Zum Inhalt der Seite

Stormpaw's Destiny

Warrior Cats - New Clans, New Stories
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Schneewolke stürmte auf ihre ehemalige Clanfreundin zu. „Wolkentänzer, du lebst!“ Sie rieb ihren Kopf an ihrer Schulter, setzte sich glücklich schnurrend neben sie. „Otterpelz wird so unendlich glücklich sein, wenn ich ihm sagen kann, dass es seiner geliebten Schwester gut geht.“

Wolkentänzers Augen leuchteten ebenso sehr. „Wie geht es ihm? Und – noch viel wichtiger – wie geht es Sonnenjunges und Mondjunges? Was ist aus ihnen geworden? Es fiel mir so schwer, die beiden zurückzulassen.“

Apfelpelz leckte ihr über den Kopf. „Aber es war die richtige Entscheidung. Sie hätten die Reise bis zum SeelenClan niemals überstanden.“

„Sonnenpfote und Mondpfote geht es gut. Sie trainieren jeden Tag sehr hart, um vorbildliche Krieger zu werden. Selbst Silberstern hat nichts an ihnen auszusetzen. Gewitterschweif überlegt sogar, einen von ihnen zu seinem Schüler zu machen, doch bislang hat ihm der SternenClan noch kein Zeichen dafür gegeben.“

Wolkentänzer nickte aufgeregt. „Ich bin so stolz auf die beiden.“

„Und wie sieht es im FeuerClan aus?“, fragte Apfelpelz. „War es … sehr schlimm, dass ich einfach abgehauen bin?“

Sturmherz zog eine Grimasse. „Die meisten schweigen dich einfach tot. Schwarzstern war sehr verletzt.“

„Ich weiß, dass ich ihn enttäuscht habe. Das tut mir leid. Aber ich habe keine andere Möglichkeit gesehen. Dass ausgerechnet Haselschweif sterben musste, tut mir auch sehr leid. Wer ist sein Nachfolger geworden?“

„Steht vor dir.“

„Was? Nein! Ehrlich? Glückwunsch!“ Apfelpelz plusterte sich zufrieden auf. „Ich dachte schon, dass es Blaukralle wird.“

„Das dachten wir alle“, gestand Sturmherz seufzend. „Und der Clan hasst mich dafür. Blaukralle lässt keine Chance aus, um mich schlecht zu machen, und Schwarzstern unternimmt nicht wirklich etwas dagegen. Er sagt, ich muss mich dem Clan selbst beweisen, nur so habe ich die Chance, dass mich alle respektieren. Aus diesem Grund bin ich froh, hier zu sein, weil ich hoffe, dass mich mein Clan nach der Rückkehr endlich als Zweiten Anführer akzeptiert.“

„Das hast du uns nie so gesagt“, sagte Schneewolke nachdenklich. „Du hättest uns sagen müssen, dass du so große Probleme im FeuerClan hast.“

„Was hätte das denn geändert? Nichts.“

„Könnt ihr endlich aufhören, euch zu streiten“, murrte Rauchsturm im Halbschlaf. Sofort waren alle still. „Lichtblut ist der Meinung, dass ich mindestens einen Mond warten muss. Das verzögert alles. Ich … Es tut mir leid. Geht ruhig ohne mich.“

„Ach hör auf, das ist nicht deine Schuld. Wir vier sind vom SternenClan auserwählt worden und aus diesem Grund treten wir sowohl den Hin- als auch den Rückweg zusammen an. Keine Diskussion.“ Schneewolke seufzte. „Wir sind sowieso einen Mond lang bis zum Heiligen Berg unterwegs. Da kommt es nicht drauf an, ob wir zwei oder drei Monde weg sind.“

„Oder noch länger, wenn die Entzündung nicht verschwindet.“

„Du siehst das so negativ“, murrte Hummelschatten und kratzte sich dabei hinter den Ohren. „Lichtblut hat gesagt, du wirst wieder.“

„Aber ich bin selbst Heiler und nun halte ich euch auf.“

„Ironisch, nicht wahr?“ Hummelschatten gähnte. „Ist aber einfach so.“

„Wenn du etwas brauchst, lass einfach nach uns rufen“, bot Schneewolke Rauchsturm an, als dessen Augen bereits wieder vor Müdigkeit zu fielen.

Leise schlichen sie sich aus dem Heilerbau hinaus und trafen draußen bereits auf einige andere Katzen, die zum abendlichen Frischbeute-Fressen zurückgekehrt waren. Dennoch war das Lager weiterhin relativ leer.

„Was ist mit den anderen, kommen sie nicht?“, fragte Sturmherz.

Wolkentänzer schüttelte mit dem Kopf. „Der SeelenClan lebt zwar seit Generationen dafür, dass er eines Tages wieder mit den Clans vom Heiligen Berg vereint wird, doch viele müssen sich erst daran gewöhnen, dass der Zeitpunkt kurz bevorsteht. Für viele sind es einfach Geschichten, die ihnen von ihren Eltern und Großeltern erzählt wurden.“

Schneewolkes Blick wurde weich. „Das ist verständlich. Auch unsere Clans werden vermutlich erst einmal mit Ablehnung reagieren und – beim SternenClan, ist das Taubpfote?“ Sie sprang auf einen zierlichen, schwarzweißen Kater zu, dessen Weißanteil bei Weitem überwog. „Taubpfote?“

Er grinste sie keck an. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass du mich noch erkennen würdest, Schneewolke. Du warst noch so jung, als Silberstern mich verbannt hat.“

„Natürlich habe ich dich erkannt!“

Der Kater wirkte fast schon verlegen. „Das freut mich. Ich habe gehört, dass ihr hier seid, deshalb musste ich mich selbst davon überzeugen.“

Sturmherz trat an Schneewolkes Seite. „Du wurdest von Silberstern verbannt?“

Er nickte. „Mein Name verrät es euch schon. Ich bin seit meiner Geburt auf einem Ohr taub und mit dem anderen höre ich nicht ganz optimal, aber immerhin höre ich etwas. Für Silberstern und Dornstachel war es allerdings nie genug und nachdem ich zweimal durch die Kriegerprüfung gefallen bin, haben sie mich verbannt, weil ich eine zu große Belastung für den Clan war. Irgendwie fand ich den Weg zum SeelenClan und man nahm mich hier voller Güte und Warmherzigkeit auf. Mit viel Geduld haben sie mich ausgebildet und nun ist mein Kriegername Taubschatten.“

„Das freut mich so für dich, Taubschatten! Oh, und Dornstachel lebt nicht mehr. Er starb bei dem Kampf gegen Haselschweif. Muschelzahn ist sein Nachfolger.“

Taubschatten streckte sich genüsslich. „Ich kann nicht behaupten, dass ich sonderlich traurig über Dornstachels Tod bin, immerhin hat er mich aus meinem Zuhause gejagt. Muschelzahn ist eine viel bessere Wahl, weil er ruhiger und besonnener ist. Aber dennoch … verzeih mir diese Worte, Schneewolke, doch wenn die Clans vom Heiligen Berg an diesen See kommen, um hier ihre neue Heimat zu finden, werde ich mich Silberstern kein zweites Mal anschließen können, denn dafür sitzt mein Groll ihr gegenüber zu tief.“

„Du meinst also, es wird hier wieder verschiedene Clans geben?“, fragte Sturmherz neugierig.

„Natürlich, hat Lichtblut euch das noch nicht gesagt? Alle Clans müssen vereint werden, um sich um diesen See aufteilen zu können. Doch es wird mit einem so großen Clan nicht funktionieren. Der SeelenClan wird sein Schicksal erfüllen, indem er den anderen Clans diesen See überlässt und Teil aller Clans wird.“

Hummelschatten schaute ihn mit großen Augen an. „Dann werden der FeuerClan, der WasserClan, der ErdClan und der LuftClan sich also neue Reviere rund um diesen See suchen?“

Taubschatten wiegte seinen Kopf hin und her. „Mehr oder weniger. Es wird die alten Clans nicht mehr geben. Wir alle müssen ein großer Clan werden und dann teilen wir uns mit neuen Regeln neu auf. Lichtblut wird euren Anführern alles erklären, wenn sie hier sind, aber das ist das, was der SternenClan zu ihr gesagt hat. Was früher eins war, muss wieder eins werden, nur so können die Clans neu geboren werden.“

Augenblicklich veränderte sich die Atmosphäre in dem Lager und als Sturmherz verwirrt zum Eingang blickte, erkannte er auch den Grund dafür. Zwei große, breitschultrige, muskulöse Kater mit langem, seidigen Fell, buschigen Schwänzen und kantigen Schnauzen waren erschienen.

Die wenigen anwesenden Katzen wisperten sogleich aufgeregt miteinander.

„Oh, oh“, flüsterte auch Taubschatten. „Das sind Bisonmähne und Goldstreif, Lichtbluts Berater. Sie werden euch kennen lernen wollen. Viel Glück!“ Dann huschte Taubschatten in den Bau der Krieger davon.

Noch während Sturmherz überlegte, wieso Taubschatten ihnen viel Glück gewünscht hatte, traten Goldstreif und Bisonmähne auf sie zu.

Beide musterten sie mit strengen Blicken und als einer von ihnen – er war ein bisschen größer als der andere und hatte einfarbiges, schwarzes Fell mit einem leichten Blaustich – zu sprechen begann, lag ein misstrauisches Knurren in seiner Stimme: „Ihr seid also die Auserwählten vom Heiligen Berg? Folgt uns. Wir müssen reden.“
 

***
 

Es stellte sich heraus, dass der, der zu ihnen gesprochen hatte, Bisonmähne war. Sturmherz wusste zwar nicht, was für ein Tier ein Bison war, doch man hatte ihnen erklärt, dass Bisonmähne danach benannt wurde, weil er ebenso groß und kräftig war und eine ähnliche Mähne besaß. Goldstreifs Fell war ein dunkles Goldbraun mit breiten, schwarzen Streifen.

Die beiden massiven Krieger hatten sie in die Nähe des Ufers geführt, wo mehrere große, flache Felsen verstreut lagen. Auf einem von ihnen ließen sie sich nieder.

Bisonmähne räusperte sich kurz, ehe er zu sprechen begann. „Ihr habt einen weiten Weg hinter euch, doch die wahre Mission hat hier erst begonnen. Es ist der Wille des SternenClans, dass eure Clans vom Heiligen Berg hier an unseren See kommen. Wir werden vier neue Clans bilden, uns aufteilen und das Gesetz der Krieger ehren. Doch eure Anführer müssen dem zustimmen. Es wird eure Aufgabe sein, sie zu überzeugen.“

„Eine nicht ganz leichte Aufgabe“, ergänzte Goldstreif. Er blickte sie nicht ganz so ernst an wie sein Bruder. „Aber nur, wenn alle akzeptieren, dass die Zeit der alten Clans vorbei ist, können neue Clans entstehen.“

„Eure Ankunft am See ändert nicht nur euer Leben, sondern auch das unsere. Der SeelenClan muss sich selbst aufgeben, so wie es eure Clans müssen.“ Bisonmähne nickte. „Und es muss aufhören, dass Krieger verbannt werden, nur weil sie die Liebe in einem anderen Clan gefunden haben. HalbClan-Junge dürfen nicht mehr verbannt werden. Jedem Jungen steht es zu, selbst zu wählen, in welchem der beiden Elternclans es fortan leben möchte. Dieser See ist ein sicherer Ort für alle Katzen, so hat es Seelenstern damals bestimmt. Dennoch muss dieser Bruch mit dem Gesetz der Krieger unter Strafe stehen.“

„Bis zu eurer Rückkehr werden wir uns mit Lichtblut beratschlagt haben und anschließend werden wir dasselbe mit euren Anführern tun“, sprach Goldstreif. „Wir müssen wissen, ob ihr dazu bereit seid, diese wichtigen Punkte gegen eure Anführer durchzusetzen. Denn wenn ihr es nicht seid, dann seid ihr es nicht wert, länger hier zu bleiben.“

Sturmherz musste schwer schlucken, doch er nickte als erster. „Ja, ich bin dazu bereit, alles zu tun, um Schwarzstern davon zu überzeugen.“

„Und ich werde mein Bestes bei Silberstern versuchen.“

„Ich rede mit Wacholderstern, aber versprechen kann ich nichts. Der Alte hängt an seiner Macht.“

Bisonmähne strafte Hummelschatten mit einem vernichtenden Blick. „Macht ist nicht das, was einen Anführer antreiben sollte. Wer wahre Größe zeigt, gibt diese Macht für das Wohl seines Clans auf. Abgesehen davon wird der SternenClan ihnen nicht einfach ihre neun Leben wegnehmen. Sie sind zu Anführern bestimmt worden, während der SeelenClan ohne festen Anführer lebt. Es ist der Wille des SternenClans, dass die Anführer vom Heiligen Berg auch hier Anführer sind, doch ihre Clans werden nicht mehr dieselben sein. Nur so kann Seelenstern Seele jemals Frieden finden und zum SternenClan finden.“

„Seelenstern wartet seit jeher darauf, dass die Clans hier am See gemeinsam leben“, brummte Goldstreif. „Endlich steht es kurz bevor.“

„Das heißt, dass Seelensterns Seele umherwandelt und seit Ewigkeiten darauf wartet, erlöst zu werden?“ Sturmherz riss erschrocken die Augen auf.

„Ja, genau das heißt es. Lichtblut ist seiner Seele zweimal in ihrem Leben begegnet. Und auch ich habe unseren großen Anführer einmal getroffen. Er ist ein Geist, der zwischen der Welt der Lebenden und dem SternenClan festhängt.“ Bisonmähne strich sich über sein dunkles Fell. „Er hat lange, sehr lange, darauf gewartet, dass jemand wie du kommt, der den letzten Stein ins Rollen bringt, Sturmherz. Es ist deine Bestimmung gewesen, Teil des FeuerClans zu werden. Unsere Eltern wären stolz auf dich.“

„Eure Eltern?“

Bisonmähne nickte. „Einst lebten auch Silbermelodie und Schlangentöter am Heiligen Berg, doch sie stammten aus verschiedenen Clans. Man verbannte sie, doch Mondsterns Einsatz war es zu verdanken, dass wenigstens ihre beiden Jungen bleiben durften.“

Schneewolke und Hummelschatten versteiften sich neben ihm bereits und auch Sturmherz spürte, wie sein Herz in einen eisigen Griff geriet. Diese Geschichte, er hatte sie schon einmal gehört, nur aus einer anderen Perspektive. „Ihre Kinder …“

Bisonmähne nickte. „Schwarzstern und Grauwolke. Unsere Brüder, ohne dass sie von uns wissen. Goldstreif und ich wurden hier am See geboren, doch unsere Eltern erzählten uns von Geburt an vom Heiligen Berg.“

Sturmherz‘ Mund wurde ganz trocken. Schwarzsterns Eltern hatten die Verbannung in die Wildnis überlebt, und nicht nur das, sie hatten erneut zwei Junge bekommen, die nun hier vor ihm saßen. „Und Mondstern, was ist mit ihr? Manchmal hat sie mich in meinen Träumen besucht und beim letzten Mal sagte sie, sie wäre in zwei SternenClans zu Hause.“

„Mondstern war eine Einzelläuferin“, meinte Schneewolke sofort.

„Ja, das war sie“, bestätigte Bisonmähne ihr. „Weil der SeelenClan sie fortgeschickt hat. Wir dachten, die Clans am Heiligen Berg wären schon für ihr Schicksal bereit, doch wir irrten uns. Mondstern war eine von uns, hier im SeelenClan geboren. Sie kam zu euch und erkannte, dass eure Zeit noch nicht gekommen war, doch sie wollte euch helfen, so gut sie konnte. Aus diesem Grund versuchte sie bis zu ihrem Tod, Frieden zwischen den Clans zu stiften.“

Goldstreif nickte andächtig. „Ihr wisst es nicht, aber der SeelenClan hatte immer mal wieder zu euch Kontakt. Wir haben stets über euch gewacht.“ Dann richtete sich der Blick des Kriegers auf Sturmherz. „Und mir gefällt, was ich nun mit eigenen Augen sehen kann. Aus dir ist ein guter Krieger geworden, Sturmherz. Du hast die Augen deiner Mutter. Sie war eine wahre Schönheit, aber sie hätte die Zweibeiner niemals verlassen, um mit mir zu kommen.“

Schlagartig fühlte Sturmherz, wie ihm der Boden unter den Pfoten weggerissen wurde. Eine alte Erinnerung drängte sich ihm auf, ein gesichtsloser Kater, der auf einmal merkwürdig vertraut war. „Ich … ich verstehe nicht …“

„Du weißt, wer ich bin, Sturmherz. Ich bin dein Vater.“
 

***
 

Schneewolke leistete ihm Gesellschaft, während das Mondlicht die Oberfläche des Sees kunstvoll glitzern ließ.

„Das ist zu viel für mich.“ Sturmherz wusste nicht, wie lange er geschwiegen hatte, doch er war dankbar dafür, dass Schneewolke ihm in den vergangenen Stunden nicht ein einziges Mal von der Seite gewichen war. Gemeinsam hatten sie sich im Schutz der Bäume am Waldrand eingerollt, kuschelten miteinander und hielten sich gegenseitig warm. Zwar wurden die Temperaturen milder, doch es war noch immer Blattleere und würde noch mindestens einen halben Mond bis zur Blattfrische dauern.

„Das macht dich fertig, nicht wahr?“ Ihre himmelblauen Augen sahen in der Nacht viel dunkler aus und schimmerten ihn vertrauensvoll und treu an. „Wenn du reden willst, bin ich hier. Bei dir.“

„Ich weiß …“ Zaghaft schmiegte er ihren Kopf an ihren und sein Herz pochte voller Glück, als sie diese Geste der Zuneigung schnurrend erwiderte. „Es ist nur so, dass ich immer dachte, ich sei einfach ein Außenseiter im FeuerClan. Aber heute habe ich meinen Vater kennen gelernt und erfahren, dass ich zur Hälfte SeelenClan-Blut in mir trage. Dem SeelenClan ist es egal, von wo jemand kommt, solange er im Herzen bereit ist, ein Leben in der Wildnis beim Clan zu leben. Sie hätten mich jederzeit ohne zu zögern aufgenommen, aber im FeuerClan musste erst lang und breit darüber diskutiert werden und als Zweiten Anführer akzeptiert mich weder der FeuerClan noch der Rest.“

Sie nickte mitfühlend. „Aber hier ist alles anders. Das ist der Neuanfang, von dem ich gesprochen habe. Der Neuanfang, den alle Clans brauchen.“

„Können wir denn wirklich einfach unsere Vergangenheit am Heiligen Berg zurücklassen? Vielleicht steckt sie zu tief in uns drin.“

Schneewolke schnurrte ein letztes Mal zuversichtlich. „Es wird nicht leicht werden, aber wir schaffen das. Gemeinsam. Wieso denkst du überhaupt so viel über die Clans nach? Lass es einfach auf dich zukommen. Etwas anderes bleibt uns ohnehin nicht übrig.“

Er schüttelte sich leicht. „Denkst du denn nicht an den WasserClan? An deine Familie und Freunde?“

„Doch, schon …“, gestand sie seufzend. „Aber ich sehe jeden Tag, wie schwer es der WasserClan hat. Ohne Mondpfote und Sonnenpfote wären wir auf kurz oder lang ausgestorben, weil kaum noch gesunde Nachkommen zur Welt kommen. Otterpelz, mein Mentor, würde mir nun mit Rat und Tat zur Seite stehen, auch das vermisse ich. Und mein Bruder …“ Sie bemerkte, wie Sturmherz das Gesicht verzog. „Ich weiß, dass ihr beide euch nicht leiden könnt, aber er wird immer mein Bruder bleiben. Wir sind zusammen aufgewachsen und haben zusammen die Kriegerprüfung bestanden. Diese Verbindung kann niemand lösen. Was ist mit dir? Worüber machst du dir so viele Gedanken?“

„Ich denke hauptsächlich daran, wie Blaukralle in meiner Abwesenheit versuchen wird, den Clan noch weiter gegen mich aufzuhetzen.“ Alleine der Gedanke daran ließ ihn wütend knurren. Sein Knurren ließ nur nach, weil Schneewolke sich enger an ihn schmiegte und begann, immer wieder zärtlich über seinen Rücken zu lecken. „Außerdem habe ich meinen Schüler Flockenpfote zurückgelassen. Ich frage mich, ob Milchkralle und Fleckennase es schon geschafft haben, dass er ein Krieger ist. Fleckennase und Dachsfuß müssten mittlerweile auch schon Nachwuchs haben. Ich wäre gerne bei ihnen, um mit eigenen Augen zu sehen, wie sich die Zukunft des FeuerClans entwickelt. Außerdem macht es mir Sorgen, wie wir mit vier Clans den weiten Weg zum See schaffen sollen. In allen Clans gibt es Junge, Schüler und Älteste. Womöglich verlangt ihnen diese Reise zu viel Kraft ab und sie könnten daran sterben.“

„Wir müssen zuversichtlich sein, Sturmherz. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht. Wenn wir beginnen zu zweifeln, haben wir schon verloren.“

„Ja, du hast Recht.“ Er seufzte, legte seinen Kopf auf ihre Flanke und schloss die Augen. „Hier am See ist alles so unglaublich idyllisch und perfekt. Keine Zweibeiner, keine Bären und im SeelenClan bekriegt sich niemand gegenseitig.“

„Nicht soweit wir das mitbekommen haben.“

Er murmelte etwas Unverständliches in ihr weiches, schneeweißes Fell hinein und war kurz darauf eingeschlafen.
 

***
 

„Lichtblut, Bisonmähne und Goldstreif haben beschlossen, dass ihr ab jetzt während eurer Zeit bei uns einen Beitrag zum Clanleben leisten müsst“, eröffnete Seestein ihnen am nächsten Morgen am Frischbeutehaufen. „Da der See in Zukunft auch euer Revier und das eurer Clans sein wird, ist es nur von Vorteil, wenn ihr euch hier bereits auskennt.“ Er nickte ihnen zufrieden zu. „Ich habe vier Krieger darum gebeten, sich in den nächsten Tagen eurer anzunehmen. Ihr werdet sie bis zu eurer Abreise jeden Tag auf den Patrouillen und beim Jagen begleiten. Habt ihr soweit noch Fragen?“

Alle drei schüttelten den Kopf.

Seestein sah zufrieden aus. „Gut. Geht raus, vor dem Lager erwarten sie euch und sobald Rauchsturm gesund genug ist, um ein paar Spaziergänge zu unternehmen, wird Lichtblut ihm ebenfalls alles zeigen.“

Sturmherz ging voraus, Schneewolke und Hummelschatten folgten ihm.

„Ich habe kein gutes Gefühl dabei, dass wir den ganzen Tag voneinander getrennt sind“, murmelte Hummelschatten kaum hörbar, doch sie gingen beide nicht auf seinen leisen Protest ein.

Vor dem Lager saßen vier Krieger und musterten sie neugierig. Keiner von ihnen sah aus, als wäre er ihnen feindlich gesinnt.

Zuerst rührte sich eine kleine, stämmige Katzendame, die optisch bestens in den LuftClan gepasst hätte. Sie hatte mittellanges, cremeweißes Fell, eine blaue Gesichtsmaske und ebenso gefärbte Ohren und Pfoten. Dazu strahlten ihre Augen in einem freundlichen Himmelblau, ähnlich wie bei Schneewolke. „Hallo. Ich bin Blaufeder.“ Sie nickte Schneewolke zu. „Wir beide werden heute das Vergnügen miteinander haben.“

Im Anschluss daran stand ein blauer Kater mit braunen Augen auf, der eine starke Ähnlichkeit mit Blaukralle aufwies. „Mein Name ist Nebelpelz.“ Er nickte Hummelschatten zu. „Man sagte mir, dein Clan ist bekannt für seine flinken Jäger. Aus diesem Grund nehme ich dich heute mit zu den weiten Ebenen an den Berghängen. Ich möchte sehen, wie du Kaninchen jagst.“

Das hellte Hummelschattens Miene schlagartig auf. „Klingt nach einer Menge Spaß.“

„Oh, den werden wir haben“, erwiderte Nebelpelz ebenso freudig.

Ein getigerter Kater mit hellbraunem Fell und dünnen, schwarzen Streifen wandte sich an Sturmherz. Während er sprach, fixierten seine hellgrünen Augen den FeuerClan-Kater. „Ich bin Minzläufer. Wir werden heute den gesamten See umrunden, also stell dich auf einen ausgedehnten Marsch ein.“

„Und ich bin Graszunge“, sagte der Vierte im Bunde. Er sah rein optisch ebenfalls wie jemand aus dem LuftClan aus, nur dass sein Fell im Gegensatz zu Blaufeder raspelkurz war, seine Augen gelbgrün und seine Abzeichen Braun auf einem sesamfarbenen Untergrund. „Ich erwarte euch drei kurz vor Sonnenuntergang für die Abendpatrouille.“ Er schnaubte kurz. „Und dann sehen wir, wie zäh ihr wirklich seid.“ Mit diesen Worten verließ Graszunge zu.

Schneewolke gesellte sich bereits zu Blaufeder, verabschiedete sich von Sturmherz und Hummelschatten und zog dann mit der ihr zugeteilten Kriegerin los.

Auch Hummelschatten ließ sich nicht zweimal bitten und verschwand sogleich mit Nebelpelz in Richtung der Berghänge.

Minzläufer deutete mit seiner Schwanzspitze ebenfalls in Richtung See und setzte sich dann in Bewegung.

Sturmherz folgte ihm. Es war ein gutes Gefühl, endlich wieder einen Alltag im Clan zu leben und nicht mehr nur darüber nachzugrübeln, was als nächstes geschehen würde. Er genoss es, eine Aufgabe zu haben, der er nachgehen konnte, anstatt einfach nur in den Tag hinein zu leben und darauf zu warten, dass Rauchsturm wieder gesund wurde.

Am Ufer des Sees steuerten sie auf den Punkt zu, an dem während der Blattgrüne eine schmale Landzunge das Tal mit der Insel im See verband und die Insel auf diese Weise zu einer Halbinsel machte. Nur etwa ein bis zwei Fuchslängen unter der Wasseroberfläche deutete sich der steinige Felsweg an. Kleine Wellen kräuselten sich darüber.

Auf einmal platschte etwas in der Nähe der Insel und eine kleine, braune Gestalt schwamm lässig auf sie zu.

„Hallo Reisender“, quietschte eine hohe Stimme, dann tauchte die Gestalt ab, flitzte unter der Oberfläche auf sie zu und schnellte in Ufernähe wieder hoch.

Sturmherz blieb stehen und musterte die fremde Gestalt. Er blickte zu Minzläufer, der entspannt blieb, also schien keine Gefahr davon auszugehen. „Wer oder was bist du?“

Die Gestalt lachte und entblößte dabei winzige, spitze Zähnchen. „Meine Familie und ich leben auf der Insel, deren Quelle euch Kriegerkatzen heilig ist. Wir passen darauf auf und im Gegenzug leben wir alle in Frieden nebeneinander. Ich bin Otterfisch“, sagte sie, drehte sich einmal lässig um die eigene Achse und tauchte noch ein Stück näher am Ufer wieder auf. „Mein Gefährte ist Otterbaum und unsere Kinder sind Otterlibelle, Otterstein und Otterberg. Aber meine Kinder werden in den nächsten Wochen fortgehen und sich woanders ein eigenes Zuhause suchen.“

„Es sind Fischotter“, erklärte Minzläufer gelangweilt. „Ihre Familie lebt seit einigen Generationen auf der Insel. Wir kommen gut miteinander aus. Im Laufe der Zeit haben sie unsere Sprache erlernt.“

Otterfisch nickte breit grinsend. „Es war einfacher für uns, die Sprache der Katzen zu lernen, als andersherum. Wir haben mehr Köpfchen.“

Minzläufer legte seine Ohren leicht an und machte einen drohenden Schritt auf Otterfisch zu, die spielend leicht aus seiner Reichweite ruderte und lachend untertauchte. „Bis irgendwann einmal, Reisender.“ Mit diesen Worten tauchte sie endgültig ab und verschwand.

Sturmherz sah ihr mit verzogenem Gesicht hinterher. „Ist sie immer so?“

„So nervig?“, hakte Minzläufer knurrend nach. „Ja. Aber Lichtblut besteht darauf, dass wir die Fischotter in Ruhe lassen, also tun wir das auch. Komm, wir gehen hier entlang weiter. Der See ist groß, es gibt noch viel zu sehen.“

„Ihr seid glücklich hier rund um den See, nicht wahr?“

Minzläufer blickte Sturmherz irritiert von der Seite her an. „Ja, natürlich. Das hier ist unsere Heimat und unser Zuhause. Es widerstrebt mir, den See einfach an eure Clans vom Heiligen Berg abzutreten, aber es ist der Wille von Seelenstern gewesen, also befolge ich ihn. Wir alle wussten von Anfang an, dass es darauf hinauslaufen wird. Und … ich freue mich auch, wenn endlich mehr Leben an den See kommt.“

„Dabei ist der SeelenClan so groß, wie kann es da langweilig werden?“

Minzläufer lachte. „Nun, unser Clan mag zwar gut drei Dutzend Mitglieder fassen, aber das Gebiet um den See, dieses ganze Tal, ist riesig. Wir können uns komplett darüber verteilen und würden uns nur sporadisch über den Weg laufen. Vier Clans bringen Struktur hinein. Wir können uns in Zukunft aussuchen, auf welches Gebiet wir uns beschränken möchten, wenn wir entscheiden, welchem Clan wir uns anschließen. Nun, um dir ein Beispiel zu geben, nimm mich. Ich mag den Wald und den See sehr gerne, ebenso die weiten Wiesen. Aber ich jage nicht gerne an den oberen Berghängen, weil mir der Felsboden viel zu hart und scharfkantig ist. Als Schüler habe ich mich dort oben an der Pfote geschnitten. Nebelpelz hingegen liebt die Berghänge. Außerdem ist es anstrengend, bei einer täglichen Patrouille den kompletten See umrunden zu müssen. Ich denke, wenn vier Clans hier leben, ist alles so, wie es sein soll.“

Erleichterung durchströmte Sturmherz, als er diese Worte hörte. „Also seid ihr uns nicht böse, weil wir euch euer Gebiet wegnehmen?“

„Ihr nehmt es uns nicht weg. Ihr kommt dazu und wir verteilen uns gemeinsam neu. So hat jeder etwas davon.“

„Es freut mich, dass du das so locker siehst. Das tun bestimmt nicht alle.“

Minzläufer schnitt eine Grimasse. „In der Tat. Bisonmähne und Goldstreif zum Beispiel. Aber sie akzeptieren, dass es so sein muss. Wir werden sehen, wohin uns das führt. Wir lassen die Zukunft auf uns zukommen. Welche andere Wahl haben wir schon?“

Sturmherz atmete tief durch. Minzläufer hatte Recht. Welche andere Wahl hatten sie schon?



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  BlackSpark
2017-08-25T14:45:07+00:00 25.08.2017 16:45
Hehe, Star Wars Szenario. ^^
Ich fürchte viele Clankatzen am Berg werden ziemliche Zicken machen. Sie sind mit diesen Rivalitäten groß geworden, das lässt sich nicht einfach so weg wischen. Selbst wenn man aufgeschlossener ist, wie z.B Löwenzahnstern.
Ich bin wirklich auf die Reaktionen gespannt.
Awwwww~ Fischotter <3 (Süße kleine Monster.) Hoffentlich kommen die Bergkatzen auch mit ihnen aus.
Antwort von:  Kalliope
25.08.2017 17:52
Ja, sie werden das nicht einfach so hinnehmen können, aber ihnen bleibt am Ende keine andere Wahl :D

Ach ja, die Fischotter sind harmlos, die nerven nur hin und wieder mal :)
Von:  Wolfsfeuer
2017-08-25T12:24:25+00:00 25.08.2017 14:24
Da haben wir ja Sturmherz' Vater ^^
Mal schauen ob sich auch ein paar Clankatzen für einen Neuanfang in anderen Clans entscheiden werden. Und was aus Schneewolke und Sturmherz wird!
Kann ich das als Beatätigung sehen, dass Flohnacken Seelenstern ist ;)
Mondstern wurde also vom Seelenclan geschickt? Schon ironisch, dass ihr Clan gefühlt die meisten Probleme macht.
Antwort von:  Kalliope
25.08.2017 14:36
Schneewolke und Sturmherz? Was meiiinst du denn :D

Eine Bestätigung gebe ich dir nicht, aber es wird sich noch alles aufklären ;) Und ja, Mondstern wurde damals vom SeelenClan geschickt. Ohne ihr Blut wäre der WasserClan vermutlich schon damals am Ende gewesen, immerhin stammen die einzigen gesunden Schüler (Eispfote und Schneepfote damals) von Mondstern ab. Forellenpfote ist der einzige gesunde Schüler nach ihnen und der ist HalbClan. (Gut, dass ich mir Stammbäume aller Clans aufgemalt habe, sonst verliere ich total den Überblick.)
Von:  Noir776
2017-08-25T12:12:42+00:00 25.08.2017 14:12
Wow, endlich ist das Rätsel um Sturmherz Vater gelöst. JUHU.
Und danke für die Antwort auf die Seelenstern Geheimnisse. Jetzt ist es klar, dass er tot ist, aber nicht beim Sternenclan ist. Seine Seele schwebt herum. Hehe. Nun ja, Flohnaken wird es wahrscheinlich sein oder du machst den übelsten Plottwist.
Nun ja schönes Kapitel. Ich freu mich schon auf die eventuelle Fortsetzung und keine Sorge, ich denke nicht das Sonenpfote so wird wie Sonnenwind, wober dieser einen guten Grund hatte. Ich schicke sie dir vielleicht mal. MAl davon abgesehen, das ich nciht fertig bin.
Antwort von:  Kalliope
25.08.2017 14:37
Genau, Seelenstern ist zwischen den Toten und den Lebenden gefangen :)

Für die Fortsetzung schweben mir schon einige Ideen im Kopf herum, aber noch keine konkrete Story, deshalb werde ich das auf Ende des Jahres verschieben.


Zurück