The Wolves among us von UrrSharrador ("Die Werwölfe erwachen. Sie wählen ihr heutiges Opfer ... Die Werwölfe schlafen wieder ein." [Video-Opening online]) ================================================================================ Kapitel 18: Der Hinterhof der Zivilisation ------------------------------------------ ~ 18 ~   Ein erstickter Laut ertönte, als einer von Shikamarus Freunden beinahe eine Frage stellte, aber er konnte weder Richtung noch Stimme identifizieren. Noch immer hielt er die Lider geschlossen. Rings um ihn blieb es bis auf diesen Japser still, doch das Schweigen der anderen wurde deutlich angespannter, so wie in einem geschlossenen Raum irgendwann die Luft dicker wird. Hätte er so gute Ohren, hätte Shikamaru sicher bemerkt, wie der Atemrhythmus seiner Freunde sich veränderte. „Brav“, sagte Sphinx, als niemand mehr einen Laut von sich gab. „Falls ihr etwas zu sagen habt, wartet bis zum Tag. Die Vampire stören sich nicht am unruhigen Schlaf der Dorfbewohner, sondern wählen rasch ihr Opfer. Außerdem erwacht nun noch einmal die Zaubermeisterin. Diese Mal ist sie mit den Vampiren verbündet. Ihr erkennt euch, und die Zaubermeisterin schläft wieder. Die Vampire zeigen mir das Opfer. Danach schlaft ihr auch wieder ein.“ Also gab es in diesem Spiel Werwölfe und Vampire. Shikamaru hätte nicht gedacht, dass Sphinx beide Gruppen rufen würde. Das machte alles ungleich komplizierter … Und lästiger. Die Vampire waren sowohl die Feinde der Dorfbewohner als auch der Werwölfe. Sie wussten nicht, wer die Wölfe waren – umgekehrt war es genauso – und kochten ihr eigenes Süppchen. Auch sie wählten nachts Dorfbewohner – oder auch Werwölfe, je nachdem, wen sie erwischten –, die dann tags darauf vor der ersten Abstimmung starben. Umgekehrt konnten Vampire nicht von Werwölfen getötet werden, was es beinahe unmöglich machte, den Grund für eine leichenlose Nacht zu erraten. Und wenn Shikamaru Pech hatte, würde das Spiel nicht nur ein Überlebenskampf des Dorfes gegen die Werwölfe werden, sondern auch in einen Machtkampf zwischen Wölfen und Vampiren ausarten. Sphinx hatte nicht gelogen, als er sagte, er würde ihm mit allen Tricks das Leben schwermachen. „Zu guter Letzt erwacht die Hexe. Ich zeige dir das Opfer der Werwölfe.“ Das der Vampire erfuhr sie offenbar nicht. „Möchtest du einen Heiltrank einsetzen, dann nicke. Möchtest du einen Gifttrank einsetzen, dann zeige auf dein Opfer, ansonsten schüttle den Kopf. Du schläfst wieder ein.“   Echt toll gemacht“, seufzte Tenten. „Es ist schon zehn nach acht, und wir stecken fest.“ „Das beste Navigationssystem hilft nichts, wenn sie den Weg mit einem Gitter versperren“, sagte Neji ruhig und sah sich nach einem Schlupfloch um. Er hatte sie durch ein kleines Gewirr aus Backstein, Regenrinnen und feuchtem Straßenpflaster geführt, wo Seitengassen in Seitengassen mündeten und wohl selbst tagsüber kaum Licht über die hohen Hauswände kroch. Nun waren sie bei der vorletzten Biegung angelangt und die Gasse war hier auch schon wieder breiter – allerdings wurde der Weg von einem hohen Maschendrahtzaun versperrt, der natürlich in Nejis App nicht aufschien. „Wir können auch einfach darüber klettern“, schlug Tenten vor. „Gibt es keinen anderen Weg? Dort hinten war ja noch ein Durchgang in der Mauer“, erkundigte sich Sasuke. Vermutlich wollte er sich sein teures Markenoutfit nicht ruinieren. Neji überlegte. „Wenn meine App sich nicht irrt, dann führt der Durchgang in einen Hinterhof. Aber ich weiß nicht, ob wir von da aus auf die Straße kommen.“ „Wir versuchen es einfach“, bestimmte Sasuke und ging los. Den anderen beiden blieb nichts weiter übrig, als ihm zu folgen. Nachdem sie ein paar Meter weiter hinten die gemauerte, runde Türöffnung gefunden hatten, blickte Neji noch einmal auf seine Handyuhr. Viertel nach acht. Er würde wetten, dass Narutos Partie vor ihnen im Twilight war und sie gründlich damit aufziehen würde. Plötzlich blieb Tenten stocksteif stehen. „Habt ihr das gehört?“, flüsterte sie. „Was?“ Die beiden Männer sahen sie fragend an. „Psst!“ Sie lauschten. Ein leises Klopfen drang an Nejis Ohr – oder waren das Schritte? Und das andere … spielten ihm seine Sinne einen Streich, oder stöhnte dort jemand? „Was ist das?“, wisperte Tenten. Sie schien dasselbe gehört zu haben. „Nichts“, meinte Sasuke. „Da hat nur jemand in einer dunklen Gasse ein bisschen Spaß.“ Leises Stimmengemurmel. Neji verstand die Worte nicht, aber sie kamen aus dem Innenhof. Dann ertönte ein erstickter Schrei. „Nach Spaß hört sich das nicht an“, sagte er, und Tenten stürmte los, ehe er sie zurückhalten konnte. „Warte!“ Immer sie und ihre spontane Art. Würde er sie nicht dafür lieben, müsste er sie hassen. Sasuke riss ihn aus den Gedanken, als er ihr ebenfalls im Laufschritt folgte, doch sein Fuß blieb an irgendeinem vorstehenden Stein hängen und er landete mit einem dumpfen Ächzen am Boden. Das war es wohl mit seinen hübschen Ausgehklamotten. Fluchend arbeitete er sich wieder hoch. „Alles in Ordnung?“, fragte Neji und bot ihm seine Hand an. Sasuke würdigte ihn keines Wortes und nahm auch seine Hilfe nicht an. Ein wenig würdevoller Sturz wie dieser kratzte sicher gewaltig an seinem Ego. Schließlich folgten sie Tenten Seite an Seite, die schon in der Dunkelheit verschwunden war. Der Durchgang war nur kurz, dann folgte ein weiteres, winziges Gässchen, das nach einem Knick in dem Hof mündete. Tenten war schon dort, noch ehe Neji auch nur einen Blick darauf erhaschen konnte – und ihr heiserer Schrei konnte nichts Gutes bedeuten. „Tenten!“ Er beschleunigte seine Schritte und hoffte, dass ihr nichts passiert war. Sasuke blieb unter dem Dach stehen. Neji ging auf Tenten zu, die in den Hof hinausgelaufen war. Er war so klein, wie es sich für einen Innenhof in diesem Stadtteil geziemte, staubig und erdig mit ein paar Grasbüscheln, die im Mondlicht bleich und tot aussahen. Ein aus morschen Brettern gezimmerter Komposthaufen faulte in einer Ecke vor sich hin. Ein breites Tor, das einen Spalt offen stand, führte tatsächlich auf die Straße, zu der sie wollten. Tentens Blick war jedoch auf eine der Wände gerichtet. Der Hof wurde von dreistöckigen, schmucklosen Gebäuden umrahmt. Fenster ohne Vorhänge glotzten auf ihn herab, der weiße Verputz war überall rissig und zerbröckelte. Eben kam der Mond wieder hinter einer Wolke hervor, und an der Stelle, die Tenten anstarrte, prangten, im silbrigen Licht gut erkennbar, glänzende rote Flecken. Blut. Neji schluckte und trat näher. Sasuke rührte sich nicht von der Stelle. Die Wand war tatsächlich mit Blut vollgespritzt – und es war noch frisch. Glänzende Spuren liefen nach unten. Vor der Wand war auch die Erde dunkel und schwer, und jetzt erkannte Neji auch die schmale Blutspur, die sich über den Hof zog und sich irgendwann auf dem Weg zu einer schmalen Tür verlor, die in den Wohnkomplex führte. „Was ist hier passiert?“, fragte Tenten. Ihre Stimme klang wieder fest; sie hatte sich gefangen, auch wenn ihr Atem noch rasch ging. „Nichts, was uns etwas anginge“, sagte Sasuke laut. Während er den ganzen Hof mit wachsamen Blicken maß, kam er näher. „In diesem Stadtteil gibt es eine Menge Straßenbanden, die sich kloppen. Das ist nicht unser Bier.“ „Das sieht mir nicht nach harmlosem Kloppen aus“, meinte Neji. Es war eine ganze Menge Blut, das hier geflossen war. Sasuke schnaubte. „Ich habe nie behauptet, dass es harmlos ist“, sagte er trocken. „Meint ihr, wir sollten die Polizei rufen?“, fragte Tenten unsicher. „Und was sagst du denen? Wir haben eine blutige Wand im Hinteren Bezirk gefunden? Die werden uns höchstens eins husten.“ „Hier hat eindeutig ein Verbrechen stattgefunden“, sagte Neji streng. „Das gehört gemeldet.“ „Viel Spaß dabei. Hier finden ständig Verbrechen statt.“ Neji konnte ihn nicht verstehen. Er wusste, dass Sasuke aus einer Polizistenfamilie stammte. Sein Bruder war sogar Mordkommissar oder etwas in der Art. Oder reagierte er so, weil er mehr Einblick in das Ganze hatte als Neji oder Tenten? Er sah, wie Tenten etwas vom Boden aufhob und intensiv musterte. Neji wollte schon näher treten und eine entsprechende Frage stellen, als Tenten plötzlich einen spitzen Schrei ausstieß, rückwärts taumelte und gegen ihn prallte. „Da … da oben!“ Ihr Finger deutete aufgeregt auf den dritten Stock eines der Häuser. Eine rostige Feuerleiter wand sich von dort bis in den Hof herunter – und für den Bruchteil einer Sekunde sah Neji es auch. Dort oben kauerte jemand, ein tiefschwarzer Schatten vor der hellen Hauswand, und für einen Moment hatte Neji den Eindruck, eine große, haarige Gestalt zu erkennen. Als Bewegung in die finstere Masse kam, verschwand die Illusion – was den Schatten selbst nicht weniger unheimlich machte. Er richtete sich auf und huschte in die offen stehende Balkontür im dritten Stock. Dann war er verschwunden, und hätte Tenten ihn nicht auch gesehen, hätte Neji gedacht, dass er sich die Gestalt nur eingebildet hatte. Aber sie war eindeutig da gewesen. Und nicht nur das – Neji hätte schwören können, dass sie zwischen den rostigen Geländerstäben der Feuerleiter in den Hof herabgespäht hatte. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. „Er … er hat uns gesehen“, flüsterte Tenten mit gezwungener Ruhe, aber auf ihren nackten Oberarmen erkannte Neji ebenfalls eine Gänsehaut. „Neji, er hat uns gesehen … Wir sind Zeugen, und er hat uns gesehen!“ Ihre Stimme wurde nervöser. „Aber wir haben nichts gesehen“, sagte Sasuke lauter, als nötig gewesen wäre. „Nur einen Blutfleck an einer Wand, weil hier mal wieder irgendwelche Straßengangs gerauft haben. Das ist alles.“ Er packte Tenten und Neji an den Schultern und schob sie kurzerhand fort von hier. „Gehen wir endlich. Das Tor steht offen.“   Die Bühne wurde ein wenig umgebaut, das Banner ausgetauscht, und Kankurous Auftritt würde noch ein wenig auf sich warten lassen. So hatte Shikamaru genügend Zeit, sich um Neji, Tenten und Sasuke zu sorgen. Sakura zufolge hatten die drei eine Abkürzung durch die Seitengassen nehmen wollen – dabei hätten sie es besser wissen müssen. In diesem Teil der Stadt betrat man die Seitengassen einfach nicht, schon gar nicht, wenn es dunkel war. Was hatten sie sich nur dabei gedacht? Eine Welle der Erleichterung überlief ihn, als die fehlenden drei endlich zur Tür hereinschneiten. Shikamaru machte sofort die anderen auf sie aufmerksam, die sie zu ihrem Fass winkten. Neji, Sasuke und Tenten wirkten alle drei ein wenig reserviert. Selbst Tenten, die ihre Freunde und Bekannten üblicherweise freudig begrüßt hätte, murmelte nur etwas Einsilbiges und lächelte verhalten. Das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, wurde stärker. Schließlich sprach Naruto aus, was ihnen allen auf der Zunge lag: „Sagt mal, ist alles in Ordnung bei euch? Wo wart ihr überhaupt so lange?“ „Frag das unser Navi“, sagte Sasuke mit einem abfälligen Seitenblick zu Neji, dem dieser zu entgehen schien. „Was habt ihr euch nur dabei gedacht? In den Seitengassen ist es hier gefährlich“, sagte Ino bestimmt und stemmte die Hände in die Hüften. „Stell dir vor, das haben wir auch bemerkt“, gab Sasuke zurück. Er wirkte ein klein wenig gereizt. „Tenten, sag du uns wenigstens, was los war“, seufzte Sakura. „Von den beiden Schweigebolzen kriegt man ja doch keine Antwort.“ Tenten wich ihrem Blick aus und zuckte mit den Schultern. „Da war … Also …“ „Da war gar nichts“, fiel ihr Sasuke ins Wort. „Irgendjemand hat irgendjemand anderen zusammengeschlagen. Wir haben ein paar Blutspuren gesehen, sonst nichts.“ „Das waren nicht nur ein paar Blutspuren!“, zischte sie ihn an. „Das sah aus, als wäre da einer gestorben! Wir hätten die Polizei rufen sollen!“ „Um ihnen was zu sagen?“, gab Sasuke zurück. „Untersucht bitte die Blutspuren, forscht das Opfer aus und fragt es, wer ihm das angetan hat? Wenn es das sagen will, wird es ja wohl selbst zur Polizei gehen, oder?“ Tenten holte Luft zu einer scharfen Antwort, aber in dem Moment begann ein Trommelwirbel. Auf der Bühne ging die Show los. Kankurou und seine drei Bandkollegen legten eine schnelle Nummer hin und wieder waren die Instrumente so laut, dass man sich nicht unterhalten konnte, ohne zu schreien. Die Aufmerksamkeit aller lenkte sich auf den eigentlichen Grund ihres Zusammenkommens. Die Puppeteers waren viel besser als Pain for Jashin, spielten aber auch nur sechs oder sieben Songs. Shikamaru hatte von Musik keine Ahnung, aber er fand den Auftritt ganz annehmbar. Die anderen Bandmitglieder kannten angeblich nur Kankurous Geschwister und diese auch nicht sonderlich gut, also riefen einige aus ihrer Clique zwischen den Liedern einfach Kankurous Namen statt den der Band. Es war einundzwanzig Uhr dreiundvierzig, als das Licht auf der Bühne ausging, die Fans jubelten und die Band ihren Auftritt beendete. Nachdem man seine eigenen Worte nun wieder verstehen konnte, wandte sich Ino mit besorgtem Gesichtsausdruck erneut an Tenten. „Also, was ist jetzt passiert?“ Auch Shikamaru waren ihre Erzählungen den ganzen Auftritt lang nicht aus dem Kopf gegangen. Tenten rollte jetzt allerdings nur mit den Augen. „Schon gut, vergesst es. Ich bin wohl zu sensibel. Nur weil jemand drei Liter Blut verloren hat, will ich schon zur Polizei gehen.“ Sie schoss einen bitterbösen Blick auf Sasuke ab. „Na, na, machen wir kein Drama draus“, sagte Kiba. „So was passiert hier sicher jeden Tag. Solange es euch gut geht, ist alles okay. Was trinkst du, Tenten?“ Sie starrte Sasuke noch eine Weile stur an, ehe sie sich auf den Themenwechsel einließ. „Weiß nicht. Was hattet ihr denn schon?“ Die Stimmung lockerte sich etwas, als Kiba wenig erfolgreich versuchte, sich die Bestellungen für die nächste Runde zu merken. Sasuke verkündete schließlich leicht genervt, dass er bestellen würde. Nachdem er in das Gewurl vor der Bar eingetaucht war, zuckte Temari plötzlich zusammen. „Scheiße“, zischte sie. „Was ist?“ Shikamaru wandte sich in die Richtung, in die sie gesehen hatte. „Dreh dich nicht schon wieder um, verdammt!“ Da sah er ihn. Der Mann von vorhin steuerte direkt auf ihre Gruppe zu, zwischen die Hände geschickt mindestens ein halbes Dutzend Gläser gepresst. „‘n Abend, Ladys“, sagte er und stellte seine Last auf ihrem Fass ab. „Täusche ich mich, oder seht ihr durstig aus?“ Die Jungs überging er dezent. Shikamaru konnte sehen, wie Temari innerlich aufstöhnte. „Danke, wir kriegen bereits was. Kannst du dich bitte wieder verziehen?“ „Ganz schön kratzbürstig, hm.“ Er fuhr sich durch die Haare, die dadurch kein bisschen zerzaust wurden. „Was sollte das vorhin überhaupt? Du bist ziemlich schnell abgehaut.“ „Weil ich keinen Bock habe, mich mit dir zu unterhalten“, knurrte Temari, sah ihn dabei aber nicht an. „Hast du gehört?“, fragte Gaara rhetorisch und kalt. „Behalte deine Spendierhosen für dich.“ „Dann eben nicht, hm.“ Der Mann seufzte. „Aber irgendeines der Mädels hier wird sich doch sicher meiner erbarmen, oder? Oder soll ich die Drinks alle selbst vernichten? Ich bin übrigens Deidara.“ „Ich lasse mich gern einladen“, erklärte Ino grinsend und griff nach einem der Gläser. „Prost.“ Deidara stieß lächelnd mit ihr an, dann sah er fragend in die Runde. „Noch jemand? Ihr seid ja eine ziemlich lahme Truppe, hm.“ „Dafür, dass dich niemand eingeladen hat, hast du ein ziemlich loses Mundwerk“, stellte Naruto fest. „Mit dir redet ja auch keiner.“ Nun lächelte er Hinata an. „Wie wär’s, meine Liebe? Ein Whiskey in Ehren?“ „I-ich … mag keinen Whiskey“, sagte sie leise. „Nein? Und was ist mit dir?“ Deidara wandte sich Sakura zu. Irgendwie war er Shikamaru suspekt. „Ich mag dich nicht“, sagte sie und ließ Naruto, Temari und Ino in Gelächter ausbrechen. Tenten hingegen streckte zögerlich die Hand nach den Getränken aus. Als Lee jedoch Anstalten machte, dasselbe zu tun, schlug sie ihm auf die Finger. „Du nicht, Lee.“ Dann ließ sie es selbst auch bleiben. „Meine Güte, seid ihr alle steif“, seufzte Deidara. „Nimm doch auch eines, Schätzchen.“ „Dein Schätzen gibt dir gleich eine“, zischte Temari. „Ist das der Dank, dass ich dir deine Runde vorhin bezahlt hab?“ Deidara wandte sich wieder Ino zu, die ihr Glas schon halb geleert hatte. „Dann bleiben wir wohl besser unter uns, hm.“ „Wie du meinst.“ Sie stürzte den Rest ihres Glases hinunter und schenkte ihm ein fieses Grinsen. „Vorher sollte ich dir aber vielleicht sagen, dass ich nicht auf Kerle mit langen Haaren stehe. Einladen lasse ich mich natürlich trotzdem gern.“ Irgendwie befriedigte es Shikamaru ungemein, zu sehen, wie Deidara den Mund verzog. „Deidara. Sieh an.“ Eine neue Stimme wurde hörbar. Ein etwas kleinerer, ziemlich jung wirkender Mann mit feuerroter Mähne war hinter ihn getreten. Er lächelte in die Runde. „Temari. Gaara. Ich hätte mir denken können, dass ihr auch hier seid.“ „Hm, mit dir hätte ich hier nicht gerechnet, Sasori.“ Deidaras Laune schien sich gebessert zu haben. „Komm, lassen wir diese Spießer allein. Ich lade dich ein.“ Er bugsierte seinen Bekannten in Richtung Bar und zwinkerte Ino noch kurz zu, auf die übrigen fünf Whiskeys deutend. „Mein Abschiedsgeschenk. Vielleicht überlegst du es dir ja noch.“ Ino schnaubte abfällig, aber da hatte er sich schon wieder umgedreht und plauderte mit Sasori. „Ihr kennt ihn?“, fragte Neji. „Diesen Sasori.“ „Mehr oder weniger“, antwortete Temari. „Er kommt aus derselben Gegend wie wir. Hatte dort früher ein Spielzeuggeschäft.“ Sie grinste. „Wir haben oft gewitzelt, dass das wohl nur eine Tarnung ist und er in Wahrheit zwielichtige Geschäfte macht.“ „So sieht er auch aus“, griente Naruto und spielte damit sicher auf den leicht verschlafenen Gesichtsausdruck Sasoris an, der ihn etwas high wirken ließ. Sasukes Runde und Kankurou kamen fast gleichzeitig bei ihnen an. Der Bassist wurde von allen begrüßt und von vielen für seinen Auftritt gelobt. Speziell Lee war begeistert. Sie stürzten die neue Runde hinunter – Shikamaru machte sich bereits jetzt Sorgen um den Alkoholspiegel seiner Freunde und hoffte, dass seine Leber ihm verzeihen würde – und ließen Kankurou eine neue bestellen, der seine Beziehungen spielen ließ und sie gratis bekam. „Ich … setze eine Runde aus“, erklärte Ino, als sie anstoßen wollten. Sie presste die Hand auf ihren Bauch. „Entschuldigt mich kurz, ich gehe ein wenig an die frische Luft.“ Shikamaru bemerkte den feinen Schweißfilm, der auf ihrer Haut glänzte. Sie wirkte käseweiß. Er tauschte einen Blick mit Chouji, der es ebenfalls bemerkt hatte. „Ich seh‘ mal nach ihr“, sagte Chouji und folgte Ino, die sich wankend zur Tür durchkämpfte. Die anderen sprachen gerade mit Kankurou über seine Proben, als Shikamarus bester Freund zurückkam und ihm auf die Schulter klopfte. „Ino geht’s nicht so gut. Ich rufe ein Taxi und bringe sie heim.“ „Was hat sie denn?“, fragte Sakura besorgt. „Nichts allzu Ernstes … hoffe ich“, meinte Chouji und sah unsicher zurück in Richtung Tür. „Ihr scheint was auf den Magen geschlagen zu haben.“ „Aber sie hat doch gar nicht so viel …“ Naruto verstummte, sein Blick glitt über die Getränke, die Deidara gebracht hatte und die immer noch unberührt auf dem Rand des Fasses standen. Ein einziges Glas war leer. Sogar Naruto kam zu demselben Schluss wie Shikamaru. „Der Mistkerl hat ihr was in den Whiskey getan!“ Sofort drängte er sich an Chouji vorbei und ließ den Blick schweifen. Die auffallende Haarmähne war nirgends mehr zu sehen. „Wo ist er? Den verarbeite ich zu Kleinholz, aber sowas von!“ „Vergiss den mal, sehen wir lieber nach Ino!“ Sakura setzte sich sofort in Bewegung, die anderen folgten ihr.   Ino sah schrecklich aus. Sie saß in der Nähe des Clubeingangs auf einem dieser Betonblöcke, die Falschparken verhindern sollten, und umklammerte ihren Bauch. Ihr Atem ging stoßweise, ihr Gesicht war leichenblass und sie zitterte. Die Zähne hatte sie zusammengebissen. „Ino! Oh mein Gott!“ Sakura stürzte zu ihr. „Was ist los? Was hast du?“ „Sieht man das nicht?“, fragte Sasuke trocken. „Du bist eine tolle Hilfe“, giftete Naruto und hockte sich zu seiner Freundin. „Chouji“, seufzte sie. „Ich … ich schaff das nicht …“ „Doch, du schaffst das. Ich rufe ein Taxi.“ Schon hielt er ein Handy an sein Ohr, zögerte aber. „Oder eher einen Krankenwagen?“ „Das halte ich für die bessere Idee“, murmelte Shikamaru. „Keinen … Krankenwagen“, brachte Ino hervor und stöhnte auf. „Oh Gott, ich sterbe …“ „Ganz ruhig.“ Temari setzte sich zu ihr. „Denk nach. Was hast du alles getrunken?“ „Ich … ich weiß nicht …“ „Einen Wodka-Racer von mir, einen von Naruto, dann einen Whiskey von Sasuke, oder? „Ich sag doch, dass es dieser Typ war!“ Narutos Zorn war endgültig entflammt, als er seine Freundin so sah. „Scheiße.“ Ino krümmte sich zusammen, dass es wehtat, ihr zuzusehen. Ihre Augen waren glasig, ihre Worte kamen ihr nur verwaschen über die Lippen. „Es ist aus mit mir, ich sterbe, ich will nicht …“ „H-halt durch!“ Lee war bestürzt. „Kannst du nicht … Kannst du nicht versuchen, den Finger runterzustecken, und …“ „Was glaubst du, was ich getan habe?“, fauchte sie ihn an. Shikamarus Blick wanderte, ohne dass er es wollte, zu den nahen Büschen, die den nackten Straßenrand verzierten. Ino gab ein würgendes Geräusch von sich und sackte zur Seite. Hätte Sakura sie nicht festgehalten, wäre sie von dem Betonsockel gerutscht. In Shikamaru wurde der flaue Verdacht laut, Deidara könnte sie vergiftet haben. „Ich rufe jetzt ein Taxi“, sagte Chouji resolut und telefonierte. „Kankurou, frag drinnen in der Bar nach einem Glas Wasser“, sagte Sakura. „Schnell.“ „Nein …“, stöhnte Ino. „Das Wasser wird dir gut tun!“ „Ich krieg nichts runter ... sicher nicht …“ Sie beugte sich vor und würgte. Sakura hockte neben ihr und hielt ihr die Haare zurück, aber Ino spuckte nur Galle. Die anderen drehten sich diskret weg. Es dauerte eine schiere Ewigkeit, bis das Taxi da war. Ihre Freunde hatten Ino dazu gedrängt, einen Krankenwagen zu rufen oder wenigstens den Ärztenotdienst, aber sie hatte vehement verweigert. Shikamaru konnte sie ein Stück weit verstehen. Ihm wäre es in dieser Situation auch unangenehm, ins Krankenhaus eingeliefert zu werden, wenn es vielleicht irgendwie anders auch ging. Der Taxifahrer wirkte wenig begeistert, ein in seinen Augen vermutlich sturzbetrunkenes Mädchen heimzukutschieren, aber er sagte kein Wort. Chouji stieg mit ein, dann brausten sie davon und ihre Freunde sahen dem gelben Gefährt nach, wie es die Straße entlang fuhr und dann um eine Ecke bog. „So viel zu unserer Wiedersehensfeier“, murmelte Kiba. „Hoffen wir lieber, dass es ihr gut geht!“, meinte Sakura mit funkelnden Augen. „Stimmt. Sorry.“ „Wollt ihr … wieder reingehen?“, fragte Temari vorsichtig. Eine Weile blieben sie noch unschlüssig stehen – Naruto schwor Deidara zum wiederholten Male Blutrache, und Kiba und Tenten stimmten mit ein –, dann betraten sie mit gedrückter Stimmung wieder das Twilight.   Kaum jemand schien zunächst noch große Lust auf Alkohol zu haben. Nach einer Weile jedoch verlor der Vorfall an Schärfe. Es war nicht das erste Mal, dass einer aus ihrer Clique eine Party frühzeitig abbrechen musste, und es war ja nicht gesagt, dass Deidara Ino wirklich etwas in ihr Getränk gemischt hatte. Shikamaru kam es nun allerdings verdächtig vor, dass er die Whiskey-Runde bei ihnen stehen gelassen und für sich und Sasori neue Getränke gekauft hatte. Jedenfalls war der Kerl wie vom Erdboden verschluckt. Schließlich entspannte sich die Stimmung wieder ein wenig – eine Weile zumindest. Nach dem vierten oder fünften Drink stellte Tenten ihr Glas wuchtig auf dem Holzfass ab. „Ich gehe morgen zur Polizei und melde das“, sagte sie entschlossen. Ihre Wangen schimmerten rötlich, aber vielleicht lag das an dem schlechten Licht. „Wegen Ino?“, fragte Sakura verwirrt. „Komm schon“, redete wieder Sasuke dagegen, der zu wissen schien, was Tenten meinte. „Spar dir die Mühe.“ „Lass mich. Du musst ja nicht mitkommen.“ Sasuke zuckte mit den Schultern. „Mach, was du willst.“ „Vielleicht …“ Tenten sah zu Boden und ihre Stimme war so leise, dass man sie kaum verstand. „Vielleicht brauche ich sogar Personenschutz.“ Nun sahen sie alle fragend an. „Weil du eine Aussage machen willst? Die werden kaum deine Identität preisgeben“, sagte Sakura. „Was ist denn überhaupt los?“, fragte Kankurou. Die anderen erklärten es ihm, und er runzelte die Stirn. „Oh. Das ist übel.“ „Es ist nicht wegen der Aussage“, beantwortete Tenten schließlich Sakuras Frage. „Es ist … Sie wissen, wer ich bin.“ „Wer weiß das?“, fragte Neji. „Herrgott nochmal, woher soll ich das wissen?“, fuhr sie ihn an. „Du warst doch dabei! Hast du vergessen, dass uns da einer beobachtet hat? Wer soll das gewesen sein, wenn nicht der Mörder?“ Das Wort schlug ein wie eine Granate. Hinata war kreidebleich, als sie zittrig fragte: „Du … du glaubst, jemand ist gestorben?“ „Natürlich! Nur weil Herr Uchiha meint, dass das hier alltäglich ist, braucht ihr doch nicht zu denken aufhören! Irgendjemand hat jemanden umgebracht und dann die Leiche verschwinden lassen! Und dabei haben wir ihn gestört!“ Sie funkelte Neji bitterböse an. „Und du Vollidiot hast noch meinen Namen gerufen! Jetzt wissen sie auch noch, wie ich heiße!“ Neji zuckte zurück und wirkte mit einem Mal äußerst unglücklich. „Es tut mir leid“, murmelte er. „Als du geschrien hast … Ich dachte …“ „Moment mal, hast du einen Mord gesehen oder nur die Auswirkungen davon?“, fragte Temari sachlich. „Weder noch“, beharrte Sasuke. „Nur Blut. Das beweist gar nichts.“ Tenten rollte mit den Augen. „Sagt mal …“ Naruto arbeitete an seinem Kragen rum. „Würd’s euch stören, wenn wir das draußen weiterbereden? Irgendwie ist es hier ziemlich heiß geworden.“ Shikamaru hatte auch nichts gegen ein wenig Frischluft einzuwenden. Er glaubte kaum, dass Naruto seine Freunde absichtlich ins Freie bringen wollte, damit sie ihr Mütchen kühlen konnten, aber er hatte mal wieder einen guten Riecher gehabt. Die stehende Hitze und der wummernde Hintergrundlärm konnten gereizte Nerven relativ leicht labil werden lassen. Wie schon zuvor war es auch draußen laut, aber annehmbar. Es war nach Mitternacht, und Betrunkene verließen das Twilight allein oder zu zweit, sich gegenseitig stützend. Sasuke zündete sich eine Zigarette an. „Also“, sagte Shino und klang konzentriert. Shikamaru hatte fast vergessen, dass er auch dabei war. Das passierte einem bei Shino schnell. „Nochmal von vorne.“ Tenten atmete tief durch. „Erstens kennen sie meinen Namen. Zweitens haben sie uns drei gesehen. Wir sind Zeugen eines Mordschauplatzes.“ „Du bist betrunken“, wiegelte Sasuke die Sache ab. „Uns wird nichts passieren.“ „Sagst du! Mister Ich-fürchte-mich-nicht-und-wenn-ich-dabei-draufgehe!“ „Ich bin realistisch.“ „Es reicht, Sasuke“, sagte Sakura plötzlich. „Hört auf zu streiten. Tenten, wenn es dich beruhigt, begleite ich dich morgen zur nächsten Polizeistation. Und ich glaube kaum, dass uns heute Nacht jemand ausfindig machen kann.“ Tenten wirkte ungemein erleichtert. Sie nickte. „Und wenn, dann treten wir ihm gehörig in sein Hinterteil!“, bekräftigte Lee mit strahlendem Grinsen Sakuras Worte. Jetzt lachte auch Tenten wieder.   Der Abend klang nicht so schön aus, wie er es hätte tun können, und es wurde nicht so spät, wie es hätte sein sollen. Gegen drei Uhr schleppten sich die Freunde in den vierten Stock des Hotels, in dem sie nächtigen wollten – über die Treppe, wohlgemerkt, denn einen Aufzug gab es nicht. Der Hintere Bezirk war quasi das Ende der Welt. Kaum ein öffentliches Transportmittel verirrte sich nachts hierher. Wollte man vom Twilight oder diversen anderen Pubs nachhause, hatte man die Wahl zwischen Schusters Rappen oder einem Taxi. Ersteres war nachts auch nicht ungefährlich und zudem war der Weg zurück in die Zivilisation weit, Letzteres relativ teuer und wenn man Pech hatte, wartete man eine halbe Ewigkeit – dass Inos Taxi so schnell gekommen war, grenzte schon an ein kleines Wunder. Das war aber nicht der einzige Grund, warum die Freunde beschlossen hatten, in dem angeblich sichersten und luxuriösesten – nichtsdestotrotz nur zwei Sterne besitzenden – Hotel La Grande abzusteigen. Da Kankurou, seine Band und seine Geschwister nicht aus der Stadt waren und extra mit der Bahn angereist waren, hatten sie sich naturgemäß eine Bleibe suchen müssen. Der Rest der Freunde hatte beschlossen, ebenfalls im La Grande auszuschlafen, den folgenden Tag noch gemeinsam zu verbringen und dann mit dem letzten Bus heimzufahren. Soweit der Plan. Shikamaru bereute ihn jetzt schon. Er hatte einmal einen Gangsterfilm gesehen, der irgendwann vor dem zweiten Weltkrieg gespielt hatte. Darin war auch ein Hotel vorgekommen, dem dieses hier erschreckend ähnlich sah. Das Treppenhaus war winzig, die Holzstufen knarrten und das rohe Geländer spickte die Unvorsichtigen mit Speilen. Die Gänge waren eng und mit verblichenen Läufern ausgelegt, die rosa Blümchentapete hing in Fetzen von den Wänden und das einzige gerahmte Bild, das er in diesem Haus sah, natürlich schief. Ino war es gewesen, die für sie alle reserviert hatte. Das hier wäre der sicherste Ort im ganzen Hinteren Bezirk, hatte sie gemeint. Dabei schien das einzige Zugeständnis an Sicherheit die Überwachungskamera in der winzigen Lobby zu sein, deren Funktionstüchtigkeit Shikamaru bezweifelte. Im vierten und obersten Stock angekommen, teilte sich die Clique ausgelaugt nach kurzen Gutenacht-Wünschen in die entsprechenden Zimmer auf. Es waren allesamt Zweibettzimmer, und da es keine fixe Schlafordnung gab und Chouji und Ino nicht dabei waren, erwischte Shikamaru sogar ein Zimmer für sich allein. Als er den Lichtschalter betätigte, schauderte er erst mal ob des Anblicks des unförmigen Kastens, der sein Bett darstellte. Er dachte daran, dass Chouji und Ino im Augenblick sicher schon in ihren eigenen Betten lagen. Wenn es aber eines gab, was man über Shikamaru sagen konnte, dann dass er überall einschlafen konnte, egal wie durchgelegen oder hart der Untergrund war. Kaum dass er sich die Decke über den Kopf gezogen hatte, sank er auch schon ins Land der Träume.   Als es klopfte, war Tenten noch wach. „Herein“, sagte sie leise. Die Tür wirkte kaum dicker als Pappe, und so hörte man sie wohl auch so bis in den Flur. Jedenfalls öffnete sie sich und Neji steckte den Kopf herein. Sie sah seine Silhouette gegen das gelbe Licht, das draußen brannte. Lautlos schlich er näher, die Tür ließ er offen. Sakura drehte sich grummelnd in ihrem Bett herum. „Was willst du?“, wisperte Tenten. Vielleicht lag es auch am Alkohol, aber sie freute sich über seinen Besuch. „Mich entschuldigen“, sagte er tonlos. „Dass ich dir Sorgen bereite.“ Sie blinzelte verwirrt. „Was meinst du?“ „Das mit dem … dem Schauplatz. Mit den Blutflecken“, druckste er herum. Sie sah am Umriss seiner Nase, dass er absichtlich nicht in ihre Richtung schaute. „Dass ich deinen Namen gesagt habe. Und dass ich deine Bedenken nicht ernst genommen habe.“ „Ach so.“ Sie hatte diesen Zwischenfall schon wieder vergessen. Morgen wäre er ihr sicher wieder eingefallen, aber im Laufe des Abends und mit steigendem Alkoholspiegel war das Thema schließlich immer weiter in Bedeutungslosigkeit versickert. Eigentlich hatte sie sich ja erst am Nachmittag fest vorgenommen, gar keinen Alkohol zu trinken. Jetzt wusste sie wieder, warum sie es doch getan hatte. „Mach dir keinen Kopf. Bist du extra deswegen hergekommen?“ Er nickte. Irgendwie passte es zu Neji. Tenten kicherte leise. „Das ist süß.“ „Ich … Ich hoffe … Geht es dir gut?“ Er schien nicht aussprechen zu können, was er tatsächlich dachte. Auch das war so typisch für ihn. „Alles bestens“, schwindelte sie. Ein wenig unbehaglich fühlte sie sich doch. Wohl auch eine Nebenwirkung des Alkohols, denn eigentlich müsste sie hier sicher sein. Wenn sie jedoch an den Schatten auf der Feuerleiter dachte … Aber sie konnte Neji unmöglich auf die Nase binden, dass erst er sie wieder daran erinnert hatte, dass es Grund zur Beunruhigung gab. Lächelnd fügte sie hinzu: „Ich würde mich allerdings sicherer fühlen, wenn du heute Nacht bei mir bleiben würdest.“ „Bei …“ Neji stockte. Sie sah sein Mienenspiel nicht, aber sie konnte es sich in etwa vorstellen. „Das geht doch nicht …“ „Wieso nicht?“ Wortlos nickte er in Richtung der schlafenden Sakura. „Sie hat sicher Verständnis dafür“, meinte Tenten. „Außerdem müssen wir ja nicht gleich …“ Sie müsste plötzlich grinsen. „Du schlimmer, schlimmer Junge.“ „Was?“, fragte er verwirrt. „Du hast bei meinem Vorschlag sofort an Sex gedacht, oder?“ „Nein!“, rief er aus, so laut, dass Tenten fürchtete, Sakura könnte nun tatsächlich aufwachen, aber der Alkohol schien ihr einen tiefen Schlaf zu bescheren. „Mir würde es nämlich reichen, wenn du mich einfach in den Arm nimmst. Dann könnte ich mich richtig beschützt fühlen.“ „Du bist betrunken.“ „Du nicht?“ „Es geht trotzdem nicht“, widersprach er heftig. „Außerdem … Es ist ja nicht so, als wären wir zusammen oder etwas in der Art …“ „Aber wir könnten es genauso gut sein“, seufzte sie schläfrig. „Oder was meinst du?“ Diesmal schienen sie das Gleiche zu denken. Dennoch schüttelte Neji resolut den Kopf. „Trotzdem geht es nicht. Gute Nacht.“ So steif zu sein, passte ebenfalls zu ihm. Leider. „Gute Nacht“, murmelte sie, als Neji schon die Tür schloss. „Dann reden wir eben morgen darüber …“   „Die lange Nacht geht endlich zu Ende. Der Geist zeigt mir den Buchstaben, den er dem Dorf senden möchte … Hat der Geist das Fingeralphabet jetzt doch vergessen? Willst du dem Dorf gar keine Nachricht schreiben? Na gut. Das Dorf erwacht.“ Langsam öffneten achtundzwanzig Spieler die Augen. Einige seufzten, als hätten sie wirklich geschlafen. „Und es gibt ein einziges Opfer“, verkündete Sphinx fröhlich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)