Bloody Eternity von RedRidingHoodie ================================================================================ Kapitel 18: Tanz der Vampire ---------------------------- „Ich hätte nicht gedacht, dass du mal mit einem Vampir auf eine Party gehen würdest.“ Jane blickte von ihrer Zeitung zu Elizabeth, die das gesagt hatte. Ihre Mutter musterte sie, ein sanftes Lächeln auf den Lippen. Offensichtlich freute sie sich über die Umstände des heutigen Abends, die ihre Tochter auf eine Halloween-Party bringen würden – Und zwar in Begleitung ihres unsterblichen Mitbewohners. Die jüngere Frau hatte darüber noch nicht wirklich nachgedacht, aber es stimmte wohl. Diese Entwicklung war überraschend, und es war nicht mal die erste Gelegenheit, bei der sie mit Aiden ausging. Der erste gemeinsame Party-Abend war zwar nicht unbedingt gut ausgegangen, aber heute würde sicher nichts schiefgehen… Nicht, dass die Vampirjägerin nicht trotzdem ihre Osmium-Messer mitnehmen würde, nur für alle Fälle. Früher hätte sie der Umstand, so vertraut mit einem Vampir zu sein, wohl beunruhigt, aber jetzt zuckte sie nur die Schultern und wandte sich ihrem Tagesblatt zu. „Er ist immerhin wirklich mein Kommilitone. Wieso sollte er nicht mitkommen?“ Elizabeth sah Jane fragend an wegen der ungewöhnlichen Betonung, aber zwischen der Jägerin und ihrem (temporären!) Partner war sein Studium inzwischen eine Art Running Gag. Schließlich beharrte Aiden immer wieder darauf, ein echter Student zu sein, obwohl er das ganze keinesfalls mit dem nötigen Ernst anging. Hätte die Ärztin gewusst, dass ihre Tochter und Aiden inzwischen schon Insider-Witze hatten, hätte sie das nur in ihrer Meinung bestärkt, dass die Beziehung der beiden besser war, als Jane zugeben wollte. Da Elizabeth das jedoch nicht ahnte, konnte die Vampirjägerin in Ruhe weiterlesen, bis es wenig später Zeit wurde, sich für den Halloween-Ball bereit zu machen. Sie ging als Evil Alice und trug ein weißes, kunstvoll aufgeschlitztes Kleid und ein enges, schwarzes Mieder. Das Haar hatte sie zu zwei zerzausten Zöpfen gebunden, ihr Make-Up ließ sie bleich wirken, mit Augenringen bis zu den Kniekehlen. Ein letztes Mal richtete die Brünette den schwarzen Haarreifen, besah sich die künstlich aufgemalten Blutflecken an Kleidern und Spielzeugmesser. Als sie zufrieden war, schlüpfte sie in ihre schwarzen Stiefeletten, schnappte sich ihre Tasche und ging nach unten, wo Aiden bereits auf sie wartete. Ohne das mit ihr abzusprechen, hatte er sich ihrem Kostüm angepasst und als Verrückter Hutmacher verkleidet. Das, was an seiner Kleidung eine Kostümierung war, war eigentlich nur der Hut im Steampunk-Stil aus einem Shop, der Rest war ein Anzug, zu dem er Stiefel, Handschuhe und eine Kette an der Hüfte trug. Damit das Ganze noch etwas ´gruseliger` aussah, hatte er ein bisschen Kunstblut auf dem Hemd verteilt. Er hatte sie zwar vor einer Weile gefragt, als was sie sich verkleiden würde, Jane aber nicht gefragt, ob er sich darauf abstimmen durfte. Vermutlich hatte er schon gewusst, dass die Antwort ´Nein` geheißen hätte. Da zeigte sich mal wieder, dass er eben doch ein Stalker war... Aiden lehnte an der Tür und richtete sich etwas auf, als er Jane sah. "Du siehst schaurig aus", lächelte er, als sie nach der Verabschiedung von Elizabeth das Haus verließen. "Danke. Wenn es nicht so ironisch wäre, dich ebenfalls als schaurig zu bezeichnen, würde ich es tun", entgegnete die Brünette leicht schmunzelnd wegen des ungewöhnlichen Kompliments. Schließlich wusste sie - im Gegensatz zu den anderen, normalen Menschen - was er in Wahrheit war. "Ach was, ich hab mir heute extra Mühe gegeben, mich meiner wahren, boshaften Natur entsprechend zu kleiden. Das kannst du ruhig sagen", erwiderte er mit einem Zwinkern, worüber sie nur leise lachte. Es war noch nicht so spät, sodass noch ein paar Kinder auf der Straße unterwegs waren, die Süßes oder Saures spielten. Während Jane wie immer fuhr, beobachtete Aiden die kleinen Monster vom Fenster aus schmunzelnd, bis sie an der Universität ankamen. Dort trieben sich ebenfalls schon einige Ungeheuer herum, die das einzige echte Monster amüsiert musterte; offensichtlich gefiel Aiden das Halloween-Tamtam um seinesgleichen ausgesprochen gut. Jane war erleichtert, ihn in dieser guten Laune zu sehen, nachdem er sich in den letzten Wochen so komisch aufgeführt hatte. Diese Schweigsamkeit war einfach nicht er, und hätte das noch länger angedauert, hätte sie wohl oder übel nochmal ein Gespräch mit ihm suchen müssen, was sie nur zu gerne unterließ. Am College angekommen, fanden sie schnell Janes Freunde. Alle lobten und kommentierten die einzelnen Kostüme der anderen. Dabei fiel natürlich auf, dass Aiden und Jane irgendwie abgestimmt waren. Das sorgte für ein wenig Gesprächsstoff unter Kate und Cynthia, die jeweils als Hexe und Zombiebraut verkleidet waren. Allerdings zuckte die Vampirjägerin auf ihre Nachfragen hin nur die Schultern und betrat mit den anderen die Party-Location. Dafür war einer der Veranstaltungssäle des College schaurig hergerichtet worden. Die Gäste musste eine große Treppenflucht hochsteigen, wobei künstliche Spinnweben, Kürbisse und Papier-Geister ihnen den Weg wiesen. Geleitet davon gelangten sie in einen großen Saal, dessen Wände schwarz verhängt und mit allerlei Gruseligem dekoriert worden waren. Der erste Weg der Gruppe führte zum Buffet, wo Klassiker wie Finger-Würstchen und Kürbis-Bowle gereicht wurden. Alle bedienten sich von letzterem, ziemlich starkem Getränk und stießen auf einen schönen Abend an. "Organisieren eure Studentenverbindungen das alles selbst?", fragte Aiden, einigermaßen beeindruckt. "Ja! Das machen die Eventmanagement-Studenten, aber sie kriegen Hilfe dabei, weil sie privat Verbindungen mit Leuten haben, die sich mit solchen Dingen auskennen!", erklärte die düstere Alice etwas lauter, da die Musik im Hintergrund dröhnte und teilweise ihre Stimme verschluckte. Erst, als Aiden ein wenig zusammenzuckte, bemerkte Jane, dass sie wohl neben der einzigen Person im Saal stand, die trotz des Lärms alle Gespräche hervorragend verstehen konnte. Nach und nach stieg der Alkoholpegel unter den Studenten und auch die Musik wurde im Verlauf des Abends gewechselt, sodass sich einige Zeit später eine kleine Masse auf der Tanzfläche gebildet hatte. Bevor die Vampirjägerin ihr zweites Glas komplett austrinken konnte, wurde sie von ihren Freundinnen an der Hand gepackt und in die Mitte des Saals gezerrt, wo sie zu dritt dann auch zu tanzen begannen. „Also… Was hat es jetzt mit deinem Partner-Kostüm mit Aiden auf sich?“, bohrte Cynthia nochmal nach, als die Damen alleine waren. Jane seufzte nur. „Ich hab doch schon gesagt; nichts. Ihm ist kein Kostüm eingefallen, und da hat er eben bei mir mitgemacht.“ „Ach komm, das kannst du mir nicht erzählen“, murrte Kate. „Er ist süß, und ihr seht euch praktisch ständig. Ich meine, er ist sogar bei dir eingezogen.“ „Nur vorübergehen!“, betonte die Brünette sofort. Als Übergangshandlung trank sie einen großen Schluck Kürbis-Punsch. „Also seid ihr doch verwandt? Ich hab das irgendwie nicht so ganz kapiert“, gestand die Halb-Irin und sah stirnrunzelnd zu den Männern ihrer Clique, die am Getränketisch zurückgeblieben waren. Auch Jane sah rüber, wobei ihr Blick Logans streifte. Er lächelte und prostete ihr zu, was sie erwiderte, ehe sie sich wieder ihren Freundinnen zuwandte. „Das ist… Kompliziert.“ „Das ist es doch immer“, stimmte Cynthia weise zu. „So meine ich das nicht!“, japste Jane, worüber die anderen lachten. Sie seufzte und fuhr sich durch die Haare. „Können wir uns einfach darauf einigen, dass da nichts ist und auch nicht sein wird?“ „Na dann… Auf das, was nicht ist und nicht sein wird“, stimmte Kate zu und stieß mit den beiden an, bevor sich das Thema glücklicherweise änderte. Während die anderen jungen Frauen tanzten und sich amüsierten, wanderte der Blick der Vampirjägerin erneut zum männlichen Teil ihres Freundeskreises und dort, angesichts des Gespräches gerade, wie von selbst zum einzigen nicht menschlichen Anwesenden. Wie sie schon bei ihrem gemeinsamen Shopping-Ausflug festgestellt hatte, sah Aiden wohl rein objektiv betrachtet ganz gut aus. Sein kantiges Gesicht war ebenmäßig und die dunkelblonden, kurzen Locken standen immer gewollt-lässig von seinem Kopf ab. Außerdem war er groß und – Wie sie mit eigenen Augen gesehen hatte – sehr muskulös. So gesehen konnte sie Mädchen, wie diese Bedienung damals am Anfang ihrer Bekanntschaft, ganz gut verstehen, die hingerissen von ihm waren. Aber auch nur, weil diese Mädchen nicht wussten, was Aiden wirklich war. Für Jane nämlich war der Vampir weniger ein Mann als nur genau das; ein Vampir. Er war tot, und das seit mehr als 400 Jahren. Davon abgesehen, dass sie ihm immer noch nicht vollständig vertraute, ekelte sie sich auch ein wenig davor. Manchmal, wenn sie nicht darüber nachdachte und für eine Weile vergaß, was er war, schaffte sie es, ihn zu berühren, aber das machte ihn noch lange nicht zum potentiellen Partner, wie Kate und Cynthia das scheinbar gerne gesehen hätten. Als Jane sich dabei ertappte, über Aiden nachzudenken, schüttelte sie den Kopf und ihr Blick wanderte weiter. Erneut begegneten ihre Augen dabei Logans. Er sah sie fragend an, woraufhin sie nur den Kopf schüttelte und sich den anderen Frauen zuwandte, um weiter zu tanzen. Lange blieben sie aber nicht mehr in der Mädchen Gruppe. Cynthia hatte gerade ein paar Freunde aus der Studentenschaft getroffen, als Logan mit einem Glas Bowle neben Jane auftauchte. „Ich dachte, du könntest noch etwas zu trinken vertragen“, erklärte er und tauschte ihr leeres Glas gegen das neue aus. „Ja, danke. Es ist ganz schön warm“, stimmte sie zu und bewegte sich ganz automatisch weiter im Takt der Musik. „Und das, wo du nur ein Kleid trägst.“ Logan, der selbst als Jack the Ripper deutlich mehr Kleidung am Laibe trug, lächelte und wippte selbst ein wenig zur Melodie. „Das liegt dann aber an der mangelhaften Planung.“ Jane lachte, nippte an ihrer Bowle und amüsierte sich so gut, dass sie gar nicht wirklich bemerkte, wie sie plötzlich nicht mehr nur neben Logan tanzte, sondern mit ihm. Es störte sie aber nicht – Im Gegenteil. Gerade die Tatsache, dass sie sich nicht wirklich berührten, steigerte die Spannung zwischen den beiden jungen Leuten immens. Jane war selbst überrascht, so zu empfinden, doch sie schob es auf den Alkohol und genoss einfach das Prickeln, jedes Mal, wenn sie Logan in die Augen sah. Nach ein paar Stunden, die ihr wie Minuten vorkamen, rempelte jemand Jane an und schupste sie somit in die Arme ihres Kommilitonen. „Alles ok?“, fragte er sofort, während die Brünette sich nach dem Übeltäter umsah. Dabei bemerkte sie zum ersten Mal, wie voll die Tanzfläche geworden war. Kein Wunder, dass die Leute sich gegenseitig schupsten. Und verdammt heiß war es auch. Lächelnd trat sie einen Schritt von Logan zurück und berührte kurz seinen Arm. „Ja, alles gut. Aber ich werde mich mal kurz entschuldigen. Wir sehen uns dann später.“ Er nickte und Jane schob sich durch die tanzende Menge in Richtung des Buffet-Tisches. Bei einem Blick zurück bemerkte sie, dass alle ihre Freunde sich auf der Tanzfläche tummelten, ihr Stalker jedoch nirgends zu sehen war. Seit Aiden damals in der Uni aufgetaucht war, war Jane kaum eine Sekunde ohne ihn gewesen, weshalb sie sich jetzt ein wenig irritiert umsah. In letzter Zeit war er sowieso seltsam gewesen, da war diese unerklärliche Abwesenheit nur ein weiterer Tropfen auf dem heißen Stein. Allerdings war Jane der Alkohol und die gute Stimmung zu Kopfe gestiegen, sodass sie sich keine weiteren Gedanken darum machte. Wahrscheinlich hatte er sich eines der Mädchen geschnappt, die ihn immer so anschmachteten. Sie nippte an ihrer Bowle, merkte jetzt, wo der elektrisierende Moment mit Logan vorbei war, jedoch bereits deutlich stärker den Alkohol. Als sie unwillkürlich kichern musste, beschloss Jane, dringend ein wenig frische Luft zu brauchen. Das kaum berührte Glas blieb auf dem Tisch zurück, als sie sich zum Ausgang des Saals kämpfte, um die Toiletten zu suchen. Auf dem Flur war sie beinahe alleine, abgesehen von dem einen oder anderen kichernden Paar, das sich unauffällig davon schlich. Jane beachtete sie wenig. Erst, als sie von den Toiletten zurückkehrte, sah sie einen Schatten, der sich auffällig schnell eine Treppe hinauf bewegte. Mit einem kurzen Stirnrunzeln folgte sie ihm auf einen großen Balkon ein Stockwerk über der eigentlichen Party. Leise Musik von der Feier drang herauf, aber da war kein huschender Schatten, sondern nur Aiden, der an der Brüstung lehnte. Der Vampir war beinahe perfekt mit den Schatten verschmolzen, doch jetzt löste er sich aus dem Halbdunkel und trat auf Jane zu. Der Gesichtsausdruck, mit dem er sie musterte, ließ sie erschaudern. Er sah… Alt aus. Alt, und unendlich traurig. Aber sie hatte jetzt keine Zeit, sich mit dem Gefühlsleben ihres ständigen Begleiters zu befassen. Hatten ihre Augen Jane einen Streich gespielt, was diesen Schatten anbelangte? Oder hatte Aiden sich schneller als gewöhnlich die Stufen hinaufbegeben? Nun, welche der beiden Theorien auch zutraf, es war unwichtig, denn hier war niemand außer ihrem Stalker. Wie es aussah, war alles in Ordnung. „Was machst du hier?“, fragte Aiden, der sein Lächeln zurückgefunden hatte. „Hattest du nicht mit Logan getanzt?“ „Doch“, antwortete sie, etwas überrascht davon, dass er gerade ihren Tanzpartner ansprach. „Aber es war mir zu stickig zwischen all den Leuten.“ „Mhm… Gib ruhig zu, dass du dich ausnüchtern wolltest. Ich kann den Alkohol an dir riechen, Miss McCollins“, neckte er, worüber sie natürlich nur die Augen verdrehte. „Das ist ein Fest. Da trinkt man eben. Und ich bin volljährig, also…“ „Das war ein Scherz“, unterbrach Aiden schmunzelnd ihre Rechtfertigungen, was Jane kurz stocken ließ, ehe sie leise lachte. Das Grinsen des Vampirs wurde ein weiches Lächeln, dann räusperte er sich, plötzlich nervös. „Jane…“ Die Angesprochene zog nur fragend die Brauen hoch. Was kam denn jetzt? Der Vampir hüstelte erneut und hielt ihr unvermittelt die Hand hin. "Würdest du mir die Ehre erweisen, mit mir zu tanzen?" Weil er so herumdruchste, wollte Jane schon einen neckenden Kommentar abgeben, doch Aidens Bitte ließ sie innehalten. Die ganze Situation wirkte irgendwie absurd romantisch - was zu keinem kleinen Teil daran lag, dass sie allein auf dem großen Balkon standen und er diese veralteten Worte gewählt hatte. Selbst die Musik im Hintergrund, die bis nach oben drang, schien sich der Atmosphäre anzupassen und wurde ruhiger, langsamer. Nun... was sprach denn schon gegen einen Tanz? Immerhin waren sie hier auf einem Fest, auf dem sie sich amüsieren wollten, und es war ja nicht so, als ob es sie umbringen würde, wenn sie ihm einen Tanz gewähren würde. Dementsprechend kam sie nicht umhin, mit einem belustigten Grinsen einen kleinen Knicks zu machen und ihre Hand in seine zu legen. "Es wäre mir eine Ehre, werter Gentleman", erwiderte die Brünette amüsiert und legte die andere Hand an seine Schulter. Langsam erhellte ein Lächeln Aidens Züge, er legte die Hand behutsam in ihre Taille und zog sie sacht ein wenig näher, bevor er anfing, sie ihm Takt zu drehen. "Du konntest nicht einfach ja sagen, oder?", fragte er, selbst schmunzelnd, um zu zeigen, dass ihr ironischer Tonfall ihm nicht entgangen war. Jane lachte nur leise; natürlich hätte sie ein einfaches 'Ja' von sich geben können, doch war es doch viel lustiger gewesen, ihm auf übertriebene Art und Weise zu antworten - wo er selbst doch so altertümliche Worte gewählt hatte. Ob es nun am Alkohol oder der ausgelassenen Stimmung lag, dass Jane ihren Spaß daran hatte, sich von ihrem Mitbewohner im Takt herumwirbeln zu lassen, konnte man nicht sagen. Dennoch genoss sie es sichtlich, drehte sich mit Aiden und blickte ihm dabei mit einem kleinen, sanften Lächeln ins Gesicht. Dabei machte es ihr mal wieder Nichts aus, dass er ihr so nah war und er sie sogar berührte. Hätte man ihr vor ein paar Wochen gesagt, dass sie demnächst mit einem Vampir den Halloween-Ball der Universität besuchen und mit ihm tanzen würde, dann hätte sie die Person lauthals ausgelacht oder womöglich geköpft, weil ihr diese Vorstellung früher völlig absurd vorgekommen wäre. Schließlich endete aber die Musik und er ließ die Bewegung langsam ausklingen, behielt jedoch ihre Hand noch in seiner. "Danke für den Tanz", sagte er leise und deutete einen Kuss auf ihre Finger an, ohne diese wirklich mit den Lippen zu berühren. Die junge Frau schob ihr leichtes Erschaudern auf die kühle Abendluft, die zu dieser Jahreszeit logischerweise herrschte. Bevor sie etwas erwidern konnte, löste sich ihr Gegenüber von ihr, wobei sie kurzzeitig zusammenzuckte, als sie einen leichten Ruck in seine Richtung verspürte. Mürrisch wollte sie sagen, dass er nicht so an ihr reißen sollte, als Aiden meinte: "Diese Dinger waren schon immer unpraktisch." Irritiert folgte sie mit dem Blick seinen Händen, die sich zu ihrer Körpermitte bewegten und an den Ösen von Janes Korsage nästelten, die sich in der Kette an seiner Hüfte verfangen hatte. „Das klingt, als hättest du so etwas schon öfter erlebt“, sagte die junge Frau, um die unangenehme Situation ein wenig herunter zu spielen. Ihr Stalker lachte leise und sah von seinen Bemühungen auf, wobei ihre Blicke sich trafen. In seine Augen trat dieser sehnsüchtige Ausdruck, bei dem Jane jedes Mal ganz komisch wurde. Er öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder und blähte stattdessen seine Nüstern. Sofort verschwand der liebevolle Blick aus seinen Augen und ein leises Knurren ließ seine Brust vibrieren. „Was…?“, fragte Jane, schrie aber im selben Moment auf, als sie herumgerissen und an Aidens Brust gedrückt wurde. Bei der ruckartigen Bewegung war die verhakte Öse gerissen, sodass Jane frei war. Irritiert sah sie zu dem Vampir auf, verstand wegen ihres Alkoholpegels viel zu lange nicht, was passierte. Sie hörte ein reißendes Geräusch, ein leises Stöhnen, und dann lastete plötzlich Aidens Gewicht auf ihr und war viel zu schwer für sie. Die Vampirjägerin keuchte auf, als ihm die Knie nachgaben und er fast völlig auf ihr lag. „Aiden…“, knurrte sie, genervt von seinen Spielchen, doch da sah sie ihn endlich. Hinter dem Vampir stand ein anderer Mann, der ein blutiges Katana in der Hand hielt und scheinbar zu überrascht war von Aidens Eingreifen, um sofort wieder zu attackieren. Er war nicht viel größer als Jane, trug eine Maske die aussah wie das brüllende Antlitz eines Dämons, womit er natürlich in der Halloween-Gesellschaft nicht aufgefallen war. Sein altmodischer Anzug war mit Aidens Blut getränkt. Also hatte Jane sich doch nicht geirrt, es hatte einen Schatten gegeben, und der war nicht Aiden gewesen. Janes Hand zuckte instinktiv zu ihrer Overknee-Socke, in der sie natürlich ihr Osmium-Messer versteckt hatte, doch da ließ ein tiefes Knurren dicht an ihrem Ohr sie innehalten. Kaum hatte Aiden dieses drohende Geräusch von sich gegeben, da sprang er bereits von Jane und auf den fremden Vampir, der ein wenig zurück wich. Während die beiden Männer aufeinander losgingen, sah Jane zum ersten Mal die klaffende Wunde am Rücken ihres Vampires, und ihr wurde ein wenig schlecht. Nicht, weil sie kein Blut sehen konnte oder Gewalt nicht vertrug; das war sie gewöhnt. Sondern weil es Aidens Blut war und sie Angst um ihn hatte, ein Gefühl, das sie mehr als alles andere überraschte. Ungeachtet dieser Wunde, die jeden Menschen außer Gefecht gesetzt hätte, kämpfte Aiden mit derselben Inbrunst, die er in Auseinandersetzungen immer an den Tag legte. Obwohl er alles andere als auf der Höhe seiner Kräfte war, duckte er sich geschickt unter der Klinge seines Gegners weg und rammte diesem die Schulter in den Magen. Der Fremde stöhnte, als er gegen die steinerne Balustrade gepresst wurde, schaltete aber sofort um, indem er die plötzlich langen Krallen über den sowieso schon blutigen Rücken Aidens zog. Dieser bleckte die Zähne in einem Fauchen, ließ aber nicht von der Hand des Maskierten ab, um diesem die Waffe zu entreißen. Diese Unerbittlichkeit hatte Aiden bisher bei jedem Kampf gezeigt, den Jane gesehen hatte. Immer, wenn er sie beschützte… Als Jane das realisierte, knurrte sie, griff endlich nach ihren Messern und stürzte sich auf den Angreifer. Von der Seite rannte sie auf die Männer zu und schlug nach dem Kopf des Fremden, der das jedoch bemerkte und ihr kleines Messer mit seinem Schwert abblockte. Er fletschte die Zähne, und im selben Moment sprangen sie zurück, nur, um sich sofort wieder aufeinander zu stürzen. „Jane!“, brüllte Aiden irgendwo neben ihr, aber die Vampirjägerin beachtete ihn nicht. Sie verfluchte sich, nicht ihre Ausrüstung bei sich zu haben als sie sich unter einem Schlag wegduckte, der sie einige Haare kostete, so knapp verfehlte er sie. Gerade wollte sie einen weiteren Schlag abwehren, als plötzlich der blutige Rücken ihres Partners vor ihr auftauchte. Ohne sie zu beachten, packte Aiden den Fremden am Revers und schleuderte ihn mit Schwung über die Brüstung des Balkons. Sowohl er als auch Jane setzten dazu an, ihm hinterher zu springen, als Aidens Verletzungen sich doch meldeten. Stöhnend sackte er an der Balustrade zusammen und hielt sich den fast abgeschnittenen Arm. „Aiden!", rief Jane bestürzt, als sie von der Verfolgung absah und sich neben ihrem (erneuten) Retter auf den Boden niederließ. Dieser schlug die flatternden Augenlieder auf, als er ihre Stimme hörte, und er lächelte, aber es war nicht das strahlende Lächeln, das er sonst zeigte, sondern mehr das verzerrte Grinsen einer Mumie. Aiden lehnte kraftlos am Geländer, tiefe Ringe unter den Augen. Seine Haut sah trocken, fast spröde aus, und seine Lippen waren innerhalb von Sekunden gerissen. Auch die Haut an seinen Händen spannte bereits über seinen Knochen, und sein Atem kam nur noch heiser röchelnd. Es klang, als würde er im Zeitraffer von innen heraus austrocknen, und das Entsetzen bohrte Jane spitze Krallen in den Magen und wischte ihr jede Farbe aus dem Gesicht, als sie verstand, dass genau das gerade passierte: Er vertrocknete anstatt an den Wunden zu verbluten. Verdammt, sie konnte unter keinen Umständen zulassen, dass er ihretwegen draufging! Außerdem... außerdem brauchte sie ihn doch! Bevor sich ihre Gedanken weiterspinnen konnten, begann die Vampirjägerin, fieberhaft nach einer Lösung zu suchen. Wie sollte sie ihn wegbringen, ohne dass die ganze Situation auffiel? Immerhin war Aiden zu schwer für sie und Hilfe holen... das war nicht möglich. Ihr Blick fiel auf ihr Messer, welches neben ihr auf dem Boden lag. Dabei schlich sich eine Idee in ihren Kopf, die gegen jede ihrer persönlichen Prinzipien sprach und auf die sie vor einiger Zeit bestimmt nicht einmal im Traum gekommen wäre. Nach einem kurzen, tiefen Atemzug griff Jane nach dem Messer. "Jane… Was machst du…?", rasselte der Vampir alarmiert, aber sie antwortete nicht. Sie hielt die Klinge an ihren Unterarm und machte einen sauberen Schnitt. Ein Brennen machte sich breit, als das tiefrote Blut an ihrer erhitzten Haut runterrannte, doch sie war vom Adrenalin zu aufgeputscht, um wirklich Schmerz zu empfinden. "Trink", befahl sie dem verletzt auf dem Boden liegenden Vampir, der nur schwerfällig die Augen öffnete, um sie ungläubig ansehen zu können. Aiden Aiden spürte, wie Jane sich neben ihn setzte, und zwang sich, noch mal die Augen zu öffnen. Erst, als er ihre Sorge sah, kam ihm der Gedanke, dass es wohl wirklich schlimm um ihn stehen musste. Auf die Idee war er bis dahin gar nicht gekommen, weil er es nicht gewohnt war, überhaupt verletzt zu sein, außerdem hatte er nur daran gedacht, Jane zu beschützen. Doch langsam sickerte der pulsierende Schmerz, der seinen ganzen Körper auszufüllen schien, in sein Bewusstsein, und er merkte, wie jeder Atemzug ihn mehr Kraft kostete, als würde ein Gewicht auf seinen Brustkorb gesenkt. Angst hatte er aber nicht wirklich. Das mochte jetzt an seinem benebelten Verstand liegen oder daran, dass er schon so lange gelebt hatte und einfach bereit war, aber er war ganz ruhig, als er die Hand nach Jane ausstreckte und ihre Wange berührte. Er zuckte jedoch zurück, als sie ihren Dolch zog und sich den Arm aufschnitt. Sofort schoben sich seine Zähne hervor und zerschnitten die inzwischen papierdünne Haut seiner Lippen. Zu dem Schmerz gesellte sich noch brennender Durst, dieses unsägliche Verlangen. Gott, warum tat sie ihm das jetzt auch noch an? Gequält schloss er die Augen und zischte: "Jane… Was machst du…?" „Trink“, befahl sie, doch er schüttelte er den Kopf. Es fiel ihm schon schwer, sich zu beherrschen, jetzt, wo er ihr Blut roch, und er war fast froh, so schwach zu sein. Sie einmal zu kosten, wäre wie ein Spiel mit dem Feuer und er wollte es einfach nicht riskieren. Lieber wollte er sterben als sie in Gefahr zu bringen. "Nein. Ich hab dich nicht gerettet, um dich jetzt… Nein", brach er ab, weil er nicht sagen wollte, dass er sie womöglich töten würde. Aber Gott, ihr Blut roch so verführerisch. Und sie wollte es ja… Sein Blick glitt immer wieder zu ihrem Arm, über den verführerisch die dunkle, rote Flüssigkeit tropfte und dann ihr Kleid benetzte. Seine Kehle brannte fast so sehr wie sein Rücken, und wenn er nicht so schwach gewesen wäre, hätte er sich wahrscheinlich schon längst auf sie gestürzt. Sie fluchte leise. "Verdammt, Aiden, du wirst gerade zu einer verdammten Mumie! Wenn du nicht draufgehen willst, dann trink gefälligst!", blaffte sie, ehe sie sich - nach einer weiteren Verweigerung - gezwungen sah, ihm den blutenden Unterarm gewaltsam gegen die Lippen zu pressen. Und plötzlich war der Geruch zu überwältigend, um ihm nicht nachzugeben. Aiden Kopf füllte sich mit Watte, es wurde schwerer, zusammenhängende Gedanken zu formen, bis er nicht mal mehr ´Nein` denken konnte. Noch eine Sekunde widerstand er der Versuchung, aber sein Gewissen schaltete einfach ab, er grub die Zähne in ihre weiche Haut und begann, ihr Blut zu trinken. Sofort spürte er, wie er wieder an Kraft gewann und wie die Wunde an seinem Rücken sich schloss, wie seine Haut sich über wachsenden Muskeln spannte und ihre Elastizität zurückerlangte, aber das war nicht das vorherrschende Gefühl. Der Geschmack von Janes Blut versetzte ihn regelrecht in Ekstase, und sobald er stark genug dazu war, setzte er sich auf, hielt ihren Arm umfasst wie ein Schraubstock, seine Krallen bohrten sich in ihre Haut und er trank sie gierig in großen Zügen. Und sie gehörte ihm, ihm, bis sie leer war… Erst, als sie ein leises Stöhnen von sich gab, sah er zu ihr. Dabei bemerkte er einen seltsamen Glanz in ihren Augen, aber der verlosch sofort, als Jane die Augen nach oben drehte und ohnmächtig zusammensackte. Aiden fing sie auf und barg sie an seiner Brust. Instinktiv beugte er sich über ihren Hals, um weiter zu trinken, doch er riss sich mit einem Ruck zurück in sein menschliches Bewusstsein, die Vernunft, das Gewissen. Nicht sie, nicht Jane… Egal, wie verzehrend der Durst in ihm war und wie verführerisch die Vorstellung, sich dem Nichts hinzugeben, nicht sie, niemals Jane. "Du dummes Mädchen…", knurrte er außer Atem, dann riss er einen Fetzen von seinem Hemd ab und verband provisorisch ihren Arm. Als ihre Wunde versorgt war, hob er sie vorsichtig auf den Arm und betrachtete ihr blasses Gesicht. Wie hatte sie ihn so verführen und sich dadurch in Gefahr bringen können? Was auch immer mit ihm war, dieses Opfer von ihr war es nicht wert. Er schluckte seine Wut für den Moment runter und sah zur Treppe, beschloss aber, dass er das ohnmächtige Mädchen nicht durch ihre Kommilitonen tragen konnte, zumal ihrer beider Kleidung blutgetränkt war, ganz von seinem Gesicht abgesehen. Zwar gefiel es ihm nicht, dem Angreifer zu folgen, aber er sah keine andere Möglichkeit, als ebenfalls in den Garten zu springen und von dort aus möglichst schnell auf belebtere Straßen zu gelangen. Im Garten sah er sich kurz um und witterte ihren Angreifer. Ein leises Fauchen rollte über seine Lippen; wer auch immer das gewesen war, er würde es bereuen, Jane in derartige Gefahr gebracht zu haben… Jetzt war es aber erstmal wichtiger, sie nach Hause zu bringen, sodass er sich abwandte und den Garten verließ. Immer wieder musste Aiden mit seiner Selbstbeherrschung ringen, und mehr als ein Mal berührten seine Fangzähne ihre süße, weiße Haut auf dem nach Hause Weg, doch er konnte sich beherrschen, nicht weiter von ihr zu trinken. Jeder weitere Schluck hätte Janes Tod bedeuten können. Glücklicherweise fiel seine zerfetzte Kleidung an diesem Halloween-Abend nicht so sehr auf wie unter normalen Umständen, immerhin war es noch ein Kostüm. Jane wurde wahrscheinlich einfach für betrunken gehalten. So gelangten sie mit einem Taxi zum Haus der McCollins, wo Aiden Jane vorsichtig auf die Couch legte und sie mit geschürzten Lippen und verschränkten Armen betrachtete. Er hatte tatsächlich ihr Blut gekostet… Sie war so unbedacht, verstand kein bisschen, was das für ihn bedeutete. Schnaubend wandte er sich ab, um das Fenster zu öffnen, damit der Raum nicht so sehr nach Blut roch, dann ging er ihr ein Glas Wasser holen für den Moment, in dem sie aufwachen würde. Das stellte er auf den Couchtisch, während er sich neben sie auf den Boden setzte, das Kinn auf dem Knie ablegte und sie beobachtete mit Gedanken, die er nicht haben sollte. Aber sie war ja scheinbar bereit gewesen, sein Leben über ihres zu stellen. Wieso sollte er es dann nicht nehmen? Ihr Blut war so süß, er hatte sich so wahnsinnig lebendig gefühlt… Erschöpft rieb er sich über die Augen. "Wie kannst du mir das antun?", fragte er wütend, bemerkte aber erst, als er wieder zu ihr sah, dass sie aufgewacht war. Beschämt von seinen eigenen Gedanken drehte er das Gesicht weg und hielt ihr das Wasser hin. "Trink was. Soll ich Liz aufwecken?" Sie antwortete weder, noch nahm sie das Glas aus seiner Hand, sondern beobachtete ihn nur, als sähe sie ihn zum ersten Mal. Aiden stellte das Wasser langsam weg, ohne den Blick von ihren Augen zu nehmen, in denen immer noch dieser seltsame Glanz von vorhin lag. Sie sah ein wenig fiebrig aus, aber irgendwie war es doch anders. Bevor er aber aufstehen und tatsächlich die Hausärztin benachrichtigen konnte, gab es eine fließende Bewegung, und dann saß Jane bereits auf seinem Schoß und schmiegte sich an. Aiden spannte unwillkürlich jeden Muskel im Körper an und brachte nur ein gejapstes: "Was...?", heraus. Wenn das hier wieder eine Art war, ihn zu manipulieren, war es eindeutig übertrieben...! Gefesselt von ihrem Blick hielt er einfach still, als sie ihm die Hände in den Nacken legte. Erst, als sie sich zu ihm beugte, kam wieder Bewegung in ihn. Aiden verstand nicht, was sie vorhatte, und saß da wie angewurzelt, während ihre Finger zärtlich durch sein Haar glitten. Er war nicht sicher, ob sich jemals etwas so gut und so verboten zugleich angefühlt hatte, und unwillkürlich schloss er die Augen. „Was machst du…?“, fragte er leise. „Ich weiß nicht“, flüsterte sie mit einem kessen Unterton zurück. „Dich küssen, wahrscheinlich.“ „Wa…?“, fing er erneut an, doch da machte sie ihre Drohung wahr, indem sie die Lippen auf seine legte. Er zuckte kurz zurück, aber eine Sekunde später war dieser Fluchtversuch vergessen. Im ersten Moment war er zu überrumpelt, auch nur darüber nachzudenken, wie es dazu gekommen war. Er schloss einfach die Augen und erwiderte die sanften Berührungen ihrer Lippen. Konnte es wirklich sein, dass das hier noch besser war als ihr Blut...? Jedenfalls war es ähnlich berauschend, sodass er die Hand auf ihre Wange legte und von dort aus die Finger in ihr weiches Haar gleiten ließ, das zu berühren er sich schon so oft vorgestellt hatte. Es war nicht so, dass er das hier gut oder schlecht finden konnte, er gab einfach Jane nach, ohne nachzudenken. Wahrscheinlich mischte sich dieses plötzliche Begehren mit dem Adrenalin von vorhin und mit dem destruktiven Verlangen nach ihrem Blut, das der Vampir noch immer spürte. Er wusste es nicht und es war so wundervoll gleichgültig... Seine freie Hand lag inzwischen an ihrer Hüfte, zog sie enger zu sich, doch seine Lippen befreite er erstmal von ihren. "Jane...", sagte er rau, die Stirn an ihre gelehnt. "Was ist denn...?", hauchte sie leise, und etwas heiser, als sie ihren Namen aus seinem Mund vernahm und unwillkürlich erschauderte. Gerade so, als wäre sie unglaublich erregt schon von seiner Stimme… Und dann sah Aiden ihr in die fieberglänzenden Augen, verstand endlich, woher ihre plötzliche 'Zutraulichkeit' kam und hätte sich am liebsten dafür geohrfeigt. Das Gift. Vampire konnten zwar das Blut beider menschlicher Geschlechter trinken, fühlten sich aber vom anderen Geschlecht stärker angezogen. Darum hatte die Natur es so eingerichtet, dass ihre Zähne beim Trinken ein Gift ausstießen, welches eine stark aphrodisierende Wirkung hatte. Ihre Beute wollte in dem Moment tatsächlich ausgesaugt werden und würde somit nicht weglaufen. Manche seiner Artgenossen nutzten diese Fähigkeit ganz bewusst, um sich sexuell mit ihrer Beute zu amüsieren, bevor oder nachdem sie sie getötet hatten. Manche suchten sich dadurch Gespielen fürs Bett, die sie dann am Leben ließen. Aiden hatte das noch nie getan, deshalb hatte er überhaupt nicht daran gedacht, als Jane ihn zu trinken gezwungen hatte. Er hatte sie dazu gebracht, sich ihm so anzubiedern. Nicht bewusst, denn er hatte noch nie eine Frau derart verführt, aber es war doch seine Schuld. Und indem er nicht besser aufgepasst hatte, hatte er sich ihr aufgezwungen... Sein Gesicht glühte vor Scham und von ihrem Blut in seinen Adern, als er sie kurzerhand auf die Arme hob und mit ihr zu ihrem Zimmer ging. Sie schlang die Arme um ihn und schmiegte das Gesicht in seine Halsbeuge. "D-du solltest ins Bett... Bis morgen ist das vorbei. Tut mir leid, ich habe das nicht bedacht", erklärte er, nicht sicher, ob sie überhaupt zuhörte, denn die junge Frau war damit beschäftigt, spielerisch an seinem Ohr zu knabbern. Aiden platzierte Jane auf ihren Schreibtischstuhl, ließ sie kurz alleine, um Verbandszeug holen zu gehen und kniete vor ihr nieder, um ihre Wunde zu reinigen und zu verbinden. Er tat es selbst, weil er sie in diesem Zustand natürlich unmöglich ihrer Mutter präsentieren konnte. Ihre Mutter…! Oh Gott, vor Scham wäre er am liebsten im Erdboden versunken. Und bei dem Blutgeruch, der während des Verarztens aufstieg, hielt er für eine Sekunde inne, dann setzte er seine Arbeit fort, ohne Jane anzusehen. Was für ein Abend... "Du machst einem wirklich nur Ärger, Miss McCollins..." "Wenn ich dafür immer einen Kuss von dir bekomme, mache ich sehr gerne Ärger...", raunte die junge Frau ihm fast schon frech, aber deutlich lasziv entgegen. Dazu sagte er einfach nichts. Natürlich spürte er Janes Blick auf sich und er merkte, wie sie unruhig auf dem Stuhl herum rutschte, aber er zwang sich, dieses anbiedernde Verhalten zu ignorieren. Sie wollte das ja nicht wirklich. Es war das Beste, wenn sie ihren Rausch ausschlief. Sie sah das aber scheinbar deutlich anders, denn sie packte plötzlich seine Krawatte und zwang ihn so, zu sich aufzusehen. Aiden hatte den Kopf zurückgelegt und die Hände zu beiden Seiten auf die Lehnen des Stuhls gestützt, wodurch er sich von ihr weg drückte. Und das, wo alles an ihm sie wollte. Gott, hatte er jemals etwas so sehr gewollt wie diese Frau, die ihn so frech zu verführen versuchte? Wenn sie nur wieder auf seinem Schoß sitzen würde... Aber das war falsch. Sie war wie unter Drogen, und das durfte er auf keinen Fall ausnutzen. Schlimm genug, dass er den Kuss zugelassen hatte. Schon zwei Dinge, die er nie hätte schmecken dürfen. „Jane… Nein…“ Sie beugte sich zu ihm vor, strich mit ihren weichen Lippen über seine Schläfe und wanderte zu seinem Ohr. "Was spricht denn dagegen? Wir könnten einfach unseren Spaß haben...", flüsterte sie mit einem kleinen Grinsen, bevor sie sich vor ihm positionierte und ihm vielversprechend in die Augen sah. Ihre Hand löste sich von seiner Krawatte, strich von seiner Brust nach oben, über seine Schulter und fand seinen Nacken. Sein Atem stockte leicht und ihm fielen automatisch die Augen zu, als ihre Lippen so nah an seinem Ohr verharrten. Aiden ließ die Hände von den Lehnen rutschen, strich sanft ihre Beine hoch bis zu ihrer Hüfte und umfasste ihren Hintern. "Du willst das nicht wirklich. Und es gehört sich nicht", widersprach er ziemlich lahm und ihr offensichtlich bereits völlig verfallen. "Das ist mir egal. Ich will dich...", fuhr Jane gegen seine Lippe wispernd fort, während ihre andere Hand auf seiner Wange lag und ihr Daumen zärtlich darüber strich. Er stöhnte leise. Sie war gerade so weiblich, so willig und es fiel ihm immer schwerer, Gründe oder auch nur den Willen zu finden, nein zu sagen. Auch, wenn sie es sonst nicht getan hätte, gerade wollte sie ihn doch wirklich, oder? Wieso also ihr nicht ihren Willen geben, wie sonst immer...? Gerade hob er ihr das Gesicht entgegen, als ihre Worte ihn innehalten und die Augen öffnen ließ. „Ich will dich so sehr, Logan..." Es war wie ein Schlag in die Magengrube. Logan also. Sie halluzinierte von Logan. Obwohl er es nicht wollte, machte Aiden diese Erkenntnis bitter vor Eifersucht. Er hatte ihr gerade das Leben gerettet, verdammt, warum konnte sie ihn nicht wollen? "Ok. Du bekommst alles von mir, das du willst." Er konnte nicht anders, stahl sich noch einen keuschen Kuss von ihren Lippen, dann stand er auf und nahm ihre Hand, um sie aus dem Zimmer zu führen. "Unter der Dusche, ok?", erklärte er auf ihren Protest hin mit leuchtenden, verheißungsvollen Augen. Normalerweise funktionierte dieser Blick bei Jane nicht, doch jetzt hörte er, wie ihr Herz einen erwartungsvollen Stolperer tat und sie ungeduldig seine Finger drückte. "Ich bin noch voller Blut." Ihr zuerst verwirrter, ungeduldiger Gesichtsausdruck veränderte sich, wurde zu einem verruchten Lächeln, und sie folgte ihm bereitwillig ins Badezimmer. Dort machte er aber keine Anstalten, sich auszuziehen, sondern schnappte sich die junge Frau mitsamt Kleid, hob sie in die Dusche und schaltete diese auf der kältesten Stufe ein. Das sollte sie wohl zur Besinnung bringen, mutmaßte der ergrimmte Vampir. Jane kreischte natürlich, immerhin spürte sogar er, wie erhitzt sie war, aber er hielt sie fest und sah sie ungnädig an. Nach einer Weile verstummte Jane und blickte den Vampir an, blinzelte dabei das Wasser aus den langen Wimpern. Mascara und Kayal liefen in dicken, schwarzen Tränen ihre Wangen hinab. "Huh? Aiden?", kam es perplex über ihre Lippen, als sie ihn endlich wieder klar vor sich sah. "Geht's wieder?", wollte er kühl wissen, als sie aufgehört hatte zu strampeln. „Was soll wieder gehen?“, fragte Jane, die sich offensichtlich nicht an die letzten paar Minuten erinnern konnte. Dafür wusste sie aber, was auf der Uni passiert war, und sie erkundigte sich sofort: "Was ist mit deinen Verletzungen? Hat es geklappt? Was ist mit dem Vampir?" Da er dieses Gift noch nie absichtlich eingesetzt hatte, wusste er nicht, was passierte, wenn die Wirkung nachließ. Dass sich die betroffene Dame an nichts erinnern konnte, sollte er wohl als Glück empfinden, obwohl es ihr Recht geschehen wäre, sich dafür zu schämen, sich an eine 'widerliche, blutsaugende Kreatur' herangeschmissen zu haben. Nun, sie hatte ja wohl an Logan gedacht, der eindeutig menschlich und eindeutig in ihrer Altersklasse war, also hätte sie es schon mit ihrem Gewissen ausmachen können. Trotzdem ließ Aiden sie erstmal kommentarlos runter und stieg aus der Dusche, um ihnen beiden Handtücher zu besorgen. Dabei musste sie ja sehen, dass sein Hemd blutgetränkt, die Wunde darunter aber verheilt war. Entsprechend erwiderte er nichts auf ihre Frage nach seinem Befinden, als er ihr das Handtuch in die Arme drückte und sich selbst notdürftig abtrocknete. "Ich habe ihn nicht gesucht, weil du ohnmächtig warst und ich dich Heim bringen wollte", antwortete er stattdessen auf ihre letzte Frage. In dem Moment hatte er nicht mal in Erwägung gezogen, etwas anderes zu tun als für ihr Wohlbefinden zu sorgen. Dann verschränkte er die Arme und sah sie mürrisch an. Natürlich sollte er ihr dankbar sein, immerhin hatte sie sein Leben gerettet, aber er konnte nicht. Zum einen, weil sie sich dafür selbst in Gefahr gebracht hatte, zum anderen, weil sie ihn nicht wollte. Und egal, wie sehr er sich sagte, dass er sie ebenfalls nur im Rausch des Augenblicks, aufgewühlt von Adrenalin und ihrem Blut, anziehend gefunden hatte; wenn eine Frau in seinen Armen den Namen eines anderen sagte, war das doch ein sehr kräftiger Tiefschlag. Trotzdem kam er nicht umhin, sie besorgt zu mustern. "Dir geht es gut? Ist dir schwindelig? Schlecht?" Hast du Lust auf Sex?, fuhr er gedanklich ziemlich erbittert fort, dann fuhr er sich durch die immer noch nassen Haare und wandte sich ab. Er hatte kein Recht, sauer auf sie zu sein. Eigentlich hatte er nicht mal das Recht, sich noch in ihrer Nähe aufzuhalten, nach allem, was er ihrer Familie angetan hatte. Dieser Gedanke kam ihm immer wieder, seit er herausgefunden hatte, dass er Nathaniel McCollins vor zehn Jahren getötet hatte. Bisher hatte er sich dennoch nicht dazu durchringen können, dessen Haus zu verlassen, denn jedes Mal, wenn er seine Tochter sah, überlagerte der Wunsch nach ihrer Nähe sein schlechtes Gewissen. Jane nahm das Handtuch an, trocknete sich ebenfalls ab, und wickelte es anschließend um ihren Körper, da die weiße Kleidung durch die Nässe zum größtenteils durchsichtig war und ihre Unterwäsche beinahe komplett zu sehen war. “ Ja, ich schätze, mir geht es gut", erwiderte Jane ein wenig verwirrt, immerhin war ihrer Meinung ja er es, der gerade einen riesigen Schnitt am Rücken erlitten hatte. "Hast du eine Ahnung, wer das gewesen ist? Hast du irgendetwas erkennen können?“, beharrte sie auf dem Überfalls-Thema, als sie nach einem weiteren Handtuch griff, um ihre Haare zu trocknen. Aiden schüttelte nur den Kopf. Während des Tanzes war er völlig auf Jane fixiert gewesen, und dann war da plötzlich dieser Fremde gewesen, dessen blitzende Waffe auf die Frau in seinen Armen zufuhr… Rein instinktiv hatte er sich zwischen sie und den Angreifer geworfen. Sicher könnte er den anderen Vampir an seinem Geruch erkennen, aber viel mehr konnte er nicht dazu sagen; seine Erinnerung war getrübt, zum einen vom Schmerz, zum anderen von der Erinnerung an Janes Blut. Dessen Geruch füllte das Badezimmer und füllte Aidens Bewusstsein langsam erneut mit Watte. Nur mühsam schüttelte er den Kopf und trat von ihr zurück. "Du darfst das nie wieder tun, Jane. Mir dein Blut geben. Versprich es mir. Ich... Ich weiß es zu schätzen, dass du mir helfen wolltest, aber ich könnte es nicht ertragen, wenn dir meinetwegen etwas zustoßen sollte. Es ist mir nicht möglich, dir zu beschreiben, wie unendlich schwer es für mich ist, dir nichts anzutun - das möchte ich dir auch gar nicht sagen müssen. Aber, bitte, versteh doch, dass ich nicht mehr derselbe bin, der jetzt mit dir redet, wenn ich Blut rieche - besonders deines. Du denkst, dass ich das schon schaffe, weil ich es ja bisher auch geschafft habe, und das... Es schmeichelt mir, dass du mir vertraust. Im Normalfall kannst du das auch zu hundert Prozent. Aber ich vertraue mir in der Hinsicht selbst nicht. Also bitte, egal, was passiert; zwing mich nie wieder, dein Blut zu trinken. Bitte", fügte er eindringlich hinzu und sah sie jetzt doch wieder an. "Es war ein Notfall. Es ist ja nicht so, dass ich extrem scharf darauf bin, mich ständig beißen zu lassen oder mein Blut immer zum Durststillen zur Verfügung zu stellen", ignorierte sie seinen dringlichen Tonfall völlig und ging langsam zur Tür, nachdem ihre Haare trocken waren. Allerdings wurde der Brünetten wohl schwummrig, weshalb sie sich an der Wand abstützte und sich mit der Hand an die Stirn fasste. Die Augen kniff sie ein wenig zusammen. „Jane!“, rief er sofort besorgt und ging zu ihr, um sie zu stützen, doch sie hob abwehrend die Hand. "Schon gut, es geht… Es geht schon wieder. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich mich jetzt gerne umziehen und hinlegen", gab die sichtlich erschöpfte Vampirjägerin von sich, ehe sie sich von der Wand abstieß und mit vorsichtigen Schritten Richtung ihres Zimmers taumelte. Ihr Haus-Vampir konnte nur zurückbleiben und ihr zusehen. Er wünschte sich, dieser ganze Abend hätte niemals stattgefunden, und er wünschte sich, wieder ihr Blut oder ihre Lippen oder beides schmecken zu können. Durst und Erregung und Enttäuschung und schlechtes Gewissen quälten ihn, als er sich die Reste des Blutes abwusch und seine besudelte Kleidung entsorgte. Wenn ihn dieser Abend nicht darin bestätigte, dass es besser für Jane wäre, würde er aus ihrem Leben verschwinden, wusste er nicht, was es getan hätte. Und hatte er ihr nicht versprochen, sich von ihr zurückzuziehen, sobald er für sie zur Gefahr wurde? Ein Teil von ihm wollte sofort seine Sachen packen und das Haus verlassen, ein anderer wollte aber nach wie vor bei Jane bleiben. Schließlich vertraute sie ihm – sonst hätte sie ihm nie angeboten, ihr Blut zu trinken. Konnte er sich da selbst nicht auch vertrauen? Aiden wusste, dass das ein mehr als schwaches Argument war, und doch genügte es, dass er sich nach einer unruhigen Nacht auf der Jagd zurück in die Villa schlich, statt ein für alle Mal zu verschwinden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)