Follow your Heart von Linchen-86 ================================================================================ Kapitel 38: Gebrochene Herzen ----------------------------- 31.12.2010 „Du hast dich also entschieden?“, fragte Yuuko. Sie hatte mit dem Abwasch begonnen und Taichi das abtrocknen übernommen. „Ja, ich habe den Anwalt bereits angerufen und alles in die Wege geleitet“, erwiderte Taichi monoton. „Und an welche Stiftung möchtest du spenden?“, erkundigte sich die Ältere interessiert. Der Sportstudent hatte lange darüber nachgedacht an welche Organisation er seinen Anteil spenden wollte und hatte sich ein wenig im Internet informiert. Er hatte beschlossen, 80% an eine Organisation zu spenden, die benachteiligten Familien half die nicht so viel Geld oder Glück hatten. An Familien, denen es nicht anders ergangen war als ihm und er hoffte, mit seinem Anteil ein paar Kinder glücklich machen zu können. „80 Prozent an die Familienhilfe Japan“, erklärte er. Yuuko lächelte, reichte Taichi den letzten Teller und zog den Stöpsel aus dem Waschbecken um das dreckige Wasser zu entsorgen. „Ich finde das eine schöne Idee und was bleibt mit den verbliebenen 20%?“ Taichi räusperte sich verlegen, er hatte über dieses Thema noch mit niemanden gesprochen und er hoffte, dass seine Mutter die Nachricht gut aufnehmen würde. „Ich werde ausziehen.“ Überrascht sah Yuuko zu ihrem Sohn. „Wie jetzt so schnell? Hast du schon eine Wohnung gefunden?“ „Ja, ich habe in den letzten Tagen einige Wohnungen in der Nähe der Uni besichtigt und heute die Zusage bekommen. Es ist nur eine kleine Zwei-Zimmer Wohnung, aber dennoch sehr schön“, erklärte der Braunhaarige und trocknete seine Hände mit dem Spültuch ab. „Und du benutzt die 20% für die Wohnung?“, schlussfolgerte die Ältere. Taichi nickte, während er sich auf die Unterlippe biss. „Ist das falsch?“, hakte der Sportstudent unsicher nach. Er wusste nicht, ob es okay war. Eigentlich wollte er gar nichts von dem Geld behalten und alles spenden, aber dann hätte er es soviel schwerer gehabt und es war ihm doch keiner böse, wenn er etwas davon für sich nehmen würde, oder?. „Nein, keineswegs. Es ist dein Geld und du kannst damit machen was du möchtest“, erklärte Yuuko lächelnd. „Na ja, ich habe ja nur mein Zimmer als Besitz und daher hab ich ausgerechnet, dass ich mir die Kaution, die erste Miete und ein paar vernünftige Möbelstücke leisten kann, ohne mich zu verschulden, da von dem Geld, das ich in der Fabrik erarbeitet habe, nicht mehr so viel übrig ist.“ „Tai, das ist doch in Ordnung und ich freue mich, dass du deinen Anteil so vernünftig investierst. Wie zahlst du denn dann die restliche Miete?“ fragte Yuuko nach und konnte die besorgte Mutter dann doch nicht ganz abstellen. „Mitte Januar mache ich einen Trainerschein, der Nachwuchs im Fußball sucht Nachwuchstrainer für die Jüngsten, wenn das nicht passend ist?“ Die Ältere lächelte „Und Zeit fürs Studium hast du auch noch?“ „Mum, glaub mir eines, dass einzige für das ich in nächster Zukunft Zeit haben werde ist das Studium und Fußball.“ „Und ab wann verlässt du uns?“, fragte Yuuko nach. „Erstens ich verlasse euch nicht, ich ziehe nur aus. Zweitens seid ihr immer herzlich Willkommen, aber bitte mit Voranmeldung und drittens erst nächsten Monat, also etwas musst du mich noch etwas ertragen“, erwiderte der Braunhaarige. „Okay, also ist es jetzt wirklich soweit, dass das erste Kind flügge wird?“ „Alles okay, Mama?“ „Ja, ich wurde nur kurz ein wenig wehmütig“, erklärte sie lächelnd und winkte dann ab. „Ich muss jetzt leider los, ich bin noch mit Mimi verabredet, aber wir können die Einzelheiten ja noch die Tage besprechen.“ Yuuko nickte und dennoch sah Taichi, dass es ihr nicht so sehr gefiel, dass er ausziehen würde. Es tat ihm leid, aber er war ja nicht aus der Welt. Er würde sie oft besuchen, doch er hatte das Gefühl, dass er das jetzt tun musste. Die letzten Tage und Nächte waren für den jungen Mann alles andere als einfach gewesen. Ganz im Gegenteil. Taichi hatte pausenlos Kopfkino und alles was in der letzten Zeit passiert war, setzte ihm zu. So sehr, dass er permanent Magenkrämpfe hatte. Das alles machte ihn krank! Er hatte lange mit sich gerungen, entschied sich schließlich aber dazu sein Leben umzustellen und auch ein paar Entscheidungen zu treffen, die ihm mehr als schwer fielen jedoch unausweichlich waren. Bevor die große Silvesterparty steigen würde, entschied sich Taichi dazu zu Mimis Großmutter zu gehen, damit sie in Ruhe miteinander reden konnten. Weder er noch Mimi wollten die Sache länger ungeklärt zwischen ihnen stehen lassen und vor allem nicht wieder vor sämtlichen Leuten eine Parade hinlegen. Zudem verdiente Mimi eine richtige Aussprache, er wusste dass es nicht in Ordnung gewesen war sie einfach stehen zu lassen, aber zu diesem Zeitpunkt hatte er einfach nicht anders können. So schwach es auch gewesen war. Er war nervös wegen dem was ihm bevorstand. Er war aufgeregt, weil er es selber nicht fassen konnte was er gleich tun würde und ihm war schlecht, weil sich ihm jetzt schon wieder der Magen umdrehte und er all das eigentlich nicht wollte, aber er musste diesen Schritt jetzt tun. Er hoffte, dass es ihm dann mit der Zeit besser gehen würde. Er war sich sicher keine andere Wahl zu haben. Er hielt den Atem an, während er klingelte und einige Sekunden später der Türöffner erklang. Es gab kein zurück mehr, dieses Mal nicht. Er atmete aus und ging die Treppen nach oben. „Hey“, begrüßte Taichi die Jüngere, die ziemlich mitgenommen aussah und einen Schritt zur Seite ging, damit er hineintreten konnte. „Hallo“, murmelte sie zitternd und ging schon vor in ihr Zimmer. Taichi zog seine Schuhe aus und folgte der Brünetten in ihr Zimmer. Er schloss die Türe hinter sich und sah sich im Zimmer um. Als er das letzte Mal hier gewesen war, war alles noch gut gewesen und dann hatte sich plötzlich mit einem Mal alles geändert. Er wusste nicht was er sagen sollte und scheinbar wusste Mimi das auch nicht. Sie schien mindestens genauso nervös zu sein wie er. Es war so viel gesagt wurden, zu viele falsche Wörter, die beide in den Mund genommen hatten. Zu vieles was er gerne zurücknehmen würde. „Es tut mir leid, Mimi“, begann Taichi zögerlich. Die Brünette sah auf und nickte. „Mir auch.“ Er ging näher auf sie zu und wollte das sie ihn ansah. „Ich hätte dich nicht so stehen lassen dürfen. Es war nur… ich konnte einfach nicht mehr und ich weiß immer noch nicht, wie ich mit all dem umgehen soll“, gab der Braunhaarige bedrückt von sich. „Ich weiß, es war auch nie meine Absicht dich mit allem so zu überfahren und nachdem ich so lange nichts von dir gehört habe und dann das mit dieser Nori erfahren habe, sind bei mir eben die Sicherungen durchgebrannt“, murmelte sie mit gedämpfter Stimme. „Ich hätte es dir gleich sagen sollen. Du hattest Recht mit dem was du gesagt hast. Wir haben beide Sachen verschwiegen, weil wir uns nicht verletzten wollten und haben im Grunde nur eines damit bewirkt, dass wir uns gegenseitig nur noch mehr verletzt haben!“ Mimi nickte, während das erste Glitzern in ihre Augen trat, hastig versuchte sie die Tränen zu stoppen und wischte sich mit dem Ärmel über ihre Augen. „Ich wollte dich nie verletzen“, nuschelte sie unter ihrem Ärmel. Taichi brach es jetzt schon das Herz die Jüngere so zu sehen und schluckte schwer. „Ich weiß und das wollte ich doch auch nie“, flüsterte er. „Kannst du mir verzeihen?“, fragte die Braunhaarige traurig, aber hoffnungsvoll nach, hielt aber immer noch ihren Arm über ihren Augen um sich zu verstecken. Taichi griff nach ihrem Ellenbogen und drückte ihren Arm mit sanftem Druck nach unten. „Mimi, ich glaube wie beide stehen gerade an einem Punkt an dem wir uns mehr schaden als helfen...“ „Das stimmt doch gar nicht“, erwiderte Mimi schrill und unterbrach den Yagami. Taichi sah sie ernst an. „Lass mich bitte ausreden, okay?“ Mimi nickte entschuldigend. „Ich habe gerade soviel mit mir zu tragen und nach all dem was auch zwischen uns passiert ist weiß ich ehrlich nicht wie wir diese Beziehung aufrecht halten sollen...“ „Nein, sag das nicht“, schluchzte Mimi untröstlich und entzog Taichi wieder ihren Arm. „Wir sind beide nicht ehrlich gewesen Mimi und ich weiß gerade nicht, wie wir uns vertrauen wollen. Es gäbe so vieles, an dem wir beide arbeiten müssten und das funktioniert einfach nicht aufgrund der Entfernung. Selbst wenn du jetzt immer die Wahrheit sagen würdest, ich würde es hinterfragen und du doch sicher auch, oder? Du würdest dich immer fragen mit wem ich etwas unternehme, ob Nori dabei ist oder nicht und egal was ich sagen würde, das komische Gefühl würde bleiben. Damit kann es einfach nicht funktionieren und ich will wirklich nicht, dass wir uns nachher nicht mehr in die Augen sehen können.“ „A-aber wir können es trotzdem schaffen. Ich will nicht, dass es vorbei ist“, wisperte die Jüngere verzweifelt. „Wie denn? Meinst du mir fällt das leicht? Mimi, du bist in drei Tagen wieder in Amerika und dann für ein halbes Jahr. Wie sollen wir das bitte hinbekommen ohne uns noch mehr zu schaden? Um Himmels Willen wie?“ „Ich weiß es doch auch nicht, aber der Gedanke, dass wir kein Bestandteil im Leben des anderen mehr sind macht mir Angst. Tai, das letzte Mal hatten wir nicht mal mehr Kontakt. Wie soll das denn jetzt werden? Und komm mir bloß nicht mit dieser "lass-uns-Freunde-bleiben"-Schiene. Das nehme ich dir nämlich nicht ab“, erwiderte Mimi aufgewühlt. Taichi schüttelte seinen Kopf. Auf diese Frage hatte er keine Antwort. Früher waren sie Freunde, dann waren sie ein Paar geworden. Und was waren sie jetzt? Kein Paar mehr, aber auch so viel mehr als Freunde. „Wir sind einfach Menschen die wir nicht vergessen werden, weiter im Herzen tragen und immer wichtig für uns sein werden, auch wenn sie nicht miteinander reden oder sich sehen können.“ „Du willst es also wirklich beenden?“, flüsterte Mimi fassungslos, „Und mich aus deinem Leben streichen?“ Mehr gab ihre Stimme nicht mehr her. „Von wollen kann nicht die Rede sein und ich streiche dich nicht aus meinem Leben, Mimi, das würde ich nie tun“, erwiderte Taichi traurig. „Aber gerade weiß ich einfach keinen anderen Ausweg.“ Mimi schluchzte wieder auf und versuchte verzweifelt ihre Tränen zurückzuhalten, aber es gelang ihr nicht. „Verdammt“, murmelte sie und kehrte Taichi den Rücken zu. Unsicher blieb Taichi stehen. Er wusste nicht wie er sich verhalten sollte. Normalerweise würde er sie in den Arm nehmen, aber durfte er das noch, war er dafür die richtige Person? „Mimi, ich… es tut mir leid...“, kam es hilflos aus dem Brünetten. Mimi reagierte jedoch nicht. Sie sah stumm auf den Boden, ihre Fingernägel bohrten sich in ihre Hände und schüttelte leicht ihren Kopf. „Mimi? Ach verdammt“, seufzte der Braunhaarige. Er drehte die Jüngere zu sich um und zog sie mit leichtem Widerstand in seine Arme. „Glaub mir, ich wünschte es wäre anders“, murmelte Taichi in ihr Ohr. Er spürte wie sein Hemd nass wurde, wie sie ihre Fingernägel durch sein Hemd in seine Brust krallte und heiße Tränen über ihre Wangen liefen. Er drückte sie leicht zurück und wollte ihre Tränen trockenen. Wenigstens noch einmal. Sanft strich er mit seine Daumen über ihre Wangen und hob ihr Kinn etwas an. „Ganz egal wohin du gehst und was du tust, Du bleibst.“ Mimi zog ihren Kopf zurück, wollte Distanz schaffen und sah wieder nach unten zu ihren Füßen. „Kannst du mir etwas versprechen?“ Irritiert hob Mimi ihren Kopf, sprach aber immer noch nicht. „Bitte vertrau dich deinen Eltern an und geht zur Polizei, bitte Mimi. Ich könnte den Gedanken nicht ertragen, wenn dir irgendwas passiert. Ich bin sicher, dass sie dir helfen werden“, bat er sie eindringlich. Mimi nickte leicht, mehr gab sie nicht mehr her. Mehr durfte er jedoch auch nicht mehr erwarten. Eine Zeitlang standen sie einfach so da, ohne etwas zu sagen, ohne sich anzusehen, dann entfernte sich Mimi von Taichi und ging einen großen Schritt zurück. Bei diesem Anblick hätte er am liebsten alles zurückgenommen, er hatte ihr doch niemals das Herz brechen wollen. „K-kannst du bitte gehen?“, wisperte die Jüngere leise. Taichi räusperte sich „Ich… Mimi, du bedeutest mir so viel. Ich werde ich immer li...“ „Nein, ich will das nicht hören, sag niemanden wie viel er dir bedeutet, wenn du gerade dabei bist demjenigen das Herz zu brechen, das ist...“ Sie schaffte es nicht den Satz zu beenden, dazu schmerzte es zu sehr. Taichi nickte niedergeschlagen, während auch er mit sich rang. Er ging ein paar Schritte und hielt an der Türe inne. Er drehte seinen Kopf und sah zu der Brünetten. Nein, so konnte er es nicht stehen lassen. Er war noch nicht fertig und eines musste er unbedingt noch los werden, bevor er aus ihrem Leben verschwand und das vielleicht für immer. Er ging wieder zu ihr zurück und hielt ihr Gesicht in seinen Händen. Es war ihm wichtig, dass sie seine Worte auch Verstand „Danke.“ Irritiert erwiderte Mimi seinen Blick. „Danke für die Zeit die wir zusammen hatten. Danke, dass ich dein Freund sein durfte und Danke, dass du in einer der schwersten Zeiten meines Lebens für mich da gewesen bist. Du hast mich vor dem Ertrinken bewahrt. Ich werde es niemals vergessen. Ich werde uns und unsere Zeit niemals vergessen und immer wieder an sie denken. Du wirst immer wichtig für mich sein.“ Behutsam beugte sich Taichi zur Jüngern hinunter, schloss seine Augen und hauchte Mimi einen bittersüßen Kuss auf die Lippen, schmeckte ihre salzigen Tränen, die sich über ihrem Gesicht verteilten, dann ließ er die Brünette schweren Herzens wieder los. Er drehte sich um, murmelte ein >Verzeih mir, dass ich mein Versprechen nicht halten konnte<. Unsicher, ob sie ihn noch gehört hatte verschwand er mit schnellen Schritten aus dem Zimmer. Er musste gehen, schnell gehen. Bevor sein Herz diese Last nicht länger tragen konnte. Rasch zog er seine Schuhe an, öffnete die Türe und lief so schnell er konnte los. Erst als seine Lungen brannten wie Feuer und er kaum noch Luft bekam, blieb er stehen und rang nach Atem. Er wusste nicht wie schnell oder wohin er gelaufen war. Das Ziel spielte auch keine Rolle, es gab keines mehr. Schwer atmend blieb er stehen, seine Hände legte er auf seinen Knien ab, er schaute zu Boden, während auch er die Tränen in den Augen stehen hatte. Sein Herz schmerzte, doch er ignorierte das beklemmende Gefühl in seiner Brust und lief weiter. Weiter geradeaus bis er wieder an seine körperlichen Grenzen stieß. „Verdammt“, stöhnte er und schlug mit seiner Faust gegen eine kühle, nasse Wand. Er schrie auf „Verfluchte scheiße.“ Kurz sah er sich um, Menschen starrten ihn an, doch das interessierte ihn nicht. Es regnete, schneite. Eine Mischung aus beidem und nichts als grauer Matsch lag auf den Straßen Tokios. Alle Menschen schienen ach so gute Laune zu haben, der Jahreswechsel stand kurz bevor, doch er würde am liebsten die Zeit zurückdrehen. Er sah sich seine geschwollene Faust an und massierte diese mit seiner anderen Hand. Er schüttelte seinen Kopf. Er wünschte sich so sehr, dass es für sie einen anderen Ausweg hätte geben können, dass ihm eine andere Lösung eingefallen wäre, aber egal welche Szenario er sich ausmalte, am Ende kam er einfach nicht umhin, dass eine Trennung unausweichlich gewesen war, auch wenn er wusste, dass er gerade sich und Mimi das Herz gebrochen hatte. Er zog sein Handy aus seiner Hosentasche und wählte eine bekannte Nummer. Es dauerte nicht lange und Sora hob ab. „Hi Tai, alles okay?“, fragte die Rothaarige freundlich nach. „Kannst du jetzt bitte zu Mimi gehen. Sie braucht dich.“ Taichi beendete das Gespräch und wollte keiner weitere Erklärung geben. Er wollte nur, dass Mimi nicht alleine war und mehr als das konnte er jetzt nicht mehr für sie tun. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)