abladen dürfen. Egal welche Sorgen er sich wegen ihr machte. Verwundert stellte Harry fest, dass er die kleine Sanara mochte. Sie war ihm in den wenigen Stunden ans Herz gewachsen. Er wollte einfach nicht, dass ihr etwas passierte. Ihr, seiner ersten Freundin. Ihr, dem Wesen dem er zum ersten Mal in seinem Leben wirklich vertraute und dieses Vertrauen auf Gegenseitigkeit beruhte. Sie beide hatten in dem Anderen jemanden gefunden, dem sie ihre geheimsten, abstrusesten und auch gemeinsten Gedanken erzählen konnten. Einfach weil sie der jeweils Andere niemals ausplaudern würde. Wer würde ihm auch schon glauben, wenn er von den Sorgen einer jungen Glattschlange erzählen würde?

Schmunzelnd schüttelte Harry bei dieser Vorstellung den Kopf und strich Sanara behutsam über die kleinen Kopfschuppen. Ich möchte doch nur, dass es dir gut geht. Ich möchte nicht dass dir etwas passiert, nur weil du mit mir Freak abhängst. Schwach und doch ehrlich drangen diese Worte über seine Lippen. Ohne ihren Protest abzuwarten, füllte er die Gießkanne mit dem letzten kläglichen Rest des Regenwassers um die Pflanzen zu gießen.

 

Einige Zeit später trat er, nach nicht mal acht Minuten, geduscht und erfrischt aus dem Badezimmer. Immer noch nagte das schlechte Gewissen an ihm. Nicht nur dass er sich im Ton vergriffen hatte, nein! Sanara hatte ja auch noch vollkommen recht. Laut Wetterbericht sollten es morgen an die 40 Grad warm werden; wenn nicht sogar darüber. Als er sich zynisch selbst fragte, wen sein Onkel eigentlich bestrafen wollte, blieb er wie angewurzelt im Türrahmen zu Wohnraum und Küche stehen. War der Rasen oder er der Leidtragende … das Wasser …

Eine Idee kam ihm in den Sinn. Es war eigentlich ein Wunder dass das Haus nicht, wie an Weihnachten, die ganze Umgebung beleuchtete.

Ein selbstzufriedenes Lächeln erschien auf Harry Gesicht, denn er wusste: Die Dursleys beziehungsweise Onkel Vernon würde dieser Idee zustimmen. Ein Vorschlag ganz nach seiner Moral: Listig, egoistisch und Vorteil verschaffend. Das alles unter dem Deckmantel des guten, braven Nachbar.

“Ich hab Hunger!”, riss ihn die energische Stimme seines Cousins aus den Gedanken. Krampfhaft schluckte er das Hochgefühl herunter und setzte eine mitgenommene Miene auf.

Schnell trat er in den Wohnbereich ein, ignorierte das Gejammer seines Cousins, das Geschimpfe seines Onkels und das Lästern seiner Tante und steuerte zielstrebig die Küche an.

 

Als er den Männern fettige, panierte Schnitzel mit Pommes und seiner Tante einen Salat servierte, kamen ihm erste Zweifel an seinem Plan. Wie sollte er nur anfangen?

“... und Mrs. Smith schwört, dass das Auto der Millers sauberer ist, als gestern und sie verdächtige Geräusche gehört hat.”

Ohne es zu wollen, hatte seine Tante ihm gerade die perfekte Vorlage gegeben.

“Die Redfords füllen ihre Regentonnen übrigens nicht nur am Hahn nach, sondern auch am Stadtparkteich. Habe ich vorhin gehört”, ließ er nebenbei fallen und trank schmunzelnd von seinem Wasser.

Die Reaktion seiner Verwandten fiel genau so aus wie erwartet. Empört, wütend, laut. Harry klaute sich eine der Pommes, die nicht mehr in die Schüssel gepasst hatte; wartete darauf, dass seine Verwandten sich beruhigten. So Siegesgewiss er sich vorhin gefühlt hatte, so sehr nagte nun die Angst an ihm. Was war, wenn Onkel Vernon seine Idee nicht gut aufnahm? Was, wenn der Tag damit endete, dass er nicht nur mit Muskelkater und Sonnenbrand auf seiner Matratze lag, sondern auch mit den Folgen eines Wutanfalls? Trocken schluckte er, als die Vorstellung des Schmerzes, verstärkt durch den Sonnenbrand, und der Scham vor seinem inneren Auge Gestalt annahm.

 

“Junge, was stehst du da so rum? Bring mir noch ein Bier!”

Eilig nahm der Zehnjährige das Bier aus dem Kühlschrank und trat mit der geöffneten Flasche an seinen Onkel heran.

“Entschuldige, Onkel Vernon.” Unsicher wippte er vor und zurück.

“Was ist Bengel? Schleich dich!”

“Onkel Vernon … ich … also … ich … ähm”, stotterte er vor sich hin.

Genervt knallte Vernon die Bierflasche auf den Tisch, was ihn zusammenzucken ließ. Das gehässig Lachen seines Cousins ignorierend, setzte er erneut an. “Ich … ich hätte da eine Idee.”

“Du?”, gab Vernon mit verächtlichem Blick zurück. “Was sollte ein Freak wie du, schon für Ideen haben.” Zustimmungsheischend blickte er seinen Sohn an, der ihm auch sofort zujubelte. “Aber lass hören, was du dir für einen Schwachsinn ausgedacht hast.”, sagte er milde als wäre er der heilige Samariter.

 

Frust durchflutete Harry. Ebenso wie Trotz und Hass. Warum, fragte er sich erneut, durfte er sich dauernd anhören, er wäre ein Freak? Nur weil um ihn seltsame Sachen geschahen, für die er doch gar nichts konnte?

Mit einem leichten kopfschütteln verbannte er diese düsteren Fragen. Fragen die er sich schon so oft gestellt und nie eine Antwort erhalten hatte.

“Also, ich dachte mir: Wenn die Nachbarn das Wasserverbot umgehen, warum wir dann nicht auch? Ich könnte doch nachts in ihre Gärten schleichen und mich an ihren Regentonnen bedienen.” Unsicher blickte er von seinem Onkel zu seiner Tante. Beide sahen ihn überrascht an. “So müssten deine Pflanzen nicht leiden, Tante Petunia”, sprach er sie direkt an.

Nachdem auch nach fünf Minuten keine Reaktion seiner Verwandten erfolgte, und selbst Dudley ein unsicheres “Dad?” von sich gab, beschloss er ins Bett zu gehen.

Sein Kopf begann zu dröhnen. Sicher ein Sonnenstich wie ihn Dudley im letzten Sommer gehabt hatte durch zu langes Gameboy spielen in der Sonne.

War die Reaktion, oder besser gesagt die Nicht-Reaktion, auf seinen Vorschlag nun gut oder schlecht?

 

Am nächsten Morgen trat er müde aus seinem Schrank. Trotz dessen, dass er gestern so viel gearbeitet und sein Körper nach Ruhe und Entspannung geschrien hatte, hatte seine Psyche ihn nicht gelassen. Wieder mal hatte er Träume von fliegenden Motorrädern und Besen; Eulen, grünen Funken und bunten, blubbernden Flüssigkeiten gehabt. Er fühlte sich zerknautscht; hatte nicht einmal die Motivation besessen seine Brille zu suchen und so tappte er nun ‘blind wie ein Maulwurf’ zum kleinen Badezimmer. Als er es betrat und die Tür hinter sich zu schloss, fiel ihm eine Sache auf: Sein Schrank war NICHT verschlossen gewesen.

Selbst wenn Vernon und Petunia mal keinen Grund hatten ihn zu verschließen, so fand Dudley es doch immer besonders spaßig, wenn Harry ihn angebettelt hatte die Tür zu öffnen.

Als er schließlich nach zehn Minuten wieder aus dem Bad trat, prallte er nach nur wenigen Schritten mit Jemandem zusammen.

“Bengel, mach die Augen auf!”, fuhr ihn sein Onkel mit tiefer, schnaufender Stimme an.

“Entschuldigung, Sir”, gab Harry kleinklaut zurück, senkte den Kopf und versuchte so gut es ging, einen Weg vorbei an seinem Onkel zu finden. Wenn der Flur doch nur nicht so schmal wäre. Sein Onkel nicht so breit und er seine Brille aufhätte! Unsicher begann er auf seiner Unterlippe herumzukauen.

“Bengel, hörst du mir zu?”, fragte Vernon und beugte sich dicht an ihn heran. “Ich habe gesagt, wir haben über deinen Vorschlag nachgedacht. Heute Abend fängst du damit an, bis dahin hilfst du deiner Tante im Haushalt und beobachtest die Nachbarn. Liefere mir Informationen, die der Tratsch nicht liefert.”, ein gehässiges Lächeln erschien auf Vernons Gesicht. Die Augen blitzen vor Freude, seinen angeblichen Freunden, Nachbarn und Arbeitskollegen einen Schritt voraus zu sein. Besser, und doch so normal wie möglich zu sein.

Harry, der seinen Onkel beobachtet hatte, wusste in diesem Moment nicht, ob er vor Freude jubeln oder doch lieber vor Ekel und Verachtung brechen. Doch jetzt wollte er nur noch Abstand zwischen sich und seinen Verwandten bringen. Diese Unehrlichkeit die dieser an den Tag legte, stieß Harry immer wieder sauer auf. Er hatte in all den Jahren eins von den Dursleys gelernt: Sie waren zutiefst unehrliche Menschen, die ihren besten Freunden mit einem Messer in den Rücken fallen würden, wenn es denn gerade zu ihrem Vorteil wäre. Einer stach zu und der Andere schmierte dem Opfer ‘Honig ums Maul’.

Ein Verhalten, das Harry verabscheute. Und doch war er drauf und dran in dasselbe Verhaltensmuster zu fallen. Er musste dringend mit Sanara sprechen.

“Ja, Sir, Onkel Vernon”, gab er knapp zurück, drückte sich an dem Oberhaupt der Dursley-Familie vorbei und verschwand in seiner Kammer.

 

Er verließ den Schrank erst wieder, als sein Onkel zur Arbeit gefahren, Dudley das Haus verlassen hatte um mit Piers zu ‘spielen’ und der Fernseher leise zu hören war. Wahrscheinlich saß seine Tante auf der Couch, strickte und guckte sich Backshows an. Bei der Vorstellung konnte Harry nicht anders als zu grinsen. Selbst wenn Petunia alle Sendungen und alle Backbücher der Welt verschlingen würde; ihre nicht vorhandenen Talente fürs Backen, würde sie dadurch auch nicht erwecken oder erschaffen.

Unruhig hatte er die Wartezeit, bis das Haus so leer wie möglich war, damit verbracht sein “Zimmer” aufzuräumen. Nun hielt ihn hier nichts mehr.

Seine achtbeinigen Mitbewohner wohnten nun alle in einer Ecke, die wenigen angeschlagenen Spielzeugsoldaten standen ordentlich aufgereiht und seine Wäsche war in ‘tragbar’ und ‘dringend waschbedürftig’ unterteilt. Mit dem zweiten Stapel unter dem Arm, verließ er den Schrank und ging in den Wohnbereich.

Dort erblickte er seine Tante tatsächlich auf der Couch, gebannt auf den Fernseher starrend.

 

“Tante Petunia, … ”, richtete er sich vorsichtig an die Frau. “ ... ich würde gerne meine Wäsche waschen. Darf ich?” Nach einem kurzen Moment, nickte diese stumm und so drehte er sich herum und ging in Richtung Terrassentür.

“Junge. Was hast du vor?”

Auf die Frage seiner Tante blieb er stehen und drehte sich erstaunt zu ihr herum.

“Meine Wäsche im Garten waschen”, sagte er gerade heraus. So hatte er es immer getan, so seine Verwandten es denn erlaubt hatten, natürlich.

“Pah! Beweg dich …”, Harry steuerte wieder auf die Terrassentür zu, “ … GEFÄLLIGST IN DEN KELLER ZU DEN WASCHMASCHINEN!”

Perplex drehte er sich wieder zurück. Noch nie hatte er seine Wäsche in der Waschmaschine waschen dürfen! Seine unreine, ‘vollgefreakte’, Wäsche eines Nichtsnutzes hätte nichts in der gleichen Maschine, wie die Wäsche der Dursleys zu suchen. Das war die hämische Antwort gewesen, als er es eines Winters gewagt hatte zu fragen.

Ohne seine Tante zu hinterfragen, ging er schnell in Richtung Keller. Mit jedem Schritt die Treppe herunter, fühlte er sich besser. Mit jedem Schritt die Treppe herunter, verschwand sein schlechtes Gefühl vom frühen Morgen ein bisschen mehr.

 

Als er hinaus in den Garten trat, hielt er auf der Terrasse inne, schloss die Augen und wandte das Gesicht in Richtung Himmel. Genoss für einen kurzen Moment einfach nur die warmen Strahlen der Sonne. Die gleiche Sonne, die er gestern noch verteufelt hatte, kam ihm heute wie ein Geschenk vor. Die gleiche Sonne, die ihn gestern verbrannt hatte, schien ihn jetzt angenehm einzuhüllen.

“Junge, was träumst du hier rum? Hast du nicht was zu erledigen?” Die energische Stimme seiner Tante zerstörte den Moment der himmlischen Ruhe. Ohne ein weiteres Wort flüchtete er in den Garten. Wie hatte er das vergessen können? Der ‘Preis” für seine Freiheiten. Spionage, Diebstahl und wer weiß was noch nötig war. Kopfschüttelnd rannte er zu dem Rhododendronbusch. “Sanara”, wisperte er dort angekommen.

Sanara, ich bins. Wo bist du? Ich brauche deine Hilfe.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte er endlich die Stimme seiner geschuppten Freundin.

Harry, zischte sie und mit leisem Knacken der trockenen Äste, bahnte sie sich ihren Weg durch das Gebüsch zu ihm.

Was ist los, Zweibein?

Und so ließ er sich kraftlos auf seinen Hintern fallen und begann zu erzählen.

Abgehakte Zischlaute, ließen ihn irgendwann innehalten und Sanara besorgt mustern. Sie klang als hätte sie Luftpolsterfolie verschluckt. Geht es dir gut?

Kssss, Szszszs, ja Harry, ksksksks. Ich lache über die anderen Zweibeiner.

Was meinst du? Warum wurden seine Verwandten von der kleinen Schlange ausgelacht, diese Frage interessierte ihn wirklich.

 

Na, ich meine: Nicht nur dass du die Schlangensprache sprichst, du verhältst dich auch wie eine. Wissen deine Verwandten, dass SIE die Beute sind? Die kleine gefleckte Schlange blickte ihn mit schief gelegtem Kopf an.

Stirnrunzelnd blickte Harry zurück.

Was meinst du genau? Er konnte sich einfach keinen Reim aus ihren Worten machen. Wie sollte das seine Gewissensbisse beruhigen? Ihre Worten verschlimmerten sie eher.

Na, vorher warst du eine Maus. Du hast immer nur aufgepasst, wolltest nicht auffallen. Jetzt, bist du eine Schlange, achtsam, kritisch, aber auch aufmerksam nach Möglichkeiten. Du kämpfst mit List um dein Überleben und nicht mehr mit Angst. Harry du bist quasi noch ein Schlüpfling, irgendwann wirst du es verstehen. Es ist nicht verkehrt was du tust!

Die Zweibeiner sind nun die Beute, denn du hast ihnen die falsche Sicherheit gegeben, dass du machst was sie wollen. Doch sie verstehen nicht, dass du es bist, der die Schuppen hält.

Anscheinend war die kleine Sanara wirklich freudig aufgeregt wegen seinem Plan, wiegte sie sich doch hin und her, und wenn Harry ihrem Gesichtsausdruck einen Namen geben müsste, dann wäre es: Diabolische Freude.

 

Kleiner denk dran, du bist es der entscheidet, was er erzählt und wie. Denk dran, du kannst nicht erzählen, was du ‘nicht gesehen’ oder ‘nicht gehört’ hast. Verstehst du? Eine Schlange nimmt nicht die erstbeste Beute, sondern die, die am besten zu allen Umständen passt.

Nach diesem langen Vortrag Sanaras, wusste Harry nicht was er denken; geschweige denn erwidern sollte. So saß er eine ganze Zeit einfach nur im Schatten des Busches und rupfte trockenes Gras aus der Erde. Die Worte des Reptils vermochten ihn zu einem Teil beruhigen und sogar schmeicheln. Zum anderen Teil fühlte es sich einfach falsch an, seine Nachbarn, die ihm nie wirklich etwas getan hatten, so zu hintergehen.

Doch hatten sie jemals etwas für ihn getan? Beinahe verzweifelt stürzte er sich auf diesen Gedanken.

 

Wie viel schadete er den Anderen schon? Er musste einfach nur aufpassen was er tat und weitererzählte. Vielleicht konnte er dafür andere nützliche Dinge für die ‘Beklauten’ tun. Sie mochten ihm zwar nie geholfen haben; ihre Kinder von ihm ferngehalten haben, sodass er ohne Freunde aufwuchs, doch das war letztendlich nicht ihre, sondern DUDLEYS Schuld.

Dudley … die Dursleys … sein Leben in dieser Familie würde um so vieles einfacher werden.

Ja, er würde sich an Sanaras Rat halten und listig wie eine Schlange sein.

Los, lass uns jagen gehen. Die Mäuse brauchen Futter, sagte er schmunzelnd, während er sich erhob und den Staub von der Kleidung klopfte.

Und so nahmen die Abenteuer von Harry und Sanara ihren Anfang.
 

 

Während ihrer Streifzüge hatte sie einiges erlebt und erfahren, kam ihm schmunzelnd in den Sinn als er nun in der Küche stand und das Frühstück für die Dursleys zubereitete. Zum Beispiel dass Piers panische Angst vor Spinnen hatte. Sein Blick fiel auf eine hässliche graue Jacke mit dazu passender Hose. Angewidert verzog er sein Gesicht, während er Speck briet. Diese Sachen hatte Petunia gefärbt. Sie stellten seine neue Schulkleidung dar. Missmutig wendete er den Speck, stellte die Hitze niedriger und bereitete die Kaffeemaschine vor.

Ja, bald war es vorbei mit den Streifzügen mit Sanara. Dabei hatte er es so zu schätzen gelernt das Reptil um sich zu haben. Sie hatte immer so schön Wache gehalten und ihm versucht beizubringen, wie man als Schlange jagte. Harry hatte dankend abgelehnt, als sie ihm eine erbeutete Eidechse präsentierte. Auch nachdem er es einige Male gesehen hatte, fand er es immer noch befremdlich, wenn Sanara diese erwürgte um sie anschließend kopfüber zu verspeisen. Wie langsam immer mehr von ihrer Mahlzeit in ihr verschwand und nur noch Hinterfüße und Schwanz zu sehen waren, ehe sie ganz in ihr waren. Jedes Mal verspürte er einen minimalen Teil Mitleid mit dem Opfer und war Sanara dankbar dafür dass sie schnell tötete.

Doch das hatte in einigen Wochen ein Ende. Um genau zu sein am ersten September. Ab dann würde er die öffentliche weiterführende Schule besuchen, die einen schlechteren Ruf als Dudley hatte. Apropos Dudley … der würde natürlich die Familientradition weiterführen und nach Smeltings gehen. Die neu entdeckte Lieblingsbeschäftigung seines Cousin war es Harry mit dem Smeltingstock zu schlagen und zu stechen. Jetzt glich sein eigenes Zuhause noch mehr einem Minenfeld. Dauernd musste er auf der Hut sein, denn wenn er seinem dicken Cousin eines anrechnen musste, dann ‘diabolische Klugheit’. Versteckte sich dieser doch an immer neuen Orten um ihn aus dem Hinterhalt zu erwischen.

 

Vorher jedoch war ein anderer wichtiger Tag in seinem Leben. “In ...”, schnell blickte er auf den Kalender und zählte die Tage ” … vierzehn Tagen habe ich Geburtstag.” Warum ihm dieser Gedanke ein freudiges Kribbeln bescherte, konnte er auch nicht erklären. Die Aussicht auf Torte, Geschenke und Party, war es garantiert nicht. Noch nie hatte er auch nur eines dieser Dinge in der Vergangenheit bekommen. Und doch bekam er das kleine Grinsen nicht aus dem Gesicht, als er der vorbereitete Essen auf den Tisch stellte, auf dem auch schon Teller und Besteck lagen.

 

“Warum hast du so gute Laune am frühen Morgen, Bengel?”

Onkel Vernon, der wie aus dem Nichts im Wohnbereich aufgetaucht war, musterte ihn kritisch.

“Entschuldigung, Onkel Vernon”, sagte Harry schnell. Wusste er doch, dass sein Onkel ein Morgenmuffel war und gute Laune und laute Töne am Frühstückstisch nichts zu suchen hatten.

“Also, was ist der Grund dieses unangebrachten Verhaltens?”, forderte sein Onkel ihn auf, den Grund zu verraten.

Inzwischen waren auch seine Tante und sein Cousin aufgetaucht und hatten sich am Tisch niedergelassen und zu essen begonnen.

“Mir ist nur aufgefallen, dass ich heute in zwei Wochen Geburtstag habe und auch elf Jahre alt werde.”, sagte er schüchtern.

 

Plötzlich war es mucksmäuschen still im Raum. Wenn man von Dudleys schmatzenden Kaugeräuschen absah.

“Wie … wie alt wirst du?”, kam es unsicher von seiner Tante.

Irritiert über diese Nachfrage blickte er sie an. Warum hatte sie die Augen so aufgerissen? Warum blickte sie so verängstigt? Was war denn so schlimm daran, dass er bald Geburtstag hatte? Dudley war doch schließlich auch schon elf Jahre alt und die Erde hatte nicht aufgehört sich zu drehen.

“Ähm … elf werde ich”, antwortete er verunsichert.

“Vernon …”, hörte er seine Tante hauchen und sah wie sie verängstigt die Hand von Vernon ergriff. Der Gesichtsausdruck seines Onkels wurde von Sekunde zu Sekunde düsterer.

“Raus hier!”, forderte dieser schließlich mit einer tiefen, rauen Stimme, die Harry eine Gänsehaut im Hochsommer bescherte. Eine Stimmlage, die Gefahr beziehungsweise Schläge verhieß.

“Raus hier! BEIDE!” Schnell lief Harry mit eingezogenem Kopf aus dem Raum.

Dudley der anscheinend zu einem Protest angesetzt hatte, wurde aufgebracht von seinem Vater unterbrochen und ebenfalls verband.

“Verlasst das HAUS! Sofort!”, damit warf Onkel Vernon die Tür zum Essbereich hinter den beiden zu.

 

“Ganz toll Freak, alles nur deine Schuld!”, fauchte Dudley ihn an, drückte sich an ihm vorbei um in seine Schuhe zu schlüpfen und verschwand murmelnd aus dem Haus.

Was war hier nur geschehen? Warum regten sich seine Verwandten so über seinen Geburtstag auf? Etwas, dass weder er noch sie ändern konnten.

Verwirrt und traurig schlüpfte er in seine Schuhe und verließ ebenfalls das Haus.

 

Wieder einmal wurde ihm bewusst gemacht, was für ein Freak er doch war. Ein Freak, der nicht wirklich zu dieser Familie gehörte, der es sich erdreistete Geburtstag zu haben.

Ein Sonderling, der bald auf eine Schule für solch randalierenden Sonderlinge gehen würde.

Der einzige Lichtblick daran war einzig, dass Dudley eben nicht dort war und er eine neue Chance bekam. Chancen für Freundschaften zu Kindern in seinem Alter.

 

Doch nun würde er erst mal dafür sorgen, dass seine Verwandten wieder besser auf ihn zu sprechen waren. Am einfachsten würde dies mit neuen Informationen gelingen.

So ging er erneut mit Sanara auf Streifzug.

Als es Mittag wurde, war ein lautes Grummeln von seinem Magen zu vernehmen.

Harry, du donnerst schon wieder. Hast du nicht gegessen?, erkundigte sich die kleine Sanara.

Erschöpft schüttelte er den Kopf. Die Hitze, sowie fehlendes Essen und Trinken, schlugen ihm auf den Kreislauf.

Warte, ich hol dir eine Maus. Damit verschwand Sanara.

Milde lächelnd, blickte er mit stumpfem Blick in die Richtung, in die Sanara verschwunden war und ließ sich auf dem Bordstein nieder.

Plötzlich hörte er lautes knacken, rascheln, fauchen und Hilfe, Harry!

So schnell es ging, sprang er auf und rannte in die Richtung aus dem Sanaras Stimme erklungen war. Die Sorge um seine Freundin verlieh ihm neue Kraft.

Der Anblick der sich ihm bot als er um die Ecke bog, ließ sein Herz einen Moment aussetzen.

Schrecken der Realität

Einen Moment lang stockte sein Atem, sein Herz setzte aus; nur um im nächsten Moment wild weiter zu schlagen. Als er die Situation erfasste, konnte er nicht anders als zu lachen anfangen. Die Sorge perlte mit jedem Lacher von ihm ab.

Könntessst du aufhören zu lachen und mir helfen?, holte ihn die beleidigt klingende Stimme Sanaras aus seinem Lachanfall.

Ent … Entschuldige, japste er, wischte sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln und ging zu Sanara um ihr aus ihrer misslichen Lage zu helfen.

Sanara hing fest. IN einem Dornenbusch auf Höhe von Harrys Hüfte. Unter dem Busch saß eine wild mit dem Schwanz peitschende Katze, die immer wieder fauchte und mit den Tatzen nach Sanara schlug.

Wie … wie hast du das denn … geschafft? Immer wieder entwich ein Kichern seinen Lippen, während er Sanara befreite.

HAHA! Dasss ist nicht lussstig, Harry! Diesesss gefährliche Monssster hat mich angegriffen und plötzzzlich … hing ich hier!

Verwundert hob Harry eine Augenbraue. Interessant, wenn die Kleine sich aufregte, begann sie, ebenso wie die Schlange im Reptilenhaus, zu zischen. Behutsam strich er über den Kopf des Reptils.

 

Beruhig dich. Das ist kein Monster das ist … "Mr. Tibbels"!, rief er irritiert aus. Was machte dieser Kater außerhalb von Mrs. Figg Haus? Hatte sie ihm nicht irgendwann mal erzählt, dass dieser Kater das Haus höchstens mal in der Nacht verließ?

"Miaaaaau”, ertönte es vor ihm.

"Mr. Tibbles, diese Schlange ist nicht als Essen geeignet! Geh nach Hause”, forderte er den Kater auf. Dieser warf ihm einen Blick zu, der beinahe rüberkam wie der eines ertappten Kindes. “Los nun geh und guck mich nicht so an.”

Und warum redete er jetzt SO mit diesem Katzentier?

 

“Ach da bist du ja, Mr Tibbles”, erklang der erfreute Ausruf von Mr. Figg hinter Harry.

Kurz zuckte er zusammen, ehe er sich grinsend zu der alten Dame umdrehte.

“Hallo Mr. Figg.”

 

So schrullig diese alte Frau auch war, sie war immer nett zu ihm gewesen. Sie hatte, als eine der Wenigen, nichts auf das Gerede der Nachbarschaft gegeben und immer ein freundliches Wort oder einen trockenen Keks für ihn übergehabt.

“Hallo Harry, mein Junge. Wie ich sehe hast du Mr. Tibbles gefunden”, sagte sie lächelnd und wendete sich an ihren Kater. “Du ungezogener Junge, warum haust du denn einfach ab?”, fragte sie und hockte sich neben ihren Kater; strich durch das rötliche, buschige Fell. “Das ist kein Grund abzuhauen, mein Lieber! Du weißt genau wie gefährlich es sein kann. Wie gut dass Harry dich gefunden hat.”

Verwundert den Kopf schüttelnd, unterbrach er Mrs. Figg Schimpftirade. Irgendwie tat ihm das Tier leid.

“Ähm … Mrs. Figg … also eigentlich hat er uns gefunden, nicht wir ihn”, brachte er verunsichert hervor, woraufhin ihn die alte Dame mit schief gelegtem Kopf ansah.

“Uns?”

Zaghaft hob er den Arm an, den er schützend über seine Schlangenfreundin gelegt hatte.

Neugierig trat Mrs. Figg näher an ihn heran und betrachtete das Reptil. “Oh, wer ist denn das?”

“Das ist Sanara, Mrs. Figg.”

Sanara, die in Richtung der alten Frau züngelte, sagte: Das alte Zweibein riecht nach Katze, was Harry zum Kichern brachte.

Skeptisch blickte die alte Frau zwischen ihm und der Schlange in seinem Arm hin und her, ehe sie mit den Schultern zuckte. Misstrauisch begrüßte sie das Reptil mit einem “Hallo” und forderte ihn resolut auf, mit zu ihr zu kommen. Tee und Kekse hätten schließlich schon immer gegen aufgebrachte Gemüter geholfen.

 

Schließlich fand Harry sich in Mrs. Figgs kleinem Häuschen wieder. Auf einer Couch, die ihre beste Zeit wohl schon hinter sich hatte. Doch dies störte ihn nicht im Geringsten. Dieses Haus strahlte, mehr als alles was er kannte, das Gefühl von Geborgenheit und ‘Zuhause’ aus. Wie eine Festung gegen den harten Alltag.

In einer Hand hielt er eine Tasse Kräutertee und in der Anderen einen trockenen Schokoladenkeks, an dem er trotzdem genüsslich knabberte. Schokolade war schon immer etwas, dass er besonders liebte, auch oder gerade weil er sie zu Hause so selten essen konnte. Die war immer nur für Dudley im Haus vorrätig. In Massen, natürlich.

 

“Nun, was treibt einen jungen Mann wie dich bei dem Wetter auf die Straße? Solltest du nicht mit deinen Freunden im Freibad oder im Pool entspannen?”, riss ihn die Frage von Mrs. Figg aus den Gedanken.

Genüsslich ließ Harry ein etwas größeres Schokoladenstück in seinem Mund schmelzen, ehe er zu einer Antwort ansetzte. Es gab ihm Zeit sich eine zu überlegen. Eine gute. Eine wirklich gute, die ihm nicht irgendwelche Probleme machen konnte.

 

“Ich hatte heute keine Lust auf Freibad und der Pool ist frisch gechlort.” Beides war nicht gelogen. Auf die Mengen, die sich im Freibad tummelten, konnte er gut und gerne verzichten und die Chlor Tabletten hatte er heute morgen selbst in den Pool geworfen. Er verschwieg einfach nur, dass diese Dinge so oder so nicht für ihn erlaubt wären.

 

“Ah ich verstehe.”, kommentierte Mrs. Figg seine Aussage nur, bevor sie ihren Blick auf ihre beiden schlafenden Katzen warf. Über seine Tasse hinweg, konnte Harry beobachten wir ihr Blick weich und irgendwie abwesend dabei wurde. “Sag Harry, wie gefällt dir denn die Schule?”

 

Schule? Welche Schule meinte die alte Dame denn? Die Grundschule, wo es genau eine Lehrerin gegeben hatte, die sich für ihn eingesetzt hatte? Auf jeden Fall so lange bis … Nein! Energisch schüttelte er den Kopf um diese Erinnerung zu vertreiben. Erneut biss er von seinem Keks ab und spülte mit einem Schluck Tee nach. Meinte Mrs. Figg die St. Brutus Schule? Da kannte er ja selbst nur den Ruf der Schule, sowie die Farbe der Schuluniform.

Er spürte den Blick der Frau förmlich auf seiner Haut brennen.

“Da kann ich leider noch nichts zu sagen, schließlich gehe ich erst ab September auf die neue Schule.”

 

Stirnrunzelnd legte Mrs. Figg den Kopf schief. “Ab September? Ich dachte, … sag mir Harry, wie heißt denn die Schule, auf die du gehen wirst und wie alt bist du jetzt noch gleich? Die Zeit ist ab einem gewissen Alter einfach so unwichtig geworden”, sagte sie leise und nippte an ihrem Tee.

 

“St. Brutus”, gestand Harry leise und konnte es nicht vermeiden, dass eine gewisse Scham bei ihm aufkam. Was sollte die nette, alte Dame nur von ihm halten? Bestimmt würde sie ihn gleich vor die Tür setzen, so wie es sich für einen zukünftigen, ungehobelten Schüler dieser Rowdyschule gehörte. “Und … ich … ich werde in zwei Wochen elf Jahre alt”, fügte er ebenso leise und verunsichert hinterher. Unbewusst machte er sich so klein wie möglich auf der Couch; umklammerte die Teetasse mit beiden Händen und machte sich auf einen erneuten Wutausbruch bei Erwähnung seines Geburtstages gefasst.

 

Harry, beruhig dich. Dein Herz rast wie das einer flüchtenden Maus, versuchte Sanara ihn zu beruhigen. Geschmeidig schlängelte sie sich seinen Arm empor, legte sich um seinen Hals und rieb ihren Kopf an seiner Wange. Kurz erwiderte er ihre Geste, ehe er vorsichtig zu der alten Dame linste.

Diese saß auf einem alten, aber gemütlich wirkenden roten Ohrensessel und starrte in ihre Tasse. Es wirkte, als hätte sie ihn vollkommen vergessen.

“Ähm … Mrs. Figg?”,unruhig begann er hin und her zu rutschen und streichelte immer wieder über Sanaras Körper. Wieder versuchte das kleine Reptil beruhigend auf ihn einzureden, steckte Harry sie doch langsam mit seiner Unsicherheit an.

“Mrs. Figg, geht es Ihnen gut?” Erneut versuchte er die Frau aus ihrer Trance zu holen. So langsam machte sie ihm wirklich Angst.

 

Plötzlich zuckte der Kopf von Mrs. Figg hoch, so stark, das Tee über den Rand der Tasse schwappte. Mit sich selbst schimpfend, stellte sie diese ab und tupfte mit einer Servierte die Spritzer von ihrem Rock.

“Entschuldige, Junge”, sagte sie sanft und blickte ihn mit einem entschuldigenden Lächeln in die Augen. “Ich war in meinen Gedanken versunken. Das passiert schon mal … wenn man so alt ist wie ich.”

 

“So alt sind sie doch gar nicht”, gab Harry leise zurück und erwiderte schüchtern das Lächeln.

 

“Danke Harry, das ist ein wirklich nettes Kompliment.” Schmunzelnd nahm sie ihre Tasse erneut in die Hand und nippte am Tee, nur um sofort eine Grimasse zu ziehen und sie zurückzustellen. “Pfui! Dieser Tee gehört warm getrunken!” Schnell warf sie einen Blick auf die hölzerne Standuhr und sprang geradezu aus ihrem Sessel auf.

“Wie die Zeit vergeht! Es ist ja schon beinahe Mittag. Ich mache uns was zu essen. Auf was hast du Lust, mein Junge?” An der Schwelle zur Küchentür hielt seine Nachbarin inne und blickte Harry fragend an.

 

Harry zuckte zusammen, als die sonst so gebrechlich wirkende Frau voller Elan aufsprang. Als er ihre Frage vernahm, senkte er den Blick auf die Tasse, die er immer noch in einer Hand hielt. Behutsam stellte er sie auf den Tisch und hob den Kopf. “Das ist nicht nötig, Mrs. Figg. Ich … also ich hatte doch schon einige Ihrer leckeren Schokoladenkekse. Machen Sie sich keine Umstände we…”

“Papperlapapp Harry! Du bist herzlich eingeladen, also keine Widerrede”, unterbrach die Frau in brüsk und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihr Blick so stechend wie der einer Krähe.

Harry kannte diese Geste. Widerrede zwecklos und im Ernstfall hatte sie auch noch schmerzhafte Konsequenzen …

Schwach seufzte er, ergab sich dieser Entschiedenheit der alten Dame und nannte das erste Essen das ihm einfiel. “Pfannkuchen.”

“Gute Wahl. Pfannkuchen mit Zimt, Zucker, Äpfel und Schokolade. Kommt sofort!”, damit verschwand seine Nachbarin in der Küche.

Harry seufzte, lächelte und ließ sich tiefer in die Polsterung sinken. Was war dies nur für ein angenehm warmes Gefühl in seiner Brust? Er merkte wie all die negativen Gefühle, die er heute Morgen noch empfunden hatte, langsam in den Hintergrund rückten. Hier und jetzt und genau in diesem Moment, spürte er eine Zufriedenheit wie schon lange nicht mehr.

Das konnte auch Mr. Tibbles nicht ändern, der nach wenigen Minuten auf die Couch sprang und sich rechts neben ihm niederließ. Sanft strich er dem großen Kater durch das weiche Fell und das Schnurren des Katers sowie das leise Zischeln Sanaras, verstärkten dieses Gefühl der Ruhe und Zufriedenheit.

 

Nach dem Harry von Mrs. Figg gerade zu gemästet wurde und erneut die Fotoalben ihrer Katzen gezeigt bekommen hatte, hatte er sich verabschiedet mit der Ausrede noch etwas erledigen zu müssen. War auch wieder nicht gelogen, denn er musste nicht nur noch einkaufen, sondern auch noch neue Informationen beschaffen.

 

Als all dieses erledigt war und er wieder vor der Tür der Dursleys stand, war es Nachmittag geworden.

Mühsam schluckte er den großen Klos hinab und drückte auf den Klingelknopf. Was würde ihn erwarten?

Nach einigen Momenten hörte er Schritte auf der anderen Seite und als die Tür aufgerissen wurde, blickte er direkt in Tante Petunias Gesicht. Keinerlei Gefühlsregung war darauf zu erkennen und so trat er eilig ein und brachte die Einkäufe in die Küche. Als er die schwere Tüte auf der Theke abstellte und anfing die Lebensmittel an ihren Platz zuräumen, ließ ihn die Stimme seiner Tante innehalten und über die Schulter zurück blicken.

 

“Wäsche, Geschirr, Wohnzimmer und dann machst du Abendessen”, befahl sie streng. Erst als Harry stumm nickte, schritt sie hinaus in den Garten. Eilig verpackte er auch noch den Rest der Lebensmittel. Leider war dies gar nicht so einfach, wie er wieder mal feststellte. Umständlich musste er auf die Küchentheke klettern, um einige in die Hängeschränke räumen zu können. Ein Blick auf die Küchentür verriet ihm, das er noch drei Stunden hatte bis alles fertig sein und das Essen auf dem Tisch stehen musste. Schnell sprang er von der Theke und flitzte in Richtung Obergeschoss davon, um die Wäsche der Familie zusammenzusuchen.

 

Gerade so, hatte er es geschafft pünktlich fertig zu sein. Was auch an Dudley gelegen hatte, der mit sandigen Schuhen ins Wohnzimmer gewatschelt kam, gerade als er mit saugen und wischen fertig gewesen war. Dadurch hatte Harry noch mal von vorne anfangen müssen.

Doch letztendlich zählte für ihn nur, dass das Essen pünktlich fertig war und das heiße Fett, welches ihm beim Kochen auf die Finger gespritzt war, ihn nicht so ungünstig getroffen hatte dass er die schwere Pfanne nicht mehr halten konnte. Erleichtert atmete der schwarzhaarige Junge aus und lehnte sich mit geschlossenen Augen an die Küchenzeile.

 

Erstaunlicherweise wurde das Thema vom Morgen, Harrys Geburtstag, nicht noch einmal aufgegriffen. Allgemein waren seine Verwandten anscheinend dazu übergegangen, als würde er einfach nicht existieren. Dieses stellte er erstaunt fest, als er nun spät in der Nacht, auf seiner Matratze lag.

Was der nächste Tag wohl brachte? Der heutige mochte nicht der Schönste gewesen sein, doch es hätte bei Weitem schlimmer kommen können. Gedankenverloren strich er über eine Narbe auf seinem Oberarm, ehe er langsam in einen erschöpften Schlaf glitt.
 


 

 

Zur gleichen Zeit, als Harry langsam in den Schlaf abdriftete, stand Arabella Figg in einem großen, leeren, düsteren Raum. Eine einzelne flackernde Flamme war die einzige Lichtquelle und diese ließ gefährlich wirkende Schatten in den Ecken entstehen. Sie konnte ein Schaudern nicht unterdrücken. All dies hier, wirkte so kalt, gefährlich und … einsam. Einfach nicht angemessen für den Mann, der dort in einen dunklen Mantel gehüllt vor ihr stand. Ein Mann, weit über die Stadt hinaus bekannt und durchaus angesehen war in der Gesellschaft. Was dieses ominöse Versteckspiel sollte, erschloss sich ihr ebenso wenig.

 

“Nun sprich”, wurde sie aus ihrer Musterung gerissen, räusperte sich und blickte zu der Gestalt hinter der Kerze.

“Ich habe ihn heute gesehen und gesprochen. Harry James Potter.”

 

Ein undefinierbares Geräusch war die Folge, welches sie erneut frösteln ließ.

 

“Dieser Bengel … wie macht er sich? Was kannst du mir über ihn berichten?”

 

Kurz überlegte sie. Sie wusste instinktiv, dass die falschen Worte ihren Tod bedeuten würden. Sie wusste es einfach besser, als der öffentlichen Meinung zuzustimmen. Sie wusste, dieser Mann konnte auch ganz anders werden. Demütig senkte sie ihren Kopf.

“Er … ist klein. Er sieht immer mehr aus wie James und doch … doch wirkt er so anders.

Er hat in zwei Wochen Geburtstag und meinte, er würde dann elf Jahre alt werden und auf die St. Brutus Schule gehen”, berichtete sie und hob beim letzten Satz ihren Blick.

 

“WAS?”, rief die vermummte Gestalt aus und begann auf und ab zu tigern.

“Geburtstag … elf Jahre … aber … das ist doch …”

 

“Ja Sir”, unterbrach sie die abgehakten Worte ihres Gegenübers. Woher sie den Mut nahm, wusste sie nicht. “Er ist der felsenfesten Überzeugung. Ach er ist so ein netter und höflicher junger Mann. Mit einer Vorliebe für Schokolade, wenn ich das anmerken darf”, schwärmte sie.

Sie hatte den kleinen Harry in ihr Herz geschlossen. Sie kannte ihn seit er in die Familie Dursley gebracht worden war. Der kleine, zerbrechlich wirkende Junge mit den großen grünen Augen und den wirren schwarzen Haaren. Arabella kannte ebenso diese … unfreundliche ... Familie und sie war sich äußerst sicher, dass diese ihm nichts von seinem magischen Erbe erzählt hatten.

Dies musste auch ihrem Gesprächspartner klar geworden sein, als dieser endlich mit dem hin und her laufen aufhörte und wieder hinter der Kerze zum Stehen kam.

“Gut … oder auch nicht. Das wird interessant werden. Geh und behalte ihn weiter im Blick. Wer weiß, wer es schon auf ihn abgesehen hat …”, sagte der Andere geheimnisvoll.

“Was werdet ihr tun, Sir?”, fragte die alte Dame ehrlich besorgt um ihren kleinen Schützling.

“Ich werde mir bald ein eigenes Bild machen können”, gab die rauchige, verzehrt klingende Stimme bekannt. Mit wehendem Umhang verschwand ihr Gesprächspartner durch eine Tür die hinter ihm aufgetaucht war.

 

“Oh Harry … wo soll das nur alles hinführen?”, murmelte sie leise und schüttelte resigniert den Kopf.

Als sie das Gebäude verlassen hatte, blickte sie in den Sternen übersäten Himmel. Genoss für einen kurzen Moment den Duft des Sommers und aktivierte schließlich den Portschlüssel, der sie direkt in ihr kleines Häuschen brachte.
 


 

 

Die Tage zogen ins Land, eine ganze Woche seit dem Küchendebakel stellte Harry fest. Ohne das irgendwas Besonderes geschehen war. Naja, so ganz stimmte dies auch wieder nicht, wenn Harry ehrlich war. Eigentlich war trotz all den täglichen Hausarbeiten eine ganze Menge für eine Woche passiert.
 

 

Erst war Dudley krank geworden. Eine harmlose Erkältung und doch schmiss ihn seine Tante schon in der Früh aus seinem Bett und schickte ihn zum Markt. Als sie ihm das Geld und einen Korb in die Hand gedrückt hatte, bekam er noch die Ermahnung, auch ja nur das einzukaufen, was er dafür brauchte um eine heilende Hühnersuppe für den Dudy-Spatz zuzubereiten.

Als er schließlich wieder zu Hause angekommen war und das Hühnchen für die Suppe vorkochte, kam ihm ernsthaft die Frage auf, wie viele Elfjährige wohl eine Hühnersuppe ganz alleine zubereiten konnten. Doch er verdrängte sie und und konzentrierte sich lieber auf die Aufgabe die vor ihm lag. Dabei ignorierte er die schweren, Flüssigkeitsgefüllten Töpfe ebenso, wie das scharfe Messer mit dem er sich in den Finger schnitt. Glücklicherweise tropfte nichts von seinem Blut auf das Suppengemüse. Die möglichen Folgen davon, wollte er sich nicht einmal in seinen Träumen ausmalen.

Zu Harrys großer Erleichterung schlugen Suppe, Medizin und die Verhätschelung von Tante Petunia bei Dudley schnell an und so war dieser schon am Freitag wieder relativ fit.

Nicht dass ihn dies davon abgehalten hatte, weiter den sterbenden - leidvoll klagenden - Schwan zu spielen.

Der Samstag kam und sein Cousin lag nach dem Frühstück wieder auf der Couch, während das Geschrei des Fernsehers durch das Haus und erst recht bis in die Küche zu hören war. Irgendeine alberne Zaubershow, bei der Tauben und weiße Kaninchen aus Hüten gezaubert wurden. Ein Wunder, dass weder Onkel Vernon, noch Tante Petunia das Programm gewechselt hatten. Naja, es war ja Dudders …

Während er das Geschirr vom Morgen per Hand spülte, konnte er hören wie der Fernsehmagier das Publikum dazu aufforderte, mit ihm den Zauberspruch zu sagen. Wie nebenbei hatte er festgestellt, dass er für jedes Kunststück der Selbe war. Wie unsinnig war das denn bitte?

Und so sprach er die Formel leise mit: “Eins, zwei, drei, Wunder komm herbei. Fledermaus und Eulenmist, ich verzauber euch, nur damit Ihrs wisst.”

Schmunzelnd nahm er einen Holzlöffel aus dem Spülwasser, wedelte damit vergnügt in der Luft herum dass das Wasser nur so spritzte und sagte: “Abra Kadabra, dreimal schwarzer Kater.”

 

Das etwas ganz arg schief gelaufen war und er einen Fehler begannen hatte, war ihm bewusst geworden als sein Onkel wütend auf ihn zugestampft kam, während seine Tante piepsend den verwirrten Dudley an sich drückte. Die nächste Bestätigung bekam er als Vernon ihn am Kragen gepackt und zu seinem Schrank schleifte.

Danach … wenn er ehrlich mit sich war, konnte er sich nur noch an den Gürtel erinnern der immer wieder auf ihm niederging. Das Geräusch von Leder auf nackter sowie bekleideter Haut, vermischt mit dem wütenden Gekeife seines Onkels. Worte wie “Freak.” “Widerwärtig.” “Wir hätten dich ersäufen sollen!” und “Monster”, vernahm er, während er sich zusammenrollte um seinen Kopf zu schützen. Die unausgesprochene Frage warum dies alles geschah, kreiste immer wieder durch seinen Kopf.
 

 

Gedankenverloren strich er über einen der Striemen auf seinem Arm. Noch immer hatte der junge Potter keine Antwort auf seine Fragen. Doch er wusste, es grenzte an Selbstmord sie laut zu stellen.

Er war wohl einer der wenigen Schüler, der sich über das Ende der Ferien mehr als alles andere freute. Er konnte es gar nicht erwarten einen Grund zu haben mehrere Stunden nicht zu Hause seien zu müssen. Es war später Abend und die Dursleys genossen gerade sein mühevoll zubereitetes Abendessen, während er in den Garten verband worden war. Gnädigerweise hatte er sich eine kleine Portion davon für sich nehmen dürfen.

Lustlos stocherte er in dem Nudelauflauf herum, pikte immer wieder kleine Fleischstücke aus diesem heraus und warf sie Sanara hin.

Hey Kleiner. So nett es ist, aber du solltest es selber essen, ermahnte ihn das Reptil mit strengem Unterton.

Die Nudeln reichen mir vollkommen, widersprach er und steckte sich demonstrativ eine volle Gabel in den Mund. Energisch kauend blickte er seine kleine Freundin an und aß den nächsten Happen mit finsterem Blick, als die Schlange mit ihrem Schwanz auf den Teller deutete. Meine Güte, dieses Reptil benahm sich, als wäre er ihr Junges! Naja, eigentlich war es ja genau so niedlich, wie nervig. Einfach sehr ungewohnt, dass sich jemand für SEINE Belange interessierte.

Ein leises Krächzen und ein dunkler Schatten, der über ihn huschte, ließ ihn aufsehen. Doch alles was er erblickte, war der hell leuchtende Mond, der alles in skuriles Licht tauchte. Noch einmal ließ er seinen Blick über den Himmel wandern, doch als er wieder nichts entdeckte wand er sich wieder seinem Essen und der Unterhaltung mit Sanara zu. Immer noch musste er seiner kleinen Freundin einreden seine Verwandten, beziehungsweise Vernon, nicht zu attackieren. Vor allem nicht mit der Hilfe einer mit ihr befreundeten Giftschlange, die aus einem Terrarium der Millers entfleucht war.

 

Ein laut in der Stille der Nacht hallendes Knallen, untermalt von einem gepeinigten Fiepen ließ Harry zusammenzucken. “Was …?” Hast du das auch gehört, Sanara?

Ja. Wo kam das her?

Ich glaube von den Regentonnen. Lass uns gucken gehen. Entschlossen stellte er seinen Teller beiseite und erhob sich um in den hinteren, zugewachsenen Teil des Gartens zu gehen. Suchend blickte er sich um, doch konnte er nichts Ungewöhnliches feststellen. Vielleicht war das Geräusch auch aus einem der angrenzenden Gärten gekommen?

Harry, komm her!, hörte er die eindringliche Stimme der Schlange und lief schnell in ihre Richtung.

Im Schein des Mondes entdeckte er das Reptil. Vor ihr lag ein undefinierbarer kleiner Haufen. Erst als er vorsichtig näher trat und sich neben den Haufen hockte, bemerkte er, dass vor ihm eine ziemlich in Mitleidenschaft gezogene Eule lag. Behutsam drehte er das abgehakt atmende Tier auf den Rücken und zog erschrocken den Atem ein.

Die Brust des Vogel war geradezu aufgerissen durch einen Schnitt der quer über diese ging. Auf jeden Fall soweit er dass unter dem stetig aus der Wunde sickernden Blut sagen konnte. Das linke Bein endete ungefähr auf Höhe der Knöchel und sah aus als wäre der Fuß abgerissen worden, so ausgefranst wie die blutende Wunde wirkte. Der linke Flügel stand in einem unnatürlichen Winkel ab.

 

Doch das Schlimmste für Harry war in diesem Moment der Blick der Eule. Die dunklen Augen bohrten sich geradezu in seine, mit einem Ausdruck, der zwischen entschuldigend und bittend lag. “Oh du armes Ding”, hauchte der schwarzhaarige Junge und strich dem Vogel vorsichtig über den Kopf. Er wusste, für dieses Tier konnte er nichts mehr tun. Es war anders als bei der Eule, die er vor zwei Jahren gefunden hatte, die entkräftet und mit ordentlich zerzausten Federn im Park gesessen hatte. Die einzig schlimmere Verletzung waren bei dem Tier eine Verbrennung am Bein gewesen. Komisch, jetzt wo er drüber nachdachte, warum fand er dauernd Eulen mit komischenn Verletzungen an den Beinen?

Schwermütig und voller Mitleid, strich er noch einmal beruhigend durch das weiche Gefieder des schwer verletzten Vogels. “Es tut mir leid, Kleines. Wir können nichts für dich tun.” Mit einem leisen Gurren drückte das kleine Tier seinen Kopf gegen Harrys Hand.

Noch einmal schuhute der Vogel beinahe entschuldigend, ehe die schwarzen Augen sich langsam schlossen, die Atmung aufhörte und der Kopf nach hinten kippte.

Krampfhaft versuchte der Brillenträger die aufsteigenden Tränen und den Kloß hinunter zu schlucken, doch eine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg. Glitzernd tropfte sie auf die Stirn des Vogels und versickerte im Gefieder.

Er war tot. Gestorben, nachdem irgendetwas das Tier angegriffen hatte und der letzte Atemzug wurde in seinen Armen genommen. Nur langsam sackte die Erkenntnis in sein Gehirn. Er hatte gerade das erste Mal in seinem Leben ein Lebewesen sterben sehen. Ein Schluchzen entwand sich seiner Kehle.

Hey Kleiner … sei nicht traurig. Du kannst nichts dafür, zischte Sanara ihm fürsorglich ins Ohr und schmiegte ihren Kopf an seine Wange.

Aber …, setzte er schniefend zum Einspruch an, doch Sanara unterbrach ihn.

Wenn du noch etwas für die Eule tun willst, dann beerdige sie!

So bekam der tote Vogel, im Schein des Mondes, seine letzte Ruhestätte am Gingsterbusch neben den Regentonnen.

 

Am Morgen nach der Beerdigung, als er die Zeitung hereinholen wollte, saß eine deutlich größere Eule auf dem Gartentor und streckte ihm auffordernd ihr Bein entgegen. Als er nicht reagierte, landete der Vogel mit einem empörten Schuhuen direkt vor ihm und präsentierte ihm energisch erneut ihr Bein. Erst da bemerkte der beinahe Elfjährige die Papierrolle, die an dem Stelzen des Tieres gebunden war. Vorsichtig löste er diese und kaum hielt er sie in den Händen, erhob die Eule sich augenblicklich laut schnabelklackernd wieder in die Luft. Skeptisch musterte er das Papier, denn auf der Außenseite fand er nichts weiter als ein rotes Band. Wer benutzte denn überhaupt Eulen als Brieftauben? Überhaupt ... wann bekam er denn bitte Post? Skeptisch blickte er sich um, steckte die Papierrolle in seine Hosentasche und ging mit der Zeitung zurück ins Haus.

Erst später, als er die Wäsche aufhängte, kam er dazu sich dem Brief zu widmen. Schnell versicherte er sich, dass seine Verwandten ihn nicht in Richtung Rhododendronstrauch laufen sahen, dann streifte er das samtene rote Band ab und entrollte vorsichtig die Rolle. Wer wusste schon ob es nicht doch eine Falle war? Aber dafür fühlte sich das Papier zu teuer an, wie er nun feststellte.

Nur ein einziger Satz stand auf dem Zettel.

 
 

Harry, ich freue mich schon Dich kennenzulernen!

 

Keine Unterschrift und nichts anderes was Harry den Absender verriet. Wer machte sich hier lustig über ihn? Missmutig zerknüllte er den Brief und stopfte ihn in die Hosentasche. Schlecht gelaunt erklärte er der verwirrten Schlange schließlich, dass sich da nur einer einen Scherz erlaubte. Wahrscheinlich Dudley und Piers, wobei er dann nur zu gerne wüsste wie die beide an eine zahme Eule gekommen waren. Aber was wusste er schon, wer sich alles in der neu gegründeten ‘Zukünftige Smeltings - Clique’ befand. Wahrscheinlich war unter diesen ‘Mitgliedern’ irgendein reiches Kind. Ja, das musste es sein. Das erklärte die Eule und das teure Briefpapier. Leider blieb ihm nur weiterhin der Sinn dieses Schreibens verborgen. Schulterzuckend kümmerte er sich wieder um seine Haushaltspflichten und ignorierte Sanara, die wilde Spekulationen von sich gab.

 

Die nächste seltsame Situation passierte, als er am späten Nachmittag wieder auf Erkundungstour war. Die Informationen, die er lieferte, sorgten immer noch - oder besser gesagt wieder - für ein relativ gutes Leben bei den Dursleys.

Gerade hatte er auf einer Parkbank seinen Beobachtungsposten bezogen und Sanara sich auf seinem Schoß eingerollt für ein Verdauungsschläfchen, da vernahm er ein deutliches Zischeln im hohen Gras zu seiner Rechten.

 

Meine Güte, diese Zweibeiner sind wahre Schweine. Nein, Schweine sind ordentlicher, schimpfte es aus dem Busch.

Vorsichtig weckte der Schwarzhaarige die Schlange auf seinem Schoß und machte sie auf ihren Artgenossen aufmerksam.

Ich riech ihn doch … Merlin, warum muss ich das eigentlich machen?, hörten Harry und Sanara es weiter maulen, ehe sich ein flacher, beinahe dreieckiger Kopf aus dem Gestrüpp schob und suchend umschaute. Als das fremde Reptil ihn erblickte, richtete es sich auf und zog die Mundwinkel nach oben, während es ihn anzüngelte.

Na endlich habe ich dich gefunden!

Mit aufgerissenen Augen blickte Harry zwischen seiner Vertrauten und der fremden Schlange hin und her. Kennt ihr euch?, erkundigte er sich bei Sanara, doch diese schüttelte nur den Kopf, ohne den Blick von dem fremden Tier zu nehmen.

Wer bist du, Fremder?, wollte sie mit drohendem Zischen wissen, schlängelte von Harrys Schoß und richtete sich auf der Bank empor. War sich seine Freundin bewusst, das allein der Kopf der anderen Schlange breiter war als ihr eigener? Ganz zu schweigen vom Umfang des Körpers, auf jeden Fall das was er erblicken konnte.

Ich bin eine Freund einer gemeinsamen Bekannten des Jungen und mir, Schlüpfling, gab das fremde Tier zurück.

 

Verwundert hob Harry die Augenbrauen: Von wem denn?

Ein Laut den der Schwarzhaarige inzwischen als Schlangen-Lachen erkannte, war zu hören, ehe das Reptil antwortete: Na wie viele Schlangen kennst du denn?

Stirnrunzelnd überlegte der verwirrte Junge. Außer seiner Vertrauten kannte er bisher nur die Schlange aus dem Zoo. Du meinst doch nicht …

Doch genau diese verhätschelte Zooschlange meine ich. Ich bin ihr bei ihrer Reise nach sonst wo begegnet und sie hat geradezu von dir geschwärmt. Nun und da wollte ich doch mal selbst einen Eindruck von dir bekommen. Wann trifft man schon mal einen Zweibeiner der uns versteht?

 

Und wie willst du ihn gefunden haben, Fremder? Außerdem, stell dich gefälligst mal vor!, zischte Sanara skeptisch und schnappte in Richtung des fremden Schuppenträgers.

So stellte sich die fremde Schlange als Nagas vor und erklärte dass er mit Hilfe seines Geruchssinnes, den Gerüchten die anscheinend in der Tierwelt, sowie ‘anderen Hinweisen’, zu Harry gefunden hatte. Sanara blieb skeptisch und führte immer wieder Scheinangriffe aus, sobald Nagas auch nur ansatzweise wagte ein wenig näher zu kommen.

Insgeheim bewunderte der Junge die Glattschlange für ihren Mut und ihm wurde bewusst, dass er seiner Vertrauten anscheinend wirklich am Herzen lag.

Irgendwann verabschiedete sich Nagas mit einem: Wie ich sehe, hast du bereits ausreichenden Schutz und dem Versprechen man würde sich wieder sehen.

Erst als Harry später auf seiner Matratze lag, wurde ihm bewusst, das er nicht mal wusste wo der dunkelgrüne Schlangenmann lebte und was für eine Art er war. Nun, dann würde er dies halt bei dem nächsten Treffen nachholen. Denn irgendetwas sagte ihm, dass dies nicht ihre letzte Begegnung gewesen war. Genau so, wie ihn immer mehr dass Gefühl beschlich, dass sein eigentlich ruhiges Leben, bald enden würde. Er konnte das Gefühl nicht beschreiben und auch nicht greifen, aber irgendetwas war komisch.

Post

Als er am nächsten Morgen die Post reinholte, war unter anderem ein Briefumschlag der an ihn adressiert war dabei. Das Seltsame daran war, dass sogar sein Zimmer darauf stand. Irgendwie war das … gruselig. Woher konnte der Absender dies wissen? Das war schlicht unmöglich! Der Gedanke dass Dudley sich einen Spaß mit ihm erlaubte, festigte sich.

Gedankenverloren lief er mit der Post in den Wohnbereich, legte Zeitung, Werbung und Rechnungen auf den Tisch und wollte gerade seinen geheimnisvollen Brief öffnen, als Dudley aufschrie und ihm diesen aus der Hand riss. Das Letzte was er sah, war das “H”, das in roten Wachs gedrückt, auf der Rückseite den Brief besiegelte. Aus dem Nichts erschien sein keifender Onkel und entrissDudley den Umschlag. Das orkangleiche Geschrei Vernons, wobei er nicht mit Hähme und Verachtung sparte, ließ ihn gar nicht zu Wort kommen und unterbrach jeden Versuch Harrys seine Post zurück zubekommen.

“Freaks kriegen keine Post!” Abschätzig warf sein Onkel einen Blick auf die Beute.

Verwirrt und zugleich neugierig beobachtete der junge Potter-Spross die unerwartete Veränderung die das Familienoberhaupt durchlebte.

Aus dem Keifen, wurde Keuchen bis es eher ein nach Luft schnappen war.

Die Gesichtsfarbe glich immer mehr der hellen Wohnzimmerwand, als dem fleischigen Hautton.

“Vernon, Schatz?”, erklang die unsichere Stimme seiner Tante, während sie näher trat.

“Bitte … mein Brief …”

“Ruhe, Bengel!” Mit zittrigen Händen hielt Vernon seiner Frau das Schriftstück hin, woraufhin auch ihr jegliche Gesichtsfarbe entglitt.

“Bitte, Onkel...!”, versuchte Harry es erneut und trat einen Schritt näher. Doch das Gesicht seines zuvor so blassen Onkels, färbte sich nun rot, während er seinen Neffen wütend anfunkelte. “Nein!” Ein herber Schlag gegen sein Brustbein ließ Harry japsend nach hinten taumeln.

“Dad? Mum?” Dudley, neben dem er stehen geblieben war und sich mit schmerzverzehrtem Gesicht den Oberkörper rieb, blickte mit Untertassengroßen Augen zwischen allen Beteiligten hin und her. Anscheinend war er nicht der Einzige der die Welt nicht mehr verstand, das wurde Harry in diesem Moment klar.

Warum rasteten seine Verwandten, allen voran sein Onkel, nur wegen eines einzigen Briefes so aus? Warum waren sie deswegen wütend auf IHN? Er hatte niemandem Bescheid gesagt, damit ihm geschrieben wurde. Himmel, er kannte ja nicht mal irgendwelche Leute. Vielleicht waren sie wütend wegen dem was auf dem Brief stand? Also Harrys Adresse quasi? Schließlich stand in schwarzen geschwungenen Buchstaben eindeutig der Zusatz “Im Schrank unter der Treppe” unter seinem Namen.

DAS musste es sein! Onkel und Tante mussten glauben, dass er es jemanden erzählt hatte!

Wie hatte es seine Lehrerin noch Mal ausgedrückt … “Er war so, als wenn er ihnen ‘in den Rücken gefallen’ wäre”. Wahrscheinlich waren sie einfach unglaublich enttäuscht von ihm.

In dem guten Glauben dieses Missverständniss schnell aus der Welt schaffen zu können, räusperte er sich und trat wieder näher an die leise, aber aufgeregt flüsternden Erwachsenen heran.

“Onkel Vernon, ich habe nicht …”

Doch weiter kam er nicht, ließ ihn doch die heftige Ohrfeige, die ihn traf, erneut zurück taumeln. Sterne funkelten vor seinen Augen - oder waren das Vögel mit Dudleys hönischem Grinsen? Letztendlich auch egal, alles was er in diesem Moment wollte, war dass sie verschwanden und sich einfach die ganze Situation als schlechter Witz oder Traum herausstellen würde.

Resigniert stöhnte der schwarzhaarige Junge tief, als er sich in den Arm kniff und es nichts weiter brachte als eine weitere Stelle die an seinem Körper schmerzte.

“Onkel Veron … bitte”, versuchte der Brillenträger es erneut, während er mit einem schmerzerfüllten Keuchen letztendlich auf den Hintern fiel. Sein Kopf und sein Brustkorb fühlten sich an, als wäre ein Auto darüber gefahren. Auf jeden Fall stellte er es sich so vor.
 

“Nochmal: Freaks kriegen KEINE Post. NIEMALS! Nicht so lange ich lebe! Du hast deine Aufgaben zu erledigen und zur Schule zu gehen. Mehr steht dir nicht zu, Bengel! Ungehobeltes Etwas … ich werde dir zeigen wo dein Platz ist.”

Die kalten und bedrohlichen Worte des Dursley Familienoberhauptes ließen Harry den Kopf empor reißen und seine Schmerzen für einen kurzen Moment vergessen. Was meinte sein Onkel? Sein Platz … sein Zimmer … war doch der Schrank unter der Treppe.

“Sieh hin!”, befahl der dicke Erwachsene, während er ein Streichholz von seiner Frau gereicht bekam, dieses am Stein des Kamins entzündete und mit einem gruseligen und irgendwie verrückt wirkendem Grinsen, den Brief in Brand steckte.

“Nein …. bitte”, flehte Harry mit halb erhobener Hand, doch alles was er bekam, war ein höhnisches Lachen seines Onkels.

“Du bist ein Niemand!” Mit diesen Worten warf sein Onkel den Brief in den Kamin.

Vor seinen Augen zerfiel seine erste persönliche Post knisternd im Feuer und nur der Schwindel und der dröhnende Schmerz in seinem Kopf hinderten ihn daran auszurasten. Oh wie er seinen Onkel in diesem Moment hasste!
 

Traurig und wütend zugleich, kroch er aus dem Wohnraum. Es tat so unglaublich weh immer wieder vorgehalten zu bekommen, wie unwichtig man auf der Welt war. Wie wenig seine eigene Familie ihn liebte und ihm gönnte.

Wenn ihm doch nur ein Einziger von ihnen, einmal erklären würde WARUM! Dann könnte er wenigstens versuchen dies zu ändern und es ihnen recht machen.

Erst am späten Abend verließ er sein Zimmer wieder um das Abendessen zuzubereiten.

Schweigend briet er das Fleisch, während wieder einmal Pommes in der Fritteuse frittierten. Die äußerst einseitige Ernährung seiner Verwandten kam ihm ganz gelegen, war dies doch etwas wobei er nicht groß überlegen musste. Schnitzel, Pommes und Salat konnte er quasi im Schlaf perfekt zubereiten. Kaum das alles fertig war und auf dem Tisch stand, schnappte er sich noch eine der kleinen Wasserflaschen und legte sich wieder ins Bett.

Er wollte einfach nicht die hämischen Blicke seiner Verwandtschaft und den Triumph über ihn, in ihren Augen sehen. Heute wollte er wirlich keine Gemeinheiten mehr hören. Alles was er in diesem Moment wollte, war zu vergessen. Doch der Schmerz in Kopf und Brust, würde ihn wohl noch einige Zeit an dieses Erlebnis erinnern.
 

Am Sonntag, drei Tage vor seinem Geburtstag, stellte Harry einem äußerst gut gelauntem Vernon Dursley sein Frühstück vor die Nase. Dieses nervige, selbstzufriedene Grinsen, trug sein Onkel schon seit dem er den Wohnraum betreten hatte, im Gesicht.

Die letzten Tage hatte er es so gut geschafft den Dursleys aus dem Weg zu gehen, doch heute war dies nicht möglich.

Es regnete das erste Mal seit Tagen und das in Strömen, sodass dass man das Haus nur im Notfall verließ. Sonntags musste Vernon weder arbeiten, noch waren Geschäfte offen durch die Tante Petunia seinen Onkel schleifen konnte. Somit saß Harry hier im Haus mit den drei Dursleys fest. Wohl das erste Mal in seinem Leben, bereute es der schmächtige Junge schnell zu arbeiten. Hatte er doch schon gestern alles erledigt, was im Haushalt zu tun war und vor allem, was Zeit in Anspruch und ihn aus dem direktem Umfeld der Verwandtschaft brachte. Der Dachboden und der Keller waren wohl zum letzten Mal bei ihrer Erbauung so aufgeräumt und sauber gewesen.
 

“Der Sonntag ist ein herrlicher Tag. Der Tag Gottes. Ohne Arbeit. Schön dass auch die Postboten frei haben. Nicht wahr, meine liebe Petunia?” Am liebsten hätte der schwarzhaarige Junge sich die Ohren zugehalten. Die Verhönung war deutlich für Harry herauszuhören.

Nur mühevoll schaffte er es den spöttisches Kommentar, ob Eulen wohl auch nur eine sechs Tage Woche hatten, herunter zu schlucken. War er der Einzige in der Familie, der bemerkt hatte dass diese komischen, geheimnisvollen und der Reaktion seiner Verwandten nach,

gefährlichen Briefe mit eben diesen Tieren gebracht wurden? Die Frage war, waren seine Verwandten blind oder ignorant?

Wenn er jetzt so drüber nachdachte, dann ignorierten sie wohl die inzwischen beachtlich gestiegenen Anzahl an Greifvögeln im Umfeld des Hauses. Schließlich hatte er beobachten können wie sein Onkel nicht nur einige der Tiere von seinem zugekacktem Auto gejagt hatte, nein. Er war ebenfalls Zeuge davon geworden, wie sein Onkel mit gemeinen Grinsen den Briefschlitz mit Brettern zugenagelt hatte.

Wahrscheinlich waren wirklich noch mehr Briefe gekommen, doch so genau konnte er das nicht sagen. Inzwischen durfte er weder Zeitung oder noch Post holen. Jedoch war der Ligusterweg auch nicht als Eulen-Hotspot bekannt.
 

“Los Bengel, zur Feier des Tag des Herrn, darfst du mit uns am Tisch sitzen”, forderte sein Onkel ihn gönnerhaft auf und zeigte auf den einzig freien Stuhl am Tisch.

Am liebsten hätte er seinem Onkel gesagt, wo er sich seine gute Laune hinstecken könnte und den Raum verlassen. Lieber würde er im Regen bei Sanara sitzen oder ohne Essen in seinem Schrank, als bei diesen heuchlerischen Personen, doch er spürte dass eine Verweigerung verheerende Konsequenzen nach sich ziehen würde. So beeilte er sich einen Teller, sowie ein Messer aus dem Schrank zu holen und auf dem Stuhl Platz zu nehmen. “Danke, Onkel Vernon.”

“Aber Dad …”

“Nein Dudley, heute ist Sonntag und zu dessen Ehren darf auch er hier mit uns essen”, wurde der Dursley Spross mit gespieltem Tadel unterbrochen.

Verstohlen blickte der jüngste der Runde zu seinem Cousin. Der irritierte Blick von diesem gab ihm jenes Gefühl, das dieser dasselbe dachte wie er: Wann hatte Vernon seinen Glauben an Gott gefunden und vor allem wo?

Der gleiche Vernon, der selbst an Weihnachten nur in die Kirche ging, weil es sonst negativ in der Nachbarschaft aufgefallen wäre. Wahrscheinlich kannten Dudley und er durch die Schule mehr Bibelverse als Onkel und Tante zusammen.
 

Schweigend widmete er sich der Scheibe Weißbrot auf seinem Teller in dem er sie sparsam mit Butter bestrich. Wenn er zu viel nehmen würde, gab es bestimmt auch wieder Schimpfe. Gerade als er die Scheibe vor seinen Mund hielt um hinein zu beißen, ließ ihn ein zartes Räuspern seiner Tante den Blick heben. Mit hochgezogener Augenbraue blickte sie zwischen Harrys Gesicht und dem Brot in seiner Hand hin und her. Unsicher biss sich die Frau vor ihm auf die Unterlippe, ehe sie eine wage, ausholende Geste über den Tisch machte. “Bediene dich, Harry. Es ist mehr als genug da.”

Verunsichert, ob diese Aufforderung nun ernstgemeint oder eine Falle war, blickte er mit großen Augen von seiner Tante zum Familien Oberhaupt. Doch dieser schien von dem Ganzen nichts mitbekommen zu haben, war er doch vollkommen gefangen in einer ‘Smelting Diskussion’ mit Dudley. Anscheinend ging es darum, welchen Lehrer man wie beeinflussen konnte.

So griff Harry langsam nach einer verlockend duftendenden Scheibe Wurst und belegte sein Brot damit.

Sein Gaumen schien vergessen zu haben, wie gut eine einfache Scheibe Salami schmecken konnte, so wie der Genuss in seinem Gaumen explodierte. Genüsslich schloss er die Augen um sich vollkommen auf den Geschmack zu konzentrieren und blendete seine tratschenden Verwandten einfach aus.
 

Bei der zweiten Scheibe Brot mit Tantes Lieblingskäse, welche diese ihm einfach zubereitet auf den Teller gelegt hatte, kam Harry erneut ins Grübeln. Seine Verwandten waren heute wirklich komisch und es passte so gar nicht zu ihrem sonstigen Verhalten.

Klar, Dudley war ein launisches, verzogenes, ungehobeltes Kind und Harry kannte ihn nicht anders, aber die Erwachsenen?

Vernon berief sich auf den Herrn und hatte die zweite Scheibe mit hochgezogener Augenbraue und einem geschnaubten “Dann hast du Kraft für deine Aufgaben.” akzeptiert. Der schmächtige schwarzhaarige Junge hatte spätestens in dem Moment damit gerechnet wieder weggeschickt zu werden. Doch stattdessen hatte das Familienoberhaupt sich prahlerisch wieder seinem Lieblingsthema zugewandt: Der Arbeit und wie man Kunden so richtig übers Ohr hauen konnte.

Dann war da noch seine Tante. Wenn er jetzt so darüber nachdachte, war sie wirklich … nett gewesen und das nicht erst heute. Eigentlich hatte ihr seltsames Verhalten schon nach dem Zoobesuch begonnen. Da hatte er seinen Spionage Vorschlag jedoch noch gar nicht unterbreitet. Konnte ihr verändertes Verhalten dann überhaupt damit zusammenhängen, so wie er es sich immer und immer wieder gesagt hatte? Ein Erlebnis aus den Sommerferien vor vier Jahren kam ihm vor Augen.
 

“Harry was hast du denn?”, wollte Petunia wissen und kniete sich vor ihm hin.

“Los Kind, sag mir was los ist.” Vorsichtig hob die Frau sein Kinn an, sodass er ihr mit Tränen gefüllten Augen entgegenblicken musste.

“Ich … ich bin … ich bin gestürzt”, schniefte er und drückte seine Hand auf das Knie.

Mit einem schnalzenden Geräusch musterte die Frau ihn. “Warst du ungeschickt? Wo tuts denn weh?”

“Mein Knie …”, wimmerte Harry und zog das Bein näher an den Körper.

“Dann … zeig mal her.” Damit rückte sie ein Stück von ihm ab und zog seine Hand vom schmerzenden Knie. Augenblicklich zog sie zischend die Luft ein, als sie die Folgen seiner Unachtsamkeit sah. Der Brillenträger schaute strikt in eine andere Richtung. Er wusste wie sein Knie vorhin ausgesehen hatte,

jetzt würde es schon nicht viel anders aussehen. Blutig und dreckig.

Wahrscheinlich war das Blut nur getrocknet inzwischen.

“Wann ist das passiert, Harry?”

“Heute Morgen … ich bin beim Wasser holen gestolpert und mit der Gießkanne ins Kiesbett gefallen. Es tut mir Leid für das verkippte Wasser und die Blumen sind auch gegossen und die Wäsche hängt auch, aber das Unkraut zupfen tat so weh …”, plapperte er hektisch um die Wut seiner Tante hoffentlich abzumildern. Er war halt doch nur ein ungeschickter Bengel.

“Ach Junge warum sagst du denn nichts? Du Tollpatsch!”

Damit hatte sie ihn empor gezogen, ins Haus begleitet und sein blutig geschlagenes Knie versorgt. Mühsam und erstaunlich vorsichtig hatte sie die kleinen Steinchen aus der Wunde gezogen. Harry hatte es still und vollkommen überrumpelt über sich ergehen lassen.

“So, Kind. Das wars”, sagte seine Tante und strich noch einmal die Ränder des Pflasters fest. “Jetzt bist du wieder … arbeitsfähig.”

Das ‘arbeitsfähig’ klang in Harry Ohren irgendwie seltsam. So als wolle sie eigentlich etwas ganz anders sagen.

“Vielen Dank, Tante Petunia,” hauchte er immer noch vollkommen positiv überrascht und rutschte vom Küchenstuhl um wieder an die Gartenarbeit zu gehen. Er musste die Zeit aufholen die er durch sein Missgeschick verloren hatte um fertig zu werden bis Onkel Vernon nach Hause kam von der Arbeit.

Schüchtern lächelte er seine Tante an, die ihm einen beinahe entschuldigend Blick zuwarf. Verdutzt runzelte er die Stirn. Warum guckte seine Verwandte so seltsam?

Doch dieser Ausdruck war nur flüchtig auf ihrem Gesicht. Nur allzuschnell war ihr wieder der übliche Ausdruck ins Gesicht gemeißelt. Kalt und verbittert. Abschätzig und Misstrauisch. Als wäre ihr plötzlich eingefallen wer er war.

“Los, geh gefälligst zurück an die Arbeit, Bengel!” Damit sammelte sie leise mit sich selber schimpfend die Verbandsmaterialen ein und Harry entschwand zurück an die Arbeit.
 

Eigentlich war es immer so gewesen, dass Tante Petunia netter wurde, je länger er dauerhaft zu Hause war und im direkten Kontakt mit ihr stand. In all den Jahren waren da immer Momente gewesen, in denen sie beinahe ausgesehen hatte als täte ihr alle Leid nur um ihn im nächsten Moment an den Ohren aus dem Haus zu schleifen und anschließend mit dem kalten Brunnenwasser aus dem Gartenschlauch abzuduschen.

Kopfschüttelnd versuchte Harry diese mehr als verwirrende Erinnerung und all seine Gedanken bezüglich seiner komischen Verwandten zu beenden.

Es ändere sich ja doch nichts. Sein Onkel war cholerisch und gewalttätig, sein Cousin ein pubertierender Teenager der seinen Platz im Leben suchte und seine Tante schlichtweg launisch. Kurz zuckte er mit den Schultern. So seltsam und merkwürdig das alles auch war, er war nur ein Kind, ein Freak, was konnte er schon dagegen machen?

Die Gedanken verdrängend erhob er sich um den Tisch abzuräumen. Während er so in Gedanken gewesen war, waren seine Verwandten fertig geworden mit Essen und hatten sich bereits erhoben um sonst was zu tun. Zurückblieb nur Harry mit einem ordentlichen Berg an dreckigen Geschirr.

Ohne dass er es wollte zog ein bitteres Gefühl durch seinen Magen. Das war es wohl gewesen mit dem Tag des Herren. Aber wie konnte er auch so dumm seien und den Tatsachen zum Trotz so etwas wie Hoffnung aufbauen? Nun ja, er war nun mal nur ein Freak mit freakigen Gedanken. Lieber sollte er sich auf das konzentrieren was er zu tun hatte.

Als alles Geschirr in der Spülmaschine verstaut war, welche fröhlich zischend und blubbernd ihre Arbeit tat und die Küche wieder blitzte, schlenderte er herüber zum Wohnbereich. Dort hatte sich die Verwandtschaft vor dem gerade zu brüllend lauten Fernseher versammelt. Wenn seine Tante weiterhin so, beinahe unheimlich, gut gelaunt war, konnte er sich vielleicht eines ihrer Bücher ausleihen und damit in seinen Schrank zurück ziehen.
 

“Entschuldige Tante Petunia …”, setzte er zum sprechen an, wurde jedoch von einem “Tsch”, seines Onkels und der bekannten Melodien der Nachrichten unterbrochen.

Gerade als der Nachrichtensprecher etwas über einen erneuten Überfall auf Apotheken erzählte und Harry langsam ungeduldig wurde, erklang aus Richtung der Haustür ein lautes Poltern. Stutzig geworden lauschte der Junge, doch als er nach zwei weiteren Kurznachrichten immer noch niemand klingelte, tat er es als Halluzination ab. Hatten seine Verwandten doch nicht mal von Fernseher, Strickzeug und Gameboy aufgesehen.

Erleichtert atmete der Brillenträger auf, als der Nachrichtenmensch noch einmal vor Überschwemmungen durch den vielen plötzlichen Regen auf die trockene Erde warnte und an den Sportnachrichtensprecher übergab. Jetzt musste er nur noch die uninteressanten Sportnachrichten und das Wetter abwarten, ehe er endlich nach einem Buch fragen konnte. Ungeduldig wippte er hin und her, als ihn plötzlich einsetztendes Beben ins straucheln brachte.

“Daaaad”, quietschte Dudley und kauerte sich panisch an seinem Gameboy klammernd auf dem Sofa zusammen.

“Vernon, mein Gott, ein Erdbeben!”

“Auf den Boden, sofort!” Damit riss sein Onkel Petunia und Dudley hinunter und drängte seine Familie unter den viel zu kleinen Wohnzimmertisch. Untermalt wurde das Ganze vom panischen Quietschen und Schreien von Tante und Cousin. Beinahe wäre Harry beim Anblick von den Hintern seines Onkels und Cousins, die nicht mehr unter den Tisch passten sondern in die Höhe ragten, in Gelächter ausgebrochen, doch dafür hatte er im Moment ehrlich gesagt zu viel Angst. Er musste sich auch verstecken. Eilig bewegte er sich in Richtung Küchentisch, als eine neue Welle die Gläser im Schrank klirrend erzitternd ließ. Doch dabei merkte Harry, dass es nicht der Boden war der wackelte, sondern viel mehr die Luft, die geradezu vibrierte. Gerade als er dieses festgestellt hatte, hörte er stetig ansteigendes Krächzen, Fiepen und Gurren.

Panisch riss er seine Augen auf und blickte zum Fenster. Das was er da sah, ließ ihn das Verstecken vergessen und stattdessen wie festgefroren stehen bleiben. Durch den kleinen Spalt zwischen den Spitzengardinen entdeckte er eine dunkle Wand am Himmel die von Sekunde zu Sekunde unaufhaltsam näher kam.

Kurz erinnerte ihn das alles an eine gefährliche Gewitterwolke, die eine Menge Regen, Blitz und Donner mit sich brachte, doch lange konnte er diesem Gedanken nicht nachhängen. Begannen sich doch die Ereignisse zu überschlagen.
 

Gerade noch hauchte er: “Eulen …” und schon im nächsten Moment erklang erneut ein Schlag gegen die Haustür. Dieses Mal so stark dass auch sein Onkel es mitbekommen hatte und sich fluchend aufrichtete. Das Vibrieren und auch die Schreie der Eulen schwollen rasant an und Harry kam es vor wie ein Eulentornado, ehe es genauso schnell weniger wurde. Doch es blieb nicht so ruhig, denn schon im nächsten Moment knallte es nicht nur erneut aus Richtung Tür, nein. Auch ein beunruhigendes Rascheln, Rauschen und Rumpeln war aus Richtung des Kamins zu hören.

“Was, im Namen aller Heiligen …”, doch weiter kam das Familienoberhaupt nicht in seiner brüsken Frage, schossen doch in dem Moment unzählbar viele Briefe aus dem Kamin. Mit einem erneuten Knall an der Haustür gab die Brettervernagelung Vernons am Briefschlitz nach und auch aus der Richtung flogen Briefumschläge, sowie eine Pergamentrolle ins Haus.

Wieder schrien seine Verwandten als würde es um ihr Leben gehen, während der schmächtige schwarzhaarige Junge mitten im Raum stand. Er war das Zentrum der Briefe, die auf ihn niedergingen oder noch durch die Luft segelten. Ein ausgelassenes Lachen verließ seine Lippen und schon im nächsten Moment hielt ihn nichts mehr auf den Beinen. Ausgelassen lachend sprang er in die Luft und tanzte in diesem plötzlichen Brieferegen.

Keine Frage, es war gruselig, unheimlich und unerklärlich, aber das war ihm in diesem Moment egal. Er hatte Spaß, wie ein Kind im Sommerregen, herumzuspringen. Anscheinend war er irgendwem ziemlich wichtig, sodass dieser Jemand solch eine Flut schickte, nur weil er nicht geantwortet hatte. Dieser Gedanke war es, der Harry ein unglaublich warmes Gefühl in der Brust bereitete. Jemand schien tatsächlich an seiner Meinung und Existenz interessiert. Auch wenn er sich keinen Reim darauf machen konnte, wer es wohl war. Nun, dass würde sich wohl erst ändern wenn er einen der, gefühlten tausend, Briefe lesen würde.

Geschwind packte er sich eine Rolle über seinem Kopf und versteckte sie beim springen, drehen und jauchzen unter dem Shirt.

Keinen Moment zu früh, denn seine Verwandtschaft schien kapiert zu haben das weder ein Erdbeben, noch der Weltuntergang bevorstand und es auch niemand auf sie abgesehen hatte.
 

“Vernon! Tu doch was!”, schrie seine Tante mit quietschender Stimme und drängte Dudley in Richtung Terrassentür.

“Ich mach doch schon”, keifte sein Onkel mit hektischen Flecken im Gesicht zurück und drückte mit aller Kraft das Kamingitter gegen die daraus störmende Briefeflut.

“Vernon!”

“Bring die Kinder raus, los! Jetzt REICHTS!”

Und schon befand auch Harry sich im erstaunlich festen Griff seiner Tante und wurde mit dem verwirrten Dudley in Richtung Terrassentür gezogen.

“Nicht dahin!”, schrie sein Onkel schnaufend.”Da kommen diese verfluchten Teile her!” Damit ließ der dicke Erwachsene das Gitter fluchend fallen, stapfte über den Berg an unerwarteter Post zu dem Trio hinüber und riss ihn am Kragen aus der Hand seiner Tante.

“Bring Dudley in sein Zimmer”, befahl der Mann noch, ehe Harry von diesem aus dem Raum geschleift wurde. Ängstlich versuchte sich der Junge aus dem Griff zu befreien. Er zappelte, schrie dass er nichts falsch gemacht habe und doch landete er unsanft im Schrank als das Dursley Oberhaupt ihn kraftvoll, mit den kalten Worten “Doch, du lebst”, hineinwarf und von außen verbarrikadierte.
 

Tief brannten sich diese drei Worte in Harrys Herz. Waren sie die Erklärung für alles was die Durselys mit ihm machten? Nur weil er lebte? Er hatte es sich doch nicht ausgesucht! Wollte seine Familie etwa dass er genau so aufgab, wie der kleine Charles?

Kurz erinnerte er sich an den netten blonden ehemaligen Mitschüler, der so sehr gemobbt wurde und aus einem Kinderheim kam, bis er es als Grundschulschüler in der vierten Klasse nicht mehr ausgehalten hatte und sich eins der Küchenmesser nach dem Küchendienst im Heim mit ins Bad genommen hatte. Harry wusste nicht was genau Charles damit gemacht hatte, aber die Lehrerin hatte noch erzählt dass Charles niemals wiederkommen würde und nun ein Stern am Himmel wäre. Alles was Harry damals gespürt hatte, war das Mitleid mit Charles, dass er niemand gehabt hatte mit dem er reden konnte. Niemand der ihn lieb hatte. Doch war da auch Wut auf all die Erwachsenen, die nicht auf Charles aufgepasst hatten. Dies und der Entschluss, dass er es niemanden so leicht machen würde ihn los zu werden.

Damals waren ihm so viele Ähnlichkeiten zwischen ihm und Charles aufgefallen, dass er wirklich Angst bekommen hatte. Wenn er ganz ehrlich mit sich war, hatte er auch jetzt noch, diese Angst zu versagen. Angst den Menschen jenes zu geben, was sie anscheinend wollten, nämlich dass er aufgab. Falls er Onkel Vernons Worte eben richtig verstanden hatte.

Energisch schüttelte er mit dem Kopf um diese Gedanken zu vertreiben. Er hatte seinen Onkel bestimmt nur falsch verstanden und der meinte es gar nicht so. Ja, bestimmt war er nur wütend über diese ganzen Briefe. Das was mit Charles geschehen war hatte hier gar nichts mit zu tun.
 

Entschlossen sprang er auf, trat zur Holztür und hämmerte kräftig dagegen. Laut schrie er, dass ihn jemand raus holen sollte und selbst für ihn war die Wut in seiner Stimme zu hören. Jetzt und genau in diesem Moment reichte es Harry wirklich! Er war doch nur ein Kind und auch wenn er ein Freak war und ihm manchmal Sachen passierten die nicht passieren durfte, so hatte er es doch niemals drauf angelegt. Nicht darauf dass seine Haare sofort nach dem Schneiden nachwuchsen, nicht darauf plötzlich auf dem Dach der Schule zu stehen als Dudley ihn mit seinen Freunden verfolgt hatte und erst Recht hatte er keine Schuld daran, dass ihm irgendwelche Fremden Briefe schickten. Meine Güte, er wusste ja nicht einmal WER es war. Er spürte wie es in ihm kribbelte. Sein Innerstes war in Aufruhr und nur am Rande merkte er, wie seine Spielzeugsoldaten einer nach dem Anderen trudelnd zu Boden fielen. Doch es war ihm ebenso egal wie der Wind der durch seine Haare fuhr und sie noch mehr verwüstete. Alles was er wollte, war hier heraus zu kommen!

Erneut rief er nach den Erwachsenen, doch es brachte ebenso wenig wie der verzweifelte Versuch die Tür aufzudrücken. Entkräftet und mühsam gegen die Tränen kämpfend, ließ sich der junge Potter an der Tür hinabgleiten. Früher oder später würden sie ihn hier wieder raus lassen, doch irgendetwas sagte Harry dass eher ‘später’ als ‘früher’ zu traf.

Ein drückendes, pieksendes Gefühl an seiner Brust ließ ihn aus seiner beginnenden Lethargie auftauchen. Verwirrt griff er unter sein Shirt und holte die Papierrolle darunter hervor. Mit einem Mal war er schlagartig hellwach. Die Rolle hatte er ja vollkommen vergessen im Eifer des Gefechtes!

Skeptisch musterte er das Schriftstück in seinen kleinen, von der Hausarbeit rauen, Händen. Es sah genau so aus wie die letzte Rolle die ihm diese wütende Eule gebracht hatte. Das Papier fühlte sich genau so an wie letztes Mal und auch dieses Mal war sie mit einem roten Band versehen, welches heute jedoch grüne Sprenkler hatte.

Neugierig drehte er das Schriftstück in seinen Händen, doch wieder fand er keinen Absender. Ob sie wohl gefährlich war? Mit den Schulter zuckend erinnerte er sich daran dass beim letzten Mal auch nichts geschehen war, also war es jetzt bestimmt ebenso. Schlimmer konnte es doch eh kaum noch werden.

Entschlossen öffnete er das Band und entrollte die Rolle.

Die Schrift war seiner Meinung nach die Selbe wie in der letzten. Ordentlich aber mit Schnörkeln. Im schwachen Licht, dass durch die Lüftungsgitter drang, begann er zu lesen.
 

Harry, bald ist es soweit. Inzwischen hast du bestimmt die Briefe bekommen.

Ich habe dafür gesorgt, dass sie vor deinem Geburtstag abgeschickt werden. Auch wenn sie trotzdem zu spät kommen ...

Lass mich dir zwei Ratschläge geben: Nichts ist wie es scheint und vertraue niemanden!
 

“Was …” Mehr schaffte der Schwarzhaarige nicht zu hauchen, nachdem er mehrere Minuten wie gebannt auf diese Zeilen blickte, als würde er dadurch mehr Informationen bekommen.

Wer schrieb ihm? Der Jenige kannte ihn und wusste von den Eulen UND seinem Geburtstag.

Warum wurde ihm geschrieben? Anscheinend würde er den Verfasser ja bald kennenlernen oder was wurde mit ‘bald’ gemeint? Womit er bei der nächsten Frage war: Wo sollte er diesen Jemand bitte kennenlernen?

Und was hatte dieser Fremde mit den ganzen Eulen zu tun?

Wozu diese Ratschläge?

So sehr er auch überlegte, es deutete für ihn alles immer mehr auf einen Streich hin. Einen sehr gemeinen Streich, da er dadurch gehörig Probleme mit seiner Familie bekam.
 

Wie lange er sich den Kopf letztendlich zerbrochen hatte ohne auf eine zufriedenstellende Antwort zu kommen, wusste er nicht mehr. Es war eher ein Wunder, dass der schmale Streifen Holzboden auf dem er hin und her gegangen war keine Laufrinne aufwies, als plötzlich ein Klicken ertönte und mit leisem Quietschen die Tür aufging.

“Raus da und mitkommen”, erklang die dunkle Stimme seines Onkels, als dieser auch schon wieder in Richtung Wohnzimmer verschwand.

Unsicher leistete Harry dem Befehl Folge und blieb blinzelnd im hellen Licht des Flures stehen. Anscheinend war es inzwischen dunkel geworden, da die Deckenlampen eingeschaltet waren und ihm nach der Dunkelheit seines Zimmers grell in den Augen leuchteten. Seine kleine Lampe im Schrank hatte er nicht eingeschaltet, konnte er doch in der Dunkelheit, trotz seiner Angst davor, am besten nachdenken.
 

So schnell und doch gesittet es ging, eilte er hinter seinem Onkel her. Er musste sich ja beim besten Willen nicht unnötigen Ärger durchs herumtrödeln einbrocken.

“Setz dich, Bengel”, kam auch sofort die Aufforderung des Familienvorstand vom Esstisch. Nun neugierig geworden, setzte er sich auf den Stuhl und bekam von einer bleich wirkenden Petunia einen herrlich duftenden Kakao unter die Nase geschoben.

Anscheinend war seine Tante nicht nur müde und kaputt, sondern auch noch verwirrt, kam es ihm in den Sinn und ließ seinen Blick weiter wandern.

Dudley saß mit kleinen Augen tief über eine Tasse Kakao gebeugt und schien kurz davor wieder einzuschlafen. Anscheinend hatte sein Cousin schon im Bett gelegen, auf jeden Fall deutete der Schlafanzug, mit ‘Billy the Cat’ Muster, darauf hin. Oh wie sehr wünschte es sich der beinahe Elfjährige doch in diesem Moment, dass Piers und Co. den sonst so coolen Dursley Spross so sehen würden. Das wäre es dann gewesen mit dem Ansehen, welches dieser genoss. Schmunzelnd malte er sich aus wie es ablaufen würde und erstickte ein ausgelassenes Lachen, beim vorgestellten verdutzen Blick der Bandenmitglieder, in einem kräftigen Schluck Kakao. Schnell ließ er seinen Blick weiter zu seinem Onkel wandern.

Dieser wirkte ebenso bleich wie Tante Petunia, doch zeitgleich war da so viel Entschlossenheit und Wut, dass sich ein ungutes Gefühl in Harrys Magen zusammenbraute. Anscheinend war sein Onkel alles andere als gutgelaunt nach diesem Euleninferno. Wahrscheinlich hatten sich auch die Nachbarn beschwert, jeden Falls konnte sich das der Potter-Spross sehr gut vorstellen. Erstens dürfte es alles andere als ruhig und friedlich zugegangen sein und Zweitens konnte er sich vorstellen dass Straßen, Häuser, Gärten und Autos eher einer Vogeltoilette glichen. Alles zusammen hatte die Familie Dursley in den Augen seines Onkels garantiert unangenehm in den Fokus gerückt. Etwas was seine Verwandten in all den Jahren an die er sich erinnern konnte, zu verhindern wussten. Natürlich nur wenn man nur die negative und keine positive Aufmerksamkeit berücksichtigte. Davon konnte es schließlich “Niemals genug geben”, so die Worte Vernon Dursleys. Was natürlich auch ihn selbst mit einbezogen. Er war für alle nur das Kind von gestorbenen Rowdyeltern, welches die Familie großherzig aufgenommen hatte und ansonsten so gut es ging verheimlicht wurde.
 

Ein angestrengtes Räuspern Seitens seines Onkels ließ ihn aus den bitteren Gedanken auftauchen.

“Um es kurz zu machen, packt eure Sachen, wir verschwinden für den Rest der Ferien.”

Mit einem Schlag war sein schlaftrunkener und beinahe in die Tasse gekippter Cousin hellwach und brüllte laut dass dies doch nicht ging, er nicht wollte und überhaupt wäre das ja ungerecht, weil Harry als Freak Schuld wäre. Doch egal welche Argumente das dicke Kind hervorbracht - am Ende glich seiner Stimme nur noch einen weinerlichen Jammern - sein Onkel ignorierte diesen Wutanfall eine ganze Zeit lang.

“Dudley es reicht!” Die Spannung war beinahe greifbar im Raum. Niemals zuvor hatte Harry es erlebt dass Dudley von den Eltern zurecht gewiesen wurde. Nicht einmal, als dieser beinahe das Haus abgefackelt hatte weil er eine Pizza mit Plastikverpackung in den Ofen gepackt hatte. Oder als er den Familienwagen zerkratzt hatte, weil er mit dem Schüssel herumhampelte. All das war mit einem Lächeln und “Kleiner ungeschickter Dudy-Spatz” ad acta gelegt worden. Doch jetzt schien alles anders. Irgendwas stimmte überhaupt und rein gar nicht und wenn Harry es nicht besser wüsste, dann würde er sagen dass seine Verwandten schreckliche Angst hatten. Unwohl zog sich Harrys Magen zusammen, denn etwas das selbst Vernon Dursley solch eine Angst machte, dass er sein eigenes Kind anschrie, konnte niemals etwas Gutes sein!
 

“Bengel, hör auf zu träumen und hör gefälligst zu wenn ich mit dir rede”, knurrte sein Onkel dunkel und ließ Harry damit beinahe vor Schreck vom Stuhl fallen.

Wütend über seine eigene Unachtsamkeit entschuldigte er sich kleinlaut und lauschte nun aufmerksam. Das ungute Gefühl in seinem Magen nahm zu.

“Ich sagte, du sollst deine elendigen Klamotten zusammensuchen und dann einige Lebensmittel und Wasser packen und dann alle Taschen zum Wagen tragen. Zügig, gefälligst.” Entschlossen schob das korpulente Familienoberhaupt den Stuhl zurück um aufzustehen. Mit grimmiger Miene schlug er mit der Faust auf den Tisch. “Mir reichts, wir werden dahin fahren wo uns Niemand finden kann … los jetzt, ich will so schnell wie möglich hier weg!” Damit erhoben sich auch die sichtlich aufgebrachte Tante und schon den murrenden Dudley schließlich auf dem Raum.
 

Harry selbst hingegen, ging zuerst in die Küche und die angrenzende Speisekammer. Das Packen der Nahrungsmitteln würde länger dauern als die wenigen Habseligkeiten die er besaß.

Grübelnd blickte er sich in der reichlich gefüllten Kammer um, während er eine grosse, eckige Holzkiste hervor zog. Was sollte er nur mitnehmen? Zwei große Flaschen Wasser wanderten in den Korb, gefolgt von drei großen Cola. Das Sixpack Bier für Onkel Vernon stellte er daneben. Ein Packung von Tantes Lieblingstee musste ebenfalls mit. Somit waren die jeweiligen Lieblingsgetränke,alle vorhanden.

Doch die Frage nach dem Essen war dadurch auch noch nicht beantwortet. Er wusste schließlich nicht ob es einen Supermarkt oder ein Restaurant in der Nähe ihres Zielortes gab. Er glaubte nicht wirklich daran, dass sie den Rest der Ferien dort bleiben würden. Onkel Vernon musste schließlich arbeiten und Dudley würde es doch gar nicht so lange ohne den Computer aushalten. Oder vielleicht fuhren sie in ein Hotel? Nein, selbst dem jungen Potter war klar, dass sein Onkel dafür viel zu sehr aufs Geld achtete.

Schulterzucken entschied er sich also damit zu rechnen, dass er im Nirgendwo, mitten auf dem Land enden würde und so wanderten Mehl, Zucker, Eier, Dosenobst, Brot, Schokoladenaufstrich, Eier, Reis, Nudeln und Fertigsaucen in den Kasten. In eine Kühlbox packte er Aufschnitt, Käse, Pizza und etwas Fleisch.

Zufrieden mit sich und seiner Auswahl, blickte er nach einer Stunde auf insgesamt zwei Holzkisten und die Kühlbox. Spontan hatte er sich dazu entschieden noch Töpfe, Besteck, Geschirr und Becher mitzunehmen. Man wusste ja schließlich nie. Ebenso hatte er sich noch von Tante Petunia den Schlüssel zum Schokoladenschrank geben lassen, um Dudley nicht auch noch in einen Schokoladenentzug zu treiben. Ein gehetztes Lächeln von ihr und ein gegrummeltes “Endlich scheint unsere Erziehung zu Früchte zu tragen” Seitens seines Onkel, waren der Dank dafür.

Doch Harry war es egal. Alles was er wollte war sich ins Auto zu setzen und zu schlafen, während sie Alle durch die Dunkelheit fuhren. Keuchend zog er auch noch den letzten Korb mühsam hinaus zum Wagen und versuchte dort wieder zu Atem zu kommen, während ihm das T-Shirt Schweißgetränkt am Oberkörper klebte. Ein Königreich für eine Dusche, doch dafür hatten sie bestimmt keine Zeit mehr, so wie der Onkel in seinen nicht vorhandenen Bart murmelte, ob er vorhin japanisch gesprochen habe. Der schwarzhaarige Junge verstand zwar nicht was sein Onkel damit meinte, aber er hatte gemerkt wie dessen Blick immer wieder empor zur ersten Etage gewandert war. Der dicke Mann hatte es wirklich eilig, denn diese Ungeduld schien Harry anders als sonst, doch konnte er nicht benennen in wie weit ‘anders’.

“Geh deine Sachen holen, Bengel”, holte ihn die tiefe Stimme des Erwachsenen aus den Überlegungen.

“Ja, Sir”, erwiderte er so fest wie möglich und ging eilig wieder in Richtung Hausinneres. Auf der Türschwelle hielt er jedoch noch einmal inne, als die Stimme seines Onkels erneut ertönte. “Wasch dich und zieh dich um, sonst verpestet du mir nur das Auto. Aber zügig!”

Ohne ein weiteres Wort oder einen Gedanken darüber zu verlieren, eilte Harry ins Haus, schmiss einige seiner sauberen Klamotten - eigentlich beinahe alle - in einen Rucksack und hetzte mit dem letzten sauberen, von Dudley geerbten, Shirt in das Erdgeschossbad um sich ein wenig zu säubern.
 

Nach guten zehn Minuten steckte er auch noch die kurz zuvor benutzte Zahnbürste, sowie das Duschgel in seinen Rucksack. Kurz hatte er überlegt, ob er auch noch sein Handtuch mitnehmen sollte, doch bestimmt würde es in ihrer Unterkunft ebenfalls welche geben.

Auch wenn die ganze Situation mit den Briefen, den Eulen, dieser geheimnisvollen Nachricht und auch das Verhalten seiner Verwandten mehr als merkwürdig und irgendwie beängstigend war, so konnte Harry es doch nicht davon abhalten von freudiger Erregung erfasst zu werden. Schließlich war das hier mehr oder weniger ein Urlaub. Sein erster Familienurlaub. Seine Hoffnung war groß, dass die Dursleys sich weit entfernt von den neugierigen Nachbarn etwas anders - netter - verhalten würden. Wahrscheinlich lag es einfach nur am Streß den sie hier durch die Arbeit, Schule und allen anderem hatten, dass sie so gemein zu ihm waren.

Genau dieser Gedanke - der eisern gegen die Stimme in seinem Hinterkopf ankämpfte, die ihn mahnte dass er sich nichts vormachen sollte - war es der ihn grinsend seine Zimmertür schließen ließ. “Alles wird gut”, dass hatte ihm seine Lieblingslehrerin gesagt, kurz bevor sie die Schule und damit auch ihn verlassen hatte. Jetzt war es an der Zeit ihren Worten zu glauben. Auch wenn er sich einmal, vor vielen Jahren, geschworen hatte nie wieder so etwas wie Hoffnung zu entwickeln, geschah dieses nun unvermeidlicherweise und sein kindliches Herz freute sich darauf. Seine Fantasie produzierte zahlreiche ‘Was wäre wenn …’ - Szenarien, während der für sein Alter viel zu reife Verstand, ihn wieder und wieder versuchte auf den Boden der Tatsachen herunter zu holen.

Den Kopf schüttelnd ging der Teenie noch ein Mal in den Wohnbereich und die Küche um zu kontrollieren, das er auch alles Wichtige hatte um sich nicht unnötigen Ärger einzuhandeln.

Dabei streifte sein Blick die Terrassentür, hinter welcher der nachtschwarze Garten lag. Durch das Licht im Haus wirkte der Garten, als wäre er ein einziges schwarzes Loch. Ohne Anfang und Ende … ohne Boden. Als wäre er da draußen Niemand anderes mehr.

Dies war der Moment als ihm siedend heiß einfiel was beziehungsweise WEN er die ganze Zeit vergessen hatte! Er hatte Sanara noch nicht von dem Ausflug erzählt. Dies fiel ihm jetzt erst auf, während er den Rucksack zu Boden gleiten ließ, die Schiebetür öffnete und mehr heraussprang als das er ging. Er hatte nicht viel Zeit für dieses Gespräch, hatte er doch gerade gehört wie sein Onkel unter lauten Schnauben und Schimpfen einen Koffer Petunias die Treppe herunter hievte.
 

Sanara, rief er laut in die feuchte Nachtluft hinein. Der Ruf einer Eule ließ ihn kurz empor blicken und besorgt auf die Unterlippe beißen. Hoffentlich war ihr nichts geschehen. Fraßen Eulen nicht auch Schlangen? Sanara, wo bist du, Kleines? So toll er Eulen auch fand, wenn Sanara deswegen in Gefahr geraten war, würde er sich das niemals verzeihen.

Hektisch hob er die Regenschweren Äste ‘ihres’ Busches an, doch auch das Umrunden dieses half ihm nicht sie zu finden. Inzwischen rauschten Angst und Sorge in großen Wellen durch seinen Körper, sodass sich sein Magen zusammenzog. SANARAAAAAAAAAA, brüllte er so laut es ging, hoffte er doch dass sich das Reptil einfach nur weiter weg befand.

Erneut drang ein lauter, tiefer Schrei eines dieser Botenvögel an sein Ohr heran und als ein Schatten über ihn glitt hob er erneut verzweifelt den Kopf.

Bitte … bitte lass es ihr gut gehen. Bitte lass ihr nichts passiert sein, betete er immer wieder als er auf dem nassen Gras stand und den Blick auf den inzwischen hellstrahlenden Mond richtete. Es durfte einfach nicht sein … dass seine bisher einzigste Freundin … gefressen worden war.

Das verknotete Gefühl seines Magens wanderte hinauf in seine Kehle und Harry konnte es nicht vermeiden, dass er spürte wie ihm langsam die Tränen kamen. Tränen der Verlustangst, aber vor allem Tränen des Versagens, hatte er sie doch nicht hineingeholt. Nein, er hatte sie einfach vergessen und in seinem Schrank gegrübelt. Was war er doch für ein schlechter Freund!
 

Nur nebenbei registrierte er die Eule die im Sturzflug zu ihm hinab flog.

Bitte … Sanara … bitte …

Erst ein erneuter, beinahe Aufmerksamkeitsheischender, Eulenschrei ließ ihn ein wenig aus seiner Lethargie erwachen.

...ry! Kleiner, hey Zweibein!

Das war eindeutig Sanaras Stimme, doch woher kam sie? Suchend blickte er sich um, doch alles was er sah war der Garten der sanft darlag im Licht des Mondes und hier und dort glitzerte durch den vorherigen Regen.

Hier oben, Kleiner, rief ihn die Stimme und so blickte er verwirrt hinauf in den Himmel. Das was er sah, ließ ihn leise vor Erleichterung aufschreien. Da war die Eule die nur wenige Meter über seinem Kopf segelte und in ihren Klauen konnte Harry eindeutig die Kontur einer Schlange ausmachen.

SANARA, rief er erleichtert aus und hob seine Hand empor als die Eule noch ein wenig tiefer sank. Als sie nur noch zwei Armlängen über ihm flog, öffnete sie ihre Krallen und Sekunden später lag die kleine Glattschlange wohlbehalten und an einem Stück in seinen Händen.

Na endlich, zischte das Reptil nicht weniger erleichterter als er selbst und kroch seine Arme empor um sich um seinen Hals zu wickeln.

Ich dachte schon dieser Vogel will mich gar nicht mehr herunterlassen.
 

Sanara … ich … ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht. Es tut mir leid dass ich dich vergessen habe … ich also … Doch eine kleine gespaltene Zunge leckte seine hinablaufenden Tränen herunter und schmiegte ihren Kopf gegen seine Wange.
 

Es ist alles gut, mein Kleiner. Mir ist nichts passiert. Auch wenn dieses Federtier daran einen großen Anteil hat. Er hat mich einfach geschnappt und ist mit mir weggeflogen. Ich dachte meine letzte Stunde hat geschlagen, gestand ihm seine Freundin ihre Angst ein. Natürlich habe ich mich versucht zu wehren. Ich habe gezappelt und in die Beine gebissen, doch dieser fliegende Tod hat mich einfach geschüttelt bis ich nicht mehr wusste wo oben und unten ist. Also wirklich, nochmal brauche ich das wirklich nicht. Schlangen gehören auf die Erde und nicht in die Luft!
 

Ein befreites Kichern verließ Harrys Kehle, als er Sanara so empört zischen hörte. Alles was zählte, war dass es ihr gut ging.

“Danke”, sagte er mit fester Stimme an die Eule gewandt, die sich auf einen Ast in der Nähe niedergelassen hatte. Mit einem letzten Nicken erhob sich da Tier wieder in die Luft und verschwand mit starken Flügelschlägen und einem letzten Schuhuhen in der Dunkelheit der Nacht.

Geschockt riss Harry die Augen auf. Das war …
 

Alles in Ordnung Harry?, wollte seine Freundin von ihm wissen, was er mit einem abwesenden Nicken beantwortete.

Ich kenne diese Eule, Sanara. Die hat mir die erste komische Rolle gebracht.
 

Seltsam …, war alles was die Glattschlange nach einigen Augenblicken des Schweigens dazu sagte, ehe sie sich ein Stück nach vorne bewegte um ihm besser ins Gesicht gucken zu können. Aber warum hast du hier eben so rumgeschrien?

Den Kopf einmal energisch schüttelnd, erzählte er ihr was sich im Haus abgespielt hatte und das sein Onkel nun abhauen wollte.

Sanara, du kannst nicht mit. Wer weiß wo wir hinfahren. Bitte sei mir nicht sauer …

Kommentarlos glitt das Reptil seinen Körper hinab und richtete sich vor seinen Füßen auf.
 

Ich bin dir nicht böse, Kleiner, gestand das Reptil und verfiel erneut in Schweigen.

So sehr ihn diese Information auch freute, klang es doch nach einem fetten ‘Aber’.

Aber es gefällt mir trotzdem nicht. Das Ganze meine ich. Die Eulen, die Briefe und dass dein Onkel sich wie eine Maus in ihrem Loch versteckt, ist einfach feige. Jedoch sehe ich ein dass ich nicht mit kann. Dafür werde ich hier bleiben und alles beobachten. Vielleicht finde ich ja hier etwas raus oder kann einen der Briefe für dich fangen, wenn noch einer kommt.
 

Dankbar kniete sich der junge Potter hin und strich seiner Freundin über den kleinen Kopf.

Danke

Ein lauter Schrei seines Onkels nach Dudley ließ ihn stark zusammenzucken und aufspringen.
 

Geh und pass auf dich auf!
 

Du ebenfalls, sagte er lächelnd und rannte in Richtung Haus. An der Türschwelle hielt er noch einmal inne und drehte sich zu seiner geschuppten Freundin herum.

Sag doch Nagas bitte Bescheid wenn du ihn wieder siehst. Sag ihm, dass es mir leid tut dass ich ihn nicht nach seiner Art und seiner Unterkunft gefragt habe.
 

Mach ich und nun geh endlich, sonst kommt dieses dicke Zweibein wieder und ich überlege mir doch noch einmal ganz genau ob ich ihn nicht doch beiße.

Nach dieser Drohung hob Harry noch einmal die Hand und trat ein um die Terrassentür hinter sich zu verriegeln. Schnell ließ er noch die Jalousine herunter und setzte seinen Rucksack auf. Zeitgleich mit einem äußert miesgelaunten Dudley trat er in den Hausflur und sofort bellte sein Onkel das sie ins Auto sollten. Schließlich sei es jetzt schon nach Mitternacht und damit viel später als geplant.
 

“Gegen Mittag dürften wir ankommen”, gab Onkel Vernon grummelnd bekannt, was sofort laut zeternd von Dudley kommentiert wurde. Eilig versuchte Petunia Dursley ihren Sohn zu beruhigen, merkte doch auch sie dass es mit dem Thema Geduld nicht gut bei ihrem Ehemann aussah.

Leise seufzend kuschelte Harry sich tiefer in seinen Sitz und blickte hinaus auf die vorbeiziehenden Lichter der Stadt.

Wo würden sie nur hinfahren?

 

 

 

Ein Tag mit Sanara

 

Während Harry nach einer gefühlten Ewigkeit endlich am Zielort ankam und sich somit seine Befürchtung, mitten im Nirgendwo zu landen, bewahrheitete, erwachte im Ligusterweg eine kleine Glattschlange aus ihrem erholsamen Schlaf.

Den hatte sie, nach all diesen Strapazen, wirklich gebraucht. Wann konnte eine Schlange schon mal behaupten von einer Eule gerettet worden zu sein? Etwas das gehörig an ihrem Selbstbewusstsein nagte. Sich im Angesicht einer Übermacht an Feinden zu verstecken, war eine Instinkthandlung und klug. Sich jedoch vom Feind retten zu lassen? Nein, dies kratzte wirklich an ihrer Schlangenehre und dem Stolz. Doch niemals würde sie dies zugeben! Es durfte nur niemals einer von ihren Artgenossen erfahren. Das Harry und diese Eule davon wussten, war schon schlimm genug, doch sie vertraute darauf dass der Mensch sie nicht verraten würde. Dafür war dieser Schlüpfling einfach viel zu gut. Wäre er wirklich eine Schlange, dann würde er selbst eine Maus verschonen und lieber Hunger leiden, da war sich Sanara sicher. Insgesamt war ihr dieser Junge ein Rätsel.
 

 

Sie hatte kurz nach ihrer Geburt von den Legenden gehört. Eine davon war gewesen, dass es Zweibeiner gab die mit Schlangen reden konnten. Eine Schauergeschichte die sagte, dass solche Menschen böse waren und Schlangen als Waffe benutzten, weil sie diese kontrollieren konnten. Niemals hätte sie gedacht auf so jemanden zu treffen.

Vor allem nicht im Revier dieser bösen Zweibeiner. Wütend zischelte sie. Diese großen Zweibeiner, die ihr Schützling Familie nannte, waren ihr wirklich ein Dorn in den Schuppen. Sie gaben dem Schlüpfling kaum eine Chance und ließen ihn für sich Jagen und den Bau sauber halten, während sie selbst wie Untiere aussahen.

Ja, Harry hatte ihr bewiesen dass die Legende stimmte, jedoch nicht ganz wahr war. Niemals hatte der Schlüpfling sie benutzen wollen. Im Gegenteil, er hatte sie beschützt, sich Sorgen gemacht und sogar seine wenige Beute mit ihm geteilt.
 

 

Gedankenversunken blickte das Reptil in den Himmel und die Frage, wie es ihrem Schützling jetzt wohl ging und auch die damit verbundene Sorge, ließen sie unruhig werden. Doch sie wusste, Harry hatte Recht damit gehabt, dass sie nicht mitgekonnt hatte. Wer wusste schon wie lange dieses dicke Zweibein an dem geheimen Ort, wie eine verängstigte Maus, hocken wollte. Dass die anderen Menschen nicht gut reagiert hätten, wäre sie entdeckt worden, glaubte sie ihrem Freund sofort. Sie hatte schließlich mit eigenen Augen gesehen, wie das Zweibein dass Harry Dudley nannte, einen Hund getreten und mit Steinen beworfen hatte. Wieder etwas, dass sie nie auch nur ansatzweise bei ihrem Schlüpfling bemerkt hatte. Der Junge hatte ja sogar geweint als diese fremde Eule gestorben war. Ein Tier das er weder gekannt hatte, noch etwas mit dem Tod von diesem zu tun hatte.

Entschlossen begann sie zu wittern. Sie würde ihren Teil der Abmachung einhalten und einen dieser geheimnisvollen Briefe für ihren Harry einfangen. Zudem sollte sie ja dieser unbekannten Schlange Bescheid sagen. Wie war noch gleich sein Name? Überlegend wiegte sie den Kopf hin und her und kroch dabei unter dem Busch hervor. Sie musste eh jagen, wie ihr das drückende Gefühl an der Unterseite klar machte, da konnte sie ihr Glück auch in dem Park in dem sie diesen Fremden getroffen hatten versuchen. Wenn sie wirklich Glück hatte, dann konnte sie zwei Beuten auf einmal machen. Eine saftige Ratte und diesen großen Schlängler.
 

 

Die Sonne war bereits ein ganzes Stück gestiegen und schien warm auf Sanaras Schuppen, als sie den Park erreichte und sich sofort züngelnd ein Bild von ihrer Umgebung machte. Da waren einige Zweibeiner auf dem Spielplatz, doch ebenso roch sie verschiedene Nager. Ganz in der Nähe konnte sie altes Wasser riechen und ebenso aus der Richtung eine Ratte. Dem Geruch nach ein jüngeres Tier und der Gedanken an den Geschmack ließ Aufregung durch ihren Körper wallen. Leise schlängelte sie in Richtung ihrer Beute und überzeugte sich dabei immer wieder mit ihren Sinnen davon, dass weder ihr Essen entkam noch ein Feind in der Nähe war.
 

 

Kurz hielt sie, versteckt in einem Grasbüschel, inne als sie das Nagetier erblickte. Sie konnte das Leben in der Beute riechen. Die Energie und den Lebenswillen. Wieder einmal fragte sie sich, warum die Beute immer so sorglos war. Diese junge Ratte saß nur da und knabberte an irgendetwas herum. Zwar schnupperte sie und blickte sich dabei immer wieder um, doch anscheinend war das junge Ding einfach dumm. Nun damit würde es bald ein Ende haben. Vorfreudig schmeckte sie noch einmal die Luft, ehe sie pfeilschnell hervor schoss und sich um ihr wild und panisch quietschendes Opfer wand. Es war jung und kräftig mit großem Lebenswillen, das spürte sie während sie sich immer fester zog und mit ihrer Beute herum rollte. Doch sie war die Glattschlange Sanara. Sie hatte den Angriff der Eulen überlebt und war die Freundin einer Legende. So schnell würde sie sich nicht von einer erbärmlichen Ratte besiegen lassen! “Gib auf”, zischte sie wütend, obwohl sie genau wusste dass dieses Fellbündel sie nicht verstand. Kurzerhand öffnete sie ihr Maul und stülpte es über die Schnauze ihrer Beute. Dies würde es nicht nur schneller beenden, sondern auch dieses anstrengende Geräusch im wahrsten Sinne ersticken.

Noch einmal bäumte sich das Nagetier voller Panik auf und versuchte Sanara abzuschütteln, doch diese zog sich ein letztes Mal zusammen und nach wenigen Augenblicken erschlaffte das Tier unter der Kraft ihrer Muskeln. Das Leben und der Wille waren ausgelöscht. Zufrieden und leicht geschafft von diesem Kampf, löste das Reptil sich und begann zu fressen.

Gesättigt kroch sie nach ihrem Mahl zu dem kleinen Rinnsal Wasser, trank ein wenig und befreite sich von dem Dreck den sie sich bei der Jagd zugezogen hatte. Sie würde jetzt ein Schläfchen halten und dann diesen Artgenossen suchen. Leicht schläfrig kroch sie unter einen Dornenbusch um ihr wohlverdientes Verdauungsschläfchen zu halten. Kurz bevor sie in den Schlaf abdriftete, kam ihr der Name des Fremden in den Sinn. Nagas, ja so hieß der Größere.
 

 

Erholt und voller Energie erwachte das Reptil eine ganze Zeit später wieder. Kurz streckte sie sich noch einmal, ehe sie aus ihrem Versteck kroch und in den Himmel guckte. Die Sonne war weiter gewandert. Doch bis die weiße Sonne erschien, dauerte es noch eine ganze Zeit. So hatte sie auch noch genug Zeit um sich von dem Feuerball bestrahlen zu lassen und ihren Körper dadurch aufzuwärmen. Erst durch Harry hatte sie gelernt dass dies Sonne und Mond waren. Ja, er hatte ihr eine ganze Menge beigebracht, ebenso wie sie ihm. Gut gelaunt dachte sie an eine der Lehrstunden zurück, die sie sich gegenseitig auf den Streifzügen geben hatten, während sie sich auf die Suche nach Nagas machte.
 

 

Also Harry, es ist wichtig bei der Jagd immer die Umgebung zu kontrollieren. Auch ein Jäger ist nur so gut wie seine Jäger.
 

 

Was meinst du damit Sanara?, kam es unsicher von ihrem Schützling nach einem Moment des Schweigens.
 

 

Träge ließ sie ihre Zunge aus dem Maul gleiten. Das hier würde wohl doch schwieriger als gedacht werden. Ok Kleiner, welches ist das stärkste Tier, das dir einfällt?
 

 

Eine ganze Zeit lang schwieg der Befragte und trat Steine und Stöcke zur Seite, damit sie freie Bahn hatte. Der Löwe, kam es dann mit einem entschlossen Nicken.
 

 

Der Löwe also … welche Feinde hat der Löwe?, fragte sie mit sanftem Ton.
 

 

Hmm … lass mich überlegen. Also als erstes andere Löwen, dann sind gerade für die Jungen Hyänen und andere Raubkatzen eine Gefahr. In der Schule haben wir gelernt, dass neue Männchen die Jungen des Vorgängers tötet. Ziemlich gemein, findest du nicht? Bei dieser Frage blieb er stehen und blickte nachdenklich zu ihr hinab.
 

 

Mit schief gelegtem Kopf blickte sie zu ihm empor und antwortete ernst: Nein, denn eigentlich ist es doch ganz logisch. Erstens sind es nicht seine Jungen und Zweitens könnten sie ihm den Rang irgendwann streitig machen. Wie stark kann das Junge sein, wenn der Vater sich von ihm besiegen ließ? Nur die Starken überleben. Der neue Anführer muss seine starken Gene weitergeben und dass geht am besten wenn da keine Schlüpflinge des Verlierers sind, um die sich die Mütter kümmern. Du siehst, dass ich ganz logisch. Damit war für Sanara alles dazu gesagt, denn es war nunmal so, dass nur die Stärksten überlebten. Bei ihrer Schlupf waren drei ihrer Geschwister von ihrer eigenen Mutter gefressen worden, nur weil sie nicht geschafft hatten ordentlich zu schlüpfen. Zwei waren zu langsam gewesen und eins ihrer Geschwisterchen hatte kaputte Schuppen. Sie waren zu schwach um des Lebens würdig zu sein. Sie selbst hatte mit einigen wenigen anderen die Belohnung für ihre Stärke bekommen: Die Erzählung der Legenden und wenige Tricks zum überleben. Danach war die Mutterschlange mit einem scharfen “Das nächste Mal, habt ihr vielleicht nicht so viel Glück, sollten wir uns noch einmal wieder sehen”, verschwunden.
 

 

Das ist doch totaler Quatsch, Sanara!, mit diesen aufgeregten Worten Harrys tauchte sie aus ihrer Erinnerung auf. Sanara hörst du dir selber zu? Das ergibt doch alles gar keinen Sinn! Ja es sind nicht seine und was macht es schon aus? Vor allem was hat der Tod des Vaters mit der Stärke der Jungen zu tun? Klar sie haben die gleichen Gene, aber doch sind es unterschiedliche Tiere. Wenn er keine schwachen Tiere im Rudel haben will, kann ich das ja verstehen und auch wenn er die dann vertreibt oder im Kampf tötet, aber doch nicht gleich und sofort ohne zu wissen wer das Junge ist und was es kann. Das sind doch oft noch Babys und dann könnte er sie erstmal beobachten und trainieren, dann würden sie ja auch stark werden. Aber klar, es ist natürlich gleich viel einfacher, dass was nicht “eigenes Blut” ist, zu verachten und zu zerstören …

Ich meine, hast du dir mal überlegt wie es den Müttern geht? Wie die anderen Rudelmitglieder das finden und was für ein starker aber doch auch feiger Rudelchef der Neue dann eigentlich ist? Kopfschüttelnd und die Hände tief in der Hosentasche vergrabne, trottete ihr Schützling zu einem großen Stein und ließ sich mit hängenden Schultern darauf nieder.
 

 

Irritiert wiegte sie ihren Kopf hin und her und schmeckte die Luft mit ihrer Zunge. Unter den typischen Geruchs Harrys, hatte sich nicht nur der fade, schwere Geruch von Mitleid sowie Trauer gemischt, sondern auch etwas was sie nicht genau bestimmen konnte. Aber es schmeckte dunkel. Es war ein Geruch der Sanaras Instinkte verrückt spielen ließ. Einerseits sagten sie ihr auf Abstand zu gehen, weil Gefahr drohte und andererseits wollte sie einfach nur zu ihm. Ihn trösten und beruhigen. Genervt zischte sie, als ihr bewusst wurde, was sie da gerade gedacht hatte. Harry und eine Gefahr? Niemals!
 

 

“MIST!”, rief Jener in dem Moment in Zweibeinersprache aus und schlug mit der Faust auf den Stein. Die Wut des Jungen drang durch all ihre Sinne in sie ein und leichte Angst kam auf, als sie beinahe dabei zusehen kann, wie dieser dunkle Geruch sich wie eine Wolke um ihren Schützling legte.

Nein, so ging das hier nicht weiter, denn sie wollte gar nicht wissen was sonst noch kam.

Harry … hey Kleiner … beruhig dich bitte”, vorsichtig nährte sie sich dem aufgebrachten Kind. Was ist denn los? Besorgt blickte sie zu ihm empor, als sie an seinen Füßen ankam.
 

 

Was los ist? Du willst wissen warum ich so wütend bin? Mit entschlossenem Blick schaute er zu ihr hinab und ehe Sanara noch ‘Maus' zischen konnte, hob Harry sie empor und hielt sie auf Höhe seines Gesichtes. Ich sag es dir. Ein tiefes Seufzen war von ihm zu hören, ehe er sie auf seinen Schoss setzte und in den Himmel blickte. Die Sache ist … ich bin wie diese Löwenbabys. Ich bin vielleicht ein Teil der Familie, aber ich gehöre nicht wirklich dazu. Sanara, ganz grob gesagt lebe ich nur noch, weil Onkel Vernon seine Drohung noch nicht wahr gemacht hat, mir den Hals umzudrehen. Auch hat er mich noch nicht in den Keller gesperrt und verhungern lassen. Doch ich bin den Dursleys ebenso ausgeliefert, wie diese Jungen der Gnade des neuen Anführers. Deswegen rege ich mich darüber auf. Ich weiß wie es ist der Schwächste im Rudel zu sei. Weißt du was, Menschen sind nicht viel anders als Tiere. Auch als Mensch hast du nur ein gutes Leben, wenn du nicht der Schwächste bist. Wie sagtest du so schön: Nur die Starken überleben.
 

 

So recht hatte sie damals nicht gewusst, wie sie damit umgehen sollte. Auch jetzt war ihr diese dunkle, gefährlich und beängstigend wirkende Aura, die den Jungen umgeben hatte, ein Rätsel. Leider sagte ihr Gefühl, dass es nicht das letzte Mal gewesen war. Irgendetwas sagte ihr, dass so etwas nochmal passieren würde und alles was sie hofft war, dass sie auch dann wieder bei ihm war um ihn zu beruhigen. Wo sie jetzt so zurück dachte fiel ihr auf dass sie die Frage der ‘Jäger der Jäger’ gar nicht geklärt hatten. Nun, dann würden sie das halt machen wenn der Junge zurück kam. Vielleicht hatte der ja dann auch schon selber eine Antwort gefunden, denn dumm war Harry schließlich nicht. Er mochte für Zweibeiner Verhältnisse noch Eierschale hinter den Ohren kleben haben, aber dumm war er beim besten Willen nicht! Ja, der Kleine hatte Potential und wenn er sich ein wenig davon annahm, was sie ihm über das Leben als Schlange vermittelte, dann würde ihm das wirklich helfen. Vielleicht würde er dann ja auch mal zurückbeißen, wenn eines der anderen Zweibeiner wieder gemein ihm gegenüber wurde?
 

 

Belustigt zischte sie bei dieser Vorstellung, schlängelte durch Gebüsche und tastete erneut die Luft mit ihren Geschmacksnerven ab. Wo steckte dieses Riesenreptill nur? Konnte es dieser Geschmack zu ihrer Rechten sein? Er erinnerte auf jeden Fall mehr als alles andere am heutigen Tag an Nagas. Leider kam der Wind aus ihrer Richtung und trug den Geruch somit von ihr weg. Naja, dann würde sie halt einfach nachsehen und nach diesem Entschluss schlängelte sie zügig voran in Richtung ihres Artgenossen.
 

 

Na endlich hab ich dich gefunden!, brachte sie angestrengt hervor. Sie hatte über ein weites Feld gemusst und plötzlich war ein Ball angeflogen gekommen und hätte sie um ein Haar in Schlangenmus verwandelt.

Du musst mich doch gewittert haben, also warum bist du mir nicht entgegen gekommen?, giftete sie die grössere Schlange an, die eingerollt unter einem großen Busch lag.
 

 

Hallo, kleine Sanara, kam es schläfrig von dem Größeren als er seine Augen aufschlug.

Warum suchst du mich denn?
 

 

Wütend zischte sie ihn an, auch wenn sie roch, dass er gerade ein Verdauungsschläfchen machte. Der Andere roch nach Blut und Hase. Ich soll dir was von Harry ausrichten, nur deswegen bin ich schon den ganzen Tag unterwegs, du Schlafmütze!
 

 

Und die Ratte hat nur zufällig deinen Weg gekreuzt?, kam es belustigt zurück. Wo ist denn dein Master überhaupt?
 

 

Master? Was meinte Nagas denn damit?
 

 

Na, dein Vertrauter. Dein Schützling. Harry, den ich in deiner Obhut gelassen habe. Also … wo steckt er? Geschmeidig ließ die grosse Schlange ihre Zunge heraus gleiten, ehe er den Kopf hob und diesen schüttelte. Ich kann ihn nur schwach an dir riechen, aber sonst nicht. Aaaalso? Herausfordernd blickte das Männchen sie an.
 

 

Er ist weg. Es ist einiges passiert und da hat das dicke Zweibein alle weggebracht.

Ein wütendes Zischen ertönte von Nagas und automatisch wich Sanara ein Stück zurück.
 

 

Weg? Was meinst du mit weg und was ist passiert?

Und so erzählte sie dem größeren Reptil alles. Alles außer die unfreiwillige Rettung durch den Vogel natürlich.
 

 

Erst nach einer ganzen Weile des Schweigens, setzte Nagas wieder zum Sprechen an.

Das ist … interessant. Seltsam … was wird wohl … wenn er zurück kommt … Ich muss … aber nein, dass ist unmöglich. Vielleicht kann … nein, das wird auch nichts. Schlangenmist …
 

 

Irritiert lauschte Sanara dem Selbstgespräch des anderen Reptil und zuckte zusammen als plötzlich laut ihr Name ertönte.

Äh, was hast du gesagt?
 

 

Ich fragte, wann der Junge zurück kommt! Hör gefälligst zu, wenn ich mit dir rede.
 

 

Aufgebracht schlug Sanara mit ihrem Schwanz. Du redest mit dir selbst und erwartest dass ich artig dabei zuhöre? Von wegen mein Lieber! So stolz wie es ging, richtete sie sich auf und blickte den Anderen an. Ich bin nur gekommen um dir von Harry zu sagen, dass es ihm leid tut, dass er dich nicht gefragt hat welcher Art du angehörst und wo du wohnst. Genauso tut es ihm Leid, dass es wohl bis zu eurem nächsten Treffen dauern wird! Hätte er mich nicht darum gebeten, wäre ich jetzt nicht hier. Also reg dich nicht darüber auf, sondern freu dich lieber.

Apropos … Mutig wagte sie sich wieder etwas näher an die grosse Schlange.

Warum hast du Harry überhaupt aufgesucht und woher kommst du? Willst du ihm schaden? Das lasse ich nämlich nicht zu, hörst du? Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich auch all diese Eulen getötet, denn dann wäre der Junge jetzt hier bei mir und nicht wer weiß wo mit diesen … gemeinen Menschen! Um ihre Worte zu untermalen, schnappte sie in Nagas Richtung. Ja, sie war vielleicht kleiner als das Männchen, aber er sollte sehen, dass sie wild entschlossen war! Dass sie nicht alles mit sich machen ließ! Oh nein, für Spielchen sollte der Fremde sich wen Anders suchen! Sie hatte gesagt was sie sollte und dazu noch einiges mehr. Am klügsten war es jetzt, einfach wieder in ihr Revier zurück zu kehren und Nagas Nagas sein zu lassen, doch die Fragen wollte sie zuvor noch beantwortet kriegen. Es war zum Wohle ihres Schützling! Alsooo …?
 

 

Du bist seltsam, weißt du das eigentlich, Kleines? Aber auch wirklich unterhaltsam. Das typische Schlangenlachen erklang kurz und dunkel, ehe sich das Männchen wieder hinlegte.

Du kannst Harry sagen: Mein Besitzer hat mich freigelassen, ich habe einen trockenen Unterschlupf und ich bin eine … eine Boa Constrictor. Keine meiner Absichten soll deinem Schützling schaden, sondern ich fühle mich eher verpflichtet ihn zu beschützen. Wann trifft man schon Mal eine lebende Legende? Erneut ertönte das dunkle Lachen und es kam der Glattschlange so vor, als wenn Nagas in Erinnerungen versank. Irgendwie sahen seine Augen merkwürdig leer aus für einen kurzen Moment. Doch genau so schnell wie dieser Ausdruck erschien, so schnell war er auch wieder verschwunden.
 

 

Eine Legende, die dann auch noch anders ist, als uns erzählt wurde, nicht war?, griff sie die Frage des Männchen auf und beobachtete wie dies kurz nickte.
 

 

Ja, das stimmt allerdings. Harry ist anders … magst du mir nicht ein wenig über ihn erzählen? Ich wüsste gerne, ob er es wirklich wert ist , dass man ihn beschützt und sich Gedanken um ihn macht.
 

 

Musternd blickte sie den Älteren an und schmeckte die Luft um zu erfahren, ob sie angelogen wurde. Doch sie konnte keinerlei Hormone bemerken, die auf Lüge hinwiesen. Entweder Nagas war ehrlich mit seiner Interesse und wollte wirklich einfach nur seine Neugierde stillen, oder … oder dieses Reptil konnte besser lügen als ihr lieb sein konnte. Nervös zuckten ihre Schuppen. Konnte sie es wagen, Nagas zu erzählen wie Harry war? Was wenn der Schlüpfling ihr das Übel nahm? Nein, sie durfte einfach nichts von den wahren Umständen aus dessen Leben erzählen. Einfach nur wie sie ihn erlebte und nicht, warum dies so erstaunlich war. Also gut, dann hör mir gut zu!

Damit erzählte sie Nagas von den guten Eigenschaften ihres Schützlings. Seine Geduld, Mut, Freundlichkeit, Vertrauen, Hilfsbereitschaft, Moralverständnis und noch so vieles mehr, plapperte sie euphorisch vor sich hin, während Nagas ihr einfach nur mit geschlossenen Augen lauschte.
 

 

Meine Güte Kleines! Du bist ja vollkommen begeistert von ihm. Wenn du ein Zweibein wärst, könnte man meinen du wärst in den Jungen verliebt, das dunkle Lachen Nagas ließ Sanara in ihrer Erzählung innehalten.
 

 

Bitte … WASSS? Aufgebracht schlug sie mit ihrem Schwanz. Was fällt dir ein? Harry ist ein Schlüpfling. Er ist MEIN Schlüpfling! Außerdem, ich bin eine Schlange und kein Zweibein, oder war dein Hase krank? Erneut lachte das Männchen auf, ehe er mit seiner Schwanzspitze vorsichtig auf ihren Kopf tippte. Na toll, jetzt behandelte dieser Blödmann sie auch noch wie ein Babyschlüpfling. So langsam wurde ihr das Ganze zu blöd und kratzte ebenso ein kleines bisschen an ihrer Schlangenehre.

Blödes Riesenreptil!, fauchte sie zickig und schlängelte von dem Männchen weg.
 

 

Ich hab dich auch gern, Kleines. Mit diesen Worten entrollte sich der Andere und streckte die Schuppen. Mit großen Augen und bewundernden Staunen beobachtete Sanara ihn dabei.
 

 

Wow … wie lang bist du eigentlich?, fragte sie leise und hätte sich am liebsten selber die Zunge abgebissen. Wie peinlich konnte dass hier eigentlich noch werden?
 

 

Ehrlich gesagt weiß ich das nicht so genau, aber ich habe bisher fünf Himmelslichter mitgemacht seit dem ich auf die Welt kam. Der Stolz war deutlich in seiner Stimme zu hören, während er sich selbst musternd betrachtete. Groß genug um ordentlich Beute zu machen und den Zweibeinern gefährlich zu sein! Das größte Tier, welches ich bisher erlegt habe ist …
 

 

Ja ja, ist ja gut. Du kannst jetzt aufhören zu prahlen, du Angeber, zischte sie genervt und drehte ihm die Rückenschuppen zu. Wenn du sonst nichts mehr zu sagen hast, mache ich mich auf dem Weg zurück in mein Revier. Mit diesen Worten setzte sie sich entschlossen in Bewegung um endlich wieder in ihr vertrautes Gebiet zu kommen. Inzwischen war der Mond gekommen und bis sie zu Hause war, hatte dieser bestimmt schon seinen Höchststand erreicht.

Als sie schon einige Meter von Nagas entfernt war, ließ sie dessen Stimme noch einmal anhalten und zurück blicken
 

 

Ach und Sanara? Es werden keine weiteren Eulen mehr kommen. Solltest du dir also eine davon als Mitternachtssnack erdacht haben, dann such dir was anderes!
 

 

Zu verwirrt um darauf etwas zu erwidern, beobachtete sie wie die Silhouette des Männchen eilig in entgegengesetzter Richtung im Licht des Mondes verschwand.

Seltsam … wirklich seltsam dieser Kerl, zischte sie sich selbst zu und sah nun ebenfalls zu nach Hause zu kommen. Bestimmt fand sie dort wieder eine lebensmüde Maus, die es wagte in ihr Revier einzudringen und diesen ‘Mut’ schließlich mit dem Leben bezahlte.

Vielleicht kam ihr dann auch eine Antwort auf die Frage, warum sich Nagas so sicher war, dass keine Eulen mehr kamen.

Während sie Felder, Wiesen und Straßen überquerte, fiel ihr auf, dass der Andere ihr mehr Fragen bereitet, als beantwortet hatte.
 

 

Schlangenmist! Der hatte sie echt ausgetrickst!

 

~~

 
 

 

 

Freiheit(en)

So entspannt wie schon lange nicht mehr, lehnte sich der junge Harry Potter zurück, stützte sich auf seinen Händen ab und genoss mit geschlossenen Augen das Gefühl der Sonne auf seinem Gesicht.

Im Großen und Ganzen konnte das hier wirklich als Urlaub durchgehen.
 

Es war wirklich so gekommen, wie Harry befürchtet hatte: Sein Onkel hatte die Familie an den Arsch der Welt gebracht. Hier gab es nichts weiter als einen Leuchtturm und ein kleines windschiefes  Häuschen auf den Klippen, in dem man eigentlich mehr schlecht als recht vor dem Wetter geschützt war. Zudem war ein unterschwelliger, wenn auch nicht weniger penetranter, Geruch nach Fisch im ganzen Haus wahrzunehmen. Kein Wunder, wenn Onkel Vernons Kollege zum Angeln herkam. Das Haus, welches in Harrys Augen eher die Bezeichnung ‘Bretterbude’ verdient hatte, war auch nicht dafür ausgelegt, dass mehr als zwei Personen hier unterkamen. Das war deutlich geworden, als nur ein Schlafzimmer und ein Zweisitzer Sofa im Wohnraum vorgefunden wurde. Was für Harry bedeutete auf dem klammen Boden schlafen zu müssen, während Dudley das Sofa bekam.

Der nächste Nachbar war, wie Harry schätzte, eine Viertelstunde Autofahrt entfernt und das nächste Dörfchen mindestens eine halbe Stunde. Doch dies störte den Potter nicht im Geringsten! Denn hier verspürte er das erste Mal in seinem Leben so etwas wie Normalität, Ruhe und Freiheit. Ja, er musste auch hier die Hausarbeiten erledigen, doch es war bedeutend weniger und somit in seinen Augen nicht erwähnenswert. Auch ließen ihn seine Verwandten größtenteils in Ruhe oder besser gesagt links liegen.

Seine Tante hatte ihn sogar beinahe dankbar angelächelt, als er gestern einen von Dudleys Wutanfällen mit einer aus dem Karton geholten Tafel Schokolade beendet hatte. Nach dem Frühstück war die Familie Dursley heute ins nächste Dorf gefahren, um sicherzustellen, dass ihr Duddy-Spatz auch ja alles hatte und somit versorgt war. Dass er dabei hier zurückgelassen worden war, störte ihn in keinster Weise, denn so kam das Urlaubsfeeling noch viel besser rüber. Hier musste er sich nicht von irgendwelchen Schränken oder dem Sofa fernhalten. Nein, hier war er frei sich drinnen und draußen zu bewegen wie er wollte. Auch wenn er bei solch ‘Dudley unwürdigen Zuständen’, nicht damit rechnete dass sie hier wirklich den Rest der Ferien verbringen würden.
 

Tief einatmend öffnete der Potterspross seine Augen und ließ all die Eindrücke auf sich wirken. Der Geruch des Meeres und der wenigen Gräser um ihn herum. Das Geräusch der Wellen, die sich an den Klippen brachen. Möwengeschrei, welches die Luft erfüllte. Es war einfach herrlich. Ja, anscheinend hatte auch er mal Glück, beschloss er für sich und richtete sich auf um die alte Jacke von Dudley enger zu ziehen. Wohl das erste Mal war es praktisch, dass ihm die Sachen seines Cousins mehrere Nummern zu groß waren, denn so konnte er bequem mehrere Schichten anziehen. Die waren auch nötig, denn während im Rest von England Temperaturen von über 30 Grad Celsius geherrscht hatten, war man hier am rauen Meer im Nirgendwo bestimmt schon froh über 15 Grad. Die auch nur an besonderen, windstillen, Tagen auftraten. Mit anderen Worten: Heute nicht!
 

Fasziniert von den waghalsigen Flugmanövern einer Möwe verfolgte er das Tier, mit einem gleichzeitigen Anflug von Neid, mit den Augen. Wie gerne würde er ebenfalls fliegen können! Das Gefühl der Freiheit und das Wissen einfach alles unter sich zurück zu lassen, musste unbeschreiblich sein. Wie die Welt wohl von da oben wirkte? Sah er für den Vogel ebenso klein aus, wie dieser von seinem Blickwinkel aus? Kreischend verschwand das Tier aus seinem Blickwinkel, als es hinab in Richtung Meer stürzte und Harry richtete seinen Blick wehmütig seufzend auf den Horizont. Das was er da entdeckte, entlockte ihm ein erstauntes “Wow!”

Denn über das Meer rollte unaufhaltsam eine dunkelgraue, gefährlich wirkende Wand auf ihn zu. Die Bezeichnung ‘Wolke’ kam ihm nämlich für dieses hohe Gebilde, einfach zu harmlos vor. Der Wind frischte ebenfalls deutlich auf und versuchte mit starken Böen durch die drei Schichten Kleidung in seine Knochen zu kriechen.

Wenn er noch ein wenig die karge Landschaft erkunden wollte, so sollte er dies jetzt tun bevor das Unwetter losging. Dass diese Monsterwolke nicht nur Regen bringen würde, stand für ihn fest. Ebenso das es eine unruhige Nacht in dem kleinen Holzhaus werden würde.

Ob das wohl ein Zeichen für sein nächstes Lebensjahr war? Schließlich konnte er ab Mitternacht stolz sagen, dass er bereits Elf Jahre alt war.

    Schulterzucken erhob der Junge sich. Was auf oder durch die neue St. Brutus Schule passieren sollte, würde so oder so passieren. Da brachte es nichts über Zeichen oder ‘Was-wäre-wenn’ Gedanken zu machen.

Während er neugierig durch die Natur streifte und Wind und Wetter trotzte, konnte er nicht verhindern, dass sich seine Gedanken ebenso verdüsterten wie der Himmel. Jedes Jahr aufs Neue zogen in der Zeit um seinen Geburtstag diese Art von bitteren Gedanken durch seinen Kopf und hinterließen einen faden Beigeschmack.

Es war unter anderem der Gedanke, dass er ohne seine Lieblingslehrerin niemals erfahren hätte, wann sein Geburtstag war. Die Dursleys hatten ihn all die Jahre vorher erfolgreich erklärt, dass Kinder wie er keinen Geburtstag hatten. Einfach weil er es nicht verdient hatte, weil er nur ein Freak war. Und dann war seine Klassenlehrerin direkt am ersten Tag nach den Ferien angekommen und hatte allen Kindern die in den Ferien Geburtstag gehabt hatten ein kleines Stück Schokolade mitgebracht. Noch immer, nach beinahe vier Jahren, war er ihr dafür dankbar. Genauso, wie auch dafür, dass sie nichts weiter als ein Lächeln auf sein verwirrtes Danke erwidert hatte.

Verkrampft lächelnd trat er ein kleines Steinchen zur Seite, während er die Hände tief in den Jackentaschen vergrub. Damals hatte er noch Hoffnung aus ihren empörten Worten geschöpft, als sie nach Schulschluss den Grund für seine Verwirrung erfahren hatte. Damals hatte seine Lehrerin, als erste Erwachsene, noch geschworen ihm zu helfen. Und was war daraus geworden? Nichts, denn durch Dudleys Schikanen und Unterstellungen, war ihr nichts anderes übrig geblieben als die Schule zu verlassen. Es waren letztendlich auch nur leere, voreilig gesprochene Worte gewesen und nichts weiter. Erwachsene waren eben doch alles nur Lügner. Feige Lügner.

Die einzige Ausnahme war wohl Mrs. Figg. Die alte Nachbarin gab nichts auf das Gerede der Bewohner im Ligusterweg und ebenso wenig auf die Gerüchte, die die Familie Dursley zahlreich gestreut und am Leben erhielten. Sie hatte trotz allem immer ein nettes Wort und einen trockenen Keks für ihn übrig gehabt. Die alte Frau war nicht dumm und so konnte er sich gut vorstellen dass sie ahnte, dass es ihm nicht so gut in der Familie Dursley ging wie viele meinten. Doch sie war klug genug, um ihm keine leeren Versprechungen zu machen.
 

Überhaupt … gehörte es zum Erwachsensein, das man nicht die Wahrheit sagte und nur Dinge tat, die für einen selbst gut waren? Egal ob es Anderen schadete? War dies der Unterschied zwischen Gut und Schlecht? Kindern und Erwachsenen? Nein, so einfach konnte das doch nicht sein, oder? Es gab ja schließlich auch Kinder wie Dudley und Erwachsene wie Mrs. Figg.

Kopfschüttelnd hielt der schwarzhaarige Junge auf einem Erdwall an und blickte auf die karge Landschaft vor sich, auf dem vereinzelte Schafe an Gräsern und Kräutern zupften.

Er konnte die Welt nicht nur in Kinder und Erwachsene, Gut und Böse oder Schwarz und Weiß einteilen. Es musste einfach mehr geben. Der Hinweis aus dem geklauten Brief kam ihm in den Sinn und er wusste einfach er war wahr: Nichts war so wie es schien. Tief seufzend beobachtete er die fressenden und blökenden Schafe und stellte wieder einmal fest, dass Geburtstag nichts mit Freude für ihn zu tun hatte.

Ein lauter Donnerschlag ließ ihn quietschend zusammenzucken und den Blick hektisch in den Himmel richten. Die bedrohliche Wand hatte sich inzwischen über ihn geschoben und wenn er nicht bis auf die Knochen durchweichen wollte, musste er sich beeilen.

So schnell es ging, rannte er in Richtung seines momentanen Wohnortes. Während er über dornige Büsche, Stöcker und Steine sprang, fasste er für sich einen Entschluss: Er würde herausfinden, was es mit ‘Gut’ und ‘Schlecht’ auf sich hatte. Wie sagte Onkel Vernon doch immer zu Dudley? “Mit dem Alter kommt die Weisheit.”
 


 

“Sie müssen handeln, langsam fällt es auf. Was wollen Sie machen, da er nicht auf die Briefe reagiert hat?”, wollte eine leise aber eindringliche Stimme wissen, während sie mit gesenktem Knopf auf dem Boden kniete.

Ein beinahe belustigt klingelndes Schnauben erklang von der vor ihr stehenden Person und die kniende Gestalt konnte nicht verhindern, dass ihr eine Gänsehaut über den Rücken kroch. Nicht aus Kälte, nein. Sondern aus Furcht. Wenn der Zauberer in solch einer explosiven Stimmung wie jetzt war - einer Mischung aus Wut und diabolischer Freude -, dann wollte die kniende Person nur noch Abstand zwischen ihm und sich bringen. Doch das konnte die Person nicht. Es war einzig die felsenfeste Überzeugung, dass der Andere - momentan - nicht wagen würde ihn anzugreifen einfach weil er ihn brauchte.

“Die Flucht bringt ihnen nichts. Es ist alles vorbereitet und in die Wege geleitet. Harry Potter wird bald in die Zauberwelt treten”, kam es selbstbewusst und zufrieden von dem aus dem Fenster schauenden mächtigen Zauberer.

“Verstehe …”

“Na dann, verschwinde und halte dich an unserer Abmachung. Ansonsten …” Ohne weitere Worte richtete der Stehende seinen Zauberstab auf den Boden vor den Knienden und ließ eine Eisblume erscheinen.

Japsend verneigte sich der zutiefst verschreckte kniende Zauberer und schob sich möglichst unauffällig rückwärts aus dem Raum.

Das kalte und bösartige Lachen, welches hinter der sich schließenden Tür erklang, ließ erneut einen wahren Gänsehautregen über seinen Körper fließen und ein ungutes Gefühl versuchte ins seine Knochen zu kriechen. Ein Feuerwhiskey konnte ihm jetzt bestimmt helfen, seine zittrigen Nerven zu beruhigen.
 


 

Mit Regen musste sich auch der junge Harry Potter herumschlagen. Naja, Unwetter passte eigentlich besser, sinnierte er während er die alte, kratzige Decke enger um sich zog.

Draußen tobten Wind und Regen und ließen das Häuschen immer wieder erzittern und gefährlich knarzen. Die Temperaturen waren arg gefallen, doch noch wollte er nicht in dickeren Sachen schlafen, schließlich wusste er nicht wie kalt es noch werden würde. Zudem hatte ein wenig frieren noch niemanden geschadet, motivierte er sich selbst, während er mühsam versuchte das Zähneklappern zu unterdrücken.

Hätte er doch vorhin nur den Kamin anbekommen!
 

Zeitgleich mit ihm kamen auch seine Verwandten wieder an ihrem ‘Ferienhaus’ an. Kaum war er fertig damit die Einkäufe und Bestechungsgeschenke des Törtchen mampfenden Dudley ins Haus zu tragen, brach auch schon das Unwetter über sie herein.

Der Wind heulte durch die Ritzen und ließ die im Laufe des Abends zusätzlich angezündeten Kerzen wild flackern. Regen und Hagel knallten gegen die Scheibe und Harry konnte nicht anders als immer wieder einen besorgten Blick in diese Richtung zu werfen, denn er ging fest davon aus, dass eine der dünnen Glasscheiben den Kampf verlieren würde. Doch es war der Strom, der zuerst den Geist aufgab und sich dem Wetter beugte.

Noch während die Familie am Essen war und Harry besorgt an alten Crackern herumknabberte, war das Licht flackernd ausgefallen und der Wohnraum nur noch durch eine Kerze auf dem Küchentisch erleuchtet.

An sich eine ganz romantische Stimmung, wenn der Schwarzhaarige nicht jeden Moment damit rechnete, dass ihnen das Dach wegflog. In diesem Dämmerlicht, eine für ihn noch viel unheimlichere Version, kam es ihm doch so vor als schwollen die Geräusche an, um damit das fehlende Licht auszugleichen. War das nicht ein tropfendes Geräusch? Denn das konnte nur bedeuten, dass dieses Haus doch undicht war und die Nacht wohl bedeutend ungemütlicher wurde als er bisher befürchtet hatte.
 

“Junge!” Die laute Stimme seines Onkels holte ihn aus seinen Gedanken und erst jetzt registrierte er Dudleys panisches Quietschen und Tante Petunias kaum beruhigend klingenden Worte, dass sie weitere Kerzen anzünden würde und eigentlich alles gar nicht so schlimm war. War es auch nicht. Aber versuchte sie sich oder Dudley damit zu beruhigen? Leicht schüttelte er seinen Kopf, ehe er seinen Onkel fragend ansah.

“Mach dich gefälligst nützlich, du Freak. Wegen dir sind wir doch überhaupt erst hier! Sieh zu, dass du den Ofen anbekommst.”

“Ja … ja Sir”, stotterte der Junge eilig, sprang auf und machte sich daran seine Aufgabe zu erfüllen.

Doch wie sollte es auch anders kommen? Das tropfende Geräusch hatte er sich natürlich nicht eingebildet, sondern es kam vom alten Kamin. Stetig lief an den Innenseiten der Regen hinab und tropfte auf die Feuerstelle. Vorsichtig tastete er diese ab und es überraschte ihn nicht, dass das bereitliegende Holz nass war. Es überraschte ihn eher DAS es ihn überraschte. Suchend ließ er seinen Blick wandern, doch auch jetzt war ihm das Glück nicht hold, denn er fand kein Reserveholz.

“Nun was ist Bengel? Bist du zu dumm um einen Kamin anzufeuern?”, kam es gehässig vom Küchentisch.

“Nein, Onkel Vernon. Es ist nur … also … naja …”, stotternd drehte er sich auf den Fersen herum und biss sich unsicher auf die Unterlippe. “Also …” Verdammt, konnte er nicht einmal Glück haben?

“Was ist nun? Wir frieren und ich seh ja das Steak kaum auf meinem Teller!”

“Also … es regnet in den Kamin rein, das Holz ist total nass und es gibt kein Reserveholz.” Kaum hatte er dieses Geständnis über die Lippen gebracht, zog er den Kopf ein. Kein Wunder bei den bisherigen Erfahrungen und dem nun zu erwartenden Donnerwetter. Der beinahe Elfjährige bewahrte sich einzig die Hoffnung, dass sein Onkel es schnell vollbrachte und nicht zu stark zuschlug.

“Bitte … WAS?”, donnerte es auch schon laut vom Küchentisch und das beinahe schrille Klirren des auf den Teller geworfenen Bestecks, ließ ihn die Augen fest zusammenkneifen und die Hände schützend auf seinen gesenkten Kopf legen. Sein Onkel sollte es endlich hinter sich bringen, das war erneut sein beinahe ungeduldiger und doch panischer Gedanke, als auch nach mehreren hektischen Atemzüge nichts passierte. Nicht einmal das Geräusch vom Zurückschieben eines Stuhl war erklungen und so hob er vorsichtig seinen Kopf empor und linste in Richtung Familie Dursley. Der Anblick, der, im Schein mehrerer Kerzen, friedlich essen und tratschenden Familie, ließ ihn sich aufrichten und irritiert den Kopf schief legen.

Was war denn jetzt los?

Als sein Onkel abrupt den Kopf in seine Richtung drehte und ihn mit stechendem Blick fixierte, konnte Harry ein starkes Zusammenzucken nicht vermeiden. Die Angst und bisherigen Erfahrungen saßen einfach zu tief. Denn wenn für ihn eins feststand, dann, dass der Onkel niemals nett werden würde. Das Familienoberhaupt war für ihn das wandelnde Beispiel von Lüge, Missgunst, Verrat, Gewalt und alle möglichen anderen Dinge.

Eine gefühlte Ewigkeit hielt sein Onkel ihn mit dem Blick gefangen, ehe er leise aber doch schneidend die Stimme erhob.
 

“Wirklich … was für eine Schande. Bengel, du bist wirklich für nichts zu gebrauchen. Geh mir aus den Augen, ich bin zutiefst enttäuscht von dir. Aber du beweist wieder einmal, dass man den Tag nicht vor dem Abend loben soll. Ich hatte tatsächlich gehofft dass du so langsam verstanden hast, wo dein Platz und was deine Aufgabe ist. Aber anscheinend …” Den Kopf schüttelnd drehte sich der Erwachsene wieder zu seinem Essen und stopfte sich gemächlich ein neues Stück Fleisch in den Mund.
 

Harry hockte immer noch vor dem nassen Kamin und kam sich vor, als hätte ihm gerade jemand eine Bratpfanne vor den Kopf geschlagen. Zuerst registrierte er die Verwirrung, die ihn ob der Worte seines Onkels traf. Wieso, weshalb und warum, waren drei der Fragewörter die ihm durch den Kopf schossen.

Dann begann er so langsam das Gesagte wirklich zu verstehen und zu verarbeiten und so wurde die Verwirrung zu Wut. Harry hatte schließlich eben jenes Steak, welches sein Onkel in sich reinstopfte, eingepackt. Genauso die Pommes und Tante Petunias heiß geliebten Salat. Doch nicht nur das, denn er hatte das Essen ebenso ZUBEREITET! Den Tisch gedeckt. Das Häuschen so gut es ging gesäubert. Und er sollte zu nichts zu gebrauchen sein? Vielleicht sollte er einfach in den Streik gehen, wenn die nächste Mahlzeit anstand. Oder dem dicken Erwachsenen Chili ins Essen schmeißen. Oder abgeschnittene Zehennägel. Augenblicklich entstand ein Bild vor seinen Augen, wie er seine Zehennägel auf den Teller seines Onkels warf und dieser schließlich die knusprige Beilage lobte. Gleichzeitig jagte eine Gänsehaut vor Ekel über seinen Rücken und ein beinahe irres Lachen entschlüpfte seinen Lippen, als er sich aufrichtete.

“Hör auf zu lachen und verschwinde!”

Diese kalte Aufforderung ließ das heiße Gefühl der Wut in ihm ansteigen. Mühsam hielt er einen höhnischen Kommentar mit zusammengebissenen Zähnen zurück und drehte sich abrupt in Richtung der zerfledderten Couch auf der anderen Seite des Raums. Nur am Rande registrierte er, dass er die Hände so sehr zu Fäusten geballt hatte, dass ihm die Fingernägel in die Hand schnitten. Doch es war ihm egal. Eigentlich sogar ganz willkommen, denn so konnte er seine brodelnde Wut wenigstens irgendwie rauslassen.

    Alles in ihm schrie danach, den Anderen auf die fehlende Logik und die Ungerechtigkeit hinzuweisen, doch er wusste: Es würde ihm nichts bringen. Das kurzzeitige euphorische Gefühl, durch so eine Aktion, war die unweigerlich folgenden Konsequenzen nicht wert. Konsequenzen, die er sich in diesem Moment nicht einmal ansatzweise vorstellen wollte.

Mit steifen Bewegungen schritt der Potter-Spross zu seinem provisorischen Nachtlager und ließ sich zähneknirschend darauf fallen.

Wer glaubte sein Onkel zu sein, dass er sich so gegenüber Harry benehmen konnte?

So … ungerecht. Typisch Erwachsene, stellte er wieder einmal für sich selbst fest.

Noch eine ganze Zeit lang gab er sich seinem Hass und der Wut hin, ehe er sich aufrappelte und noch einmal ins Bad verschwand, um sich für die Nacht fertig zu machen, während das Wetter anscheinend immer noch dabei war Weltuntergang zu spielen.
 

Und jetzt lag er hier. Es war kalt und durch die Geräusche des Sturms unheimlich. Der alte schmale Streifen Teppich, den er sich heimlich aus einer staubigen Ecke geholt hatte, war nicht nur unbequem weil hart und dünn, nein. Dadurch dass er so dünn war, war es nicht nur die kalte Luft um ihn herum, nein die Kälte kroch auch von unten an ihn heran und verhinderte effektiv, dass er in den Schlaf abdriften konnte. Längst war die Wut auf seinen Onkel verraucht und stattdessen hatte sie sich inzwischen gegen ihn selbst gerichtet.

Denn während er hier lag und irgendwie versuchte an Wärme zu kommen, war ihm eins bewusst geworden: Die Worte hatten ihn so wütend gemacht, weil sie ihn verletzt hatten.

Erschrocken hatte er feststellen müssen, dass es eine Sache war verbale und körperliche Attacken zu ertragen und eine ganz andere, so offensichtlich abgelehnt zu werden, nachdem es in letzter Zeit ja relativ gut lief.

    Wie konnte er auch so dumm sein und sich so etwas wie Hoffnung auf ein einigermaßen normales Leben zu machen? Da war er wirklich ganz der dumme Bengel gewesen, den ihn seine Verwandten immer schimpften. Eben ein wahrhaftiger Freak! Er musste es doch wirklich besser wissen und doch … doch war er so leichtgläubig und war auf das falsche Spiel der Dursleys reingefallen. Er war der Freak, der niemals wirklich zur Familie dazu gehörte. Er war das schwarze Schaf. Der Sonderling, der auf eine Schule für Bekloppte ging. Er war nur ein dummer Junge, der sich einfach nur stark einen Platz im Leben wünschte, an dem er mehr für jemanden war, als Putzhilfe und Koch. Seufzend blickte er auf die kleine, laut tickende, Wanduhr und stellte fest, dass er in nicht mal mehr fünf Minuten Geburtstag hatte. Sehnsüchtig fixierte er die Uhr und wünschte sich, der Minutenzeiger würde sich schneller bewegen. Es war, als würde dieser extra langsam vorwärtsschreiten, denn Harry konnte seinen Geburtstag kaum noch erwarten.

Jedoch aus anderen Gründen als bei seinen Altersgenossen. Für ihn war es nicht die Aussicht auf Partys oder Geschenke, sondern das Wissen, dass diese düsteren und schmerzenden Gedanken nachlassen und schließlich verschwinden würden.
 

Drei Minuten noch, wie ihm ein erneuter erwartungsvoller Blick auf die Uhr verriet. Ein Grollen ließ ihn automatisch in Richtung Fenster blicken, auch wenn das Sofa, auf dem der schnarchende Dudley lag, seinen Blick blockierte. Schulterzuckend tat er das Geräusch als ins Meer stürzende Felsen ab. Tief durchatmend versuchte er ein wenig zur Ruhe zu kommen und schloss die Augen. Diese in seinen Augen verrückte Art der Freude würde ihn in Kombination mit der Temperatur und dem Lärm sonst bis zum Morgen wach halten. Doch ein erneutes Grollen - oder war das ein Donnern? - ließ ihn diese wieder aufreißen und sofort wanderte sein Blick zur munter tickenden Wanduhr.
 

Zwei Minute noch. Ein Blitz tauchte das Innere der Hütte in bizarres Licht und sofort folgte ein lauter Donnerschlag, der den Schwarzhaarigen zusammenzucken ließ.

Bilder entstanden in seiner Vorstellung, wie der Blitz in das Holzhaus einschlug oder die Felsen so weit ins Meer stürzten, dass auch der Leuchtturm und das Haus ins Meer fielen. Eine Vorstellung die den jungen Potter trocken schlucken ließ, während er sich auf den Bauch drehte. Mit einem schiefen Lächeln begann er einen Kuchen mit Kerzen, in den Staub vor sich, zu zeichnen.

Das wäre doch ein Tod der eines Freak würdig war, oder nicht? Am Geburtstag verbrennen oder ertrinken. Dieser Gedanke kam ihm, als erneutes Donnern das Haus erzittern ließ.
 

Eine Minute noch. Das Knallen, Grollen, Rauschen und Donnern hörte nicht auf. Der Innenraum war abwechselnd hell von Blitzen erleuchtet oder in tiefste Dunkelheit getaucht. Wie konnten die Dursleys bei dem Wetter bitte schlafen? War ja schon beinahe beneidenswert, so ein tiefer Schlaf.

Schmunzelnd begann der junge Schwarzhaarige von Zehn an rückwärts zu zählen. Gleich war es endlich so weit.

3 … 2 … 1 … “Happy Birthday, Harry”, flüsterte er und pustete seine Staubkerzen fort.

Im gleichen Moment ließ ein erneutes Donnern die Hütte erzittern. Wobei … irgendwie klang das mehr wie ein Hämmern. Nun schien die Geräuschkulisse auch seinen Cousin aus dem Verdauungsschlaf zu holen, denn dieser fragte nach einem Schmatzen mit schwacher Stimme, warum Harry so einen Lärm veranstaltete.

“Ich bin das ni …” Doch weiter kam der nun Elfjährige nicht, gab doch die Eingangstür nach einem erneuten Schlag einfach nach und fiel mit einem lauten Knall in den Innenraum.
 

Jetzt waren sich die beiden Cousins ausnahmsweise einmal einig. Denn beide konnten sie ein Aufschreien nicht verhindern, als sie im Rahmen der Eingangstür eine riesige Gestalt ausmachten. Synchron sprangen die beiden auf, um Abstand zwischen sich und dem Fremden zu bringen. Während Harry sich einfach an die andere Raumwand drückte, und hoffte von der dort herrschenden Dunkelheit verschluckt zu werden, stolperte Dudley in Richtung Treppe, die zum Schlafzimmer seiner Eltern führte.

    “Was ist denn hier los? Warum macht ihr so einen Lärm?”, hörte er seinen Onkel wütend fauchen. Dudleys gestotterter Erklärung hörte er schon nicht mehr zu, war er doch viel zu fixiert auf die große Gestalt, die sich jetzt umständlich durch die Tür hineinbewegte. Die immer wieder aufzuckenden Blitze ließen den Kerl wirklich nicht freundlicher aussehen, stellte Harry nur am Rande fest. Immer weiter betrat der Fremde das kleine Haus, ehe er im Licht der einzigen wild flackernden Kerze auf dem Küchentisch stehen blieb. Was Harry da sah, ließ ihn die Augen aufreißen. Dieser Typ war ein RIESE! Ein Riese mit langen Haaren und einem verzottelten, ungepflegten Bart. Dadurch sah man vom Gesicht einzig die Augenpartie. Augen, die in dem wenigen Licht schwarz wirkten. Kleidungstechnisch fiel Harry auf den ersten Blick der ledrige schwarze Umhang auf. Oder war es vielleicht doch ein Zelt? Bei der Größe dieses Fremden würde es den Jungen nicht wundern.

Was wollte der Mann hier?
 

“Wer sind Sie? Verschwinden Sie oder ich schieße”, hörte er seinen Onkel keifen und sah dass dieser mit verkniffenem Gesichtsausdruck ein Gewehr auf den fremden Mann richtete. Doch dieser ignorierte das Dursley Oberhaupt, schnaubte und bückte sich schließlich um die Tür wieder in die Angeln zu drücken. Merkwürdiger Kerl. Da richtete jemand eine Waffe auf ihn und er reagierte gar nicht darauf.

Schließlich drehte sich der Riese wieder zu der Familie herum und sagte freundlich: “Könnte ‘ne Tasse Tee vertragen. War keine leichte Reise….” (*)

Damit bewegte er sich hinüber zur Couch und ließ sich darauf nieder. Laut ächzend beugten sich die Federn des Sofas und Harry konnte ein belustigtes Schmunzeln nicht verhindern. Er konnte die Protestschreie des Sofas quasi hören und zu dem war das hier einfach eine sehr abstruse Situation. Oder war er vielleicht eingeschlafen und das Ganze hier nur ein Traum? Verstohlen kniff er sich in den Arm und biss sich auf die Unterlippe, als der Schmerz seinen Arm flutete. Nein, also kein Traum, sondern dass alles passierte hier gerade wirklich! Neugierig trat er aus den Schatten heraus und an den Mann heran, während sein Onkel immer noch mit dem Gewehr drohte und irgendwas von Hausfriedensbruch stammelte. Doch ein kurzer Blick zu seinem Verwandten bestätigte, dass er sich die Angst in der Stimme nicht nur eingebildet hatte. Das Gewehr zitterte in den Händen inzwischen so sehr, dass der Erwachsene damit wahrscheinlich nicht mal treffen würde, wenn er direkt vor dem Fremden stand.

Wieder setzte sein Onkel zu Protest an, während sich Petunia und Dudley hinter ihm versteckten, doch der Fremde blaffte den Dursley einfach an den Mund zu halten und bezeichnete den Anderen zu dem als Oberpflaume (*1). Doch das Tüpfelchen auf dem I war es, als der Riese einfach nach hinten griff, seinem Onkel das Gewehr entriss und einen Knoten hinein machte. Trocken schluckend und mit großen Augen trat der Potter wieder einige Schritte zurück, denn diese deutliche Zurschaustellung von Kraft, fand er dann doch unheimlich. Vor allem weil der Mann ziemlich genervt wirkte.

“So Harry … ich bin ja schließlich wegen dir hier.”
 

Oh verdammt! Er hatte es zwar irgendwo in seinem Unterbewusstsein geahnt, aber es aus dem Mund des Fremden zu hören, war doch noch mal etwas anderes. Vor allem war ihm klar, dass dies mächtig Ärger mit den Dursleys geben würde sobald der Riese weg war.

Kurz bevor sie losgefahren waren, hatte ihm sein Onkel noch versprochen, dass er in Dudleys zweites Zimmer ziehen durfte, nun, das konnte er jetzt wohl knicken. Nicht nur dies, sondern er konnte auch froh sein, wenn sein Onkel ihn nicht in den Keller sperrte oder die Drohung mit dem Hals umdrehen wahr machte. Er konnte sich wahrscheinlich glücklich schätzen, wenn er zu Beginn des neuen Schuljahres wieder richtig sitzen konnte. Allein der Gedanke an den breiten, Nieten besetzten Gürtel ließ einen Schauer über seinen Rücken wandern.
 

Harry hörte wie der Fremde etwas davon sagte dass er beim letzten Mal noch ein Baby gewesen wäre, er seinem Vater ähnlich sah und die Augen seiner Mutter hatte.

Fragend legte er seinen Kopf schief. Woher kannten seine Eltern SO einen Typen? Naja, wenn er der Aussage seiner Verwandten glauben durfte, waren auch seine Eltern Verrückte. Komischerweise nahm ihm das Wissen, dass dieser Fremde seine Eltern kannte, einen ganzen Teil der Angst von ihm sodass er wieder näher trat.

    “Dir jedenfalls Harry …” Mit diesen Worten begann der Riese geschäftig in den Weiten seines Umhangs zu suchen. Stumm beobachtete Harry den Mann und spürte wie Neugierde in ihm aufkam. “... einen sehr herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Hab hier was für dich - vielleicht mal zwischendurch mal draufgesessen, aber er schmeckt sicher noch gut.” (*2)Mit einem freundlichen Lächeln und zwinkernd reichte der Fremde ihm einen großen Karton, der an einigen Stellen etwas eingedellt war.

“Da … danke”, schaffte der Schwarzhaarige kratzig zu stottern, ehe er nach einem aufmunternden Nicken seitens des großen Fremden behutsam den Karton öffnete.

Der saftig wirkende Schokoladenkuchen der sich Harry präsentierte, ließ ihm erneut beinahe die Augen aus dem Kopf fallen. So etwas hatte er bisher nur in der Fernsehwerbung oder im Schaufenster der Bäckerei gesehen. Der sollte wirklich für ihn sein? Hatte der Riese sich nicht vielleicht vertan? Doch noch während er sich dies fragte, fiel sein Blick auf den grünen Zuckerguss, der die Worte “Herzlichen Glückwunsch, Harry”(*3) ergab. Anscheinend war es genauso wenig ein Irrtum, wie das Ganze hier ein Traum.
 

Schüchtern lächelte er den Riesen an und stellte den - allein schon vom ansehen Diabetes verursachenden - Kuchen auf ein kleines Tischchen um die Hände freizuhaben. Zudem machte er sich keine Illusion darüber, dass er auch nur ein Stück von dem Kuchen abbekam. Entweder Dudley riss ihn sich unter den Nagel, oder seine Verwandten schmissen ihn einfach mit einem gemeinen Lachen weg. Doch ihn machte allein diese Geste des für ihn Fremden froh. “Danke”, sagte Harry mit nun deutlich festerer Stimme und trat vor das Sofa. “Sag mal … wer bist du eigentlich?” Woher er den Mut nahm, wusste er gerade selber nicht, nur dass in ihm alles danach schrie den Mann in den Arm zu nehmen, um sich zu bedanken. Ob der Bart wohl weich war oder so rau wie er aussah? Ok … wie war das noch mit dem Verrücktsein? Ganz wie es sich für einen Freak gehörte, stellte er sich solch unpassenden Fragen. Die St. Brutus Schule war vielleicht ja doch nicht so verkehrt.

    Glucksend antwortete der Andere, “Ach, ganz vergessen mich vorzustellen. Rubeus Hagrid. Hüter der Schlüssel und Wälder, oder besser gesagt Ländereien, von Hogwarts”, und streckte dem Schwarzhaarigen die große Hand hin. Deutlich konnte Harry den Stolz aus der Stimme dieses Hagrids heraus hören. Einen kurzen Blick auf seine blassen und wie ein Fisch auf dem Trockenen japsenden Verwandten werfend, schlug er in die prankenähnliche Hand ein und stellte sich ebenfalls formhalber vor. Neugierig legte er den Kopf schief, denn der Mann hatte etwas gesagt, was er vorher noch nie gehört hatte und seine Neugierde war schon immer größer gewesen, als ihm gut tat. “Hagrid, du sagtest was von Hogwarts … was meinst du damit?”

    Der Griff um Harrys Hand festigte sich, als der Riese sich mit gefährlicher Langsamkeit kurz zu den Dursleys herumdrehte und grollte. Der Potter spürte deutlich, dass ihn seine Neugierde wieder einmal in Schwierigkeiten gebracht hatte und zog hektisch seine Hand zurück, als Hagrid seinen mitgebrachten Schirm packte und daraus eine Flammenkugel in den Kamin schoss. Mit großen Augen beobachtete der Junge das nasse Kaminholz, welches innerhalb von Sekunden fauchend und zischend anfing zu brennen. Blinzelnd streckte er seine klammen Finger aus und spürte die Wärme des Feuers auf seiner Haut, sodass Harry es wieder nicht als Traum abtun konnte. Und ganz ehrlich gesagt wollte er das auch gar nicht. Denn dafür war die Situation hier gerade irgendwie viel zu cool! Unheimlich, aber sehr cool.

“Du weißt nichts über Hogwarts, den Ort, den auch deine Eltern besucht haben?”, erklang die leise Frage, die mehr nach einer Feststellung klang, von Hagrid und so blickte er über die Schulter zurück und entschuldigte sich mit einem möglichst versöhnlichen Lächeln.

Gleichzeitig wünschte er sich weit weg, denn Hagrids Ausstrahlung war wieder so … gefährlich wütend.

“Dir … tut … es … leid? Dir? VERNON DURSLEY!”
 

Und mit diesem Ausbruch erfuhr er in den nächsten Minuten Informationen die er nicht einzuordnen wusste.

Zauberer und Muggle.

Hogwarts, die größte Schule für Hexerei und Zauberei Englands.

Seine Eltern, die ebenfalls Zauberer gewesen waren und nicht, wie seine Verwandten ihn immer glauben lassen hatten, bei einem Verkehrsunfall gestorben waren.

Doch am schwersten wog bei ihm die Erkenntnis, dass er jahrelang eingeredet bekommen hatte ein Freak zu sein und jetzt wusste er, dass er einfach nur ein Zauberer war und seine Verwandten nicht. In der Welt der ‘Muggle’ war er der Freak, doch nun wusste er, dass es einen Ort in der Welt gab, wo er ganz normal sein konnte. Wie schafften es die Magier nur, dass bisher nichts davon durchgedrungen war, denn Harry konnte sich gut vorstellen, welche Aufregung herrschen würde. Gerade bei Leuten wie seinen Verwandten, die in den letzten Minuten klar gemacht hatten dass sie davon wussten, es aber nicht duldeten und davon wissen wollten. Plötzlich standen all die Prügel und die Strafen in einem anderen Licht für Harry. Sein Onkel hatte versucht die “Spinnerei” aus ihm herauszuprügeln. Finster stellte er fest, dass dieses Verhalten einem Exorzismus irgendwie recht nahekam.

Nur am Rande nahm er wahr, wie Hagrid, nachdem er Harry seinen Brief von Hogwarts übergeben hatte, eine Antwort auf einen Streifen Papier schmierte, eine zerzauste Eule aus seinem Umhang zog und diese in den etwas abgeebbten Sturm hinaus warf.

“Schafft sie das auch?”, erkundigte er sich mit Blick auf die geschlossene Tür, was ihm ein erneutes Glucksen einbrachte.

“Mach dir um die mal keine Sorgen. Unsere Posteulen sind starke Wesen, egal wie klein sie sind. Die wird ein wenig nass werden, aber das wars auch.”

Glücklich lächelnd drehte sich der Potter wieder zu Hagrid herum und nickte. Dieser hatte sich inzwischen wieder auf die ächzende Couch gesetzt und nippte an seinem zubereiteten Tee.

Das war wirklich der beste Geburtstag seines ganzen bisherigen Lebens!
 


 

Über den Rand seiner großen Tasse beobachtete Hagrid den schmächtigen, schwarzhaarigen Jungen. Wirklich, die Ähnlichkeit zu seinen Eltern war erstaunlich. Nicht nur im Optischen, nein. Die Frage gerade hätte durchaus von Lily stammen können. Sie war ebenfalls der Typ Mensch gewesen, der mit einem Lächeln ganze Massen für sich gewann und immer an das Wohl der Anderen dachte. James war da ganz anders gewesen. Ein wahrer Schlingel. Nun es würde sich zeigen, von wem Harry mehr Charaktereigenschaften geerbt hatte. Kurz zog sich sein Herz bei der Erinnerung an die Potters schmerzlich zusammen, doch dann ertönte wieder diese unangenehme Stimme der Oberpflaume Dursleys in seinem Rücken und Wut machte sich in ihm breit. Diese …. Muggle, hatten dem kleinen Harry nichts über seine Eltern und seine wahre Natur verraten. Hagrid konnte sich vorstellen, dass sie nicht gut auf Ausbrüche von wilder Magie bei Harry reagiert hatten. Doch er weigerte sich schlicht und ergreifend weiter darüber nachzudenken. Der deutliche Unterschied zwischen dem schmächtigen Jungen und dessen fetten Cousin war für ihn Beweis genug. Zudem musste er sich schon so zusammenreißen, nicht einige Flüche auf die Familie abzufeuern. Zumal er ja nicht einmal zaubern DURFTE.

    Hagrid hatte dessen kindliche Verwirrung, aber auch die Erleichterung deutlich im Gesicht gelesen, als er die Wahrheit erzählt hatte. Doch noch etwas. War es Wut … Verachtung … oder vielleicht Hass gewesen, was er gesehen hatte? Oder sollte er sagen gespürt, denn er hatte eine kleine Welle Magie von dem Jungen ausgehend gespürt.

Schmunzelnd gluckste der Halbriese, denn er war sich bewusst, dass nun spannende Jahre auf die gesamte Zauberwelt zukam.

Er hatte den kleinen Potter damals aus den Trümmern geborgen. In seinen Armen waren die kläglichen Schreie verebbt und tief in seinem Mantel versteckt hatte das Baby geschlafen. Es war für ihn, als wenn er Harry somit das ganze Leben schon kannte. Nun war dieses Würmchen zu einem Jungen herangewachsen, der in einem abgewrackten und zu großen T-Shirt und einer dünnen Hose im Schein des Kamins stand und die Wärme geradezu aufzusaugen schien. Nein, er würde den Kleinen hier nicht zurücklassen, sondern entgegen seiner Vereinbarung jetzt schon mit in die Zauberwelt nehmen. Vielleicht war es auch gar nicht so verkehrt, denn dann konnte sich der Schwarzhaarige schon daran gewöhnen.

“Harry”, versuchte er die Aufmerksamkeit des nachdenklich wirkenden Potter zu erreichen.

“Ja?”

“Pack deine Sachen, du kommst mit mir mit. Wir müssen ja schließlich noch deine ganzen Sachen kaufen.”

Große Augen, die augenblicklich ein hell strahlendes Grün zeigten, blickten ihm entgegen, ehe er Kleinere schnell nickte und in eine dunkle Ecke huschte. Mit zusammengebissenen Zähnen beobachtete der Halbriese wie sich Harry mehrere Schichten seltsamer Muggelkleidung anzog.

“Das lasse ich nicht zu!”, schrie in diesem Moment Vernon Dursley und machte sich stapfend daran auf den Potterspross zuzugehen.

Grollend erhob sich Hagrid und richtete seinen Regenschirm, den er heimlich anstatt eines Zauberstabes nutzte, auf den fetten Muggle. “Wag es dich auch nur einen Schritt weiter zu gehen, Oberpflaume. Ich nehme den Jungen mit, ob es dir passt oder nicht. Was willst du schon gegen mich ausrichten?” Herausfordernd blickte er den blass gewordenen Muggle an.

“Und du …”, damit richtete er seinen Schirm auf den Sohn der Dursley, der sich an Harrys Torte genüsslich tat, und schoss einen Ringelschwanz-Zauber auf diesen ab. “ … wirst so vielleicht lernen, dass man weder isst wie ein Schwein, noch sich einfach an den Geschenken Anderer bedient.”
 


 

Einen überraschten Aufschrei nicht verhindern können, schlug Harry sich eilig die Hand vor den Mund um wenigstens das irre Gelächter zu unterdrücken, welches sich seine Kehle hinauf bahnte. Aber mal ehrlich, wer konnte es ihm verübeln? Da stand der panische Cousin mit einer Hand in Harrys Torte und die andere an seinem Hintern, an dem ein kleines rosa Ringelschwänzchen gewachsen war.

“Wow”, hauchte er, während er sich die Lachtränen aus den Augen wischte und wieder versuchte wieder normal zu atmen. “Cool”, teilte er Hagrid seine Meinung mit. der prompt rot wurde und sich Harrys Gepäck schnappte.

“Danke … nur … nur sag es keinem. Eigentlich darf ich nicht zaubern”, gestand Hagrid ihm, als sie gemeinsam zur Tür gingen. Doch Harry blickte nur kurz über die Schulter zurück zu seinen Verwandten, die panisch um den quietschenden Dudley rum standen.

Mit einer wegwerfenden Handbewegung blickte er wieder zu Hagrid empor. “Ganz ehrlich, er hat es verdient … also wie kommen wir jetzt hier weg?”

Genau so war es nämlich seiner Meinung nach. Dieses kleine Schwänzchen spiegelte die Charaktereigenschaften seines Cousins einfach genauso gut wieder, wie das Aussehen. All die Gemeinheiten, die Dudley ihm angetan hatten, waren nun auf ihn zurückgefallen. Kurz gönnte er sich ein triumphierendes Grinsen, während Hagrid wieder einmal die Tür einfach aus der Halterung riss und hinaustrat.

“Na, mit dem Motorrad natürlich.”
 

Als Hagrid dies gesagt hatte, hatte Harry sich ernsthaft den Kommentar verkniffen, ob dieser sich den Kopf gestoßen hatte. Doch nun sah er dies anders! Mit Magie schien selbst Unmögliches möglich zu sein, denn anders konnte sich der Junge nicht erklären wie es kam, dass er nun auf einem Motorrad DURCH DIE LUFT raste. Eingewickelt in den großen und leicht muffig riechenden Umhang des Riesen, saß er vor Hagrid und beobachtete fasziniert wie die Lichter immer kleiner wurden, bis sie nur noch einzelne Tupfen in der Schwärze unter ihnen waren. Eigentlich müsste ihm das alles hier Angst machen, doch dieses Gefühl wollte einfach nicht bei ihm aufkommen. Dafür war das hier einfach viel zu cool, toll, genial … magisch. Hatte er sich nicht erst gestern gefragt, wie die Welt aus Vogelperspektive wirkte? Nun hatte er immerhin einen Einblick. Die Welt wirkte fremd und gleichzeitig bekannt. Riesengroß und weit, jedoch gleichzeitig klein, weil man innerhalb kürzester Zeit ganze Städte überquerte. Der Abstand zum Boden war etwas bedenklich und Harry war sich sicher, dass nicht einmal diese zauberhafte Magie einen vor dem Tod bewahrte, doch das alles konnte sein Hochgefühl nicht mindern. Als sie die dicke, trübe und irgendwie erdrückend Wolkendecke durchbrachen, schrie der Schwarzhaarige seine Freude laut heraus.
 

“Na, du scheinst ja kein bisschen Angst zu haben”, ertönte es schmunzelt hinter ihm und der tiefe Bass von Hagrid gab ihm ein kribbeliges Gefühl im Rücken.

Eifrig schüttelte er seinen Kopf, während er gegen die aufgehende Sonne anblinzelte. “Nein. Warum sollte ich auch?”

“Naja … ich dachte halt wegen dem Fliegen. Weiss ja nicht ob du Höhenangst hast. Ist ja alles neu. Kennst mich ja nicht”, gab der Riese hinter ihm in kurzen Sätzen zurück.

Erneut schüttelte Harry seinen Kopf und versuchte sich so gut es ging zu dem Freund seiner Eltern herumzudrehen.

“Ich vertraue dir.” Unsicher lächelte er den eigentlich Fremden an und zuckte mit den Schultern um klar zu machen das er auf nicht wusste warum. Ehe er wieder voran schaute, sah er noch die aufgerissenen Augen und das beinahe seelige Lächeln.

    Eine ganze Weile schwiegen die beiden, ehe Harry erneut den Kopf zurückdrehte. “Sag mal …, du Hagrid?”, versuchte er zaghaft die Aufmerksamkeit des Riesen zu erlangen.

“Ja, Kleiner?!

“Können wir vielleicht noch mal nach Hause fliegen? Also ich meine in den Ligusterweg. Ich … ich würde gerne noch ein paar Sachen mitnehmen.”

Als er sah, wie Hagrid die Stirn in Falten zog, kam ein ungutes Gefühl in ihm auf. Was wenn … nein, das konnte nicht sein? Oder war vielleicht ‘der Wunsch Vater des Gedanken’, wie Onkel Vernon es immer sagte? Hatte er Hagrid vielleicht wirklich einfach nur missverstanden?

“Ich … ich … also ich muss doch bis zum Ende der Ferien nicht wieder zu den Dursleys, oder?” Harry schaffte es einfach nicht seine aufsteigende Sorge - und wenn er ehrlich war auch Panik - aus seiner Stimme herauszuhalten, als er sich traute seine Gedanken auszusprechen. Unsicher begann er auf seiner Unterlippe herumzukauen und zuckte zusammen, als Hagrid eine große Hand auf seinem Kopf ablegte.

“Hmmm. Nein, denke du musst die Drei erst mal nicht sehen. Frühstens nächstes Jahr.”

Dankbar schloss der Kleinere seine Augen und atmete erleichtert aus. Er hatte Hagrids Aussage doch nicht falsch verstanden. Er kam weg von den Dursleys und somit weg von einer Strafe. Es schien, als wenn dieses neue Lebensjahr viel besser für ihn lief, als bisher.

“Na dann, auf ins Muggle Gebiet!”, riss ihn die Stimme seines neuen Freundes aus seinen glückliches Gedanken. Denn das war der große Mann mit dem zotteligen Haaren: Ein neuer Freund. Ein Jahr älter und schon zählte er ganze zwei Lebewesen auf diesem Planeten zu seinem Freundeskreis. Nämlich die Schlange Sanara und den riesengroßen Hagrid. So unterschiedlich die beiden waren, bei beiden hatte Harry irgendwie sehr schnell gewusst, dass er ihnen vertrauen konnte und sie gemocht.

Glucksend kuschelte er sich tiefer in den Mantel. Er war wahrlich ein Freak.

 

~~~

 

Fragen über Fragen

Unruhig begann Harry auf dem Motorrad hin und her zu rutschen, als Hagrid durch die Wolkendecke nach unten sank und der Schwarzhaarige das Haus der Dursleys entdeckte. Noch wirkte es weit entfernt und klein wie ein Schneckenhaus, doch inzwischen wusste Harry wie sehr dieser Anblick täuschte. Er hörte wie Hagrid etwas murmelte und fühlte eine Welle über sich waschen. Was war das denn gewesen?

“Ein einfacher Spruch, damit uns die Muggle nicht sehen oder bemerken”, beantworte Hagrid seine unausgesprochene Frage. “Werden in dem kleinen Wald dort, in der Nähe des Hauses, runtergehen. Motorrad bleibt da.”

“Die Menschen hier würden auch komisch reagieren, wenn plötzlich ein Motorrad vom Himmel fällt”, stimmte Harry dem Riesen zu und klammerte sich fest, als dieser in einen schnellen Sinkflug überging.

Doch der Potter bekam seltsamerweise keine Angst, als die Bäume rasant näher kamen. Erstens vertraute er Hagrid - aus ihm unerklärlichen Gründen - und zweitens rauschte nicht nur Adrenalin durch seinen Körper, sondern ebenso Freude darauf gleich Sanara wieder zu sehen. Er konnte es gar nicht mehr erwarten, ihr alles zu erzählen. Wie die kleine Schlange wohl reagieren würde?

So abgelenkt bekam er nicht mit, wie Hagrid schließlich holprig zur Landung ansetzte. Keuchend wurde ihm die Luft aus den Lungenflügeln gepresst und er konnte ein panisches Quietschen nicht verhindern, als er einen Moment glaubte von dem Gefährt zu rutschen. Doch Hagrids großer Arm hielt ihn auf dem Platz, während das Motorrad knapp vor einem großen Baum zu stehen kam.

“T’schuldige. Landungen sind nicht mein Ding”, gestand der Ältere und stieg mit Harry im Arm ab.

Als der Schwarzhaarige wieder festen Boden unter den Füßen hatte, musste er sich einen Moment auf den Knien abstützen. Seine Beine hatten sich durch die Landung in Wackelpudding verwandelt und er schwor sich, bei der nächsten Landung mit so einem ‘Flummimanöver’ zu rechnen. Langsam richtete er sich wieder auf und blickte seinen Begleiter zuversichtlich lächelnd an. Auch wenn das Herz gefühlt noch in der Hose steckte, wollte er doch nicht mehr diesen geknickten Ausdruck auf Hagrids Gesicht sehen. “Es war ein toller Flug, danke. Eigentlich war es gar nicht so schlimm, nur unerwartet. Das mit der Landung kriegst du mit ein wenig Übung schon noch hin.”

Das Strahlen auf dem Gesicht seines neuen Freundes gab ihm ein unglaublich gutes Gefühl und so lief er ebenso mit einem strahlenden Grinsen in Richtung Ligusterweg 4.

 

Schnell hatte er den so sorgsam versteckten Zweitschlüssel - unter einem Blumentopf - gefunden. Genauso schnell war er in seine Kammer, sowie in den Waschkeller gehuscht und hatte den Anteil der Kleidung, der im Großen und Ganzen noch tragbar war, in zwei Beutel gestopft. Dazu war noch sein Lieblingsbuch gekommen. Auch hatte er seine Spardose, die eine ausgewaschene Margarine Dose war, geplündert. Es mochten zwar nur 20 Pfund sein, aber damit würde er es schon irgendwie schaffen. Hunger zu haben war er schließlich gewohnt und somit müsste der eine Monat bis Schulbeginn theoretisch zu schaffen sein. Wobei … was war denn eigentlich mit den Schulgebühren für Hogwarts? Dafür würden weder die paar Pfund reichen, noch konnte er sich vorstellen, dass die Dursleys dafür aufkamen. Unsicher biss er sich auf der Unterlippe herum. Konnte er Hagrid darauf ansprechen?

 

Doch weiter kam er in seinen Überlegungen nicht, denn Hagrids Frage, ob er alles habe, holte ihn aus seinen Gedanken.

“Nein … also …” Wie sollte er dem Älteren nur die Sache mit Sanara klar machen? Wie würde der große Mann wohl reagieren? Obwohl … vielleicht war es ja ganz normal, dass man in Hagrids Welt mit Schlangen sprechen konnte? Vielleicht war das ja gar nicht so besonders für den Anderen, sondern etwas alltägliches. Nun, die einzige Möglichkeit es herauszufinden, blieb wohl nur mit offenen Karten zu spielen.

Schulterzuckend drehte er sich wortlos um und bedeutete Hagrid mit einem Winken zu folgen. Dieser hatte sich Harrys Taschen über die Schultern geworfen und warf immer wieder einen finsteren Blick in Richtung Harrys ehemaliges Zimmer.

 

Sanara?”

Ein panischer Aufschrei in seinem Rücken, ließ ihn zurück zu Hagrid gucken. Warum war Hagrid denn nun so blass?

Doch gerade, als er den Älteren fragen wollte was los war, lenkte ihn das Rascheln von trockenen Blättern zu seiner Linken ab. “Harry?”, ertönte es zischelnd und schon schob sich seine kleine geschuppte Freundin aus dem Gestrüpp.

 

Hey Sanara. Schön dich zu sehen.” Grinsend trat er zu seiner kleinen Freundin heran, kniete sich auf den staubigen Boden und streichelte sanft über die braunen Schuppen. Kraulte sie am Kinn und hatte irgendwie das Gefühl, als wenn ihn nun nichts mehr schocken würde. Zusammen mit Sanara konnte dieser neue Lebensabschnitt einfach nur gut werden, denn in ihr hatte er eine treue Vertraute.

Kleine, du wirst es mir nicht glauben, aber es ist soooo viel passiert und erst war es alles recht normal. Mitten im Nirgendwo, aber ganz ok und dann … dann kam Hagrid an meinem Geburtstag und hat mir gesagt …”

 

Ein lautes Zischen seitens Sanara ließ ihn in seinem aufgeregten Plappern innehalten.

Kleiner … wer ist dieses monströse Zweibein? Der ist so groß wie ein Berg …”, schmunzelnd konnte der Schwarzhaarige seiner Freundin nur zustimmen. “Warum zittert der denn so und sieht aus wie eine Maus?” Mit schief gelegtem Kopf fixierte die Glattschlange den Unbekannten.

    

Das, Sanara, ist Hagrid. Er war wohl ein Freund meiner Eltern, oder so und er hat mich von den Dursleys weggeholt. Das ist ja, was ich die ganze Zeit sagen will: Ich soll wohl nach Hogwarts gehen und dafür hat er mir einen Brief mitgebracht. Also …” Schnaufend versuchte er seine Gedanken zu sortieren. Ansonsten würde er hier nächste Woche noch sitzen und reden. Er konnte auch noch später erzählen, was passiert war und es mit Hogwarts auf sich hatte. “Also ich wollte dich eigentlich fragen, ob du mich begleiten willst. Ich … ich hätte dich nämlich sehr gerne in Hogwarts dabei.”

Verlegen blickte er auf seine Knie und die eingetretene Stille zwischen ihnen, begann unangenehm drückend zu werden. Auf jeden Fall kam ihm dies so vor. Würde Sanara mitkommen? Würde sie sich auf dieses Abenteuer mit ihm einlassen? Es war eine ganz andere Sache, als ihre bisherigen Streifzüge. Hogwarts, Magie, Zauberer und laut Hagrid waren er und seine Eltern auch noch bekannt in dieser fremden Welt. Dabei fiel ihm stirnrunzelnd auf, dass er nicht mal genau wusste, WARUM dies so war. Nun, bestimmt konnte Hagrid ihm darüber später mehr sagen.

 

Ein deutlicher Schlag gegen seine Schulter ließ ihn den Kopf heben und seine schuppige Freundin anblicken. Verbissen kniff er die Lippen zusammen. Oder besser gesagt, er versuchte krampfhaft nicht zu kichern. Sanara sah aber in diesem ‘Modus’ auch einfach zu niedlich aus. Diese hatte sich nämlich so weit es ging vor ihm aufgerichtet und wiegte sich drohend hin und her. Ein deutliches - in Harrys Ohren wütend klingendes - Zischen wurde in seine Richtung ausgestoßen und der Schwarzhaarige brachte vorsorgliche ein wenig Abstand zwischen sie beide, als die Schlange in seine Richtung schnappte. Oh Mist, die war wirklich wütend!

Dasss … du … du fragssst wirklich …”

 

Sanara, es … also es tut mir leid.” Doch weiter kam er nicht, schnappte Sanara doch wieder in seine Richtung und schrie ihn schon geradezu an.

 

Esss. tut. dir. LEID? Kleiner, hassst du ne Delle in den Ssschuppen? Natürlich komme ich mit dir mit! Ich lasss dich nicht mit so einem Berg an Zzzweibein alleine!” Entschlossen zischelte die Glattschlange in Richtung besagten ‘Berg’, wodurch Harry erneut ein seltsam quietschendes Geräusch von diesem vernehmen konnte. Doch darum wollte er sich später kümmern.

Du bist mein Schlüpfling, Harry. Mein Freund. Ich passe auf dich auf, wie du auf mich. Bei meiner Schlangenehre!”

 

“Ha …. Harry … ist … also, geht es dir gut?”, unterbrach die ungewohnt kratzige Stimme Hagrids das Zwiegespräch, der ungewöhnlichen Freunde.

Lächelnd drehte der Potter seinen Kopf zu dem großen Mann herum und nickte. “Alles gut Hagrid, wir reden nur gerade über Hogwarts und ob Sanara mitkommen will.”

Ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht, als ihm wirklich bewusst wurde, dass Sanara sich nicht nur beruhigt hatte, sondern auch definitiv mit ihm zusammen in das ‘Abenteuer Hogwarts’ aufbrechen wollte.

Geschwind drehte er sich zu der Schlange zurück und breitete seine Arme aus. Nur einen Wimpernschlag später lag die Glattschlange auf seinen Schultern, den Kopf an seiner Wange angeschmiegt. “Bei unserer Schlangenehre”, flüsterte er glücklich und konnte nur schwer die Tränen der Freude zurückdrängen. Nun würde alles besser werden!

 

Mit Sanara auf den Schultern erhob er sich und drehte sich zu Hagrid herum.

Dieser starrte ihn mit großen Augen und offenem Mund an, als würde er gerade einen Geist sehen. “Hast du einen Geist gesehen, Hagrid?”, sprach er seinen Gedanken aus, denn so langsam kam ihm das Verhalten des Älteren wirklich merkwürdig vor. Obwohl … “Oder hast du Angst vor Schlangen?”, rutschte ihm seine andere Vermutung raus. Das erklärte in seinen Augen auf jeden Fall, warum sich der Andere so seltsam verhielt. Tante Petunia zeigte solch ein Verhalten, wenn sie eine Ratte oder Spinne sah. ‘Schockgefrostet’ nannte es Dudley immer.

 

“Bei Merlins Unterhose und Morganas Nachtgewand …”, stammelte Hagrid nur und schüttelte den Kopf, während er sich zeitgleich die Augen rieb. “Nein … also mir geht es gut … es ist nur ein Schock. Du und diese … Schlange ...”

“Warum Hagrid? Es ist doch nur eine Schlange? Das verstehe ich nicht. Ach ja, wir können übrigens, ich habe jetzt alles.” Liebevoll streichelte er über Sanaras Kopf.

“Bei allen Thestralen, das … das wird was werden. Kommt wohl mit, was?”

Doch Harry nickte nur und ging voller Vorfreude zurück in Richtung des versteckten Motorrads. Das Haus der Dursleys erleichtert hinter sich lassend.

“Warum ist es ein Schock, Hagrid?”, griff der Junge seine vorherige Frage auf. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass er jetzt - wo Hagrid so aus dem Konzept war - am ehesten an Informationen kam. Doch seine kindliche Ungeduld wurde auf die Probe gestellt und größer, ehe Hagrid endlich im Wald sein Schweigen brach.

“Es ist nur … ist schwer darüber zu reden. Bitte schweig. Mehr als einmal schaff ich das nicht.” Tief holte der Größere mit geschlossenen Augen Luft, ehe er beinahe entschuldigend Harrys Blick auffing.

“Hat zu tun mit deiner Narbe. Deinen Eltern”, erneut stockte der Hüter Hogwarts und schien zu überlegen, welche Worte die richtigen waren. “Sagte ja, Lily und James starben nicht bei nem Autounfall. Sie starben als Helden im Krieg. Waren gute und tapfere Menschen. Stark und treu.”

Vollkommen im Bann von Hagrids Worten, drängte der Potter-Spross sämtliche Fragen zurück, die wie Bienen in seinem Kopf schwirrten und beobachte den Älteren, der mit wehmütigen Blick ins Leere starrte. Nur nebenbei registriere er, dass sie beide wohl irgendwie und irgendwann auf dem trockenen Waldboden Platz genommen hatten.

“Sie stellten sich immer wieder gegen IHN. So viele starben, doch deine Eltern … deine Eltern überlebten immer und immer wieder. Manche sagten Wunder, ich sage sie waren begnadete Magier. Doch dann … dann kam der 31.10. … ich bin vielleicht nicht der Richtige, der dir das erzählt …”, stockte der Riese in seiner Erzählung und musterte Harry. Doch dieser schüttelte nur eifrig mit dem Kopf.

“Nein Hagrid. Dir haben meine Eltern etwas bedeutet und du ihnen bestimmt auch. Ihr ward Freunde. Bitte erzähl du es mir.” Einen kurzen Moment wirkte es, als hätten seine Worte den Größeren nicht erreicht, doch dann nickte dieser, wischte sich verstohlen Tränen aus den Augenwinkeln und straffte den Rücken.
 

 

“Hast Recht. Danke, Harry.”

“Äh … kein Problem”, gab der Schwarzhaarige unsicher zurück und Hagrid musste unwillkürlich lächeln. Der Junge hatte vielleicht James Aussehen, aber eindeutig Lilys gütiges Herz. Sein eigenes Herz stach bei diesem Gedanken. Der Kleine konnte ja nicht wissen, wie Recht er mit seiner Aussage hatte. Mit Lily hatte er oft gesprochen, während sie die Einhörner versorgt hatte und James - sowie dessen Freunde - hatte er mehr als einmal bei Streichen erwischt und auch gedeckt. Er räusperte sich und kniff sich heimlich ins Knie. Der Schmerz half ihm, sich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.

“Also … wo war ich? Ach ja, dann kam der Tag, an dem etwas schief ging. Sie hatten sich versteckt und ER fand heraus wo. Ich … ich weiß nicht, was genau passiert ist, aber als ich ankam, waren … waren die beiden … tot. ER war nicht mehr im Haus.” Unaufhaltsam drängten die Erinnerungen an jene Nacht wieder an die Oberfläche.
 

 

Es war, als wenn er wieder dort wäre. Das Knacken des beinahe komplett zerstörten Hauses, während es darum kämpfte nicht zusammenzubrechen. Der Geruch von Feuer, Staub, Gewalt. Das drückende Gefühl von starker Magie und Angst. Nein, eigentlich eher Panik, die man beinahe auf der Zunge schmecken konnte. Der Staub, der ihm den Weg durch das Haus erschwerte und er James so erst bemerkte, als er mit dem Fuß gegen dessen Arm stieß. Hagrid erinnerte sich nur zu gut daran, wie er fassungslos auf den Leichnam gestarrt hatte und sein Hirn einfach nicht eins und eins zusammenzählen konnte oder wollte. Es konnte, nein DURFTE einfach nicht wahr sein! Die kleine Familie sollte hier doch sicher sein vor IHM. Immer und immer wieder wurde ihm dies gesagt.

Während er James als letzte Geste die Augen schloss, ließ ihn ein seltsames Geräusch aus dem ersten Stock zusammenzucken. War da noch jemand Anderes im Haus? Wo waren Lily und der kleine Wurm Harry? Vielleicht waren sie noch am Leben und hatten sich dort oben versteckt. Oder das Böse, flüsterte ihm eine kleine Stimme seines ängstlichen Unterbewusstseins. Doch er verdrängte letzteren Gedanken und stieg mit erhobenem Regenschirm die knarzende Treppe empor.
 

 

“Ging durch all die Trümmer nach oben. Die Schäden, waren weniger als im Erdgeschoss. Dann hab ichs gehört. N’ leises Schluchzen. Bin hin und dann …” Tief einatmend versuchte er den Kloß niederzuringen, ebenso wie den Flashback, der wieder mit kalten Händen nach ihm griff.

“Dann hab ich euch gesehen. Dich und … und deine Mom. Sie … sie”, stotterte er und kam vollkommen aus dem Konzept, als der Flashback ihn schließlich ergrifft und er erneut Lilys leblosen Körper mit den panisch aufgerissenen Augen sah.

 

Diese grünen Augen, die so viel Verzweiflung und Panik zeigten und doch … doch ebenso viel Entschlossenheit und Liebe.

Grüne Augen, die ihn in seinen Träumen aufsuchten und ihn gleichzeitig ernüchterten, wie auch ermutigten durchzuhalten und zu kämpfen. Lily war ihm eine seiner besten Freundinnen geworden, denn sie hatte immer zu ihm gehalten und ein offenes Ohr gehabt.

 

Eine kleine Hand auf seinem Arm holte ihn aus der Erinnerung. Erst als dann eine weitere Hand sanft über sein Gesicht strich, bemerkte er die Tränen, die erneut seine Wangen hinab in sdem wilden Bart verschwanden. Nur mühevoll konnte er ein Zusammenzucken verhindern, als er den Kopf hon. Denn sofort nahmen ihn zwei sehr lebendige, wenn auch glänzende, grüne Augen gefangen. Einen kurzen Moment kam es ihm so vor, als wenn er wieder Lily vor sich hätte, doch dann fiel ihm nicht nur auf, dass die Augen ihres Sohnes ein dunkleres Grün hatten, sondern der Junge begann auch zaghaft zu reden.

 

“Ist schon gut, Hagrid. Ich kann es mir schon denken. Mom war tot und ich … ich halt nicht.” Betretenes Schweigen trat ein, ehe der Jüngere sich mit neugierigem Blick wieder an Hagrid wandte. “Was mich interessiert: Wie bin ich da raus gekommen? Wieso lebe ich noch und was mich noch mehr interessiert, wen meinst du mit “ER” oder “IHN”?”

 
 

 

Während der Größere erneut mit sich zu hadern schien, fand Harry dass der Andere ihm eine Antwort schuldig war.

Es waren schließlich SEINE Eltern gewesen, die brutal ums Leben gekommen waren. Das es so gewesen war, konnte er deutlich aus Hagrids Erzählung heraushören. Auch hatten ihn die Worte nicht komplett kalt gelassen und Tränen waren in seine Augen gestiegen, doch im Großen und Ganzen hatte er gebannt gelauscht und die neuen Informationen aufgesaugt. Hagrid, der anscheinend als Erster am Tatort gewesen war, erweckte eher sein Mitgefühl als seine tote Eltern. Vielleicht war dies ganz normal, weil er seine Eltern nie kennengelernt hatte? Verwirrt über die eigenen Gefühle, überhörte er beinahe Hagrids Antwort.

“... dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf.”

“Wie bitte?”, gab der Grünäugige zurück.

Noch einmal schien Hagrid sämtlichen Mut zusammen zukratzen, ehe er den Namen “Voldemort!” geradezu herausschrie.

 

Ein Schwarm Krähen stieß laut krächzend in den Himmel und Harry folgte ihnen vollkommen in Gedanken mit den Augen, während er mit einer Hand sanft Sanaras Kopf streichelte. Immer und immer wieder wisperte er “Voldemort”. Testete den Namen auf der Zunge und in seinen Ohren.

So hieß also der Mann, der ihm die Eltern genommen hatte.

Der Mann, vor dem Hagrid so große Angst hatte, dass er den Namen nicht aussprechen konnte. Ihn anscheinend nicht mal hören wollte, wippte der riesige Mann doch inzwischen mit zugehaltenen Ohren leicht vor und zurück.

 

Irritiert blickte der Potter zu dem wildwirkenden Mann, stand schließlich auf und stellte sich vor diesen.

“Hagrid?”, versuchte er leise, jedoch ohne Erfolg. “Hagrid!” damit ergriff er die Hände des Anderen und zog so fest er konnte.

“Hör auf … sag den Namen nicht”, stammelte der Ältere und warf Harry einen flehenden Blick zu.

“Warum?”, rutschte es dem Schwarzhaarigen auch schon raus, ehe er es verhindern konnte. ‘Warum’ war wohl das Wort, welches im Moment in dicken, leuchtenden Buchstaben durch seinen Kopf kreiste.

“Bringt Unglück”, gestand Hagrid schließlich.

“Warum?” Mit gerunzelter Stirn trat Harry einige Schritte zurück und musterte den Größeren mit schief gelegtem Kopf.

Wehe du erzählst mir nachher nicht alles haarklein. Ich kriege hier nur Hormone ab. Angst, Trauer, Aufregung …”, mischte sich nun auch Sanara ein, die bisher erstaunlich ruhig geblieben war.

Natürlich, Kleines.”

 

“Es ist gruselig, wenn du das machst”, kam es zittrig von Hagrid.

“Warum?”

“Weil … weil ER das angeblich auch tut.”

“Was, Hagrid? Was macht Voldemort auch?” Dass der Angesprochene bei dem Namen wieder zusammenzuckte, ignorierte der Jüngere einfach. Ja, Voldemort mochte ein grausamer Mörder sein. Er mochte der Mörder seiner Eltern sein und ihm diese Narbe verpasst haben, aber trotzdem kam dem Potter diese Angst vor einem Namen komisch und nicht richtig vor.

Der Meinung war der Potter schon, seitdem er begriffen hatte, dass die Mitschüler Angst hatten auch nur den Namen einer von Dudleys Bandenmitglieder auszusprechen. Von Dudleys höchstpersönlich ganz zu schweigen. Harrys Meinung nach, bekam die Person viel zu viel Macht durch diese Angst. Ein Name an sich war nichts Böses. Auf jeden Fall nach Harrys Meinung. Er würde sich diese Marotte von Hagrid nicht annehmen, beschloss er.

“Hagrid, was macht Voldemort angeblich?”, versuchte er erneut heraus zu bekommen. Auch seine vorher gestellten Fragen waren ihm noch nicht beantwortet worden, fiel ihm dabei auf.

“Das da”, kam mit einer wedelnden Handbewegung in seine Richtung zurück.

Mit gerunzelter Stirn überlegte Harry, was der Andere meinen könnte, als sein Blick auf die leise zischende Sanara fiel.

“Du meinst mit Schlangen reden?”

Umgehend bestätigte Hagrid seine Vermutung mit einem energischen Nicken.

In Harrys Kopf raste es und all die neu gewonnen Informationen wirbelten durcheinander.

 

“Lass uns fahren. Wird dunkel und ich will vorher da sein”, bestimmte Hagrid und erhob sich nun ebenfalls. Einen Moment hielt der große Mann inne, ehe er Harry mit festem Blick fixierte.

“Habe dir heute ne Menge Informationen gegeben. Hät ich eigentlich nicht tun sollen. Aber hast es dir verdient, ist ja dein Leben”, sagte der Hüter Hogwarts und zuckte mit den Schultern ehe er fortfuhr.

“Du bist ein Potter. Du bist ‘Der-Junge-der-überlebt-hat’. Wird viele Menschen geben die dich deswegen mögen und ebenso deswegen hassen.”

Harry hatte das ‘Warum?’ schon auf der Zunge, doch Hagrid bedeutete ihm zu schweigen.

“ER hatte auch Leute die ihn gemocht haben und gemacht haben was er sagt. Böse Sachen. Die schwarze Seite sieht dich als den Bösen.

Die weiße Seite jedoch, deren Anführer Dumbledore ist, bewundert dich dafür, dass du als Baby den Todesfluch überlebt hast. Will nur sagen … also, pass auf dich auf. Ach und das mit … mit deiner Schlange. Schlangensprache gilt als böse. Solltest geheim halten.” Beinahe beschämt wirkend, kratzte sich Hagrid am Kinn, während Harry nur mit Mühe eine Erwiderung hinabschlucken konnte.

 

Hatte er nicht erst gestern über ‘schwarz’ und ‘weiß’, ‘gut’ und ‘böse’ nachgedacht und festgestellt, dass es mehr geben musste? Die Worte aus dem Brief kamen ihm in den Sinn: ‘Nichts ist wie es scheint und vertraue niemanden!’ Was wenn …

“Na dann, aufsteigen. Nächster Halt, London, Tropfender Kessel”, riss ihn Hagrid aus den Gedanken.

 

Während der ganzen Fahrt - oder musste es nicht eigentlich Flug heißen? - tauschte sich Harry leise mit Sanara aus.

Dabei raus gekommen war das Fazit, dass sie sich wohl einfach nur überraschen lassen konnten und mit allem Möglichen rechnen mussten. Sanara hatte sich fürchterlich aufgeregt, als Harry das Verhalten der Dursleys und was sie ihm alles verschwiegen hatten, erwähnte und wäre beinahe hinabgefallen. Beinahe, wenn der Junge nicht blitzschnell zugegriffen hätte und sie vor einem vorzeitigen Tod bewahrt hätte. Hagrid hatte es mit einem geschmunzelten “Ganz der Vater” kommentiert. Was natürlich wieder neue, unbeantwortete, Fragen gebracht hatte. Allgemein war Hagrid während des ganzen Weg nach London jedoch sehr schweigsam. Der Potter schob es jedoch darauf, dass er sich durch das Zwiegespräch mit Sanara nicht wohlfühlte.

 

Warum konnte er etwas, was der Mörder seiner Eltern ebenfalls konnte? Warum zum Geier hatte er überlebt? Voldemort war beim besten Willen kein bisschen gnädig vorgegangen an dem Abend und doch … doch saß er hier. Quicklebendig und mit nicht mehr als einer blitzförmigen Narbe auf der Stirn.

Dieser Narbe und endlich einer Erklärung für seine komischen ‘bunte Lichtblitze Träume’.

Das war im Moment - neben der Nervosität wegen dem neuen Unbekannten - auch sein hauptsächliches Gefühl. Ein euphorisches Hochgefühl aufgrund der Gewissheit, dass er eben NICHT verrückt war. Es gab fliegende Motorräder. Es gab bunte Lichtblitze, die Zauber waren und es konnten schon mal Sachen passieren, die so nicht geplant oder gewollt waren. Das war dann einfach Magie. Magie … es gab sie wirklich!

Schmunzelnd funktionierte Harry kurzerhand den Schwanz seiner geschuppten Freundin zum Zauberstab um.
 

 

Angesteckt von Harrys guter Laune spielte die Schlange mit und versteifte sich. Hatte sie ihren Schlüpfling jemals so gut gelaunt erlebt? Da musste man sich ja, in ihren Augen, einfach anstecken lassen.

Gut, dieser komische, monströse Kerl zog die ganze Zeit ein Gesicht als würde er eine schlechte Maus fressen, aber solange er Harry nichts tat, war es ihr egal. Der Kleine schien dem Fremden zu vertrauen, einfach weil der schon mit den Eltern befreundet war und den Jungen von den bösen Verwandten geholt hatte. Wofür Sanara dem Anderen sehr dankbar war, aber trotzdem …

Fest wickelte sie sich mit der vorderen Hälfte um das Handgelenk des Jungen, als dieser Hagrid in Richtung Bogen flog. Noch einmal brauchte sie dieses Nahtoderlebnis wirklich nicht. Zumal ihr dieses ‘Fliegen’ überhaupt nicht gut gefiel. Schlangen gehörten auf den Boden, Punkt!

Hin und her schwang ihr Kleiner ihren Schwanz mit sanften Bewegungen, ehe er plötzlich er laut anfing zu lachen.

 

Sanara, mir ist gerade etwas eingefallen. Dudley hat eine wirklich schlechte Zaubershow im Fernseher geguckt. Als ich die Formel laut nachgesprochen habe, sind meine Verwandten ausgerastet.”

 

Und jetzt weißt du auch, warum”, mutmaßte sie belustigt, was Harry benickte. “Was hast du denn gesagt, Kleiner?”

 

“Abra Kadabra”, meinte sie den Jungen gesagt hören zu haben, während er grinsend ihren Schwanz schwang, doch der panische Aufschrei Hagrids, sowie die Geräusche einer sehr unsanften Landung überdeckten dies quasi gleichzeitig.
 

 

Wirklich, das mit der Landung musste Hagrid noch üben, doch konnte er dies nicht laut aussprechen. Wurde er doch, kaum dass das Fahrzeug stand, grob heruntergezogen und baumelte durch Hagrids festen Griff in der Luft.

 

“Ha … Hagrid …”, stammelte er verwirrt doch der Andere schien ihn nicht zu hören, sondern begann ihn einfach zu schütteln.

“NIEMALS! NIEMALS WILL ICH DAS WIEDER VON DIR HÖREN, HAST DU VERSTANDEN?”

“Was?”, schaffte er zwischen den Schüttlern hervorzubringen.

“Dieses Wort … niemals wieder!”, gab Hagrid nun leiser, aber immer noch grollend zurück und stellte Harry unsanft auf dem Boden ab.

Vollkommen seines Gleichgewichtssinns beraubt, taumelte er nach hinten gegen das Motorrad. Hatte er sich in dem Freund seiner Eltern getäuscht? Nein, sein Bauchgefühl sagte ihm etwas anderes. Während er wieder zu Atem kam und das Stechen in seinem Kopf langsam aufhörte, blickte er dem Anderen ins Gesicht.

Was der Potter in dessen Augen sah, jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Es war keine Angst. Keine Panik. Es war blanke Furcht.

“Warum?”

“WEIL ES…” Tief Luft holend schien Hagrid sich beruhigen zu wollen. “Weil es das Muggle Wort für … für DEN Spruch ist”, gab Hagrid ominös zurück, ehe er Harry mit plötzlich hartem Blick fixierte. “Avada Kedavra. Der Spruch der deine Eltern und viele Andere tötete.”

Tom

Harry konnte nicht anders als den hart wirkenden Mann vor sich mit großen Augen anzustarren. “Das … es … also …”, stammelte er nur und schluckte trocken. “Es tut mir leid”, flüsterte er. Doch Hagrid wandte sich schnaubend ab und zog Harrys wenige Habseeligkeiten aus dem kleinen Beiwagen.

“Na dann, auf in den Tropfenden Kessel”, bestimmte Hagrid, nachdem er das Motorrad in eine Seitenstraße geschoben hatte und ging voran.
 

Erwachsene waren eindeutig seltsame Personen in den Augen des jungen Potter. Erst wirkte Hagrid nett und fürsorglich und im nächsten so unglaublich kalt und unerbittlich. Nur um dann so zu tun als wäre nichts passiert. Da sollte man als Kind noch irgendwas verstehen!

Hagrid hielt ihm die Tür zu einem heruntergekommenen Lokal auf und nur zögerlich ging Harry auf den Laden zu. Das Haus wirkte eher, als wenn es gleich zusammenbrach … und da sollte dieser ‘Tropfende Kessel’ drin sein? Leise zischte er Sanara zu, dass er sich die magische Welt irgendwie … schicker vorgestellt hatte.

Eine drückende Wärme umhüllte ihn, als er den Laden betrat. Verdutzt bemerkte er, dass es kein Gasthof, sondern eine urige Kneipe war, in die Hagrid ihn gebracht hatte.

“Äh … Hagrid, ich darf hier doch gar nicht rein”, versuchte er den Älteren auf sein nicht volljähriges Alter aufmerksam zu machen.

“Du sollst dich ja auch nicht betrinken. Kannst das Alter nicht mit denen der Muggeln vergleichen”, lachte der Ältere und schob ihn weiter vorwärts. Beinahe sofort hatten sie zahlreiche Blicke auf sich liegen. Unbewusst strich Harry einige Strähnen über die Stirn und wünschte sich die Leute würden einfach aufhören zu gaffen. Er hasste es zu viel Beachtung schenken zu bekommen, denn bisher hatte es immer zu Ärger und im Ernstfall einer Strafe durch seinen Onkel geführt. Hagrid mit seinem wilden Aussehen und der Größe, zog schon sämtliche Blicke auf sich. Zudem schienen diesen einige Gäste zu kennen, denn sie nickten dem großen Mann zu oder hoben die Hand zum Gruß.
 

“Hagrid! Schön dich mal wieder zu sehen”, erklang es laut durch den Raum und Harry erblickte einen finster wirkenden Mann, der hinter einer großen Theke stand und ein Geschirrtuch zum Gruß erhoben hatte.

“Tom”, erwiderte Hagrid monoton, während der Jüngere einfach bis zur Theke geschoben wurde.

“Was treibt dich her, alter Freund?” Die Frage klang unscheinbar, doch Harry konnte den stechenden Blick auf sich liegen spüren. So unbeteiligt wie möglich wirkend verschränkte er die Arme und streichelte Sanara, die sich schutzgebend um seine Körper gewunden hatte. Wieder einmal war Harry dankbar für Dudleys alte, zu weite Kleidung, denn so fiel die Schlange nicht auf. Leise wisperte seine Freundin ihm beruhigende und Mut machende Worte zu.

“Geschäfte. Bräuchte auch nen Zimmer für nen paar Tage, für den Jungen.”

Schweigen breitete sich zwischen den beiden Erwachsenen aus und so hob Harry zögerlich seinen Blick.

Augenblick traf seiner den des seltsamen Wirtes Tom. Der Mann war ihm irgendwie unheimlich und er wusste nicht, was er von ihm halten sollte. Dieser Tom schien schon älter zu sein, stand er doch gebeugt und besaß keine Haare mehr. Doch das was Harry am meisten unter die Haut ging, war der beinahe fiebrig glänzende Blick. Das zahnlose Lächeln, welches langsam auf dem Gesicht des Wirtes erschien, machte es wirklich nicht besser!

“Ja da brat mir doch einer nen Dementor … das ist doch”, japste der Wirt, wurde jedoch resolut von Hagrid unterbrochen.

“Hast n’Zimmer oder nicht?”
 

Kurze Zeit später öffnete Tom ihnen die Tür zu einem kleinen Raum. Auf jeden Fall befand ihn Hagrid für klein und fragte ob Tom nichts Besseres habe, doch für Harry reichte es vollkommen. Klein wäre das Letzte, wie er das Zimmer bezeichnet hätte. Eher urig - vielleicht ein wenig herunter gekommen -, gemütlich und bestens ausgestattet. Da war ein Kleiderschrank, ein Nachttisch und ein Bett das mindestens für drei Personen reichte. Nur am Rande bekam er mit, wie Tom seine Entscheidung damit begründete, dass dieses Zimmer über ein eigenes Bad, sowie einer kleinen Kochnische verfügte. In den Augen den jungen Schwarzhaarigen war dieses Zimmer der Inbegriff von Luxus.

“So muss der Junge nicht nach unten, wenn er nicht will. So gut die Anwesenheit von Harry Potter auch fürs Geschäft wäre, habe ich doch keine Lust auf all die Groupies”, schnaubte der Wirt monoton und zuckte mit den Schultern.

“Sie wissen wer ich bin?”, platzte es aus Harry heraus und eilig hielt er sich die Hände vor den Mund.

Bellend lachte Tom und ging zur Tür.

“Ich und Harry Potter - der Junge der lebt - nicht erkennen … haha, wie lustig. Hagrid gleich noch ein Feuerwhisky, wie üblich?” Damit ließ der urige Mann sie alleine.
 

Vorsichtig ließ sich Harry auf die Matratze sinken und war verwundert wie weich diese war. Keine einzige Feder stach ihn und sie roch wie frisch gereinigt. Der Laden ‘Zum Tropfenden Kessel’ mochte auf den ersten Blick vielleicht unscheinbar und heruntergekommen wirken, aber letztendlich war es ein urige, gemütliche und gepflegte Kneipe mit Gästezimmern. Und der Wirt namens Tom schien sogar recht freundlich zu sein auf den zweiten Blick.

Sanara schlängelte hervor und inspizierte ihre neue Unterkunft mit der Zunge.
 

“Also … nun …”, unsicher druckste Hagrid herum und stellte Harrys Habseligkeiten vor den Kleiderschrank. “Magst noch mit runterkommen?”

“Nein danke. Geh du nur. Ich werde auspacken und dann schlafen. War ein anstrengender Tag”, antwortete der Potter lächelnd.

“Hmm. Also Harry … wegen eben …”, setzte der Ältere an, doch Harry unterbrach ihn.

“Es ist alles gut Hagrid. Ich habe einen Fehler gemacht und jetzt weiß ich es besser”, sagte er schnell und nickte bekräftigend. “In der Muggelwelt ist es ein Kinderreim. Aber … naja das ist ja die Zauberwelt und da gibt es andere Regeln.” Sanft kraulte er Sanara unter dem Kinn. “Mach dir keine Sorgen um mich. Geh ruhig. Dein Whisky wartet”, schob er mit fester Stimme hinter her und lächelte Hagrid an.

Erneut trat drückendes Schweigen zwischen ihnen ein und Harry wünschte sich plötzlich, der Hüter Hogwarts möge einfach gehen.

Es wurde ihm langsam wirklich alles zu viel. All das, was passiert war. All das, was er erfahren hatte, was er kennengelernt hatte. Es war zu viel und sein Kopf begann wie nach einer Auseinandersetzung mit Dudley zu schmerzen. Ruhe, Zeit alleine zum Nachdenken und schlafen waren jetzt das was er brauchte.

“Na … ok. Zwischen uns ist alles gut?”, erkundigte sich Hagrid vorsichtig, woraufhin Harry nickte. ”Dann geh ich mal. Hole dich morgen ab und wir gehen in die Winkelgasse, ok?”

Wieder nickte Harry nur mit einem beruhigenden Lächeln.
 

Nachdem Hagrid, endlich, gegangen war, lag Harry frisch geduscht in dem bequemen Bett. Sanara satt neben ihm auf dem Kopfkissen und ein Verdauungsschläfchen halten, denn sie hatte in dem Zimmer ein Mauseloch ausgemacht. Sein eigenes Essen - mehrere belegte Scheiben Brot - , welches ihm Tom hochgebracht hatte, stand noch unberührt auf dem kleinen Nachttisch. Der junge Potter hatte keinen Hunger.
 

Es waren nicht die Informationen die er bekommen, sondern die er NICHT bekommen hatte, die ihn wach hielten. All die Fragen, die sich ergeben hatten und die mit der Zeit - und dem Nachdenken - nur mehr geworden waren. Wenn das so weiterging, dann würde er gar nicht mehr schlafen. Allerdings wollte er auch nicht, dass Hagrid sich morgen Sorgen machte, wenn er mit tiefen Augenringen vor diesem stand.

Eine Uhr - irgendwo in diesem Haus - krähte leise “Mitternacht”, als er sich aufrichtete. Seufzend strich er sich durch das Gesicht und begann unter zwölf leisen Glockenschlägen aus dem großen Bett zu krabbeln. Ganz vorsichtig, um die tief schlafende Sanara auch ja nicht zu wecken. War dieses irgendwie flatternd klingende Geräusch Schlangenschnarchen?
 

Fröstelnd zog Harry sein Sweatshirt enger. So warm es auch draußen war, so war es in diesem Haus doch erstaunlich kühl.

So richtig hatte er diesen Nachtspaziergang nicht durchdacht, fiel dem Jungen auf, als er auf dem Flur stand. Unsicher blickte er nach rechts in die nur schwach mit kleinen Fackeln beleuchtete Dunkelheit, doch alles was er erkennen konnte, waren Türen. Wahrscheinlich weitere Gästezimmer. Unschlüssig drehte er sich nach links und hörte, wie Tom gerade die Sperrstunde einläutete.

Sehr gut, dann konnte er hoffentlich ohne Blicke runter und vor die Tür gehen. Als Schritte auf der Holztreppe erklangen, huschte er schnell zurück in sein Zimmer.

“Sollen die sich doch mal mit V-V-Vampiren im B-B-Blutrausch rumärgern!”, hörte er die Person vor seinem Zimmer schimpfen, ehe die Schritte sich entfernten. Gebannt lauschte Harry und atmete erleichtert aus, als er das vertraute Geräusch einer zugemachten Tür vernahm.

Vampire? Es gab sie wirklich? Was war mit Drachen, Werwölfen, Feen, sprechenden Tieren? Da musste er Hagrid morgen unbedingt nach fragen! Gespenster, Einhörner, Wichtel, Rußmännchen nicht zu vergessen.
 

Nachdem es eine ganze Zeit still war, schlich er wieder auf den Flur. Gedanklich damit beschäftigt, wie es sein konnte, dass WENN diese Wesen wirklich lebten, warum dann ‘normale Menschen’ nichts davon merkten.

Die Stimmen im Untergeschoss waren verstummt und so entschied sich Harry dazu nach unten zu gehen. Leise schlich er die Treppe runter; jedes Knarren der Holztreppe verfluchend. Geschmeidig schlich er im Schatten herum und spähte vorsichtig um die Ecke. Der Wirtsraum lag düster und leer vor ihm. Auf den ersten Blick konnte er an der Eingangstür keine Verriegelung ausmachen. Noch einmal blickte er sich um, ehe er in Richtung Tür tapste.
 

“Und wo willst du hin, Junge?”

Panisch hielt er augenblicklich inne, als die dunkle Stimme hinter ihm ertönte.

“Ich hab dich was gefragt. Also Junge, wo willst du hin und warum liegst du nicht im Bett, wo du um diese Uhrzeit hingehörst?”

Verdammt, wer auch immer da hinter ihm stand, es würde Ärger geben! Automatisch zog er den Kopf ein, traute sich jedoch nicht umzudrehen. Sein Körper wollte einfach nicht gehorchen, zu tief war der Schrecken gefahren. Zu laut hallte das Wort ‘Junge’ in seinem Kopf wieder und er wollte - auch wenn er wusste, es gehörte sich nicht - sich nicht herumdrehen. Wollte die Fäuste oder den Gürtel nicht auf sich zufliegen sehen.
 

“Nun?”

“Ich … ich”

“Na, jetzt stotter doch nicht so, sonst kann ich dir auch nicht helfen.”

Helfen?

“Ich … ich wollte…” Leise räuspernd versuchte der schwarzhaarige Junge den Kloß in seinem Hals zu beseitigen. “Ich wollte nur ein wenig an die frische Luft”, schaffte er schließlich zu sagen. Immer noch rechnete er jeden Moment mit einer Strafe. Freaks hatten nicht einfach herum zu laufen! Die Hand, die schwer auf seiner Schulter landete, ließ ihn zusammenzucken.

“Hey … ganz ruhig kleiner Potter.”

Der Fremde wusste wer er war?

“Ich bins nur, Tom, der Wirt. Du erinnerst dich Kleiner?”

Jetzt wo der Andere es sagte, erkannte Harry die Stimme Toms. Ein kleines bisschen entspannte er sich, doch er blieb auf der Hut. Hagrid hatte schließlich auch erst nett gewirkt und war dann so gemein geworden. So nickte er nur und drehte sich mit einem schwachen Lächeln herum.

“Also du wolltest an die frische Luft? Nun, dann komm mit. Auf der Seite ist nur Muggellondon und daher nicht sicher. Ich zeige dir mein Geheimnis.” Damit drehte sich der alte Wirt um und ging davon.
 

Neugierig geworden folgte Harry dem Anderen. Am Tresen und der Küche vorbei, ging es in einen noch dunkleren Flur in dem - wie Harry entdeckte - die Gästeklos waren. Am Ende dieses Flurs stoppte der Wirt vor einer Tür und drehte sich zu ihm herum.

“Hier geht es zu meinen Privaträumen. Solltest du was brauchen, kannst du einfach klopfen. Aber das nur nebenbei. Eigentlich wollte ich dir dies hier zeigen …”, meinte Tom und zog einen Holzstab hervor. “Davon weiß bisher kein anderer Mensch. Du bist der Erste. Es wäre mir Recht, wenn dieses kleine Geheimnis unter uns bliebe.”

Perplex nickte der Potter und beobachtete fasziniert, wie Tom mit dem Holzstab - den er inzwischen als Zauberstab identifiziert hatte - dreimal gegen die Wand klopfte, sowie ein kompliziertes Muster darauf malte.

Magie war wirklich klasse, stellte er wieder einmal fest, während er mit großen Augen beobachtete, wie aus der festwirkenden Wand plötzlich eine schlichte Holztür wurde.

“Darf ich vorstellen, mein geheimer Garten!”
 

Stolz hatte Tom ihm den Garten gezeigt und dabei gestanden, dass es für ihn nichts entspannenderes gab, als sich um die geliebten Rosen zu kümmern. Sein “Goldstück” war ein kleiner Busch der auf den ersten Blick sehr unscheinbar wirkte, in Wirklichkeit allerdings eine der letzten ‘Blutenden Mitternachtsrosen’ war.

Artig nickend hatte Harry dem euphorisch erzählenden Wirt gelauscht, während dieser nur so mit Fachbegriffen um sich geworfen hatte. Alles, was letztendlich bei Harry hängen geblieben war, war dass Tom wohl etwas in seinen Dünger mischte was niemand zuvor versucht hatte und der Erfolg gab ihm Recht.
 

Als Tom geendet hatte, hatte er Harry gefragt, ob er noch etwas bräuchte oder wissen wolle. Erst hatte der Jüngere mit dem Kopf geschüttelt, doch dann war ihm eine Sache in den Kopf gekommen.

“Warum … also, warum tun Sie das alles für mich?” Schließlich schien das hier ein Geheimnis mit einem Schatz zu sein und gerade IHN, den fremden Freak, weihte der Wirt ein. Der Ältere hatte nur sanft gelächelt und gemeint, dass es das Mindeste dafür wäre, dass Harry sie alle von dem Monster befreit hatte.
 

Nun saß Harry auf einer kleinen Steinbank und blickte in den klaren Sternenhimmel. Es war immer noch warm, jedoch nicht mehr so drückend wie tagsüber. Die Stille - einzig hin und wieder unterbrochen durch Eulenrufe - und die klare Luft, ließen zum ersten Mal, seit einer für ihn gefühlten Ewigkeit, den Stress von ihm abfallen. Tief seufzend legte er sich mit dem Rücken auf die Bank und erlaubte seinen Gedanken über die letzten Erlebnisse nachzudenken.
 

Feststand: Es war der beste, spannendste, coolste und auch verwirrendste Geburtstag seines bisherigen Lebens. Sein ganzen Leben und auch all seine bisherigen gedachten ‘Wahrheiten’ waren auf den Kopf gestellt worden. Und das innerhalb weniger Stunden.

Er war von den Dursleys weg, musste sie erst nächstes Jahr wiedersehen, Dudley hatte einen Ringelschwanz bekommen und er war auf einem Motorrad durch England geflogen.
 

Es gab zwei Welten. Die Welt der Magie und die Welt ohne. Eulen waren gut und wichtig in der magischen Welt, denn sie brachten Briefe. Schlangen hingegen waren ein Zeichen des ‘Bösen’. Dass er selbst mit den Reptilien reden konnte, machte ihn dann doch nicht nur wieder zum Außenseiter, sondern auch zu einem ‘Bösen’, oder? Ein böser Freak also?
 

Der Tod seiner Eltern. Von wegen Autounfall! Ein böser Zauberer Namens Voldemort hatte sie - warum auch immer - getötet.

Womit er auch schon beim nächsten Punkt war: Hexen, Zauberer, Magie und Vampire waren nicht - wie bisher gedacht - aus reiner Fantasie entsprungen. Nein, es gab sie und er war ein Teil dieser Welt. Er war ‘Der-Junge-der-lebt’ und ein Held.

Was in seinen Augen nicht zutraf. Schließlich war er noch ein Baby gewesen, als Voldemort angriff und ein Held ‘tat’ doch mehr als brabbeln und weinen, oder?

Mal ganz unbeachtet dessen, dass er auf diesen ‘Status’ gut und gerne verzichtet hätte. Nicht nur dass er diese Aufmerksamkeit nicht wollte, zudem wäre ihm ein Leben mit Eltern tausendmal lieber.

Warum war er damals nicht auch gestorben? Was wäre ihm dadurch alles erspart geblieben! All die Häme, Verachtung und Einsamkeit. Geschrei und Prügel.
 

Stöhnend setzte er sich auf und schüttelte heftig mit dem Kopf. Er musste diese finsteren Gedanken los werden. Er hatte nun mal überlebt und war bei seinen Verwandten aufgewachsen. Die Vergangenheit konnte man bekanntlich nicht ändern und er würde den Dursleys nicht geben, was sie sich insgeheim wünschten.

“Ich bin stärker als ihr denkt. Ihr macht mich nicht kaputt!”, schwor er sich, leise murmelnd.

Mit geballten Fäusten stand er auf, vollkommen erfüllt von neuer Entschlossenheit.

“Ich bin Harry James Potter. Meine Eltern waren stark und tapfer, ich bin es auch. Ich bin nicht allein!” Der junge Zauberer spürte das warme Prickeln auf seinem Körper und den Wind, der sanft um ihn herum wehte. Inzwischen konnte er sich vorstellen was es war, nämlich seine eigene Magie. Und es fühlte sich gut an, wie diese so in und um ihn pulsierte! Einerseits zwar irgendwie beängstigend, aber doch beruhigend. Mut spendend und tröstend. Kraft gebend.
 

Oh, wie er sich doch auf Hogwarts freute! Schließlich war dies eine Zauberschule, also würde er garantiert lernen wie er mit seiner Magie umgehen musste. Ob er dort wohl auch einen Zauberstab bekam? Vielleicht stand ja etwas in dem Brief, den er von Hagrid überreicht bekommen hatte. Am besten er guckte sich diesen noch mal an.

Voller wilder Freude und deutlich besser gelaunt, machte er sich auf den Rückweg in sein Zimmer. Morgen Abend würde er mit Sanara zusammen hierher, in diesen geheimen Garten, zurückkehren. Bestimmt gefiel es ihr hier auch.

Winkelgasse Teil 1

Der nächste Morgen begann nach Harrys Meinung viel zu früh, denn letzte Nacht hatte es eindeutig zu wenig Schlaf für ihn gegeben. Eigentlich hatte er ja nur noch einmal den Hogwartsbrief überfliegen und dann schlafen wollen. Doch er hatte die Rechnung ohne seine Schlangenfreundin gemacht. Diese hatte ihn schon erwartet und das nicht gerade glücklich. Sanara war gereizt, besorgt und beleidigt gewesen und hatte ihn dies deutlich spüren lassen.

Immer noch war Harry davon begeistert, wie sehr dieses Schuppentier fluchen und drohen konnte. Wie gut dass Sanara ungiftig war, denn so hatte er von ihrem ‘Manieren beibringenden Biss’ nicht mehr als einen blauen Fleck, sowie ein paar kleine Abschürfungen.

 

Gähnend rieb er sich über die Augen und versuchte blinzelnd wach zu werden. Flatternd öffnete er seine Augen und war im nächsten Moment hellwach. Schreiend wich er so weit zurück, dass er schließlich quietschend rückwärts vom Bett fiel.

Was - in Gottes Namen - war das?

 

“Mr. Potter Sir, geht es Ihnen gut?”, erklang es quietschig-besorgt von der anderen Seite des Bettes.

Also eine Einbildung schien diese Erscheinung schon mal nicht gewesen zu sein!

“Sir, kann Scotchi Ihnen behilflich sein?” Auf dem Rücken liegend beobachtete der Potterspross, wie ein kleines, runzliges Wesen mit langen - beinahe waagerecht abstehenden - Ohren um das Bett herum watschelte. “Scotchi wollte nicht … Scotchi sollte doch nur …”, stammelte das komische Wesen und zog sich dabei an den Ohren.

Vom ersten Schock erholt, stemmte sich der Junge auf die Ellenbogen und beobachtete das knautschige Ding. Irgendwie erinnerte es ihn an eine Mischung aus Fledermaus und Trockenfrucht. Ok, er war eindeutig noch nicht wach bei solchen Vergleichen!

“Entschuldigung … wer sind Sie?”, unterbrach er das Gejammer des Wesen.

Verdutzt blinzelnd hielt dieses Tier - oder war es ein Mensch? - in seiner Selbstfolter inne und starrte ihn an.

“Ich bin Scotchi, der Hauself des Tropfenden Kessel”, antwortete der Elf und stellte sich gerade hin. “Scotchi ist die gute Seele des Hauses und kümmert sich um alles. Wenn Mr. Potter ein Wunsch haben, muss er nur Scotchi rufen!” Der Stolz war deutlich für Harry herauszuhören.

“Das ist doch bestimmt schwer, oder?”, platzte es aus Harry heraus. Denn wenn er alleine seine Arbeit bei den Dursleys überdachte … was hatte dann Scotchi erst alles in diesem großen Haus zu tun? Irgendwie tat diese Hauselfe ihm leid, denn ihm wurde bewusst, dass er in den Augen seiner Verwandten ebenfalls ein Hauself war.

“Du musst das alles alleine machen?”, erkundigte er sich und hockte sich vor das Wesen. Dieses betrachtete ihn einfach schweigend und mit schief gelegtem Kopf. “Dieses große Haus und du bist alleine … das ist doch nicht gerecht oder? Ist das nicht unglaublich anstrengend?” Warum schockte es ihn eigentlich, dass es so etwas wie Hauselfen gab?

Ein sanftes Lächeln erschien auf dem Gesicht der Elfe, während die Ohren zuckten.

“Mr. Potter ist nett. Aber er muss sich keine Gedanken um Scotchi machen. Scotchi ist stolz für Master Tom zu arbeiten. Genau so wie Löffli.”

“Löffli?”

“Löffli kümmert sich um die Küche. Damit Master und Gäste Essen und Trinken haben. Scotchi wird Löffli holen.” Und ehe Harry dazu kam etwas zu erwidern, verschwand die kleine Elfe mit einem leisen ‘Plopp’.

Wirklich seltsam, das alles hier. Geheime Gärten, Hauselfen die zu lieben schienen, was sie taten und es schafften ein so grosses Haus in Ordnung zu halten. Seltsam, aber toll! Was ihn wohl heute noch so erwartete? Ein wenig mulmig wurde ihm schon, wenn er daran dachte, was er alles NICHT wusste. Er würde mal wieder negativ auffallen. Wie ein bunter Hund.

 

Doch der Potter kam nicht dazu sich in seine Sorgen hineinzusteigern, denn es ploppte in diesem Moment wieder und Scotchi stand mit einer Elfe in Küchenschürze vor ihm. Während Scotchi schmunzelte, sah Löffli alles andere als glücklich aus.

 

“Hallo, ich bin Harry. Du musst Löffli sein. Schön dich kennenzulernen.” Zaghaft streckte er der neuen Elfe die Hand hin, die diese mit großen Augen anstarrte.

“Hab doch gesagt er ist nett!”, rief Scotchi begeistert aus und schnappte sich stellvertretend die angebotene Hand. “Es freut uns Mr.Potter kennenzulernen. Ganz außerordentlich!”, jauchzte das kleine Wesen und sprang, seine Hand umklammernd, auf und ab. “Man trifft selten solch nette junge Zauberer!”

“Warum?”, wollte Harry wissen, während sein ganzer Arm auf und ab schwang.

“Weil …”

“Scotchi! Still!”, versuchte Löffli die plappernde Elfe zu bremsen, doch diese ignorierte ihre Artgenossen einfach.

“Weil wir Hauselfen sind”, sagte die eben noch so euphorische und hielt in ihrer Hopserrei inne. “Nicht alle sind so nett wie Mr. Potter oder Master Tom!”

“Du meinst solche wie Voldemort?”

Quietschend ließ die Elfe seine Hand los und nickte beklommen.

Am liebsten würde Harry die Augen verdrehen. Aber er unterließ es, denn über die Ängste anderer machte man sich nicht lustig. Um sich eine definitive Meinung im Fall ‘Voldemort’ zu bilden, wusste er auch einfach zu wenig. NOCH, denn für ihn stand fest heraus zu finden, ob die Angst begründet war. Vor allem da er diesen ja angeblich vernichtet hatte.

“Entschuldige …”, murmelte er stattdessen um diesen Moment zu überspielen. “Ich wusste nicht …”

“Frühstück? Wollen kleiner Potter Frühstück?”, unterbrach ihn Löffli in seiner Entschuldigung mit tiefer Stimme.

Perplex blinzelte Angesprochener die Elfe an ob des plötzlichen Themenwechsel.

“Äh …”, gab er nur als Antwort und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. “Nein, danke. Mach dir wegen mir keine Mühen, Löffli. Ich hab gar keinen Hu …” Ein deutlich vernehmbares Knurren seines Magen ließ ihn jedoch schweigen und die Hände auf den Bauch legen.

“Tz”, kam noch von Löffli, ehe dieser ploppend verschwand.

“...nger”, beendete Harry seinen Satz.

“Mr. kann sich erfrischen. Scotchi räumt auf und holt Ihre Freundin zurück.” Damit ließ die Elfe mit einem Finger schnippen Kleidung in seine Arme schweben und schob ihn sanft in Richtung Bad.

“Freundin? Zurück holen?”, schaffte er noch zu stammeln, ehe die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. Für so ein kleines Wesen, hatte die Elfe erstaunlich viel Kraft.

“Ähm, du musst nicht für mich aufräumen, Scotchi!”, rief er durch die geschlossene Tür, was mit einem “Scotchi kann Mr. Potter Sir gar nicht hören”, beantwortet wurde.

Fazit: Was für ein erneut merkwürdiger Morgen! Was für nette und faszinierende Wesen diese Hauselfen doch waren.

Nachdem er das leckere von Löffli zubereitete Frühstück zu sich genommen hatte, wartete er nun darauf dass Hagrid ihn abholte.

Lächelnd blickte er auf den mal gerade Handfläche großen Beutel in seiner Hand. Darin waren einige belegte Brote und etwas Obst. Ein Lunchpaket, extra von der Küchenelfe zubereitet. Extra und nur für ihn.
 

Mit dem Kommentar “Mr. ist zu dünn”, hatte die Elfe die kleingezauberte Mahlzeit auf den Tisch gestellt. Scotchi, die in diesem Moment mit Sanara im Arm wieder in den Raum ploppte - oder wie die Elfen ihm erklärt hatten ‘apparierte' - hatte nur geunkt dass ihr Mann Harry ja doch möge.

Jetzt wo Harry wusste worauf er achten musste, erkannte er die Geschlechtsunterschiede zwischen den Elfen. Scotchis Stofffetzen erinnerte an ein Kleid und ihre Ohren waren irgendwie filigraner. Löffli hingegen besaß ein breiteres und insgesamt “faltigeres” Gesicht. Die Nase knickte irgendwie mehr … ab.

Lächend beobachtete er seine Schlangenfreundin, die sich in einem ins Zimmer fallenden Lichtstrahl sonnte. Allgemein fiel ihm dabei mal auf, dass er, seit er in die magische Welt eingetreten war, viel öfter lächelte oder wenigstens grinste. Und das weil er es wollte und nicht weil es sein musste. Harry fühlte sich einfach freier und er genoss es insgeheim einmal nichts tun zu müssen. Auch wenn er ein kleines bisschen schlechtes Gewissen wegen Scotchi und Löffli besaß. Daher hatte er auch unter der Dusche beschlossen einen Supermarkt zu suchen und für sein Essen selber zu sorgen. Das hatte er sein ganzes bisheriges Leben getan und nur weil er von der Existenz und ‘Möglichkeit’ der Hauselfen wusste, musste er es ja dennoch nicht ausnutzen!

 

Und du willst wirklich mit, Sanara?

 

Natürlich”, antwortete Gefragte nur träge und rollte sich auf die Seite. “Das lass ich mir doch nicht entgehen und jetzt lass mich entspannen, ehe ich mich den ganzen Tag verstecken muss.

 

Also wirklich, diese Schlange war ein Widerspruch in sich. Doch Harry wusste es besser, als diese Diskussion erneut zu führen. Das hatten sie schon nachdem das Reptil aus dem Garten zurückgebracht wurde.

Scotchi hatte Sanara nämlich am Morgen gesehen und freundlich gefragt, ob sie ein wenig frische Luft wollen. Laut Sanara war die Hauselfe die ganze Zeit freundlich und vorsichtig gewesen. Auch wenn dieses apparieren - genau so wie fliegen - nicht zu Sanaras bevorzugten Reisevarianten zählte. Warum, wieso und weshalb die Elfe mit der Schlange kommunizieren konnte, war Harry und Sanara ein Rätsel, aber Magie war bestimmt die Lösung. Vielleicht erzählte es ihm Scotchi noch, selber nachfragen würde er nicht. Er hatte schon genug Fragen gestellt.

So ließ er seine tierische Unterstützung noch ein wenig dösen, während er in gespannter Langeweile erneut ins Bad ging und versuchte seine wilde Mähne dauerhaft über die Narbe auf der Stirn zu kämmen. Es war einfach zum verzweifeln. Er brauchte so etwas wie Haarspray oder Gel, aber woher nehmen?

Da kamen ihm die Worte des Wirt in den Kopf, dass er zu diesem kommen sollte, wenn er etwas brauchte. Froh über diesen Einfall eilte er zu seiner Zimmertür, doch gerade als er diese schwungvoll aufziehen wollte, hörte er eine Stimme auf dem Flur und hielt inne.

“V-V-Vampire sind M-M-Monster. Egal w-w-was du sagst! Sagen ich w-w-wäre v-v-verrückt. Pah!” Es war anscheinend - und dem Stottern nach zu urteilen - der selbe Mann wie gestern Abend.
 

Damit war das Thema ‘Tom’ auch gestrichen, die Gefahr zu groß gesehen zu werden. Blieb nur noch …

“Scotchi?” Es klang stark nach einer Frage, doch das leise Appariergeräusch sagte ihm, dass es trotzdem geklappt hatte.

“Mr. Harry haben gerufen?” So weit hatte er die fleißige Elfe immerhin bekommen, dass sie ihn beim Vornamen nannte.

Drucksend schilderte er der Kleineren sein Problem.

“Gar kein Problem!”, rief diese aus und verschwand erneut, nur um wenige Augenblicke später wieder aufzutauchen.

“Scotchi hat magisches Haargel von Master bekommen. Nun sollten wir uns aber beeilen. Scotchi hat Hagrid gehört.”

Doch es kam wie es kommen musste: Auch mit dem speziellen Gel wollten Harrys Haare nicht so wie er es sich erhofft hatte. Scotchi meinte immer wieder dass sie es schaffte alle Art von Dreck und Unrat zu beseitigen, da sollten doch ein paar wilde Haare kein Problem sein.

Als Hagrid schließlich das Zimmer betrat, war Harry ein wenig frustriert.

“Beim Urvater Helfdir, jetzt müssen harte Geschütze her. Still halten, Harry Sir.” Hilfesuchend schaute der Potter zu seinem großen Retter, doch dieses Mal half er ihm nicht, sondern zuckte nur grinsend mit den Schultern. Plötzlich spürte Harry wie ein sanftes Kribbeln über seinen Kopf wanderte. Es fühlte sich ähnlich dem Gefühl an, als wenn jemand ein Ei auf dem Kopf zerschlug. Eine Erfahrung die er, dank Dudley und Freunde, mehrere Male gemacht hatte.

“So, jetzt sollte Mr. Harry Potter Sir zufrieden sein.” Nickend und anscheinend mit sich selbst zufrieden, stellte sich die Hauselfe vor ihn und strich sich ihre Stofffetzen glatt.

“Und?”, wandte sich der Potter unsicher an Hagrid.

“Geh gucken”, meinte dieser nur grinsend und deutete in Richtung Badezimmer.

Als der junge Potter schließlich vor dem Spiegel stand, konnte er seinen Augen nicht trauen im ersten Moment.

Seine Haare waren nun dunkelbraun und etwas länger, sodass sie ihm beinahe verwegen über die Stirn fielen. Sein Gesicht wirkte irgendwie … feiner. Als er den Pony anhob, sah er dass seine Blitznarbe zwar nicht verwunden, aber nun deutlich weniger sichtbar war. Sein Hautton war ein Hauch dunkler, sodass das Grün seiner Augen noch stärker zu leuchten schien.

Das sollte er sein? Es war ungewohnt, aber so war die Chance erkannt zu werden definitiv geringer.

“Äh danke, Scotchi”, bedankte er sich artig bei der Hauselfen und schritt zum Bett um Sanara seinen Arm hinauf kriechen zu lassen.

“Das war doch gar nichts, Harry”, flötete die Elfe und winkte ab. “Scotchi wünscht viel Spaß und vergessen Sie nicht Ihr Essen.” Mit diesen Worten steckte ihm das Wesen sein Lunchpaket in den kleinen Rucksack und meinte, Hagrid wisse schon wie er das wieder hin bekam, ehe sie verschwand.

“Also dann. Auf in die Winkelgasse und nimm deinen Brief mit Harry! Gibt viel zu tun!”, bestimmte Hagrid und öffnete resolut die Zimmertür.
 

“Wow”, war das Erste was dem eigentlich Schwarzhaarigen entfuhr, nachdem sein Begleiter den magischen Durchgang zur Winkelgasse geöffnet hatte.

Das war ja auf dem ersten Blick schon einfach cool. Wenn auch beängstigend durch die vielen fremden Menschen.  

So viele Menschen in langen - teils schreiend bunten - Umhängen. Viele Herren trugen Melonen oder spitze Zauberhüte auf dem Kopf, während die Frauen seltsame Hutkonstruktionen trugen. Federn, Flusen, Spitze, Netz, Steinchen und war das da ein ausgestopfter Papagei auf dem Kopf einer älteren Dame?

“Willkommen in der Winkelgasse. Der Haupteinkaufsmeile der Zauberwelt Londons!”, kam es gut gelaunt von Hagrid, der ihn sanft voran schob.

Als sie dabei an der Papageien-Dame vorbei kamen, bemerkte Harry dass der Vogel gar nicht ausgestopft, sondern sehr lebendig war! Schien das Tier ihm doch zuzuzwinkern, während es leise krächzte. Auf was für lustige und verrückte Ideen manche Menschen doch kamen!

Harry kam aus dem Staunen gar nicht mehr raus und trottete einfach mit großen Augen neben Hagrid her. Dieser hatte irgendwas von einem Ort Namens Gringelottes als erstem Ziel gesagt, so sicher war sich der Potter nicht, da er viel zu abgelenkt war.
 

“Bleib schön in meiner Nähe Harry. Sonst gehst du mir noch verloren und das wollen wir doch nicht!” Harry nickte nur und beobachtete einen Blumenverkäufer der seine Pflanzen mit dem Zauberstab goß.

Er wusste auch nicht so genau, WAS er sich eigentlich genau unter der Winkelgasse vorgestellt hatte, jedoch ganz gewiss nicht DIES HIER! Nicht diese vielen Menschen - Zauberer und Hexen - und ab und eine Hauselfe die mit mehreren kleinen Paketen irgendein Geschäft verließ um dann direkt zu apparieren. Nicht solch eine riesige Auswahl an Geschäften. Er war unter anderem schon an Bekleidungs-, Blumen- und Spielzeugladen vorbei gekommen. Von der Eisdiele, dem Cafe und dem Buchladen gar nicht erst zu sprechen.

Schließlich kamen sie an einem Laden vorbei, vor dessen Schaufenster sich eine Gruppe Jugendlicher versammelte hatte. Sofort war seine kindliche Neugierde voll entfacht und er schritt neugierig herüber. Er hörte begeistertes und wehleidiges Geplapper über die Vorzüge eines gewissen Nimbus 2000, wie dessen Beschleunigung und Handling war.

Ging es hier etwa um Autos? Denn so hatte er bisher nur seinen Onkel schwärmen gehört.

Als sich schließlich eine Lücke auftat, sah er, weswegen die Anderen so aufgeregt waren: Der Nimbus 2000 war ein Besen!

Aber kein normaler, so wie er ihn vom putzen kannte, nein. Laut einem kleinen Schild war dies ein Rennbesen. Das ‘neuste’ vom ‘neusten' und das Must have für jeden Quidditch Spieler. Er wusste zwar nicht was Quidditch war und er hatte ja eh kein Geld, aber er würde diesen Besen sehr gerne kaufen. Ob fliegen mit einem Besen wohl auch so toll war, wie mit dem Motorrad? Vor allem fiel so ein Besen wesentlich weniger auf …

Seufzend wandte er sich wieder ab und ging zu Hagrid zurück, der ihn beobachtet hatte.
 

“Hagrid, was ist Quidditch?”, erkundigte sich der Schwarzhaarige vorsichtig.

“Was Quidditch ist? Du fragst wirklich was das ist? Potzblitz, Kleiner. Ich vergesse immer wieder dass du ja nichts weißt…”

“Tut mir leid.” Harry wusste ja dass er dumm war.

“Also gut Kleiner …” Und damit lernte der verwandelte Potterspross alles über DEN Sport schlechthin in der magischen Welt. Ähnlich dem Fußballsport, wie er fand, nur cooler weil auf Besen. Laut Hagrid lag es Harry in den Genen, Quidditch und Fliegen im allgemeinen zu mögen, denn sein Vater war wohl auch ein Meister darin und Lily hatte atemberaubende Manöver drauf gehabt.

Harry genoss es seinen Begleiter so gelöst zu sehen, während dieser Anekdoten über Flugunfälle seines Vaters von sich gab. Er hatte seine Eltern zwar nie wirklich bewusst kennengelernt, aber durch Hagrids Erzählungen kam er ihnen immerhin ‘näher’. Er hatte nur einmal durch Zufall ein Bild seiner Mutter auf dem Dachboden - zwischen alten Kleider Petunias - gefunden und wusste daher, dass er wirklich die Augen seiner Mutter hatte. Aber ansonsten waren seine Eltern gesichtslose Namen für ihn.

Plötzlich aufsteigende Wut unterdrückend, biss er die Zähne zusammen und ballte heimlich die Fäuste. Ihm wurde mit einem Mal bewusst, was er niemals haben würde.

Was ihm dieser dumme Scheißkerl Voldemort genommen hatte! Der Kerl hatte ihn dazu verdammt ohne Eltern und dafür mit den Dursleys zu leben. Ohne Eltern mit denen er in den Ferien über Hogwarts reden, mit denen er fliegen oder Zaubersprüche lernen konnte. Dafür hatte er verlogene und voll von Hass und Abscheu auf die Zauberwelt zerfressene Verwandte, die ihn wie Nichts behandelten. Und das war dann auch schon Glück! Wenn es schlecht lief ...

“So wir sind am Ziel. Das ist Gringotts. Der sicherste Ort Londons. Naja, wenn man einmal von Hogwarts absieht mein ich”, holte ihn Hagrid aus seinen Gedanken.
 

Perplex blinzelte der Potter um wieder klar zu kommen und starrte stumpf auf das riesige Gebäude. Gringotts also, das war also ihr Ziel gewesen.

“Dann holen wir dir mal dein Geld”, unkte Hagrid und ging gut gelaunt die breite Steintreppe empor.

Geld? Was denn für Geld? Seine paar Pfund hatte er in der Hosentasche. Vielleicht wollte Hagrid das Geld wechseln, denn Harry hatte schon bemerkt, dass es hier anscheinend eine andere Währung gab. Nirgendwo stand etwas von Pfund, sondern Galleone, Sickel und Knuts. Was wenn von seinem Geld nichts übrig blieb?

“Ich hab doch gar kein Geld”, rief er Hagrid hinterher, der bereits das Eingangsportal erreicht hatte und spurtete die Treppe hoch. Bellend lachend öffnete der große Mann die Tür und meinte Harry würde schon sehen.

“Wow”, entschlüpfte es dem momentan braunhaarigen Jungen wieder einmal, während sie durch die grosse Empfangshalle der Zauberbank schritten.
 

Das hier traf so richtig seine protzige Vorstellung der Zauberwelt.

Der Boden war anscheinend aus Marmor, der sich mit glitzernden Steinen auch an den Wänden wiederfand. Alles glänzte, strahlte und wirkte gleichzeitig kühl und einladend. Doch das faszinierendste waren für ihn die erhöhten Podeste, hinter denen ähnlich knautschige Wesen wie die Hauselfen arbeiteten.

“Kobolde. Finstere Gesellen, aber verstehen ne Menge von dem was sie tun”, flüsterte Hagrid, während sie auf einen der Schalter zugingen.

Hagrid räusperte sich um die Aufmerksamkeit des Kobolds zu bekommen, doch dieser ignorierte den großen Mann und linste zu Harry, während er weiter Dokumente stempelte.

“Wir sind hier wegen …”, versuchte Hagrid es erneut, doch der Kobold hob nur eine Hand, stellte seine Arbeit ein und fixierte stattdessen den Elfjährigen.

“Ähm … hallo”, sagte dieser und lächelte unsicher. “Entschuldigen Sie … ich ähm. Also … ich würde gerne Geld abheben?”, stammelte er sich zurecht und biss sich unsicher auf die Unterlippe.

“Frage oder Anweisung?”, grummelte der Kobold und neigte seinen Kopf.

“Äh … Anweisung?” Die hochgezogene Augenbraue des Bankkobolds ließ ihn den Kloß herunterschlucken und es erneut versuchen. “Anweisung. Ich hätte gerne Geld, Sir. Bitte.” Einen Augenblick dachte er tatsächlich das Wesen würde ihn einfach ignorieren oder sonst was, doch stattdessen hob sich ein Mundwinkel minimal und Harry fand, dass der Kobold allein dadurch schon netter aussah.

“Sehr gerne. Wenn Sie dann den Schlüssel hätten, damit wir sie zu dem richtigen Verließ bringen können, Mr. Potter”, bat das Wesen etwas freundlicher.

Während Hagrid, unter einigem kramen, den Schlüssel aus seinem Mantel holte, konnte Harry das Wesen hinter dem Schalter nur mit großen Augen anstarren. Woher wusste der Kobold wer er war? Automatisch glitt seine Hand zur Stirn, denn wenn jetzt die Verwandlung verschwinden würde …

“Wir Kobolde sehen mehr als Menschen. Es braucht mehr um uns zu täuschen.” Der Kobold streckte sich stolz, ehe er hinter seinem Pult hervor hüpfte. “Nehmen Sie noch einen Moment Platz, ich werde mich um alles kümmern.”

“Also wirklich, wollen Sie mich denn noch weiter ignorieren?”, brauste Hagrid auf, während Harry schon überrumpelt zu dem gezeigten Wartebereich ging.

“Mr. Hagrid, reden Sie mit dem Oberkobold. Die Antwort bleibt doch dieselbe wie letztes Mal”, gab der Kobold eisig zurück. Mit einem Nicken in Richtung Harry tapste das Wesen entschlossen davon.

Während die beiden darauf warteten was nun geschah, brannte in Harry wieder Neugierde auf. Was meinte Hagrid? Warum war das Wesen plötzlich wieder so unfreundlich?

“Wenn Mr. Potter mir folgen würden”, schnarrte es und Harry sprang auf um dem Kobold hinterher zutrotten. Es war der gleiche Kobold mit dem er auch schon vorhin gesprochen hatte.

Neugierig blickte Harry sich um. Von außen sah das Gebäude gar nicht so groß aus, wie es Innen war. Und doch … wenn hier ALLE Zauberer ihr Geld hatten, dann kam es ihm ziemlich klein vor. Wo sollten denn die ganzen Schließfächer sein?

“Bitte einsteigen”, forderte der Bankangestellte und blieb so unerwartet stehen, dass der abgelenkte Harry fast ihn herein gerannt wäre.

Eine Entschuldigung stammelnd trat er zurück und kletterte schließlich ohne weiter zu fragen, in einen Grubenwagen. Es war ihm irgendwie peinlich so beim Gaffen erwischt zu werden. Das gehörte sich einfach nicht und er hoffte dass er dadurch keinen Ärger bekam.

“Na dann, auf zu deiner ersten Gringotts Fahrt”, gluckste Hagrid, stieg ebenfalls ein -wobei der Wagen gefährlich schaukelte - und nachdem der Kobold noch einige Sicherheitshinweise heruntergerattert hatte, setzte sich der Wagen in Bewegung.

Die Fahrt war … abenteuerlich, aber sehr cool! Natürlich hatte er seine Neugierde nicht zügeln können und den Kobold - von dem er inzwischen wusste dass er Griphook hieß - mit allerlei Fragen gelöchert. Glücklicherweise schien der Kobold es ihm nicht übel zu nehmen. Antworte er doch auf jede Frage und hielt sich auch mit Stolz nicht zurück.

Tiefer und tiefer ging die Fahrt, doch dann entdeckte Harry etwas in ihrem Weg, was ihm doch leicht mulmig werden ließ. Es war ein laut rauschender Wasserfall. “Äh …”, setzte er an und zeigte auf die Wassermasse vor ihnen. Da mussten sie doch wohl nicht …

“Das wird jetzt nass. Wie es hasse”, murmelte Hagrid und dem Potterspross wurde bewusst, dass sie da sehr wohl durch fuhren!

 

 

Und so rauschten sie unter Harrys spitzen Schrei durch den magischen Wasserfall, der alle Illusions- und andere Täuschungzauber vernichtete.

Griphook war zugleich danach, mit den Augen zu rollen und zu lachen. Es war immer wieder das Selbe mit den Zaubererkindern. Diese Jungknollen wurden von der Macht und dem Einfallsreichtum der Kobold überrascht. Die meisten ließen es sich nur nicht so anmerken, wie der junge Mr. Potter. Natürlich hatte er diesen sofort erkannt. Ein einfacher Illusionszauber einer Hauselfe, sollte ihn daran hindern? Pah - lachhaft! Zu dem war selbst unter den Kobolden der Name ‘Harry Potter’ und welche Rolle dieser in dem letzten Krieg spielte, bekannt. Seine Geschichte wurde als Symbol und Mahnung erzählt. Unter den Kobolden war ‘Der-Junge-der-lebt’ kein Held. Er war ein Symbol der Elternliebe, ein Symbol für Mut und ein Symbol der Hoffnung. Doch ebenso eine Mahnung an alle, die ihr Leben nicht zu schätzen wussten und alle Eltern, Kinder, Verwandte, Freunde einander zu schätzen und zu umsorgen.

Mit einem klitzekleinen Schmunzeln, beobachtete der Bankkobold wie eben jener Junge prustend und lachend aus dem Wagen kletterte, als sie am gewünschten Verließ ankamen. Mit einem kleinen Finger heben ließ er den Potter augenblicklich trocknen, denn frieren musste das Kind nun wirklich nicht. Dem Gesandten Hogwarts hingegen ließ er diese Behandlung nicht zukommen, sollte er sich ruhig durch eigene Magie oder die der ihn umgebende Gringotts Magie trocken lassen.

Ein letztes Mal musterte er den Jungen, der sichtlich aufgeregt, aber still, mit leuchtenden Augen die Umgebung betrachtete. Ja, jetzt wo die Illusionen weg waren, sah man deutlich, wer die Eltern waren. Stumm frischte er die Illusion der Hauselfe wieder auf und zwinkerte dem Jungen zu. Es war besser so!

“Mr. Potter, ihr Verlies.” Damit öffnete er das große Tor und trat zur Seite um dem Kind den Weg hinein zu ermöglichen.

Seit wann war er - der harte Griphook, seines Zeichens Oberbankkobold und bekannt dafür Zauberer zu misstrauen, ja gar schon fast zu verachten - eigentlich so nett und besorgt um ein Zaubererkind geworden?

 

 

“Wow!”, entfleuchte es eben jenem Zaubererkind zum dritten Mal am heutigen Tag. Anscheinend wurde das jetzt zu seinem neuen Lieblingswort, aber hey - was sollte man auch anderes sagen, bei diesem Berg an Münzen und Kostbarkeiten in dem Verließ vor ihm? Das sollte alles ihm gehören? Das konnte doch nur ein Scherz oder Irrtum sein, oder?

“Ein Beutel für Mr. Potter?” Immer noch blinzelnd auf diese ungewohnte und unerwartete Menge an Geld, griff der Potterspross nach dem Beutel und trat zögerlich in das Verließ - sein Verließ - ein.

“Und das gehört wirklich alles mir?”, versicherte er sich noch einmal bei seinen Begleitern, was der Kobold abnickte und Hagrid mit einem “Meinst du deine Eltern hätten nicht an dich gedacht?”, kommentierte und ihn weiter hinein schubste.

Gut … wenn die beiden es sagten, dann würde er jetzt etwas davon in seinen Beutel tun.

Unsicher stand er mit einigen Münzen in der Hand dar und überlegte wie viel er wo von mitnehmen sollte. Gab es sowas wie einen Wechselkurs? Davon hatte er seine verhasste Tante Margret mal reden hören, als diese im Ausland gewesen war. Oh was hatte sie geschimpft und …

“Die goldenen Münzen sind Galleonen. Silber Sickel und bronze Knut”, ertönte es sanft von Hagrid, der seine Unsicherheit wohl bemerkt hatte.

“Und wie viel brauche ich für meine Schulsachen? Und das Zimmer, ach und das Essen ...” Die pure Überforderung war in seiner Stimme zu hören und wohl auch in seinem Gesicht zu sehen, denn nun trat auch der Bankangestellte herein, während Hagrid ihn nur komisch anguckte.

“Ich weiß doch gar nicht, wie viel was kostet … ich kenn doch nur Pfund und so ….”, stotterte der Jüngste und ließ nervös einige Münzen durch die Hand wandern.

“Nimm ne Handvoll Galleonen und eine Sickel. Passt schon”, meinte der Hüter Hogwarts grinsend und Harry wollte sich dem gerade fügen, als ihn ein scharfes Schnalzen innehalten ließ.

Im gleichen Moment merkte er wie der Beutel in seiner Hand, ganz ohne sein zutun, schwerer wurde.

“Damit sollte Mr. Potter heute zu recht kommen”, raunte der Kobold und Harry bekam ein schlechtes Gewissen. Das Wesen hatte noch anderes zu tun als einen, nichtswissenden, dummen, ungeschickten, Freak zu betreuen.

“Vielen Dank!”

 

Tief saugte Harry etwas später die frische Luft ein. So abenteuerlich es unter Gringotts war, so gruselig, beengend und muffig war es dort auch. Noch einmal ließ er sich die Worte Griphooks durch den Kopf gehen, der ihn beim Aussteigen zur Seite genommen hatte. Der Kobold hatte ihm zugeflüstert, dass er nicht nur anschreiben lassen konnte so dass das Geld automatisch aus seinem Verließ geholt und in das des Ladenbesitzers umgelagert wurde, sondern hatte auch noch verschwörerisch geflüstert, dass er am nächsten Tag alleine vorbei kommen solle. Was das wohl zu bedeuten hatte? Warum sollte er alleine kommen? Und warum war der Kobold schon beinahe giftig zu Hagrid gewesen, während er zu Harry im Vergleich nett gewesen war? Warum hatte der Kobold ihm geholfen und Hagrid nicht? Gedankenverloren biss er auf der Unterlippe herum, während er neben Hagrid hertrottete.

“So Harry, dann wollen wir mal einkaufen gehen! Gibt viel zu kaufen!” Hagrids laute Stimme holte ihn aus seinen Gedanken und er konnte ein kleines Seufzen nicht vermeiden. Es war heute so vieles geschehen und am liebsten würde er sich einfach mit Sanara in sein Bett verziehen.

 

Lust hab ich ja nicht”, flüsterte er dieser zu, die sich enger an ihn drückte.

Es muss sein. Auch wenn ich erstmal wieder warm werden muss. Diese Bank war zwar eine Höhle, aber eindeutig zu kalt und nass. Meine Schuppen sind schon ganz schön steif.” So ging es noch einige Minuten, bis Hagrid vor einem Laden mit einem großen Kessel in dem Phiolen und Kräuter zu sehen waren über der Eingangstür stehen blieb.

“Fangen wir mit der Apotheke an.”

 

Und dies war der Anfang von einer anstrengenden, aber interessanten und lustigen Einkaufstour.

 

Winkelgasse Teil 2

Nachdem sie in der magischen Apotheke und dem Kesselladen Kessel, Waage und Phiolen besorgt hatten, war es ohne Verzögerung in den einen Laden Namens ‘Klare Sicht - Nah und fern’ gegangen. Schon als er die Schwelle übertreten hatte, wünschte er sich wieder hinaus oder wenigstens zurück in die Apotheke. Während es dort nämlich beinahe beruhigend und einlullend nach Kräutern und Ölen gerochen hatte, erschlug ihn hier geradezu eine Luft zum Schneiden. Stickig, abgestanden und ein penetranter Geruch nach Lavendel. Dazu leises klimpern, welches beinahe wie Windspiele klang - bei der stehenden Luft bestimmt durch Magie bewegt - und blinkenden Kugeln.

Während er unwillig vorwärts ging, sah er auch den Grund dieser abartigen Luft: Geschätzte abermillionen von Räucherstäbchen brannten an allen möglichen Orten. Widerlich!

Eine Frau in weiter, luftiger und schriller Kleidung tänzelte breit grinsend auf sie zu und Harrys erster Gedanke war, dass die komische Frau bestimmt High war von dem ganzen Rauch. Eilig versuchte er sein Unbehagen zu verstecken und lächelte die fremde Verkäuferin verkniffen an.

“Halleluja, ich habe Euch kommen sehen. Es freut mich, Euch endlich begrüßen zu dürfen.” Lachend drehte sich die Frau vor ihnen um sich selbst.

Skeptisch blickte der Potter zu seinem Begleiter, doch dieser zuckte nur grinsend mit den Schultern und vergrub die Hände in den Manteltaschen.

“Also mein Kleiner…” Missmutig aufgrund dieser Bezeichnung verzog der Teenager sein Gesicht. “ … das übliche oder darf es noch etwas sein? Vielleicht eine der Wahrheitskugeln? Sie sagen Dir, ob eine Lüge in Deiner Umgebung gesprochen wird.” Dabei huschte die Frau zu einem kleinen Tisch, auf denen einige bunte Kugeln standen. “Oder wie wäre es denn mit einigen Räucherstäbchen? Eigene Mischung zum Vertreiben böser Gedanken und Geister”, ertönte es nun tiefer aus dem Nebel und Harry kniff sich in die Nasenwurzel.

“Ich brauche nur ein Teleskop, bitte”, rief er zu der Verkäuferin herüber.

 

Nach einer weiteren Viertelstunde standen die beiden dann endlich wieder vor der Ladentür. Langsam ließ der Kopfschmerz nach und auch die Müdigkeit wich mehr und mehr von ihm. Diese seltsame Mischung in dem Geschäft hatte ihn mehr und mehr eingelullt. So hatte er letztendlich doch eine dieser Wahrheitskugeln und eine Packung Raucherstäbchen zusätzlich mitgenommen. Diese rollten nun, eben so wie die Apothekeneinkäufe und das Teleskop, klein und leicht gezaubert durch seinen Rucksack. Magie war wirklich praktisch, wenn er sich vorstellte, jetzt mit einem großen und unhandlichen Teleskop durch die Gegend zu laufen. Von dem Kessel mal ganz zu schweigen!

 

“Also das war …” Stirnrunzelnd suchte der Jüngere nach dem richtigen Wort. “Ähm … interessant?”, beschönigte er diese Erfahrung, was Hagrid zum Lachen brachte. Gut gelaunt wuschelte der Ältere ihm durch die Haare.

“Sag ruhig verrückt. Aber so ist Silla nun mal. Wart ab bist de ihre Großcousine kennenlernst. Jetzt hast das Material für Zaubertränke und Astronomie. Weiter gehts. Kleidung oder Bücher?” Gut gelaunt und auf eine Antwort wartend blickte Hagrid ihn an.

Unschlüssig kratzte sich der Gefragte am Kinn und ließ seinen Blick wandern. Dabei sprang ihm das bunte Banner von ‘Florean Fortescues Eissalon’ in die Augen und so entschied er kurzerhand: “Pause - Eis”.

 

Genüsslich ließ sich der junge Potter die Portion Schokoladenbären-Karamellhirsche auf der Zunge zergehen. Nicht nur dass er sich sicher war noch niemals so ein leckeres Eis gegessen zu haben, sondern das mit den Bären und Hirschen war nicht nur ein einfaches Wortspiel. Auf den Vanillekugeln wuselte es von kleinen Schokobären und Hirschen aus Karamell. Trafen diese im Mund aufeinander, spürte man wie die beiden einen Kampf fochten - geradezu hin und her zu springen schienen - bis sie schließlich auf der Zunge zu einer Einheit verschmolzen. Leicht bittere Schokolade und klebrig-süßes Karamell. Ein wahrer Traum!

“Schmeckt, was?”, erkundigte sich Hagrid, der einen geradezu monströsen Becher mit lauter bunten Kugeln vor sich stehen hatte, auf dem eine Erdbeere mit einem Cognacglas tanzte.

Begeistert nickte Gefragter nur, während er sich grinsend einen neuen Löffel in den Mund schob und dabei die vorbeieilenden Menschen beobachtete. Von ihrem Sitzplatz - auf der Außenterrasse des Eissalons - konnte man hervorragend beobachten, während eine kleine Hecke in Form von Eisbechern ihren direkten Anblick verbarg. Anscheinend waren so einige Erwachsene und Teenager unterwegs um für das neue Schuljahr einzukaufen - apropos. Umständlich zog er den Brief aus dem Rucksack und entfaltete ihn.

“Hagrid, ich brauche noch die ganzen Bücher, Umhänge und … einen Zauberstab. Reicht dafür mein Geld eigentlich?” Harry wusste zwar dass der Kobold ihm einiges an Münzen in den Beutel gepackt hatte, doch wie viel es genau war, nicht.

“Wenn ich es richtig gesehen habe, dann hat der alte Griesgram dir genug eingepackt und bestimmt auch noch etwas für nebenher. Du musst wissen, siebzehn Silbernickel ergeben eine Galleone und neununzwanzig Knuts sind ein Sickel. Eine Galleone sind vierhundertdreiundneunzig Knut. Und …”, grübelnd kratzte sich der Hüter Hogwarts am Kinn, ehe er fortfuhr. “Und glaub fünf Muggelgeld sind eine Galleone.” Schulterzuckend widmete sich der Ältere wieder seinem Eis, bei dem eine Erdbeere gerade dabei war zu flüchten.

Harry rechnete nach. Das würde bedeuten, dass er allein mit seinen wenigen zwanzig Pfund, hundert Galleonen besaß oder tausendsiebenhundert Sickel oder … ok, das war eindeutig zu viel Mathe, während er doch eigentlich entspannt ein Eis essen wollte.

Bevor er die Gedanken an Geld jedoch komplett in sein Unterbewusstsein schob, stellte er jedoch für sich fest, dass man einfach nur in der Muggel - nicht magischen Welt, verbesserte er sich selbst - arbeiten und dieses verdiente Geld dann in Zauberergeld tauschen musste. Schnell war man ein reicher Mann oder Frau.

 

“Bücher, Umhang, oder Zauberstab?”, erkundigte sich Hagrid erneut, als sie den Eisladen verließen. Unentschieden zuckte Harry nur mit den Schultern.

“Hmm …” Grübelnd legte der Ältere den Kopf schräg, ehe er grinsend den Finger in die Luft streckte. “Hälsten davon: Du Bücher und ich … besorg noch schnell was. Eine kleine Überraschung für dich …” Gutmütig und vollkommen überzeugt von der Genialität seines Plans, strahlte ihn Hagrid an. Auf jeden Fall glaubte Harry, dass ein Grinsen durch den wilden, unordentlichen Bart zu sehen war. “Wenn .. also, wärs ok wenn ich dann noch kurz im Tropfenden Kessel Halt mach? Der Magen ist noch aufgewühlt von Gringotts …” Entschuldigend grinste Hagrid und kratzte sich am Hinterkopf.

Wissend grinste Harry zurück. Ihm war klar, dass Hagrid einfach nur trinken wollte, doch er hatte nichts dagegen. Im Gegenteil, denn so musste er kein schlechtes Gewissen haben, den Älteren von anderen Aktivitäten abzuhalten.

“Ist in Ordnung. Kannst du dann vielleicht meinen Rucksack schon mitnehmen?” Als der Hüter nickte, fischte Harry seinen Münzenbeutel heraus, band sich diesen an eine Gürtelschlaufe und drückte Hagrid die bisherigen Einkäufe in die Hand. Kurz sah er Zweifel in den Augen des Anderen aufflammen und so berührte er diesen leicht am Arm.

“Keine Sorge, Hagrid. Ich pass auf mich auf. Wer die Dursleys überlebt, dem passiert so schnell nichts. Ich geh die Bücher holen.” Zuversichtlich nickte er und sah dann zu, dass er wegkam, als Hagrid zögerlich nickte. “Bis später, Hagrid”, rief er noch einmal über die Schulter zurück. während er die Hand zum Gruß hob.

Reine Freude über diese ganz neue Art der Freiheit, Abenteuerlust und Neugierde über weitere Geheimnisse der Winkelgasse, rauschten durch seine Venen und ließ ihn glücklich lachen und um sich selbst drehen. Vielleicht hatte er aber auch einfach nur zu viel von dem komischen Rauch in diesem Wahrsagen- und Astronomieladen eingeatmet. Was solls, dachte er sich und machte sich auf die Suche nach dem Bücherladen.

 

Nach einigem Suchen - und Umwege - hatte er schließlich die Zauberbuchhandlung gefunden. Ehe er wirklich hier bei ‘Flourish und Blotts’ eingetreten war, hatte er es sich nicht nehmen lassen in einem Laden mit Zaubererscherzen Halt zu machen. Hier hatte er sich einen Scherzzauberstab geholt, der sich in Lakritz verwandelte, wenn man ihn benutzen wollte. Dazu noch ein Pulver, welches die Haare in allen Regenbogenfarben färbte. Das ‘Opfer’ hatte dann drei Stunden damit zu kämpfen, dass die Haare dauernd die Farbe wechselten. Dazu Kontaktlinsen, die einen ähnlichen Effekt hatten, jedoch nicht nur die Irisfarbe änderten, sondern den Träger auch noch alles in der Farbe sehen ließ. Wer wusste schon, wann er so etwas mal gebrauchen konnte? Vielleicht ja bei seinem nächsten Besuch in der Winkelgasse.

Einer der Besitzer des Ladens hatten ihm auch verraten, dass er sich die Sachen auf Wunsch auch direkt in den Tropfenden Kessel schicken lassen konnte, als Harry gestammelt hatte das er gar keine Tasche oder Tüte dabei hatte. Warum hatte Hagrid ihm davon nichts gesagt?

 

Die Liste der benötigten Schulbücher in den Händen, durchschritt er die hohen Regalreihen. Er fühlte sich gleichzeitig wie in der Hölle und andererseits im Himmel. Hölle, weil es einfach so viele Bücher waren und er sich geradezu erschlagen fühlte. Er wusste nicht welches Regal er zuerst durchsehen sollte, denn dies was der Himmel-Anteil. All diese ganzen Bücher! Dies war für den schmächtigen eigentlich Schwarzhaarigen einfach nur traumhaft. Liebte er doch nichts mehr als in die Welt eines Buch abzutauchen und die Geschichten, Abenteuer, Freuden und Leiden der Protagonisten mitzuerleben. Diese Achterbahnfahrt der fremden Gefühle. Ein Hobby welches er schon bei den Dursleys gepflegt hatte, so gut es ging. Es lenkte einfach so unglaublich gut von den Sorgen der realen Welt ab.

 

Sanara … dass ist sooo coooool”, schwärmte er leise und hob nach einem kurzen Seitenblick sein Oberteil an, sodass Sanara sah was er meinte.

Hier drin riecht es nach Staub … er kitzelt auf der Zunge.” Wie zur Verdeutlichung hörte Harry ein leises Niesen seitens seiner Reptilienfreundin. “Kleiner, ich hab Hunger und ich rieche eine saftige Maus … meinst du, du könntest mich hier irgendwo runter lassen? Ich bin auch vorsichtig.

Einen Moment knabberte der Potter unsicher auf seiner Unterlippe, doch dann nickte er und schlich in eine dunkle Ecke. Eilig hockte er sich hin und innerhalb von wenigen Wimpernschlägen war Sanara von ihm runter und in ein kleines Loch in der Wand geschlängelt. “Essen ich komme”, war das Letzte, was er gut gelaunt von seiner Freundin hörte. Es würde schon schief gehen, beschloss er schulterzuckend und richtete sich auf.

 

Dabei bemerkte er, dass es hier wirklich düsterer war als im Rest des Ladens, konnte er doch die Namen der Bücher nur geradeso noch erkennen.

Es wirkte irgendwie gefährlich und doch trat er näher und streckte seine Hand nach einem Buch aus, auf dessen Buchrücken er “Vampire - Das Dunkle im Kern” entziffern konnte.

Vielleicht bekam er ja hier mehr Informationen über diese Wesen von denen er bisher dachte, dass sie reine Fantasiegestalten wären. Wahllos schlug er das Buch auf und quietschte leise, als ihm ein ziemlich blutiges Szenario ins Auge sprang.

Da war einerseits ein Vampire mit bleicher Haut, schwarzen Augen und einem leicht roten Ring um die Pupille, dem Blut von den spitzen Eckzähnen tropfte. Die Grimasse, die dieser dabei zeigte, ließ eine Gänsehaut über Harrys Rücken wandern. Kein Wunder dass der Mann im Tropfenden Kessel so ängstlich über diese Wesen gesprochen hatte.

Gleichzeitig abgestoßen und fasziniert, blätterte er weiter und fand ein Szenario, welches ihm schon deutlich mehr zusagte. Vor allem entsprach es mehr seiner bisherigen - filmischen - Erfahrungen mit Vampiren. Zeigte dieses Bild doch einen Vampire, der sich an seinem Opfer bediente, wie Harry aus der Bildunterschrift herauslas.

Doch während das vorherige Bild blutrünstig wirkte, wirkte dieses im Gegensatz dazu irgendwie beinahe harmonisch. Der Vampir hielt die Frau nach hinten gebeugt in seinen Armen, welche sich an dessen Schultern festhielt, ein Bein um den Blutsauger geschlungen hatte und ein ziemlich zufrieden wirkendes Grinsen auf dem Gesicht trug.

Gerade wollte er sich über den Text hermachen - Neugierde und Wissensdurst ließen den Jungen ganz hibbelig werden - als ihn eine hohe Stimme stark zusammen zucken ließ.

 

“So jung und schon solch schw-w-were Lektüre?”, fragte die Stimme interessiert und Harry spürte wie die Person näher trat.

Augenblicklich versteifte er sich. Sollte es jetzt Ärger geben? War das Buch vielleicht tabu für Kinder?

“V-V-Vampire, hmm?”

Diese Stimme, das Stottern, kannte er doch! Das war der Mann aus dem Tropfenden Kessel.

Entschuldigend lächelnd wandte er sich zu der Stimme herum und blickte zu dem Mann empor. Gerade so konnte er ein erneutes zusammenzucken vermeiden. Nicht nur dass der Fremde nur eine Armlänge von ihm entfernt stand, dessen Aussehen irritierte ihn auch. Auf den ersten Blick sah Harry einige Schichten Stoff, ein bleiches schmales Gesicht und einen riesigen bunten Turban. Ob das wohl auch nur eine Zauberertypische Marotte war oder ob der Mann wohl aus einem fernen Land kam?

 

“Sind Sie auch ein Schüler?”, riss ihn die hohe Stimme aus seiner Musterung und stumm nickte der Potter.

“Erstes Schuljahr?” Erneutes Nicken.

“Dann ist DAS aber nicht die Lektüre die Sie brauchen.” Unwohl biss sich Harry auf die Unterlippe und nickte erneut. Wenn man den Erwachsenen einfach zustimmte, egal was man selber wollte oder meinte, bekam man weniger Ärger! Auch wenn er meinte Belustigung in der Stimme herausgehört zu haben, fühlte er sich doch ertappt und wollte nur schnell verschwinden.

“Entschuldigung”, murmelte er leise, stand auf und stellte das Buch zögerlich zurück. Vielleicht konnte er es sich ja morgen kaufen.

Noch einmal nickte er dem Anderen zu, ehe er um das Regal herum und in den vorderen - helleren - Teil des Bücherladens huschte.

 

Gerade als er mit der Hilfe eines Verkäufers alle seine benötigten Schulbücher zusammen hatte - die schon an der Kasse auf ihn warten -, betrat Hagrid den Laden.

“Ah, Harry da bist du ja”, rief der Wildhüter aus und trat an ihn heran.

“Ach so heißen Sie also. Harry”, erklang es plötzlich amüsiert hinter ihm. Ein leises Seufzen entwich eben jenem. Den Mann würde er wohl so schnell nicht los, so lange er in diesem Laden war.

“Haben Sie nicht w-w-was v-v-vergessen?” Ehe der Jüngste reagieren konnte, lag das Vampirbuch in seinen Händen.

“Ach Professor Quirrell. Sie hier?”, erkundigte sich Hagrid freundlich und unterließ es nicht Harry darüber aufzuklären, dass dies sein zukünftiger Lehrer im Fach ‘Verteidigung gegen die dunklen Künste’ war.

 

Überrumpelt drehte sich der Hogwartsschüler zu seinem baldigen Lehrer herum.

“Vielen Dank, Sir”, murmelte er leise, aber mit fester Stimme.

“Nicht daf-f-für. Als Lehrer ist es mir ganz recht, w-w-wenn meine Schüler V-v-vorbildung besitzen.” Das Lächeln auf Quirrels Gesicht wirkte zugleich warm und … ja, und irgendwie berechnend. “Mit w-w-wem habe ich denn eigentlich die Ehre? Mr. Harry …?”

Eilig blickte sich Gefragter um, doch als er sah, dass niemand in direkter Nähe stand, trat er näher an den Professor.

“Potter … Harry James Potter, Sir.”

Augenblick weiteten sich die Augen des Erwachsenen und er ließ seinen Blick über Harrys Gestalt wandern, ehe dieser auf der Stirn kleben blieb. “Ach w-w-wirklich?” Ehrliche, aufgeregte Neugierde klang aus der Stimme heraus.

“Ja …”, nach einem erneuten Rundblick, hob Harry seufzend den Pony empor, sodass der Andere einen Blick auf seine Narbe werfen konnte. Wie viele Menschen würden schon genau dieselbe Narbe, an eben dieser Stelle, besitzen?

“Ich hab mich von Scotchi verwandeln lassen … die Haare wollten nicht so wie ich … selbst mit Haargel nicht”, plapperte er zusammenhangslos, sortierte die Haare wieder vor seinem Erkennungsmerkmal und zuckte mit den Schultern.

“Ach w-w-wirklich?” Bildete Harry sich das nur ein oder … “Und w-w-wo w-w-wohnen Sie, Harry?”

“Im Tropfenden Kessel bis Schulbeginn.”

“Was für ein Zuf-f-fall, ich ebenf-f-fals”, antworte der Professor.

Jetzt war Harry sich sicher, er hatte sich das Aufblitzen der Augen nicht eingebildet.

“Sollten dann mal weiter”, rettete Hagrid ihn unbewusst aus der Situation. Eilig nickte der Jüngere und huschte nach einem weiteren Nicken in Richtung des Verteidigungslehrers zur Kasse um seine Bücher zu bezahlen und direkt in den Kessel schicken zu lassen. Das Vampirbuch behielt er jedoch bei sich. War die Lektüre doch einfach viel zu spannend.
 

 

Einige Minuten später waren Harry und Hagrid auf dem Weg zu Ollivander. Der beste Zauberstabmacher Englands, wie Hagrid nicht müde wurde zu erwähnen.

Der Professor hatte sich verabschiedet und dem Potter noch angeboten gemeinsam zu Abend zu essen, mit der Aussicht dann eventuelle Vampir Fragen zu beantworten. Eine Möglichkeit die er, ohne zu zögern, ergriffen hatte.

 

“Na dann holen wir dir mal einen eigenen Zauberstab.” Damit schob Hagrid ihn entschlossen in einen Laden hinein. Dass sie schon angekommen waren, hatte der Jüngere aufgrund seiner Gedanken und der spannenden Lektüre, überhaupt nicht mitbekommen.

 

So langsam verzweifelte der Jüngste im Raum wirklich! Er hatte jetzt schon mehrere Vasen und Lampen zum Platzen gebracht. Von aus den Regalen geschossenen Schachteln und in die Luft gegangenen Papierstapel ganz zu schweigen. Als Resultat davon, mit einem weiteren ausprobierten Zauberstab ein Kissen zum Schweben zu bekommen, zupfte er sich gerade - mit einem entschuldigenden, aber enttäuschten Lächeln - einige Feder aus den Haaren. Dank des Haargels war das jedoch gar nicht so einfach.

Vielleicht war es ja doch alles nur ein großer Irrtum. Vielleicht war er gar kein Zauberer, sondern einfach nur ein normaler Freak?, zog es ihm düster durch den Kopf. Seine Laune sank mit jedem nicht passenden Zauberstab ebenso, wie Ollivanders Entschlossenheit anstieg.

Schnaubend rupfte er an einer Feder herum die besonders hartnäckig war. Wen interessierte schon ein Ziepen auf der Kopfhaut, wenn Hagrids skeptischer und irgendwie enttäuschter Blick geradezu in seinem Rücken brannte.

 

“Junger Mann … Sie sind ein hartnäckiger Fall! Wollen Sie mir nicht doch Ihren Namen verraten? Namen haben Macht und damit einen Einfluss auf die Zauberstab Findung. Ganz eigenwillige Magie”, kommentierte der Ollivander den erneuten Misserfolg. “Natürlich geht es auch ohne”, schob er schnell hinterher, als ihm bewusst wurde, dass er mit der vorherigen Aussage sein Talent herabgesetzt hatte.

 

Da der Laden inzwischen leer war und auch der Assistent Ollivanders gerade nicht um sie rumwuselte, entschied er sich seufzend dazu zu sagen wer er war.

Auch Ollivander war einer jener, dessen Reaktion vorhersehbar gewesen war. Große Augen, das Starren auf die Narbe und dann überfreundliches erwähnen welch Freude es war, den jungen Potter - der Junge-der-lebt - im Laden begrüßen zu dürfen.

Ebenjener ließ dieses schleimige Verhalten - welches ihn immer wieder stark an Onkel Vernon erinnerte, wenn dieser mit Geschäftspartner sprach - stumm über sich ergehen. Wenn es möglich wäre, würde er einfach irgendeinen Stab nehmen und wieder verschwinden. Aber nein, bisher hatten ihn ja die gefühlten dreihundert probierten abgelehnt. Auf jeden Fall hatte der Ladenbesitzer es so bezeichnet. Auch hatte er darauf hingewiesen, dass niemals das volle Potenzial entwickelt wurde beziehungsweise sogar gesundheitliche Risiken entstehen konnten, wenn Zauberstab und Träger nicht synchron waren.

“Potter also … hmm …” Grübelnd griff sich der ältere Mann ans Kinn. Wie aus dem nichts schien ihm jedoch ein Gedanke gekommen zu sein, denn mit einem “Ah”, stieß er den Finger in die Luft und verschwand irgendwas von “letzter Versuch” murmelnd in den Tiefen des Ladens.

 

Weitere gespannte Minuten später, die untermalt gewesen war von leisen Flüchen und Gerumpel aus dem hinteren Bereich des Ladens, trat Ollivander wieder zu ihnen heran, während eine kleine längliche Schachtel vor ihm herschwebte. Eine kleine Staubwolke löste sich von dieser, als der Zauberstabmacher sie auf den Tisch sinken ließ.

Mit einem Schnippen des eigenen Stabes, ließ der Zauberstabmacher den Deckel der Schachtel zur Seite schweben.

“Nun dann Mr. Potter … versuchen Sie diesen. Ich bin … gespannt.”

Verunsichert von der seltsam belegten Stimme des Anderen, blickte der Schüler zwischen dem Erwachsenen und dem Stab hin und her. Dieser war eindeutig der bisher schönste. Elegant und schlicht zu gleich. Nicht so klobig wie einige der anderen, die er ausprobiert hatte.

Letztendlich zuckte er mit den Schultern und griff beherzt zu.

 

Augenblick spürte, er das etwas anders war. Weder bekam er einen Elektroschock ähnlichen Schlag, noch fühlte es sich an als würde seine Hand verbrennen. Auch die unkontrollierten Funken, die zuvor - nicht nur einmal - entstanden waren, blieben aus als Harry den Stab richtig in die Hand nahm. Behutsam und leicht bewegte er das kleine Holzstück hin und her. Er wusste instinktiv: Dies war SEIN Stab und allein der Gedanke ihn wieder herzugeben, ließ ihn innerlich grollen. Viel zu gut fühlte sich der Stab in seiner Hand an, wie er sich anpasste und ja … jetzt spürte er auch das leichte Kribbeln als seine Magie synchron mit der Magie des Zauberstabes wurde. Plötzlich erschien ein bläulich schimmerndes Licht, welches sich in verschiedenen Formen von seinem Unterarm bis zur Spitze des Zauberstabs wand. Gebannt starrte er darauf, während er spürte wie ein warmer Wind um ihn strich, der geradezu knisterte. Das gute Gefühl welches ihn ergriff, ließ ihm das Atmen schwer werden und nur am Rande bekam er Ollivanders Erzählung mit.

“... Phönixfeder. Wirklich … ungewöhnlich. Das hätte ich nicht erwartet …”

Als Licht und Wind verebbten, blickte er den Erwachsenen mit großen Augen an.

“Was hätten Sie nicht erwartet, Sir?”, erkundigte er sich nach dem Grund seiner erwachten Neugierde.

“Dass es DIESER Stab sein wird, der Sie aussucht. Wo doch … ja, wo sein Bruder doch für Ihre Narbe verantwortlich ist.”

 

Diese Information hatte bei Harry wie eine Bombe eingeschlagen und wie vor den Kopf gestoßen fixierte er den neuen Zauberstab. Unzählige Gedanken und Fragen begannen sich in seinem Kopf zu bilden, die jedoch sofort von den nächsten abgelöst wurden. Es war das reinste Chaos.

“Äh …”, brachte der Junge nur unsicher hervor. Nicht wissend, welche Reaktion jetzt angemessen war. War das Ganze jetzt gut oder schlecht? Aber letztendlich war es doch egal, oder? Schließlich war es nicht DIESER Stab gewesen und zu dem … zu dem würde er seinen neuen Zauberstab auch nicht wieder abgeben!

“Aha”, gab er noch hinterher und zuckte hilflos mit den Schultern. Er wollte in seinem Zimmer genauer darüber nachdenken. Mit Sanara darüber diskutieren.

 

Mit einem leisen Aufschrei fiel ihm auf, wen er in all dem Trubel total vergessen hatte: Seine geschuppte, beste Reptilienfreundin.

Verdammt, die Schlange würde wieder einmal und das vollkommen zu recht, böse auf ihn sein! Was war er nur für ein Freund?

 

Während Ollivander noch eine Hüfthalterung für den Zauberstab, sowie Politur- und andere Pflegemittel auf den Kassentresen legte, drehte sich Harry zu dem bisher erstaunlich stillen Hagrid herum. Dieser schien tief in Gedanken zu sein, denn es dauerte mehrere Versuche, ehe dieser auf die Ansprache reagierte.

“Hagrid … Ich habe WAS in dem Bücherladen vergessen …”, flüsterte er mehrdeutig und zeigte auf seinen Bauch, als der Ältere nicht verstehend die Augen zusammenzog.

“Oh”, kam es schließlich als dieser doch noch begriff was oder besser gesagt wen der Schüler meinte und nickte.

“So Mr. Potter, wollen Sie direkt bezahlen oder soll es abgebucht werden?”, riss ihn der Zauberstabmacher aus seinem schlechten Gewissen.

“Direkt und schicken Sie die Pflegeutensilien bitte direkt in den Tropfenden Kessel”, bestimmte der Potter mit fester Stimme, schnappte sich die Halterung und schnallte diese um. Ungeübt befestigte er den Zauberstab dadrin und zog das Oberteil wieder darüber. Er wollte jetzt nur noch hier raus und Sanara holen. Vielleicht bekam er Hagrid ja auch dazu für heute Schluss zu machen. In den Augen des Jüngeren, war der Tag heute nämlich eindeutig aufregend und erfolgreich genug gewesen.
 

 

So schnell es ging, huschte Harry zurück zu dem magischen Bücherladen. Das Hagrid ihm immer wieder zurief langsamer zu gehen und bei ihm zu bleiben, weil er ihn ja im Augen behalten musste, ignorierte er schlicht und einfach.

Die Sonne schien ihn zu verspotten, denn sie brannte inzwischen erbarmungslos auf ihn hinab. Durch die relativ enge Winkelgasse, stand die Luft und machte das Fortbewegen noch unangenehmer.

 

Sich immer wieder geistig als ‘Depp’, ‘miesester Freund aller Zeiten’ und ‘nichts könnenden Freak’ verfluchend, schlitterte er um eine Häuserecke und wäre beinahe in eine Person herein gerannt. Nur kurz nahm er die ganz in schwarz gekleidete Person war, rief eine Entschuldigung aus und rannte, ohne auf eine Erwiderung wartend, weiter.

 

Keuchend stützte er sich an einem Baum ab, der gegenüber von Flourish&Blotts stand.

Kleiner?” Das klang ganz nach einer verschlafenen Sanara! Hektisch ließ Harry den Blick hin und her wandern.

Kleiner, ist was los?”, erkundigte sich Sanara und kroch gähnend aus einem Busch in der Nähe des Baumes.

Oh Sanara, was bin ich froh. Ich hab mir solche Sorgen gemacht. Es tut mir sooooo leid! Ich bin einfach verschwunden und dann war da noch dieser Professor und Hagrid und …”, plapperte der Junge entschuldigend, während er die Schlange sanft emporhob.

Langsam Kleiner. Eins nach dem Anderen.

Entschuldige.

“Also, wo warst du? Geht es dir gut? Als ich fertig war, warst du weg und dein Geruch ließ schon nach. Da bin ich schnell durch die offene Tür hinaus und wollte hier nur kurz deine Richtung herausfiltern, doch dann …”

Dann bist du eingeschlafen?”, mutmaßte Harry inzwischen deutlich besser gelaunt.

Als wäre es ihr peinlich, nickte das Reptil.

Also, wo warst du?”, griff das Tier erneut auf und so gab Harry ihr eine Zusammenfassung des weiteren Tages. Wie sich herausstellte hatten sie beide ein unglaublich großes und schlechtes Gewissen. So entschieden sich die beiden Freunde schließlich, diesen ‘Zeitraum’ einfach zu vergessen.

 

An den Fuß des Baumes gelehnt, hockte Harry mit Sanara im Halbschatten und genoss die Ruhe. Von hier aus konnte er die dahintreibende Masse auf der Winkelgasse beobachten und würde so Hagrid entdecken. Zu dem taten ihm so langsam wirklich seine Füße weh. Die durchgelaufenen alten Schuhe von Dudley waren nicht für einen Einkaufsmarathon geeignet. Der Baum stand ein kleines Stück abseits der Straße und zudem lümmelten auf den Bänken in seiner Nähe noch einige Zauberer und Hexen, sodass es nicht großartig beachtet wurde, dass er hier saß.

 

Seufzend sackte der Junge in sich.

Eigentlich wäre das jetzt die perfekte Gelegenheit über den erlebnisreichen Tag nachzudenken, doch sein Kopf fühlte sich komischerweise wie Watte an. Die Gedanken kamen nur zäh und dann trotzdem nur flüchtig. Außerdem …

Schlüpfling, dein Bauch donnert.”

… hatte er Hunger. Sein Lunchpaket war im Rucksack und somit wieder in seinem Zimmer. Das Eis, egal wie groß es gewesen war, hatte ihn nicht lange gesättigt. Aber naja, Hunger war er ja gewohnt. Es gab wirklich schlimmeres.

Ich weiß…”, nuschelte er undeutlich und schloss seine Augen. Nur kurz ein wenig ausruhen, damit die Einkaufstour dann weiter gehen konnte.

 

All die Entbehrungen der Jahre, die Aufregung und der Stress der letzten Jahre, sowie der wenige Schlaf in der vorherigen Nacht, forderten nun ihren Tribut.

So schlief der junge Potter, gegen seinen Willen, im Schatten des Baumes ein. Er war eben auch nur ein Kind.

 

Das komische Gefühl zu schweben und gleichzeitig ein Wackeln, holte ihn langsam aus dem Dämmerschlaf. Mühsam versuchte er wach zu werden.

Sanara?”, zischte er mehr schlafend als wach.

Ich bin hier, Kleiner.” Zur Untermalung ihrer Worte spürte er schwaches Drücken an seinem Bauch. “Bleib ruhig. Jetzt wird dir geholfen … wir sind auf dem Weg zurück in unsere Höhle.”

Geholfen? Zurück? Sanaras Worte ergaben für ihn keinen Sinn, doch er besaß jetzt gerade einfach nicht die Kraft um nachzufragen. Er spürte dass er wohl getragen wurde. Waren der Stoff unter seiner Wange, sowie die Arme die Harry um sich spürte, doch Beweis genug.

“Schlaf weiter”, ertönte es plötzlich über ihm und noch während dies gesagt wurde, verließ ihn auch schon wieder die gerade zurückkommende Kraft. Die Müdigkeit riss ihn wieder mit in den erholsam Schlaf. Das Letzte was er hörte war: “Nichts als Ärger mit einem Potter!”

Zwei Welten

Als Harry wieder aufwachte, brauchte er eine ganze Zeit um den nebeligen Zustand seines Bewusstseins zu beseitigen.

Wo war er?

Das blinzelnde Scannen seiner Umgebung brachte ihm nicht viel, denn egal wo er war, nicht nur dass im Raum keine Lampe brannte, es war anscheinend auch Nacht geworden. Einzig ein wenig Sternenlicht und ein halb verdeckter Mond beleuchteten das Zimmer.

Kurz keimte in ihm die Angst auf, wieder bei den Dursleys zu sein, doch schnell schalt er sich selbst. Das war allein schon aufgrund des Fensters und der weichen Matratze nicht möglich.

Moment … weiche Matratze? Das hieß dann wohl …

Wir sind wieder im Tropfenden Kessel, Harry”, bestätigte Sanara seinen Einfall.

Stöhnend richtete sich der Junge auf und rieb sich die Augen.

Wo ist meine Brille?

 

Ein Geräusch zu seiner Linken ließ ihn herüber blicken. Er sah zwar nur recht verschwommen, aber er entdeckte auf dem Nachttisch das Gesuchte. Ein Glück für ihn, dass wenigstens der Mond Licht brachte. Schnell setzte er sich die Sehhilfe auf und entdeckte Sanara, welche auf dem Nachttisch lag.

 

Gerade als er fragen wollte, wie sie hier wieder hergekommen waren, klopfte es leise an der Zimmertür. Als die Schlange unter das Bett verschwunden war, beantwortete der Potter das Klopfen mit einem unsicheren Herein. Gespannt wartete er darauf, wer nun eintrat. Vielleicht ja Hagrid. Ach du liebe Güte, Hagrid! Den hatte er ja ganz vergessen. Was wenn der ihn immer noch suchte und …

“Ah, Sie sind w-w-wach”, erklang es stotternd von der Tür und hielt Harrys schlechtes Gewissen auf verrückt zu spielen.

“Professor?” Was machte denn sein zukünftiger Professor hier bei ihm im Zimmer?

“So ist es.” Damit ließ der Erwachsene ohne Vorwarnung das Zimmerlicht angehen. Augenblicklich tauchte Harry fauchend unter die Bettdecke ab.

“Na na, Mr. Potter. Zuv-v-viel in dem V-V-Vampirbuch gelesen?”, kam es amüsiert von dem Turbanträger.

“Hell!”, gab der Gefragte prompt zurück, was dem Erwachsenen eine Mischung aus Lachen und Seufzen entlockte.

Nach einem Moment des Schweigens, erhob der Lehrer wieder seine Stimme und Harry spürte, wie an seiner Decke gezogen wurde. “So, jetzt besser? Jetzt zeigen Sie sich, Potter!” Damit wurde ihm mit einem energischen Ruck die Decke entrissen.

 

Quietschend rollte sich der Potter zu einer Kugel zusammen.

Er wusste ja, er hatte eine Strafe verdient. Er war einfach abgehauen und dann auch noch eingeschlafen. Hagrid hatte ihm gesagt, er solle bei ihm bleiben. Und doch war er einfach abgehauen, sobald er merkte, dass Sanara nicht bei ihnen war.

Die er ja auch noch im Buchladen vergessen hatte! Eine weitere Unverzeihlichkeit, in seinen Augen. Ein weiterer Grund für eine Strafe, die er diesmal wirklich verstand und verdient hatte. Nur Schläge auf den Kopf wollte er unbedingt vermeiden und so bedeckte er diesen so gut es ging mit den Armen.

Zitternd wartete er einige angespannte Atemzüge auf seine Strafe, doch es passierte nichts. Doch er wollte die zusammengekniffenen Augen trotzdem nicht öffnen um nachzusehen, denn was wenn der Erwachsene nur auf genau dies wartete?

“W-W-Was w-w-wird das?”, erklang es hart ganz in seiner Nähe, doch Harry schwieg. Er hatte sich einmal bei einer Antwort während Vernons Strafe ganz böse auf die Zunge gebissen. Noch mal wollte er sowas nicht riskieren.

“Ich habe dich was gef-f-fragt, Junge!” Eine größere Hand, die sich auf seinen Oberarm legte, ließ ihn in grausiger Erwartung wimmern.

“Nicht … bitte … nicht”, brachte der Jüngere schließlich doch gequält über die Lippen, worauf der Erwachsene tatsächlich die Hand zurück zog.

Nur Sekunden später hörte der ängstliche Junge wie die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde.

 

Erst nach mehreren Atemzügen begriff Harry, was dies zu bedeuten hatte. Der Mann war gegangen. Der eigentlich für ihn fremde Erwachsene hatte seine Bitte erhört. Er hatte keine Strafe bekommen. Vielleicht ja dann später?

Zittrig griff er unter das Bett und hob die dorthin verschwundene Sanara empor. Sofort schmiegte sich diese um seinen Hals und rieb ihren Kopf gegen seine Wange. Zischelte ihm immer wieder zu, dass er sich beruhigen musste, das alles gut war und er nicht mehr bei den bösen Zweibeinern war.

 

Mit einem leisen Plopp stand plötzlich Scotchi im Zimmer und blickte ihn mit großen Augen an.

“Mr. Harry ist wieder wach. Helfdir sei dank!”, rief die kleine Elfe aus und wischte sich eine Träne von der Wange. “Scotchi war voller Sorge, als der Professor mit Harry im Arm apparierte”, schluchzte die Hauselfe und putzte sich die Nase in ihrem Kleidfetzen.

“Scotchi … hey beruhig dich!” Langsam krabbelte er zu der Elfe ans Fußende und strich ihr behutsam durch die Flusen auf dem Kopf. “Mir geht es gut, siehst du?” Das er vor wenigen Minuten nicht mehr als ein wimmerndes, um Gnade bettelndes Etwas gewesen war, verdrängte er einfach.

“Scotchi … hör schon auf zu weinen … bitte”, flehte er seine Freundin an. Denn das war die Elfe inzwischen für ihn. Eine Freundin. Irgendwie hatte er das Gefühl, das sie ihn ebenso als Freund sah und er ihr vertrauen konnte. Warum? Nun das wusste er nicht und es war ihm auch relativ egal, denn es änderte ja doch nichts an seiner Meinung.

Ein weiteres Ploppen ertönte und Löffli stand mit einem Tablett im Raum.

“Master schickt Löffli mit Essen für Mr. Potter”, sagte der Elf monoton und stellte das Tablett auf dem Tisch in der Nähe des Bettes ab. “Kleiner Potter müssen essen!” Damit nahm der Elf einen Deckel hoch und schnell stieg der Duft einer leckeren Hühnersuppe in Harrys Nase. Es war - nach Dudleys Erkältung - ein Geruch den er nur zu gut kannte.

 

Augenblicklich stieß sein Magen ein lautes Grummeln aus und er kletterte wie hypnotisiert aus dem Bett. Den Suppenteller dabei fest im Blick. Nachher verschwand der genauso wie die Hauselfen mit einem Ploppen.

Als er am Tisch saß, ergriff er den Löffel und blickte noch einmal unsicher zu den beiden Elfen. Scotchi hatte sich beruhigt und einzig die glänzenden Augen zeugten noch von den vergossenen Tränen, während Löffli ihn grimmig anblickte und knapp auf den Teller zeigte. Sich ein wenig unwohl fühlend, begann der Schüler zu essen. Noch nie hatte es irgendjemanden interessiert, ob er aß. Überhaupt wie es ihm ging. Alles was zählte war, dass er Aufgaben erledigen zu hatte und sei es auf allen Vieren kriechend. Hauptsache sie waren am Abend erledigt, denn sonst hatte es gehörig Ärger gegeben.

Doch jetzt war das anscheinend anders und so schob er sich mit einem kleinen Lächeln den ersten Löffel Suppe in den Mund. Zufrieden lächelte Scotchi ihn an, während Löffli zustimmend grunzte und wieder verschwand.

“Scotchi wird Misters Einkäufe einräumen, wenn es gestattet ist?”, schlug die weibliche Hauselfe freundlich vor.

“Das musst du nicht Scotchi!”, hielt Harry sofort dagegen, doch als er sah, wie die Elfen Dame die Ohren hängen ließ, schwenkte er seufzend um. “Ok, Scotchi, wenn du es wirklich WILLST, dann viel Spaß.”

 

So gab Harry sich geschlagen und aß amüsiert die Suppe weiter, während die gut gelaunte Elfe die gekauften Bücher in das kleine Regal räumte. Wenn das Wesen dadurch glücklich war, war er der Letzte der sie davon abhalten wollte!
 


 

 

Während der junge Potter ganz mit seiner Suppe beschäftigt war und dann auch noch ein saftiger Schokoladenpudding aus dem Nichts auf dem Tisch erschien, tobten an zwei Orten die Gemüter.

“Was war da los? Solltest du ihn nicht im Auge behalten?”, riefen beide Stimmen zu gleich, ohne davon zu wissen.

Doch auch die Antworten der Gefragten fielen gleich aus.

“Es tut mir Leid. Verzeiht mir.” Demütig senkten die Angeschriehenen ihre Köpfe. Sie hatten es doch nicht gewollt … nicht gewusst … nicht bemerkt.

“Du kannst gehen.”

“Verschwinde!” Damit waren die Gäste entlassen und zurück blieben zwei Menschen mit aufgebrachten Temperament.

Beide schworen sie sich, es selbst in die Hand zu nehmen.

Der Junge musste eindeutig im Auge behalten werden, denn irgendwas war da faul. Unberechenbar … nein, das traf es nicht wirklich.

Es war etwas, was keiner der beiden Erwachsenen so erwartet hatte.

Der Junge besaß etwas, was keiner benennen konnte, doch es war stark genug um fremde - sonst so skeptische - magische Wesen auf seine Seite zu ziehen.

“Noch nicht richtig in der magischen Welt und schon Ärger verursachen”, fluchte einer der Männer.

“Was für ein Tag”, stellte der Andere fest.
 

 

Pappsatt und frisch geduscht lag Harry schließlich wieder im Bett. Der Tag war anstrengend gewesen, ja. Jedoch jede Mühe wert gewesen. All diese vielen bunten Menschen, die Geschäfte, das leckere Eis, der nette Kobold Namens Griphook. Ollivander, die komische Räucherstäbchen Frau … durch all diese Läden, Menschen und Wesen, war der Tag so spannend geworden.

Seufzend schnappte er sich das Vampirbuch vom Nachttisch und kuschelte sich in die Bettdecke ein. Wenn er jetzt noch ein wenig las, konnte er Morgen den Professor um Antworten bitten.
 

 

Nach einer kurzen Nacht mit zahlreichen Vampirträumen, erwachte der Potter schon in den frühen Morgenstunden. Die Sonne begann gerade mit dem Aufstieg, wie er durch das Fenster entdeckte. Es sah wieder nach einem schönen, warmen Sommertag aus.

 

Schnell war er aufgestanden, geduscht und auch das Bett hatte er gemacht. Unzufrieden betrachtete er sich im Spiegel. Am liebsten würde er die Kleidung vom Leib reißen und sie verbrennen. Vielleicht dazu noch ein kleiner Freudentanz?

Es war schon beinahe Ironie, dass er das dunkelrote Shirt trug. Das Shirt, welches Dudley in frühen Jahren so oft getragen hatte, während er Harry das Leben schwer machte. Nicht nur für ein Hämatom auf dem mageren Körper des Potters verantwortlich gewesen war ...

 

Seufzend wandte sich der Schwarzhaarige von seinem Spiegelbild ab. Der Junge wollte nicht dauernd daran denken was gewesen war - es brachte ihm ja auch rein gar nichts - und doch konnte er es nicht verhindern. Sein Leben war nun mal wie es war. Er war der Bengel Harry Potter und die Dursleys waren nunmal die Dursleys.

So viel Platz dieses Zimmer auch bot, es gab zu wenig Ablenkung. Er hatte eindeutig zu wenig zu tun und kam viel zu sehr dazu, in trüben Gedanken zu versinken.

 

Sanara, ich will Essen besorgen. Willst du mit?” Der Gedanke jetzt endlich nach London - Muggellondon - zu gehen, kam ihm spontan und war ziemlich verlockend.

Da war er nicht als der ‘Junge-der-überlebt-hat’ bekannt, also dürfte er in der Londoner Menschenmasse einfach untergehen. Nur ein Gesicht von vielen.

Ja, die Idee gefiel ihm immer mehr.

 

Ich würde ja lieber in den Garten”, gestand das Reptil.

 

Gut ein kleines bisschen enttäuscht war er schon, aber er konnte es erstens verstehen und zweitens würde er seine Freundin zu nichts zwingen.

 

Geht klar.” Sanft strich er über die Schuppen und rief nach Scotchi.

 

Schnell war der Hauselfe erzählt was er vorhatte und das er sie dafür brauchte, einen Illusionszauber auf sich zu legen und Sanara in den Garten zu bringen.

Scotchi wirkte nicht glücklich, aber als Harry ihr gestand, dass er einfach raus musste um nicht durchzudrehen, gab die Elfe schließlich zähneknirschend nach.

 

Während Scotchi Sanara in den Garten brachte, richtete der Potter sich die nun wieder längeren, dunkelbraunen Haare. Schließlich packte er sich noch die zwanzig Pfund in die Hosentasche und schulterte seinen Rucksack, ehe er gut gelaunt den Tropfenden Kessel verließ.
 

 

Immer noch war der Junge begeistert davon, wie gut alles geklappt hatte. Ohne aufgehalten zu werden, hatte er das Gasthaus verlassen können und stromerte nun ziellos durch die Straßen.

 

Das Viertel, in dem der Tropfende Kessel lag, schien eher eines der ruhigeren zu sein. Und eines der … heruntergekommenen. Während des Streifzuges kam er an vielen Geschäften vorbei, dessen Scheiben und Türen mit Brettern vernagelt waren. An nicht nur einem Geschäft hing ein Schild mit ‘Zu vermieten’. Eines der Geschäfte, welches noch existierte, war eine kleine, unscheinbar wirkende Bäckerei. Der Duft von frischem Brot lockte ihn näher und schließlich hinein. Er hatte ja auch noch nicht gefrühstückt und konnte dies nun gut nachholen.

 

Ein Glöckchen klingelte, während er den Laden betrat und dabei mit geschlossenen Augen den verlockenden Duft einatmete.

“Hallo, Bursche”, erklang es im gleichen Moment, als sich die Tür hinter ihm schloss.

“Hallo.”

Verlegen trat Harry näher an den Tresen heran. Bemerkte er doch nur zu genau den skeptisch musternden Blick des Mannes, der aus einem Nebenraum trat.

Wie musste er wohl in den zu großen Sachen auf den Erwachsenen wirken?

 

“Entschuldigen Sie, ich wusste nicht ob schon geöffnet ist …”, druckste Harry und nestelte an seinem Shirt herum.

“Dann wäre die Tür nicht offen.”

“Ähm … der Geruch war so verlockend.” Wie zur Untermalung der Aussage, gab der Kindermagen ein deutlich vernehmbares Knurren von sich.

Ein kleines Lächeln schlich sich auf das Gesicht des Bäckers. “Was darfs denn sein,

Kleiner?”

 

Eine gute Stunde später war der junge Potter wieder auf Streifzug.

Er hatte sich schlicht und ergreifend mit Albert, wie der Besitzer und Bäcker der Bäckerei hieß, verquatscht. Ein netter, älterer Herr, der ihm letztendlich sogar noch einige frische Brötchen geschenkt hatte. Damit er was auf die Rippen bekam, wie Albert zwinkernd gemeint hatte.

 

Wie war es eigentlich dazu gekommen?

Ach ja, im Backraum hatte eine Uhr gepiept und der Mann war schnell nach hinten verschwunden, damit die Brötchen nicht verbrannten. Plötzlich hatte es gescheppert und wüste Flüche und Beleidigungen des Mobiliars waren erklungen.

Neugierig, wie Harry nun mal war, war der Junge er um den Tresen herum und in den Backraum eingetreten.

Dort hatte er den Bäcker hustend in einer Mehlwolke vorgefunden. In der Hand ein großes Blech, auf dem noch einige Brötchen lagen. Der Großteil jedoch lag auf dem Boden und dem Tisch, auf welchem sich wohl zuvor auch das Mehl befunden hatte. Rieselte doch davon immer noch etwas zu Boden.

 

“Ein Mehlmensch”, kicherte Harry und schlug sich eilig die Hände auf den Mund, als ihn der strenge Blick des mit Mehl Bedeckten traf. “Entschuldigung, Sir”, flüsterte er und wollte wieder in den Verkaufsraum gehen, als ihn die Stimme des Bäckers davon abhielt.

 

“Schon gut, Junge. Du hast ja recht.” Mehl hustend schob der Erwachsene das Blech vorsichtig auf den Tisch. “Aber wenn du schon hier bist, kannst du mir ja vielleicht helfen.”

 

Strahlend nickte der junge Zauberer. “Was soll ich machen?”

 

“Wir bereinigen dieses Chaos und dann backen wir neue Brötchen!”

 

Und so hatte Harry unter Anleitung des Erwachsenen gefegt, geputzt, Teig geknetet und durfte sich aus der letzten Portion Teig ein eigenes Brötchen kreieren. Es war ein Brötchen mit Schokoladen Stückchen innen und einer Körnermischung auf der Außenseite.
 

 

Eben dieses Gebäck genüsslich essend, schlenderte Harry durch die Straßen. Langsam wurden es weniger verlassene Geschäfte und dafür mehr hin und her eilende Menschen.

Ein Schokostück schmolz in seinem Mund und er dachte daran, wie er Albert versprochen hatte, ihn wieder zu besuchen.

Ein kleines bisschen schlechtes Gewissen hatte er ja. Er hatte auf die Fragen des Anderen, wie er hieß, woher er komme und ob er jetzt hier wohnte, nur ziemlich einsilbig geantwortet. Harry, ruhiger Vorort Londons und das er jetzt bei Freunden der Familie wohnte, ehe er auf ein Internat ging, waren so ziemlich die privatesten Informationen die er erzählt hatte. Doch irgendwie hatte ihm sein Gefühl gesagt, dass Albert mit der Wahrheit weder etwas anfangen konnte, noch sie gut aufnahm.

Man sah ja an seiner eigenen Familie, wie diese mit einem Freak umgingen …

 

Die Finger an der Hose abputzend, schaute sich der Elfjährige um.

Ja, dass hier war London so wie er es erwartet hatte.

Laut, hektisch, chaotisch und doch schienen alle irgendwie im Einklang.

Autos hupten, Menschen hasteten schwatzend hin und her. Rein und raus in allerlei Geschäfte.

Es war beinahe … ja, es war wirklich wie zwei Welten. So nah beieinander und doch so weit voneinander entfernt.

Zu welcher Welt gehörte er eigentlich?

Mit diesem Gedanken blickte er noch einmal in die trist wirkende Straße, welche zum Tropfenden Kessel führte, ehe er sich auf nach Muggellondon machte.

 

Zwei Stunden später genehmigte er sich in einem kleinen Park eine Pause.

Es war nicht einmal das Laufen, welches ihn ermüdete. Nein, es waren die vielen fremden Menschen. Little Whinging war da doch eine ganz andere Nummer. Selbst am Markttag oder bei Schulaufführungen kamen nicht so viele Menschen zusammen.

Doch immerhin hatte er schon einiges einkaufen können. Ein neues T-Shirt und eine Jeans, die er beide in einem netten Secondhand Laden entdeckte, hatte er sich ebenso geleistet, wie einen Schokoladenmilchshake.

 

Genüsslich zog er das kühle Getränk durch den Strohhalm ein.

Es war schwül, den baldigen Regen konnte man quasi mit jeder Pore spüren.

Doch kaum dass er sich diesen Moment der Ruhe gönnte, kamen die Gedanken wieder zurück zu der Frage: In welche Welt gehörte er?

 

Geboren war er in einer Zaubererfamilie, doch aufgewachsenen bei Nicht-Zauberern.

Sein ganzes Leben war er ohne Magie und Hokuspokus ausgekommen. Hatte sie für reines Wunschdenken gehalten.

Doch nun?

Nun sollte er ganz plötzlich wieder ein Teil der magischen Welt werden.

Das war der Fakt, der ihm Sorge machte. Er hatte doch keine Ahnung von dieser anderen Welt. Es war dieses ‘ins kalte Wasser geschmissen werden’, welches ihm Bauchschmerzen bereitete.

Meine Güte, der Fakt, dass es alle möglichen zuvor für Fantasyprodukte gehaltene Sachen gab und ihm alle auf einmal vor die Füße geworfen wurde, überforderte ihn.

 

Langsam zog Harry die Beine auf die Bank, schlang seinen freien Arm darum und bette das Kinn auf den Knien.

Er fühlte sich so unglaublich … alleine.

So alleine und hilflos, dass er sich beinahe Tante Petunia her wünschte. Er war doch nur ein Kind unter lauter Fremder und Fremdem!

 

“Mr. Potter. So alleine hier?”, erklang es plötzlich direkt neben ihm.

Verschreckt quietschte der Angesprochene auf und ließ vor lauter Schreck den Shake fallen. Kurz beobachtete er wie sich die braune Flüssigkeit auf dem Rasen verteilte, ehe er sich verkrampft zu der Stimme herum drehte.

 

“SIE?”, rief er aus und schlug sich augenblicklich die Hände vor den Mund.

Was machte denn sein zukünftiger Lehrer hier? “Ich meine … hallo Professor. Entschuldigen Sie bitte. Ich war in Gedanken.”

 

“Das habe ich bemerkt”, gab der Erwachsene mit ausdrucksloser Miene zurück und ließ sich neben ihm nieder. “Was aber nicht meine F-F-Frage beantwortet, was Sie hier alleine machen.”

Unter dem seltsam stechenden und doch neugierigen Blick wurde es gefragten Jungen unwohl. Anscheinend bekam er nun Ärger. Wieder einmal. Zerknirscht wandte er den Blick auf die Shakepfütze, ehe er sich dazu entschied mit offenen Karten zu spielen.

 

“Mir war so fürchterlich langweilig. Zu dem hatte ich Hunger und wollte einkaufen gehen. Ich hab mich irgendwie eingesperrt gefühlt. Hagrid sagte ich solle nicht alleine in die Winkelgasse und naja … irgendwie ist mir diese auch ein wenig suspekt.

Verstehen Sie mich nicht falsch, es ist dort schon ziemlich cool. Aber diese Welt hier, ist mir einfach vertrauter.” Entschuldigend lächelte er den Anderen kurz an, ehe er den Blick wieder abwandte.

“Da drüben …”, wage deutete der Junge in Richtung Tropfenden Kessel, “... denken die Leute ich wäre ein Held. Da … ach keine Ahnung.” Resigniert zuckte er mit den Schultern. “Hier, oder besser gesagt bei meinen Verwandten, bin ich einfach nur der Freak. Das schwarze Schaf der Familie, gegen den der eigene dumme und gewalttätige Sohn besonders gut zur Geltung kommt.”

Die Wange auf den angezogenen Beinen abgelegt, schielte er zu dem Lehrer herüber.

 

“Mit Leuten die mich wie Nichts oder ein Punchingball behandeln, kann ich besser umgehen, als mit Leuten die es anscheinend gut mit mir meinen oder sogar total anhimmeln.”

Und erst als er dies sagte, merkte er wie sehr dies zutraf. Denn nicht nur dass all die netten Menschen die für ihn da gewesen waren, aus seinem Leben getrieben wurden, nein. Es war auch oft genug gewesen, dass es sehr schnell wieder umsprang.

Zum Beispiel Hagrid. War der große, wilde Mann nur nett zu ihm, weil er seine Eltern kannte? War es, weil dieser Dumbledore es ihm gesagt hatte? Oder der Wirt Tom. Hatte der ihm nur den Garten gezeigt, weil er Geld durch Harry bekam und er zudem der ‘Junge-der-lebt’ war?

Warum zweifelte er die Motive dieser beiden an, jedoch nicht die von den Hauselfen oder gar Sanara? War es, weil diese keine Menschen waren? Nein. Entschlossen schüttelte er den Kopf bei diesem Gedanken. Es war irgendwie … die Ausstrahlung. Der Ausdruck in den Augen und andere Kleinigkeiten. Das Gefühl seiner Selbstwillen gemocht zu werden und nicht wegen einer angeblichen Heldentat als Kleinkind.

 

“Hmm. So ist das also …”, kommentierte der Ältere sein Geständnis nur, ehe sich wieder einvernehmliches Schweigen über die Beiden senkte. Harry war es ganz recht so, wurde ihm doch bewusst, WAS er dem Lehrer gerade alles mehr oder weniger auf dem Silbertablett präsentiert hatte. Still beobachtete er die anderen Menschen im Park, während er sich wunderte, warum er sich einem völlig Fremden öffnete.

 

“Was halten Sie dav-v-von, wenn wir Ihnen erstmal so ein neues Ding holen?”

Überrascht hob der Jüngere den Kopf und blickte seinen Professor mit schief gelegtem Kopf an.

“Na immerhin bin ich schuld, dass dieses nun im Dreck gelandet ist.” Schulterzuckend als wäre das Verhalten das Logischte der Welt, erhob sich der Erwachsene und Schritt in Richtung nahe gelegenen Eiscafé.

“Na los Mr. Potter. Bewegen Sie sich.”

Perplex sprang Angesprochener auf und rannte hinter dem Turbanträger her.
 

 

Also die Situation hier war irgendwie … komisch. Lustig komisch und verwirrend komisch.

Sie waren tatsächlich ins Eiscafé gegangen und der Professor hatte ihm einen neuen Schokomilchshake, sogar mit Sahne, gekauft. Dabei hatte Harry bemerkt, dass der Zauberer wohl nicht oft mit Muggeln beziehungsweise mit dessen Währung in Kontakt kam. Hatte dieser doch beim bezahlen fünfzig Pfund auf den Tresen geknallt und gemeint, das reiche ja wohl. Während Harry sich ein Kichern nur schwer verkneifen konnte, hatte die Kassiererin perplex geguckt und dann lächelnd gemeint: “Aber sicher doch.” Das Wechselgeld hatte der Professor auch ohne zu kontrollieren in seine Manteltasche verschwinden lassen. Etwas was nur sehr reiche Leute oder diejenigen, die keine Ahnung von der Währung hatten taten.

 

Nachdem Harry versorgt war, schlenderten die beiden Zauberer nun durch London.

 

“Professor, wie kommt es übrigens, dass die Leute sie nicht großartig beachten. Ich meine, selbst in der Winkelgasse wurden Ihnen mehr Blicke zugeworfen und da ist schräge Kleidung ja irgendwie normal.”

Meine Güte, seit wann war er denn so forsch? Aber es war irgendwie einfach mit dem Erwachsenen zu reden.

 

“Magie. Schlicht und einf-f-fach Magie”, gab der Verteidigungslehrer zurück und rollte mit den Augen, als Harry ihm einen halb verstehenden und halb neugierigen Blick zuwarf.

“Es gibt v-v-verschiedene Arten von Zaubern. Meine Auf-f-fgabe ist es euch zum Beispiel V-v-verteidigung gegen die dunklen Künste beizubringen. Also, muss es als Gegenstück w-w-was geben?”

Einen Moment überlegte der Jüngere, ehe er “Angriffzauber” antwortete.

“Richtig. Es gibt Zauber zum Zerstören und solche, die reparieren. Zum V-v-verschwinden und erscheinen lassen. Manche Sprüche bringen eine V-v-verw-w-wandlung, manche v-v-verletzen und so w-w-weiter.” Die Stimme des Lehrers war ruhig, aber nicht ermüdend. Sie war gesenkt, aber kein Wunder, um sie herum waren lauter Nicht-Magierer. An das Gestotter gewöhnte man sich auch mit der Zeit.

 

Harry lauschte gespannt, während sie durch einen weiteren Park spazierten.

“Es gibt also für alles einen Spruch? Einen Zauber der einen das momentane Anliegen erfüllt?” Wenn das so war …

 

“Man muss ihn nur w-w-wissen, die nötige Zauberkraft haben und diese kontrollieren können. Es ist nicht nur albernes Zauberstab gew-w-wedel und dazu einen Spruch aufsagen, Mr. Potter. Es erf-f-fordert Übung und Selbstkontrolle. Es ist ein lebenslanges Lernen”, mahnte der Professor und nahm Harry damit irgendwie einen kleinen Teil der kindlichen Illusion, zaubern wäre ein Kinderspiel. Aber wozu bräuchte man sonst auch Hogwarts?

“Ach und Mr. Potter, kein Zauber kann Ihnen Tote zurück- oder die w-w-wahre Gef-f-fühle eines anderen Menschen einbringen.”

 

Ertappt blieb der Junge stehen und starrte nun auf den Rücken des Älteren. Denn genau dieser Gedanke war ihm eben noch gekommen. Die Möglichkeit seine Eltern wieder herbeizuzaubern. Resigniert ließ er den Kopf hängen und trottete hinter Professor Quirrell her. Jeglicher kindlicher Hoffnung beraubt.

 

“Um auf Ihre ursprüngliche F-F-Frage zurückzukommen”, überging der Turbanträger die eingetretene Stille einfach.

“Ich habe eine Art Illusion beziehungsw-w-weise Desillusionierungszauber angew-w-wandt. Die Muggel sehen mich, aber nicht so w-w-wie ich w-w-wirklich gekleidet bin. W-w-wie erkläre ich es Ihnen am besten? Sie sehen mich so w-w-wie sie mich erw-w-warten. Sie nehmen mich nicht richtig w-w-wahr. Ihre Skepsis oder Beachtung trifft uns nicht, denn ich habe v-v-vorhin den selben Zauber auf Sie gelegt. Zu dem v-v-vergessen diese Muggel uns schnell. ”

 

Auch der Elfjährige war nur ein einfaches Kind und so nagte der Trübsinn zwar noch an seinen Organen, doch da war auch diese Neugierde. Der Wissensdurst, der gestillt werden wollte. So holte er auf um wieder neben dem Erwachsenen zu laufen und ließ sich Beispiele geben, als was Nicht-Magier sie beide nun sahen.

Die Vorstellung, dass Menschen sie als Touristenführer und Tourist sahen, wobei Harry der Führer eines Ausländers war, fand der eigentlich Schwarzhaarige ziemlich erheiternd.

 

“W-W-Wir sollten langsam zurück”, meinte der Professor schließlich, während sie am Ufer der Themse standen und das dunkle Wasser beobachteten.

“Es ist ja schon fast Mittag”, gab der Jüngere nach einem Blick auf seine gesprungene Armbanduhr überrascht von sich. Wo war denn nur die Zeit geblieben? Ebenso verflogen, wie der Schwarm Vögel, der sich auf der anderen Seite in den Himmel schraubte. So nickte er nur und zusammen gingen sie wieder in Richtung Gasthaus.

 

Als sie an einem kleinen Supermarkt vorbei kamen, hielt Harry an. Das hätte er ja beinahe vergessen! Er musste - oder besser gesagt, wollte - ja noch einkaufen.

Zögerlich erklärte er dem Erwachsenen sein Anliegen. Dieser hatte skeptisch eine Augenbraue empor gezogen und blickte immer wieder zwischen Harry und dem Einkaufsladen hin und her.

“Sie w-w-wollen da rein und … Essen kauf-f-fen, obwohl es im Tropf-f-fenden Kessel genug, sowie Hauself-f-fen gibt?”

Stumm nickte der Jüngere und betrat schließlich den Laden. “Es geht schnell, Sie können also auch hier warten”, meinte er auf der Schwelle und blickte kurz über die Schulter zurück. Das würde es tatsächlich, denn allzu viel war nicht mehr übrig von den eh schon wenigen Pfund.

 

Es war nur ein klitzekleiner Laden und geführt von einer niedlichen älteren Dame, die ihm mit ihrem Gehstock entgegen kam.

“Guten Abend junger Mann. Was kann Bathilde für Sie und Ihren Begleiter tun?”, begrüßte ihn die deutlich ältere und lächelte freundlich.

Genau so freundlich lächelte der verwandelte Potter zurück. Die alte Dame erinnerte ihn an Mrs. Figg und so war sie ihm sofort sympathisch. Aber vielleicht lag das auch an dem faltigen Gesicht mit den warmen, freudig blitzenden Augen.

 

“Hallo. Ich bräuchte ein paar Eier, Schinken, Brot, ein wenig Aufschnitt und so”, antwortete er höflich und schnappte sich routiniert einen der Einkaufskörbe.

“Gar kein Problem, junger Mann. Bei mir - Bathilde - werden Sie fündig. Mein Laden mag klein sein, aber für ein Magenfüllendes, zünftiges Mahl reicht es alle Mal!” Entschlossen stampfte die Ladenbesitzerin mit ihrem Stock auf.

“Ich würde mich ein wenig umsehen, wenn es Ihnen recht ist?” Harry wollte noch einmal sein Geld zählen, denn nichts war peinlicher als an der Kasse zu viel Ware und zu wenig Geld zu haben.

 

“Kein Problem. Bathilde wird weiter Waren einräumen und an der Kasse auf die Herrschaften warten.” Noch einmal zwinkerte die alte Dame ihm zu, ehe sie sich umdrehte und pfeifend verschwand. Ok, diese Bathilde war wirklich schrullig, aber das machte sie in seinen Augen nur sympathischer.

 

Routiniert schritt Harry durch die Gänge.

Blieb mal hier, mal da stehen um sich ein Produkt anzusehen und entweder in den Korb zu packen, oder zurück ins Regal. Während nun eine Packung Eier in den Korb wanderte, spürte er nur zu deutlich die Anwesenheit des Professors, doch es störte ihn komischerweise nicht. Der Mann war an sich ganz nett und angenehm. Komischerweise hatte der Junge keinerlei Bedenken, dass dieser eigentlich fremde Mann hinter ihm ging und ihm ab und an über die Schulter blickte. Vielleicht lag es daran, dass dieser ihn gestern wieder in das Gasthaus gebracht hatte?

Es war wirklich skurril, wer war jetzt Schüler und wer Lehrer? Wie war das noch mit dem Touristenführer? Nun, diese Supermarktsituation passte da ganz gut zu. Denn dass der Andere wahrscheinlich noch nie in seinem Leben in einem Einkaufsladen der Muggel gewesen war, oder gar selber für seine Sachen gesorgt hatte, wurde klar, als dieser skeptisch eine Packung Bacon in die Hand nahm und hin und her drehte.

 

“Die können Sie gleich in den Korb packen, Professor”, kommentierte Harry dieses Verhalten schmunzelnd. Zögerlich tat der Erwachsene was der Jüngere gesagt hatte.

“W-w-warum können Sie das hier, Mr.Potter?”

“Na, ich bin doch bei Nicht-Magiern aufgewachsen.” Schulterzucken packte er ein Paket Butter zu dem bisherigen Einkauf. “Ich gehe für die Familie einkaufen seit … keine Ahnung. Ich kann auch kochen, backen und sauber machen.” Was war schon groß dabei? Er war damit aufgewachsen.

“W-w-warum?” Deutlich hörte der Jüngere die Irritation aus der Stimme des Älteren heraus.

Am Brotregal blieb Harry so unvermittelt stehen, dass der Professor beinahe in ihn reinrannte. Nun, was hockte der ihm aus so sehr im Nacken?

Mit schief gelegtem Kopf drehte er sich zu diesem herum.

“Warum?” Die Frage irritierte ihn irgendwie. Warum interessierte es den Erwachsenen so? “Nun, ich habe es mir selbst beigebracht und in der Regel war auch alles in Ordnung für meine Verwandten. Dieses Können schadet zudem nicht.” Damit war für ihn alles dazu gesagt und so packte er noch einen großen Laib Brot in den Korb und machte sich in dem unsortierten Lädchen auf die Suche nach Milch.

 

Doch er hatte die Rechnung ohne den Turbanträger, der aufgebracht hinter ihm her kam, gemacht. “Das ist keine Arbeit, die Ihnen w-w-würdig ist, Mr. Potter! Es kann doch nicht sein das ...”

 

Trocken lachend packte er die gesuchte Milch in den Korb. So, damit kam er erst mal hin und das Geld reichte auch.

“Professor, in meinem Zuhause interessiert es niemanden was meiner ‘würdig’ wäre. Ich bin nur der Freak der Familie oder um es in Zaubererjagong zu sagen: Ich bin der Hauself.”

Verdammt, wieder hatte er mehr gesagt als gewollt! Was war denn nur los mit ihm? Er musste wirklich mehr aufpassen! Kopfschüttelnd über seine Unvorsicht ging er in Richtung Kasse. Den nun wieder stillen Professor hinter sich wie an einer unsichtbaren Schnur.

 

Bathilde erwartete sie beide schon breitgrinsend an der Kasse und rechnete Harrys Einkauf fröhlich summend ab. Weil er so ein höflicher junger Mann war, bekam er die beiden Einkaufstüten sogar geschenkt. Diese drückte die alte Dame dem Professor entschlossen in die Hände. Ein Bild, welches den Potter dazu brachte, fest die Lippen zusammenzupressen.

Wo war der Fotoapparat wenn man ihn brauchte? Dieser Blick war herrlich!

 

Kaum waren sie wieder auf der Straße und ein paar Meter gelaufen, hielt Harry es nicht mehr aus und brach in Gelächter aus. Er hörte wie der Erwachsene ihm zuzischte sich zu beruhigen, dass er sein Verhalten erklären sollte und vor allem, das wenn er sich nicht selber zur Räson rief, der Erwachsene ihn verzaubern würde, egal ob hier Muggel waren!

Doch Harry konnte nicht tun was der Professor befahl. Jedes Mal wenn er es versuchte und aufblickte, sah er den Erwachsenen vor sich. Dieser pikierte und leicht wütende Blick, während er die Einkaufstüten hielt, als wollten diese ihm an den Hals springen.

Es war so absurd und ein so krasses Beispiel dafür, wenn zwei verschiedene Welten aufeinanderprallten.

 

“Jetzt reichts, Mr. Potter! Zügeln Sie sich endlich.” Die Stimme des Älteren klang hart und Harry hörte den Unterton, der ihm sagte, dass es ansonsten wirklich ungemütlich für ihn wurde. Meine Güte, dass Erwachsene aber auch immer so spießig waren.

 

“Ge …. geben Sie mir die Tüten. Bitte”, schaffte es der Potter zu japsen und streckte eine Hand danach aus, während er sich mit der anderen auf dem Oberschenkel abstützte.

 

“Nein!” Plötzlich ploppte es und die Tüten waren verschwunden. Schlagartig war Harry ernüchtert und blickte den erwachsenen Zauberer mit schreckgeweiteten Augen an.

 

“Was? Aber meine Einkäufe!” Verdammt, das waren seine letzte Pfund gewesen, die er extra dafür mitgenommen hatte. Er hatte sich schon auf die Zubereitung und das Verspeisen gefreut und jetzt? Jetzt waren diese leckeren Sachen einfach ... weg? Verdammt, er hatte es zu weit getrieben. Er mochte vielleicht selber Schuld daran sein, durch sein freches Benehmen, aber doch gab es dem Anderen doch nicht das Recht Harrys Einkäufe einfach wegzuzaubern! Frust kam in ihm auf und er ballte seine Hände. Der selbstgefällige Ausdruck in Quirrels Gesicht war es schließlich, der seinen Geduldsfaden zum Reißen brachten.

“Was haben Sie gemacht? Was fällt Ihnen ein? Das alles habe ich von MEINEM Geld gekauft. Geld welches ich lange gespart habe! Es tut mir leid, dass ich Sie anscheinend verärgert habe, aber Sie können doch nicht einfach meine Einkäufe verschwinden lassen! Verdammt, Sie hätten mir doch einfach nur die Tüten geben müssen und schon wäre alles gut gewesen! ARGH!” Damit warf er seine Hände in die Luft und drehte auf der Stelle um. Wütend auf sich und den Professor stapfte er zurück in Richtung der Unterkunft.

 

Doch weit kam er nicht, denn eine große Hand legte sich auf seine Schulter und ehe er wusste was geschah, verschwamm die Umgebung. Ein Knall hallte in Harrys Ohren wider und schon im nächsten Moment stand er in dem gemütlichen Zimmer, welches er im Tropfenden Kessel bewohnte.

 

“Was …”, japste er, doch jegliche weitere Wörter blieben ihm im Hals stecken. Er versuchte es wieder und wieder, doch kein Laut verließ seine Lippen. Hektisch blickte er sich um, ehe der Blick des Elfjährigen an dem Professor hängen blieb.

Dieser hatte den Zauberstab in der Hand und funkelte ihn kalt an.

Gefühle

“Noch einmal dulde ich so ein V-v-verhalten nicht, Mr. Potter.” Eine blanke Feststellung und irgendwie klang es für den Jüngeren wie eine Drohung.

Reflexartig wich er ein paar Schritte zurück, woraufhin der wütende Erwachsene den Zauberstab in seinen Umhang steckte.

“V-v-vergessen Sie nicht, wen Sie hier v-v-vor sich haben!”

Das beschämte ‘Ja, Professor’, konnte er sich einzig denken und so nickte er und senkte den Kopf so tief es ging.

Denn er schämte sich. So unglaublich doll, dass er am liebsten im Erdboden versunken wäre. Wie hatte er sich nur so gehen lassen können? Sonst konnte er sich doch auch besser zurückhalten. Selbst bei den Dursleys, die mehr als einmal ungerecht oder gemein zu ihm gewesen waren. Und auch bei den Grundschullehrern, Mitschülern und Nachbarn, warum also jetzt nicht? Warum konnte er unter der dicken Schicht aus Scham immer noch den Frust, die Wut und - wenn er es richtig deutete - seine aufgebrachte Magie spüren? Der junge Potter verstand es nicht und so konzentrierte er sich lieber auf seine Reue. Füße stillhalten und die eigene Meinung herunterschlucken, hatte ihm schon oft geholfen. Egal wie sehr dies auch in ihm brannte.

 

“Ihre Taschen sind dort”, dabei folgte Harry dem ausgestreckten Zeigefinger es Erwachsenen und entdeckte seine Einkäufe auf der kleinen Küchentheke.

‘Oh’, hauchte er stumm und mit großen Augen. Der Professor hatte die Tüten hierher und nicht wirklich weg geschickt!

Augenblick färbten sich die Wangen des Jüngeren hochrot und die Schultern fielen kraftlos nach vorne.

Magie … dieselbe Magie, die Verkäufer nutzten. Warum war ihm dies nicht eher eingefallen? Weil er nur ein dummer, unwissender Bengel war und mehr nicht, schoss es ihm durch den Kopf. Resigniert taumelte der Schüler zum Bett und ließ sich langsam darauf nieder. Diese ganze magische Welt überforderte ihn wirklich. Wie sollte es dann nur in Hogwarts werden?

 

Er war dumm, unhöflich und laut gewesen und er musste sich dringend entschuldigen!

Automatisch öffnete er den Mund um dies zu tun, doch immer noch kam kein Laut über seine Lippen. Innerlich seufzend, fand er es eigentlich nur gerecht, dass der Erwachsene ihm irgendwie die Stimme weggehext hatte.

So entschuldige er sich auf die einzig ihm momentan mögliche Weise: Ein zaghafter, beinahe flehender, Blick in die Augen des Erwachsenen. Ein nur mit den Lippen geformtes “Entschuldigung”.

Kaum war dieses über seine Lippen, senkte er wieder eilig den Kopf.

Er wollte die Ablehnung nicht in den Augen des Turbanträgers sehen.

 

Warum? Nun, irgendwie mochte er den Professor. Dieser mochte nichts über die Welt der Muggel verstehen. Mochte Angst vor Vampiren haben, stottern und manchmal mit sich selbst reden, aber das alles störte den jungen Potterspross nicht.

Trotz allem heute, war der Erwachsene im Großen und Ganzen richtig nett. Ja, er hatte Harry sogar aus der Winkelgasse hergebracht. Und wenn der Schwarzhaarige sich nicht so daneben benommen hätte, hätte der Ausflug in die Londoner Innenstadt wirklich nett, entspannt und unterhaltsam enden können.

 

“Wenn Sie den Kessel noch mal v-v-verlassen w-w-wollen, geben Sie gef-f-fälligst Bescheid!” Die Stimme war hart, aber nicht mehr so abweisend wie kurz zuvor. “Müssen Sie noch mal in die W-W-Winkelgasse?”

 

Automatisch schüttelte der Schüler den Kopf, doch dann fiel ihm ein, dass er noch nicht alles für die Schule hatte. Außerdem sollte er ja noch mal in die Zaubererbank kommen. Was Griphook wohl von ihm wollte?

Schnell hob er den Kopf, nickte und wollte sich erklären, doch noch immer drang kein Laut über seine Lippen.

 

“Sollten Sie noch einmal so unf-f-flätig werden, belasse ich es nicht bei einem einf-f-fachen Schw-w-weigezauber.” Mahnend hob der Turbanträger eine helle Augenbraue und als Harry eifrig nickte, wurde auch der Zauberstab aus den tiefen der Kleidung gezogen.

 

“ … tut mir so leid, Professor. Ich werde mich benehmen und nichts mehr sagen. Ich dachte meine Einkäufe wären einfach weg. Nicht dass ich es nicht verdient hätte, aber …”

“Mr. Potter! Luft holen!”, unterbrach ihn der Erwachsene streng. “Lassen Sie es nicht wieder vorkommen. Nicht jeder ist so nett wie ich.”

 

Kurz biss der erneut Ermahnte sich auf die Unterlippe, als ein trockenes Lachen in seinem Hals empor kletterte. Er wollte gar nicht wissen, was passierte, wenn der Professor ‘unnett’ wurde. Und eigentlich hatte der Mann ja irgendwie recht.

So räusperte er sich und erklärte weshalb er noch mal in die Winkelgasse musste.

 

Einige Zeit später lag der inzwischen wieder schwarzhaarige Potterspross im Bett. Gleichzeitig vollkommen groggy und doch total aufgekratzt, lag er mit unter dem Kopf verschränkten Armen auf der weichen Matratze. Den Blick stumpf auf die graue Zimmerdecke gerichtet.

Es war noch nichtmal vierzehn Uhr und doch fühlte es sich wie zwei Tage an.

Da war das Leben bei den Dursleys ja leichter. Leichter im Sinne von einfacher gestrickt. Mit klaren Regeln und Aufgaben.

Der Junge weigerte sich, wieder über das seltsame Verhalten des Professor nachzudenken. Lieber fasste er den Entschluss sich, bis Hogwarts begann, einen festen Tagesrhythmus zuzulegen. Nur in den Tag leben, war einfach nicht seins. Das kannte er so nicht, hatte es nie selbst gedurft.

“Was passiert hier nur alles?”, flüsterte er leise in die Stille des Zimmers hinein und driftete ab in den Schlaf.

 
 

“... Potter. Harry, Sie müssen aufstehen. Es wird Zeit”, piepste es unaufhörlich und so tauchte der Angesprochene mehr und mehr aus dem herrlich traumlosen Reich des Schlafes auf.

Murrend zog er sich die Decke über den Kopf. Er mochte Scotchi ja wirklich, aber diese hohe Piepsstimme war nerviger als ein schrilles Weckerklingeln.

“Mag nicht”, nuschelte der Potter aus seinem Versteck hervor, doch die Elfe zeigte kein Erbarmen.

“Bitte, Harry, Sir. Master schickt mich, damit Sie endlich etwas essen und um etwas mitzuteilen.”

Murrend schob der schmächtige Zauberer das Kissen vom Kopf und blinzelte zu der Hauselfe herüber.

“Essen steht für Harry Potter Sir auf dem Tisch.” Dabei deutete das Wesen in diese Richtung. Unruhig spielte Scotchi an ihrem Oberteil herum. Der Blick huschte von links nach rechts. Überallhin, nur nicht zu Harry.

Kaum wurde ihm dieses unsichere Verhalten des magischen Wesens bewusst, wurde auch der Elfjährige schlagartig wacher. Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht!

Sich aufsetzend behielt er die Elfe genau im Blick. “Scotchi, was ist denn los?”

“Scotchi soll … Scotchi muss … Mr. Potter sollten essen, bevor kalt”, versuchte das runzlige Geschöpf abzulenken.

“Gleich”, wiegelte der Potter ab und schnappte sich die Hand seiner kleinen Freundin. Dieses Rumgehibbel machte ihn ja selbst schon ganz verrückt. “Scotchi, beruhig dich und sag einfach was dir auf dem Herz liegt.” Sanft blickte er die Kleinere an. Die Hauselfe war so schon ängstlich genug.

 

Nur einen Augenblick zögerte das Wesen noch, ehe es zaghaft den Blick hob. “Mr. Hagrid hat die Nachricht überbracht, dass er nicht kommen kann. Mr. Potter müsse noch warten, bis der Rest gekauft werden kann. Die Ferien seien noch lang genug, sagte Mr. Hagrid. Sie sollen im Kessel bleiben, sagte Mr. Hagrid.” Die Ohren sanken gen Boden. “Scotchi tut es leid. Scotchi weiß, Mr. Harry Sir wollen gerne raus.”

 

Dies und mehr plapperte die kleine Hauselfendame mit hängenden Ohren und trauriger Stimme. Doch der Junge nahm es gar nicht richtig war. Resigniert stellte er fest, dass er es wohl verdient hatte, nachdem er gestern abgehauen war. Er war selbst Schuld! Und doch war da auch Frust, er war sich nicht sicher, warum, aber das Gefühl war da. Verkrampft lächelnd tätschelte er Scotchis Hand und kletterte schließlich aus dem Bett. “Schon gut Scotchi. Du kannst ja nichts dafür.”

Steif setzte er sich an den Tisch und schob sich eine Gabel Salat in den Mund. Wenn er tat was von ihm erwartet wurde, vielleicht verschwand die Andere ja dann. Er mochte sich gerade wie ein bockiges Kleinkind im Supermarkt benehmen, aber das war ihm egal.

 

Selbst im Ligusterweg hatte er sich freier gefühlt. Ein Gedanke, der so abstrus und doch gleichzeitig für ihn im Moment bittere Wahrheit war. Mit finsterem Blick aß er weiter, schmeckte nichts und atmete schließlich durch als eine deutlich geknickt wirkende Hauselfe wieder verschwand.

Wie hieß das Sprichwort noch gleich? Vom Regen in die Traufe. Tja, da war er wohl mit Kopfsprung hinein gehechtet.
 

 

Harry wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war und es war ihm auch nicht wichtig. Die Sonne stand noch am Himmel, soweit er das von seinem Sitzplatz am Fenster sagen konnte.

Nachdem er das Essen mehr runtergewürgt als genossen hatte, war er dazu übergegangen die Einkäufe wegzuräumen. Doch das hatte ihn natürlich nicht lange beschäftigt. So hatte er schließlich das Vampirbuch geschnappt und Position auf einem Stuhl am Fenster bezogen. Die Zeit war gefühlt nur so verflogen und der Elfjährige hatte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen können. Es war einfach zu interessant und spannend. Blutig, direkt und beim besten Willen nichts für sanfte Gemüter oder - wenn man es streng nahm - für ein Kind wie ihn, aber auch das war egal. Hatte man den ‘Ekel’ einmal bezwungen, konnte man sich auch darauf einlassen. Auf jeden Fall war für ihn jetzt klar, dass er den Professor so einiges fragen wollte. Aus seiner leeren, daher gesagten Zusage war brennendes wollen - nein müssen, geworden. Wenn er dem Erwachsenen selber etwas kochte, vielleicht war dieser ja dann milde gestimmt und in so guter Laune, dass er sogar antwortete.

Ja, so würde er es machen.

Entschlossen klappte er das Buch zu und wollte gerade aufstehen, als es an der Tür klopfte. Verwundert bat er die Person herein.

 

“Mr. Potter, Sie sind ja schon w-w-wieder da”, erklang es von eben jenem Professor. Geschmeidig trat der ins Zimmer ein, musterte kurz den Raum und schloss dann die Tür wieder hinter sich.

Kopfschüttelnd brachte der Jüngere das Buch ins Regal, ehe er sich zu dem Älteren umdrehte und seufzend erklärte, wie es wirklich war.

 

Stumm richtete der erwachsene Zauberer den Zauberstab auf den Kleiderschrank und schon im nächsten Moment schwebten Harry seine Schuhe, eine leichte Jacke und der Geldbeutel entgegen. Verwirrt ergriff er sie reflexartig. Noch ehe er dazu kam, nachzufragen, verließ der Professor auch schon wieder den Raum mit raschelnden Umhängen.

“Ich muss eh noch in die W-w-winkelgasse. In zehn Minuten sind Sie hergerichtet.” Damit schloss sich die Tür mit einem vernehmlichen Klicken und Harry blieb irritiert blinzelnd allein zurück.
 

 

Genau neun Minuten später stand der wieder verwandelte junge Potter am Durchgang zur Winkelgasse und wartete auf den Verteidigungslehrer. Die Verwirrung hatte vielleicht dreißig Sekunden angehalten, dann hatte er sich so schnell er konnte fertig gemacht und war noch mal kurz in den geheimen Garten gehuscht. Sanara hatte es ihm nicht übel genommen, dass er den ganzen Tag unterwegs war und wollte dieses Mal auch nicht mit in die Winkelgasse. So gern das Reptil ihn auch hatte, konnte sie auf einen weiteren Besuch bei Gringotts doch wirklich verzichten. Harry nahm es ihr nicht übel. Heute Abend würden sie sich dafür zusammensetzen und über den Tag austauschen.

 

Der junge Potter freute sich schon darauf, doch jetzt hoffte er, dass der Professor endlich auftauchte. So langsam begann nämlich die Nervosität wieder in ihm zu wachsen.

Endlich erklang die Stimme des Erwachsenen, bevor Harrys Gedanken und Gefühle wieder auf komische Gedanken kamen.

“Bereit, Mr. Potter? W-w-wir w-w-werden zuerst zu Gringotts gehen. Danach trennen sich unsere W-W-Wege vorerst.”

Stumm nickte Angesprochener und konnte sich ein erfreutes Grinsen gerade so verkneifen. Das alles hier schien doch nicht so schlecht, wie er heute Mittag noch gedacht hatte.

Ein kurzes Kribbeln huschte über seinen Körper und nur am Rande bekam er mit, wie der Erwachsene den Zauberstab auf die Ziegelsteinwand richtete.

“Damit Sie in Ruhe einkauf-f-fen können und ich Sie w-w-wieder f-f-finde”, kurz zwinkerte ihm der Quirrell zu, ehe er entschlossen durch den geöffneten Durchgang schritt.

Die Frage, was genau der Professor getan hatte, lag auf seiner Zunge. Doch er schluckte sie runter und sah zu dass er den Erwachsenen nicht aus den Augen verlor.
 

 

“Schön dass Sie es einrichten konnten, Mr. Potter.”

Harry saß, ein wenig nervös, im Büro von Griphook. Unruhig rutschte er auf dem weichen Polsterstuhl herum, nestelte an dem Saum seines Oberteils und warf immer wieder einen unsicheren Blick zu dem Bankkobold herüber. Dieser saß hinter einem - für den Kobold - großen und massiven Schreibtisch und fixierte den Potter mit festem Blick.

“Sie brauchen nicht aufgeregt zu sein”, meinte der Kobold und kurz zupfte ein Schmunzeln an dessen Mundwinkeln. Doch viel zu schnell für Harrys Geschmack kam der ernste Ausdruck zurück.

Den jungen Zauberer erinnerte diese Situation an ein Gespräch mit dem Direktor der Grundschule. Damals hatte er Ärger für allerlei ‘unmögliches’ oder ‘unverschämtes’ bekommen. Sachen, die einfach passiert waren. Jetzt, wo er wusste dass er ein Zauberer war, hatte er dafür eine Erklärung.

Ein lautes Räuspern seitens des magischen Wesens holte den Jungen aus der Erinnerung.

“Also Mr. Potter. Es gibt etwas was ich mit Ihnen besprechen muss.”

Automatisch duckte sich der Angesprochene in das Polster.

“Es geht um etwas, das ich Ihnen von Ihrer Mutter überreichen soll”, ließ der Kobold nüchtern die ‘Bombe' platzen.

 

Baff blinzelte Harry den obersten Bankkobold an. “Bitte?”, krächzte er und räusperte sich. “Ich meine, wie bitte?”

 

Stumm öffnete der Kobold eine Schublade und überreichte dem Potterspross einen Umschlag. “Lesen Sie in Ruhe. Ich werde später wiederkommen.” Damit hüpfte das Wesen vom Stuhl und verschwand aus dem eigenen Büro. Das Klicken der Tür hallte unnatürlich laut in Harrys Ohren wieder, während er mit großen Augen den Brief in seinen Händen anstarrte.

Ein Brief. Für ihn. VON SEINER TOTEN MUTTER!

Trocken schluckend öffnete er schließlich den Umschlag mit zittrigen Händen.
 

 

“Mein geliebter Harry,

wenn du dies liest, haben James und ich es wohl nicht geschafft.

Nicht geschafft, uns gut genug zu verstecken um bei dir zu sein. Wenn du das hier liest, haben wir versagt, gute Eltern zu sein.

Ich bete täglich zu allen Göttern, Heiligen und Geistern, dass du diesen Brief niemals zu Augen bekommst. Dass er eine lustige Anekdote wird, wie ängstlich deine Mutter war.

Doch mein Gefühl sagt mir, dass meine Gebete nicht erhört werden.

Und es tut mir leid. So unglaublich Leid!

 

Alles was ich immer für dich wollte, war ein gutes Leben. Voller Spaß und Liebe. Dich heranwachsen und zum Mann reifen zu sehen. Deine ersten Hogwarts Erlebnisse und Erfolge. Das erste Quidditchspiel. Bestimmt liegt dir das Fieger-Gen im Blut. Das spüre ich schon jetzt. Denn während ich diese Zeilen aufs Papier bringe, flitzt James zusammen mit dir auf einem Besen durch den Garten. Dein freudiges Glucksen kann ich bis ins Wohnzimmer hören und es wärmt mein melancholisches Mutterherz.”

 

An dieser Stelle ließ der junge Potter das Papier sinken. Tränen liefen stumm über die Wangen, während er die Liebe seiner Mutter geradezu spürte. Jede Zeile kam direkt aus dem Herzen der Frau und drangen tief in das des Jungen ein.

Ja, Lily mochte die richtige Vorahnung gehabt haben, aber das war jetzt nicht wichtig. Wichtig war für Harry der Beweis, dass seine Mutter ihn wirklich geliebt hatte. Nicht wie die Dursleys immer gemeint hatten, ihn nicht gewollt hatte. Und diese Tatsache saugte die kleine Seele wie ein trockener Schwamm auf.

Einen Moment genoss er die Vorstellung, mit seinem Vater zu fliegen und zu spielen. Die kindliche Vorstellungskraft war groß genug um den Wind zu spüren und das stolze “Du machst das klasse, Kleiner” von seinem Vater zu hören. Er mochte sich nicht daran erinnern können, aber vorstellen schon.

 

Gedankenverloren wischte sich das Kind die Tränen vom Gesicht. Mit einem Lächeln auf den Lippen, welches in diesem Moment wohl die Sonne in den Schatten stellte, hob er den Brief erneut empor. Voller aufregender guter Gefühle, versuchte er sich auf den Rest des Briefes zu konzentrieren.
 

 

“Aber genug von den sentimentalen Gedanken.”
 

 

“Schade”, murmelte der Briefempfänger leise. Seufzend rutschte er näher an den Schreibtisch um die Ellenbogen darauf abzustützen. Er bemerkte, dass es jetzt ernster wurde. Nicht nur der erste Satz gab ihm dieses Gefühl, sondern auch die Handschrift. War die Schrift seiner Mutter zuvor elegant, ordentlich und auf eine Art ein kleines bisschen kindlich, so wirkte sie jetzt schärfer. So wie Harrys eigene, wenn er wütend, enttäuscht oder einfach sehr aufgewühlt war.
 

 

“Mein Kleiner, ich hoffe darauf, dass es dir nach unserem Ableben gut ging. Dass du ordentlich versorgt wurdest. Aber auch da sagt mir mein Bauchgefühl leider etwas anderes. Mein Gefühl sagt mir, dass alle Vorbereitungen die wir getroffen haben, letztendlich nicht mehr als leere, daher gesagte Worte waren.

Die beste Variante, all der schlechten die mir einfallen, ist wohl, dass du bei meiner Schwester untergekommen bist.”
 

 

An der Stelle konnte Harry nicht anders als trocken aufzulachen. Ignoranz, verbale und körperliche Gewalt, in den Schrank sperren, Essensentzug und so vieles mehr, nannte seine Mutter ‘die beste Variante’?
 

 

“Petunia und ihr Mann, mögen nicht viel oder vielleicht nur Angst für die magische Welt über haben, aber trotz allem sind sie Eltern. Wenn Petunia eins ist, dann Mutter mit Herz und Seele.”

 

Kannte seine Mutter ihre eigene Schwester überhaupt? Obwohl, Dudley gegenüber war Petunia wirklich ‘Mutter mit Herz und Seele’. Und ab und an, gab es diese Momente ja auch ihm selbst gegenüber … wenn auch wirklich selten.

Seufzend strich sich der Elfjährige durch die Haare und versuchte sich wieder auf den Brief zu fokussieren. Weg von Gedanken die ihm eh nichts brachten.
 

 

“Du wirst vieles nicht verstehen. Noch nicht! Und ich habe trotz allem die Hoffnung das ich da sein werde, um dir beim Verstehen der Welt helfen zu können.

Aber nein, seien wir realistisch. Du weißt schon, mein Bauchgefühl …

Harry, in dieser Welt gibt es mehr als schwarz und weiß und manchmal ist jenes, was alle für schlecht halten, gut. Böses kann das sein, was das Richtige ist und die ‘Gemeinschaft’ ist einfach dumm.

 

Mein Kleiner, du wirst schnell merken, dass es eher lohnt auf dein Bauchgefühl zu hören, als auf dass, was all die Erwachsenen um dich herum erzählen.

Ob Zauberer oder Muggel, es sind alles nur Menschen mit Fehlern, Sehnsüchten, Träumen und Hoffnungen. Das Erreichen ihrer Ziele unterscheidet sich in der Art der Mittel. Vernichtend, ignorant und rücksichtslos kann jeder Mensch sein! Die ‘Guten’ sind dabei oftmals gefährlicher, als die ‘Bösen’.

Bilde dir eine eigene Meinung, nichts ist wie es scheint!”

 

“Moment mal …” Aufmerksam las Harry den Absatz und dabei vor allem den letzten Satz wieder und wieder.

Das klang ja wie in dem geheimnisvollen Brief damals. Was stand da damals noch?

 
 

“Lass mich dir zwei Ratschläge geben: Nichts ist wie es scheint und vertraue niemanden!”

 

Konnte der Brief damals von seiner Mutter gewesen sein? Einen den sie, so wie diesen hier, schon vor ihrem Tod geschrieben hatte?

Kopfschüttelnd verwarf er diesen Gedanken. Denn der Brief damals war eindeutig von Jemanden geschrieben worden, der ihn nicht kannte und dieses nachholen wollte. Seine Mutter hatte ihn ja, wie der Brief in den Händen bewies, gekannt. Eine Zeit lang waren sie die beinahe stinknormale Familie Potter gewesen. Vater, Mutter, Kind, Haus und Garten. Der düstere Gedanke ‘bis Voldemort auftauchte’, benebelte seinen Verstand genau so kurz, wie der bittere Zug um seine Lippen auftauchte. Es war den nur kurz vorher gelesenen Zeilen Lily Potters zu verdanken, dass beides schnell wieder verstand.

Sie hatte ihn darum gebeten, eine eigene Meinung zu bilden und nicht einfach alles zu glauben! Wie praktisch, dass ihn das bisherige Leben skeptisch, wenn nicht sogar manchmal realistisch oder gar schon pessimistisch, hatte werden lassen.

Da musste er den Dursleys ja beinahe dankbar sein! Oh, was war er doch für ein Freak!

Kurz lachte er über diesen zynischen Gedanken und widmete sich wieder den wenigen restlichen Zeilen.
 

 

“Oh, ich muss mich beeilen. Schnuffel ist gerade aufgetaucht und ihr beiden tollt wie die Verrückten durch den Garten. Vielleicht stecke ich den Hund einfach mit dir in die Badewanne? Im Fell mögen ihn Grasflecken nicht stören, aber aus Kleidung bekommt man sie auch mit Magie schlecht raus. Das nur als kleiner Haushaltstipp deiner Mutter.”

 

Grinsend wischte sich der kleine Potter die Lachträne aus dem Augenwinkel. Sein Gehirn hatte sich an dem Bild ‘Klein Harry und Hund Schnuffel zusammen in der Badewanne’ aufgehängt. Eine Schaumkrone auf beiden Köpfen und eine lustig dahintreibende Quietscheente, rundeten dabei die Vorstellung ab.
 

 

“James, steht gerade neben mir und schimpft mich eine alte Schwarzseherin … ok, ich zitiere auf seinen persönlichen Wunsch: Du bist schlimmer als die Trelawney, die damals zu Gast in Hogwarts war!

Ja so ist er, dein Dad. Solltest du dieser Dame jemals begegnen, dann weißt du was James meinte.

So ich habe für den Moment alles gesagt und habe einen letzten Rat für dich: Vertraue deinem Bauchgefühl! Deiner Intention!

 

Ich - WIR - lieben dich. Für immer und egal wie du dein Leben führst. Egal welchen Weg du einschlägst! Du bist niemals alleine.”
 

 

Der Potterspross saß sprachlos auf dem Stuhl und blickte, eingehüllt in einem wohlig warmen Gefühl, lächelnd auf das Schriftstück. Seine Eltern … die Liebe zu ihm und die Neckereien untereinander. Auch wenn die Warnung gerade im zweiten Teil deutlich zu lesen war, schob er das undeutliche negative Gefühl von sich. Es wollte sich in ihm aufbauen und seine Gedanken auf die Suche nach dem tieferen Sinn dieses Briefes schicken, doch er weigerte sich. Der gute - so beflügelnde und zugleich berauschende - Gefühlsmix in ihm war einfach zu schön!

 

Gerade als er den Brief wieder zusammen falten wollte, vibrierte dieser plötzlich und neue Zeilen tauchten am unteren Rand auf.
 

 

“Harry, hier ist Dad.

Erzähl deiner Mutter bloß nicht, dass ich mich selber melde. Wo ich sie doch vorhin noch belächelt habe für ihre Sorge. Doch die Wahrheit ist, auf Lilys Intention - Bauchgefühl - war meistens verlass. Sie hat die Welt - Mensch und Tier - schon immer auf eine andere Art wahrgenommen. Wenn du auch nur einen kleinen Teil davon abgekommen hast, dann Prost Mahlzeit Hogwarts. Wenn dann noch ein wenig von mir und den Jungs abgefärbt hat … oh, du wirst so einen Spaß haben. Wenn auch deine Lehrer weniger.

Verspaß es dir jedoch nicht mit Dumbledore! Er mag alt sein, jedoch ist er ein hervorragender Zauberer. Behalte das im Hinterkopf! Alter zählt unter uns Zauberer ganz anders, als bei den Muggeln!

 

So und nach diesem väterlichen Rat, noch etwas, was ich dir gleich in deinen kleinen Sturschädel eintrichtern will. Dass du stur bist, bringt es bei deinen Genen einfach mit sich und dies kannst du jetzt schon gut sein, wenn du den Spinat nicht essen willst. Nur nebenbei, du schuldest mir eine Küchenrenovierung, junger Mann!

Egal was du hörst, liest oder sonst wie mitbekommst:

Ich habe dich immer geliebt!

Ich bereue nichts!

Ich bin stolz, dich als letzten Potter und damit Erben zu wissen!

Du wirst dem Namen Potter viel Ehre und Stolz bringen!

 

Wenn du diesen Abschnitt gelesen hast, wird Griphook dir noch etwas geben. Etwas das ich wenigstens für dich tun kann, was über reines Geld im Verließ hinaus geht.

 

In Liebe, dein Dad.”

 

Gerührt strich der Pottererbe über die Zeilen seines Dads.

Jetzt hatte er von seinen beiden Elternteilen die schriftliche Versicherung, dass sie ihn liebten. Und das fühlte sich gut an! Hätte ihm das jemand vor wenigen Minuten gesagt, hätte er es nicht geglaubt: Es war ein unglaublicher Unterschied ob man es von beiden ‘hörte’ oder bei einem nur vermutete - glaubte - hoffte.

Mit Mühe widerstand er dem Drang lachend und quietschend durch Griphooks Büro zu hüpfen und drückte stattdessen breit grinsend das Schriftstück gegen seinen Brustkorb. Wenn er seine Fantasie ganz doll anstrengende, fühlte es sich beinahe an, als wären seine Eltern jetzt hier und würden ihn in den Arm nehmen.
 

 

Das war auch der Moment, in dem eben jener Bürobesitzer vorsichtig wieder eintrat.

“Wie ich sehe, haben Sie den Brief gelesen”, meinte der alte Kobold und ließ sich wieder auf seinem Stuhl hinter dem Schreibtisch nieder. Nicht eine Sekunde ließ er dabei den jungen Gast aus den Augen.

Griphook hatte nicht zum ersten Mal Briefe an Hinterbliebene übergeben müssen. Die Reaktionen waren sich dabei oftmals nur in dem Punkt gleich, dass sie intensiv waren. Vom ‘beinahe Tod in Tränenmeeren’ bishin zu ‘das Büro zerstörenden Wutausbrüchen’, war alles dabei. Allgemein hatten nur wenige in solchen Augenblicken ihre Gefühle genug unter Kontrolle. Was der Kobold bis zu einem gewissen - geringen - Grad auch noch verstehen und billigen konnte.

 

Ja, die Augen waren gerötet und schimmerten feucht. Doch ansonsten wirkte der Junge ruhig. Aufgewühlt, jedoch zugleich ruhig und vollkommen zufrieden mit sich und der Welt in diesem Augenblick.

Beinahe kam der Kobold sich wie ein Eindringling vor. In seinem EIGENEM Büro!

Kopfschütteln versuchte er dieses Gefühl los zu werden und richtete sich wieder an den Jungen. Sie waren noch nicht fertig.

 

“Mr. Potter, wenn Sie mir noch einen Moment Aufmerksamkeit schenken würden”, meinte er nasal. Blinzelnd tauchte der Pottererbe aus seiner Starre und nickte zaghaft. Den Brief ließ er dabei nicht einen Millimeter sinken.

“Die Potters haben mich vor ihrem Tod zum Nachlassverwalter gemacht. Dies gilt so lange, wie Sie noch nicht volljährig sind. Sie verstehen, was dies bedeutet?”

 

“Dass ich, bis ich achtzehn bin, mein Taschengeld von Ihnen bekommen?”, versuchte es der junge Magier und zuckte grinsend mit den Schultern.

 

Wieder zuckte ein kurzes Schmunzeln an Griphooks Mundwinkel, welches er mit einem “Nein” verscheuchte.

“Erstens sind Sie schon mit siebzehn volljährig. Auf jeden Fall nach magischem Recht. Zweitens bekommen Sie kein Taschengeld.” Der Kobold hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass das Kind wieder nur mit den Schultern zuckte.

“Als Nachlassverwalter behalte ich die Finanzen im Blick, ebenso wie die Immobilien und alle anderen Wertgegenstände. Sie können also nicht einfach irgendwas davon verkaufen. Das Geld für Hogwarts werde ich jeweils für ein Jahr überweisen.”

 

“Ist denn in dem Verlies genug dafür? So ein Internat ist doch bestimmt teuer, oder? Onkel Vernon hat sich immer aufgeregt, wie teuer es doch wäre mich in eine Schule zu schicken. Ich meine … also die ganzen Schulsachen haben ja auch schon ne Menge Münzen gekostet …” Der Junge wirkte irgendwie verlegen. Doch die Fragen des baldigen Hogwartsschüler machte Griphook einiges klar.

Der Junge hatte seltsame Verwandte und keine Vorstellung davon, WER seine Familie war. Was es bedeutete, den Namen ‘Potter' zu tragen. Gut, in dem Punkt konnte er dem Jungen helfen.

 

“Mr. Potter, haben Sie eben zugehört?” Der Ton war vielleicht schärfer als nötig, aber es ging ja auf keine Koboldhaut, dass er schon wieder Gedanken, die beinahe als “nett” durchgingen wegen dem kleinen Potter hatte! Ohne eine Antwort auf die Frage abzuwarten, fuhr er fort.

“Ich bin ein Nachlassverwalter, was nicht notwendig wäre, wenn ihre Eltern arm wären. Das Verlies welches sie gesehen haben, ist jenes mit dem Sie bis zu Ihrem siebzehnten Geburtstag abgedeckt sein sollen. Für die Schulgebühren, haben Ihre Eltern nochmals ein ganz eigenes Verlies angelegt.

 

Das sind auch nicht die einzigen Verliese, welche Ihnen gehören, sobald Sie volljährig sind. Wie ich bereits sagte, wurde ich von Lily Potter, geborene Evans und James Potter dazu bestimmt auch die Immobilien zu betreuen und in Stand zu halten, soweit möglich.”

 

“Immo … Sie meinen WohnungEN, Häuser?”, krächzte sein jünger Gesprächspartner und wirkte als habe man ihm erzählt, dass Kobolde eigentlich Engel wären. Die Augen waren während des Gesprächs immer größer geworden. Als könne der Jüngere immer noch nicht begreifen.

“Aber … Sir, ich verstehe das alles nicht. Es tut mir Leid, wirklich. Ich habe Ihnen wirklich zugehört, aber ich begreife das nicht …” Drei Sätze und mehr emotionale Extreme als manch einer im Leben zusammenbekam. Und zack, war da erneut dieses für Griphook so ungewohnte Gefühl des Mitgefühls.

 

“Mr. Potter, entschuldigen Sie, wenn meine nächste Frage Sie verletzt. Kann es sein, dass Sie nicht viel über die magische Welt und Ihre Familie allgemein wissen?”

Als der Junge beschämt den Kopf sinken ließ, war ihm dies Antwort genug.

Dass er den Jungen grob über die Familie Potter - ihr Ansehen, die Titel, das Geld - aufklärte, rechtfertigte er sich mit der Aufgabe als Nachlassverwalter. Ein unwissender Erbe würde ihm im Laufe der Zeit nur noch mehr Arbeit machen. Jawohl!

“Verstehen Sie jetzt Mr. Potter? In der Muggelwelt mögen Sie nicht viel haben, aber hier”, ausladend deutete er um sich “... haben Sie das sehr wohl. Das Geld der Potters hat sich seit dem ersten Potter vermehrt. Geschickte Hochzeiten haben ihren Teil ebenso dazu beigetragen, wie ein guter Geschäftssinn in einigen Generationen.” Beim Ur-Kobold, seit wann war er - der Oberbankkobold - zum Lehrer verkommen? Dabei waren sie noch nicht einmal zum eigentlichen Anliegen gekommen. Zeit dies endlich in Angriff zu nehmen.

“Aber genug davon. Das können wir noch ein anderes Mal vertiefen.” War vielleicht sowieso besser, denn der kleine Potter wirkte als sei man mit einem Grubenwagen über ihn gefahren - mehrfach - und hätte ihn dann in den Desillusionswasserfall geworfen.

“Weswegen ich Sie heute zu mir gebeten habe, ist der Brief den ich Ihnen schon überreicht habe, sowie dies hier …” Damit öffnete der alte Kobold die oberste Schublade und holte eine verschnürte Pergamentrolle, sowie einen kleinen Beutel heraus. Beides legte er vor dem verwirrten Jungen ab.

“Wie ich sagte, verwalte ich auch Immobilien. Eines davon wollte Ihnen Ihr Vater schon jetzt zukommen lassen. Genauere Informationen dazu, finden Sie in dem Schreiben. Der Schlüssel ist in dem Beutel vor Ihnen.”
 

 

Schweigen. Allerdings nicht in Harrys Kopf. Da tobten die Gedanken wie Martha und Vernon, wenn sie sich über die Politik aufregten.

Das Einzige, was der Junge über die Lippen bekam war ein zögerliches “Danke”, ehe er sich verkrampft lächelnd die beiden Dinge vom Schreibtisch nahm. Es war … schlicht und einfach zu viel. Noch mehr Informationen konnte er einfach nicht ertragen. Unruhig rutschte er wieder auf dem weichen Stuhl hin und her, während er seine neuen ‘Schätze’ an sich drückte.

Das warme, glückliche Gefühl war immer noch in ihm. Doch zugleich war sie da wieder, die Skepsis. Das Gefühl dass etwas nicht stimmte oder besser gesagt er den Kern der Sache übersah. Es klang alles zu schön und einfach, um wahr zu sein. War es dass, was seine Mutter ‘Bauchgefühl’ nannte?

Aus Erfahrung wusste er, dass egal ob er wollte oder nicht, über all dies intensiv nachdenken musste. Und er wusste jetzt schon, dass er zu keiner wirklichen Antwort kommen würde. Auf jeden Fall momentan nicht. Wie frustrierend.

 

“Sie wirken etwas erschöpft, Mr. Potter. Nehmen Sie ihre Sachen und wenn Sie die Fragen sortiert haben, kommen Sie wieder.” Sanft lächelte ihn der sonst so grimmige Kobold an. “Ihr Begleiter ist schon wieder gegangen und ich soll Ihnen mitteilen, dass Sie sich einen schönen Tag machen sollen. Dem schließe ich mich an. Dieses hier …”, dabei deutete das Wesen wage in Richtung Briefe und Beutel, “wird Ihnen nicht weglaufen. Genießen Sie Ihre Ferien und tun, was Menschen dann so tun.”

 

Dass Harry gar nicht so genau wusste, was das war, musste er dem Anderen ja nicht auf die runzlige Nase binden.

 

“Genießen Sie Ihre Kindheit, bevor Hogwarts - Dumbledore - Sie am Wickel hat.” Wieder dieser Name und wieder verfinsterte sich Griphooks Gesicht für einen ganz kurzen Moment. “Ach und Mr. Potter, wenn es Probleme gibt - egal welcher Art - dann kommen Sie im Notfall hier her. Nun, ich denke, das war für heute alles.”

 

Baff konnte der junge Potter nicht anders als den Kobold anzustarren. Warum dieses Angebot? War es weil … nein! Hier und jetzt war nicht der richtige Moment, um mit der Grübelei anzufangen und Griphook hatte klar gemacht, dass das Gespräch beendet war.

So rutschte er von seiner Sitzgelegenheit und lächelte den Bankkobold ehrlich an.

“Vielen Dank, Mr. Griphook.” Dabei reichte er dem Wesen zum Dank und Abschied die Hand, welche dieses zögerlich ergriff.

“Ich weiß Ihr Angebot und auch Ihre Hilfe, sehr zu schätzen und bin Ihnen sehr dankbar dafür.”  Als der Nachlassverwalter schließlich grunzend nickte, ließ er die Hand los und verschwand mit einem “Bis bald” aus der Tür.

 

Wieder in der Winkelgasse merkte er, dass das Gespräch mit dem Kobold wohl doch länger gedauert hatte als gedacht. Einzelne Läden wie der Blumenladen und auch der von der Räucherstäbchen-Dame, wurden schon für die Nacht vorbereitet.

So entschied sich der Elfjährige dazu, erst einmal wieder in die Unterkunft zurück zu kehren.

Er war müde, der Kopf dröhnte von all den Informationen und fühlte sich an, als wolle er gleich platzen. Er musste dringend Ordnung in seine ganzen Gedanken und Vermutungen bringen und dafür fiel ihm niemand besseres als Sanara ein. Der Hunger, der so langsam wieder an die Oberfläche trat, ließ ihn geradezu durch die Straßen huschen.

 

Griphook hatte Recht, er war ein Kind. Er hatte Ferien und er war nicht alleine. Sanara, Tom, die Hauselfen, Griphook und selbst sein baldiger Lehrer hatten ihm mehr oder weniger Hilfe angeboten. Heute würde er noch sich noch einmal selbst beweisen, dass er manchmal erwachsener war als sein Aussehen vermuten ließ. Ab morgen, ja ab morgen ganz gewiss, würde er einfach nur ein unbeschwertes Kind sein!

 

"[...] wenn die Schale bricht."

Zufrieden glitt der junge Potter langsam aus dem Reich der Träume heraus.

Schläfrig streckte er die Hand nach Sanara aus, die eingerollt neben seinem Kopf auf dem Kopfkissen lag.

Hätte ihm das jemand früher gesagt, das Sanara einmal seine Freundin werden würde, dann hätte er wohl gelacht. Hätte dann noch jemand gesagt, dass es eine Schlange sein würde, die seine Gedanken sortierte und ihm Halt, Stärke und Entschlossenheit gab, ja, denjenigen hätte er wohl für verrückt erklärt.

Tja, aber dies alles war die Realität und Harry war sehr, sehr froh darüber!

Leise krabbelte er aus dem Bett und machte sich fertig für den Tag, während er an gestern Abend dachte.
 

 

Sanara! Sanara, wo bist du?” Aufgeregt lief der Junge in Toms geheimen Garten hin und her. Schaute unter Büschen und Hecken, doch er fand seine Schlangenfreundin einfach nicht.

Sanara?”, rief er laut, während er sich um sich selbst drehte. Er musste unbedingt mit ihr über alles reden, sonst würde er bestimmt platzen.

Zwar hatte er auf dem Rückweg auch den Professor getroffen, aber erstens wusste der eindeutig schon genug und zweitens war sein Vertrauen zu diesem dann doch nicht groß genug. Egal wie verschroben nett er auch sein mochte! “Sanara, ich brauch dich!” Dass Tom bei seinem Geschrei noch nicht vorbei gekommen war, lag wohl auch nur an der Schlangensprache.

 

Was brüllst du hier denn so rum, Schlüpfling?”, ertönte es plötzlich neugierig hinter ihm und Harry wirbelte herum.

 

Na endlich! Wo kommst du denn so plötzlich her?”, wollte er von dem Reptil wissen, welches gerade aus Richtung eines großen Rosenbusch auf ihn zu schlängelte.

 

Hier leben noch andere meiner Art und die waren neugierig. Ob du es glaubst oder nicht, dieser Garten ist größer als er aussieht. Ach ja, die anderen Schlangen sehen mich als … wie nennt ihr das? Als Heldin. Verrückt was?” Aufgeregt wippte das Reptil hin und her.

 

Echt? Wieso denn das?” Langsam ließ der junge Potter sich im Gras nieder und streichelte sanft über den Kopf seiner Schlangenfreundin.

 

Na, wegen dir. Weil ich es mich nicht nur traue mit einer Schlangenzunge zu reden, sondern ihn auch noch als Freund und Schlüpfling bezeichne.” Keck zwinkerte Sanara ihm zu, ehe sie ihm den Kopf an die Hand drückte.

 

Alte Kuschelschlange! Doch diesen Kommentar verkniff er sich besser. Stattdessen erkundigte er sich, was Sanara meinte. So deckte er eine weitere Absurdität auf: Die Schlangen hatten genau so viel Angst vor Menschen die mit Schlangen sprechen konnten, wie Zauberer. Unter Schlangen galten diese Menschen als böse Legende. Unter den Zauberer war es ja nicht viel anders. Diesen Gedanken benickte sie ebenso, wie sie Harrys Überlegung teilte, dass dies alles irgendwie mit Voldemort zu tun hatte. Der war ja nunmal ein böser Zauberer und beherrschte laut Hagrid die Schlangensprache. Kein Wunder also, dass beide Seiten Probleme damit hatten.

Wie er auch Sanara mitteilte, hatte er keine Probleme damit diesen Gedankengang nachzuvollziehen, doch für sich selbst fand er ihn … albern.

Dudley hatte es geliebt ihn mit dem Smeltingstock zu piesacken, doch deswegen war nicht der Stab böse oder schlecht.

 

Es kommt doch immer noch auf die Person, die es einsetzt, an. Oder sehe ich das so falsch?” Gedankenverloren stützte er sich nach hinten auf den Händen ab und blickte in den immer dunkler werdenden Himmel.

 

Nein, Kleiner. Du bist nur klüger als große Zweibeiner.” Entschlossen nickte das Reptil. “Aber nun erzähle mir, warum du vorhin so laut warst.”

 

Und das tat Harry. Er las ihr sogar die Briefe vor. “Was mich verwirrt ist das Gefühl, dass mehr hinter dem Ganzen steckt. Meine Ma nennt es Bauchgefühl und sagt ich soll mich darauf verlassen. Und dann der Brief meines Dads. Dieses Haus … warum gibt er mir den Schlüssel dafür? Wo er doch meine Mutter quasi als gefühlsduselige Närrin abgetan hat. Versteh mich nicht falsch, ich bin unglaublich glücklich über diese Briefe. Endlich weiß ich, dass die Dursleys immer nur gelogen haben, denn meine Eltern haben mich geliebt! Ich lag ihnen genug am Herzen, dass sie diese Briefe geschrieben haben. Dass sie Griphook gebeten haben auf all das was ich anscheinend einmal erbe, aufzupassen. Aber gleichzeitig fühle ich mich dadurch … bin ich dadurch … ach verdammt.” Verzweifelt ob der Situation und der Unfähigkeit das Gefühlschaos in richtige Worte zu packen, ließ er sich nach vorne sinken und vergrub das Gesicht in den Händen.

 

Verwirrt? Von der Sonne geblendet? Ist es das, was du meintest?”

 

Mehr als ein Nicken bekam er nicht zustande, spürte er doch den dicken Kloß im Hals und die Tränen, die hinter seinen Augen brannten.

 

Bei uns Schlangen gibt es ein Sprichwort: ‘Ob es zwei Köpfe sind, weißt du erst wenn die Schale bricht.’

Erst wenn es an der Zeit ist, erfährt man alles. Mein Kleiner, ich verstehe dich und deinen Wunsch nach Informationen. Doch alles hat seine Zeit im Leben. Irgendwann ist es so weit. Aber bis dahin …”
 

Bis dahin muss ich einfach mit der Unwissenheit leben?”, meinte Harry bitter und schnaubte.

 

Nein, Schlüpfling. Bis dahin werden wir beide einfach lauschen und versuchen so die Schale schneller zu knacken. Ich verstehe vielleicht nicht alles was deine Eltern geschrieben haben, aber ich weiß, dass es dich traurig macht und das will ich nicht.” Sanft drückte sich das Reptil unter den Händen durch und schmiegte sich an seinen Hals. “Solange wir unsere Ahnen in uns tragen und durch sie lernen, werden wir stärker. Das war einer der wenigen Ratschläge die meine Mutter uns jungen Schlangen mit auf den Weg gab. Und glaube mir, es hat mir geholfen. Meine Instinkte und Fähigkeiten waren durch meine Vorfahren angelegt und dadurch hatte ich eine Grundlage zum Ausbauen. Und weißt du noch was? Auch wenn es uns um Blut liegt uns als Einzelgänger aufzuhalten, sind wir doch manchmal einsam. Doch das Gefühl, dass meine Ahnen immer bei mir waren, hat mir Kraft gegeben. Ich konnte niemals alleine sein, weil sie in meinem Blut - Herz, Seele, waren und immer sind. Genau so mein Kleiner, ist es auch bei dir.”

 

Stumm dachte der Junge über Sanaras Worte nach.

Du meinst also, ich soll abwarten, weil ich irgendwann alles erfahre. Du sagst, die Informationen sind hier”, dabei deutete er um sich “... und wir müssen nur zuhören?”

 

Und was sagte ich noch?”, wisperte es sanft in der Nähe seines Ohrs.

 

Dass …”, kurz grübelte er wieder und suchte die Kernaussage in Sanaras manchmal doch recht wirren Aussagen. “Ich auf mein Bauchgefühl - die Instinkte - verlassen soll?” Das Nicken an seinem Hals ermutigte ihn dazu weiter zu reden. “Dass, auch wenn ich sie nicht sehe, meine Eltern bei mir sind. Weil … weil sie mich geliebt haben und … ähm, weil ich ihr Sohn bin und somit immer ein Teil von ihnen bei mir ist.” Dies selbst noch einmal ausgesprochen, spürte der Potter, wie recht Sanara doch hatte. Wie logisch das Ganze doch war!

 

Siehst du mein Kleiner, du bist schlauer als andere Zweibeiner.” Deutlich hörte Harry den Stolz aus diesem Satz heraus und so nahm er das Reptil in den Arm und drückte ihr einen Kuss auf die Schuppen.

 

Ich bin so froh, dass ich dich getroffen habe, Sanara. Ich danke dir für alles”, flüsterte er glücklich und es störte ihn auch gar nicht, dass das Reptil darauf nichts erwiderte. Dass sie ihren Kopf an ihm rieb, anstatt von ihm zu weichen, genügte ihm vollkommen. Die leisen Zischgeräusche die sie immer wieder von sich gab, beruhigte ihn. Denn Sanara hatte recht, irgendwann würde er erfahren warum er dieses komische Gefühl hatte.

 

Ich bin Harry. Harry Potter. Der Sohn von Lily und James Potter. Baldiger Hogwartsschüler und meine beste Freundin und Vertraute ist eine sehr kluge Schlange, namens Sanara.” Dies sagte er eher zu sich selbst, als zu seiner Freundin. Und er beschloss, dass er sich danach benehmen würde. Denn ihm kam ein Gedanke: Konnte sein ungewollter Ruhm vielleicht auch für etwas gut sein? Vielleicht angefangen dabei zu zeigen, dass die Schlangensprache nicht böse war?

 

Sanara … weißt du … also …”, ratlos wie sie das Folgende aufnehmen würde, biss sich der Junge auf die Unterlippe.

Schließlich holte er tief Luft und nahm Sanara hoch, sodass er sie direkt angucken konnte. Für diesen irgendwie verrückten Gedanken, den er eben bekommen hatte, brauchte er das Reptil zur Unterstützung.

Also, ich will mich nicht mehr nur verstecken, weil ich nicht auffallen will. Ich will ein normales Kind sein. Und ich will dich nicht immer verstecken, denn ich bin sehr froh dich an meiner Seite zu haben. Wenn du irgendwo mit hinkommst, kannst du dich verstecken, musst es aber nicht. Und wenn wir reden wollen, tun wir das einfach. Was hälst du davon?”

 

Eine Zeit lang geschah nichts, doch dann nickte Sanara entschlossen und Harry drückte sie freudig quietschend wieder an sich.

 

Schlüpfling … Kleiner … ich krieg keine Luft … mehr”, japste die Schlange schließlich, woraufhin Harry sie eilig losließ.

 

Entschuldige”, nuschelte er verlegen, aber immer noch breit grinsend und legte Sanara neben seinen Beinen ab.

Was hälst du davon wenn ich Löffli wegen einem Abendbrot frage und du mir dann deine Schuppenfreunde vorstellst. Dann können wir Ihnen gleich zeigen, dass ich gar nicht so böse bin.”

 

Nach einem kurzen Augenblick nickt die Schlange schließlich leise, woraufhin Harry aufsprang und mit einem “Dann bis gleich!” aus dem Garten verschwand.
 

 

Stolz blickte Sanara immer wieder zu ihrem Schlüpfling. Der Kleine war wirklich etwas Besonderes! Obwohl die dicken Zweibeiner in seinem Heimatgarten nicht nett zu ihm gewesen waren, war der Junge freundlich, respektvoll, hilfsbereit und manchmal vielleicht ein wenig naiv.

Doch sie wollte den Kleinen nicht genauer danach befragen. Zu viel musste dieser schon bedenken. Zu viel fraß unter seinen Schuppen wie ein Parasit.

Sanara konnte nicht anders als zugleich sorgenvoll und stolz über Harry zu denken.

Auch wenn sie eine sonst so auf Instinkte und rein faktisch agierende Schlange war, so sehr verwirrte sie auch die Wust an Neuigkeiten. Machte sie neugierig auf mehr.

Wieder mal stellte sie fest, dass ihr kleiner Schlüpfling sie ordentlich verändert hatte und das nicht zum Negativen!

 

Sollten eine der anderen Schlangen in diesem Garten nach dem Gespräch mit Harry immer noch der Meinung sein, ein Zischler wäre gefährlich und böse, dann … ja dann musste sie diese wohl töten. Denn dann war diese Artgenossin einfach zu dumm um zu leben.

 

Er ist wirklich nicht wie ich erwartet”, zischte ein älteres Männchen plötzlich dicht neben ihr.
 

Hab ich doch gesagt, aber ihr wolltet es mir ja nicht glauben. Der Schlüpfling ist zu nett, um böse zu sein. Er begreift gar nicht, welche Macht er dadurch haben könnte und von selbst wenn, er würde es nicht nutzen. Er hat sogar um eine verstorbene Eule getrauert, die in den Garten gefallen ist.” Kopfschüttelnd erinnerte sie sich an die Verzweiflung Harrys zu dem Zeitpunkt.

Bleibt zu hoffen, dass er so bleibt und die Legende nicht erneut wahr wird.” Damit entfernte sich das Reptil wieder und verschwand in der Dunkelheit des Gartens.
 

 

Vollkommen überdreht lag der junge Potter eine ganze Zeit lang später in seinem weichen Bett. Neben sich auf dem Kopfkissen Sanara, die einfach nur seinem Geplapper lauschte.

Sanara, hast du gesehen wie sie geguckt haben, als Scotchi auch Mäuse und gerupfte Vögel mitgebracht hat? Diese Kleine aus Japan hat sich auch direkt erstmal an dem Vogel verschluckt. Dass ihr Schlangen das überhaupt könnt … ich meine klar, die Mäuse und Vögel tun mir schon leid, aber ihr müsst ja auch irgendwas essen, nicht wahr?

Am Anfang waren sie noch voll vorsichtig und am Ende wollten sie gar nicht dass wir gehen. Wollten, dass wir im Garten schlafen. Vielleicht ja morgen? Oh, Tschaka, die Schlange die Tom unbeabsichtigt aus Sibirien eingeschleppt hat, sagt, du hättest Glück mit mir, darauf hab ich gesagt es wäre andersrum. Wusstest du, dass man ihr anhört, dass sie nicht von hier kommt? Interessant oder?”

 

Kleiner … schlaf!”, kam es streng von dem Reptil. “Du hast heute eine Menge erfahren und erlebt. Ruh dich aus. Über die anderen reden wir Morgen.”

 

Ich dachte, ihr Schlangen wärt eher so die Kategorie nachtaktiv?”  Zu überdreht um auch nur an Schlaf zu denken, drehte er sich auf die Seite und fixierte das Reptil.

 

Du gibst keine Ruhe, was? Also gut. Wir passen uns vor allem an die Umgebung und das Nahrungsangebot an. Ich bin … naja auf jeden Fall bist du tagsüber wach und nicht nachts. Wenn ich Zeit mit dir verbringen will, muss ich also tagaktiv sein. Auch muss ich nicht nachts jagen gehen, da du mich mitversorgen kannst.”

 

Das heißt, ich halte dich vom Schlaf ab und mache dich faul?”

 

Wenn du nicht langsam aufhörst, ersticke ich dich!” Drohend fauchte das Reptil in seine Richtung, doch Harry hatte nur ein überdrehtes Kichern dafür über.

 

Du bist niedlich, Sanara”, unkte der Junge und hauchte seiner besten Freundin einen Kuss auf den Kopf. “Schlaf gut”, wisperte er noch, ehe die Müdigkeit ihn hinterrücks attackierte und in den Schlaf beförderte.

Ich bin der elfjährige Harry Potter, der Freund der Schlangen und Sohn von Helden, war der letzte bewusste Gedanke, ehe er wirklich einschlief. Mit einem Lächeln auf den Lippen und einer Hand auf der gleichmäßig atmenden Sanara.
 

 

Relativ zufrieden mit der Situation, streckte sich der Potter und freute sich auf den heutigen Tag. Ferien genießen und einfach Kind sein stand auf dem Programm! Skeptisch musternd blickte er in den Spiegel.

Wie war man ein Kind?
 

 

Dass ein einfaches Frühstück aus Brot, Rührei und gebratenem Speck zu einem mittelschweren Desaster führen konnte, hätte der-Junge-der-lebt auch nicht gedacht. Auf jeden Fall bis vor wenigen Minuten.

Da war er gerade dabei gewesen das Rührei anzurühren, als es leise ploppte und Scotchi im Zimmer erschien.

“Scotchi wollte sehen, ob kleiner Potter schon wach ist und ob Scotchi …”, kommentierte die Hauselfe ihr erscheinen und unterbrach sich selbst, als sie Harry am Herd stehen sah.

“Guten Morgen Scotchi.” Lächelnd blickte er kurz über die Schulter, bevor er sich wieder der Eimasse zuwandte. Dadurch sah er nicht den enttäuscht-schockierten Blick Scotchis und deren Reaktion traf ihn vollkommen unvorbereitet.

 

“Mr. Potter mag Scotchi nicht mehr! Scotchi war zu langsam. Hat Aufgaben nicht richtig erledigt. Scotchi ist eine so schlechte Hauselfe!” Immer weiter steigerte sich das kleine Wesen in ihren Wahn hinein, bis ihr schließlich dicke Tränen über das einzige Gesicht liefen.

 

Überrumpelt vergaß der Junge sein Frühstück und eilte zu seiner Elfen Freundin herüber. Vor dem am Boden zerstörten Wesen kniend, versuchte er diese zu beruhigen. Er verstand nicht so genau, was hier passiert war, aber die kleine Hauselfe sollte aufhören zu weinen und klagen.

“Scotchi hey… bitte beruhig dich doch. Was ist denn los?” Doch anscheinend war dies die falsche Frage, denn Scotchi quietschte laut auf und ein neuer Schwall Tränen floss. Wortfetzen wie “Bett gemacht”, “Essen”, “Scotchi zu langsam”, “will uns nicht”, erklangen zusammenhangslos und abgehakt. Worte, die für den jungen Potter keinen Sinn ergaben. So tat er vollkommen überfordert das Einzige, das ihm auf die schnelle einfiel und umarmte die Hauselfendame.

Was zum Kuckuck war nur passiert, dass Scotchi so außer sich war? Was hatte er falsch gemacht? Er hatte heute Morgen doch nur routiniert geduscht, sein Bett gemacht und sich dann ein Frühstück zubereitet. Und kaum hatte er den Morgen überdacht, machte es Klick beim ihm. Was war er doch für ein dummer Junge!

 

Sanft legte er die Hände an die Oberarme der Elfe und drückte das ausgelöste Wesen von sich.

“Scotchi … Scotchi, hey!” Es dauerte einen Augenblick, ehe er zu seiner kleinen Freundin durchdrang. Mit hängenden Ohren und immer noch leise mit sich selbst redend, blickte sie ihn schließlich an.

“Scotchi, ist es, weil ich aufgeräumt habe und koche?” Das Gefragte wieder anfing mit sich selbst zu schimpfen, nahm er als Bestätigung. Dass er einmal durch für ihn alltägliche Dinge ein schlechtes Gewissen kriegen würde, hatte er auch niemals geglaubt. “Scotchi, hör auf!” Strenger als gewollt war sein Ton, doch anscheinend hatte dies Erfolg. Wendete sich die Elfe mit Schluckauf doch ihm wieder zu.

Innerlich verfluchte er sich selbst, nicht bedacht zu haben, wie es auf die Hauselfen wirken musste. Vor allem weil Scotchi schon einmal die Ohren hängen gelassen hatte, als er sie vom Aufräumen abhalten wollte.

“Also … es tut mir Leid, Scotchi. Bitte glaub mir, ich wollte weder dir noch Löffli vor den Kopf stoßen. Dafür wart ihr viel zu nett zu mir, habt mir geholfen und so lecker Essen gekocht.”

 

“Mr. Harry Potter Sir ist nicht böse auf die Elfen … und entschuldigt sich? Sir ist viel zu nett zu Scotchi!”, kiekste die Elfe und ein neuer Strom Tränen ran über das kleine Gesicht. Doch Harry nahm es als gutes Zeichen, dass die Ohren sich ein Stück gehoben und gezuckt hatten.

 

“Scotchi, ach wie erkläre ich es dir? Ich mache das weil es normal für mich ist.”

Mit großen Augen blickte die Hauselfe ihn an und so seufzte er tief während er sich gemütlicher hinsetzte und weihte das kleine Wesen ein.

Gab ihr einen groben Umriss seines Lebens bei den Dursleys. Versuchte ihr klar zu machen, dass er eine sehr gute Vorstellung von den Aufgaben und Problemen einer Hauselfe hatte. Versuchte ihr klar zu machen, dass es komisch war, plötzlich so viel Zeit für sich zu haben und nicht mehr für sich und andere zu sorgen.

Wieder hatte er das Gefühl, mehr gesagt zu haben als gewollt, so wie sich der Blick seiner Zuhörerin ab und an verfinstert hatte, doch das musste er leider in Kauf nehmen.

“Verstehst du jetzt, dass ich es wirklich nicht böse meine? Ich finde es klasse was ihr leistet!”, schloss er seine Erzählung ab und blickte die Elfe hoffnungsvoll an. Er konnte den Gedanken, dass Scotchi ihn nun nicht mehr leiden konnte, einfach nicht ertragen. Er wollte sich diese ungewöhnliche Freundschaft einfach nicht durch sein unbedachtes Verhalten kaputt machen!

 

Nach einem kurzen Moment nickte die Elfe schließlich wieder. Mit aufgestellten Ohren ergriff das kleine Wesen vorsichtig seine Hände.

“Harry Potter Sir, ist ein netter Junge. Scotchi versteht Mr. Potters Wunsch nach Arbeit. Aber Scotchi möchte helfen.”

So traf das ungewöhnliche Gespann eine Abmachung: Scotchi würde am Morgen nachfragen, wie sie dem jungen Zauberer helfen konnte und was dieser selbst erledigen wollte. Sei es nun Essen, einkaufen oder aufräumen. Beide würden sie nicht böse oder traurig werden, sollte einer von ihnen doch mal in alte Verhaltensmuster zurückfallen.

Dies war der Anfang einer mehr als ungewöhnlichen Freundschaft und das erste bewusste Friedensabkommen, welches der junge Potter schloss.

 

Der falsche Weg

Vorsichtig war Harry einige Zeit später,durch den Tropfenden Kessel, mit Ziel Küche, gehuscht. Es war gar nicht so einfach, nicht gesehen zu werden, wenn der Gastraum voll mit Kundschaft war. Wie sein nicht vorhandenes Glück es wollte, hatte er natürlich nicht den Professor getroffen. Und darauf eine der Elfen einfach ins Zimmer zu rufen, war er auch erst gekommen, als er in dem dunklen Flur in der Nähe der Küche angekommen war. Wenn er schon Mal hier war, konnte er auch gleich Sanara in den Garten bringen, damit diese noch ein wenig Sonne tanken konnte.

Kaum war die Holztür hinter ihm zugefallen, bemerkte er, dass sie nicht alleine waren.

Auf der Bank an den strahlenden Rosenbüschen saß Tom, blickte in den Himmel und zog genüsslich an einer Zigarette.

“Oh, entschuldigen Sie bitte”, stotterte der Potter und wollte schon wieder verschwinden, doch Tom hielt ihn auf.

“Komm ruhig her, kleiner Mr. Potter.” Milde lächelnd und dabei die wenigen Zahnstumpen offenbarend, klopfte der Erwachsene neben sich auf die Bank. “Du sollst mich doch Tom nennen. Mit meinen Elfen bist du ja auch per Du, wenn ich Scotchi richtig verstanden habe.”

“Äh … ja, Sir”, murmelte der Kleinere und ließ sich vorsichtig auf der Bank nieder. Sanara unter dem Oberteil an sich gepresst.
 

 

Kleiner, lass mich runter”, forderte das Reptil und zappelte.
 

 

Tom ist hier …”
 

 

Erinnerst du dich an unser gestriges Gespräch?” Kurz schwieg der Potter, doch dann konnte er nicht anders, als Sanara Recht zu geben. Egal wie leise sie gesprochen hatten, er saß nah genug an dem Wirt, dass dieser die Geräusche gehört hatte.
 

 

“Geht es dir gut, Junge?”
 

 

“Ähm … ja.” Noch einmal atmete er tief durch, griff unter sein Shirt und befreite die zappelnde Glattschlange.

Lächelnd ließ er seine ungeduldige Freundin sanft im Gras nieder, ehe er sich behutsam in Richtung des alten Wirtes drehte.

“Ich habe nur mit meiner Freundin gesprochen. Tom … das ist Sanara. Sanara, das ist Tom, der Wirt.” Das beruhigende Lächeln weiter auf den Lippen, hatte er während dieser Vorstellung zwischen den beiden Parteien hin und her gezeigt. Für das Reptil war damit alles gesagt und sie verschwand, nach einem Nicken in Richtung des Erwachsenen, im Unterholz. Übrig blieb nur das raschelnde Geräusch des Gestrüpps und ein zusammenhangslos stotternder Gasthofbesitzer.
 

 

“Bei Merlins Bart … wusste, du hasten Haustier ...dass ich das noch einmal höre …” Mit großen Augen starrte der Wirt ihn an. “Das … das ist … das ist nicht möglich … unnormal … wie … nie wieder wollte ich …” Hektisch sprang der Ältere auf und starrte auf Harry nieder.

Diese Mischung aus Skepsis, blanker Angst und Wut gab Harry ein ganz schlechtes Gefühl. Augenblicklich bereute er es, sich dem Aoffenbart zu haben. Warum hatte er nicht einfach auf Hagrids Mahnung gehört?

“Das … das ist böse …”, stotterte Tom und wich noch einen Schritt zurück. Der Blick huschte immer wieder zwischen Harry und der Tür hin und her. Die Hand des Erwachsenen nestelte unruhig an der Hosentasche herum und Harrys schlechte Gefühl verstärkte sich. Sein Gefühl sagte ihm, dass er verschwinden sollte, doch er weigerte sich. Zu stur war der kindliche Gedanke, dass Tom schon ein Einsehen haben würde. Dass der zahnlose Wirt begreifen würde, dass nichts an dieser Situation böse war.

So tat er entgegen seines Bauchgefühls nichts weiter, als den Kopf hängen zu lassen und abzuwarten.
 

 

Eine gefühlte Ewigkeit geschah nichts, doch dann begann der Gasthausbesitzer wieder zu reden. “Das letzte Mal hörte ich Parsel im Krieg. Voldemort persönlich kam in die Winkelgasse … und mähte mit mehreren Schlangen dutzende Menschen nieder. Es war grausam. Ich habe viel gesehen in meinem Leben, aber das Geschrei, das Blut und das Leid … alles nur durch ein paar gezischte Laute.”
 

 

Vorsichtig schielte Harry zu dem Älteren herüber und sah dass dieser deutlich zitterte und wohl einen Flashback hatte. Etwas, was er nur zu gut kannte, nach einer von Onkel Vernons Attacken oder dem Mobbing in der Schule. Gedanken, die einen von der Realität entfernen und gefangen halten konnten …
 

 

“Und doch war es nicht die Schlangensprache, sondern Voldemor …”
 

 

“SPRICH DEN NAMEN NICHT AUS!”, fiel der Ältere ihm streng und laut ins Wort und zog energisch an der fast verglimmten Zigarette.
 

 

“...t”, gab Harry trotzdem hinterher. Entschlossen blickte er in Richtung des Erwachsenen, welcher nochmals einen Schritt zurück wich und beinahe in den Rosenbusch kippte.

“Tom … ich bin der ‘Junge der lebt’, ich kann genau wie er die Schlangensprache, sag mir, hälst du mich für Böse?” Es war keine Frage, die den Erwachsenen zum Umdenken bringen sollte, sondern auch für Harry selbst wichtig war. War er ein Monster ohne es zu wissen?

Mit zusammengezogenen Augenbrauen starrte der Wirt zurück und schien ernsthaft darüber nachzudenken. “Was … nein?”
 

 

Zufrieden nickte der Potter, auch wenn sich der Ältere noch nicht ganz sicher zu sein schien.

“Du bist ein wirklich merkwürdiger Junge, Kleiner! Ob das nun gut ist, oder schlecht … man wird es sehen. Ich behalte dich genau im Auge und wenn du dich auch nur ein bisschen daneben benimmst, schmeiße ich dich raus. Nur dass das klar ist. Da stören mich auch Dumbledores Befehle wenig! Ist schließlich mein Lokal!” Die Skepsis war noch deutlich in den Augen des Kahlköpfigen zu lesen, doch nun wieder etwas entschlossener, verschränkte der Erwachsene die Arme.
 

 

Stumm nickte der Jüngere. Überwacht und kontrolliert zu werden, bei jedem Schritt, war ja nun wirklich nichts neues für ihn. Leider.

“Und kein Parsel wenn Andere dabei sind! Ich kann auf eine Massenpanik genauso verzichten, wie auf einen Groupieansturm. Mach weiter so wie bisher und wir beide kommen bis Ende der Ferien gut miteinander aus.”
 

 

“Ja, Sir”, gab Harry nur murmelnd zurück und senkte den Blick erneut. Von dem Stimmungswechsel des Anderen, fühlte er sich ganz schwindelig. Hatte Tom jetzt Angst vor ihm, oder nicht? Mochte er ihn, oder nicht? Ach wie einfach und verständlich doch das Leben bei den Dursleys plötzlich wieder schien. Vielleicht sollte er einfach dahin zurückkehren bis zum Ende der Ferien?
 

 

“Also dann …” Das klicken des Türgriffs erklang leise.

Abrupt hob Harry wieder den Blick. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass Tom wieder zur Tür gegangen war und den Garten verlassen wollte.

“Äh, Tom. Ich wollte eigentlich fragen, ob irgendeine Nachricht von Hagrid kam. Ich meine, wann er wieder kommt. Ich muss ja noch fertig einkaufen …”, ratlos zuckte er mit den Schultern. Denn dies war ja überhaupt der Grund gewesen, warum er das sichere Zimmer verlassen hatte.

“Nein, tut mir Leid. Die letzte Nachricht die ich bekam, war, dass es dauern kann, bis er wieder her kommen kann. Vielleicht schickt Dumbledore ja jemand anderes? Obwohl, Mr. Quirrell ist doch auch Lehrer von Hogwarts.” Damit verschwand der Erwachsene schon beinahe fluchtartig. Einen frustrierten Harry hinter sich lassen.
 

 

Der junge Potter wusste im Augenblick nicht so genau, was er fühlen oder denken wollte. Er wusste nur, die Angst der Erwachsenen nervte ihn. Dieser Voldemort hatte wirklich schlimmes angestellt, doch laut Hagrid hatte Harry ihn ja als Baby besiegt. Das Ganze war über zehn Jahre her … und warum ließ sich eigentlich Hagrid nicht mehr blicken? Seufzend legte er sich auf die Bank und starrte in den Himmel, sprang jedoch direkt wieder auf. Nein! Er wollte jetzt nicht mehr nachdenken, denn er hatte sich vorgenommen auf Griphook zu hören. Einfach ein Kind zu sein und Spaß zu haben.

Nach kurzer Suche hatte er Sanara gefunden und weite sie darin ein, dass er jetzt in die Winkelgasse gehen wollte. Das leckere Eis mit den tanzenden Schokobären war jetzt genau das richtige, gegen schlechte Laune! Auch wenn die Schlange nichts gegen einen Tag im Garten gehabt hatte, kroch sie doch wieder unter das dünne Oberteil und wickelte sich um die Taille des Jungen. Laut Sanara musste ja einer auf ihren Kleinen aufpassen, dass er sich nicht verirrte.
 

 

So streifte nur einige Zeit später ein relativ gut gelaunter Harry Potter durch die Winkelgasse. Er hatte noch kurz mit Scotchi gesprochen, die ihm nicht nur wieder die Haare verändert, sondern auch versprochen hatte dem Professor Bescheid zu geben. Aber irgendwas sagte Harry, dass der ihn auch so finden würde. Schließlich hatte dieser ja gestern einen Zauber dafür auf ihn gelegt.

Die Sonne schien und so setzte er sich mit dem gekauften Eis in einen kleinen Park.

Eigentlich eher eine Wiese, mit drei Bäumen, direkt neben einem Spielplatz, doch Harry war es ganz recht.

Der Spielplatz war ganz ähnlich derer, die er von Little Whinging kannte und doch … doch ganz anders. Sicherer. Denn als ein kleines Mädchen vom Klettergerüst gefallen war, war aus dem nichts eine Matte unter ihr erschienen. Faszinierend!
 

 

Als auch der letzte Schokobär und Tropfen Eis vertilgt war, beschlossen die beiden Freunde eine Erkundungstour durch die Winkelgasse zu machen. Ganz im Sinne ihrer Streifzüge durch Little Whinging.
 

 

So schauten sie sich zahlreiche Geschäfte an. Bestaunten Schaufenster und beinahe hätte Harry Sanara zerquetscht, während er sich am Fenster des Quidditchladens die Nase platt drückte. Doch er ging nicht hinein und begründete es damit, dass er ja eh keinen Besen haben durfte.

Laut dem Brief seiner Mutter, wurde in Hogwarts Quidditch gespielt und er freute sich darauf einmal dieses Spiel mit anzusehen. So richtig konnte er sich nämlich darunter nichts vorstellen. Vielleicht fand er ja ein Buch dazu?

Entschlossen machte er sich auf den Weg in den Bücherladen.
 

 

Doch leider bewies sich, dass sein Orientierungsvermögen in der magischen Gasse wirklich noch nicht das Beste war und so landete er gedankenverloren, anstatt am Bücherladen, in einer schmalen dunklen Gasse. War er hier letztes Mal auch gewesen? Zögerlich ging er weiter hinein. Es könnte gut sein, denn schließlich war er durch Lektüre und später der Sorge um Sanara ziemlich abgelenkt gewesen.

Alles in Ordnung, Harry? Du wirkst komisch”, kam es besorgt von Sanara unter dem weiten T-Shirt hervor.
 

 

Hmm? Ja … alles gut. Ich frage mich nur, ob ich richtig gelaufen bin …” Unsicher schritt er weiter und suchte nach etwas, dass ihm bekannt vorkam.
 

 

Lass mich mal schaun…” Damit schlängelte sich das Reptil empor, durch den Kragen hinaus und legte sich musternd um seinen Hals. Die Zunge immer wieder prüfend durch die Luft schnellend.

Hmm … es riecht hier anders. Modriger … älter … dunkler …”, sinnierte die Schlange und wiegte ihren Kopf dabei hin und her.
 

 

Vielleicht müssen wir hier nur durch und dann …”
 

 

Willst du dir dieses Abenteuer entgehen lassen? Ich bin ja bei dir.”  Aufmunternd drückte seine Freundin kurz ihren Kopf gegen Harrys Wange.
 

 

Ok … auf in ein neues Abenteuer. Nur nicht, dass du mir wieder in Angst verfällst, wenn eine Katze auftaucht”, zog er die Glattschlange auf, um die Unsicherheit zu überspielen. Natürlich stieg Sanara sofort darauf ein und so bahnte sich der junge Potter seinen Weg durch die unbekannte, dunkle und verwinkelte Gasse. Die kleinen Albernheiten mit Sanara entspannten ihn.
 

 

Leise lachend trat Harry unter einem Steinbogen hervor und blieb überrumpelt stehen. Plötzlich stand er am Rand eines großen Platzes. In der Mitte war ein plätschernder Brunnen, in dessen Mitte wiederum mehrere Skulpturen standen.
 

 

“Wow”, hauchte der Junge und trat mit großen Augen näher.

Die Skulpturen waren aus schwarzem, matt glänzendem, Material. Die Mischung aus aufspritzendem Wasser und Sonne, gaben ihnen ein ganz mystisches Aussehen. Gebannt legte er den Kopf schief und betrachtete die einzelnen Figuren.

Da war ein Pferd mit Menschen Oberkörper - oder ein Mensch mit Pferdepo? -,  ein zähnefletschender Wolf und im Hintergrund eine sehr viel grössere Gestalt mit Keule in der Hand. Doch dass, was Harry am meisten faszinierte, war die Skultpur in der Mitte.

Es war eine Schlange, welche sich um einen Stab nach oben schlängelte. Die einzige Figur, die sich bewegte und die farbige Augen hatte. Grüne Steine leuchteten in der Sonne und ließen die Skulptur irgendwie lebendig wirken.
 

 

Sanaradas hier ist soooo cool!”, wisperte der Junge fasziniert und trat noch näher. “Die Schlange sieht so hübsch aus.”

Hatte die Skulpturschlange gerade in seine Richtung geblinzelnd? Nein, bestimmt nicht. Aber wie sie sich wohl anfühlte? Mit ausgestreckter Hand ging er näher heran. Eine scharfe Stimme ließ ihn jedoch in der Bewegung innehalten.
 

 

“Keinen Schritt weiter, junger Mann.”
 

 

Verschreckt quietschte der Angesprochene, wirbelte herum und starrte den Fremden an. Sein Herz schlug so schnell wie nach einem Marathon.
 

 

Wo kommt der denn her?”, zischelte Sanara leise, hob ihren Kopf und züngelte in Richtung des fremden Mannes.

Dass Sanara den Fremden auch nicht bemerkt hatte, beruhigte Harry nur mäßig.
 

 

“Kunst kann einen in ihren Bann ziehen, doch man sollte sie niemals anfassen wollen …” Damit trat der Erwachsene an ihm vorbei und hob einen kleinen Stein auf. Mit immer noch großen Augen beobachtete der Junge, wie der Andere diesen mit einem ‘Plopp’ ins Wasser schmiss. Doch entgegen seiner Annahme, versank der Stein immer tiefer bis er ihn nicht mehr sah.
 

 

“Sie wären ziemlich nass geworden, da dieser Brunnen tiefer als normal ist”, stellte der blonde Erwachsene nüchtern fest und Harry spürte den musternden Blick des Erwachsenen. Wie Harry das doch hasste! Sollte dieser Zauber vom Professor nicht eigentlich noch wirken? Eigentlich sollte er doch unsichtbar - oder so - für Andere sein.
 

 

“Äh … danke, Sir.” Unwohl trat der Potter einen Schritt weg. “Ich … geh dann mal wieder … ich bin hier wohl eh falsch ...”

Verkrampft lächelnd, nickte er in Richtung des Blonden und wollte sich schon abwenden, als der Andere erneut sprach.
 

 

“Sie sind nicht von hier, nicht wahr?” Es wirkte mehr wie eine Feststellung, als eine Frage und so nickte Harry nur.

“Woher kommen sie, Mr ...?”
 

 

“Ähm …” Sanara, die seine Unsicherheit deutlich spürte, begann drohend in Richtung des Fremden zu zischen.
 

 

“Welch ungewöhnliche Vertraute …”, kommentierte der Blonde das Verhalten Sanaras mit hochgezogener Augenbraue.

Keiner der Drei kam dazu, noch etwas dazu zu sagen, hallte doch ein lautes “VATER?” über den Platz und ein blonder Junge in Harrys Alter stürmte an dem Potter vorbei, als wäre er Luft.
 

 

“Vater, sieh mal was ich schon alles gefunden habe. Wirklich, die neue Kollektion ist klasse! Allein diese Hemden ...”, plappernd öffnete der Junge die Taschen und schien dem Vater die Einkäufe zu zeigen.

Blinzelnd beobachtete der Potter dieses Schauspiel und fragte sich nebenbei, wie ein Mensch so viele Worte, in so kurzer Zeit über die Lippen bringen konnte. Doch dies war seine Gelegenheit abzuhauen und zurück in die vertraute Winkelgasse zu gelangen.

Behutsam, um bloss keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wandte er sich um. Plappernde, überdrehte Miniversion und zur Ruhe mahnenden Vater hinter sich lassend, huschte es davon. Immer wieder blickte er sich über die Schulter um.
 

 

Achtung …”,  zischte die Glattschlange, doch zu spät. Nicht auf den Weg vor sich achtend, rannte er in eine Person hinein. Ein Arm, der sich geistesgegenwärtig um ihn gelegt hatte, hinderte ihn am rückwärts taumeln.
 

 

“Immer mal langsam mit den Thestralen, kleiner Mann”.

Verdutzt blickte der Junge empor. Direkt in ein sanft lächelndes Frauengesicht.

“Du rennst ja, als wäre ein Geist hinter dir her.”
 

 

“Entschuldigen Sie”, flüsterte der Junge und trat zurück. “Ich war … in Gedanken. Entschuldigen Sie nochmals.” Verlegen biss sich der Jüngere auf die Unterlippe. War das peinlich!
 

 

“Schon in Ordnung, junger Mann. Was hat dich denn so hetzen lassen?” Es klang ehrlich interessiert, doch bevor Harry antworten konnte, schall ein lautes, strenges “DRACO MALFOY!” zu ihnen heran.
 

 

Ein verhaltenes Lachen ertönte von der Frau.

“Na, wenn das mal nicht mein werter Gemahl ist. Lass mich raten, die Herren dort hinten, sind nicht unschuldig an deiner Flucht? Na komm, wir gehen wieder zu ihnen. Die Nokturngasse ist nichts, für einen kleinen Jungen wie dich. So ganz alleine.” Damit drehte sie Harry einfach herum und gab ihm einen sanften Schubs in Richtung des Platzes.
 

 

“Bin nicht alleine und nicht klein. Bin schon elf”, begehrte der Junge leise auf, ging jedoch in Richtung Brunnen. Irgendwie gab ihm die fremde Frau das Gefühl, keine andere Wahl zu haben, so entschlossen wie sie nun neben ihm schritt.

Bestimmt war sie auch eine Hexe und eine erneute Flucht würde ihm nicht viel bringen.
 

 

“Was es nicht besser macht, in dieser Gegend”, gab die Frau trocken zurück und betrat den sonnendurchfluteten Platz.

“Lucius, Draco. Bei Merlin, ihr unterhaltet die ganze Nokturngasse! Was ist das für ein Benehmen?” Kopfschüttelnd trat die Frau näher an die beiden anderen Blonden.
 

 

Jetzt sah Harry deutlich die Familienähnlichkeit. Blonde Haare, feine Gesichtszüge und auch die Körperhaltung. Kurz fragte er sich, ob es bei ihm und seinen Eltern auch gewesen wäre, doch die Stimme der Frau holte ihn aus dem Gedanken.
 

 

“Sagt besser nichts dazu, meine Herren. Euer Verhalten war so untragbar, dass dieser…”, suchend blickte sich die Blonde um und winkte ihn zu sich, “junge Mann geflüchtet ist. Schämt euch, wirklich!”

Wenn man dachte es konnte nicht peinlicher werden, dann war dieser Moment eindeutig ein Gegenbeweis. Jetzt stauchte diese nette Frau ihre Familie zusammen. Wegen ihm! Einem vollkommen fremden Kind!
 

 

“Und wer ist das?”, kam es bockig von dem Jungen in seinem Alter. Mit verschränkten Armen und zusammengekniffenen Augen musterte der Junge ihn, als wäre er eine Kakerlake.

Kein Wunder. Allein seine jenes der Anderen war. Beschämt senkte er den Kopf, während Sanara ihn versuchte aufzumuntern, da sie roch dass ihr Schützling traurig wurde.
 

 

“Harry …”, murmelte der Potter und unterbrach damit die Ermahnung des blonden Jungen, an die Manieren zu denken.
 

 

“Hallo Harry. Entschuldige bitte das Verhalten der beiden Tölpel”, kam es sanft von der netten Frau. Was Angesprochenem ein leises Lachen entlockte, als er vorsichtig den Blick hob und dabei den verdutzten Blick der ‘Tölpel' sah.

“Also, ich bin Narzissa und dies sind Lucius, mein Mann und Draco, mein Sohn.” Dabei zeigte Narzissa auf die Beiden. “Was machst du denn so alleine hier in der Nokturngasse?”
 

 

“Er hat sich in den Bann der Kunst ziehen lassen”, schnarte Lucius dazwischen. “Er war drauf und dran in den Brunnen zu fallen, als er die Skulpturen berühren wollte.”
 

 

“Wollte eigentlich … zum Bücherladen … Quidditchbuch kaufen …”, stammelte der eigentlich schwarzhaarige und nestelte an seinem Oberteil herum. Er hatte sich ja sowas von verlaufen! War ja nicht mal mehr in der Winkelgasse, sondern anscheinend in der ominösen Nokturngasse gelandet. Dummer, dummer Harry!
 

 

“Hast du Quidditch gesagt? Hast du schon den neuen Nimbus gesehen? Der ist ja sooooo cooooool.”

Mit glänzenden Augen stand plötzlich der blonde Junge vor ihm.
 

 

“Ähm …”, gab der Potter unsicher zurück und versuchte Hilfe von Narzissa zu bekommen. Doch diese lächelte ihn nur ermutigend an und wechselte einen Blick mit ihrem Mann.
 

 

“Draco, wir müssen deine Schuluniform noch in der Winkelgasse besorgen”, kam es monoton vom Oberhaupt der Familie, welcher sich auch gleich in Bewegung setzte.
 

 

“Stimmt ja! Sag mal, gehst du auch nach Hogwarts?”
 

 

“Ja. Ab September”, antwortete Harry zögerlich. Ein wenig überforderte ihn die Art Dracos.
 

 

“Cool. Vielleicht kommen wir ja beide nach Slytherin! Da ist nämlich meine ganze Familie hingegangen! Mum, Dad? Harry geht auch ab September nach Hogwarts”, rief der Junge begeistert. “Er kann doch mit zu der Malkins, oder? Oder hast du schon alle Schulsachen?”

Gleichzeitig, ertönte Narzissa Malfoys “Aber sicher” und Harrys “Nein”, woraufhin der Blonde freudig in die Hände klatschte, sich Harrys Hand schnappte und los preschte.

Und Harry? Dem blieb nichts anderes übrig, als Sanara festzuhalten und mit zu rennen, denn sonst hätte er sich auf die Nase gelegt.
 

 

“Ein interessanter Junge”, schmunzelte seineFrau und harkte sich bei Lucius unter.  
 

 

“Hmm”, stimmte der Mann ihr nur monoton zu. Mit zusammen gezogenen Augen blickte er den beiden Kindern hinterher, die in Richtung Winkelgasse rannten. Wobei eher Draco rannte und dieser andere Junge hinterher stolperte. Nicht sehr galant und schicklich. Keines der Verhalten!

Was war das für ein Kind? Irgendwie hatte er das Gefühl, es zu kennen und andererseits nicht. Und dann die Situation in der er es gefunden hatte. Vollkommen gebannt im Anblick der Statue zu Ehren Salazar Slytherins und einer Schlange um den Hals.

Welches Kind hatte schon eine Schlange als Haustier und Vertraute?

War der Fremde vielleicht ein Ausländer?

Wahrscheinlich, denn dies würde die Orientierungslosigkeit genauso erklären, wie dass er den Jungen keiner ihm bekannten Familie zu ordnen konnte. Vielleicht eine zugezogene, ärmere Familie, die einfach nicht in seinen Kreisen verkehrte?

Dieses Gefühl, etwas zu übersehen, machte ihn ganz unruhig! Was wenn der Junge eine Gefahr für seine Familie darstellte? Vielleicht nicht jetzt … aber mit der Zeit?
 

 

“... und dann habe ich mir die Haare pink gefärbt.”
 

 

“Hmm. Sehr schön, meine Liebe”, gab Lucius nachdenklich zurück.
 

 

“Lucius!” Abrupt blieb seine Frau stehen und sah ihn strafend an. “Hör mir gefälligst zu!”
 

 

“Entschuldige Narzissa … aber dieser Junge …” Gedankenverloren blickte er wieder in die Richtung, in der die beiden Jungs verschwunden waren. Er machte sich keine großen Sorgen um seinen Sohn. Keiner würde es wagen, Draco Malfoy auf offener Straße etwas zu tun. Jeder kannte ihn, Lucius Malfoy, und auch seine Art auf Gefahren für seine Familie, zu reagieren.
 

 

“Wo wohl Harrys Eltern sind?”, kam es besorgt von Seiten seiner Frau.
 

 

“Gute Frage …”
 

 

“Unverzeihlich einen so kleinen Jungen, alleine durch die Gegend laufen zu lassen. Wo er sich nicht einmal auszukennen scheint. Wir werden ihn unter die Fittiche nehmen, bis sich seine Eltern oder ein Zuständiger auftut. Wo der Junge wohl wohnt? Er ist so klein und schmächtig.”
 

 

“Narzissa, du kannst doch nicht einfach …”, wollte er einwerfen, doch der strenge Blick seiner Frau brachte ihn zum Schweigen.
 

 

“Lucius, ich bin eine Mutter. Stell dir nur vor, Draco wäre einmal in der Lage. Dann würdest du dich auch über jemanden freuen, der auf ihn aufpasst. Ah! Sag jetzt nichts, du weißt nicht nur, dass ich Recht habe, sondern auch, dass du eh nichts daran ändern kannst. Ich mag den Kleinen, auch wenn er sehr schüchtern zu sein scheint.”
 

 

“Hmm”, brummte Lucius und richtete sich, den Unmut überspielend, die Kleidung.
 

 

“Und jetzt mein Lieber, hör auf so grimmig zu gucken. Lass uns lieber zu sehen, dass unser Sohn nicht jeden Verkäufer in dem Laden verrückt macht und unser Verließ leert. Ich könnte zu dem auch ein paar neue Kleider von Madame Malkins vertragen.” Das Lächeln, welches seine Gemahlin dabei zeigte, ließ ihm die Nackenhaare hoch gehen. Shoppen mit Frau und Kind, kam in seinen Augen einer Folter gleich. Doch er wäre kein Malfoy, wenn er nicht auch diese Situation würdevoll meistern konnte.

So drückte er den Rücken durch und beide schlüpften in die Rolle, in der sie alle Welt kannte.

Der kühle, unnahbare, berechnende Politiker Lucius Malfoy, mit seiner reinblütigen, stillen, aber bestimmten Frau Narzissa.

 

Spaß auf Draco Art

Die beiden Malfoys betraten den Kleiderladen und wurden sogleich von einem aufgeregten Draco empfangen.

 

“Endlich seid ihr da! Er kommt da einfach nicht mehr raus und das Schuppenvieh spinnt genauso!”

 

“Mr. und Mrs. Malfoy, schön Sie hier wieder zu beehren. Leider gibt es ein kleines … Problem.”

 

“Und das wäre?”, schnarte das Familienoberhaupt und musterte die kleinere Frau ernst. Die begann sich unter dem Blick deutlich unwohl zu fühlen.

 

“Nun ja …”, begann die Ladenbesitzerin ernst, Draco fiel ihr jedoch ins Wort.

“Harry! Er kommt einfach nicht unter dem Schreibtisch hervor!” Dabei zeigte sein Sohn in den hinteren Teil des Ladens. Jetzt wo er darauf achtete, sah er zwei junge Verkäuferin die aus geringer Entfernung mit dem Möbelstück zu reden schienen.

Kurz überlegte er, ehe er sagte: “Narzissa,ihr zwei fangt schon mal an. Ich regel das.”

Den Zusatz, dass die beiden eh Stunden brauchen würden, verkniff er sich.

Da kümmerte er sich lieber um diesen fremden Jungen. Ganz der kluge Politiker, erledigte er damit zwei Doxy mit einmal.

 

 

 

Harry wusste nicht wohin mit sich. Er war vollkommen überfordert. Erst verirrte er sich, dann traf er die Malfoys und dann schleppte dieser Draco ihn auch noch einfach mit. Unaufhörlich hatte der blonde Junge geplappert und Harry hatte nicht wirklich zugehört. Verstand er doch von den meisten Sachen eh nicht, wovon der Junge redete. Dann waren sie plötzlich in einen Laden eingetreten und innerhalb von Sekunden hatten sich die Verkäuferinnen auf sie gestürzt, wie Bienen auf Blumen.

Da ging Harrys Fluchtinstinkt mit ihm durch und immer wieder ‘Weg’ ‘Fasst mich nicht an’ ‘Lasst mich in Ruhe’, ging durch seinen Kopf.

 

Tja und jetzt saß er hier unter einem großen Schreibtisch und war gefangen. Zwar hielt Sanara die fremden Frauen von ihm fern, aber er konnte auch nicht flüchten. Dafür hätte er an den Fremden vorbei gemusst und DANN, hätten sie ihn eingefangen. Eingefangen und wer wusste schon was mit ihm getan.

 

“Harry?” Vorsichtig drang die Stimme von … wie hieß er noch gleich? … zu ihm heran “Kleiner, los komm da raus.” Damit hockte sich der Mann in sein Blickfeld. Jedoch mit deutlich mehr Abstand als die fremden Frauen.

Lucius … Lucius Malfoy, ja, so hieß der Erwachsene.

“Na los Harry. Beruhigt euch ihr beiden und kommt da raus. Hier tut euch keiner was. Sonst kriegen sie Ärger mit mir.” Die Stimme des Blonden war ernst, aber doch sah der Potter das schnelle Zwinkern nach dem letzten Satz.

 

Der Elfjährige wusste nicht so recht, was er nun tun sollte. Streichelte zwiegespalten über Sanaras Körper und es war ein Wunder, dass sie noch keine Schuppen gelassen hatte.

Mit energischer Stimme sprach der Erwachsene nochmal auf die Frauen ein und Harry sah, wie dessen Beine aus seinem Blickfeld verschwanden. Obwohl da immer noch der Malfoy hockte, fühlte er sich gleich besser. So sprang er schließlich auch über seinen Schatten und ergriff den Knauf vom Gehstock, welchen ihm Lucius entgegen hielt.

Der Mann verwirrte ihn. Nein, eigentlich die ganze Familie!

 

Anscheinend war auch Sanara verwirrt, denn sie schwankte immer wieder zwischen sofortigem Angriff und Abwarten.

Mahnend positionierte sie ihren Kopf auf Höhe von Harrys Ellenbogen. Bereit sofort zuzuschlagen, wenn der Blonde Zweibeiner sich falsch benahm. So die Argumente der Schlange. Und Harry war ihr einfach dankbar.

Kaum stand Harry wieder aufrecht, richtete er den Blick fest auf seine Hände, die immer noch den Knauf umklammerten. Als dieser ihm vorsichtig entwunden wurde, begann er mit der einen Hand wieder Sanara zu malträtieren und mit der anderen nestelte er am Saum des T-Shirt herum. Ob er wohl heute noch einmal etwas anderes, als diese peinliche Berührtheit fühlen würde? Wie mussten ihn … für was mussten sie ihn bloss halten?

Komischerweise wollte er nicht, dass die Familie etwas schlechtes von ihm dachte. Darum traute er sich auch nicht den Blick zu heben, denn was wenn … wenn er dann Verachtung in den Augen des Malfoy Oberhauptes gesehen hätte? Spott, Hohn oder so, damit konnte er sehen, aber diese ganze bestimmte Verachtung? Nein! Die wollte er eigentlich erst wieder im nächsten Sommer sehen. Wenn die Dursleys ihn wieder mal auf eine Stufe mit einer Küchenschabe stellten.

 

“Hast du dich beruhigt?”, erklang die leise Stimme Lucius und holte Harry aus den zweifelnden Gedanken.

Beklommen nickte der junge Potter. Doch dem Erwachsenen schien dies zu reichen. “Na dann, lass uns zu dem Rest meiner Familie gehen. Nicht dass die beiden noch den Laden leer kaufen und alle Angestellten in den Wahnsinn treiben, mit ihren ganzen Sonderwünschen.” So trottete der Jüngere, mit weiterhin gesenktem Kopf, hinter dem Erwachsenen her und hoffte, dass der Ärger nicht zu groß war. Was, wenn die Ladenbesitzerin ihn raus warf?

Nun, eigentlich was dies nur ein weiterer ‘Peinlichkeits-Punkt’ auf der heutigen Tagesliste, dachte er sich zynisch.

 

“Haaaarry, na endlich! Los komm schnell, du musst den Stoff mal anfassen!” Dracos euphorische Stimme schall durch den halben Laden, als dieser bemerkte wie Lucius in Begleitung mit Harry wieder in den Verkaufsraum kam.

“Langsam, Draco”, mahnte der Vater und trat einen Schritt zur Seite, sodass Harry komplett von diesem abgeschottet wurde. Still dankte er dem Anderen dafür.

Draco war wirklich anders als jedes Kind, welches er bisher kennengelernt hatte.  Einerseits sagte alles an ihm, dass er und dessen Familie Geld und Macht besaßen. Dass sie Manieren und Anstand hatten … und doch … doch benahm sich Draco einfach wie … ja, einfach wie ein ganz normales Kind. Ein überdrehtes, plapperndes Kind, welches mit einem goldenen Löffel geboren wurde. Doch dies alles machte den Jungen nicht unsympathisch in Harrys Augen. Der blonde Junge meinte es garantiert nicht böse. Auch wenn man sagen musste, dass Harry nur die paar Klassenkameraden und Dudley als Vergleich hatte.

 

“Was … wie … aber”, stotterte ebenjener Junge verwirrt und Harry blickte scheu um das Malfoy Oberhaupt herum.

Gerade noch so, konnte er das Kichern wieder herunter schlucken. Aber … meine Güte! Draco sah einfach zu lustig aus, wie anscheinend magische Maßbänder um ihn herum sausten. Dazu eine diensteifrige Verkäuferin, die mit fliegendem Block und Stift verzweifelt hinter dem Jungen herhüpfte. Dieser war nämlich einfach von einem kleinen Holzblock herunter gestiegen und einige Schritte auf sie zugekommen.

“Aber … Vater! Harry, alles klar?” Dabei lehnte sich der kleine Malfoy ein wenig zur Seite, als könne er so um den Vater herum sehen. Was die Maßbänder mit noch wilderem Gewusel quittierten, um das Kind in dieser Haltung auszumessen.

Mit einem kleinen Grinsen schritt Harry hinter Lucius hervor und stellte sich neben diesen. Allen Mut zusammennehmend und die Zweifel verdrängend, nickte er dem Gleichaltrigen zu.

 

“Draco, komm wieder her”, rief in dem Moment Narzissa Malfoy. Die Frau war umgeben von einigen Frauen, fliegenden Schreibutensilien und mehreren Kleiderständern. Ein Bild, welches irgendwie … passte.

“Na dann los, Harry. Lass uns Spaß haben. Wir finden schon was Schönes für dich … auch wenn die Kollektion von Hodge in der Nokturngasse irgendwie cooler ist.”

 

Und so befand sich Harry plötzlich - ohne damit gerechnet zu haben - auf einem Holzblock. Zwischen Mutter und Sohn, die ihn beide anlächelten. Der eine glücklich und die Andere ermutigend, ehe sich beide wieder der Zauberervariante des Shoppens widmeten.

Schnell blickte er noch einmal über die Schulter zu Lucius Malfoy zurück. Dieser stand nicht weit von ihm entfernt und nickte ihm zu. Tief durchatmend wandte sich der Potter der jungen Angestellten zu und lächelte sie verkrampft an.

“Bereit, junger Mann?”, erkundigte sich die Frau und nachdem Harry ihr ein krächziges “Ja” geantwortet hatte, huschten auch schon die Maßbänder um und an ihm herum.

 

 

 

Lucius betrachtete die drei Gestalten vor sich ganz genau. Behielt vor allem diesen fremden Jungen im Auge. Der Junge war ihm ein Rätsel. Er wurde nicht schlau aus dem Kind. Zudem wurde er das Gefühl einfach nicht los, dass er irgendetwas übersah! Und das wurmte ihn mehr, als er jemals zugeben würde!

Ein ausländisches Kind? Vielleicht. Dann allerdings mit guter Schulbildung oder einer Person mit britischem Englisch im Umfeld. Die Aussprache war fehlerlos.

Ausländisch und Muggel geboren? Schon wahrscheinlicher. Das erklärte zum Beispiel, warum Harry so skeptisch auf die fliegenden Utensilien linste.

Reinblut war der Junge garantiert nicht. Dann wäre dieser der Name Malfoy ein Begriff gewesen! Immer wieder versuchte er darauf zu kommen, warum er dieses Gefühl hatte und den Jungen nicht kannte.

 

In dem Moment bemerkte er etwas, das ihm wirklich ein mehr als seltsames Gefühl gab.

Der schmächtige Junge schien mit der Vermessung fertig zu sein, nickte der jungen Verkäuferin geduldig zu und stieg mit einer Eleganz von dem Block herunter, die Lucius nicht erwartet hatte.

Anschließend streckte er den Arm hinunter und die Schlange - welche sich deutlich beruhigt an den Füßen des Jungen nieder gelassen hatte - schlängelte sich den Arm herauf.

Das leichte Grinsen, welches das Kind dabei zeigte und dem Reptil nun auch noch einen Kuss aufdrückte, ließ ihn unmerklich zucken.

Dieses Bild, von einem Mensch mit einer Schlange als Vertrautem, hatte er lange nicht gesehen. Und konnte auch gut und gerne darauf verzichten. Das war jetzt so lange her … und doch schien es durch Harry ganz aktuell: Voldemort und seine Nagini. Eine Schlange, die der Grausamkeit ihres Herrn kaum in etwas nachstand.

 

Vorsichtig schickte er einen Prüfzauber auf die Schlange, doch sie schien eine gewöhnliche Schlange zu sein. Magie konnte er jedenfalls nicht ertasten.

Trotzdem … welches normale Kind hielt sich schon eine Schlange als Haustier? Besser gesagt, welche Familie, die den letzten Disput mit dem dunklen Lord erlebt hatte, duldete dies? Welche Familie, welche schon einmal von Salazar Slytherin gehört hatte?

 

“Puh, das war … anstrengend.” Harrys Stimme dicht neben ihm, ließ ihn zusammenzucken.

“Was? Ja, das kann sein.” Verwirrt versuchte der Malfoy darauf zu kommen, was der Junge meinte. Beschloss dann aber, dass dieser wohl das Ausmessen und Einkleiden meinte.

“Sir … dürfte ich Sie etwas fragen?” Vorsichtig und dünn war die Stimme des Kindes, aber Malfoy Senior hörte deutlich die Manieren des Jungen darin.

Erhaben auf seinen Stab abgestützt, hob er skeptisch eine Augenbraue bevor er dem Jüngeren zunickte und in den ruhigeren hinteren Teil des Laden zeigte.

 

Dort angekommen sammelte Harry all seinen Mut zusammen.

“Sir … Mr. Malfoy, ich frage mich einfach, warum Sie und Ihre ganze Familie so nett zu mir sind. Sie kennen mich doch gar nicht und, naja … ich bin halt ich. Vorhin haben Sie mich noch gesiezt und gerade eben ...”

 

Scheinbar beschämt senkte der Junge den Kopf und begann wieder energisch die Schlange zu streicheln. Beinahe konnte dieses Tier einem leidtun.

Moment, zischte das Tier dem Kind etwas zu und hatte dieses daraufhin genickt? Nein, das hatte er sich einfach nur eingebildet!

Aber wenigstens verstand er nun, was eines der Probleme des Jungen war.

Entgegen seiner Art, zeigte sich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen und er legte die freie Hand auf die Schulter des Kindes. Auch duzte er das Kind, denn manchmal war die Etikette einfach unpassend.

 

“Harry, es nur ein äußeres Erscheinungsbild und das kann man ändern - verbessern. Du bist ein höflicher junger Mann, also sag mir, was dagegen spricht. Wenn es dir nicht passt, dass ich dich duze, musst du es nur sagen.” Aufmerksam beobachtete er den Jungen. Anscheinend wusste er darauf auch kein Argument, denn er zuckte nur mit den Schultern und grinste verlegen. Das nervöse Streicheln der Schlange hatte auch nachgelassen.

 

Wirklich, er - Lucius Abraxas Malfoy - wurde nicht schlau aus dem Jungen. Aber ihm fiel ein, dass er ja eine Quelle hatte um die Nachforschungen anzusetzen: Hogwarts, denn dort würde Harry zusammen mit seinem Sohn ab September hingehen. Wozu war er im Elternrat?

 

 

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit - jedenfalls kam es Harry so vor - war auch dieses Kleider einkaufen überstanden. Für Harry stand fest: Shoppen und vor allem zusammen mit Draco, würde es niemals auf seine Top Ten Liste der Lieblingsbeschäftigungen schaffen!

Das war ja anstrengender, als ein Tag Gartenarbeit bei den Dursleys!

All die Faktoren, die beachtet werden wollten. Stoffe, Muster, Schnitte, welche Farbe zu welcher. Die Krawatte nun aus Seide oder Satin?

Auf jeden Fall wusste Harry nun, dass Drago genau so gerne Kleidung einkaufte, wie dessen Mutter. Er hingegen, hatte nicht nur einmal Hilfe suchend zu Lucius Malfoy geblickt. Doch dieser hatte nur gemeint, es wäre schneller vorbei, wenn er sie einfach fügen würde. Wie gut, dass er dies nur zu gut kannte.

 

Naja, nun besaß er neben der Schulkleidung auch noch ein neues grünes Hemd, sowie einen schwarzen Freizeit Umhang. ‘Lustig’ war es geworden, als er seinen Geldbeutel herausgenommen hatte und Draco entrüstet quietschte, warum Harry einen Immervoll-Beutel hatte und er nicht.

Aus der Diskussion zwischen den Malfoys hatte er sich wohlweislich herausgehalten. Jedoch nur zu genau die Blicke der Erwachsenen gespürt.

 

“Los Harry, lass uns Eis essen gehen und danach in den Bücherladen. Ok?”

 

Dracos Stimme holte ihn aus den Gedanken. Eis klang gut, egal wie viel er davon in der letzten Zeit schon gegessen hatte. Wozu war er ein Kind?

So setzte er Sanara, auf ihren leisen Wunsch, in dem kleinen Park ab und lief zusammen mit Draco zu Fortescues Eiscafé.

 

 

Von Eis essen im eigentlichen Sinne, konnte man eigentlich nicht sprechen. Es war ehr eine Eis Schlacht geworden. Nur geduldet vom Malfoy Familienoberhaupt, weil Narzissa mit den Worten “Lass ihnen doch den Spaß” irgendeinen Zauber über ihren Tisch gelegt hatte.

Daraufhin war es ein wenig … eskaliert. Ja, so konnte man es sagen. Denn sie hatten sich gegenseitig ihre Eistierchen auf den Hals gehetzt. Letztendlich hatte Draco Karamell und Schokolade im Gesicht, während Harry selbst mit Minze und Waldfrucht verziert war. Es war klebrig und ein wenig ekelig, aber unglaublich lustig gewesen. Seine erste Essensschlacht.

 

Nach dem sie sich beide gewaschen und Narzissa auch die letzten Reste aus ihren Haaren gezaubert hatte, waren die Jungs nun alleine auf dem Weg zum Bücherladen. Die Eltern des Blonden mussten noch einige Dinge besorgen und so ließen sie Jungs die wenigen Meter alleine gehen. Natürlich nicht ohne eine Ermahnung Dracos daran zu denken, wer er war.

 

Für Harry war das Ganze ein wenig suspekt. Einerseits war Draco so anstrengend-fröhlich und kindisch und von einem auf den anderen Moment war davon nichts mehr zu sehen. Der andere Junge lief ja sogar anders. Irgendwie steifer, mit erhobenem Kopf und beinahe ausdruckslosem Gesicht.

Als er es wagte, den anderen Jungen darauf anzusprechen, war die Reaktion eine hochgezogene Augenbraue, sowie der Kommentar, dass es sich so als Reinblut und Malfoy einfach gehörte.

Das Erreichen des Buchladens rettete Harry vor einer Antwort. Waren ihm doch keine Bedeutungen oder Zusammenhänge zu den Worten bekannt.

 

Hier, zwischen all den vielen Büchern, gefiel es dem jungen Potter schon deutlich besser. Dieser typische Geruch der eine Mischung aus Staub und Büchern; Papier, Pergament und Tinte war, beruhigte ihn. All diese Wörter - dieses ganze Wissen und die fremden ‘Welten’ verschiedenster Helden.

 

Er hatte sich nach einem Rat Dracos, tatsächlich ein Buch über Quidditch ausgesucht. Ebenso einen Roman über einen Jungen der gegen seinen Willen zum Vampire wurde und erst dadurch Freunde fand. Harry war gespannt, wie dieses Buch war, denn irgendwie war er ja in einer ganz ähnlichen Situation. Erst durch den Eintritt in die magische Welt, hatte er mehrere Personen und Wesen kennengelernt, die nett zu ihm waren. Wie ehrlich dieses Verhalten war, sollte die Zeit zeigen.

 

“Draco, ich geh noch mal schnell nach hinten”, raunte er dem eifrig stöbernden Blonden zu und als dieser nickte, machte er sich auf in den düsteren Teil des Ladens.

Als er den Roman in der Hand gehalten hatte, war ihm wieder das andere Vampirbuch eingefallen. Vielleicht gab es ja noch weitere, ebenso gute, davon? Dann musste er dem Professor auch nicht ganz so viele Löcher in den Bauch fragen.

 

Neugierig betrachtete der Junge all die vielen Bücher über Wesen und Gestalten, die er bisher nur dem Reich ‘Mythen und Sagen’ zugeordnet hatte. Er musste zugeben, dies hier war eindeutig als ‘cool’ einzustufen. Schließlich blieb sein Blick an einem Buch hängen, über dessen Einband schwarze Gestalten zu huschen schienen.

Schnell zog er dieses Buch heraus und beobachtete die Figuren. Es waren irgendwie unförmigen Schattenwesen, welche sich in diffusen Licht hin und her bewegten.

 

“‘Schatten der Nacht - Sein oder nicht sein’”, laß eine Stimme hinter ihm leise den Buchtitel.

Hektisch sprang der Potter ein Stück nach vorne, ehe er sich zu dem Anderen herum drehte.

“Professor, Sie sind es nur”, stieß er erleichtert aus.

“W-w-wird es jetzt zur Gew-w-wohnheit, dass w-w-wir uns hier tref-f-fen, Mr. Potter?”

“Ähm … vielleicht?”, gab Harry mit einem verlegenen Lächeln zurück.

“Nun, ich habe nichts gegen lesen oder v-v-vorgebildete Schüler in meinem F-F-Fach, jedoch bezw-w-weifel ich, dass dieses Buch etw-w-was für Sie ist.”

“Warum?” Allein dass die Schatten sich bewegten, machte das Buch um so vieles cooler als die anderen.

“Weil dieses Buch W-W-Wesen behandelt, über die Albträume handeln. Komplexe These die normal ins sechste Lehrjahr gehören. Daher rate ich Ihnen zu einem Anderen. W-W-Was ist denn mit dem Anderen?”

Auch wenn es ein höflich formuliertes Verbot war, nahm der Jüngere es dem Professor doch keinesfalls übel. Dem Erwachsene schien es wichtig zu sein, dass er nichts ‘falsches’ laß. Das erste Mal, dass darauf überhaupt jemand achtete.

 

So erzählte er dem Lehrer den Grund seines Hierseins, sowie der Erklärung warum er einige seiner Bildungslücken schließen wollte.

Dass der Erwachsene dies ebenfalls nur benickte, anstatt ihn auszulachen oder so, freute ihn ebenfalls. Schließlich stellte der Professor das Schattenbuch zurück in das Regal und zog ein anderes hervor.

“Hier können Sie allerhand Bildungslücken f-f-füllen. Es gibt Ihnen einen Überblick darüber, w-w-was Sie in meinem Unterricht erw-w-wartet.”

“Danke sehr, Sir”, strahlte der Junge den Erwachsenen an und er meinte es genau so, wie er es sagte. Zusammen gingen sie schließlich zurück in Richtung Draco.

 

“Harry?”, erklang auch schon die suchend klingende Stimme des blonden Jungen.

“Ich bin hier, Draco”, schmunzelte Harry und tippte dem anderen Jungen auf die Schulter da dieser mit dem Rücken zu ihm stand.

 

“Ah, man erschreck mich doch nicht so! Schleich dich nicht so an, das gehört sich nicht!” Draco war vielleicht ein wenig giftig, aber Harry hörte den Schrecken in der Stimme und so entschuldigte er sich schmunzelnd.

 

“Ich wollte dich eigentlich nur fragen …”, setzte der Malfoy an, doch in diesem Moment schien er zu bemerken, dass Harry keinesfalls mehr alleine war. “Ähm, Entschuldigung wer sind Sie?” Da war sie wieder, diese distanzierte Stimme und der skeptisch musternde Blick. Der Snob-Modus, wie Harry ihn heimlich nannte, doch der Professor schien sich nicht daran zu stören.

 

“Nana, Draco. Nicht so unhöflich”, erklang die leicht tadelnde Stimme Lucius Malfoy. Ermahnter presste leicht die Lippen aufeinander und murmelte schließlich eine leise Entschuldigung. Da sollte Draco noch mal meinen, Harry würde sich anschleichen. Gegen den Malfoy war er ein Trampeltier!

 

“Wo ist Mutter?”

“Bereits nach Hause gefloht. Entschuldigen Sie meine Unhöflichkeit, Mr…?”, wandte sich der blonde Erwachsene schließlich an den Turbanträger. Anscheinend hatte Draco den Snob-Modus von seinem Vater erlernt.

“Quirrell. Quirinus Quirrell. Baldiger Prof-f-fessor im F-F-Fach V-V-Verteidigung gegen die dunklen Künster an der Hogw-w-warts Schule. Genaueres w-w-werden Sie w-w-wohl auf der baldigen Schulkonf-f-ferenz erf-f-fahren, Mr. Malf-f-foy.”

 

Am liebsten hätte Harry sich stöhnend gegen die Stirn geschlagen. Noch einer, der so komisch wurde. Die beiden begutachteten sich ja schlimmer, als Onkel Vernon die neuen Nachbarn. Die Augen verdrehend blickte er kurz zu Draco, um sich Unterstützung zu suchen, doch auch dieser blickte den Turban tragenden Erwachsenen mit leicht gerunzelter Stirn an.

So langsam wurde ihm das alles hier wirklich zu nervig.

 

“Ich geh dann mal meine Bücher bezahlen …”, meinte der Potter und ging schnurstracks in Richtung der Kasse. Auch Draco, welcher ihm anscheinend hinterher geeilt war, ignorierte er. Alles was er wollte war aus dem Bücherladen raus, in dem sie inzwischen schon beobachtet wurden. Egal wie unauffällig sich die Leute benehmen wollten, die langen Ohren hatten sie doch bekommen.

Harry hatte sich heute schon eindeutig genug peinliche Situationen heraufbeschworen, da brauchte er jetzt nicht noch einen Aussetzer in dem er zickte wie Dudley, wenn er keine Schokolade vor dem Essen futtern durfte. Also tauschte er Floskeln mit dem Verkäufer aus, ließ sich die Bücher - verkleinert und leicht gezaubert - einpacken und verließ ohne weitere Kommentare den Laden.

 

“Harry, jetzt warte doch!” Unter dem leisen Bimmeln der Eingangstür eilte Draco ihm hinterher. “Was ist denn los mit dir?”

Schnaubend warf Harry dem Anderen einen kurzen Blick zu und meinte nur, dass er es ihm gleich im Park erzählen würde.

 

 

So hockte er nun hier und schimpfte leise über die Anderen, während Sanara in seinen Armen lag und lauschte.

Ich weiß, ich mache aus einer Mücke vielleicht einen Elefanten, aber ich hasse Streit einfach. Genauso, wie wenn man sich eine Meinung bildet, ohne sein Gegenüber zu kennen. Ohne auch nur ein Wort zuvor mit diesem Menschen gewechselt zu haben.”

 

Was auch immer dieser Elefant sein möge … es klingt größer als eine Maus. Ob es wohl genau so gut schmeckt?”

 

Leise kichernd lehnte sich der Junge zurück. Dankbar dafür, dass Sandra ihn ablenkte.

 

“Harry, hier bist du! Wir haben dich schon gesucht. Verdammt kannst du schnell werden.” Dracos Stimme ließ ihn den Kopf heben und er sah die beiden Malfoys, sowie Professor Quirrell vor sich stehen. Der blonde Junge plapperte irgendetwas, doch Harry fixierte die Erwachsenen. Vor allem den Professor.

 

“Professor … entschuldigen Sie die Frage, aber, es ist doch kein Zufall, dass wir uns hier in der Winkelgasse treffen, oder?”

“Nein. Ich bin hier um Sie abzuholen … Harry. Sie w-w-wissen doch, Sie sollen nicht einf-f-fach so herumlauf-f-fen.”

Wenigstens war der Professor ehrlich.

 

“Ja … ich weiß, ich darf es nicht”, meinte Harry und stand auf. Das ‘darf’ hatte er geradezu ausgespuckt. “Dann sollten wir wohl zurück gehen, ehe noch jemand eine Suchmeldung aufgibt.” Er wusste, er war gerade mehr wie ein bockiger Dreijähriger, aber diese offensichtliche Überwachung nervte ihn wirklich! Nicht ein einziges Mal war ihm in all den Jahren, an die er sich erinnerte, etwas geschehen. Gut, er hatte sich in diese Nokturngasse verirrt aber …

 

“Dürfte ich erfahren, wie Sie mit Harry in Verbindung stehen?” Es war Lucius Stimme, die ihn aus der immer düster werdenden Gedankenspirale holte. Auf die Antwort des Quirrell gespannt, konzentrierte er sich wieder auf die Personen vor ihm.

 

Ein kleines, berechnend wirkendes, Schmunzeln erschien auf den Lippen des Gefragten.

“Das dürf-f-fen Sie. Scheinbar haben Sie gut auf den Jungen auf-f-fgepasst, w-w-während er unerlaubt alleine herumstromerte.” Dabei glitt der Blick kurz streng zu Harry, ehe der Professor sich wieder Mr. Malfoy zuwandte. “Ich bin sein Priv-v-vatlehrer und die momentan für ihn zuständige Auf-f-fsichtsperson. Leider hat Mr. … Harry das Talent, unbemerkt zu v-v-verschw-w-winden.”

 

Stumm biss Harry sich auf die Innenseite einer Wange und schluckte eine ‘Klarstellung’ herunter. Wie gut, dass er auch dies im Ligusterweg gelernt hatte, auch wenn ihm manchmal das Temperament in die Quere kam.

 

“Ich denke, der junge Herr hat recht: Es w-w-wird w-w-wirklich Zeit für den Rückw-w-weg.

Haben Sie alles f-f-für heute erledigt?” Damit wandte sich der Lehrer an Harry. Der Blick sagte eindeutig, dass ein ‘Nein’ nicht infrage kam. Aus Erfahrung wusste der Junge, der Professor bekam ihn dahin, wo er es wollte und der Elfjährige hatte wenig Chancen.

 

Ein Seufzen unterdrückend, wand Harry sich an die Malfoys.

“Es war nett Sie … euch beide kennenzulernen. Bitte sagt dies doch auch Narzissa. Nun … vielleicht sieht man sich ja vorher, ansonsten wohl in Hogwarts, würde ich sagen.” Schief grinste er Draco an, der dies ebenso erwiderte und einen Schritt vortrat.

“Freunde?”, fragte der Blonde vorsichtig und hielt ihm die Hand entgegen.

Nun wurde aus dem leicht krampfigen Grinsen, ein ehrliches Lächeln, während Harry seine Hand in Dracos legte.

 

“Freunde!”

 

Dies war der Anfang eines Bandes, welches beinahe mehr als elastisch sein musste in der Zukunft.

 

“Vielleicht magst du uns ja irgendwann einmal besuchen? Dann können wir zusammen fliegen. Das geht doch in Ordnung oder Vater?” In diesem Moment schimmerte das ‘Kind Draco’ durch die Fassade. Der junge Potter war sich sicher, mit DIESEM Blick, bekam der Junge garantiert alles von seinem Vater. Diesen ‘Hundeblick’ kannte er nur zu gut von Dudley. Allerdings bettelte dieser auch verbal dabei. Nicht so der junge Malfoy, denn dieser schaffte es auch nonverbal seinen Willen zu bekommen.

“Aber sicher. Wie können wir Kontakt zu Ihnen aufnehmen?”, erkundigte sich der ältere Blonde bei dem zukünftigen Lehrer der Kinder.

 

Plötzlich zog Draco Harry und Sanara einige Schritte von den sich unterhaltenden Erwachsenen weg. Verlegen blickte der Junge überall hin, nur Harry nicht direkt an.

 

Er riecht anders … nervös”, kommentierte die Schlange in den Armen des Grünäugigen. Neugierig geworden legte der Potter den Kopf schief.

 

“Also … ich wollte nur sagen. Du bist echt ein komischer Kerl, Harry”, brachte der Malfoy schließlich hervor. “Ich meine, deine Kleidung, deine Schlange, dein Verhalten im Kleiderladen und dann dieser Professor …”, abschätzig blickte der Malfoy in dessen Richtung und Harry fragte sich, WAS genau Draco ihm eigentlich sagen wollte, außer diese negativen Sachen.

“Aber … irgendwie mag ich dich. Du bist nett, lustig und irgendwie … interessant. Ich freue mich, dass wir Freunde sind und bin mir sicher, wir werden ne Menge Spaß haben.” Zwinkernd lachte der Grauäugige kurz auf und boxte Harry leicht auf die Schulter.

“Hey … äh, danke, schätze ich. Ich freu mich auch, dass wir jetzt Freunde sind. Du und deine Familie, ihr seid sehr nett”, gab der Potter seltsam berührt zurück. Das leise Kichern seines neuen Freundes auf diese Aussage nahm er einfach hin.

“Das werden bestimmt aufregende Ferien.” Das Bauchgefühl Harrys sagte ihm dies einfach. Wie konnten sie es mit diesem Verhaltens-Chamäleon namens Draco nicht werden?

 

Dies war der Anfang der Freundschaft zwischen Malfoy und Potter Junior.

Eine Freundschaft, mit vielen Höhen und Tiefen.

Eine Freundschaft, die beiden - allen - eine Menge ‘Lernstoff’ geben sollte.

 

Essen gegen Informationen

Tatsächlich stand Harry, nach einer Dusche, am Abend am Herd und bereitete ein Abendessen vor. Für sich und den etwas seltsamen Professor, denn dieser hatte wirklich darauf bestanden, dass sie zusammen aßen.

Die Frage, was es zum Essen geben sollte, bescherte ihm so einiges an Grübelei und angeschlagenen Nerven. Was, wenn er dem Erwachsenen das Falsche vorsetzte? Nach Allergien hatte er sich ja überhaupt nicht erkundigt, wie er mit Schrecken feststellte. Nun, es würde schon irgendwie gut gehen. Schließlich konnte der Professor ja zaubern. Hilflos zuckte der junge Potter mit den Schultern. Fest davon überzeugt, dass Magie schon eventuelle Probleme behob.

Jetzt blieb nur die Frage nach dem WAS.

    Doch dann kam ihm die Idee für eines seiner Lieblingsrezepte: Spaghetti Bolognese. Einfach zuzubereiten und sättigend. Leider fehlten ihm dazu nur die Zutaten und der Supermarkt hatte bestimmt schon geschlossen. Kurzerhand hatte er nach Scotchi und Löffli gerufen, hatte ihnen die Lage erklärt und - auch wenn Löffli nicht begeistert wirkte, sie hatten ihm geholfen. Woher sie die Lebensmittel hatten, wollte Harry lieber nicht wissen.

Gerade füllte er Nudeln und Soßen in Schalen um, als es an der Tür klopfte.

 

“Herein”, rief er ein wenig angespannt und brachte die Schalen zum bereits gedeckten Tisch.

“Guten Abend, Mr. Potter.”

“Guten Abend, Professor”, gab Harry ebenso freundlich zurück.

Ohgottohgott, was wenn es dem Erwachsenen nicht schmeckte? Bisher hatte er schließlich nur für die Dursleys gekocht und die waren ja nun wirklich nicht wählerisch. Dem Professor hingegen traute er es zu, sensiblere Geschmacksnerven zu besitzen.

 

“Ähm … bitte, setzen Sie sich doch”, forderte er den immer noch stehenden Mann auf und deutete in Richtung Tisch.

Die Schalen auf dem Tisch immer im Blick behaltend, setzte sich dieser tatsächlich. “Was ist das? Es riecht … interessant.”

“Spaghetti mit Bolognese Soße. Ich hoffe, das ist in Ordnung. Wenn nicht, können die Elfen Ihnen bestimmt etwas anderes machen.” Fahrig mit den Händen wedelnd begann Harry auf und abzuwippen.

“Beruhigen Sie sich, Mr. Potter! Ich kenne das Gericht bloß nicht, das ist alles. Einf-f-fache W-W-Wissenlust. Nun lassen Sie uns beginnen, denn ich v-v-vermute, w-w-warm schmeckt es besser.”

Eilig nickte der Potter, trat zum Tisch heran und füllte dem Erwachsenen Nudeln auf den Teller. “Soße?” Ein Nicken war die Antwort. “Sagen Sie bitte Stopp”, bat der Jüngere und ließ behutsam die Fleischsoße auf die Nudeln fließen.

 

 

Einige Zeit später aßen die beiden einträchtig schweigend. Harry wusste immerhin, dass es dem Erwachsenen schmeckte und es hatte nur eine unangenehme Situation gegeben.

    Harry hatte aufgeregt neben dem Tisch gestanden und auf eine Reaktion des Mannes gewartet. Die Gabel noch im Mund, nickte dieser und der Jüngere freute sich insgeheim ziemlich darüber. Genüsslich schob sich der Ältere eine weitere Gabel in den Mund, dann hielt der Professor inne und schaute Harry mit fragendem Blick an.

“W-W-Warum stehen Sie noch hier neben mir, Harry?”

“Ähm”, unwohl knetete der Junge die Hände. Wie sollte er erklären, dass er es nicht anders kannte? Er hatte bei den Dursleys zu warten und - wenn es schmeckte - wieder zu verschwinden. Sonst verdarb er den Appetit der Familie. ‘Mit’ Jemanden essen - diese ganze Situation - war einfach ungewohnt und neu. Etwas eigentlich normales, welches ihn wieder mal wie einen wahren Freak dastehen ließ. Mit Sanara oder den Elfen gemeinsam zu essen, war deutlich … einfacher.

“Entschuldigung, Sir. Ich freue mich nur, dass es Ihnen schmeckt.” Was nicht gelogen war. Vorsichtig setzte er sich ebenfalls, füllte seinen Teller und begann zu essen. Erst nur zaghaft und vorsichtig. Dann jedoch, legte er einen Arm beschützend um den Teller; zog diesen näher und schlang die Nudeln geradezu herunter.

    “... Soße überall. Mr. Potter … HARRY!” Der laute Ruf des Professors ließ ihn emporblicken. Er wollte sich schon einen Nachschlag nehmen, doch Stimme und Blick des Erwachsenen ließen ihn geradezu erstarren.

“Harry … ich w-w-weiß nicht, w-w-warum Sie sich so v-v-verhalten. Jedoch habe ich bisher den Eindruck gehabt, dass Sie über w-w-wesentlich bessere Manieren v-v-verfügen.”

“Ähm … Entschuldigen Sie bitte, Professor.” Schuldbewusst senkte der Jüngere den Kopf und schob den Teller ein kleines Stück von sich.
 

 

Warum hatte der Junge sich denn jetzt wieder so … kriecherisch entschuldigt? Irgendwas stimmte da doch nicht. All die unbedachten Aussagen und dann dieses Verhalten dazu. Die Unsicherheiten … dass alles kam nicht von ‘Nichts’.

Ein komisches Gefühl stieg in dem Verteidigungsprofessor auf; sein Kopf dröhnte und der ‘Mitbewohner’ begann sich begierig zu regen. Doch er konnte sich dem Ganzen jetzt nicht widmen. Sein kleines Geheimnis musste unbedingt ein Geheimnis bleiben. Schließlich war noch Großes geplant. Auch wenn er zugeben musste, dass er selbst nicht alles wusste und oft spontan erfuhr. Was ihn wiederum ein wenig wurmte. Aber damit musste er jetzt leben.

“Professor, würden Sie mir noch ein paar Fragen über das Vampirbuch und andere beantworten?” Die Stimme des Schülers riss ihn aus den Gedanken. Einen kleinen Moment war er verwirrt, doch dann nickte er dem Jungen zu und schon explodierte dieser geradezu.
 

Die Fragen, welche ihm der junge Mr. Potter gestellt hatte, zeugten von einem wachen Geist. Und davon, dass der Junge absolut keine Ahnung und Vorstellung von der magischen Welt hatte. Was in seinen Augen wirklich eine morbide Ironie des Lebens darstellte. Der Junge, der den dunklen Lord als Baby geschlagen hatte; in diese Form gezwungen hatte, wusste quasi nichts.

Ach, was hieß ‘quasi’!

Drucksend hatte der kleine schwarzhaarige Junge irgendwann gefragt, ob er noch ein paar andere Fragen stellen durfte, ab vom Vampirthema.

Neugierig geworden, hatte der Quirrell diesem zugestimmt, einen Tee bei den Hauselfen geordert und den Fragen Harrys gelauscht.

Fragen, welche nicht nur ihm ein Gefühl von Wut, Unverständnis und doch ein wenig Belustigung gaben. Fragen, die jedes magische Kind normalerweise von klein auf beantwortet bekam. Zum Beispiel erzählte er dem Jüngeren in diesem Zusammenhang von den wichtigsten Familien. Den Klassenunterschieden nach Macht, Geld und Blut. Dass es ein Ministerium gab. Dass es Hogwarts gab und welchen Stellenwert diese Schule in der Welt der Zauberer und Hexen hatte.

Und der Junge saugte alles auf wie ein nasser Schwamm. Machte sich sogar heimlich Notizen. Doch der Mann im Lehrermodus merkte auch, wie Harry mehr und mehr ein Gähnen unterdrücken musste.

 

“Professor, darf ich Ihnen noch eine Frage stellen?”

“Eine noch und dann sollten Sie ins Bett gehen.”

Ein Nicken war die Antwort, ehe der Junge nachzudenken schien, wie er die nächsten Worte formulieren sollte.

“Professor, es gibt etwas, dass mich stutzig werden lässt. Es betrifft … Voldemort.”

Ein Zucken ging durch den Körper des Lehrers und nicht nur Quirrell lauschte gespannt. Nicht nur, dass der Junge den Namen ausgesprochen hatte, nein. Er hatte ihn dabei auch noch mit festem Blick angesehen. Konnte es sein, dass der Kleine etwas ahnte?

 

“Ich frage mich nur … also … Hagrid erzählte mir, dass ich angeblich diesen bösen Zauberer besiegt haben soll. Dass ich, warum auch immer, überlebt habe, während meine Eltern und Voldemort selbst starben. Warum also, tun dann alle so, als wenn dieser alleine beim Aussprechen seines Namens hinter dem nächsten Busch hervor springen würde?”
 

Still lauschte er dem Potter. Sah er diesem doch an, dass das noch nicht alles zu wem Thema war. Eine Mischung aus naive Neugierde und Frust zeichnete das junge Gesicht.

 

“Die Menschen kriegen - haben - Angst vor einem Namen, was ich einfach nicht verstehe. Und dann … Professor, das letzte Male, als ich mich wirklich, richtig, jemandem offenbarte, reagierten diese Personen nicht sehr gut. Nun … ich hoffe einfach, dass Sie stärkere Nerven haben. Aber wer mit Vampiren auskommt ...” Ratlos zuckte der Jüngere schief grinsend mit den Schultern, ehe er nach einer Hauselfe rief. Genau so schnell wie diese aufgetaucht war, verschwand sie nach einigen gewechselten Worten und tauchte wenige Minuten grinsend wieder auf. Nur um Harry eine Schlange zu übergeben und mit den leeren Tellern zu verschwinden.
 

Der Quirrell kannte die Schlange, schließlich hatte er bemerkt wie der Junge diese immer zu mit sich herum schleppte. Nun würde er vielleicht auch eine seiner Vermutungen bezüglich der Talente des Kindes bestätigt bekommen. Und tatsächlich.

 

Sanara, du kennst den Professor ja … und ich hoffe, er reagiert besser als Tom.”

Vorsichtig lugte der Junge zu ihm herüber.

 

Deswegen schickst du dieses Ding zu mir? Ich hoffe, ich bekomme hier wenigstens etwas zu essen!”

 

Äh ja klar, warte.” Damit erhob sich der Schwarzhaarige und spülte eine kleine Portion der roten Soße von den kleinen Fleischstücken, welche nun das Reptil bekam.

 

“Professor … dies hier ist Sanara, meine beste Freundin und Vertraute. Sie … also sie, ähm … wird mich mit nach Hogwarts begleiten. Und ja … ich kann ...

“Parsel - Die Sprache der Schlangen”, unterbrach der Ältere das Gestotter des Kindes.

Stumm nickte der baldige Schüler und traute sich endlich den Blick zu heben.

“So hat Tom es auch genannt. Aber haben Sie gar keine … Angst? Hagrid und Tom hatten Angst.”

 

Nun trat also einer DIESER Momente ein. Ein Moment, welcher zukünftige Pläne vereinfachen oder erschweren würden. Auch wenn er längst nicht alle Pläne des Meisters kannte, so war ihm doch klar, dass es wichtig war dass Harry Potter ihm vertraute.

Zudem … auch wenn nicht immer alles in seinem Leben richtig oder legal abgelaufen war, so war er damals doch aus Überzeugung Lehrer geworden.

 

“Mr. Potter, die Sprache der Schlangen gibt es seit v-v-vielen Jahrhunderten. Nur sehr w-w-wenige Menschen w-w-waren jemals damit gesegnet, diese zu beherrschen. F-F-Früher jedoch öf-f-fter als in unserer Zeit.

Letztendlich ist es eine F-F-Fremdsprache, w-w-wie jede ausländische Sprache auch, nur dass sie nicht erlernbar ist. Sie muss einem im Blut liegen. V-V-Von daher sind Sie eher zu beneiden, als zu -f-f-fürchten.”

Der Junge öffnete den Mund, doch Quirinius erhob eine Hand und der Junge schwieg. Ernst blickte er das Kind an und beobachtete die genaue Reaktion auf die folgenden Worten.

“Ich glaube, Sie wissen sehr genau, wie Menschen reagieren, wenn sie etwas nicht beherrschen, kennen, einschätzen oder haben können.” Das Gesicht des Kindes verdüsterte sich.

“Mit Parsel ist es ebenso. Zusätzlich das Problem mit dem dunklen Lord und dem generellen Aberglaube der Menschen bezüglich der Reptilien.” Nun zeigte sich wohl so etwas, wie zögerliches Verstehen auf dem Gesicht des Kindes.

“Der Grund, w-w-warum ich ganz persönlich in keinsterw-w-weise Probleme damit habe, ist, dass ich es a) niemals in böser Absicht gehört habe und b) v-v-vergessen Sie nicht, w-w-welches F-F-Fachgebiet ich unterrichte. Dass es mich zw-w-war geprägt, aber nicht betrübt hat, unter V-V-Vampiren gelebt zu haben.” Vampire und Parselmünde waren nun wirklich die geringstens Sorgen in seinem Leben.

 

Langsam den deutlich abgekühlten Tee trinkend, beobachtete er den jungen Harry Potter. Das Gesicht dessen war zugleich ein offenes und ein Buch mit sieben Siegeln. Es zeigte sich ein nachdenklicher Ausdruck und das ja auch nicht ohne Grund. Er hatte dem armen Kind ja auch eine ganze Menge an Informationen hingeworfen. Seltsamer auch etwas, was der Quirrell als Erleichterung zu deuten geneigt war.

 

“Ich denke, Sie sollten sich jetzt beide zu Bett begeben. Schließlich habe ich Ihnen, Harry, ja auch einiges zum Nachdenken gegeben. Wenn Sie wieder fit sind und die Gedanken sortiert haben, beschäf-f-ftigen Sie sich ruhig intensiv-v-v mit den Schulbüchern, denn dort w-w-wird Ihnen auch einiges erklärt über diese W-W-Welt.”

 

Damit erhob sich der Professor, nachdem er ein abwesendes Nicken des Kindes erhalten hatte. An der geöffneten Tür blieb er noch einmal stehen und blickte zurück.

Alles könnte wesentlich schlechter laufen, dies sagte ihm auch dieser schwache Hauch von Zufriedenheit, welcher nicht seine war. Jetzt hieß es, das Vertrauen des Jungen zu ihm auszubauen und zu festigen. Der Junge war auch ohne seinen ‘Status’ irgendwie interessant. Wie der sich wohl mit der Zeit entwickeln würde? Allein die Gene versprachen eine Menge Potenzial und Überraschung.

    Der Quirrell konnte nachvollziehen, warum andere Menschen ein Problem damit hatten, dass Harry ein Parselmund war. Doch erstens war es wahr, was er dem Jungen diesbezüglich gesagt hatte und zweitens gaben die beiden einfach ein viel zu schönes Bild ab. So wie sie dort saßen, kuschelten und sich leise miteinander unterhielten.

 

“Guten Nacht Mr. Potter”, sagte er noch leise und schloss schmunzelnd die Tür hinter sich. Er musste noch einige Vorbereitungen für das kommende Jahr treffen und zudem stand bald die Schulversammlung an, an der er unter anderem den Schulräten und baldigen Kollegen vorgestellt werden würde.

Doch weit kam er nicht, nur wenige Schritte, ehe die Zimmertür hinter ihm aufgerissen wurde und ein atemloses “Professor!” über den Flur schall. Schmunzelnd wand sich der Mann herum.

“Ja, Mr. Potter?”
 

 

Die Informationen des Professors waren sehr wertvoll für ihn. Vor allem alles, was dieser über die Schlangensprache gesagt hatte. Die Bedeutung der Worte des Mannes war so … groß. Er war eigentlich nicht ‘verflucht’, sondern ‘gesegnet’. Das leise und doch so dröhnende Klicken der zufallenden Zimmertür holte Harry aus den Gedanken. Wie kam er denn jetzt darauf? Egal, denn jetzt galt es den Mann aufzuhalten. Nicht dass dieser so wie vorhin dachte, er besaß keine Manieren, nur weil er sich nicht ordentlich verabschiedete.

Mit Sanara auf dem Arm sprang er so schnell auf, dass der Stuhl nach hinten kippte und polternd auf dem Boden aufschlug.
 

Was …?”, zischte das Reptil verwirrt, doch Harry ignorierte sie für den Augenblick.

 

Eiligen Schrittes ging er zur Tür, riss sie auf und trat einen Schritt auf den Flur. Erleichterung durchflutete ihn, als er den Professor erblickte und rief direkt nach diesem. Als dieser stehen blieb, huschte Harry schnellen Schrittes zu dem ihn genau beobachtenden Erwachsenen.

“Professor, ein Glück, Sie sind noch nicht in Ihrem Zimmer. Ich, äh also ich wollte Ihnen nur schnell danken und auch eine gute Nacht wünschen. Sie haben mir so geduldig meine Fragen beantwortet und ein wenig die magische Welt verständlicher gemacht.

Entschuldigen Sie bitte mein unmögliches, unhöfliches Verhalten, ich war …”

“Beruhigen Sie sich, Mr. Potter”, stoppte der Ältere den plappernden Harry. “Ich habe es gerne getan, denn ein gebildeter Schüler erleichtert mir meinen Job. Zudem haben Sie höf-f-flich nach W-W-WEITEREN Inf-f-formationen gef-f-fragt, also etwas ganz anderes als dieses ‘Löcher in den Bauch f-f-fragen’, wov-v-von die unsäglichen Muggel immer sprechen. Ich kann Ihnen v-v-versichern und Sie beruhigen, dass ich Ihnen Einhalt geboten hätte, so es mich gestört hätte.”

“Ähm … äh, das ist gut.” Schief lächelnd strich sich der Potterspross durch die Haare.

“Dann w-w-wünsche ich Ihnen nun w-w-wirklich eine gute Nacht, Mr. Potter.”

“Danke, ebenfalls Professor.”

Damit wandten sich beide ab und gingen in ihre Zimmer.
 

 

Ob er nach diesem Tag - und vor allem diesem Abend - überhaupt schlafen konnte, bezweifelte Harry wirklich.

Also Schlüpfling, jetzt erzähl mir erstmal alles”, forderte Sanara neugierig als die beiden einige Zeit später tatsächlich schlaflos im Bett lagen. Nur zu gern kam der Junge dieser ‘Bitte’ nach.

Und irgendwann, als der Mond schon hoch am Himmel stand, fielen auch die beiden Freunde nach zahlreichen Worten in einen ruhigen, traumlosen Schlaf.

 

Brief mit Folgen

Die Minuten, Stunden und Tage vergingen und nach einer weiteren Woche hatte Harry endlich so etwas wie eine Routine aufgebaut. Es war eine Mischung aus Lernen - wahlweise im Zimmer oder im Garten -, mit den Hauselfen und auch Tom reden sowie faulenzen. Aber auch Streifzüge im nicht magischen London gehörten dazu. Nicht nur einmal hatten sie den freundlichen Bäcker und dessen Frau besucht. Beide waren auf eine sehr direkte Art nett zu ihm und erlaubten ihm in der Bäckerei mit zu helfen. Gaben ihm dann sogar nicht verkaufte Brötchen oder ein paar Penny.

Laut den beiden Erwachsenen war es besser, der Jugend etwas zu tun zu geben, ehe sie aus Langeweile auf die falschen Gedanken kam. Und so fegte der Potter gut gelaunt Krümel zusammen, half dabei Dinge von A nach B zu tragen oder auch mal dabei Sesam- und Mohnkörner auf den Brötchen zu verteilen, ehe sie in den Ofen geschoben wurden.

So erfuhr der junge Potter nicht nur einiges über das Bäckerhandwerk und das Leben als Ladenbesitzer, sondern auch einige Geschichten über dieses Viertel.

 

Früher herrschte hier wildes, geschäftiges Leben. Menschen kamen und gingen. Restaurants, Cafes, Geschäfte aller Art waren hier. Eins seltsamer als das Andere und mit genau so seltsamen, aber doch sehr netten Menschen.

Vor allem in der so genannten Hippie-Zeit wimmelte es hier nur so vor bunten Typen. An nicht nur einer Demonstration hatten die beiden Erwachsenen teilgenommen, auch wenn sie nicht einmal wussten wofür oder wogegen. Wie Albert schmunzelnd meinte, war es nur wichtig an den guten, friedlichen Zweck hinter der Demo zu glauben.

Renata - so der Name der Bäckersfrau - erinnerte dabei stirnrunzelnd an die Demo, bei der es um Frieden zwischen Muggeln und Nicht-Muggeln ging. Sie hatte zwar nie eine Erklärung dieser Begriffe bekommen, und auch nicht erfahren welche Drogen oder welcher Sekte diese weltfremden Menschen entstammen, aber sie hatte keiner lustigeren und interessanteren Demonstration beigewohnt in all den Jahren.

 

Für Harry war dies unglaublich lehrreich und interessanter als jedes Schulbuch. Gelebte Geschichte, und somit aus erster Hand, war eben doch wesentlich spannender. Zauberer hatten damals also Seite-an-Seite mit Muggeln für Frieden demonstriert. Nun, damals fiel es dann auch nicht so auf, wenn man bunte oder sonst wie komische Kleidung trug. Wenn er dann alleine an die Dame mit dem Papagei dachte oder die mit den bunten Umhängen oder der Professor mit seinem Turban. Heute stachen sie aus der Menge hervor wie ein bunter Hund. Damals nicht.

So verging also die Zeit und Harry war zufrieden.
 

 

Am Sonntagabend, als er gerade wiedermal mit dem Professor zusammen zu Abend aß, klopfte es plötzlich am Fenster. Verwundert blickte Harry herüber und die Verwunderung wurde nicht geringer, als er vor dem Fenster eine Eule flattern sah.

“Ähm … Professor? Vor dem Fenster, äh … ist eine Eule.”

“Nun dann Mr. Potter, w-w-würde ich sagen dass Sie das Tier herein lassen. Es scheint Post für Sie zu haben.” Ohne aufzusehen, aß der Professor unberührt weiter.

Harry hingegen sprang peinlich berührt auf um das Tier hereinzulassen. Er hatte doch glatt wieder vergessen, dass Eulen in der magischen Welt nicht nur einfache Tiere waren, sondern wichtige Arbeiten erledigten. Wie lange würde es wohl noch dauern, bis er sich an sowas gewöhnt hatte? Nun bis zum September sollte er das wirklich hinbekommen, denn sonst würde ER auffallen wir der sprichwörtliche Hund. Das Wissen über Voldemort und Vampire, welches er sich via seiner Bücher angeeignet hatte, konnte bestimmt nicht wirklich für Pluspunkte sorgen.

 

Ein zaghaftes Knabbern an der Hand des Potter holte diesen aus den ‘hätte-könnte-wenn’ Gedanken.

“Setzen Sie sich und nehmen Sie dem Tier die Last ab. Es w-w-wird Sie sonst nur stärker beißen. Merken Sie sich, Mr. Potter, eine Annahmev-v-verw-w-weigerung bei Eulenpost könnte sich schlecht auf Ihren Gesundheitszustand ausw-w-wirken. Jedenfalls so Sie an ein entsprechendes Exemplar an Eule geraten und dabei rede ich von Persönlichkeit und Ausbildung.”

Erneut schnappte die Eule nach ihm und Harry zweifelte nicht am Wahrheitsgehalt der Worte Quirrels. Immer wieder in Richtung Schnabel linsend, löste er die Pergamentrolle vom Bein des Tieres. Als diese schließlich vor ihm lag, atmete er erleichtert aus und betrachtete aufgeregt die Rolle vor sich. Das letzte Mal als er Post bekommen hatte, war dies bei den Dursleys gewesen und nun hatte er ehrlich gesagt doch ein wenig Angst, dass es wieder Ärger gab. Oder es nochmal ein Brief von Hogwarts war, mit noch mehr Utensilien für das Schuljahr, denn die Motivation in die Winkelgasse zu gehen lag ungefähr bei Null.

 

Doch dann fiel es ihm auf: Es war ein anderes Siegel, als jenes auf dem Hogwartsbrief. Auf dieser Rolle prangte ein grün-schwarzes Schild, welches von schwarzen Drachen ähnlichen Figuren gehalten wurde. Auf diesem Schild prangte ein dickes, silbernes ‘M’ und im hinter dem Schild sah man Lanzen ebenso hervor blitzen, wie zwei Figuren, welche man grob als Schlangen erkannte.

 

“W-W-Wenn Sie den Brief noch länger bloß anstarren, w-w-wird die Eule Ihr Abendbrot v-v-verspeißt haben”, kam es amüsiert mahnend vom Professor. So brach Harry schließlich das Wachssiegel und entrollte das Schriftstück vorsichtig. Sollte sich das Tier ruhig in der Zeit sein Beilagenbrötchen schmecken lassen. Verdient hatte es sich in Harrys Augen.
 

 
 

“Hallo Harry,

erinnerst du dich noch an mich?

Ich bin es, Draco. Draco Malfoy.

Wir sprachen bei unserem letzten Treffen von einer Verabredung,

also hast du Lust?

 
 

Bitte sende mir so schnell wie möglich deine Antwort.

Sherlock wird so lange warten.

 
 

Mit freundlichen Grüßen,

Draco”

 

“Der Brief ist von Draco. Er fragt ob ich zu ihm kommen will.” Lächelnd blickte der Jüngere den Älteren an. Er hatte irgendwie nicht mehr daran geglaubt, dass der blonde Junge sich melden würde und war daher umso erfreuter. Wenn man nicht gerade mit ihm shoppen ging, schien der junge Malfoy wirklich nett und lustig zu sein. Allein eine Wiederholung der Essenschlacht war es wert, sich mit diesem zu treffen.

“Ich würde die Einladung gerne annehmen nur … nur wird Draco und seiner Familie auffallen, dass ich von nichts eine Ahnung habe. Draco meinte damals er würde mit mir fliegen wollen, aber ich kenne Besen doch bloß als Haushaltshilfe und fliegende Besen einzig aus dem Quidditschladen und Beschreibungen in den Büchern.” Unsicher zeigte der schwarzhaarige Junge auf die Bücher und zuckte mit den Schultern. Was wenn Draco ihn dadurch nicht mehr mochte?

 

“Nun …”, setzte der Erwachsene vorsichtig an, “... ich denke die Kombination aus ihnen beiden hat deutlich mehr Potenzial, als sich v-v-von so etw-w-was beeinf-f-flussen zu lassen”, kommentierte der Quirrell geheimnisvoll und schob den leeren Teller zur Seite. “Tref-f-f-f-fen Sie sich ruhig mit dem jungen Malf-f-foy, denn w-w-was ich von der F-F-Familie und v-v-vor allem dem Jungen w-w-weiß, ist, dass es diesen große F-F-Freude bereitet Unw-w-wissende auf-f-fzuklären und auch schon mal zu ihrem ‘Glück’ zu z-z-zwingen. Sie w-w-werden bestimmt Spaß haben.” Ein kurzes Lächeln huschte über das Gesicht des Turbanträgers. “Zudem, w-w-werde ich die nächsten Tage kaum Zeit haben, um nach Ihnen zu sehen. V-V-Von daher bin ich einigermaßen beruhigt w-w-wenn Sie bei den Malf-f-foys sind und nicht in den Straßen herumstromern w-w-wie ein Hund.”

 

So wirklich wusste Harry darauf keine Antwort, und ihm war auch noch nicht klar, ob der Professor dies nun negativ oder einfach nur unglücklich positiv gemeint hatte. Also war alles was er antwortete nur trocken: “Ok, dann will ich Sherlock mal nicht länger von der Arbeit abhalten.”

 

Mit Hilfe der diensteifrigen Scotchi, war er schnell im Besitz von einem Blatt Pergament, denn der Versuch auf kariertem Papier zu antworten wurde ebenso verneint, wie mit Kugelschreiber zu schreiben.

Ende vom Lied war ein innerlich laut fluchender Harry welcher Schreibübungen mit der Feder auf eben jenem Karoblatt machen musste. Immer wieder verschmierte er die Tinte. Nahm zu viel oder zu wenig davon. Hielt die Feder im falschen Winkel, sodass er das Papier mit Löchern verzierte.

 

“Bitte Professor, ich verspreche dass ich lernen werde. Aber wenn wir so weiter machen, dann frisst uns Sherlock die Haare vom Kopf oder gar Sanara oder hackt mich blutig. Von dem armen, ungeduldig wartenden, Draco ganz abgesehen.” Frustriert raufte sich der Potter die Haare. Warum schrieb man nicht einfach mit Füllern oder Kugelschreibern?

Mit dem besten Bettelblick welchen er hinbekam, blickte er von unten zu dem stehenden Erwachsenen hoch. “Ich denke Draco wird es schon verstehen. Oder er hält mich einfach für cool.”

“Mr. Potter, reißen Sie sich zusammen und konzentrieren sich. Jemand w-w-wie Sie sollte es doch dreimal hinbekommen, mit der F-F-Feder einen einf-f-fachen Brief-f-f zu ver-f-fassen. Ohne Risse im Pergament oder unlesbar durch Tintenf-f-flecke.

Als Harry Potter haben Sie sich schließlich schon ganz anderen Problemen erf-f-folgreich gestellt.” Damit klopfte der Turbanträger energisch auf das Übungsblatt und ließ die bisherigen Schreibversuche wieder verschwinden.

 

“Ach maaaaan”, jammerte der Junge und ließ resigniert den Kopf aufs Papier sinken, während der plötzlich so strenge Mann in einem herbei gezauberten Sessel Platz nahm. Leise, teilweise recht derbe und von Dudley gelernte Verwünschungen murmelnd, widmete er sich wieder den Schreibübungen.

Der Professor hatte in dem Punkt recht, dass er sich so gesehen schon gefährlicheren oder anstrengenderen Aufgaben gestellt hatte. Aber meinte der Mann das Ganze nun als Beleidigung oder nicht? Warum sprach dieser Mann eigentlich dauernd in Andeutungen und Mysterien? Pah, Erwachsene! Ob er selbst wohl auch einmal so wurde? Nun, Harry hoffte nicht.
 

 

Eine für Harry gefühlte Ewigkeit später hörte endlich Worte, welche ihn erleichtert ausatmen und leise jubeln ließen. Sanara, welche inzwischen eingerollt auf dem Bett lag, gratulierte ihm, denn nun roch er nicht mehr so ‘düster’ wie sie es nannte.

“Sehen Sie, Sie haben es geschaf-f-f-f-ft.”

“Ja und es ging ja soweit ohne Zwischenfall von statten. Also wenn man von der Tinte absieht,welche Sie mir aus den Haaren und Augen sowie von den Hände zaubern mussten. Genau so, wie Sie die Feder gefühlte hundert Mal repariert haben und ebenso den Zettel. Ich sags Ihnen eins …”

Mit verschränkten Armen ließ sich der Potter zurück gegen die Stuhllehne fallen und blickte zu dem Professor herüber. “Dieses Federnschreiben wird definitiv NICHT auf meiner Lieblingsliste stehen, und verstehen werde ich den Sinn wohl auch nicht. Nur weil es ‘besser’ oder ‘feiner’ aussieht? Also bitte!” Schnaubend schüttelte der genervte Junge mit dem Kopf und richtete sich auf, um endlich die Antwort an Draco zu verfassen.

Nicht mal Sherlock schien auf seiner Seite zu sein, denn dieser hatte einfach drei kleine Brötchen verputzt, aus Harrys Wasser Glas getrunken und hatte schließlich auf dem Kopfteil vom Bett Platz bezogen. Natürlich ohne Sanara anzugreifen. Blödes Vieh! Ok, eigentlich nicht, aber trotzdem.

 

Nachdem der Brief unter der Kontrolle des Quirrels schließlich geschrieben und versendet worden war, lag Harry nun einige Zeit später ziemlich erschöpft im Bett.

Sanara, manchmal ist der Professor wirklich komisch.”

 

Seid ihr Zweibeiner das nicht alle, Schlüpfling?”, gab das Reptil ihre Meinung bekannt.

 

Hmm … ich glaube für alle Nicht-Zweibeiner, sind wir wohl ebenso ein Rätsel, wie ihr Schuppenträger oder die Hauselfen für uns. Aber das ist nicht, was ich meine, Sanara.” Seufzend drehte sich Harry auf die Seite um die auf ihrem Kissen liegende Schlange anzublicken. Dieses hatte er in einem Tierladen gekauft, beziehungsweise Sanara hatte es sich ausgesucht. Kleine verwöhnte Schlange.

Ich meine, dass er manchmal in Rätseln spricht. Ich habe es dir ja soweit alles erzählt und heute … ja, heute war er plötzlich so streng und hat immer wieder auf die Etikette hingewiesen. Darauf dass ich mit einem Malfoy anbändele, oder wie auch immer er es genannt hat, und dieser darauf bestand. Ich hab ja verstanden das dieser Name wohl eine große Nummer ist in der Zaubererwelt, aber Draco ist ebenso ein Kind wie ich.”

 

Seltsam ….”, zischte das Reptil.

 

Du sagst es. Als ich ihn dann bevor er ging danach gefragt habe, meinte er es gehöre sich nunmal so für ihn. Dass er schließlich Ansehen zu verlieren hätte. Was stimmt denn nicht mit den Erwachsenen?” Frustriert schnaubte der Junge. Es hätte so ein netter Abend werden können, aber dann hatte der Professor wie ein Adler über die Schreibversuche gewacht. “Dann reden die auch immer in Rätseln. Ich verstehe nur ein Viertel von dem was er sagt. also den Inhalt schon, aber irgendwie meint er doch bestimmt was ganz anderes. Es nervt!”

Harry wusste, dass er sich vielleicht ein wenig ungerecht dem Turban tragenden Lehrer gegenüber verhielt und auch, dass er vielleicht heute Abend etwas frech gewesen war, aber er verstand es nicht. Das alles zusammen kratzte an seinen Nerven.

 

Bist du aufgeregt, Schlüpfling?”, erkundigte sich seine Schuppenfreundin und drückte kurz Mut spendend ihre Maul gegen Harrys Nasenspitze.

 

Was meinst du, Sanara?”

 

Nun, ich meine, wegen dem Besuch bei diesem Jungen. Ich kenne dich inzwischen, mein Kleiner. Ich weiß, dass du solche Situationen nicht magst. Aber denk dran, ich komme mit und wenn das kleine Zweibein oder irgendwer, frech wird, beiße ich sie. Hat bei den weiblichen Zweibeinern auch geklappt. Außerdem hast du Recht häufig in der Sprache der Schlangen geschimpft.” Vorsichtig schob sich das Reptil noch näher und schmiegte sich gegen Harrys Stirn. Züngelte ihm sanft über die Wange.

 

Danke.”

 

Mehr Worte waren zwischen den beiden nicht nötig, denn sie würden keine Lösung bringen.

Harry musste sich seinen Zweifeln sowie der Angst stellen, und das Beste aus der Situation machen. Vielleicht würde er auch noch hinter das Geheimnis des Professors kommen, denn das dieser eins hatte, stand für den jungen Schwarzhaarigen fest. Die Frage, ob er dies wirklich wollte drängte sich ihm auf, doch Harry unterdrückte sie einfach.

Zusammen mit Sanara würde er den Tag mit Draco schon meistern.

 

Der letzte Gedanke bevor Harry unter der leisen und beruhigenden Atmung Sanaras einschlief, war, dass Draco ihm bitte irgendwie anders als via Eule antwortete.

Verschiedene Definitionen

Tatsächlich erschien am nächsten Morgen Scotchi in seinem Zimmer. Neugierig kam der Junge aus dem Badezimmer, die noch duschnassen Haare mit einem Handtuch trocken rubbelnd.

 

“Guten Morgen, Scotchi”, begrüßte er die Hauselfe fröhlich. Unerwarteterweise war die letzte Nacht nur von traumlosem Schlaf gezeichnet und nicht, wie befürchte, von Gedanken wälzen. Eine sehr erholsame Nacht.

“Ebenfalls, Harry”, erwiderte das Wesen breit grinsend und schlackernden Ohren. “Scotchi hat Brief von Mr. Malfoy Junior für Harry”, plapperte die Kleine weiter und hielt Harry eine Pergamentrolle mit dem ihm bereits bekannten Malfoyschen Siegel hin.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen nahm der Potter diese entgegen.

“Wie …”

“Eine Hauselfe überbrachte diesen Brief mit der Anweisung, diesen der persönlichen Hauselfe von Mr. Harry zu überreichen. Scotchi zählt jetzt als Harrys persönliche Elfe.” Stolz klang in der Stimme des Wesens mit und wenn Scotchi gekommt hätte, wäre das Grinsen wohl rund um den Kopf gegangen.

“Danke, Scotchi”, gab Harry dankbar zurück und hauchte der kleineren im Vorbeigehen einen Kuss auf den Kopf. Woraufhin diese quietschend wieder disapparierte.

 

Schmunzelnd ließ sich der Schwarzhaarige auf der Bettkante nieder und entrollte Dracos Antwort.
 

“Hallo Harry,

man du hast echt ‘ne Sauklaue.

Jetzt verstehe ich warum du eine andere Art zu antworten,

als via Brief, wünscht.

Nun, wozu gibt es Hauselfen? Schick mir einfach eine.

Geht auch schneller als mit einer Eule.

 
 

Ich freue mich, dass du einem Treffen nicht abgeneigt bist.

Die Ferien gehen ja noch einige Wochen, aber was hälst du von heute?

Mein Vater muss zu einer Schulbesprechung.

 
 

Ich erwarte dich um 10 Uhr zum Frühstück.

Der Kamin ist dann offen: Malfoy Manor Empfangshalle.

 
 

Gruß,

Draco.”

 

Harry liebte zwar gute Rätsel, aber dieses hier überstieg seinen Horizont am frühen Morgen doch bei weitem. Ach was, nicht nur am Morgen.

Wozu sollte denn der Kamin offen sein? War es so kalt in Dracos Zuhause?

Doch dann schlug er sich die Hand gegen die Stirn. Manchmal stand er aber auch wirklich auf dem Schlauch. In einem der Bücher hatte er doch etwas über dieses Apparieren nachgelesen, und wusste somit jetzt auch, dass es damals bei der Aktion des Professor Glück gewesen war, dass nicht etwas Grausames passiert war. Die schwarz-weiß Abbildung dieses ‘Zersplittern’ reichte ihm wirklich!

 

Neben den Informationen zu der Fortbewegung via Apparieren/Disapparieren, hatten in dem Buch noch weitere Möglichkeiten gestanden. Zum Beispiel das Reisen mit magischen Kutschen, Tieren oder halt über den Kamin mit Hilfe von … von irgendeinem komischen Pulver. Egal, denn Harry würde eh Hilfe von einem der Erwachsenen oder den Hauselfen brauchen. So ganz sicher war er sich über die Reihenfolge noch nicht.

Ein Blick auf die alte Armbanduhr ließ ihn sich selbst beglückwünschen. Es war gerade mal acht Uhr und um neun Uhr wollte der Professor vorbei kommen. Da konnte er den Mann gleich mal nach Informationen ausfragen.

Freudige Aufregung durchfuhr ihn nun doch wieder und vermischte sich mit der Nervosität. Harry hatte zum ersten Mal eine Einladung zum Spielen erhalten.
 

 

“Und es macht Ihnen wirklich keine Umstände mich dorthin zu begleiten? Also, nicht dass es mich nicht freut, aber wenn Sie es mir einfach nochmal erklären, kriegen Sanara und ich das bestimmt alleine hin, dieses Flohen.” Erneut versuchte der junge Harry Potter, den Quirrel davon zu überzeugen, ihn einfach gehen zu lassen. Auch wenn er nochmals nachgelesen hatte und sich somit bewusst war, dass bei diesem via Kamin reisen auch Dinge schief laufen konnte, glaubte er doch fest daran es alleine hinzubekommen. Wie hatte der Erwachsene gestern noch gemeint? Er hätte schon ganz anderes bewältigt? Nun, von dieser Meinung merkte der Junge gerade wirklich nichts.

 

“Mr. Potter, die Malf-f-foys haben mich als ihren Priv-v-vatlehrer und momentan zuständigen Erw-w-wachsenen kennengelernt. Es gebietet also die Situation und der Anstand, dass ich Sie dorthin begleite und Ihre unv-v-versehrte Ankunf-f-ft garantiere. Danach übergeht die Auf-f-fsichtspf-f-flicht an die F-F-Familie Malf-f-foy.”

“Das ist ja wie bei den Muggeln. Onkel Vernon hat der Klassenlehrerin einmal vorgeworfen dass sie diese Aufsichtspflicht vernachlässigt habe, da Dudley sich böse geprügelt hat”, platzte es aus dem Jungen raus. Er fand es einfach interessant all die Parallelen zu entdecken.

“W-W-Wenn Sie es sagen, ist es w-w-wohl so. Das Argument Ihres V-V-Verwandten hinkt zw-w-war ein w-w-wenig, ist aber akzeptabel. Sie haben - ebenso w-w-wie ihr Cousin - in ihrem Alter eine Eigenv-v-verantw-w-wortung. Lassen Sie uns nun auf-f-fbrechen. Man lässt einen Malf-f-foy nicht w-w-warten.”

Entschlossen strich sich der Erwachsene über die vielen Schichten Stoff, richtete noch einmal seinen Turban, schmiss eine handvoll Pulver in den lodernden Kamin, welcher in der Nähe der Wirtsstube war, und stellte sich mitten in die grünen Flammen.

 

“Bereit?” Erkundigte sich Harry kratzig.

 

“Wenn du es bist, Schlüpfling”, säuselte Sanara zurück und verstärkte ihren Druck um seinen Hals. War Sanara gewachsen? Nun, dem würde er sich wann anders widmen. Jetzt rief er sich noch einmal die Regeln des Flohen in Erinnerung, atmete tief durch und stellte sich neben den Professor. Die Flammen waren wirklich wie beschrieben angenehm warm anstatt ihn zu verbrennen.

 

“Halten Sie sich an mir f-f-fest, Mr. Potter.” Leicht verkrampft kam Harry dieser Aufforderung nach und legte seine Hand auf den angebotenen Arm des Älteren. Kaum dass Quirrel laut “Malfoy Manor - Empfangshalle” rief, verschwand die Welt in grünen Flammen und zurück blieb nur das Geräusch von Harrys panischen Quietschen.
 

 

“Bei allen Heiligen …” Leicht grün um die Nase kletterte der Potter aus dem Kamin, kaum dass sie in Malfoy Manor angekommen waren. Jetzt war er doch recht froh darüber dass der Professor darauf bestanden hatte mitzukommen. Harry wäre vor lauter Überforderung wahrscheinlich in den Weiten des Flohnetzwerkes verschwunden oder wer weiß wo gelandet. So hatte er nur Asche im Mund und auf der Kleidung, welche vom Professor weggezaubert wurde.

“Gehts wieder?”, erkundigte sich eben jener Erwachsene, und hielt den taumelnden Harry am Arm fest.

“Ja … muss ja”, meinte Harry, während er sich an dem festen Boden unter seinen Füßen erfreute. All zu unrecht hatte der Junge nicht, denn schon eilte ein laut “HARRY!” rufender Draco heran. Sanara murmelte etwas von Dreck und doofe Zweibeiner.

Grinsend blieb der blonde Junge vor ihm stehen. Kurz glitt der Blick seines gegenüber zu dem Reptil, dann schien er sich auch schon damit abgefunden zu haben.

 

“Da bist du ja endlich, wir haben extra mit dem Frühstück auf dich gewartet.”

Harry löste sich von seinem Helfer und trat auf den Malfoy zu.

“Nun, dass wäre auch alles andere als höflich, wo du mich dazu quasi eingeladen hast”, gab Harry lächelnd zurück.

“Ein schlagfertiger junger Mann. Vorsicht Draco”, ertönte es plötzlich sanft hinter Ermahnten. Es war Narzissa, welche mit einem zarten Lächeln auf die kleine Gruppe zutrat.

Nach einem kurzen Begrüßungsszenario aus Händeschütteln und dem Austausch von Floskeln, begab sich die Gruppe unter Dracos Führung in das ‘kleine Esszimmer’.

 

Harry hatte wirklich Schwierigkeiten damit, nicht mit offenem Mund herum zu rennen. Dracos Zuhause schrie nur so vor Geld. Allein der Boden, welcher verdächtig nach Marmor aussah, war beeindruckend. Als die Vier dann schließlich dieses angeblich ‘kleine’ Esszimmer betraten, begann Harry ernsthaft an der Malfoyschen Definition von einfachen Dingen wie ‘klein’ und ‘groß’ zu zweifeln. In diesen Raum passte sein momentanes Zimmer mindestens zweimal. An die kleine Kammer bei den Dursleys brauchte er eigentlich gar keine vergleichende Gedanken verschwenden.

Dieses ganze Haus - Manor - überforderte den Potter mit seiner schieren, vermuteten, Größe. Da verlief man sich doch und bis man mit der warmen Milch im Bett war, war diese doch bestimmt wieder eiskalt.

Es war die Stimme von Lucius Malfoy, welche ihn aus den Gedanken holte.

 

“Guten Morgen, die Herren.” Erneut wurden Hände geschüttelt und Höflichkeiten ausgetauscht, sowie die Schlange um Harrys Hals gemustert.

“Wie ich sehe, hat der Professor dich hier heile abgeliefert. Und deine Schlange hast du auch dabei.” Musternd wanderte der Blick des Familienoberhaupt über Harry, welcher die Feststellung nickend bestätigte. “Nun, ich würde sagen, wir machen uns gleich auf den Weg nach Hogwarts. Meinen Sie nicht, Mr. Quirrell?”

“Einen Moment bitte. Harry, kommen Sie noch einmal mit?”

Damit drehte der Turbanträger um und verließ den Raum wieder. Ratlos zu den Malfoys blickend, zuckte der Schwarzhaarige mit den Schultern und folgte seinem Lehrer.

 

“Professor?”

“Mr. Potter, ich habe Sie inzw-w-wischen etw-w-was kennengelernt und meine, dass Ihnen dies helf-f-fen könnte.”

Damit zog der Mann eine kleine Plakette hervor und drückte sie dem verdutzten Harry in die Hand. “Dies erbat ich mir v-v-von Tom, dem W-W-Wirt. Es ermöglicht Ihnen Scotchi herbeizuruf-f-fen und um Hilf-f-fe zu ersuchen. W-W-Wir sind der Meinung, dass Sie eine bestmögliche Absicherung brauchen. Auch w-w-weil ich um Ihr Temperament und auch um einige Ihrer Ängste w-w-weiß. Zudem scheint es mir, dass Sie das Reisen über das Flohnetzw-w-werk nicht gut verkraf-f-ften.”

Vorsichtig nickend stimmte der junge Zauberer zu. War er so leicht zu durchschauen?

 

“Reiben Sie die Plakette und ruf-f-fen die Elf-f-fe, wird diese erscheinen und Sie zurück in den Tropf-f-fenden Kessel bringen. Sollten Sie bis zum Ende der Schulsitzung hier bleiben, bringe ich Sie gerne w-w-wieder dorthin zurück.”

Blinzelnd blickte der Junge auf das unscheinbare Stück Metal in seiner Hand. Er hatte jetzt eigentlich Grund sich über die Bevormundung, Überwachung, oder was auch immer, aufzuregen, jedoch war er dafür zu dankbar. Durch diese kleine Plakette wurde ihm ein weiterer Teil seiner heimlichen Sorgen genommen. Was ihn zu der Frage brachte, ob sich jemals ein Erwachsener so um ihn gekümmert hatte. Leider war die Antwort ‘Nein’, daher genoss er es irgendwie schon ein wenig. Es tat gut.

 

“Danke, Professor.” Dankbar lächelnd blickte den Erwachsenen an und aus einem Affekt heraus schloss er diesen kurz in die Arme. Als ihm bewusst wurde, was und wen er da umarmte, trat er peinlich berührt zurück. Den Kopf gesenkt.

“Gerne, Harry. Nun, kommen Sie oder der junge Draco v-v-verhungert und Lucius Malf-f-foy hext mich ins nächste Jahrhundert, so er durch mich zu spät bei dieser V-V-Versammlung erscheint.”

Leise lachend folgte Harry dem Mann. Den kleinen metallenen Rettungsanker sicher in seiner Hosentasche verstauend.
 

 

“Das Essen war wirklich sehr, sehr lecker, Mrs. Malfoy”, lobte der pappsatte Harry einige Zeit später.

Die Männer waren recht zügig aufgebrochen und die Zurückgebliebenen hatten sich an den Esstisch begeben.

“Danke, mein Lieber. Nun, was haltet ihr davon spielen zu gehen?” Vornehm tupfte sich die Dame des Hauses den Mund ab, ehe sie genüsslich an einer Tasse nippte.

“Wir sind schon weg”, gab Draco gut gelaunt zurück und war quasi schon halb aus dem Raum, ehe ihm auffiel dass Harry immer noch am Tisch saß.

“Na los, Harry, geh schon”, animierte ihn Narzissa, doch Harry hatte ein schlechtes Gewissen. Da war ja noch der Rest des Frühstücks und all das dreckige Geschirr. Die Familie hatte auch Hauselfen, wie er von Scotchi wusste, und doch konnte er das, was er jahrelang eingebläut bekommen hatte nicht einfach ablegen.

Anscheinend schien auch die Hausherrin seinen Disput zu bemerken. Geh ruhig. Ich kümmere mich darum. Siehst du.”

Gespannt beobachtete Harry wie Narzissa den Zauberstab hob, gegen einen Teller tippte und daraufhin alles an Besteck verschwand.

“Komm schooooon”, kam es quengelnd aus Richtung Tür.

“Es ist alles gut. Geh spielen.” Aufmunternd blickte die Frau ihn wieder an und endlich rutschte Harry vom Stuhl und flitzte hinter dem freudig lachenden Draco her.

Den nachdenklichen Blick, welchen Narzissa ihm hinterherwarf, bekam er nicht mehr mit.

Spiel, Spaß und Lernen

“Dein Zuhause ist wirklich sehr schön. Sag mal, wie groß ist euer Garten eigentlich?” Gedanklich nannte Harry es ja eher Park.

“Ähm … groß?” Schulterzuckend schritt der junge Malfoy selbstbewusst in Richtung eines Schuppens. Nach dem Draco ihm sein Zimmer gezeigt hatte, unverschämt groß und mit eigenem Bad, waren die beiden Jungs durch das Haus und schließlich in den Garten getigert. Es war viel zu schönes Wetter um sich drinnen zu amüsieren.

Die Frage war nur, was war tolles in diesem Schuppen? Was es auch war, bisher war Harry der Meinung, dass kaum etwas die Bibliothek, den See oder die Pferde toppen konnte.

 

“Bereit?”, erkundigte sich Draco mit dem Grinsen eines Honigkuchenpferd. Dem Jungen schien es ziemlich gut zu gefallen jemand neuen sein Zuhause und all das was er besaß - oder besser gesagt seine Eltern - zu präsentieren.

Harry konnte dies durchaus verstehen und er gönnte es dem Jungen. Draco mochte ein privilegiertes und vielleicht auch verwöhntes Einzelkind sein, jedoch war er dazu auf seine eigene Art nett. Es war für den Grünäugigen irgendwie schwer die richtigen Worte für den Malfoy zu finden, doch er mochte den ’privaten, lustigen Draco’.

 

“Ich präsentiere Ihnen: Die Besen!” Stolz riss Draco die Holztür auf. In dem Moment versank auch Harrys mentale Frage, was an Besen so besonders war, in Vergessenheit. Das da waren nicht irgendwelche Besen, sondern Harry erkannte sie als Quidditch Besen. Bisher hatte er sie zwar nur in Büchern oder in der Winkelgasse gesehen. Perplex blinzelnd schloss sich seine Hand um den Stiel, als Draco ihm einen der Flugbesen einfach in die Hand drückte.

“Wettrennen von hier bis zum See?” Es war mehr eine Aussage, denn eine Frage und Draco war auch schon wieder auf den Rasen geflitzt. Wirklich … nahm der Kerl diese Aufputschtränke zu sich von denen er gelesen hatte?

 

Harry steckte in einer Zwickmühle.

Einerseits war da die Neugierde. Die Erinnerung an den Flug mit dem Motorrad kam ihm in den Sinn; das Gefühl der Freiheit, welches ihn überkommen hatte.

Andererseits jedoch, war da Unsicherheit, ja beinahe Angst. Es war keine Angst vor dem Fliegen oder der Höhe. Es war auch nicht der Gedanke daran, dass die Gefahr bestand runter zu fallen und sich zu verletzen. Diesen Gedanken tat er einfach mit ‘Ich hab schon schlimmeres überlebt' ab. Nein, es war die Sorge darüber was Draco von ihm dachte. Draco war sein erster Freund und er wollte den Jungen nicht gleich verlieren. Vor allem da sie ja zusammen nach Hogwarts gehen würden. Es war schön zu wissen, dass man nicht ganz alleine war. Professor hin oder her, der Mann war nicht in seinem Alter.

 

Unsicher wiegte Harry den Besen in der Hand. Es fühlte sich gut an dieses Stück Holz in den Händen zu halten. Das leichte Vibrieren dessen ging durch seinen ganzen Körper.

Er wollte unbedingt fliegen. Wenn Draco wirklich sein Freund war, würde er ihm helfen dies zu lernen und ihn nicht verurteilen. Ja genau, das war Freundschaft!

Mit neuem Mut ging er entschlossen zu dem Blonden, der schon wenige Meter über dem Gras schwebte.

 

“Na los, steig auf. Von hier bis zum See und zurück. Der Verlierer gibt dem Gewinner ein Eis in der Winkelgasse aus.” Hin und her schwebend glitt der blonde Junge durch die Luft.

“Draco …” Unsicher biss Harry sich auf die Unterlippe, ehe er den eben noch verspürte Entschlossenheit wieder zusammenkratzte und seinen Freund ansah. “Ich … ich kann nicht. Ich habe noch nie auf einem Besen gesessen.”

Mit großen Augen sank Draco wieder zu Boden und trat mit dem Besen in der Hand auf ihn zu. “Wie jetzt?” Verwirrung war in seinem Gesicht abzulesen.

“Najaaaa, meine Familie hat mich nicht gelassen. Sie hatten Angst.” Dies entsprach der Wahrheit. “Sie haben mir nicht mal Bücher darüber erlaubt.” Eine ordentlich verzehrte Variante der Wahrheit.

 

“Oh …” Schweigen trat zwischen den Jungen ein. “Meine Eltern sind manchmal auch sehr ängstlich. ‘Draco, pass auf. ‘’Draco, langsam.’ Blablabla. Total nervig.” Empört wedelte der Blonde mit den Händen in der Luft. “Aber weißt du was … ich bringe es dir bei. Du kannst ja als mein Freund nicht vollkommen unvorbereitet in Hogwarts einfallen!” Entschlossenheit und Schalk loderten in Dracos Blick.

Und so kam es, dass eine Hauselfe einen Schutzzauber sprach und Harry schließlich nervös auf den Besen kletterte. Natürlich war er ausgestattet mit Dracos Schutzprotektoren da dieser sonst von seiner Mutter verflucht werden würde.

 

“Ok. Als erstes sage ich, vergess die Angst. Dann rate ich dir keine Ruck-Zuck Bewegungen zu machen in der Luft, die Besen sind empfindlich. Nicht so wie der neueste Rennbesen, aber für dich wird es genügen am Anfang. Links - rechts durch die Verlagerung deines Körpergewichtes. Auf - Ab durch die Neigung des Besenstiel. Nach vorne beugen und du bewegst dich Vorwärts.”

“Das wars schon?”, erkundigte sich der Flugschüler. Woraufhin Draco nur mit den Schultern zuckte.

“Stoß dich kräftig ab und zieh den Besenstiel leicht nach oben. Keine Sorge, die Elfe hat eine bewegliche Schutzkuppel um dich gezogen. Sie ist etwas überpenibel. Los, versuch es schon!”

Wer war aufgeregter von ihnen? Eine Frage welche Harry sich stellte, als er noch einmal tief durchatmete und schließlich tat was der Malfoy ihm gesagt hatte.

“Huch”, entfleuchte es dem jungen Schwarzhaarigen. Der Besen war empfindlicher als gedacht. “Und jetzt?”, erkundigte er sich, wenige Zentimeter über dem Boden schwebend. “FLIEG!”, rief Draco und machte breit grinsend eine scheuchende Handbewegung.

Leise murmelte Harry sich Mut zu, beugte sich vor und der Besen schoss los.

 

“Na machts Spaß?”, rief Draco über das Rauschen des Windes zu ihm herüber. Auch den jungen Malfoy hatte es nicht mehr auf dem Boden gehalten.

“Ja”, brüllte Harry überglücklich zurück. Das hier war um ein so vieles besser als mit dem Motorrad mitzufliegen. Es war … unbeschreiblich toll und Harry nicht in der Lage die passenden Worte zu finden ob seiner Freude.

“Was hälst du nun von einem Wettflug?” Verschwörerisch kam Draco näher an ihn heran.

Eifrig nickend ging der Jüngere auf dies ein. Auch wenn er noch etwas unsicher auf dem Besen war, so würde er Draco den Sieg jedoch nicht schenken!

 

“Ok, auf drei gehts los. Bis da vorne zu den beiden Bäumen am See, ‘rum und dann wieder zurück. Wer zuerst wieder hier ist, hat gewonnen, richtig?” Vorsichtshalber erkundigte sich Harry nochmal. Er hatte im Gefühl dass Draco ihm ebenfalls keine Gnade erweisen würde, denn das war einfach nicht dessen Art. Egal ob der Junge seine Mutter gebeten hatte den Schiedsrichter zu spielen.

“Seid fair, Jungs. Wettfliegen nicht Wettrempeln”, erinnerte eben jene Frau, was ihr ein leicht genervtes “Ja” von Draco und Nicken von Harry einbrachte.
 

 

“Na dann in die Luft mit euch!” Dies brauchte Narzissa den beiden aufgeregten Jungs nicht zweimal sagen. Augenblicklich schwebten zwei Besen zittrig in der Luft. Die Anspannung beider Jungen war deutlich spürbar und es war klar dass sie dies hier nicht nur als Spaß sahen. Es war ein freundschaftlicher Wettkampf.

Harry tat Draco gut, denn er forderte ihren Sohn heraus und ließ sich, trotz der oftmals übermäßigen Unsicherheit, nicht ‘die Butter vom Brot nehmen’. Genau so ein Freund hatte Draco gefehlt, denn die Kinder mit denen ihr Sohn aufgewachsen war hatten oftmals viel zu sehr im Kopf dass sie mit einem Malfoy zu tun hatten. Einfluss, Macht, Geld und ein bedeutender Namen waren eben nicht immer und für jedes Familienmitglied ein Segen.

Die ungeduldige Stimme ihres Sohnes endlich das Startsignal zu geben, holte die Frau aus ihren Gedanken.

“Bereit? Gut dann…  eins, zwei, DREI”, rief Narzissa laut und augenblicklich schossen die beiden Jungs los. Lautes Lachen und unverständliche Rufen halten durch den Garten der Malfoys.

 

Genau so sollten Kinder aufwachsen. Ohne die Gefahren und Sorgen eines Krieges im Nacken. Ohne dauernd Verlustangst durchstehen zu müssen, wenn ein Familienmitglied auch nur das Haus verließ. Ja, Narzissa genoss diese ruhige Zeit und doch war ihr bewusst dass es früher oder später wieder zu offensichtlichen Unstimmigkeiten kommen würde. Menschen waren grundsätzlich dumm und lernten nicht aus den Fehlern vorheriger Generationen. Gedankenvoll beobachtete sie die Kinder welche gerade zeitgleich den Baum umrundet hatten und auf dem Rückweg waren.

Vielleicht waren es genau diese beiden Jungs, welche den Grundstein für neue Kriege oder für den Frieden legten. Narzissa wusste es nicht und es blieb ihr nur zu hoffen, dass sie genug Einfluss für ‘Frieden’ bei den beiden haben würde. Im Moment sah es noch ganz gut aus, denn die beiden warfen sich verbal zwar die ein oder andere Spitze zu, doch hielten sich beide an das ‘Nicht-rempel’ Gebot.

Je näher ihr Sohn kam, desto deutlicher wurde das Blitzen seiner Augen, der konzentrierte Gesichtsausdruck der doch voller Freude steckte. Ja, Harry tat Draco genauso gut, wie Draco dem schmächtigen Schwarzhaarigen, welcher gelöst, ausgelassen und ebenso konzentriert wirkte.

 

“Die beiden haben Spaß. Pass auf dass sie dich nicht platt treten”, sagte sie zu der kleinen Schlange, welche leise zischend näher schlängelte. Ihr war von klein auf antrainiert worden Respekt, aber keine Angst vor Schlangen zu haben. Angst konnte sich gegen einen wenden, wenn die Tiere der Meinung waren daraus ein Vorteil zu gewinnen kaum dass sie diese witterten. Es reichte aus, dem einmal Zeuge gewesen zu sein um sich an den Familienrat zu halten.

 

Schnell richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder den beiden Wettfliegern zu und sprach einen Zauber welcher als Erkennung dienen und den Gewinner offenbaren sollte.

“Du hast keine Chance!”, brüllte Draco siegessicher, dessen Besen ein Stück weiter vorne lag.

“Von wegen, Blondi”, rief Harry mit fester Stimme zurück und lehnte sich noch ein Stück nach vorne.

Orkangleich rauschten die Kinder links und rechts an ihr vorbei und Narzissa war froh den Zauber gesprochen zu haben. Ohne hätte sie niemals sagen können wer gewonnen hatte, denn dafür war es zu knapp gewesen und zu schnell gegangen.

 

“Uuuuuund”, ertönte es aufgeregt von Draco. Beide Jungs waren von ihren Besen gesprungen und rannten nun auf sie zu. Gut, Harrys laufen sah etwas wackelig aus, aber kein Wunder so verkrampft wie er die letzten Meter ausgesehen hatte.

 

Lächelnd blickte sie beide Kinder an. “Gewonnen hat Derjenige, welcher eine Eins auf der Brust hat.” Es fiel ihr schwer eine nichtssagende Miene beizubehalten.

Sofort schossen die Blicke zum jeweils anderen.

“Was ... wie … HÄÄÄÄ?”, gab Draco von sich und blickte irritiert zwischen ihr, Harry und seiner Brust hin und her.

“Haben wir … etwa beide…”, stotterte auch Harry irritiert.

Nun war es mit Narzissas Beherrschung vorbei und sie brach in Gelächter aus.

“Ja, ihr habt beide gewonnen” , erklärte sie gut gelaunt die golden schimmernde Eins auf beiden Oberkörpern.

“Aber auch nur, weil ich mich zurückgehalten habe”, schnaubte ihr Sohn und versuchte nicht wie ein beleidigter Minimuff auszusehen. Was ihm nicht so recht gelang mit deinen verschränkten Armen und dem verkniffenen Gesichtsausdruck. Sie wollte ihn schon an seine Manieren erinnern, doch es war Harry welcher die richtigen Worte fand.

“Vielen Dank dafür. Sonst hätte ich ja niemals den Hauch einer Chance gegen dich gehabt.” Strahlend und mit noch unordentlicheren Haaren, trat der Junge auf seinen Kontrahenten zu und streckte diesem die Hand hin.

“Gern geschehen”, schnarrte Draco besänftigt und reichlich selbstgefällig, während er ebenso einschlug.

Zufrieden schaute Narzissa der Szene zu und stellte fest, dass Harry nicht nur eine Schlange besaß, sondern auch noch Eigenschaften eines Slytherin. Ohne Probleme hatte er Draco um den Finger gewickelt und dieser hatte es noch gar nicht mitbekommen. Wenn Harry auch nach Slytherin eingeteilt wurde… sie war sich noch nicht ganz sicher ob dies gut oder schlecht war.

“Nun, was halten die Herren von Sandwich und Tee?” Eifriges Nicken war die Antwort. “Dann macht auch frisch und dann kommt in den Wintergarten. Schneller als sie gedacht hatte schnappte sich ihr Sohn den Arm seiner Gastes, welcher noch schnell die Schlange aus dem Gras aufhob und zog diesen in Richtung Haus.
 

 

Harry fühlte sich gut. Sehr gut sogar. Er hatte geglaubt dass es Schwierigkeiten geben würde, da er ja kaum etwas wusste, nicht fliegen konnte und Draco allgemein ganz anders lebte als er es je kennengelernt hatte. Doch es war anders gekommen als er sich in seiner Unsicherheit ausgemalt hatte. Er hatte bisher soviel Spaß gehabt wie noch nie und er dachte gar nicht daran Scotchi zu rufen. Obwohl … wenn er sie jetzt rief, dann hätte er ein Problem weniger.

“Ähm Draco?”, rief er unsicher aus dem Badezimmer.

Gemächlich erklang ein “Ja” aus dem Nebenraum, welcher Dracos Schlafzimmer war.

“Ähm … deine Mutter meinte wir sollen uns auch umziehen … ähm, aber ich hab ja nichts. Es ist auch nur nen kleiner Grasfleck auf meiner Hose.” Sein Shirt würde vielleicht im Laufe des Tages ein wenig streng riechen, aber Draco besaß genug Parfüms um dies zu überdecken. Es würde schon gehen und was machte schon ein kleiner Fleck? So war er bei den Dursleys mehrere Tage rumgerannt.

“Neee! Vergiss den Gedankengang ganz schnell, oder Mutter kleidet dich ein. Du kriegst was von mir. Ich habe letztens ausgemistet und im Zimmer nebenan liegt ‘ne Menge mir zu kleiner Sachen. Dann sparen wir uns das passend zaubern. Warte”, sprachs und Harry hörte nur noch das Schlagen der Tür hinter Draco.
 

 

Immer wieder strich Harry begeistert über das dünne, feine, aber erstaunlich bequeme grüne Hemd. Dazu trug er eine schwarze Jeans, welche er trotzdem umgekrempelt hatte und bequeme Stoffschuhe. Der junge blonde Malfoy hatte einen Heidenspaß dabei gehabt ihn anzukleiden und war auch nicht nur mit einem Teil zurück gekehrt. Der junge Gastgeber hatte solch ein Enthusiasmus an den Tag gelegt, dass er den Jungen nicht bremsen wollte. Wenn man Draco durch solche Kleinigkeiten glücklich und zufrieden bekam, dann konnte Harry damit leben. Ihm selbst mochte es egal sein, ob die Schuhe nun zum Outfit passten - hauptsache war sie passten überhaupt -, aber dem Blonden halt nicht.

 

“Da seid ihr ja wieder. Habt ihr euch die Hände gewaschen? Harry, dir steht das sehr gut. Vielleicht solltet ihr mal zusammen in die Winkelgasse gehen.” Bis eben hatte eben jener die Frau noch gemocht, jetzt hatte sie ein Szenario angedeutet welches Harry eher mit ‘Höllenqualen’ in Verbindung brachte. Während der junge Malfoy sofort in Begeisterung ausbracht und von Geschäften, Stoffen, Mustern und sonst was erzählte, zwirbelte Harry unsicher Sanaras Schwanzspitze und murmelte “Ja … vielleicht”.

“Nun dann wäre das ja geklärt. Setzt euch, sonst werden die Sandwiches noch fade und der Tee kalt.” Innerlich schmunzelnd stellte Harry mal wieder fest, welch fremdes Leben die Malfoys doch führten.
 

 

Sanara auf dem Schoß saß Harry mit einem Glas weißen Traubensaft auf der Malfoyschen Terrasse. Draco hatte Eulenpost bekommen und war dabei diese zu beantworten und Narzissa war irgendwo in den Weiten des Hauses mit wer wusste schon was beschäftigt.

“Es ist sehr schön hier, findest du nicht auch, Sanara?”

 

“Ja … die Mäuse mögen wenig sein, aber dafür sehr lecker”, gab das Reptil zufrieden zurück.

 

“Ich fühle mich wie in einer anderen Welt. Aber es fühlt sich nicht falsch an, nur ungewohnt. Die Malfoys sind sehr nett zu uns beiden. Es ist nicht selbstverständlich auf ein Junge mit Schlange so gelassen zu reagieren.”

 

“Die Zweibeiner sind gut. Weiblicher Zweibeiner hat sogar mit mir in ihrer Sprache gesprochen. Leider weiß ich nicht was sie sagte.” Es klang ehrlich betrübt.

 

“Sanara, ich bin so doooof, rief Harry aus und hätte in seiner Aufregung beinahe das Reptil von seinem Schoß geschoben. Empört zischte und fauchte seine tierische Freundin.

“Entschuldige bitte, aber ich … mir ist gerade ein Gedanke gekommen.”

 

“Und der wäre?”

 

“Dass ich dir die Zweibei … ich meine die menschliche Sprache beibringe. Bestimmt gibt es dafür einen Zauber. Wenn du uns verstehen würdest, wäre dies doch sehr hilfreich, oder?”

 

Es dauerte einen Moment, ehe das Reptil nickte. “Wohl wahr, das wäre es! Vielen Dank, Kleiner.” Deutlich besänftiger richtete Sanara sich auf und drückte ihre Schnauze gegen seine Wange.

 

“Irgendwo muss es ja gut für sein, dass ich zaubern lernen werde”, lachte Harry und drückte der Glattschlange nun seinerseits einen Kuss auf den Kopf.
 

 

“Ok, ich gebe auf. Du bist der Meister von ‘Mensch ärger dich nicht’”, lachte Harry und ließ sich auf den Rücken fallen. Es war die gefühlte hundertste Runde dieses Spiels und ein Großteil davon hatte er gnadenlos verloren. Aber es war einfach herrlich gewesen, allein schon weil die Figuren sich gegenseitig vom Feld jagten, in ihre Starthäuser schleppten oder am Ziel einfach ein Nickerchen hielten. Wenn sie nicht gerade ihre Kameraden anfeuerten. Von den Versuchen einen feindlichen Spielstein davon abzuhalten einen zu überholen, ganz abgesehen.

“Es heißt ‘Stupore sie nicht’ und danke.” Breit grinsend legte sich Draco neben ihn.

Sie hatten sich der immensen Spielesammlung angenommen und wieder war es Draco gewesen, welcher sich als junger Lehrmeister beweisen und sehr gut geschlagen hatte.

“Harry … beantwortest du mir vielleicht eine Frage?” Langsam drehte sich der Blonde auf die Seite. Ebenso langsam wandte ihm Harry den Kopf zu. Was kam nun?

 

“Ähm … ja. Also ich versuche es wenigstens.”

“Das ist schon mal ne Antwort. Also … was ich wissen wollte … also …” Stotternd schien der Junge nach den richtigen Worten zu suchen. “Also ich wollte wissen, wie es sein kann, dass du all diese Sachen nicht kennst. Das Fliegen, die Spiele. Dann deine Kleidung und sorry, aber in der Winkelgasse hast du auch wie ein Thestral bei einem Pferderennen gewirkt. Ich frage mich, wie kann das sein?”

Unsicher biss sich Harry auf die Lippen. Doch dann entschied er mit der schon bewährten Technik aufzufahren: So nah wie möglich an der Wahrheit bleiben.

“Meine Verwandten wollten nicht dass ich nach Hogwarts gehe. Sie haben Angst um mich. Sie haben Angst wegen meiner Kräfte. Wir sind nicht arm oder so, aber sehr ‘bodenständig’.” Welch nette Umschreibung der Dursleys, wo alle Markenklamotten trugen und Vernon stets ein topaktuelles Auto vor der Tür stehen hatte. “In ihrer Ansicht müssen sie sich weniger Sorgen machen, wenn ich davon nichts oder nur sehr wenig erfahre. So haben sie wert darauf gelegt, dass ich viele Dinge aus der Muggelwelt kennenlerne und dies obwohl sie Reinblüter sind.” Reinblütige Vorstadtmuggel.

Mitleidig verzog Draco das Gesicht. “Mein Beileid, wirklich. Ernsthaft, die sind ja schlimmer als meine Eltern. Wohnst du deswegen im ‘Tropfenden Kessel’?”

Schwach lächelnd nickte Harry. “Als mein Brief kam, kam es zum Streit und somit blieb nur mein vorzeitiger Auszug. Es ist sehr gemütlich da und Professor Quirrell ist ja bei mir und Sanara ebenfalls.”

“Irgendwie beneide ich dich …”, gestand der Blonde und grinste entschuldigend.

Harry konnte nicht anders als den Jungen mit großen Augen anzustarren.”Wie jetzt?” Gott war das absurd, wo Harry diese Aussage viel eher von sich geben konnte.

“Na, du bist schon Zuhause ausgezogen, kannst machen was du willst. Gut du hast diesen komischen Professor, aber anscheinend kommst du ja gut mit ihm klar.”

“Hmm … ja, stimmt schon”, murmelte Harry leise und Schweigen senkte sich über die beiden Freunde.

Doch lange dauerte diese grüblerische Stille nicht an, denn ein gewisser blondhaariger Junge schien Hummeln im Hintern zu haben. “Also, was machen wir jetzt?”
 

 

Lucius war genervt. Wie er diese Scheinveranstaltung die Dumbledore immer wieder veranstaltete doch verabscheute. Warum hatte er sich vor zwei Jahren noch dazu entschieden in den Schulrat einzutreten? Ach ja Dracos baldige EInschulung und die einfache Tatsache dass er Dumbledore nicht traute. Der einst so angesehene Zauberer wurde wirklich merkwürdiger von Jahr zu Jahr. In Lucius Augen tickte der Kerl nicht mehr richtig. Bestes, aktuelles, Beispiel war in seinen Augen dieser Quirinus Quirrell. Mal ernsthaft, der Kerl bekam kaum einen Satz ohne Stottern hin und dann sollte dieser den Schülern etwas beibringen? Die waren ja ein Schuljahr mit nur einem einzigen Thema beschäftigt.

Oder Hagrid welcher von ihm aus ja den Wald durchstreifen konnte, aber doch bitte von den Schülern fernzubleiben hatte. Oder diese mehr als unechte Wahrsagelehrerin. Welch eine Schande! Dumbledore sammelte wirklich alles ein, was irgendwie seltsam war.

Die Frage war nur, welches Ziel verfolgte der weißhaarige Mann, denn dass Dumbledore seine ganz eigenen Ansichten und Erklärungen hatte, wusste Lucius aus all den Jahren in denen er den Zauberer kannte.

 

“Lucius? In einer Stunde bei dir? Deine Erzählungen über diesen fremden Jungen haben mich neugierig gemacht.”

Es war sein guter Freund Severus, welcher ihn aus den Gedanken holte. Mit diesem hatte er noch einen Moment in dessen Wohnung bei einem Glas guten Weins zusammengesessen.

“In Ordnung. Bleibst du zum Abendessen? Ich weiß nicht wie lange der Junge noch bleibt, denn Mr. Quirrell wollte ihn direkt nach der Unterredung mit Dumbledore abholen.”

Ernst nickte Severus. “Gut dann gebe mir eine Viertelstunde.” Damit erhob sich der Schwarzhaarige und verschwand aus dem Raum. Seufzend erhob sich auch Lucius und verschwand durch den Kamin nach Hause. Er war gespannt was ihn erwartete.

 

Sorgsam klopfte er sich die Asche von der Kleidung, übergab einer Elfe seinen Reiseumhang, während eine andere Asche vom Boden und den Schuhen zauberte.

“Sehr gut”, lobte er die beiden kühl und trat schließlich in die Weiten seines Hauses. Wo waren die Kinder und wo seine Frau?

Im Garten fand er immerhin zweitere. Leicht lächelnd trat er auf die hübsche Frau zu. Wiedermal stellte er fest, dass er es wirklich schlimmer hätte treffen können bei dieser arrangierten Ehe. Sie waren gut zusammen gewachsen, hatten schließlich die gegenseitige Liebe zueinander gefunden und bildeten nicht nur in der Öffentlichkeit eine Einheit. Die Krönung war natürlich Draco.

 

“Hallo, schöne Frau”, sagte er sanft, ehe er eben jener einen Kuss auf den Kopf gab und um sie herum trat.

“Lucius, schön dass du wieder Zuhause bist.” Liebevoll lächelte Narzissa ihn an und deutete auf einen der handgefertigten Gartenstühle. “Bitte setz dich doch zu mir. Ein Tee, Kaffee oder doch gleich ein Scotch?”

Noch bevor er antworten konnte, stand auch schon ein Kaffee mit Zucker vor ihm. Genussvoll trank er einen Schluck. “Du kennst mich zu gut, meine Liebe.”

“Und Scotch kriegst du erst heute Abend. Das überstehen einer Sitzung mit Dumbledore ist nicht Heldentat genug für Alkohol am Nachmittag.” Zwinkernd nahm nun auch Narzissa ihre Tasse in die Hand und gemeinsam genossen sie den Moment der Ruhe und Zweisamkeit.

 

Doch allzu lange hielt Lucius seine Neugierde nicht hinter dem Berg. “Sag, meine Liebe, wo sind die Kinder?”

Schulterzuckend legte seine Frau ihren Kopf schief. “Sie wechseln dauernd zwischen drinnen und draußen. Aber was auch immer sie tun, sie haben eine Menge Spaß. Es ist wirklich faszinierend, denn beide sind kaum wieder zu erkennen. Ich habe unseren Sohn schon lange nicht mehr derart ausgelassen erlebt.”

Und wie aufs Stichwort rasten zwei Besen mit lachenden und gröhlenden Jungs vorbei.

Erstaunt eine Augenbraue hochgezogen blickte er wieder Narzissa an. “War es das, was ich glaube?”

Leise lachend tätschelte ihm seine Frau die Hand. “Ja, sie spielen fangen auf Besen. Unser Sohn hat seinem kleinen Freund das Fliegen sehr gut beigebracht.”

Eine zweite Augenbraue folgte der ersten. “Ach? Nun dann bringe mich doch bitte auf den neusten Stand, was die beiden sonst so unternommen haben.” Dies tat die blonde Frau sehr gerne und Lucius stellte fest, dass Harry anscheinend nicht nur Draco gut tat, sondern auch seiner Frau.

 

Kurze Zeit später tauchte eine Elfe auf und kündigte den Besuch von Severus an. Was Lucius einen strengen Blick Seitens seiner Frau einbrachte, denn er hatte schlichtweg vergessen von Severus bevorstehenden Besuch zu erzählen. Die lebhafte Erzählung seiner Frau war ungleich spannender gewesen.

“Severus mein Lieber, es ist schön dich zu sehen”, lächelnd stand Narzissa auf und umarmte den schwarzhaarigen Mann. Eine Geste, für die jeder andere wohl mindestens den Crucio zu spüren bekommen hätte.

“Deinem Blick entnehme ich, dass Lucius es unterlassen hat von meiner Ankunft zu erzählen.”

“Da liegst du ganz richtig mein Lieber. Aber was führt dich hier her? War Dumbledore so unausstehlich, dass ihr beide euch nun dem Alkohol zusprechen wollt?” Zwinkernd knuffte Narzissa dem Snape in die Seite.

“Komm meine Liebe, lass uns hineingehen. Dann können wir besser reden. Der da”, dabei deutete Severus nebensächlich in seine Richtung. “Scheint es ja nicht mal für nötig zu halten meinen Besuch anzukündigen. Anscheinend ist es ihm nicht wichtig genug.” Sprachs und trat mit der kichernden Narzissa ins Haus.

Blinzelnd blieb der Hausherr allein auf der Terrasse zurück. Was war denn jetzt los? Oh wie er es hasste wenn die beiden sich gegen ihn verschworen, denn man kaum einfach nicht gegen die beiden an mit ihrem seltsamen Humor. Naja, was die beiden konnte, konnte er ebenso.

Trubel, Jubel, Überraschung

 

Wieder lagen die beiden jungen Freunde in Dracos Zimmer. Dieses Mal lasen sie verschiedenste Bücher. Wobei Draco verschwörerisch gemeint hatte, dass er Harry bei der Rebellion gegen die Familie helfen wollte. Daher lagen hier auch Bücher verschiedenster Genre im scheinbaren Chaos quer verteilt im Raum. Laut dem jungen Malfoy würden sie Harry schon ausreichend auf Hogwarts vorbereiten. Dass es dabei allerdings nicht nur um theoretischen Stoff ging, rieb Harry seinem Freund nicht unter die Nase. Er wollte dem Jungen nicht die Euphorie nehmen.

Nachdenklich blätterte er um, doch sein Blick wanderte immer wieder ziellos durch den Raum. Mal beobachtete er Sanara, welche in einem Sonnenstrahl auf der Fensterbank schlummerte, mal beobachtete er Draco und mal starte er mit leerem Blick einfach vor sich hin.

 

“Harry, alles klar bei dir?”, riss ihn Draco aus dem Trance ähnlichen Zustand.

Blinzelnd versuchte er sich auf sein Gegenüber zu konzentrieren; rieb sich über die Augen. “Ich bin nur ein wenig erschöpft”, gestand er und wie zur Bestätigung entfleuchte ihm ein Gähnen.

“Ok. Ich hab auch absolut keine Lust mehr auf Bücher. Was wollen wir machen?”

Schmunzelnd fragte sich der Schwarzhaarige, woher Draco diese Energie nahm, aber es war auf jeden Fall ansteckend. So richtete er sich auf, wobei sein Blick auf die mitgebrachte Tasche fiel. “Ich habe da so ‘ne Idee …”
 

 

Es war später Nachmittag und es war ruhig im Haus. Verdächtig ruhig und still, in Anbetracht dessen, dass sich zwei junge Burschen hier befanden. Lucius wäre es ja beinahe lieber wenn er die Jungs draußen sehen würde. Oder wenigstens ein Mucks im Haus zu hören wäre. Aber so?

 

“Was bist du denn so unruhig mein Lieber?”, erkundigte sich Narzissa, während sie eine Tasse Tee in den Händen hin und her drehte.

“Sag mal, war das hier schon die ganze Zeit so ruhig mit den beiden? Irgendwie ist das ja …”

“Beängstigend? Unheilvoll?”, half Severus nach und nickte dabei.

“Jetzt seid doch nicht solche Memmen. Das sind nur Kinder und keine Monster.”

Trockene auflachend lehnte sich Severus zurück. “Meine Liebe, arbeite du eine Woche in Hogwarts und dann reden wir nochmal.”

“Ach Severus du bist ein Stinkstiefel und du Lucius, ein Finsterseher”, gut gelaunt orderte seine Frau weiteres Gebäck bei den Hauselfen.

Energisch schüttelte Lucius den Kopf. “Glaub mir meine Liebe, ich kenne unseren Sohn. Das ist nur die Ruhe vor dem Sturm. Nach diesem halsbrecherischen Wettfliegen vorhin, traue ich den Jungs eine Menge zu. Du wirst schon sehen.”

“Ich stimme Lucius zu”, kam es ungefragt von Severus, was wiederum Narzissa zum aufbrausen brachte da der Meister der Tränke seine Loyalität wie eine Fahne im Wind schwenkte.

“Also wirklich, ihr seid …” Weiter kam seine Frau jedoch nicht, denn da rumpelte es aus dem ersten Stock. Doch dann blieb es nicht. Es rumpelte, knarrte, scharrte und klapperte.

Skeptisch blickte er an die Decke, welche nach einem dumpfen Knall sogar rieselte. “Was bei Merlin treiben die da oben? Wollen die das Manor auseinander nehmen? Sind das Kinder oder Erumpent?”

In dem Moment erschien eine der Elfen um sich bei der Hausherrin nach Decken zu erkundigen.

“Wofür brauchen die Herren diese?”, wollte Narzissa mit hochgezogener Augenbraue wissen, erhob sich jedoch geschmeidig.

“Master Draco und kleiner Besucher wollen Fort bauen. Mr. Harry sagt, dafür brauchen viel, viel Decken und Tücher.” Unwohl schlackerte das Wesen mit den Ohren, erwartete sie doch nun eine Strafe.

“Du kannst gehen. Helf den Küchenelfen bei den Vorbereitungen für das Abendessen. Seht zu, dass ihr genug Essen für sechs Personen habt.”

“Sechs?”, kam es gleichzeitig von beiden Männern, während sie wie Schatten hinter der Hausherrin herliefen.

“Du bleibst ebenso zum Essen, wie Harry und Mister Quirrell. So und jetzt bringen wir den Jungs die gewünschten Dinge. Oder bin nur ich neugierig, was genau dieses ‘Fort’ seien soll und warum man dafür Decken braucht?” Sprachs, warf sich die Haare über die Schultern und marschierte, einen Stapel Decken vor sich herschweben lassend, in die erste Etage.

Der Blick, welcher Severus ihm zuwarf sagte ganz eindeutig, dass der Mann nicht mehr ganz verstand was hier vorging. Schulterzuckend erwiderte Lucius den Blick, während sie erneut hinter seiner Frau herwanderten. “Frag nicht mich. Ich wusste nichtmal das wir diesen Raum voller Decken haben”, gestand er.
 

 

Nie hatte sich Harry vorgestellt, dass es so einen Spaß machen konnte eine einfache Bude aus Möbelstücken und Decken zu bauen. Die Idee war ihm gekommen, als er mit Draco die Scherzartikel ausprobierte. Nun besaß er lila Augen und knallrote Haare, während Draco mit der Mischung aus grünen Haaren und pinken Augen ausgestattet war.

Einen Moment hatte der Junge gewirkt, als wenn er sämtliche Farbe und beinahe auch die Fassung zu verlieren drohte, als er sich im Spiegel betrachtet hatte. Doch als Harry meinte Draco hätte es besser als er selbst getroffen, war der Junge in Gelächter ausgebrochen.

Es hatte eine Menge Spaß gemacht Grimassen zu ziehen vor dem Spiegel, vor allem weil man sich selbst kaum erkannte. Wenn er damit im Ligusterweg auftauchte erkannte ihn bestimmt nicht mal die Dursleys und in der Winkelgasse erst Recht niemand. Ja, diese Möglichkeit würde definitiv im Hinterkopf behalten.

 

“Du siehst komisch aus und dein Geruch ist auch anders, Schlüpfling”, kommentierte Sanara, welche plötzlich unter der Bettdecke hervor kroch, welche Draco hochhob.

Quietschend sprang der Malfoy zurück. “Merlin, Sanara, erschreck mich doch nicht so. Harry, sag deinem Schuppentier, es soll hier nicht so herumkriechen und mich erschrecken!”

“So ein ängstliches Zweibein”, freute sich Sanara und kroch schnell wieder auf einen Zipfel der Bettdecke. Sie hatte inzwischen ihre helle Freude daran Draco zu ärgern. Der ging aber auch jedes Mal so herrlich darauf ein.

“Was soll ich?”, entkam es Harry perplex, welcher gerade den Schreibtischstuhl zurecht rückte.

“Na, das sagt man doch so oder? Dad redet mit seinen Pferden, Mum mit ihren Pflanzen und Onkel Severus sogar mit seinen Zaubertränken. Dann kannst du ja wohl mit deinem Reptil reden!” Eine Augenbraue hochgezogen musterte der Blonde ihn, ehe beide in lauthalses Gelächter ausbrachen.

“Draco, du bist echt lustig”, gluckste Harry und schritt heran um das Tier von der Decke zu pflücken.  Kichernd ging er zur Fensterbank und legte Sanara auf diese. Hier bekam sie auch noch ein wenig Licht und Sonne ab. “Böse, böse Schlange. Nicht Draco ärgern, der ist nicht so mutig, weißt du?”

“Achtung Schlüpfling!”, warnte ihn seine tierische Freundin und so segelte das für ihn bestimmte Kissen haarscharf an ihm vorbei.

“Kissenschlaaaacht!”, rief Harry, schnappte sich eines von Dracos Stofftieren und schmiss es nach dem Jungen.

“Das ist ein Teddybär, Rotschopf!”, kam es herausfordernd von Malfoy in Begleitung eines Plüschdrachen zurück. Und so verbrachten sie die Wartezeit auf die Elfe damit sich eine wilde Schlacht zu liefern. An Munition würde es so schnell nicht mangeln, denn sie hatten mehr oder weniger das gesamte Arsenal von Dracos Spielzimmer hier her geschleppt.

“Nimm das, Pinky!”, meinte Harry und warf eines der Sitzkissen hinter seinem Versteck Namens umgekippter Schrank in Richtung Draco. Der Kerl glaubte wirklich, dass er hinter dem erneut umfunktionierten Schreibtischstuhl an der Tür sicher war.

Dies war der Moment in dem eben jene Tür aufging und Harry mit Schrecken bemerkte, dass sein Wurfobjekt direkt auf Narzissa zu segelte.

 

“Was ist denn hier los?”, erklang da auch schon die laute Stimme Lucius Malfoys, welcher mit erhobenem Zauberstab eintrat und damit anscheinend das Kissen in der Luft gestoppt hatte. Erleichtert bemerkte Harry dass dieses in der Luft schwebte und die Frau somit nicht traf. Trotzdem bekam er augenblicklich ein schlechtes Gewissen.

“Draco? Komm hinter dem Stuhl hervor, ich seh dich, und erklär das Chaos hier!”

Langsam richtete sich auch Harry auf, während sein Freund ebenso unsicher aus seinem Versteck hervor kam.

“Vater, wir … wir haben nur gespielt.”

“Und dafür müsst ihr so ein Chaos anrichten? Wie kommt überhaupt der Schrank hier her? Aber das erklärt dann wohl den Lärm, wenn ihr den aus dem Spielzimmer gegenüber hier her geschleppt habt. Wozu haben wir das Zimmer eigentlich eingerichtet?” Das Kissen fiel zu Boden als der Zauberstab wieder weggesteckt wurde.

Harry fühlte sich ganz schlecht unter dem scharfen Blick des Erwachsenen. Der Junge sah ein dass sie Mist gebaut hatten. Aber Draco traf nur die halbe, wenn nicht sogar nur eine viertel Schuld, denn schließlich war er es gewesen der all das hier angezettelt hatte. “Sir ... ich … es ist meine Schuld”, murmelte er geknickt und sammelte schnell einige der Stofftiere ein. “Ich räume auf und dann gehe ich nach Hause. Es tut mir leid.” Traurig darüber dass er es mal wieder verbockt hatte, hob er ein Kissen auf.

“Lucius Abraxas Malfoy, du sollst die Kinder doch nicht immer wie ein wütender Drache erschrecken”, kam es plötzlich empört von Narzissa. Doch es waren nicht die Worte der Hausherrin sondern ihre anschließende Tat, welche Harry verblüfften. Die Decken, welche die Frau anscheinend mitgebracht hatten, wurden kurzerhand dem überrumpelten Draco in die Arme gedrückt und das Kissen, welches eben noch in der Luft geschwebt hatte, landete treffsicher im Gesicht des Hausherren.

Nicht nur Harry hatte Mühe damit das Lachen zu unterdrücken als das Kissen wie in einem von Dudleys schlechten Cartoon Serien langsam vom Gesicht des Mannes herunter rutschte.

“Narzissa …”, kam es vollkommen perplex von Getroffenem. Anscheinend hatte er damit keinesfalls gerechnet.

“Vater, du guckst als hätte … als … keine Ahnung”, kicherte Draco, mühsam darum bemüht nicht lauthals zu lachen.

“Sagt mal, wie sehr ihr eigentlich aus? Seid ihr in einen Farbtopf gefallen?”, wollte nun Narzissa von ihnen wissen und trat mit gerunzelter Stirn näher an ihren glucksenden Sohn heran.

“Nein Mam, die hier sind dafür verantwortlich”, offenbarte Harry und hielt die Packung Farbkapseln und Linsen hoch, welche die Frau direkt entgegen nahm und musterte.

“Wenn ihr so in meinem Unterricht erscheint, lass ich euch mindestens eine Woche Kessel schruppen. Mit einer Zahnbürste”, ertönte es dunkel und Harry zuckte zusammen. Während Draco die Decken fallen ließ und mit einem freudigen “Onkel Severus”, auf den Mann zu eilte, wich Harry unwillkürlich einen Schritt zurück. Sofort war Sanara bei ihm und kroch an ihm empor, da sie seine Unsicherheit spürte.

 

Harry hatte den fremden Mann überhaupt nicht bemerkt. Er hatte nur Augen für die Familie Malfoy gehabt. Er hatte zwar das wage Gefühl dem Mann schon mal begegnet zu sein, aber sicher war er sich nicht. Und irgendwie war der Kerl ihm … unheimlich. Der war so düster durch die Kleidung und Haare. Dazu auch noch ein stechender, irgendwie kalter Blick aus dunklen Augen. Ja, der Fremde war ihm wirklich nicht ganz geheuer! Und wenn er die Worte richtig verstanden hatte, dann war der Schwarzhaarige auch noch Professor in Hogwarts, na das konnte ja was werden.

Der kleine Junge schluckte und strich umständlich über Sanaras Körper, was den Fremden zum Augenbrauen hochziehen brachte.

Wieder einmal erwies sich Narzissa Malfoy als eine große Hilfe. Erst wies die Frau ihren Sohn an, mit den anderen beiden Männern ein wenig Ordnung zu machen, da man sich ja sonst die Knochen brach und kam dann langsam auf ihn zu.

“Harry? Alles ok bei dir? Komm kleiner Mann, gebe mir doch mal die Stofftiere und hör auf deine Schlange zu streicheln. Ihr fallen ja bald die Schuppen ab.” Sanft löste die Frau das Spielzeug aus seinen verkrampften Fingern und warf sie in einen Kasten. “Das ist nur Severus, er sieht finster aus aber ist eigentlich ein ganz lieber und netter. Der guckt nur immer so böse als hätte er einen bitteren Tee getrunken, tut aber keiner Fliege was zu leise.”

“Das habe ich gehört und wenn du nicht aufhörst, probiere ich eine dieser Farbkapseln oder einen neuen Tränk an dir aus.”

“Siehst du, er ist ein ganz lustiger. Na komm, keine Angst”, munterte ihn die hübsche Frau auf und nahm seine Hand um ihn hinter dem Schrank hervorzuziehen. “Sagt mal … wie habt ihr es denn geschafft das Ding hier hin zu kriegen und wofür brauchtet ihr noch gleich die Decken?”

 

So kam es, dass die drei Erwachsenen halfen das Zimmer wieder aufzuräumen. Dank dem Einsatz von Magie ging dies auch sehr viel schneller und besser. Harry lernte Dracos Paten und baldigen Tränkeprofessor kennen. Naja, er wusste diese Daten und den Vor- sowie Nachnamen des Mannes, mehr nicht. Harry wusste kein Thema über das er sprechen konnte mit dem Fremden und dieser war von sich aus auch eher der stille Typ Mensch. Was er jedoch ab legte, war die große Angst vor dem Professor, auch wenn dieser ihn immer wieder musterte. Etwas das auch Sanara dauernd betonte, welche um seinen Hals hing und den Mann nicht aus den Augen ließ. Einfach weil er so komisch roch, traute sie ihm nicht über den Weg.

Einmal hatte er seine Freundin gebeten einen Moment damit aufzuhören und geglaubt dass Severus ihn mit großen Augen anstarrte. Als er jedoch hingesehen hatte, war der Mann dabei gewesen das umgekippte Bett wieder in Ordnung zu bringen.

 

“Schade das wir jetzt doch nicht mehr dieses Fort bauen konnte. Aber das machen wir dann nächstes Mal, ok?”, erkundigte sich Draco als sie beide im Bad waren um sich wieder herzurichten. “Auch finde ich es schade, dass Mutter nicht erlaubt hat, dass wir neue Kapseln nehmen dürfen und auch die Linsen konfisziert hat.” Musternd blickte sich der Junge im Spiegel an. “Findest du nicht, dass man sich plötzlich so … farblos vorkommt?” Seufzend zupfte Malfoy Junior an seinen wieder hellblonden Haaren.

“Hmm … ja und ja”, antwortete Harry langsam und trocknete sich das Gesicht ab.

Wieder trug er Dracos alte Sachen, da die anderen laut Narzissa verbrannt gehörten, so dreckig wie sie waren. Für Harry eine Aussage, die absolut absurd war und doch zweifelte er nicht daran, dass von der Kleidung nur noch Asche über war. Die Familie Malfoy hatte halt ganz andere Maßstäbe als er selbst.

“So, ich glaube wir sind hergerichtet für das Abendessen. Dein Professor ist auch eben gekommen und meine Eltern haben keine Geduld.” Drei letzte Blicke, dann rauschte der Junge elegant aus dem gefliesten Raum.

Seufzend folgte Harry ihm, als der Andere auch schon ungeduldig nach ihm rief. Schnell schnappte er sich noch die mitgebrachte Tasche vom Bett, ehe er Dracos Reich verließ.

Harry war erschöpft aber glücklich. Ja, der Tag war klasse gewesen und er hatte eine Menge gelernt. Nicht nur über Magie, Hogwarts und was es bedeutete ein Zauberer zu sein, sondern er war geflogen. Ganz alleine auf einem Besen und dabei nicht herunter gefallen. Dank seinem neuen Freund wusste er auch, dass in Hogwarts Quidditch gespielt wurde und jedes Haus seine eigene Mannschaft hatte und Harry war fest entschlossen eines Tages mit im Team seines Hauses zu sein. So kompliziert klangen die Regel nicht und die Gefahren empfand er ebenso wenig als Hindernis, wie Draco. Er bereute es nicht eine Sekunde, auf die Einladung und das Angebot der Freundschaft eingegangen zu sein. Noch nicht, denn er fürchtete, dass er tatsächlich eines Tages mit dem Jungen shoppen gehen musste.

 
 

 

“Na da sind die Herren ja endlich”, erklang es von Narzissa, kaum dass sie das Esszimmer betraten. Sie waren noch nicht mal auf ihren Plätzen, da ließ die Frau auch schon mit einem Klatschen Essen auf dem Tisch erscheinen. Harry hatte heute eigentlich schon genug solcher ‘Aktionen’ gesehen und doch erstaunte es ihn wieder und wieder. Magie war einfach cool.

“Nehmt bitte Platz”, kam es schnarrend vom Hausherren und schnell huschten die Jungs zu ihren Plätzen. Harry neben Quirrell und Draco neben dem anderen Professo ihm genau gegenüber.

“Entschuldigung das wir so lange brauchten”, nuschelte Harry, während er den Stuhl gerade rückte und den für ihn zuständigen Professor grüßte.

“Schon in Ordnung, Harry. Wir haben uns gut unterhalten in der Zeit”, meinte Narzissa lapidar, ehe Lucius das Essen eröffnete.

 

Während des Essen zweifelte der junge Potter doch arg an der Aussage der blonden Frau. Die Stimmung war doch eher … gedrückt und kühl. Das schien wieder dieses Phänomen zu sein, dass die Erwachsenen und auch Draco ganz anders wurden. Ihm gegenüber war die Familie und sogar dieser Severus locker bis ausgelassen gewesen. Jetzt jedoch wirkte das Ganze wie ein sehr gut einstudiertes und jahrelang trainiertes Schauspiel. Da war ja selbst am Esstisch der Dursleys mehr Stimmung, wenn auch weniger Manieren. Und dies alles nur, weil Professor Quirrell anwesen war? Es herrschte eher seichte Konversation über Politik, irgendwelche Hogwarts Dinge wie Stundenpläne und das Wetter. Es war schrecklich langweilig und dass es nicht nur ihm so ging, sah er an der rollenden Augenbewegung von Draco. Wenigstens war das Essen sehr lecker. Die fleißigen Hauselfen hier wussten wirklich was sie taten. Als Quirrell sich in einer Konservationspause an ihn richtete, atmete Harry gedanklich erleichtet auf.

 

“Also Harry, es f-f-freut mich, Sie w-w-wohlbehalten und munter anzutref-f-fen. Es scheint, dieser Besuch hat Ihnen gut getan und die neue Kleidung steht ihnen sehr gut”, tat Quirrell seine Meinung kund und Harry konnte ihm nur zustimmen.

“Ja, wir hatten eine Menge Spaß und ich habe sogar fliegen gelernt”, gestand Harry und strich sich verlegen durch die Haare.

“So … ist dem so? Nun, da ich Sie nicht im St.Mungos abholen muss, scheint es dass Sie sich nicht all zu schlecht angestellt haben.” Musternd wanderte der Blick des Mannes über ihn.

“Draco ist ein hervorragender Lehrer”, offenbarte Harry, was seinen Professor zum verstehenden Nicken brachte.

“Na w-w-wenn dem so ist, dann danke ich ihnen Mr. Malf-f-foy.” Dabei nickte der Turbanträger dem Jungen zu welcher, dieses ebenso nickend annahm.

“Und es wird nicht das Letzte sein, was ich ihm beibringen werden”, meinte Draco und zwinkerte Harry verschwörerisch zu.

“Dies f-f-freut mich zu hören. Eine gute Lerngemeinschaf-f-ft kann den Horizont erw-w-weitern und den W-W-Weg ebnen.”

“Wahre Worte, Mr. Quirrel. Wahre Worte”, stimmte Lucius dem Anderen zu.

“Danke, Mr. Malf-f-foy. Nun Harry ich denke, w-w-wir sollten uns nun auf den Heimw-w-weg machen. Es w-w-war f-f-für uns alle ein ereignisreicher Tag.” Damit stellte der Mann seine leere Kaffeetasse auf den Tisch.
 

 

Severus Snape hielt ein Glas von Lucius gutem Scotch in der Hand und starrte in den lodernden Kamin der Bibliothek von Malfoy Manor.

“Nun mein Freund, du wirkst so nachdenklich. Was liegt dir auf der Seele?” Langsam ließ sich sein bester Freund im Sessel ihm gegenüber nieder.

Zwinkernd löste Severus den Blick und lehnte sich zurück. “Ich weiß nicht genau, aber dieser neue Professor und dann Harry. Ich weiß nicht genau was, aber irgendwie lassen die beiden mir keine Ruhe.”

“Nun, ich gestehe, dass ich nicht besonders glücklich darüber bin, Quirrell als zukünftigen Lehrer meines Sohnes zu wissen. Seine Art und Weise lässt mich doch an seiner Qualifikation für diesen Posten zweifeln. Aber was stört dich an dem Jungen, mein Freund?” Neugierig musterte sein Gegenüber ihn.

“Weißt du wie alt der Junge ist?”

“Da er ebenfalls nach Hogwarts gehen wird, wird er Elf jahre alt sein oder werden.”

“Weißt du wo er vorher gewohnt hat?”

“Nein”, gestand Lucius. “Nur dass er jetzt mit dem Professor im Tropfenden Kessel wohnt und dieser für ihn zuständig ist. Und dass er eine Schlange als Haustier hat.”

“Fassen wir zusammen, wir haben einen dubiosen Erwachsenen und einen genau so dubiosen Jungen. Von keinem wissen wir irgendetwas genaues. Und ernsthaft, wer hat eine Schlange als Haustier und das als Kind?”

Nun starrte Lucius ihn mit großen Augen an. “Du … du meinst doch nicht … das was ich denke?”

“Da ich keine Lust verspüre gegen deine Okklumentikschilde anzugehen, teile mir deine Meinung mit”, antwortete er und trank einen Schluck.

“Du … du meinst doch nicht, der Junge ist unser Lord? Dass er sich dem Körper des Jungen angenommen hat? Ihn nach seinem Fall übernommen hat?”

Seufzend schwenkte Severus sein Glas. “Nun, das wäre eine Möglichkeit. Jedoch habe ich eine andere Vermutung. Lucius, hast du dir den Jungen mal ganz genau angesehen? Weißt du seinen Familiennamen?”

“Nun ja ....”

“Also nein.”

“Was glaubst du eigentlich? Meinst du ich lasse hier jeden rein und gefährde meine Familie?”, brauste der Mann auf.

“Nein, aber im Gegensatz zu dir habe ich einen Blick auf die Liste der neuen Schüler geworfen und dabei ist mir aufgefallen, welche Verbindung es zwischen Dracos neuem Freund und den Erstklässler gibt”, gab er geheimnisvoll zurück und leerte das Glas.

“Severus jetzt rede doch nicht um den heißen Brei. Ich hasse es, wenn du dies tust.”

“Wenn es aber doch soviel Spaß macht, dich dabei du beobachten”, schmunzelte er und zuckte unbeteiligt mit den Schultern.

“Severuuuus”, knurrte sein Gegenüber und schien zu überlegen welchen Fluch er ihm an den Hals hetzen konnte.

“Beruhige dich. Ich glaube, du hast niemand anderen als Harry Potter in dein Haus gelassen.”

Genüsslich lehnte er sich zurück unbeobachtete die Emotionen welche über das Gesicht seines Freundes wanderte.

 

Für ihn selbst war der letzte Beweis seiner Theorie gewesen, als der Junge sich am Esstisch die Haare aus der Stirn gestrichen hatte. Dabei war ihm der schwache Schimmer eines nachlassenden Illusionszauber aufgefallen und es hatte Klick bei ihm gemacht. Das Aussehen, der Name, das Alter. Da hatte er gewusst, was ihm an dem Jungen störte, er sah aus wie sein Vater.

 

“Das … das ... “

“Ist eine Überraschung?”, half Severus nach.

Ein leicht hysterischen Lachen entwich seinem Freund. “Das ist beinahe eine Untertreibung, will ich meinen. Meine Güte … wie bringe ich das Narzissa und Draco bei. Aber es ist doch sehr gut, das Draco schon mit dem Jungen befreundet ist. Aber Narzissa … sie wird ausrasten.”

“Nun … ein Glück ist dies nicht mein Problem”, kam es nun gut gelaunt und wenig mitfühlend von Severus, während er das leere Glas abstellte und sich erhob. “Du entschuldigst mich, ich muss noch den Bestand an Heiltränken erheblich aufstocken bevor das neue Schuljahr los geht. Etwas sagt mir, das gerade Mr. Potter und dein Sohn dafür sorgen werden, dass sie vermehrt zum Einsatz kommen müssen.”

“Severus … du kannst doch jetzt nicht einfach gehen. Nicht nach dieser Nachricht”, japste Lucius hilflos.

Doch dieser verabschiedete sich nur und verließ den Raum. Einen überforderten Mann hinter sich lassend.

 

Der Tränkemeister konnte Lucius Verhalten durchaus verstehen. Gerade für Narzissa würde es ein Schock sein, denn was nur wenige Menschen wusste, war, dass die Frau mit Lily Potter befreundet gewesen war. Die beiden schwangeren Mütter hatten einander mit Rat und Tat zur Seite gestanden und nach der Geburt ihrer Jungen, sogar eine Woche hier zusammen gelebt. Abgeschottet von der Welt und nur die Hauselfen hatten zu ihnen gedurft. Was nicht gerade zu Lucius guter Laune beigetragen hatte. Schon damals hatte Narzissa den kleinen Potter Jungen genauso geliebt wie ihren eigenen Sohn und für ihn an seiner Stelle getrauert als Lily starb.

Dass sie danach jegliche Spur von dem Jungen verloren hatten, hatte die Frau schwer belastet.

Nein … um das Gespräch mit der blonden Frau beneidete er Lucius nicht im Geringsten.

Kopfschüttelnd trat er in den Kamin und verschwand in den lodernden grünen Flammen in Richtung Hogwarts. Die Frage, welche ihm wieder und wieder durch den Kopf kreiste, war, wie dieser seltsame unbekannte Mr. Quirrell in dieses Szenario passte.

Klar war, dass es jetzt ein vor langer Zeit gegebenes Versprechen einzulösen galt für ihn.

Ein Versprechen, von dem im Moment nur er selbst wusste.

 

Abstrus

Am vorletzten Abend bevor es nach Hogwarts gehen sollte, lag Harry ausgestreckt und glücklich grinsend auf dem Bett. Hatte er an seinem Geburtstag noch geglaubt, dass es jetzt nur noch schrecklich werden konnte und mochte er auch zwischendurch total überfordert gewesen sein, so musste er jetzt zugeben dass dies die besten Ferien seines Lebens gewesen waren.
 

 

Er war des Öfteren noch bei Draco gewesen. Dabei hatte er auch dessen Freunden kennengelernt. Interessiert hatte Harry beobachten können, wie Draco sich denen gegenüber wie King aufgeführt hatte. Die anderen Kinder verhielten sich genauso, wie Dudleys Anhängsel. Tja, bei Harry war der kleine Malfoy vollkommen auf taube Ohren gestoßen. Dies war auch die Seite des Blonden, welche Harry absolut nicht mochte. Geld und Familie machten einem nicht automatisch zu einem besseren Menschen und DIES hatte er Draco ins Gesicht gesagt, ehe er zu Narzissa verschwunden war um mit ihr Tee zu trinken.

Die Frau auch eine Nummer für sich. Bei seinem zweiten Besuch war sie auf ihn zu gestürtzt, hatte ihn kräftig umarmt und Dinge wie “Oh Harry, kleiner Harry” gesäuselt. Irritiert hatte er die Frau ebenfalls umarmt. Nur dem Auftauchen und Einschreiten Lucius, hatte er es zu verdanken dass er nicht erdrückt worden war. Seitdem war die blonde Hausherrin noch lieber und netter zu ihm. Andere Worte fielen ihm dazu einfach nicht ein. Er hatte sie danach befragt, aber keine wirkliche Antwort erhalten. Somit musste er sich mit Dracos Erklärung, dass seine Mum Harry halt gerne hatte, schließlich zufrieden zu geben. Ändern konnte und wollte er es jedenfalls auch nicht, denn dafür gefiel es ihm einfach zu gut.

 

Auch sein kleines ‘Wer bin ich wirklich’ Geheimnis hatte er nach einem intensiven Gespräch mit Professor Quirrell gelüftet. Was zur Folge hatte, dass Draco erst geschockt und dann schwer beleidigt gewesen war. Einfach weil Harry dies nicht sofort gesagt hatte, schließlich war Harry Potter DER Junge schlechthin, welcher jeder zum Freund haben wollte. Ein Held. Dass genau diese Einstellung dieses Versteckspiel nötig gemacht hatte, behielt er für sich. Es wäre wohl zu einem hitzigen Streit zwischen den beiden Jungen gekommen, wenn nicht Lucius Malfoy trocken gemeint hätte dass Harry so lange ein gern gesehener Gast war, wie er für die Familie nicht zum Problem wurde. Eine Einstellung die dem Jungen bekannt und daher nachvollziehbar war. Harry fand Lucius Malfoy war ein tolles Familienoberhaupt, egal wie unterkühlt oder gemein er auf den ersten Blick wirken mochte.

Eine der Konsequenzen dieses ‘Outings’ war es allerdings auch, dass die anderen ihn gelöchert hatten. Malfoy Junior hatte seine Schmollerei dafür abgelegt, festzustellen, dass Harry ja gar nicht bei seinen Eltern wohnen konnte und was denn nun an dem ganzen ‘Angst der Verwandten’ dran war. Am liebsten hätte der Schwarzhaarige irgendwas erfunden, jedoch wurde ihm bewusst dass er sich das Vertrauen der Malfoy nicht komplett verspielen wollte.

Also hatte er von den Nicht-Magier Verwandten erzählt und auch wie diese zu sämtlichen magischen Themen standen. Ein wenig peinlich war es ihm schon, nun auch den Erwachsenen zu gestehen, dass er eigentlich überhaupt keine Ahnung hatte von dieser neuen Welt. Deswegen war er umso glücklicher darüber dass sie ihn nicht direkt vor die Tür gesetzt hatten, nein, im Gegenteil. Auch wenn sie nicht  wussten, wie die Dursleys mit Harry umgingen, so ließen sie doch kein gutes Haar an der Familie. Und sie hatten versprochen Harry auf die Sprünge im Bereich ‘magische Welt’ zu helfen, ganz zum Missfallen von Draco und den anderen zukünftigen Slytherins, denn diese hatten ebenfalls lernen müssen. Inzwischen hatte der Schwarzhaarige sogar ein richtig gutes und normales Gefühl, wenn er seinen Zauberstab hielt und benutzte. Die Angst vor Hogwarts war beinahe verschwunden und Harry war gespannt darauf, in welches Haus er einsortiert werden würde. Auch wenn er natürlich auf Slytherin hoffte, da kein Zweifel daran bestand dass Draco, Blaise und Co ebenfalls dort einziehen würden.

Sanara war inzwischen ein fester Bestandteil seines neuen Freundeskreises und mittlerweile zuckten sie nicht mehr zusammen, wenn das Reptil plötzlich über einen von ihnen kroch. Auch wenn sie es sich nehmen ließ, vor allem Draco zu erschrecken. Daran hatte sie einfach schon viel zu viel Spaß gefunden.

Zufrieden drehte er den Kopf zur Seite und betrachtete grinsend die Schuppenträgerin, welche bereits im Reich der Träume war. Ja, er war wirklich zufrieden mit seinem Leben im Moment.
 

 

“Renata, das schmeckt wirklich toll. Vielen Dank dafür”, komplimentierte Harry das leckere Essen, welches die Bäckersfrau extra für ihn gemacht hatte. Spaghetti Bolognese, besser konnte man einen Abschied nicht feiern.

“Ach mein Junge, du sollst uns doch in guter Erinnerung behalten wenn du auf diesem Internat bist”, gab die Frau lächelnd zurück und packte, ehe Harry intervenieren konnte, noch einen Nachschlag auf seinen Teller.

“Wer weiß, wie das Essen dort ist”, unterstützte Albert die Frau.

Lächelnd schob Harry sich eine weitere Portion in den Mund. “Ihr seid viel zu gut zu mir”, nuschelte er zwischen den Nudeln hindurch und senkte den Blick auf seinen Teller. Die beiden waren die ganze Zeit so normal und überaus freundlich zu ihm. Wenn er nicht mit dem Professor gelernt, Zeit mit Draco, Sanara oder sonst wem verbracht hatte, war er immer her gekommen. Es war auch nichts das erste Mal, dass er in der kleinen Bäckerwohnung war, denn das Ehepaar hatte ihn schon öfter zum gemeinsamen Mittag- oder Abendessen eingeladen. Professor Quirrell war zwar nicht so begeistert davon, aber er konnte es dem Jungen auch nicht verbieten und Sanara nutzte die Zeit für irgendwelchen Schlangenkram.

“Ach Harry … nun mal keine falsche Bescheidenheit. Wenn dann müssen wir dir danken.” Renatas Hand legte sich auf seine.

Blinzelnd tauchte Harry aus seinen Gedanken auf und blickte der Älteren irritiert in die blauen Augen. “Wieso denn das?”

“Du bist so ein freundlicher, fleißiger und intelligenter Junge. Du hast Abwechslung in unser eingefahrenes Leben gebracht.” Harry sah wie die Frau einen Kloß herunter schluckte und auch seine Hand wurde einmal fest gedrückt. Er war damals auf der Suche nach Essbarem in den Laden eingetreten. Doch er hatte so viel mehr bekommen, denn die beiden waren das, was er sich als Großeltern ausmalte. “Tust du mir einen Gefallen, mein kleiner Harry? Würdest du uns in deinen Ferien wieder besuchen kommen?”

“So oft ich kann”, versprach der Junge gerührt und musste nun ebenfalls schlucken.

Albert war es, der mit seinem ganz speziellen Charm diese gefühlsgeladene Situation unterbrach, ehe der Schwarzhaarige oder Renata noch in Tränen ausbrachen. “Na na. Kein Weinen am Essenstisch. Die Tränen versalzen uns doch dieses leckere Essen.” Eine Aussage, welche nach wenigen Sekunden für spannungslösendes Lachen sorgte und man sich holprig wieder unverfänglichen Themen widmete.
 

 

“Scotchi, hast du irgendwo die Sachen gesehen, die ich morgen anziehen wollte?” Suchend drehte er sich in seinem Zimmer herum. Es war später Nachmittag und er musste packen, denn der Professor würde ihn gleich zu den Malfoys bringen. Dort würde er die Nacht verbringen, ehe er morgen mit der Familie zusammen zum Bahnhof reiste. Etwas worauf Narzissa bestand, nachdem Harry schon nicht zugestimmt hatte vom Tropfenden Kessel ins Manor zu ziehen für den Rest der Ferien. Etwas das zwar einiges erleichtert hätte, aber für Harry nicht in Betracht kam da er dann nicht nur das Bäcker Ehepaar nicht mehr hätte sehen können, sondern er wollte auch seine selbst gewählte ‘Einsamkeit’ nicht so schnell aufgeben. Dafür genoss er es einfach viel zu sehr ein klein wenig mehr sein eigener Herr zu sein. Und Scotchi und Löffli wollte er auch nicht vor den Kopf stoßen, denn gerade Erstere ging ihrem Beruf mit Feuereifer nach. Den Wirt hingegen würde er jetzt nicht unbedingt vermissen, ging ihm dieser doch mehr oder weniger aus dem Weg. Vor allem nach dem er Harry im Garten getroffen und dort mit zwei fremden Schlange hatte reden sehen. Zu dem passte es dem Mann nicht, wie Harry mit den Wirtshaus Elfen umging.

“Hier, Mr. Potter. Scotchi hat Kleidung nochmal aufbereitet. Scotchi hat sich erlaubt einen Temperaturregulations-Zauber zu sprechen, damit Harry weder friert noch schwitzt. Ein Anti-knitter-Zauber liegt ebenfalls auf allem.” Strahlend überreichte die Kleine ihm den Stapel Kleidung.

“Äh … danke. Cool, vielen Dank dafür.” Schnell legte Harry diesen in seinen Koffer und setzte sich darauf um ihn zu schließen. Wie hatte er nur so viel Zeug ansammeln können in der kurzen Zeit? Warum war er auf die Idee gekommen Zauberer- in Muggelgeld zu wechseln um shoppen zu gehen? Hatten die Malfoys ihn vielleicht mit ihrem Faible angesteckt? Frustriert hüpfte er auf dem Koffer herum.

Das Lachen Scotchis ließ ihn knurren. “Was denn?”

“Harry ist wirklich lustig. Warum denn kein Zauber?”, half die Elfe nach und der Schwarzhaarige stoppte umgehend in seinem Gehampel. “Oh … äh, ja. Würdest du vielleicht …?” Schief grinsend schaute er Scotchi an und rollte wortwörtlich von dem Gegenstand als diese nickte.

Er war noch nicht mal richtig auf dem Boden angekommen, da meinte die Elfe auch schon sie wäre fertig.

“Wow …” Mehr konnte Harry gar nicht sagen als er das nun Handflächen große Köfferchen hoch nahm. Das ist … praktisch. Vielen Dank!”

“Gerne doch.”

 

“Sie haben auch nichts v-v-vergessen?”, erkundigte sich der Professor als sie gemeinsam vor dem Kamin standen. Sie würden sich erst in Hogwarts richtig wieder sehen, denn der Mann wollte ihn nur schnell abliefern und dann direkt weiter reisen, da vor Schulbeginn noch einiges vorzubereiten war.

Schnell nickte Harry. “Ja, Scotchi hat auch noch mal mit einem Zauber gesucht. Ich hab all meine sieben Sachen zusammen.”

“Sieben? Allein ihre Schulmaterialien sind doch schon mehr.”

Lachend strich Harry über Sanaras Körper, welche um seinen Hals lag. “Ein Sprichwort Professor. Nur ein Sprichwort.”

“Tz”, war alles was der Mann pikiert von sich gab, ehe er nach hinten deutete. “V-V-Verabschieden Sie sich.”

Innerlich über die Unwissenheit des Erwachsenen lachend drehte er sich herum und schritt auf seine beiden Hauselfen Freunde zu. “Ihr werdet mir beide schrecklich fehlen. Bestimmt macht dort niemand so leckeren Vanille-Zimt Milchreis wie du, Löffli. Niemand wird sich so gut um mich kümmern wie du, Scotchi. Wie soll ich nur all mein Zeug zusammenhalten, wenn ich dich nicht mehr hab?”

Die Augen der Elfendame glänzten verdächtig, während Löffli schnaubend den Kopf weg drehte.

Es riecht ganz doll nach Traurigkeit”, zischte Sanara unruhig. Sie mochte diesen Geruch nicht. Tränen waren für sie ein Graus, warum, das wusste der Schwarzhaarige nicht.

“Elfen haben Proviant für Harry gemacht”, schaffte es die Elfin mit zittriger Stimme zu sagen und drückte Harry einen kleinen Korb in die Hand. “Damit Harry nicht Hunger hat auf der Reise.”

“Vielen Dank, ihr beiden. Für alles. Ich komm euch in den Ferien besuchen, auch wenn ich nicht hier wohnen werde.” Schnell war der Korb abgestellt und beide Elfen in seine Arme gezogen. “Ihr werdet mir fehlen.”

“Beeilung, Mr. Potter. Einen Malf-f-foy lässt man nicht w-w-warten!”

Schwermütig seufzend löste Harry die Umarmung und nahm den Korb wieder auf. “Passt auf euch auf.”
 

 

Der große Morgen war da. Narzissas Furcht vor diesem Morgen war stetig gewachsen, ehe sie beinahe glaubte daran zu ersticken. Sie wollte schreien, toben und intervenieren. Aber nichts davon zeigte sie nach außen. Stattdessen lächelte sie und half ihrem Sohn alles für dieses neue Kapitel in seinem Leben zusammen zu suchen. Ein Kapitel, welches ihren Sohn aus dem Haus und nach Hogwarts tragen würde und sie ihren Kleinen nur noch in den Ferien zu Gesicht bekam. Ihr Mutterherz wusste nicht wie sie die Entfernung verkraften sollte. Was wenn sie sich fremd wurden und der Junge nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollte?

Dass sie wusste wer Harry genau war und diesen ins Herz geschlossen hatte, machte das ganze auch nicht einfacher. Klar waren die beiden Jungen zusammen in Hogwarts, aber für sie war es beinahe als hätte sie noch einen Sohn verloren. Die beiden ergänzten sich durch ihre Charaktere so wunderbar, dass es niemals langweilig wurde. Von Stille konnte man auch nicht gerade sprechen, aber sie würde auf Stille jederzeit verzichten, wenn es bedeutete, dass die Ferien nicht endete. Wenn die Kinder nicht erwachsen wurden.

“Narzissa, nun schau doch nicht wie ein Augurey.” Sanft legte Lucius eine Hand auf ihren Arm. Natürlich hatte ihr Ehemannl ihre Fassade durchschaut. “Ich kenne dich eben.” Manchmal war es unheimlich mit Lucius, denn es schien als könne er ihre Gedanken lesen. Doch sie wusste es war einfach nur Teil ihrer tiefen Verbundenheit und Liebe. Sie könnte immer noch dankbar auf die Knie vor ihren Eltern gehen dafür, dass sie mit diesem wunderbaren Mann zwangsverheiratet wurde. Etwas besseres hätte ihr wohl nicht passieren können.

“Wo ist nur die Zeit geblieben?” Eine Frage auf die sie nicht wirklich eine Antwort erwartete. Lieber lehnte sie sich an ihren Ehemann und beobachtet die aufgeregten Jungs. Ein Schmunzeln schlich sich auf ihre Lippen, als Sanara es sich mal wieder nicht nehmen ließ Draco zu erschrecken.

“In den Weihnachtsferien ist er wieder hier und wer weiß, vielleicht kommt Harry ja auch mit. Ich weiß, du hängst inzwischen genau so an Potter wie an deinem eigenen Sohn. Du hattest ihn schon in der Nokturngasse in dein Herz geschlossen. Das brauchst du auch gar nicht bestreiten, ich kenne dich.”

Mehr als ein resigniertes Seufzen brachte die schwermütige Mutter nicht über die Lippen. Lieber genoß sie die Liebe und Unterstützung, welche sie durch Lucius erfuhr.
 

Noch einmal dachte sie an den Moment, als ihr Mann die Wahrheit über Harry offenbart hatte.

Es war gelinde gesagt, ein Schock gewesen und so hatte sie es auch nicht verhindern können dass ihr das Kinn gen Boden gesackt war. Dieser kleine, nette, zurückhaltende und oftmals verschüchtert wirkende Junge sollte Harry sein? Der kleine Harry Potter welchen sie kurz nach der Geburt auf dem Hand gehalten und dessen grüne Augen sie sofort vereinnahmt hatten? Der kleine Junge, welche sie nach dem Tod der Eltern so verzweifelt gesucht hatte? Damals war sie beinahe verrückt geworden, als der Junge einfach aus dem zerstörten Haus verstunden war. Nur ein ramponierter Teddy war in dem Bettchen gewesen, als Severus dort angekommen war.

Wo war der Junge nur gewesen und wie hatte er gelebt? In ihren Augen nicht gut, denn der Junge benahm sich oftmals nicht, wie sich ein Kind seines Alters tun sollte. Dafür war er einfach viel zu sehr selbstständig und erwachsen, während er auf der anderen Seite überhaupt nichts wusste, wie zum Beispiel etwas über das Fliegen auf Besen. Was abstrus war, wenn sie da an Lilys Gezeter zurück dachte als James dem Kleinkind einen Spielbesen kaufte. Schon da hatte der Kleine Können gezeigt.

Sie hatte Lucius nach mehr Informationen gebeten, doch dieser hatte sie ihr nicht geben können. Es gab nur das, was er immer wieder über Severus gehört hatte. Wobei dieser die Informationen von Albus Dumbledore hatte und dass diesem Mann nicht zu trauen war, wusste jeder der etwas Gehirn besaß.

Ihrem Ehemann und sich selbst schwor sie, nun zu tun was Lily sie gebeten hatte: Sie würde für Harry da sein und sich um ihn kümmern. Sie würde ihm wie eine Mutter sein, so dieser das denn wollte. Oder wenigstens eine Patentante, denn dazu war sie damals von ihrer guten Freundin ernannt worden.
 

In dieser Nacht hatte sie den alten Teddybär aus dem Schrank genommen und ihn mit ins Bett genommen. Leise Tränen ihrer zahlreichen Gefühle ins Kisse weinend, während Lucius sie einfach nur stumm festgehalten hatte.
 

 

 

“Draco, du reist mit deiner Mutter in fünf Minuten. Harry, du mit mir. Ich will keine Mätzchen. Benehmt euch und vergesst nicht was ich euch gesagt habe. Alles klar soweit? Harry, hier nimm deinen Trank. Ein Ausfallschritt nach dem Flohen, ok. Auf dem Bahnsteig das Frühstück wiedergeben, NEIN!”

Schnell kam Harry Lucius Worten nach und trank den eklig bitteren Zaubertrank. Dieser sollte seinen Magen beruhigen und den Kreislauf stabilisieren, denn Flohen würde wohl nie zu seiner bevorzugten Reisemethode gehören. Apparieren war auch nicht wirklich angenehm, vor allem nicht über größere Strecken.

Draco hatte ihn sofort inbrünstig unterstützt, als er heute Morgen gefragt hatte, ob sie nicht mit dem Besen zum Bahnhof fliegen konnten. Lucius hatte pikiert geguckt und den Kopf geschüttelt, während Narzissa hustend ihr Lachen zu verbergen versuchte. Da gab es gleich nochmal eine Malfoysche Einheit in ‘Anstand’ und ‘Ansehen waren’. Und dies noch bevor er seinen Kakao ausgetrunken hatte, wie nervig.

“Also los gehts”, bestimmte das Familienoberhaupt und Harry folgte dem Mann eilig. Er war nur froh, dass Sanara nun so artig um seinen Bauch gewickelt war. Unter der Kleidung und eng an ihn gewickelt hatte sich für die Schlange am erträglichsten beim Flohen und Apparieren erwiesen. Zudem gab es Harry ein Gefühl von Sicherheit nicht alleine dazustehen wenn etwas schief gehen sollte.

 

Froh über den eingenommenen Trank, trat Harry zur Seite um den Nachfolgenden Platz zu machen. Schnell tastete er nach Sanara welche ihm zu zischte dass sie da wäre. Auch der von Narzissa kleingezauberte Korb war, neben seinem Koffer, in der Jacke zu ertasten.

“Gut dass wir schon mal hier waren letztens”, richtete Harry sich an den wieder sehr kühl wirkenden Lucius.

“So ist es. Viel Spaß in Hogwarts und nervt Severus so richtig in meinem Namen.” Kurz zwinkerte der Mann und zauberte Harrys Sachen wieder groß.

Mit vorfreudig funkelnden Augen nickte Harry. “Das kriegen wir hin. Bis dann Sir und danke für alles.”

Mit reichlichgemischten Gefühlen drehte Harry sich herum und schritt davon. Gerne hätte er sich noch von Narzissa verabschiedet, aber das sah der entwickelte Plan nicht vor. Eine Sicherheitsmaßnahme quasi.

So hatten sie es nämlich an einem Abend unter der Anwesenheit von Professor Snape besprochen. Wäre Harry zusammen mit den Malfoys auf den Bahnsteig gekommen, hätte das ganz automatisch für Gerede gesorgt. Noch bevor er Hogwarts betreten hatte, wussten dann bestimmt alle wer der kleine schwarzhaarige Junge war. Snape war es gewesen, welcher darauf aufmerksam gemacht hatte in dem er eine Zeitung auf den Tisch legte.

 

 
 

10jähriges - Rosenhochzeit mit dem Unnennbaren. Plus: Was wurde aus dem Kind?

 

Allein die Überschrift war schon reiner Quatsch und der folgende Artikel war auch keineswegs besser.

Seine Eltern wurden als Märthyrer bezeichnet und alle Bekämpfer des Bösen waren sowie die Tollsten.

Harry war ein Held und für das Wohl aller als Waise aufgewachsen. Ab der Stelle wo Harry laut Quellen wohl behütet und versorgt aufgewachsen war, hatte er den Text nur noch überflogen und schließlich verächtlich schnaubend von sich geworfen. Die groß gedruckte Frage: ‘Wird der junge Held dieses Jahr in Hogwarts anzutreffen sein?’ strahlte ihm vom Boden entgegen. Mit einem trockenen “Das sind die Medien” hatte der Professor diesen unnützen Haufen Papier in Flammen aufgehen lassen und Harry wusste nicht wie er reagieren sollte. Also seufzte er nur und ließ sich von Narzissa umarmen.

 

 

Langsam schritt Harry durch den Bahnhof und dankte Narzissa für den Einfall vorher schon einmal her zu kommen, damit er sich zurecht fand. Zwar hatten sie nicht auf das Gleis 9 ¾ gekonnt, da dieses nur an An- und Abreisetagen betretbar war, aber er wusste wo sich der magische Durchgang befand und was zu tun war. Da es mal gerade zehn Uhr war und der Zug erst um elf Uhr abfuhr, entschied er sich dazu den Koffer in der Gepäckaufbewahrung abzugeben und sich noch einen Kakao zu genehmigen. Auch wenn die Elfen ihn leicht gezaubert und mit Rollen versehen hatten, war der Schrankkoffer doch viel zu sperrig um gut durch die herumwuselnde Menschenmasse zu kommen.
 

Koffer und Korb auf einem kleinen Transportwagen verstaut, schlenderte Harry einige Zeit später gemütlich in Richtung Gleis. Die kurze Zeit hier am Bahnhof war unterhaltsamer als Fernseher gucken. Was hier alles aufeinander traf in kurzer Zeit, war interessant und die Kombinationen waren manchmal einfach abstrus. Jetzt gerade lief er an einer älteren Dame - er schätzte sie auf Renatas Alter - welche in Begleitung eines jungen Mannes - vielleicht so um die zwanzig - war. Doch nicht der Altersunterschied war es, sondern die schwarzen Fingernägel, das reichliche und düstere Make Up, sowie Kleidung und allerlei klimpernd-blinkendes Schmuckzeug welches die ältere Dame trug. Wo hingegen der Mann wie aus der Puderdose gezogen im Anzug neben ihr stand und aufmerksam lauschte.

Den Kopf schüttelnd lief er an Gleis 8 vorbei, als er von hinten ein zweistimmiges “Beeilt euch!", gefolgt von einem “Jungs, langsam!” hörte. Nur einen Moment später rannten zwei Gestalten unter dem lauten Geklapper ihre Wagen links und rechts an ihm vorbei. Perplex blieb der Junge stehen. “Sorry”, rief noch einer von ihnen, ehe sie nach einem schnellen Seitenblick nacheinander durch eine Wand traten. Hogwartsschüler anscheinend, welche es mehr als eilig hatten obwohl es erst viertel vor Elf war. Anscheinend konnten die beiden es kaum abwarten wieder in das Internat zu kommen.
 

“Dass die beiden es aber auch nicht lernen”, schimpfte eine ebenfalls rothaarige Frau in seiner Nähe und zog ein kleines Mädchen hinter sich her. Anscheinend eine Großfamilie, wie Harry an den vielen ähnlich aussehenden Menschen allen Alters um die Frau herum bemerkte.

“Nun sei doch nicht so streng mit ihnen, Molly. Sie freuen sich halt auf ein neues Schuljahr”, kam es nun von einem Mann, welcher wohl der Vater war.

“Die beiden sollten sich gefälligst benehmen. Schließlich bin ich Vertrauensschüler und ich werde nicht davor scheuen ihnen Punkte abzuziehen”, schnarrte ein anderer Junge und Harry war er auf Anhieb suspekt, so arrogant wie der guckte und redete.

“Ronni Spatz, beeil dich bitte ein wenig. Ginni, Kleines, starr nicht so. Arthur, Percy bitte geht gucken dass die Zwillinge nicht den Zug auseinander nehmen, ehe dieser den Bahnhof auch nur verlassen hat.” Resolut überging die Frau einfach die Kommentare und scheuchte die Familie voran. Harry selbst wurde gar nicht wirklich von ihr beachtet.

Ein Junge in seinem Alter schob mit finsterem Blick den Wagen an Harry vorbei. “Das ist doch alles scheiße. Und dann hab ich auch noch diese dumme, nichtsnutzige Ratte abgekriegt.” Wütend stieß der Rothaarige seinen Wagen von sich, sodass dieser unkontrolliert in Harrys knallte und der Korb herunter fiel. Sandwiches, Apfel, Getränke und Kekse lagen - gottseidank verpackt - auf dem Boden herum und dem Schwarzhaarigen entfuhr ein “Hey, pass doch auf!”

Wütend zog der fremde Jungen seinen Wagen zu sich. “Steh hier nicht so bescheuert im Weg, dann passiert sowas auch nicht.”

Ungläubig blinzelte Harry den Gleichaltrigen an während er nieder kniete um seine Lebensmittel wieder einzupacken. “Bitte was?” Diese Aussage konnte doch nur ein Spaß sein.

“Du hast mich schon ganz richtig verstanden. Du bist selber Schuld wenn du nicht aus dem Weg gehst.”

Seufzend schüttelte Harry den Kopf und widmete sich lieber dem Aufsammeln. Langsam musste er sich beeilen zum Zug zu kommen. Also ignorierte er den schlecht gelaunten Jungen, welcher nun seiner Familie folgte.

 

Ein Apfel, welcher unvermindert in sein Blickfeld gehalten wurde, ließ ihn aufsehen und direkt in ein Locken umrahmtes Gesicht sehen. “Hier, bitteschön.” Braune, freundliche Augen blickten ihn an und dankbar lächelnd nahm Harry den Apfel entgegen, ehe er sich wieder aufrichtete und den Korb auf seinem Wagen platzierte.

Ehe er auch nur ein Dankeschön über die Lippen bekam, plapperte das Mädchen auch schon weiter. “Du gehst auch nach Hogwarts oder? Erstes Jahr, so wie du aussiehst? Ich auch und ich bin schrecklich aufgeregt, auch wenn ich ‘Geschichte Hogwarts’ schon quasi auswendig kann. Ich merke jetzt schon, wie ich Heimweh bekomme und ich bin nur froh, dass ich meine Eltern schon in der Eingangshalle verabschiedet habe. Sonst würde ich wohl gar nicht in den Zug einsteigen. Wollen wir zusammen gehen?”

Überrumpelt ob der vielen Worte folgte Harry dem Mädchen und trat nach ihr auf das magische Gleis. Es war befremdlich und gegen jeden Instinkt, auf eine Wand zu zulaufen und nicht zu bremsen. Im letzten Moment hatte der Junge die Augen geschlossen und sich an dem Griff des Wagens geradezu festgekrallt, jederzeit mit einem harten Aufprall rechnend. Doch so wie die Malfoys versprochen hatten geschah nichts weiter als das er spürte wie er durch etwas ging, was sich beinahe wie dicker Nebel anfühlte.

Lautes Tuten ließ ihn die Augen wieder öffnen und gerade rechtzeitig bremsen, ehe er dem fremden, staunenden Mädchen in die Hacken fuhr. Ihr Staunen konnte Harry nur zu genau verstehen als er die vielen Menschen und die riesige, dampfende Lok erblickte. Doch lange hatte Harry nicht Zeit diesen Anblick zu genießen, da trabte auch schon ein Mann in Uniform auf sie zu. “Nun los ihr beiden, sonst fährt der Zug ohne euch. Nehmt euer Handgepäck und dann ab in den Zug.”

Schnell kamen beide Kinder der Aufforderung nach und blickten sich irritiert an, als der Bahnangestellte keine Sekunde verschwendete um die Koffer mit Hilfe seines Zauberstabes verschwinden ließ.

“Aber … meine Sachen … meine Bücher”, stotterte die Braunhaarige perplex und blickte fassungslos zwischen dem nun leeren Wagen und dem Angestellten hin und her.

Ein leises Lachen entwich dem Mann. “Muggelkinder, was? Keine Sorge, Miss, Ihre Habseligkeiten sind bis Hogsmead sicher im Gepäckabteil verstaut. Sie können auch jederzeit dorthin um ihre Bücher zu besuchen.”

Erneutes Tuten hallte über den Bahnsteig.

“Na, los einsteigen ihr zwei!”

Wie selbstverständlich schnappte das Mädchen seine Hand und zog Harry schließlich in den Zug. Auch seine Versuche sich zu lösen oder sie verbal zu stoppen brachten nicht das Geringste. Beinahe wäre er über die Stufen gestolpert und auf die Nase gefallen. Verzweifelt suchte er den Bahnsteig nach ihm bekannten hellblonden Haaren ab, doch er sah sie nicht.

“Na los, komm schon, wir müssen uns einen Platz suchen. Ach ja, ich bin übrigens Hermine.”

“Harry”, gab er leicht geknickt zurück. Gerne hätte er wenigstens noch einmal einen Blick auf die Malfoy Eltern geworfen und ihnen zugenickt. Nur damit sie wussten, dass er auch im Zug angekommen war. Wer wusste schon, ob er sie irgendwann wieder sah? Vielleicht hatten sie ja nach den Ferien die Nase von ihm voll, weil er ihnen eine zu große Last gewesen war.

Wenigstens hatte diese Hermine ihn inzwischen los gelassen, sodass er sich lustlos hinter ihr über den engen Zugflur an fremden Menschen vorbei schob. Gerne würde er jetzt mit Draco und Co die Stunden verbringen, aber auch hier sah er kein vertrautes Gesicht.

 

Eigentlich hatte Harry geplant die Stunden einfach zu verschlafen oder zu lesen, dass daraus wohl nichts wurde, wurde ihm bewusst als er sich mit der dauernd schnatternden Hermine und einem sehr stillen braunhaarige Jungen in einem Abteil wiederfand.

Vorsichtig strich er wie zufällig über Sanaras Körper, welche ihm sagte dass sie keine Lust mehr hatte. Kein Wunder, die arme war ganz schön herumgewirbelt worden und die ganze Zeit in der gleichen Position.

“Wusstet ihr dass dieser Zug …”, setzte Hermine erneut an und Harry sah nur zu genau das Schmunzeln des anderen Jungen, von dem er immerhin wusste dass er Neville Longbottom hieß und mit dem er schon Essen ausgetauscht hatte.

In dem Moment wurde die Abteiltür aufgerissen und ein ihm nur zu bekannter Rotschopf erschien in der Tür.

“Ah, du schon wieder”, schnaubte der Junge als er Harry erblickte.

“Was willst du?”, gab Harry ebenso unwillig zurück und funkelte den Fremden an. Dieser Junge war einfach nur unverschämt.

“TZ! Von dir garantiert nichts. Vor eurer Tür saß eine hässliche Kröte. Beinahe wäre ich auf sie drauf getreten. Mein Bruder ist Vertrauensschüler und daher sage ich nehmt das Viech weg.” Mit dem Fuß schob der Unfreundliche das Tier in das Abteil. Mit einem lauten “Trevor!” schoss Neville nach vorne und hob die Kröte liebevoll hoch.

“Dann kannst du ja jetzt gehen”, kam es kalt von Harry, welcher aufstand. Dieser Junge erinnerte ihn so dermaßen an Dudley, dass es ihn beinahe wahnsinnig machte.

“Und was wenn nicht?”, provozierend grinsend verschränkte der Andere die Arme. Den Zauberstab locker in der Hand.

Schulterzuckend trat Harry näher und schloss die Abteiltür mit einem lauten Knall direkt vor der Nase des Jungen. Er spürte wie ein Zauber an ihm vorbei schoss und drehte sich verwundert herum.

Zwinkernd steckte Hermine ihren Stab wieder zurück. “Sagtest du nicht, du hättest genug Essen für uns alle?”

 

Die Sonne berührte bereits den Horizont und laut Hermine sollte es nicht mehr lange dauern, ehe sie den Zielbahnhof erreichten. Die Jungs hatten wohl mehr von Hogwarts erfahren, als wenn sie dieses komische Buch selber gelesen hätten. Hermine war wirklich nett, aber doch sehr redselig und besserwisserisch. Harry vermutete dass die Braunhaarige einfach nur ihre schreckliche Nervosität damit zu überspielen versuchte, denn laut ihrer eigenen Aussage musste sie als Muggelgeborene besonders viel lernen. Das ihre Eltern normale Zahnärzte waren und Hermine ebenfalls bis zur Ankunft des Briefes nichts über ihre magischen Fähigkeiten gewusst hatte, beruhigte ihn schon. Auch dass sie meinte, dass dadurch einige Dinge aus ihrer Kindheit erklärt wurden, ließ ihn eine gewissen Verbundenheit empfinden. Anscheinend ging es nicht nur ihm so.

Neville hingegen entstammte einer Zaubererfamilie und wohnte bei seiner Großmutter. Harry wusste nicht warum, aber keiner von ihnen fragte nach warum dies so war, spürten sie doch beide nur zu genau dass dieses Thema unangenehm für den Jungen war.

Im Großen und Ganzen war es eine relativ angenehme Fahrt bei der viel gelacht, geredet, gegessen - Harry hatte kurzerhand einen Großeinkauf bei der netten Snackdame gemacht - und eine Runde Karten nach der anderen gespielt wurde. Auch die Tatsache, dass Neville nach einem unbedachten Haare zurückstreichen seine Narbe entdeckte und damit seinen ‘Identität’ erriet, hatte das Beisammensein nicht großartig verändert. Etwas, dass er den beiden sehr hoch anrechnete.

Hermine war ohne diesen ganzen Hype um ‘Harry Potter’ aufgewachsen und Neville war entweder zu schüchtern oder was auch immer, um ihn großartig zu löchern. Longbottom wurde nur ganz aufgeregt als er sich die Reaktion seiner Großmutter ausmalte, wenn diese hörte dass er den berühmten Jungen schon auf der Hinfahrt kennengelernt, aber nicht direkt erkannt hatte. Irgendwie war diese Einstellung sympatisch und so dachte er zwar an die ihm Bekannten baldigen Slytherins, aber er vermisste sie nicht schrecklich. Zudem war ja abgemacht, dass sie sich erst ‘zufällig’ beim Ausstieg wieder trafen und gemeinsam das letzte Stück zur Schule zurück legten.

 

“Na los ihr Schlafmützen, wir sind bald da.” Offenbarte ihnen die bereits umgezogene Hermine, welche gerade wieder in ihr Abteil trat. “Na los, raus aus den normalen Klamotten. Es wird gefordert dass wir unsere Schuluniform anhaben ehe wir den Zug verlassen.“ Seufzend blickten die Jungs sich an. In Hogwarts würde Hermine sich nicht unbedingt Freunde machen, wenn sie dort auch so war. Vorallem nicht bei einem gewissen blonden Jungen.

“Macht schon, sonst hex ich sie auch verkehrt herum an.”

“Ähm …”, setzte Neville an, brach ab jedoch als ihn der fordernde Blick der Lockenträgerin traf.

“Hermine, verschwinde, vor dir ziehen wir uns nicht um.” Mit scheuchende Handbewegung schritt Harry grinsend in ihre Richtung. Das “Oh. Ups stimmt ja”, Gestotter einfach gut gelaunt ignorierend. Wenigstens hatte sie den Anstand rot anzulaufen als Harry die Tür vor ihrer Nase schloss und die Vorhänge zu zog.

Leise kichernd drehte er sich zu Neville herum und deutete auf die eben plötzlich aufgetauchten Schulumhang. “Na dann heißt es wohl umziehen ehe sie wieder nervt.”

 

Innerlich den Kopf schüttelnd beobachtete Harry dem rothaarigen Jungen und dessen Bruder, welcher irgendwelche Dinge befahl und wiederholt an einem Abzeichen herumdrehte und polierte. Was für wichtigtuerische Idioten.

Kaum dass er ausgestiegen war, hatte er Neville und Hermine Hagrid vorgestellt und diesen begrüßt. Auch wenn der Kerl riesig war und manchmal schroff wirkte, mochte Harry dem Mann. Immerhin hatte er Harry aus dieser gammeligen Hütte geholt und in den Tropfenden Kessel gebracht. Etwas besseres hätte ihm gar nicht passieren können. Jedoch hatte er beschlossen Hagrid später zu befragen, warum der nicht mehr aufgetaucht war. Das empfand der Schüler nämlich alles andere als nett.

Der Junge meinte immer noch das Gewicht der großen Hand auf seiner Schulter zu spüren, als er sich ein wenig abseits der Hagrid folgenden Schülermengen hinstellte. Er hatte die beiden nicht einfach aus Spaß bei Hagrid abgeladen, denn dieser rothaarige Junge schien nicht nur ein Problem mit ihm zu haben, sondern auch mit Hermine und Neville. Einfach weil diese sich mich ihm abgegeben hatten.

Suchend richtete er sich auf die Schuhspitzen und wäre beinahe umgekippt, als er von hinten angestupst wurde.

“Was machst du da für Turnübungen?”, hörte er Blaise gut gelaunt hinter sich.

Schnaubend drehte Harry sich herum und zog eine Augenbraue hoch. “Du schleichst dich wie eine Katze an. Vielleicht solltest du doch nach Gryffindor?” Als müsse er ernsthaft darüber nachdenken, kratzte sich der Schwarzhaarige am Kinn.

“Beleidigen könnt ihr euch später noch”, intervenierte Draco nüchtern. “Denkt dran, nicht auffallen in der Öffentlichkeit. Los jetzt, sonst kriegen wir noch die Schrottschiffe ab.” Erhobenen Kopfes drehte der Blonde sich herum und schritt selbstsicher hinter den anderen Erstklässler her, Pansy direkt an seiner Seite. Draco dachte nicht mal daran sich umzudrehen um sicher zu gehen, dass die anderen ihm folgten.

“Als würde er jeden Tag nichts anderes machen”, kicherte Harry.

“Na er ist ein Malfoy, was erwartest du?” Schulterzuckend drehte sich auch Zabini herum. Es war eine rhetorische Frage gewesen.

 

Bald hast du es geschafft, meine Süße.”

Hoffentlich. Ich hab Hunger!”

Schon wieder? Du hast doch vorhin erst im Zug die Mäuse von Scotchi gefuttert.”

Hallo? Ich bin ein Reptil und außerdem werden meine Schuppen ganz hässlich, wenn ich nicht genug esse”, empörte sich Sanara bewegte sich unruhig.

Kichernd folgte er Zabini, hinter sich die einfältigen Goyle und Crabbe, welche aber ansonsten ganz nett war. Hier unter seinen Freunden musste er nicht verheimlichen dass er Parsel konnte, denn er hatte es ihnen einfach verraten. Klar fanden sie es unheimlich, aber auch cool. Und Draco hatte es genutzt um gleich nochmal zu betonen, wie genial Harry doch war.

 

Nun begann der neue Abschnitt Namens Hogwarts für sie alle. Was es wohl für Überraschungen mit sich bringen würde?
 

 

Einteilung

Kaum waren sie aus den wackeligen Booten gestiegen, ließ Harry die nörgelnde Glattschlange ins feuchte Gras. Wenn er ehrlich war, dann würde er die Kleine am liebsten bei sich behalten. Erstens war das hier alles so groß - wie fanden sie sich wieder? Welche Gefahren lauerten hier auf Sanara? - und zweitens hätte es ihn beruhigt. Er hatte sich so daran gewöhnt dass Reptil am Körper zu tragen, dass es sich ganz komisch anfühlte, ohne dieses zusätzliche Gewicht herum zu laufen. Aber niemals würde er so egoistisch Sanara gegenüber sein.

 

“Harry, komm schon!”, brüllte Blaise. Die baldigen Slytherin waren schon weiter in Richtung Schule getrottet, während er sich für den Augenblick verabschiedete.

“Nun geh schon, Schlüpfling. Ich werde dich finden und wenn ich dafür in die Luft gehen musst.” Leicht schmunzelnd strich er Sanara noch mal über die weichen Kopfschuppen, ehe er sich aufrichtete, nickte und zu seinen unruhig wartenden Freunden schritt.

“Na endlich, Kumpel”, kam es fröhlich von Blaise, während dieser ihm einen Arm um die Schultern legte und mitzog. Eine Geste, so unschuldig, und doch ließ sie ein beklemmendes Gefühl in Harry aufkommen. Er war einfach nicht der Typ für Umarmungen, oder besser gesagt für solche ‘Überrumpelungsaktionen’.

Es war Draco, welcher ihn unbewusst rette. “Blaise, reiß dich zusammen, verdammt! Hör auf mit dem Mist”, knurrte der Blonde mit finsterem Blick.

Schuldbewusst zuckte Zabini zusammen und entfernte sich wenige Schritte von Harry. Nur zu genau hörte er das Gemurmel darüber, dass Blaise sich auf den Gemeinschaftsraum freute, wo sie endlich wieder normaler sein konnten.

“Los jetzt. Hört auf zu trödeln, sonst haben die Gryffindors schon alles verschlungen!”, schnarrte Draco kühl, ehe er sich schwungvoll umdrehte und erhobenen Kopfes die große Eingangstür durchschritt, um im inneren Hogwarts zu verschwinden.

Schmunzelnd den Kopf schüttelnd folgte Harry den Anderen. Eins musste man Draco wirklich lassen, dramatische Abgänge hatte der Junge wirklich drauf.

 

Mit zahlreichen anderen Kindern, welche wohl alle in ihrem Alter und damit Erstklässler waren, stand Harry in einem eigentlich viel zu kleinen Raum. Eine ältere Frau, welche sich als Professor McGonagall vorgestellt hatte, hatte ihnen eine kleine Einführung davon gegeben, was sie nun erwartete. Doch noch hieß es einen Moment warten, ehe die Frau wieder kam um sie abzuholen. Dann ging es in die Große Halle, wo bereits die anderen Schüler saßen und sie würden, durch etwas das ‘Sprechender Hut’ hieß, in ihre zukünftigen Häuser sortiert werden. Ein Moment, vor dem Harry irgendwie Angst hatte. Einerseits würde er die Zeit gerne mit Draco und Co. verbringen, aber war er da nicht einfach nur feige und ziemlich bequem? Er hatte in den Ferien auch die anderen Häuser durch die Bücher kennengelernt. Ravenclaw oder Gryffindor hatten an sich auch ihre Reize, auch wenn er dies niemals vor den anderen zugeben würde, da diese vor allem gegen das Haus der Löwen ihre Vorbehalte hatten. Nur warum, dies konnte ihm keiner wirklich erklären. Jedes Mal hieß es nur, dass es halt schon immer so war.   

 

“Wusste ich doch, dass mit dir was faul ist.” Es war die Stimme des unfreundlichen rothaarigen Jungen, welcher ihn aus den Überlegungen holte.

Irritiert blickte Harry sich um, wen dieser Ron jetzt schon wieder auf dem Kieker hatte. Als sein Blick schließlich den des Anderen traf, breitete sich ein gehässiges Grinsen auf dessen Gesicht aus.

“Ja, genau dich mein ich, Bohnenstange. Kein Wunder, dass du mir so unsympathisch warst, wenn du mit solchen Leuten herumhängst.” Verwirrt schaute Harry in die Richtung in welche der Rothaarige deutete. Es waren Draco, Blaise und Co. Draco, welcher direkt neben ihm stand, zog nur eine Augenbraue hoch. Wenn man ihn nicht kannte, könnte man meinen das Ganze würde Malfoy nicht weiter stören, doch Harry sah das minimale Zucken des Mundwinkels ebenso wie das Funkeln in den Augen.

Rons Provokationen blieben natürlich nicht unbemerkt und so hörte man hier und da Geflüster, während sich zahlreiche Augenpaare auf sie richteten. Am liebsten würde Harry diesen Störenfried ja einfach reden lassen, aber es betraf nun mal nicht nur ihn, sondern dieser Blödmann griff auch seine Freunde an.

“Was ist eigentlich dein Problem?”, erkundigte er sich ruhig und legte den Kopf auf die Seite.

“Mein Problem? Leute wie IHR.” Verachtung triefte nur so aus diesem einen Wort. “Hinterhältige Schlangen, welche nur Schlechtes treiben. Noch hast du eine Chance zu den Guten zu gehören.”

Lässig trat Harry auf den Anderen zu. Ein murmelnder Kreis hatte sich um sie gebildet. Doch wenn sie alle auf eine Schlägerei warteten, so würden er sie enttäuschen müssen.

“Harry …”, flüsterte Hermine, als er an ihr vorbeikam, doch er zwinkerte ihr nur kurz zu, ehe er sich wieder dem Möchtegern vor sich widmete.

“Es tut mir ja leid, aber ich sehe keine Guten. Falls du dich meinst, rate ich dir noch mal dieses Wort im Lexikon nachzuschlagen.” Raunen, Pfiffe und Lachen waren zu hören.

“Du … du …”, knurrte Ron mit aufgerissenen Augen. Anscheinend hatte der nicht mit so einer Antwort gerechnet.

“Ja? Wenn es das dann war …?” Kurz fragte Harry sich, woher er diesen Mut hatte. Die Leute, welche er in diesen paar Wochen kennengelernt hatte, hatten ihn wohl mehr beeinflusst als er bisher gedacht hatte. Noch vor kurzem hätte er all die schlecht versteckten Beleidiungen einfach mit gesenktem Kopf hingenommen und sich vielleicht sogar, unsinnigeeweise, entschuldigt.

“Du hälst dich wohl für was Besseres? Bist du nicht!”

Wie war das noch mit den getroffenen Hunden?

“Jetzt hör schon auf”, schaltete sich nun auch Hermine ein und stellte sich neben Harry. “Er, niemand, hat dir etwas getan, also warum bist du so unfreundlich?”

“Och, musst du dir von einem Mädchen helfen lassen?”, spottete Ron und blickte sich Unterstützung suchend um.

Schulterzuckend legte Harry eine Hand auf Hermines Schulter, welche ihn verwundert anblickte. “Nun, immerhin berufe ich mich nicht auf meinen großen Bruder.”

Schnaubend schritt der Andere auf ihn zu und Harry bereite sich schon darauf vor, Hermine nach hinten zu ziehen, doch die Rückkehr der Professorin unterbrach die kurz vor der Eskalation stehenden Situation.

“Was ist denn hier los? Benehmen Sie sich und folgen Sie mir ruhig und gesittet”, damit verschwand die Frau energischen Schrittes wieder. Es war Draco, welcher die gespannte Situation erneut komplett sprengte.

“Na los Potter, beweg dich.” Energisch schob sein Freund ihn vorwärts, sodass Harry mehr stolpernd als gehend als erster Schüler aus dem Raum kam.

Es dauerte vielleicht drei Sekunden, da hatten alle begriffen, was Draco da gerade gesagt hatte. Besser gesagt, wen der Blonde da gerade vor sich hertrieb.

“Harry Potter ist wirklich hier.” “Das ist Harry Potter.” “Der Junge-der-lebt.” Diese und viele andere Dinge waren zu hören und Harry würde am liebsten im Erdboden verschwinden.

“Nun, damit ist wohl diese ganze ‘Wir kennen uns nicht’ Scharade zu Ende, nicht wahr? Und eigentlich war es totaler Quatsch, dass wir nicht zusammen hergefahren sind.” Eine Augenbraue hochgezogen blickte er Draco an, welcher neben ihm ging.

“Wohl möglich”, kam es nüchtern von diesem.

“Lass mich raten, so wolltest du dich nicht outen?”, erkundigte sich Hermine, welche auf seiner anderen Seite ging. Immer wieder blickte sich das Mädchen um. Auch wenn sie es nicht zugeben mochte, schüchterte Ron sie ein. “Der steht da immer noch und hält Maulaffen feil”, kicherte sie und hielt eine Hand vor den Mund.

Lachend wedelte Harry mit den Händen in der Luft und drehte sich kurz um. “Mund zu, es zieht”, rief er dem Jungen zu, was diesen aus der Starre holte.
 

 

Ein wenig fühlte Harry sich ja wie auf dem Präsentierteller. Immer noch nuschelten die anderen Erstklässler hier und da über ihn und auch über die Situation mit dem vorlauten Rothaarigen.

In der Zeit wurde ein Stuhl, auf welchem ein alt aussehender und geflickter Hut lag, bereitgestellt.

Während sich auf den Gesichtern seiner bald-Slytherin Freunde sowie Nevilles Gesicht keine große Verwunderung zeigte, war auf Hermines ebenso Ratlosigkeit zu sehen, wie wohl auch auf seinem eigenem. Wie konnte ein Stück Stoff über ihre Zukunft in diesem Internat bestimmen? Doch die Frage wurde ihm schnell beantwortet, als der Hut plötzlich anfing zu singen.

Ein Lied, in dem er nicht nur sich selbst lobte, sondern auch die Tugenden der einzelnen Häuser aufzählte. “Nun los, so setzt mich auf, nur Mut, habt nur Vertrauen zum sprechenden Hut!” *¹, beendete der magische, braune Spitzhut sein Lied und Applaus erscholl in der Halle, während der Hut sich tatsächlich verbeugte.

“Aufsetzten also, na das ist ja einfach”, murmelte Hermine entschlossen und Harry stimmte ihr gedanklich zu.

 

“Wir beginnen nun mit der Sortierung in Ihre zukünftigen Häuser.” Einen Moment herrschte Schweigen, während die Professorin nach vorne trat und eine Pergamentrolle entrollte. “Abbott, Hannah!”, rief die Lehrerin bestimmt und ein blondes Mädchen mit Zöpfen löste sich aus der Menge und schritt unsicher auf den Hut zu. Kaum hatte sie das ihr viel zu große Stück Stoff auf dem Kopf, brüllte dieser auch schon “HUFFLEPUFF” durch die Halle und die Blonde stand auf um zu einem Tisch, über den ein schwarzgelbes Banner mit einem Dachs hing, zu gehen. Das alles unter dem Jubeln und Klatschen der dort sitzenden Schüler.

Und so ging es Schlag auf Schlag weiter. Ein Erstklässler nach dem anderen setzte den Hut auf und wurde dann freudig in seinem neuen Haus begrüßt.

Als Hermine an der Reihe war, murmelte diese “Wird schon schief gehen” und schenkte ihm ein unsicheres Lächeln, ehe sie eilig und in dem Anschein von Selbstbewusstsein zum Hut schritt und diesen entschlossen aufsetzte. Hatte der Hut bei den anderen augenblicklich den Häusernamen ausgerufen, so dauerte es so lange, dass Hermine zweimal tief einatmen konnte. “GRYFFINDOR!”, rief der Hut schließlich bestimmt und das Mädchen schritt mit einem schiefen, zittrigen Lächeln zu dem dies feiernden Tisch. Gryffindor hatte damit definitiv eine kluge neue Schülerin bekommen und konnte sich in Harrys Augen glücklich schätzen.

Anscheinend sah Ron dies ganz anders, denn er stöhnte erst und murmelte dann etwas von nerviger Streberin, die mit Schlangen anbändelte und dass er jetzt wohl mit der zusammenleben musste. Anscheinend rechnete Ron fest damit, auch nach Gryffindor zu kommen.

Innerlich knirschte Harry mit den Zähnen. Er war bald dran und irgendwie hatte er die unbegründete Angst, dass der Hut ihn einfach wieder wegschicken würde, weil er es nicht wert war hier zu sein.

Neville wurde aufgerufen und stolperte so sehr, dass er beinahe hinfiel. Trevor hatte er dabei so fest in der Hand, dass dieser pikiert quakte. Der Krötenbesitzer behielt den Hut noch länger auf, als Hermine und wirkte irgendwie immer blasser. Was Harry nur zu genau verstand. Vielleicht hatte der Braunhaarige ja die gleichen Befürchtungen, wie er selbst. Oder hatte Angst vor der eventuellen negativen Reaktion der Großmutter. Diese bestand, laut Neville, darauf dass er nach Gryffindor kam. Familientradition, wie der schüchterne Junge ihm beim Umziehen erzählt hatte. So war das wohl in diesen Magierfamilien, die Kinder hatten den Eltern zu folgen, ansonsten waren diese in ihrer Ehre gekränkt. Ganz so wie bei Draco und Co., nur dass diese die Erwartungen mit Stolz erfüllten.

“GRYFFINDOR!”, schrie der Hut endlich und durchschnitt damit das gebannte Schweigen.

Neville hatte wieder alle Lacher auf seiner Seite, als er mit dem Hut noch auf dem Kopf, zum Löwentisch rannte und ihn schließlich hochroten Kopfes an den nächsten Erstklässler weiter geben musste.

Es wurden immer weniger Schüler, welche ihn von der eigenen Auswahl trennten. Draco kam ebenso wie Millicent, Crabbe und Goyle nach Slytherin. Theo und Pansy folgten ihnen nur wenig später mit erhobenem Kopf. Es war genauso gekommen, wie er vermutet hatte.

“Bleib cool”, flüsterte ihm Blaise zu, zog sich jedoch nach einem mahnenden Blick der Professorin zurück.

Das war einfacher gesagt als gedacht, so dachte sich Harry, während Zwillingsmädchen nach vorne traten und durch den Hut in unterschiedliche Häuser - Ravenclaw und Gryffindor - geschickt wurden. Natürlich lief dies nicht ganz ohne Tränen ab.

Ein weiteres Mädchen wurde Hufflepuff zugeordnet und Harrys Herz schlug so stark, das es in seinem Kopf pochte. Schwitzte er? Ganz bestimmt und er war froh diesen Umhang zu haben. Und dann kam der Moment, den er zugleich herbeisehnte und doch unglaublich fürchtete. Vor allem waren alte und neue Freunde jetzt in den sich hassenden Häusern aufgeteilt.

 

Doch seine, sich im Kreis drehenden, Gedanken voller Unsicherheit, Sorgen und Zweifel wurden unterbrochen, als McGonagall nach einem tiefen Luft holen “Potter, Harry”, rief und er natürlich sofort wieder Ziel sämtlicher Aufmerksamkeit war. Unter immer lauterem Gemurmel schritt er zittrig zum Hut, setzte sich auf den Stuhl und war beinahe froh, als ihm das Stück ledrigem Stoff über die Augen rutschte. So musste er wenigstens nicht sehen, wie sich die anderen beinahe die Hälse verrenkten.

Eine gefühlte Ewigkeit geschah gar nichts, doch dann erklang die Stimme des Hutes und Harry zuckte kurz durch die unerwartete ‘Piepsigkeit’ der Stimme zusammen.

“Hmmm. Schwierig. Sehr schwierig. Viel Mut, wie ich sehe. Kein schlechter Kopf außerdem. Da ist Begabung, du meine Güte, ja - und ein kräftiger Durst, sich zu beweisen, nun das ist interessant … Nun, wo soll ich dich hinstecken?”*²

“Ich weiß es nicht”, flüsterte Harry leise.

“Nicht? Nun ich könnte dich nach Gryffindor, Slytherin oder Ravenclaw schicken. Für alle Häuser bist du gut geeignet.”

“In Ravenclaw kenne ich niemanden. Und meine Freunde sind auf Gryffindor und Slytherin verteilt.”

“Deine Magiesignatur lässt Slytherin und Gryffindor zu, so wie bei deinen Eltern. Ich erinnere mich, solch ein Gespräch mit deiner Mutter geführt zu haben. Nun, Ravenclaw also nicht. In Slytherin könntest du es weit bringen und ein leichtes Leben führen”, säuselte der Hut beschwörerisch und Harry wurde das Gefühl nicht los, dass der Hut ihn zu dieser Entscheidung drängen wollte.

Rote Haare kamen ihm in den Sinn. “Nein. Nicht Slytherin”, sagte er bestimmt und nun voller Entschlossenheit. “Es gibt Menschen, welche mich mehr brauchen.”

“Wie die Mutter, so der Sohn … dann also: GRYFFINDOR!” Das letzte Wort schrie der Hut laut, sodass ihn jeder Verstand und Harry wurde von dem seltsam gesprächigen Ding befreit.

“Glückwunsch und Willkommen in meinem Haus”, flüsterte ihm McGonagell zu und zeigte auf den laut feiernden, jubelnden und springenden Gryffindor Tisch.

“Wir haben Potter!”, riefen die rothaarigen Zwillinge, als hätten sie gerade ein Mittel zur Unsterblichkeit gefunden.

Während er zittrig auf seine neuen Hauskameraden zuging, warf er einen vorsichtigen Blick zu den Slytherins. Seine Freunde starrten ihn mit großen Augen an, ehe sich Draco abrupt abwandte. Die anderen folgten dem Beispiel und einzig Theodor blickte ihn einen Moment länger an. Der stumme Vorwurf in den Augen und die lautlose Frage “Warum?”, auf den Lippen. Dann drehte sich auch Nott herum und zeigte ihm die kalte Schulter.

Die gute Laune und Euphorie, welche er eben noch bei seiner Entscheidung empfunden hatte, verpuffte. Hatte er sich wirklich richtig entschieden?

 

Harry ließ all die Glückwünsche, Händeschüttelei und auch das dauernde auf die Schulter klopfen, über sich ergehen. Am Rande nahm er wahr, dass nicht nur der Vertrauensschüler und Bruder des unausstehlichen Ron ihm seinen Lob aussprach, sondern auch das Ron inzwischen ebenfalls dem Haus der Löwen zugeteilt worden war. Mit finsterem Blick, setzte sich der Junge ihm schräg gegenüber, aber Harry versuchte ihn genauso wie alle anderen, zu ignorieren. Ein wenig erschöpft und auch erschlagen von all den neuen Eindrücken, ließ er sich zwischen Neville und Hermine nieder, welche ihm beide nur grinsend zunickten. Abwesend richtete er den Blick nach vorne, wo gerade Blaise als letzter Schüler nach Slytherin eingeteilt wurde, nicht ohne ihn ebenfalls vorwurfsvoll anzusehen.

Ein Knoten bildete sich in seinen Magen und er fragte sich, ob die anderem ihm wohl verzeihen würden. Einfach würde es bestimmt nicht werden, vor allem bei Draco nicht. Dessen war sich der Pottererbe ganz sicher.

 

Am Rande nahm er wahr, wie die strenge Lehrerin den Hut forttrug und sich ein älter, weißhaariger Mann mit ebenso weißem und langem Bart erhob. Blaue Augen, glitten über sie alle hinweg und blieben einen Moment länger als nötig auf ihm haften. Gut gelaunt schien der Mann ihm zuzuzwinkern.

Die Kakofonie aus Stimmen und anderen Geräuschen versiegte schlagartig, als der Schuldirektor Albus Dumbledore seine Begrüßungsrede hielt. Doch die Blicke blieben. Konnte der alte Mann bitte ein wenig schneller reden? Doch natürlich verging die Zeit nicht schneller, nur weil er es sich so wünschte, daher versuchte er sich damit abzulenken, die Erwachsenen hinter dem großen Tisch auf dem Podest zu studieren. Severus saß ganz am Rand, komplett in Schwarz gekleidet und blickte ihn mit diesem seltsam leeren und doch eiskalt-nüchternen Blick an. Eine Augenbraue erhoben, brannte sich dieser dunkle Blick in ihn und Harry begann unruhig auf seinem Platz hin und her zu rutschen. War der Mann beleidigt, weil er nicht in dessen Haus einsortiert worden war?

Auch die anderen Lehrer machten es nicht besser, egal wie freundlich sie auch blickten. Professor Quirrell war da vielleicht eine Ausnahme, denn der Mann blickte ihn grinsend an und zwinkerte ihm sogar zu. Mit zittrigen Lippen erwiderte er das Grinsen, ehe sein Blick zum Schulleiter wanderte.

Auf den ersten Blick sah er nichts, was ihm einen Anlass gab, so schlecht von dem Mann zu denken, wie die Malfoys ihn immer darstellten. Sein Blick fiel auf Hagrid, welcher ihm ebenfalls zuzwinkerte und die Hand kurz zum Gruß hob. Schmallippig lächelnd erwiderte er den Gruß.

Schneller als erwartet, war die Rede beendet und das auf recht unorthodoxe sowie verwirrende Weise. Was ihm die halblaute Frage entlockte, ob der Mann ein wenig verrückt wäre.

Augenblicklich intervenierte niemand anderes, als Percy Weasly, stolzer Vertrauensschüler Gryffindors und lobte Dumbledore in den Himmel.

 

Das Essen, was kurz danach aufgetaucht war, war reichhaltig und sehr, sehr lecker. Harry konnte gut und gerne behaupten, dass er sich bei diesem unglaublichen Angebot schlichtweg überfressen hatte. Die Gespräche waren ausgewogen und handelten über Haustiere, Hobbys, den Blutstatus oder in Hermines Fall, über den Unterrichtsstoff. Darüber quetschte sie nämlich Percy aus und der kam dem natürlich bereitwillig und voller Stolz nach.

Kaum war das Essen wieder verschwunden, erhob sich der Schulleiter erneut und setzte zu einer neuen Rede an. Wenn Harry sich so umsah, fragte er sich, ob überhaupt noch jemand wirklich zuhörte. Denn nicht nur er sah aus, als würde er gleich in ein Fress-Koma fallen. Warum hatte er auch noch beim Nachtisch so zugelangt?

Der Direktor schien ein netter Mann zu sein, mit fröhlich funkelnden Augen, Lachfalten um diese und bedacht auf die Sicherheit der Schüler. Schließlich gab er die Anweisung nicht in diesen komischen Wald zu gehen und erinnerte ebenso an das Zauberverbot auf den Fluren zur Pausenzeit.

“Von ‘während der Stunden’ hat er wieder nichts gesagt”, hörte er einen der Zwillinge sagen, während der anderem mit einem diabolischen Grinsen nickte. Anscheinend planten sie mit einem dritten Jungen schon die nächsten Schandtaten, so wie sie die Köpfe zusammensteckten.

Bei all dem, was er von Dumbledore hier in Hogwarts mitbekommen hatte, fragte er sich, warum die Anderen so schlecht auf den Direktor zu sprechen waren. Inkompetent oder dumm kam der Weißhaarige ihm jetzt nicht wirklich vor. Gut … er wusste selbst nicht so genau, was er von all dem, was der Mann ihm bezüglich getan hatte, halten sollte, aber er wollte sich eine eigene Meinung bilden. Vielleicht konnte er ja irgendwann mal mit dem Mann unter vier Augen reden? Irgendwas an dem Blick des Älteren sagte ihm, dass es eher früher als später dazu kam.

 

Eine ganze Zeit lang später, lag Harry erschöpft in seinem Bett und starrte mit unter dem Kopf verschränkten Armen an dessen Decke. Leider musste er sich den Schlafraum mit Ron Weasley teilen, doch glücklicherweise war Neville ebenfalls hier und die anderen beiden Jungs - Dean und Seamus - waren ebenfalls nett und nicht zu neugierig.

Es war beinahe lustig, wie Ron, kurz vor dem zu Bett gehen, zu ihm kam, um sich bei ihm zu entschuldigen. Einfach weil er keine Lust mehr auf Diskussion oder überhaupt auf den Beinen bleiben hatte, hatte er die Entschuldigung angenommen. Trauen tat er diesem Frieden jedoch nicht, dafür war dieses reumütige Verhalten einfach viel zu gegensätzlich zu dem, was er bisher kennengelernt hatte.

Aber der Junge war mit der Grund, warum er nach Gryffindor gegangen war, denn er wollte Hermine und Neville zur Seite stehen. Wenn er dem Rothaarigen jetzt einfach verzeihen und auf gut Freund machen würde, dann würde er sich selbst verraten.

Leises Schnarchen erklang aus Nevilles Bett und auch die Lampen an den Betten von den anderen Jungs erloschen. Seufzend drehte Harry sich auf die Seite, löschte auch seine Lampe und zog die Decke bis ans Kinn hoch.

Wie wohl der erste Schultag werden würde?

Seltsames Verhalten

Der nächste und damit erste Schultag, begann mit Chaos. Oder besser gesagt, die ganze erste Woche war das reinste Chaos. Nicht nur brauchte er Hermines Hilfe um im Schloss zurecht zu finden - womit er unter den Erstklässlern wenigstens nicht alleine war- er hatte auch noch das Problem ‘Ron’ und zudem rannte er schon die ganzen Tage hinter den Slytherins her. Doch die zeigten ihm die einfach die kalte Schulter.

Durch eine Verspätung in Severus Unterricht, hatte er den Mann wohl vollkommen gegen sich aufgebracht, auf jeden Fall deutete er dessen grimmiges und vor allem ihm gegenüber gehässiges Verhalten so. Nichts war von dem stillen, aber ab und an tatsächlich schmunzelnden Mann übrig geblieben. Es war nur ein dunkler, beängstigender und ungerechter Mann übrig, der mit Vorliebe Punkte aus dem Gryffindorglas verschwinden ließ. Anscheinend nahmen ihm nicht nur die jungen Schlangen die Häuserwahl krumm.

Harry vermisste die Zeit im Tropfenden Kessel. Dort war er zwar anfangs auch überfordert, aber doch sehr schnell glücklich und frei gewesen.

Glücklich konnte er auch hier in Hogwarts sein oder werden, Freiheit würde wohl schwerer zu finden sein. Auf jeden Fall, wenn einem neben den Mitschülern auch lebende Bildbewohner mit den Augen folgten oder Geister um einen herumschwirrten. Von den Lehrkräften und dem miesepetrigen Hausmeister samt Katze gar nicht erst zu sprechen. Es waren einfach so unglaublich viele Leute um ihn herum und das, war er schlichtweg nicht gewöhnt.

 

 

Genau das hatte er auch gerade mit Sanara besprochen, mit welcher er in der Nähe von Hagrids Hütte saß. Das Reptil hatte, gegen den Willen des Hüttenbewohners, beschlossen dort zu nächtigen und sich sogar schon irgendwie mit Hagrids Sabbermonster-Hund Fang arrangiert.

Es ist wirklich nervig, Sanara. Hermine und Neville meinen zwar, dass Snape zu allen Gryffindor gleich gemein ist, aber mir kommt das nicht so vor.” Trübsinnig blickte der Grünäugige in den diesigen Himmel. Wann es hier wohl zu schneien begann?

Soll ich ihn beissssssen?”, kam es unschuldig von Sanara, betonte das ‘beissen’ jedoch besonders.

Schnell schüttelte Harry den Kopf. “Nein, lass das mal besser. Ich glaub’, ich hab’, so schon genug Probleme mit ihm.”

Zischelnd drehte Sanara den Kopf zur Seite.

Sei nicht beleidigt, ok? Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du dies für mich machen würdest. Aber ich möchte ungern, dass er dich als Trankzutat verwendet. Das könnte ich ihm nämlich nicht verzeihen, im Gegenteil zu dem Anschnauzen und Punkte abziehen. Ich komm schon irgendwie mit ihm aus, es sind ja schließlich nur ein paar Stunden in der Woche, in denen ich ihn direkt um mich haben muss.”

Nun gut, Schlüpfling”, stimmte Sanara nach einigen Augenblicken zu. “Ich habe vor kurzem diesen bösen Zweibein Jungen gesehen.”

Grübelnd blickte Harry auf seine Schlangenfreundin, welche neben ihm lag und den Blick über das Gelände wandern ließ. “Welchen meinst du? Mir fallen jetzt schon mehrere ein, die nicht wirklich nett oder höflich sind.”

Na das böse Zweibein, welches dich beinahe verletzt hat”, kam es aufgebracht von Sanara und der Kopf schwang hin und her.

Endlich ging Harry ein Licht auf. “Ach, du meinst Ron! Was hat er denn gemacht?”

Er lief hier draußen herum mit einem Zweibeiner, der wie er aussah, nur ein paar Häutungen später.

Das war bestimmt Percy. Das ist sein Bruder. Percy ist total eingebildet weil er irgendson’ besonderen Rang in Gryffindor hat. Befiehlt hier und da, scheucht uns und redet dauernd von Regeln. Wenn McGonagall - unsere Ranghöchste - irgendwas sagt, steht er daneben und nickt dauernd. Das, was andere als nett sehen, ist für ihn glaube ich nur das, was zu seinem Rang gehört.” So hatte er die Verhältnisse wohl recht gut für Sanara übersetzt, sodass diese es mit ihrer Schlangeweltansicht auch verstehen konnte. “Mein Onkel - das böse große Zweibein im alten Zuhause - nannte solche Menschen immer karrieregeil.” Er schweifte ab. “Egal. Also, was haben sie gemacht?”

Langsam bewegte das Reptil ihren Kopf hin und her, ehe sie ihm einen Blick zuwarf, der wohl ausdrücken sollte, dass sie sich von Harry veräppelt fühlte. “Ich sagte doch, sie liefen hier herum und redeten. Mehr nicht.”

Hmm ... seltsam. Aber vielleicht hat Ron sich ja nur über die Zwillinge beschwert. Die ärgern ihn nämlich genauso, wie Percy. Ich finde sie eigentlich ganz lustig und unterhaltsam. Naja, solange man nicht im gleichen Raum lernen möchte.” So wie gestern, wo er mit Hermine und Neville über einer Hausaufgabe brütete und die beiden Knallfrösche im Gemeinschaftsraum hochgehen ließen. Leider war diese Eigenproduktion nicht nur unglaublich laut, sondern produzierte auch noch roten, schief singenden Rauch. Letztendlich hatte der Turm evakuiert werden müssen, bis McGonagall es, mit dem Hausmeister zusammen, irgendwie geschafft hatte das Chaos zu beseitigen.

Er wollte Sanaras Beobachtung jedoch im Hinterkopf behalten, denn er traute Ron schlicht und ergreifend nicht. Den Anderen gegenüber ließ Ron immer noch die ‘mein Bruder ist was besonderes Karte’ fallen, ihm und seinen Freunden gegenüber hielt sich der Rothaarige zurück. War sogar relativ freundlich.

Erzähl mir, was du so den ganzen Tag über machst”, bat er das Reptil. Natürlich kam Sanara der Bitte nur zu gerne nach und so rutschte das Thema Ron in den Hintergrund, während Harry interessiert dem Schlangenalltag lauschte.

 

Da kommt jemand”, zischte Sanara einige Zeit später aufgeregt.

Hmm?”, nuschelte Harry schläfrig. Genoss er doch mit geschlossenen Augen die Sonnenstrahlen. Sanaras Erzählungen über Mäuse und Ratten im Schloss und dem Außengelände waren dann doch nicht so interessant gewesen. Einzig die Stelle, an der das Reptil gestanden hatte, Draco schon mehrfach einen kleinen Schock verpasst zu haben, ließ ihn auflachen.

Der komisch riechende Zweibeiner”, präzisierte die Schlange und Harry riss mit einem lauten “Snape?”, die Augen auf.

Doch es war - glücklicherweise - nicht der Meister der Zaubertränke und fiesen Sprüche - welcher auf sie zu schritt.

 

“Mr. Potter, was-s-s machen S-s-sie denn hier?”, erkundigte sich Professor Quirrell freundlich, während er näher kam.

“Hallo Professor. Ach … ich habe nur ein wenig entspannt und mit Sanara geplaudert.”

Kurz zuckte eine Augenbraue des Erwachsenen, ehe ein leichtes Lächeln auf dessen Lippen erschien. “Nun, las-s-sen S-S-S-ie s-s-sich nicht dabei erwis-s-schen, Mr. Potter. Das-s-s könnte z-z-zu Problemen führen.”

Seufzend nickte Harry. “Ja, ich weiß. Aber hier sollte mich niemand sehen. Hagrid weiß eh davon und ist zudem mit Fang im Wald unterwegs.”

“Is-s-st er das-s-s?” Die Augen des Turbanträger wanderten zu dem Wald hinter Harry. Einen Moment schien es, als wenn der Mann nachdenken würde. “Nun, ich denke, S-S-Sie s-s-sollten nun wieder herein gehen. Auch wenn nun Wochenende is-s-st, haben S-S-Sie doch bestimmt noch Aufgaben z-z-zu erledigen. Auß-ß-ßerdem erinnere ich mich daran, das-s-s-s der Direktor den Verboteten Wald als verboten erklärt hat. Die Grenze daz-z-zu, ist nahe dran am Verbot und ers-s-strecht für S-S-Sie! Also Abmars-s-sch!”

Der strenge Blick verschwand auch nicht, als Sanara in Richtung des Mannes zischte.

“Nehmen S-S-Sie ihr Haustier mit.”

“Aber sie wohnt doch bei Hagrid”, schaffte Harry überrumpelt ob dieser Ansprache hervor zu bringen. Stand jedoch auf und nahm Sanara auf den Arm. So streng und unnachgiebig hatte er den Mann noch nicht erlebt. Obwohl, die Geschichte nach dem Supermarkt kam da nah dran.

“Dann s-s-sollten S-S-Sie vielleicht über einen bes-s-seren Wohnort nachdenken”, gab der Professor zu bedenken. “Nehmen S-S-Sie da-s-s kleine Reptil ers-s-stmal mit. Ihre Freunde s-s-suchen S-S-Sie ebenfalls-s-s.”

“Ja … ja, Professor. Bis dann … äh ... tschüss … äh.” Eilig stolperte Harry davon.

 

Was war das für ein seltsamer Moment gewesen? Harry hatte jahrelange Übungungen mit seltsamen Erwachsenen - die noch seltsamere Verhaltensweisen forderten - und wusste daher, dass Rückzug in solch einem Moment oftmals besser war, als Diskussion. Aber warum störte ihn die Ansprache gerade so? Irgendwas in den Worten des Professors hatte ihn stutzig gemacht, nur bekam er den Grund des Gefühls einfach nicht in die Finger, um zu benennen woran es lag.

Du riechst verängstigt, Schlüpfling.” Sanaras Kommentar holte ihn aus den Grübeleien

Ich glaube, ich bin eher … verwirrt. Sag mal, wäre es in Ordnung, wenn ich dich an den Gewächshäusern absetze? Oder möchtest du mit ins Schloss kommen?“

Mache dies, Schlüpfling. Auch wenn ich nicht weiß was du meinst.“

Und so setzte Harry das Reptil in der Nähe der großen Gewächshäuser ab, denn hier hatte sie im Ernstfall ein Dach über dem Kopf. Mit wenigen Worten und dem Versprechen sich bald wieder zu sehen, verabschiedeten sich die beiden ungleichen Freunde voneinander.
 

Entschlossen schritt Harry in Richtung Schloss, wollte er doch das Erlebnis mit Quirrell im Kreise seiner Freunde besprechen. Vielleicht hatten die ja eine Erklärung dafür.

Er fand sie schließlich, wenig überraschend, in der Bibliothek. Neville ein Buch über die Kräuter Schottlands vor sich und Hermine das Verwandlungsbuch. Bei Longbottom war es wenigsten ergänzendes Material und kein Schulstoff.

„Hey Leute“, begrüßte er die beiden leise und rutschte auf einen der Stühle.

„Harry, da bist du ja. Wir haben dich gesucht“, rief Hermine aus und erntete einen strengen Blick von der vorbeigehenden Bibliotheks-Hexe.

Schmunzelnd deutete Harry auf den Lesestoff. „Danach siehts aus.“

Empört plusterte das Mädchen die Wangen auf. „Na, wir haben dich nicht gefunden, also dachte ich mir, du wirst schon zu uns kommen wenn du so weit bist. Und zack, da bist du. Meine Theorie ist also vollkommen aufgegangen.“ Entschlossen schmiss Hermine eine Haarsträhne nach hinten und warf ihm einen Blick zu, der eindeutig klar machte, dass er jetzt ja nicht diskutieren sollte.

Also hob er nur beschwichtigend die Hände. „Schon gut. Ich wollte etwas mit euch bereden. Nur lasst uns dafür woanders hingehen.“

„Ich bitte darum! Los, raus mit euch Schnattergänsen!“, ertönte es streng hinter ihnen und ließ die drei Freunde zusammenzucken. Eilig sahen sie zu, dass sie aus dem Raum und damit der Reichweite von dieser strengen Bibliotheks-Hexe kamen. Was Ruhe in der Bibliothek anging, ließ die Frau weder mit sich reden, noch Gnade walten.

 

Einige Minuten später saßen sie am Ufer des im Sonnenlicht glitzernden Schwarzen See.

„Also, was ist los?“, erkundigte sich Hermine gerade heraus, kaum dass sie Platz genommen hatten.

„Es geht im Professor Quirrell“, kam auch Harry gleich zum Thema. Musste jedoch die Lockenträgerin davon abhalten direkt wieder loszuplappern. „Lasst mich erst erklären, ok?“ Als beide nickten, erzählte er von seinem Nachmittag. In diesem Moment war er froh, dass er alle Warnungen in den Wind geschossen und seinen beiden Freunden von dem Talent der Schlangensprache erzählt hatte. So konnte er ihnen erzählen, dass er sich mit Sanara getroffen und mit ihr gesprochen hatte. Auch dass sie anbot Snape zu beißen, ließ er ebenso wenig aus, wie dass seine geschuppte Freundin mit Vorliebe gewisse Erstklässler-Slytherins ärgerte. Diese Information brachte den oftmals einfach schweigenden Neville zum Lachen. Er fand es klasse, Hermine jedoch gar nicht.

„Ich hoffe, du hast klar gemacht, dass das gar nicht geht. Das gibt nur Ärger! Die Schlangen haben uns doch eh schon auf den Kieker. Dieser schwachsinnige Streit zwischen Gryffindor und Slytherin muss doch nicht noch künstlich angeheizt werden und Snape braucht keinen Grund uns zusätzliche Punkte abzuziehen. Das ist ja beinahe wie in den Highschool Filmen.“

„Hermine. Hermine, Stopp. Beruhige dich“, forderte er die Braunhaarige auf, in dessen Gesicht sich schon hektische Flecken bildeten. Sanft ergriff er die wild gestikulierenden Hände. „Ich habe Sanara gesagt, dass es nicht geht. Genau aus den von dir so enthusiastisch vorgetragenen Gründen.“

Manchmal war es wirklich anstrengend mit dem Mädchen.

„Dann ist doch alles gut“, murmelte Neville und zuckte unsicher mit den Schultern.

Langsam ließ der Grünäugige die kleineren Hände los. „Also, darf ich dann weiter erzählen?“ Keiner der beiden erhob Einspruch und so erzählte er von dem Gespräch mit dem Turbanträger.

 

 

„Was sagt ihr zu der Geschichte mit dem Professor?“, erkundigte er sich einige Zeit später und spielte mit einem ausgerupften Grashalm.

Neville zuckte mit den Schultern und Hermine hatte die Stirn nachdenklich in Falten gelegt.

Es war schließlich Longbottom, welcher das eingetretene Schweigen durchbrach.

„Nun ja … hast du nicht gesagt, du hast mit ihm im Tropfenden Kessel gewohnt und er auch?“

Was das miteinander zu tun hatte, erschloss sich Harry nicht, nickte jedoch zögerlich.

Hermine verstand natürlich sehr viel schneller, worauf der Junge hinaus wollte. “ Vielleicht hat er ja dadurch so etwas wie einen Beschützerinstinkt entwickelt. Obwohl, nein, das klingt nicht logisch. Ich denke, er macht sich einfach Sorgen, dass dich etwas aus dem Verbotenen Wald angreifen könnte. Ich habe Dinge darüber in Geschichte Hogwarts gelesen und da steht zwar nicht genau drinne was da wohnt, aber doch, dass man als Mensch nicht allzu gute Überlebenschancen hat.“

Verwundert und ein wenig aufgebracht verzog Harry sein Gesicht. „Aber ich will da doch nicht einziehen, sondern habe quasi neben Hagrids Hütte gesessen. Das waren noch ein paar Meter bis zum Rand des Waldes.“

„Aber verstehst du denn nicht Harry? Der seltsame Professor mag dich anscheinend und will nicht, dass dir etwas passiert. Vielleicht fühlt er sich nach den Ferien immer noch für dich verantwortlich, ja ich denke das könnte passen.“

„Ja“, stimmte Neville dem Mädchen in der Runde zu.

„Ich weiß nicht ...“, murmelte Harry und richtete den Blick wieder auf die Wasseroberfläche. Irgendwas entging ihm. Irgendetwas, dass nicht ins Bild passte, nur kam er nicht drauf.

„Was auch immer es ist, ich finde es gut, dass der Professor seinen Job ernst nimmt und aufpasst. So sollten Lehrer sein und nicht so wie Professor Snape. Freu dich doch einfach“, schlug Hermine vor und lächelte selbstzufrieden.

Seufzend erwiderte Harry das Lächeln. „Na gut. Vielleicht habt ihr Recht.“

„Sagt mal, habt ihr auch Angst vor dem Flugunterricht morgen? Kann es nicht wieder wie in Strömen regnen, so wie bei der ersten Stunde?“, wechselte Neville unerwarteter Weise das Thema und löste damit eine Diskussion aus, bei der Harry recht schnell alleine dastand mit der Meinung, dass Fliegen cool war. Weder Neville, noch Hermine konnten dem nämlich viel abgewinnen. Was ihn Draco noch viel mehr vermissen ließ. Mit dem konnte er wenigstens die Leidenschaft fürs Fliegen teilen. Vielleicht hätte er doch …

 

Doch Ron, welcher ganz in ihrer Nähe entlang lief und nun auf sie zusteuerte, stoppte ihn in den Überlegungen über die knapp zwei Wochen zurückliegende Häuserwahl.

“Was will der denn?“, flüsterte er leise. Eine rein rhetorische Frage, da natürlich keiner von ihnen wusste, warum der Junge nun zu ihnen kam. Sanaras Beobachtung kam Harry wieder in den Sinn. Davon hatte er den anderen nichts erzählt, da ihm das mit dem Professor einfach viel wichtiger war. Jetzt jedoch … ließ ihn dies noch misstrauischer werden.

“Hey, Leute. Tatsächlich mal an der frischen Luft und nicht hinter irgendwelchen staubigen Büchern versteckt wie die Adler?”

Schnaubend drehte Hermine den Kopf weg.

“Wollte zum Essen, kommt ihr mit?”

Harry warf einen schnellen Blick zu Neville, der nur erneut mit den Schultern zuckte. Hermine schmollte immer noch.

“Ich komme gerade vom Quidditchfeld, das Team hat trainiert . Ich freue mich auf unsere erste Stunde Besenfliegen morgen. Hoffentlich regnet es nicht und die Stunde wird erneut abgesagt. Als wären wir Babys, die sofort vom Besen fallen.” Schnaubend stemmte der Rothaarige die Hände in die Hüfte.

Da blieb die unglückliche Aufgabe zu antworten wohl an ihm hängen. Schön, dass Weasley ihm gleich ein Thema gab an welches er anknüpfen konnte. “Naja, nicht jeder hat schon mal auf einem Besen gesessen. Manche mögen es auch einfach nicht. Da ist es wesentlich sicherer für optimale Bedingungen zu sorgen.” Schulterzuckend grinste er den Jungen schief an. “Ich jedoch, freue mich genauso wie du darauf.”

“Sehr gut, das ist schön zu hören, Harry. Aber wie kann man kein Fliegen mögen?”

Schnauben ertönte von Hermine und nun war es vorbei mit der Zurückhaltung der Braunhaarigen. “Du weißt schon, dass es zahlreiche Schüler gibt, dessen Eltern Muggel sind und diese daher nie die Möglichkeit zum Besen fliegen hatten? Für mich zum Beispiel, klingt das einfach nicht gerade verlockend. Da lob ich mir doch Flugzeuge, damit begebe ich mich wesentlich lieber in den Himmel.”

“Flugzeuge?”, kam es skeptisch von Ron, der sich ungefragt zu ihnen setzte. “Was soll das denn sein? Du kannst auch nur mit deinen Bücherfakten um dich werfen. Die Besenfliegerei und vor allem Quidditch ist nur was für Leute, die davon was verstehen und das Blut dafür haben.”

Finster starrten Neville und Hermine den Rothaarigen an, schwiegen jedoch. Der Klügere gab eben nach, auch wenn Weasley das garantiert nicht wusste. Nicht bei dem siegessicheren Grinsen.

“Das ist nur etwas, was die Muggel erfunden haben um auch zu fliegen. Egal. Sagtest du nicht, es wäre Zeit für Essen?” Den Dreck von der Kleidung klopfend, erhob er sich und ging ein paar Schritte in Richtung Schloss. “Also, kommt ihr?”

Auch wenn er dabei eigentlich seine Freunde anblickte, war es doch Ron, welcher sich als erster erhob und freudig neben ihn trat. “Gerne. Das Essen hier ist wirklich genial. Kann beinahe das meiner Mutter übertrumpfen. Du musst unbedingt mal mit in den Fuchsbau kommen, das ist mein Elternhaus.” Als wäre es das Normalste der Welt, legte Ron den Arm um Harrys Schultern und zog ihn schnatternd in Richtung Schule.

So blickte Harry kurz zu Neville und Hermine zurück und versuchte ihnen via Blick klar zu machen, dass sie sich keine Sorgen machen musste, da alles in Ordnung war. Hoffentlich verstanden sie ihn und glaubten nicht, dass er plötzlich ganz dicke mit Ron war.

 

Die Zeit schlich und raste gefühlt dahin. Essen, Hausaufgaben, Schlaf. Dazwischen flüsternde Gespräche mit Neville und Hermine. Die beiden waren verunsichert wie Harry nun zu dem jungen Weasley stand. Dreisamkeit zu finden, war gar nicht so einfach, da Ron sich als ziemlich anhänglich erwies. Jedenfalls so lange, bis die Zwillingsbrüder wieder mal Späße auf dessen Kosten machten. Die beiden waren genauso lustig und nützlich, wie nervig.

 

Doch erstmal stand nun endlich der lang ersehnte Tag an: Samstag - Die erste Stunde Besenflug. Am Morgen bekam er kaum etwas runter vor lauter Nervosität.

“Harry, du musst etwas essen. Sonst kippst du vom Besen. Du hast gesagt, du bist schon geflogen, also warum jetzt die ganze Aufregung?”, erkundigte sich Hermine mit tadelndem Unterton.

“Stimmt. Hermine und ich haben mehr Grund für Aufregung und essen trotzdem”, unterstützte Neville das lockige Mädchen.

Schmunzelnd nahm sich Harry eine Schüssel Müsli. “Du knabberst doch selber nur an einer trockenen Scheibe Brot herum und du, Hermine, hast nur einen Kürbissaft mit einem leichten Beruhigungsmittel. Ich war dabei, als du ihn Madame Pomfrey abgeschwatzt hast.” Kopfschüttelnd schüttete er Milch in die kleine Schüssel und begann zu essen. Auch wenn ihre Argumente Lücken aufwiesen, hatten seine Freunde recht. Er musste sich beruhigen, sonst fiel er nachher tatsächlich vom Besen. Und genau dies, dass er sich vor all den Mitschülern blamierte, war seine geheime Angst.

Zudem traf er dann auf Draco, der ihm ja, wie der Rest der Slytherin, wieder und wieder aus dem Weg ging und höchstens einen spöttischen Spruch oder Blick für ihn über hatte. Das nagte wirklich an seinen Nerven und somit stand für ihn fest, dass er den Blonden nach der Flugstunde zur Rede stellen würde. Draco konnte ja nicht ewig auf ihn sauer sein, oder? Aber was wenn doch? Auch Professor Snape hatte nicht an Gemeinheiten ihm gegenüber gespart im Unterricht, genauso wenig mit allgemeinen Punkteabzug bei Gryffindor. Entweder der Professor mochte ihn einfach nicht und hatte dies bei den Malfoys einfach nur überspielt, oder der Mann war nachtragend. Oder der Mann mochte einfach keine Kinder und Teenager, was die beste Erklärung war, da er zu allen Häusern - außer Slytherin - fies war. Er wusste es nicht, er wusste nur, dass er weder bei Draco, noch bei dem Professor um Verzeihung oder ähnlichem bitten würde. Entweder sie verstanden ihn oder nicht. Wie er damit umgehen sollte, wenn Draco sich komplett von ihm abwandte … allein bei dem Gedanken daran, zog sich sein Magen unwohl zusammen und das Müsli war drauf und dran wieder den Rückweg anzutreten.

Sollte er so schnell schon wieder den ersten wirklichen Freund verlieren? Das war bestimmt ein neuer Rekord.

“Ry? Harry? Hallo, Erde an Harry. Es wird Zeit zu gehen. Ich würde diesen Unterricht ja auch gerne schwänzen, aber weder dies noch zu spät kommen, ist eine Option. Also los, beweg dich gefälligst.”

Abrupt holte Hermine ihn mit dieser Ansprache aus den trüben Gedanken.

“Das sind ja ganz ungewohnte Worte von dir, Hermine. Dass du einmal die Worte ‘Ich’, ‘würde’, ‘gerne’ und ‘schwänzen’ in einem Satz verwenden würdest und das in einem Zusammenhang … es gibt wohl doch Wunder auf der Welt”, foppte er das Gryffindor Mädchen, während sie zu dritt die Halle verließen.

“Na los Harry, beeil dich”, kam es von Ron, welcher mit einem reich belegtem Brot an ihnen vorbei und direkt aus dem Schloss trabte. Dass er dabei Essensreste verteilte, schien den Rothaarigen wenig bis gar nicht zu stören, die drei Freunde jedoch, warfen sich angeekelte Blicke zu.

Kamikaze

“Was bringt mir ein Erinner-Mich, wenn noch nicht mal der Hauch einer Ahnung besteht, was ich vergessen habe? Ist es eine Sache oder etwas, was ich tun soll? Ein wichtiges Datum vielleicht?” Neville warf dem magischen Ball in der Hand finstere Blicke zu. Er starrte ihn geradezu an, als könnte er so mehr als Nebel von dem kleinen Ding bekommen.

“Du wirst schon drauf kommen”, versuchte Hermine Neville zu ermuntern.

Nickend stimmte Harry zu. “Und Trevor taucht auch wieder auf.” Der war nämlich mal wieder spurlos verschwunden … oder irgendwo vergessen worden. Arme Kröte.

“Ach Trevor”, seufzte Neville traurig an den Gedanken an seinen vermissten tierischen Gefährten. “Hey, Moment! Was, wenn dies Erinner-Mich genau dafür ist? Damit ich an Trevor denke?”

Doch es kam niemand dazu etwas zu antworten, ertönte doch Dracos Stimme hinter ihnen.

 

“Ach guck an, Potter. So schnell hast du neue Freunde. Was für ein trautes Grüppchen. So harmonisch.” Sarkasmus und Spott tropften aus jedem Satz.

“Hi Draco”, überging Harry den spöttischen Ton einfach. “Draco, ähm … können wir kurz reden?”

“Ich habe keine Zeit für trottelige Gryffindors. Übrigens, nettes Schauspiel, als ihr euch im Gewächshaus geirrt habt und beinahe von schreienden Pflanzen gefressen worden wärt.”

Harry konnte nicht nur hören, wie Hermine scharf Luft holte, sondern auch wie ihre Zähne knirschten. “Leute, geht doch schon mal vor, ok? Ich klär das hier.” Zum Glück kamen die beiden Gryffindors seiner Bitte nach und zogen mit finsteren Blicken in Richtung Flugunterrichts Treffpunkt davon.

Seufzend wandte sich der Gryffindor zu dem hinter ihm stehen gebliebenen Slytherin herum. “Draco …”

“Nichts Draco. Ich bin nur hier stehen geblieben, um eins klar zu machen: Lass mich in Ruhe, Potter! Du machst dein Ding und ich meins. Du hast dich für einen Lebensweg entschieden und ich mich ebenso. Also gehe ich jetzt zur Flugstunde und treffe mich mit meinen Freunden. Was du machst, ist mir herzlich egal.” Ein eisiger Blick wurde ihm geschenkt, dann hob Draco den Kopf hoch, rümpfte seine Nase und marschierte strengen Schrittes an ihm vorbei. Natürlich nicht, ohne ihn mit der Schulter anzurempeln.

“Draco …” Ein schwaches Flüstern, welches er dem Blonden über die Schulter hinweg nachhauchte. Kraftlos, mutlos und doch mit langsam erwachendem Trotz und auch einer Nuance an Wut. Er konnte Dracos Verhaltensweisen ja irgendwie nachvollziehen, aber dennnoch verstand er den Jungen einfach nicht. Das Ganze war etwas sehr melodramatisch und gehässig. Als wären sie wirklich Feinde oder Häuserrivalen und nicht Freunde - quasi beste Freunde. Nach der Flugstunde würde er sich Draco schnappen und dann kam der Kerl nicht so einfach davon! Ein paar geschnarrte Halbbeleidigungen sollten den Malfoy dann nicht als Rettung dienen, oh nein! Durch diese Entscheidung wieder motiviert und beflügelt, wirbelte er auf der Stelle herum und rannte in Richtung Treffpunkt.

 

“Dann nehmen Sie nun Stellung über … Mr. Longbottom, nein, STOP!” Doch so sehr sich die Fluglehrerin Frau Hooch auch beeilte bei dem Jungen zu sein, sie konnte doch nicht verhindern dass Neville so nervös war, dass er die Theorie direkt in die Praxis umsetzte. So kam es wie es kommen musste: Neville hob unkontrolliert vom Boden ab, das alte magische Stück Holz fing an zu bocken und warf den Jungen aus ca. drei Meter Höhe einfach ab. Oder Neville verließ die Kraft, oder er hatte sich einfach fallen lassen, so genau wusste Harry es nicht. Was er jedoch sehr wohl wusste, war, dass Neville sich auf jeden Fall den Arm gebrochen hatte. Das laute Knacken war deutlich zwischen all den Schreckensrufen herauszuhören.

Ohne große Aufregung kniete sich die Lehrerin neben den verletzten und weinenden Jungen, neben welchem schon Hermine und Harry hockten um diesen zu beruhigen. So wie der Arm aussah beziehungsweise abstand, war dieser nicht nur gebrochen, sondern auch ausgekugelt.

“Meine Oma wird so sauer sein, wenn sie hiervon erfährt”, kam es schluchzend von dem Verunfallten.

“Nana, Mr. Longbottom. Ihre Oma war selber keine Granate auf dem Besen, dies ein offenes Geheimnis unter den verschiedenen Generationen von Fluglehrern.” Aufmunternd zwinkerte die Frau dem Braunhaarigen zu und entlockte diesem damit ein unsicheres, schmerzgetränktes Kichern.

“Ganz ruhig, Mr. Longbottom.”

“Professor, machen Sie doch was, er hat Schmerzen”, erklärte Hermine besorgt die Grimasse und auch das Wimmern ihres Mitschülers.

“Danke Ms. Granger für Ihre Aufmerksamkeit. Nun …” Die Lehrerin erhob sich, seufzte und half dem verletzten Gryffindor auf die Beine. “Klasse, die Besen und auch sie selbst, BLEIBEN AUF DEM BODEN! Wen ich dennoch in der Luft erwische, der kann seine Koffer direkt packen gehen. Egal wie gut sie bereits glauben fliegen zu können, niemand geht ohne mich in die Luft!” Ein strenger Blick wurde jedem einzelnen geschenkt, als Gemurmel aufkam. “Ruhe jetzt! Ms. Granger, Sie haben bis dahin ein Auge auf diesen Haufen. Ich vermute Sie beherrschen genug Zauber und haben genug Grips, um spontan reagieren zu können wenn einer dieser Chaoten hier quer schlägt.”

Rons Kichern war zu hören, welcher wohl nicht mitbekam, dass die Lehrerin dies keineswegs böse oder gehässig meinte, sondern mit einem wohlwollenden Schmunzeln in Richtung Hermine gesagt hatte.

Sofort heftete sich der Blick der doch recht strengen Frau auf den rothaarigen Jungen. “Mr. Weasley, Sie werden mich und Ihren Klassenkameraden begleiten. Da ich nicht ewig auf der Krankenstation bleiben kann, werden Sie mit Ihrem Hausgenossen dort verweilen, bis unsere Krankenschwester ihn entlässt.”

“Aber warum ich?”, kam es empört von dem gewählten Begleiter.

“Kann nicht lieber Harry mitkommen?”, versuchte auch Neville zu intervenieren, worauf Harry vor trat. Klar wäre es schöner an der Stunde teilzunehmen, aber für seinen Freund war er gerne bereit darauf zu verzichten. Aufgeschoben war ja schließlich nicht aufgehoben.

“Keine Widerworte mehr. Los jetzt!” Damit schnappte sich die Frau auch den in Griffnähe stehenden Ron und schob schließlich zwei geknickte Jungs in Richtung Schloss.

 

Lachen ertönte aus der Gruppe Slytherin, sodass Harry sich herum drehte.

“Ihr Gryffindor seid doch immer wieder für eine Unterhaltung gut. Da fällt er einfach vom Besen, dieser Kröten-Löwe.” Mit dieser spöttischen Aussage erntete niemand anderes als Draco Malfoy zustimmende Stimmen und Gelächter. Jedoch nur von den Schlangen, welche um den Jungen herum standen, denn die Löwen hingegen reagierten nicht gerade freundlich auf diese Aussage.

Harry hingegen wurde nicht wütend, sondern eher traurig und enttäuscht. Warum war Draco nur so gemein? So gehässig und herablassend? War der Junge vielleicht immer schon so gewesen und hatte ihm nur etwas vorgemacht? Nein, dermaßen konnte er sich einfach nicht getäuscht haben! Viel wahrscheinlicher war, dass dies zu Dracos Rolle hier in Hogwarts gehörte. Die kalte, gemeine Schlange welche gegen die Gryffindors - das erklärte Feindbild - wetterte und aufhetzte.

“Oh schaut mal, Longbottom hat da wohl was vergessen.” Breit grinsend trat der Blonde aus seinem kleinen Fankreis heraus und fischte etwas aus dem Gras.

Nevilles Erinner-Mich, wie Harry auf dem ersten Blick erkannte.

“Gib es mir bitte, Draco”, erklang die freundliche Aufforderung seitens Hermine, wurde jedoch mit einem Schnauben abgeschmettert.

“Mann, lass den Quatsch”, steuerte nun auch Harry dazu, welcher langsam wirklich genervt war von diesem Verhalten. Weitere Verunglimpfungen von Neville würde er nicht zulassen! Man trat nicht noch nach jemanden, der schon am Boden lag. Egal ob körperlich oder verbal; in dessen Gegenwart oder nicht. Der Kerl machte ihn wütend, einfach weil er viel zu sehr schmerzhafte Erinnerung an Dudley und dessen Gang wachrief.

“Los, gib es her.” Entschlossen marschierte er auf den feixenden Jungen zu und streckte die Hand aus. Auf eine Prügelei war er jetzt wirklich nicht aus. Er mochte gelernt haben einzustecken, austeilen hatte er jedoch höchstens verbal gelernt und das auch hauptsächlich durch zuhören. “Bitte Draco, das muss doch nicht sein.”

“Ha, von wegen, hol es dir doch, Potter”, rief der Slytherin aus, festigte den Griff um den kleinen Ball und war innerhalb weniger Sekunden mit dem Besen in die Luft gestiegen.

Wütende Rufe erklangen auf Seiten der Gryffindors und nicht nur einer von ihnen war drauf und dran ebenfalls buchstäblich in die Luft zu gehen. Hermine zog sogar ihren Zauberstab, um der verliehenen Verantwortung gerecht zu werden.

 

“Nicht. Hört auf. Ich klär das mit ihm.” Auf die Rufe seiner Hauskollegen pfeifend, schnappte er sich einen der Schulbesen, setzte sich drauf und stieg nach einem festen Abstoßen schlingernd in die Luft.

Hermine brüllte von unten das er gefälligst wieder herunter kommen sollte und dass sie alle mächtig Ärger kriegen würden; das er gar von der Schule flog. Doch daran wollte er jetzt nicht denken, galt es jetzt doch alle Konzentration Draco und dem Wiederbekommen von Nevilles Besitz zu widmen.

Umeinander kreisend fixierten sich die beiden Jungen mit grimmigem Blick, während sie den Boden und die gaffenden, sowie teils Anfeuerungsrufe von sich gebenden Mitschüler immer weiter unter sich zurück ließen.

Harrys Gedanken rasten. Wie sollte er den Ball zurück kriegen? Was war die beste Taktik?

“Draco, was ist denn los mit dir? Was soll dieses ganze Theater? Warum bist du so?”, wollte Harry wissen und versuchte dem Anderen näher zu kommen. Dieser wich jedoch mit einem eleganten Schlenker aus.

“Ich bin der, der komisch ist? Wer von uns hat sich denn nach Gryffindoof einsortieren lassen? Wer von uns, tritt unsere Freundschaft mit Füßen und sucht sich einfach direkt neue Freunde?”, gab Draco giftig zurück und schoss haarscharf an Harry vorbei.

Doch er hatte keine Zeit deswegen zu schimpfen. Lieber wendete er auf der Stelle und schoß dem blonden Jungen nach. “Verdammt, das war doch nichts gegen dich oder die anderen. Ich hab es wegen Hermine und Neville gemacht.”

“Ach und mit dem Wiesel bist du jetzt plötzlich auch ganz dicke?”

“Nein … verdammt Draco, WARTE!”, brüllte Harry gegen den Flugwind an, wurde jedoch nur von einem Looping unter Gelächter belohnt. “Wenn du ein Problem mit mir hast, dann lass uns nachher reden und gut ist!”

Urplötzlich wirbelte Draco herum. “Erst einfach alles, was wir in den Ferien hatten mit den Füßen treten und jetzt auch noch Forderung stellen … Potter, Potter.” Als wäre er wirklich enttäuscht, schnalzte Draco mit der Zunge, während er den Kopf schüttelte. Dramatik konnte der Kerl echt gut an den Tag legen, so viel musste man ihm lassen.

“Bist du etwa eifersüchtig? Draco, dazu hast du keinen verdammten Grund! Hör auf dich wie ein Kleinkind zu benehmen, welchem man das Förmchen weggenommen hat!” Frustriert strich sich Harry durch die Haare. Energisch schoss er in Richtung des Slytherin - ein Scheinangriff wie der vorherige Dracos.

“Du hast mir - meiner Familie - so viel zu verdanken und dann sowas!” Erneut beschleunigte der andere Junge, sodass sie im rasanten Tempo nebeneinander herflogen. Ein Wettbewerb  ähnlich dem auf Malfoy Manor, nur waren hier Gefühle wie Eifersucht, Wut und verletzter Stolz dabei. Es war eine deutlich angespanntere Stimmung zwischen den beiden.

Neckereien, Foppereien und auch Beleidigungen flogen ebenso durch die Luft, wie die beiden Jungen Schüler. Sie schenkten sich nichts und irgendwie … machte es Harry langsam Spaß, auch wenn er dabei natürlich nicht die eigentliche Mission vergessen durfte. Draco hingegen schien immer verbitteter und ernster zu werden, auf jeden Fall wurde der Flugstil aggressiver.

Vollkommen unerwartet schleuderte der Blonde plötzlich den runden Erinner-Mich in Richtung Boden, ein diabolisches Grinsen dabei auf den Lippen. Harry dachte nicht weiter darüber nach, sondern drückte den Besenstil nach unten. In Richtung des grünen Untergrund schießend, erkannte er schnell das Draco es ihm nicht einfach machen wollte, denn immer wieder musste Harry sich zur Seite lehnen oder ducken weil Zauber in seine Richtung schossen. Es waren keine schlimmen Sprüche, das vermutete er jedenfalls seit ihn ein Zauber erwischt hatte und sein Körper kitzelte, als wenn hunderte Ameisen über ihn krabbelten. Ein widerliches Gefühl bei dem er alle Mühe hatte, nicht darauf zu reagieren. Auf einem Besen kam plötzliches Kratzen und Körper abklopfen nicht ganz so gut. Energisch schüttelte er den Kopf und brachte den Besen wieder auf Kurs, ehe er sich entschlossen nach vorne beugte um zu dem nun in der Luft schwebenden Ball zu kommen. Eine Falle, das war ihm bewusst gewesen und doch schrie er gefrusstet auf, als das Erinner-Mich wieder zu Draco zurück schnellte.

“Was soll das?”, schrie er seinem Freund zu, knirschte mit den Zähnen und schoss nun ebenfalls in Richtung Draco, welcher siegessicher grinsend den begehrten Ball auf und ab warf.

Aber so schnell würde Harry ihn jetzt nicht mehr davon kommen lassen. Das Maß war einfach voll, er hatte die Schnauze voll von diesem Spiel und Draco benahm sich einfach nur wie ein eiskaltes Arschloch.

“Glaubst du, so kommst du jetzt an das Ding?”

“Ich glaube nichts, ich weiß es. Gib auf oder ich hole dich vom Besen!”

Anscheinend sah der Slytherin die wilde Entschlossenheit in seinem Blick, denn dessen Augen weiteten sich kurz, ehe sie zusammengekniffen wurden.

“Von wegen!”, brüllte der Junge zurück und flog auf ihn zu.

Nur Sekunden später hörte man das Geräusch zusammenkrachender Besen und Körper. Dass sie bei dieser Aktion nicht beide den Flattermann gemacht hatten, lag wohl darin dass sie sich augenblicklich ineinander verkeilt hatten.

“Ich bereue es tatsächlich ein wenig, nicht bei euch zu sein. Ihr fehlt mir verdammt!”, gestand Harry schwer atmend, während er Draco einen schwachen Schlag auf dem Oberarm verpasste.

“Wir hätten so viel Spaß haben können!”

“Das können wir doch immer noch, du Esel!”, gab Harry zurück und steckte einen Schlag auf den Brustkorb ein.

Doch zu einer Antwort kam der Blonde nicht mehr, denn da schossen Zauber auf sie zu und mit einem Mal war es, als wenn sie beide mit ihren Besen in der Luft festgefroren wären.

 

“Meine Herren, würden Sie mir vielleicht mitteilen, WAS ZUM KAPUTTEN BESENSTIEL SIE HIER TREIBEN?” Panisch blickte Harry nach unten, wo niemand anderes als eine stockwütende Fluglehrerin stand, welche mit einem Schlenker des Zauberstabes dafür sorgte dass sie beide langsam gen Boden sanken.

“Scheiße”, murmelte er leise, während Draco nur selbstsicher grinste.

“Die kann mich nicht rauswerfen und dich auch nicht. Dafür wird Vater schon sorgen.”

Als Antwort gab Harry nur ein Schnauben von sich und rollte mit den Augen.

“Madame Hooch, ich habe versucht sie aufzuhalten”, plapperte Hermine, welcher angerannt kam, unaufgefordert.

“Danke, Miss Granger. Nehmen Sie Ihre Mitschüler und geleiten Sie alle in das Schloss zurück. Die Flugstunde ist vorerst beendet. Oh nein! Potter und Malfoy, beide bleiben Sie hier, meine Herren.” Ruckartig blieben die beiden Jungen ertappt stehen, hatten sie doch beide versucht in der murrenden, abziehenden Meute abzutauchen.

“Es tut mir Leid, Madame Hooch. Wir waren Idioten, haben die Regeln gebrochen und ihren Befehl missachtet. Wir haben uns mitreisen lassen weil es wie in den Ferien war.” Harry hoffte mit seiner Ehrlichkeit irgendwie Pluspunkte zu sammeln.

“Ja, Mr. Potter, Idioten sind Sie wirklich. Bei allen Besenmachern, was soll ich nun mit Ihnen machen?”

Erhobenen Kopfes trat Draco vor. “Rausschmeißen können Sie uns nicht. Das lässt mein Vater nicht zu. Eher verlieren Sie ihren Job.”

Nicht nur Harry verdrehte dabei gedanklich die Augen und wünschte sich wohl, dass Draco einfach den Mund hielt. Auch die Lehrerin hielt nicht mit ihrer negative Meinung hinter dem Berg.

“Mr. Malfoy, Ihre Drohungen können Sie sich sparen. Ich weiß Dinge über Ihren Vater, die er garantiert nicht bekannt werden lassen möchte. Legen Sie sich nicht mit mir an, da haben Sie ganz schlechte Karten.” Bedrohlich lehnte sich die gelbäugige Frau mit in die Hüften gestemmten Händen vor und fixierte den Slytherin aus zusammengekniffenen Augen.

Nicht nur Harry wurde dabei unbehaglich, auch Draco wich mit großen Augen einen ordentlichen Schritt zurück. Die Frau war nicht nur streng, sondern sah aus, wie eine der Harpyien aus dem Schulbuch welche Sie gleich mit Haut und Haar fressen wollte. Mit andern Worte: Sehr beängstigend!

 

Unwohl wandten sich die beiden Jungs hin und her. Keiner wusste was er sagen oder machen sollte um sie irgendwie zu retten.

“Madame Hooch …”, setzte Harry erneut an, doch der Blick der Lehrerin sagte eindeutig, dass es besser war zu schweigen.

Gedanklich packte Harry schon den Koffer. Wo sollte er dann hin? Zurück zu den Dursleys? Was blieb anderes übrig, er hatte ja niemand anderes. Dann musste er auf diese heruntergekommene Schule gehen. Wenigstens hatte er da Ruhe vor Dudley.

“Madame Hooch, sollten hier nicht Schüler durch die Luf-f-ft f-f-fliegen?”

Überrascht wandten sich alle zu Professor Quirrell herum, welcher aus Richtung Wald zu ihnen schlenderte.

“Professor”, nickend begrüßte die Fluglehrerin den Neuankömmling. “Es gab ein Problem mit einem verletzten Schüler. Während ich Mr. Longbottom in die Krankenstation brachte, nutzten diese beiden Herrschaften die Zeit um verbotener Weise mit den Besen in den Himmel zu steigen. Wenn Sie uns nun entschuldigen, ich werde mit Potter und Malfoy nun zum Direktor gehen.”

“Nun ...”, streng blickte der Verteidigungslehrer die Schüler an und Harry schrumpfte innerlich noch etwas zusammen. “Das sind keine erf-f-freulichen Nachrichten. Ich ging dav-v-von aus, das diese Manöv-v-ver zu Ihrem Unterricht gehören und schritt daher nicht ein.”

“Sie haben alles gesehen und nichts gemacht?”

Es war schrille Empörung welche die Fluglehrerin von sich gab.

“Nun, w-w-wie Ihnen bekannt ist, bin ich neu an dieser Schule und kann daher nicht w-w-wissen, w-w-wie Ihre Unterrichtsmethoden sind.”

Neugierig beobachtete Harry die Lehrerin, welche gerade ein Gesicht wie seine Tante Petunia machte als die ungeliebte Nachbarin verkündete nun eine Sammlung aus lustige Gartenzwerge anzulegen.

“Tz! Und anstatt diese beiden Verrückten aus der Luft zu holen, lassen Sie die wie Kamikazeflieger ihre Manöver durchziehen? Mr. Quirrell, vielleicht sollten Sie sich noch einmal vergegenwärtigen, dass Verbote auch zu einem SCHUTZ der Schüler da sind. Genau so wie wir Lehrkräfte. Wir sind hier doch nicht bei den Wilden, wo jeder machen kann was er will!”

Verblüfft blickte Harry zu Draco, der ihn ebenso anblickte. Dann zuckte der Blonde mit den Schultern und grinste. Ja, das hier entwickelte sich wirklich zu einer von Petunias Lieblings Tv-Shows. Wenn er Hogwarts auch jetzt schon verlassen musste, diese Erinnerung der indirekt streitenden Lehrer war eine Erinnerung, welche ihm niemand mehr nehmen konnte.

Nun straffte sich der Turban tragenden Lehrer. “Die Herren mögen etw-w-was v-v-verkehrt gemacht haben, aber haben Sie sich die Techniken der Herren angesehen?”

Baff glotzen sich die Schüler an. Versuchte der Professor gerade ihren Hintern zu retten?

Jedoch kam die Lehrerin nicht dazu Stellung zu beziehen, denn aus dem Nichts sprang eine Katze heran und verwandelte sich schon im nächsten Augenblick in Professor McGonagall.

 

“Potter, Malfoy das hier ist keine Veranstaltung zu Ihrer Belustigung! Hören Sie auf zu glotzen und grinsen!” Erneut wurde ihnen ein harpyienartiger Blick zugeworfen, dann wandte sich die Hauslehrerin an ihre Kollegen.

“Auch ich habe den beiden zugesehen und bin nicht eingeschritten, Rolanda. Das sogar von Anfang an. Auch wenn ich nicht genau weiß was der Auslöser war.” Nun blickten alle drei Erwachsene zu ihnen.

Langsam streckte Draco die Hand aus und präsentierte das geklaute Erinner-Mich.

Da jedoch kein Wort der Erklärung über die bleichen verschlossenen Lippen kam, übernahm der Gryffindor Schüler dies. “Das gehört Neville. Er hat es verloren als er stürzte. Draco nahm es an sich und ich wollte es zurück holen. Dabei haben wir … vielleicht ein wenig übertrieben.” Eine gute Zusammenfassung, denn ihre privaten Probleme ging die Erwachsenen nichts an.

Pikiertes Schnauben war von Seiten der Fluglehrerin zu hören, doch niemand beachtete sie.

“Sehr schön”, säuselte die Löwenmutter, nahm den Erinner-Mich an sich und ganz kurz huschte ein raubtierhaftes Schmunzeln über ihr Gesicht, ehe es wieder ernst wurde.

“Mr. Quirrell, wären Sie so nett die Herren in ihre Häuser zu bringen und Professor Snape über den Vorfall zu unterrichten.” Keine Frage, eine klare Anweisung und der fügte sich das neueste Mitglied im Kollegium.

“Kommen Sie mit mir mit. Der Rest liegt nicht mehr in Ihrer Hand.” Energisch schob der Lehrer die Jungs in Richtung Schule.

“Aber, Professor”, versuchte Draco zu intervenieren, kam jedoch nicht weiter.

“Nein, Mr. Malf-f-foy. Sie beiden haben sich f-f-falsch v-v-verhalten. V-V-Vor allem Sie. Glauben Sie erst gar nicht, dass ich v-v-vergesse, dass Sie das Ganze initiiert haben und zudem auch noch Mr. Potter angegrif-f-f-fen haben. Ich vergesse nicht so schnell.”

Während Draco sich wie ein eiskalter Prinz - oder in Harrys Augen wie eine Diva - benahm der meinte er könne alleine laufen und würde den Weg schon finden und zudem noch mehrere Mal seinen Vater erwähnte, spähte Harry vorsichtig zu dem schräg hinter ihm laufenden Lehrer.

Da war es wieder gewesen, ein Satz ohne Stotterei, trotz eines der kurz vorher problematischen Worten, und der hatte auch noch so seltsam gewirkt. Kalt, versprechend … drohend. Als würde der Mann es persönlich nehmen, dass Draco keineswegs fair vorgegangen war. Aber warum sollte das so sein? Das ergab keinen Sinn, auch nicht, wenn man die Ferien mit in die Überlegung mit einbezog.

Noch immer ruhte die Hand des Professors auf seiner Schulter und es war zwar ungewohnt, aber nicht schlecht. Seine Schulter kribbelte unter der Hand und gab ihm dort ein leicht brennend warmes Gefühl.

 

Den Kopf schüttelnd konzentrierte er sich wieder auf die Gegenwart. “Draco … tut mir Leid das ich vorhin so doof war und dich sogar angegriffen habe.”

Schnauben war von dem Jungen zu hören. “Keine Sorge Kleiner, schon vergessen.” Das leise Eingeständnis des Blonden, dass er ja keineswegs besser sondern eher noch schlimmer gewesen war, hörte Harry kaum.

“Meinst du, wir können hier in Hogwarts Freunde sein? Kriegen wir das irgendwie hin, obwohl wir in anderen Häusern sind? Es kann doch nicht sein, dass all das von den Ferien einfach weg ist?”

Einen Moment schwieg der Gleichaltrige, dann seufzte dieser schwer, ehe er antwortete. “Nein, irgendwie kriegen wir das schon hin. Es wird nicht leicht, vergiss nicht, Gryffindor und Slytherin sind verfeindet.”

“Ja, aber weißt du warum? Nur weil Gryffindor als gut und Slytherin als schlecht angesehen wird? Das ist vollkommen schwachsinnig. Du zum Beispiel bist eigentlich ganz nett, wenn man sich die Mühe macht hinter dein ekeliges, herablassendens Verhalten zu blicken. Also wenn du dich mal nicht wie offene Hose benimmst.”

Ganz automatisch blickte Draco nach unten und brachte Harry damit zum Glucksen. “Ein Muggelsprichwort, Draco. Meine Güte, ich liebe es wenn du auf sowas reinfällst.”

“Ja und du als Gryffindor kannst manchmal ganz schön berechnend und fies sein. Wenn du mal dein nettes, schmeichelndes Getue lässt”, gab Draco knurrend zurück und schubste ihn leicht.

Lachend strich sich der junge Löwe durch die verzausten Haare. “Siehst du, es ist vollkommener Quatsch. Weißt du, dieses ganze ‘schwarz-weiß’, ‘gut und schlecht’, Denken stört mich echt an der Magischen Welt.”

“Ist es bei den Muggeln nicht so?”

“So meine Herren, Sie w-w-warten hier w-w-während ich mit Prof-f-fessor Snape spreche. Dann bringe ich Sie, Harry, zu Ihrem Haus.” Sprachs und verschwand nach einem kurzen Klopfen in einem der Kellerzimmer.

 

So möglich wurde Draco noch einen Hauch blasser.”Oh Mist, ich bin noch nicht bereit mir Onkel Severus Standpauke anzuhören.”

“So schlimm wird es schon nicht werden. McGonagalls Ansprache wird bestimmt schlimmer.”

“Hast du ‘ne Ahnung, der kann echt böse werden.”

Einen Moment sahen sich die beiden Jungs an, ehe sie anfingen zu lachen.

Kichernd setzte sich Harry auf den Boden, wo sich auch Draco augenblicklich neben ihm platzierte.

“Ganz ehrlich, das glaube ich ungeprüft. Richtig wütend will ich ihn gar nicht erleben. Hat er eigentlich wirklich Schüler als Trankzutat genommen?”

“Zuzutrauen wäre es ihm, aber es ist genauso verboten wie Filchs Folterstrafen.”

Erneut fing Harry an zu kichern. “Sie sollten ein Selbsthilfegrüppche gründen. ‘Die Leidenden der verbotenen Strafen.’”

Und zack saßen zwei Jungs auf dem kühlen Boden und lachten bis ihnen die Tränen kamen. Sie quatschten über alle möglichen Themen und lachten - hatten einfach Spaß.

Ja, genau das hier hatte Harry gefehlt. Klar, Neville und Hermine waren nett, auf ihre Art lustig und angenehme Mitschüler, aber sie waren eben nicht Draco. Hermine war oftmals einfach zu besserwisserisch sowie irgendwie verklemmt und Neville bekam den Mund vor Unsicherheit meistens kaum auf. Genau das erzählte er auch dem Blonden, was diesen wirklich zu beruhigen und versöhnen schien.

“Na, dann MÜSSEN wir ja Freunde bleiben und ein neues Zeitalter einläuten. Nicht dass du dich in lauter Verzweiflung noch auf das Wiesel einlässt”, war Dracos nüchternes Kommentar nachdem Harry seine Lage geschildert hatte.

Mit finsterem Blick boxte Harry dem neben ihm sitzenden auf den Oberarm. “Nimm das zurück. Der Typ hat einen an der Waffel und ich will nur herausfinden was er so treibt.”

Ein fieses Grinsen erschien auf Dracos Gesicht. “Jaja, wart nur ab…”

“Duuu…”

 

Ein scharfes Räuspern unterbrach Harry in seiner Aufregung. Ertappt drehten sich die Schüler zur Quelle des Geräusches herum: Einem sehr finster drein blickenden Hauslehrer des Schlangenhauses.

“Meine Herren, stehen Sie gefälligst auf. Lungern Sie hier nicht so herum. Malfoy, rein da, zügig!”

Eiligst kamen beide der Aufforderung nach.

“Wir sehen uns”, rief Draco noch aus dem Raum, bevor auch der Professor eintrat und die Tür knallend ins Schloss fiel.

 

“Ok, vielleicht hat er doch mehr Pech als ich. Ich hoffe Professor McGonagalls Wut ist schon wieder ein bisschen verraucht. Ach übrigens, danke dass sie für uns eingesprungen sind, Professor.”

“W-W-Wie meinen Sie das?”

“Na, sie haben uns versucht den Hintern zu retten. Ohne Ihren Einwand vorhin, hätte uns Madame Hooch wohl an den Ohren zum Direktor geschleift. Wenn Sie uns nicht in der Luft zerfetzt hätte. Aber so oder so wären wir wohl direkt von der Schule geflogen ohne das man uns erhört hätte. Wir haben es ja nicht böse gemeint, uns einfach nichts dabei gedacht und so.”

“Trotzdem w-w-war es eine dumme Idee. Da hätte einiges schief-f-f gehen können. W-W-Wäre Madame Hooch nicht eingeschritte, hätte ich sie v-v-von den Besen geholt um Sie zu schützen, Harry.”

Eine schnatternde Schar Schülerinnen kam an ihnen vorbei und beäugte ihn mit einer Mischung aus Neugierde und Spott. Na klasse, da war das Getrasche ja vorprogrammiert. Nicht nur die Geschichte mit dem verbotenen Fliegen, sondern auch der Geleitschutz gerade gab den Mitschülern reichlich Anlass zum lästern und Gerüchte in die Welt setzen.

Doch daran konnte er eh nichts ändern, also widmete er sich lieber etwas, das ihm bereits Kopfschmerzen bereitete.

“Professor, ich weiß das klingt jetzt komisch … aber bevorzugen sie mich?”

“Nun es klingt nicht so, denn es ist w-w-wahr”, kam es monoton von der Lehrkraft.

Wieder trabten Schüler an ihnen vorbei, während sie den beweglichen Treppen nach oben folgten.

“Aber … warum? Ist es, weil wir in den Ferien Zeit miteinander verbracht haben, oder … oder wurde es Ihnen einfach befohlen?”

Ein kaltes, beinahe zischendes Lachen erklang von dem Erwachsenen. “Das muss mir niemand bef-f-fehlen. Nehmen Sie es einf-f-fach hin, das ich so handle, Harry.”

“Aber …”

Ruckartig drehte sich der Ältere herum und blickte ihm fest in die Augen. “Mr. Potter, es ist nunmal so, das sie schon als Kleinkind etw-w-was geschafft haben, w-w-woran selbst unser … hochgeschätzter … Direktor, sow-w-wie v-v-viele andere gescheitert sind. Sie jedoch haben den dunklen Lord v-v-vertrieben. Lernen Sie mit diesem Erlebnis zu leben, damit wie es Ihr Leben beeinf-f-flusst und w-w-wie andere Sie sehen. Ändern können Sie daran eh nichts. Schneiden Sie sich in dem Punkt ruhig etw-w-was von Draco ab. Leider kommen Sie charakterlich mehr nach ihrer Mutter, als ihrem V-V-Vater. Dieser w-w-wusste mit einer besonderen Stellung umzugehen.” Genau so abrupt wie der Mann sich ihm zugewandt hatte, richtete er sich wieder auf und begann die letzte Treppe empor zu schreiten.

Zurück blieb ein kleiner, verwirrter Junge der nicht so recht wusste, was er sagen oder denken sollte. Allerdings stand für ihn jetzt schon fest, dass er in dieser Nacht wenig bis gar keinen Schlaf bekommen sollte.

“Sie kannten meine Eltern?”

“Hauptsächlich durch Erzählungen, da ich nunmal v-v-viele Jahre meines Lebens am Rande der Gesellschaf-f-ft v-v-verbracht habe. Jedoch habe ich bei einer Reise zu den alten Hexenzirkeln und W-W-Werwölfen im deutschen Schw-w-warzw-w-wald, James Potter kennengelernt. Jenes w-w-wurde mir allerdings auch erst später bew-w-wusst. Er w-w-war damals dort um deutsche Unterstützung im Krieg gegen V-V-Voldemort zu sammeln und er war ein Mann der sich seiner gesellschaftlichen Stellung sehr bew-w-wusst w-w-war und dieses auch klar zeigte.”

“Und meine Mutter?” Klar, er hatte noch geschätzte dreimillionen andere Fragen im Kopf, aber solche Dinge über die toten Eltern zu erfahren, war einfach wichtiger. Sehr viel wertvoller.

“Die kannte ich nur durch hörensagen und durch Bilder. So w-w-wir sind da. In Ihren Gemeinschafcf-ftsraum kommen Sie w-w-wohl selbst oder? Ich erwarte Sie, hergerichtet und ordentlich gekleidet beim Abendessen.” Und noch ehe das Harry etwas darauf sagen konnte, drehte sich der Turbanträger herum und ging zügigen Schrittes wieder die Treppe herab. Nicht ohne einen lauten, spitzen Schrei auszustoßen, als nicht nur eine Gruppe Gryffindor an ihm vorbei kam, sondern auch der fast kopfloser Nick seinen Weg kreuzte.

 

Hilflos den Kopf schüttelnd blickte Harry dem Erwachsenen hinterher. Er wurde keineswegs schlau aus dem Mann und das störte ihn wirklich. Mal war der Lehrer ernst, sprach sogar ohne jegliches Stottern. Und dann war da diese andere Seite des verängstigten, verschrobenen Lehrers welcher vor Vampiren warnte und kaum einen ordentlichen Satz zu Stande brachte. Aber, so musste er sich eingestehen, er war nunmal nur ein elfjähriger Junge der nicht mal mit den Hausaufgaben richtig hinterher kam oder seine ungewohnte Anzahl an Freunden koordiniert bekam. Vielleicht bekam er irgendwann Antworten, aber jetzt sollte er wohl erstmal hoffen das Gespräch mit seiner Hauslehrerin heile zu überstehen. Die Dame kam nämlich gerade in seine Richtung.

 

“Junger Mann, wollen Sie weiter hier stehen oder eintreten?”, plärrte die Fette Dame aus dem Portrait hinter ihm.

“Oh, wie gerne würde ich jetzt im Bett verschwinden”, nuschelte Harry leise und hoffte nicht von der Löwenmutter verbal in Stücke gerissen zu werden.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hier ein Bild von der kleinen Sanara http://members.chello.at/reptilien/images/pages/Glattnatter.htm
Ist sie nicht hübsch? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Also irgendwie mag ich Sanara immer lieber ... wie seht ihr das? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Anmerkung:

Es kann passieren das es ab jetzt immer wieder Kapitel verspätet gibt. Letztes Ausbildungsjahr lässt grüßen.

Für die, die gerne kleine Ausschnitte aus kommenden Kapiteln einer meiner Storys lesen wollen, kann ich nur das FB oder G+ Profil empfehlen, wo es jetzt immer wieder kleine „Häppchen“ geben wird.

In diesem Sinne: Einen schönen Oktober noch *wink* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
[Bewusste Zitate aus dem ersten Buch Kapitel "Der Hüter der Schlüssel"
(*) = Seite 54, Ende
(*1) = "Oberpflaume" Seite 55, Zeile 17
(*2) = Seite 55, Zeile 24 -28
(*3) = Seite 55, Zeile 32+33]
Rechte bei J.K.Rowling! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
PS: Mein eigener Freund hat mich gefragt ob diese Story irgendwann noch in die Slash sparte rutsch und JA, irgendwann wird sie das (wobei das Pair noch nicht fest steht ...). Doch momentan ist Harry 11 Jahre alt und hat ganz andere Sorgen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
*Unschuldig pfeifend Kekse platzier zur Beschwichtigung... * Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich kann Harrys Reaktion ja verstehen ... dieses Bild von Quirrell mit den Einkaufstüten ...*giggel*
Was für ein Spiel, spielt der Professor nur? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich weiß, ich 'produziere' mehr Fragen als Antworten.

Wie wärs, wenn ihr mir eure wichtigsten drei zukommen lasst und ich seh zu, dass ich auf diese so schnell wie möglich eingehe? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Lucius ... der alte Grübler.
Der sollte nie zu Wort kommen, in dem Ausmaß und jetzt ... tja ...
Olle Plappertasche. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Kinder und Erwachsene haben Spaß auf ihre Art.
Es gab einen Einblick in Narzissas Erziehung und ebenso in das Verhältnis der Erwachsenen zueinander. Ja, Narzissa und Severus sind beste Freunde. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Frage, wollt ihr noch ein bisschen mehr über die Ferien hören, oder soll ich ein wenig 'vorspuhlen'? Was ist euch lieber? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Quelle:
*¹ Buch 1 Seite 131

*² Buch 1 Seite 134 Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (28)
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Von:  MorganMidnight
2019-01-01T18:09:55+00:00 01.01.2019 19:09
Es tut mir so leid!!!!!!
Ich habe dir ja seit Ewigkeiten nichts mehr geschrieben! !!!!!
Super Kapitel!!!!!!!
Ich bin froh, dass sich Harry und Draco wieder vertragen haben!!!!!!
Quiriell checkt es nicht, dass Draco ihm eigentlich nichts böses will!!!!!!
Nimmt er seine Schlange mit in den Turm?
Würde ich witzig finden, wenn er Ron so richtig erschrecken würde!!!!!!!
Ich bin gespannt wie McGonagal jetzt reagieren wird!!!!!
So wie im Buch oder doch anders!!!!!!!
Ich freue mich schon riesig auf das nächste Kapitel!!!!!!!!
Wie wird Lucius eigentlich wegen dem Tagebuch handeln?

Antwort von:  Chaosbande
01.01.2019 19:17
Weißt du eigentlich, dass diese Geschichte vor allem wegen dir noch existiert?
Wegen dir und Andreana habe ich sie noch nicht abgebrochen!

Schau mal in mein Profil. Habe da was zu Aller Anfang geschrieben.
Es tut mir leid aber ich stecke hier echt in nem tief und bin wirklich kurz davor es neu zuschreiben und dann das bestehende zu löschen.

Aller Anfang technisch habe ich echt eine Kriese *mitleidsheischend schnüff*
Aber dein Review ist schon mal sehr gut für Gehirninputt.
Ich weiß wie dieser Teil enden soll ... typisch Chaosmäßig halt, aber der Weg dahin ohne mich zu verfranzen ... Muss wohl doch nochmal meine Storyline neu aufschreiben und die eckpfeiler dieser Story überarbeiten. Vielleicht hänge ich auch noch zu sehr am Original und habe zu wenig "Own" ...

Antwort von:  MorganMidnight
02.01.2019 18:02
Wow, wirklich!!!!!!!!
Das ist eine Überraschung! !!!!!
Ich bin doch eher faul, was das Kommentieren betrifft!!!!!!!!

Hier habe ich nichts gefunden, aber auf ff.de!!!!!!
Löschen klingt irgendwie gruselig! !!!!!
Generell mag ich das Wort löschen nicht!!!!! Vor allem bei Geschichten!!!!!!!!
Aber vielleicht hilft es dir ja, wenn du sie neu schreibst!!!!!!!

Was meinst du mit "zu wenige own"?

Hier vielleicht noch ein paar Ideen:
- wird Draco jetzt auch in die Quiddichtmannschaft aufgenommen, weil er doch sehr gut geflogen ist?
- freundet sich Draco jetzt mit Neville und Hermine an?
- wird sich Harry mit Severus aussprechen und wird der ihn verzeihen?
- haben Dracos Eltern davon erfahren und wie werden sie reagieren?
- schreiben sie Harry vielleicht mal einen Brief?
- oder zerstreiten sie sich und Lucius mach das aus Rache mit dem Tagebuch? (Würde ich aber wirklich schade finden, da Harry Lucius so richtig cool findet)
- wird Quiriell Draco so schikanieren, wie Moddy Draco?
- werden Harry und Draco den anderen Streiche spielen, so wie Fred und George?
- und wie wird das mit Fluffy?
- ist das dann Rons Schuld, weil er Harry in irgendwas reinzieht?

PS: Ich hoffe ich habe alles!!!!!! Habe bei sehr wenige Akkuladung angefangen zu schreiben und dann war der Akku alle!!!!!!! Und das Geschriebene weg!!!!! Ich konnte alles neu schreiben, hoffe ich habe jetzt alles!!!!!!!!!

Schönen Abend!!!!!!!!
Von:  Chaosbande
2018-06-29T11:21:29+00:00 29.06.2018 13:21
Schönen Mittag

Ich konnte sie einfach nicht ewig zoffen lassen. Hier, in dieser Geschichte, gehören die beiden 'zusammen'.
Sie werden sich noch einiges ausdenken.

LG
Chaos
Von:  Andreana
2018-06-29T07:20:09+00:00 29.06.2018 09:20
Guten morgen ich freu mich ja so das die beiden sich wieder vertragen haben. Ich bin gespannt was die beiden so anstellen werden und freu mich auf das nächste Kapitel.
Von:  Andreana
2018-04-15T18:04:25+00:00 15.04.2018 20:04
Hey ich bin sehr überrascht das du Harry zu einem Löwen gemacht hast. Ich freu mich aber über den Grund. Ich hoffe ja noch das du es Harry nicht zu schwer mit draco und den anderen machst. Ich freu mich auf weitere Kapitel. Bis dann :)
Antwort von:  Chaosbande
30.04.2018 19:22
Huhu.
So, dann will ich auch mal antworten.
Harry stellt wiedermal die Bedürfnisse anderer gegen die eigenen. Slytherin wäre leichter gewesen für ihn.
Mal schauen, momentan schmollt Draco noch wie ein sturer Esel.

LG
Von:  Andreana
2018-02-24T12:46:55+00:00 24.02.2018 13:46
Sehr gut geschrieben. Ich bin gespannt wie es weiter geht.
Antwort von:  Chaosbande
24.02.2018 15:47
Es freut mich dass die Sprünge dich nicht zu sehr stören :)

LG
Chaos
Von:  Andreana
2018-02-24T00:46:58+00:00 24.02.2018 01:46
Mit dem vorspuhlen ist es so eine sache, wenn es deinen schreibfluss nicht stört kannst du vielleicht kleine sprünge machen. Aber so wie du jetzt schreibst finde ich es auf jeden fall klasse. Freu mich immer wenn ich sehe das du ein neues Kapitel hoch geladen hast
Antwort von:  Chaosbande
24.02.2018 09:38
Vielen Dank für deine Rückmeldung und auch das Lob :)

Ich habe jetzt einige Sprünge gemacht. Werde aber noch ein Bonuskapitel schreiben, welches an alle Interessierten geht.

LG und viel Spaß mit dem neuen Kapitel:)
Von:  marronja
2018-01-21T23:59:47+00:00 22.01.2018 00:59
Ich hoffe das das gespräch mit zissa gut geht
Von:  MorganMidnight
2017-12-05T17:09:06+00:00 05.12.2017 18:09
Tut mir leid das ich erst jetzt schreibe!!!!!
Aber bei mor versuchen die Lehrer noch alle Termine vor den Weihnachtsferien zu bekommen. Meine Adventszeit ist mit einem Haufen an Schularbeiten, Tests und Referaten bestückt!!!!!!
Wie immer super Kapitel! !!!!!!
Harry und Draco haben ja eine Menge Spaß!!!!!!!
Wird es irgendwann vorkommen, dass Harry mit Draco shoppen gehen muss?
Irgendwie habe ich den letzten Absatz nicht verstanden .
Schreib bitte schnell weiter!!!!!!!
Antwort von:  Chaosbande
16.01.2018 22:21
Hey, ebenfalls Sorry, dass ich mich erst jetzt mit einer Reviewantwort melde.
Das Wohnung renovieren, Arbeit, Animexx umzug ... das Leben einfach.

Wie war denn deine Klausurenphase? Lief es gut? Hab kräftig Daumen gedrückt;)

Bald geht es auch hier weiter. Ich habe diese Woche und werde mich auch an diese Story begeben. Leider hat sich die Muse hierfür versteckt. Aber ich suche ganz fleißig ;)

LG
Chaos
Antwort von:  MorganMidnight
18.01.2018 19:08
Macht nicht!!!!!!
Ich fand es blöd, dass der Animexx Umzug in den Weihnachtsferien war!!!!!
Danke fürs Daumendrücken, dass hat mir geholfen!!!!!
Ich freue mich schon!!!!!
Viel Glück bei der Suche! !!!!!
Von:  MorganMidnight
2017-10-27T17:06:42+00:00 27.10.2017 19:06
Super , dass du so schnell weiter geschrieben hast, auch wenn das Kapitel kurz ist!!!!!!!
Du hattest ja in deiner Antwort auf meinen Kommentat zum letzten Kapitel geschrieben, dass es turbulant werden würde, kommt das im nächsten Kapitel!!!!!!!
Ich freue mich schon darauf, schreib bitte weiter!!!!!!!
Antwort von:  Chaosbande
26.11.2017 20:06
Hallo meine Liebe,
es tut mir leid dass es so lange dauert, aber am Wochenende bin ich Zuhause am renovieren oder muss arbeiten. Das nächste Kapitel hat immerhin gut 4k Wörter *g* Und ich habe mich dazu entschieden den Tag bei Draco aufzusplitten.

Ich versuche mich für das nächste Kapitel zu beeilen, aber das muss ich zudem auch mit meiner Muße ausdiskutieren. Launische Kröte *grr*
Von:  MorganMidnight
2017-10-24T16:23:08+00:00 24.10.2017 18:23
Hey, sorry das ich mich so lange nicht mehr gemeldet habe!!!!!
Ich war sehr positiv überrascht, als ich bemerkte, dass du schon 2 Kapiteln geschrieben hast!!!!!!!!
Harry und mit Federn schreiben, ich hoffe, dass er es bis zum Schulanfang kann, denn wenn er dann Tinte in den Haaren hätte, tja!!!!!!!!
Ich freue mich schon auf das Treffen zwischen Draco und Harry!!!!!!!
Schreib bitte schnell weiter! !!!!!!!!!
Antwort von:  Chaosbande
24.10.2017 23:55
Hey meine Liebe :)

Ja, das mit der Feder muss Harry wirklich noch lernen. Ich ebenso ... ich hab alles zugesaut. xD Harry war dagegen echt ordentlich. Der Hund fand Tinte auf der Schnauze nicht so klasse ...

Bald kommt es zum Treffen. Es wird ... turbulent ;)

LG
Chaos


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