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Bloody Eternity

von

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WG mit meinem Stalker

Schwer seufzend legte die Wirtschaftsstudentin nach dem Gespräch mit Eldric auf, ehe sie mit einer Kopfbewegung Aiden anwies, das Zimmer zu verlassen, um runter in die Küche zu gehen. Diese war geräumig, gut und modern ausgestattet und besaß sogar eine hohe Theke mit Barhockern, auf denen man es sich gemütlich machen und von wo aus man gleichzeitig beim Kochen zusehen konnte. Ohne darauf zu achten, ob ihr neuer Hausgast gefolgt war, nahm Jane ein paar Küchenutensilien hervor, zog die Kochschürze an und band sich die Haare zu einem hohen Pferdeschwanz. Hätte man nichts von ihrem ungewöhnlichen Nebenjob und ihrem schwierigen Charakter gewusst, dann hätte man sie in dem Outfit schlichtweg für eine typische Hausfrau oder Mutter halten können.

Aiden persönlich war die Ausstattung ein bisschen zu modern, aber er konnte das wohl schlecht beurteilen, da er einfach überhaupt nichts mit Kochen am Hut hatte. Entsprechend neugierig besah er sich die Küchengerätschaften, die Jane auf den Arbeitsflächen verteilte. Er hob den Blick, um eine Frage zu stellen, stockte aber, als er seine Gastgeberin in dieser ungewöhnlichen Aufmachung sah, die ihr, seiner Meinung nach, besser stand als alles, was er bisher an ihr gesehen hatte. Trotzdem passte dieses doch sehr feminine Bild nicht zu dem Eindruck ihres Charakters, den sie ihm vermittelt hatte, weshalb er leicht schmunzelte.

"Du siehst sehr hübsch aus so", sagte er ehrlich, wobei er nicht erwartete, dass sie das Kompliment diesmal annahm.

Sie blinzelte ein paar Mal und sah ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an, ehe sie an sich runterblickte und wieder zu ihm sah. "Was ist daran bitte schön hübsch? Ich habe lediglich eine Küchenschürze angezogen und die Haare zusammengebunden", entgegnete sie sichtlich irritiert, ehe sie nach einigen Zutaten griff und diese auf die Kücheninsel stellte.

Na ja, das war wohl zumindest mal eine Reaktion, dachte er lächelnd. "Dir stehen hochgebundene Haare. Und mit der Schürze siehst du…" Er zögerte, ´weiblich` zu sagen, denn das könnte sie in den falschen Hals bekommen. Sie sah auch sonst wie eine Frau aus, aber eben auf eine völlig andere Art. Nach einer Weile gab er auf und zuckte die Schultern. "Ich kann es nicht genau sagen, aber es steht dir einfach. Hat wohl etwas mit deiner Ausstrahlung zu tun."

"Du meinst also, ich habe eine andere Ausstrahlung, wenn ich so rumlaufe? Hm.. verstehe. Du bist also einer dieser traditionellen Männer, die es mögen, wenn die Frauen hinter dem Herd stehen", meinte die junge Frau, nachdem sie kurz nachgedacht hatte.

Anscheinend hatte sie ihre schnelle Auffassungsgabe zurück erlangt, so, wie sie sofort verstand, was er meinte. Sie schien aber nicht sauer zu sein, was ihn erleichterte. "Nun, ich denke, dass jedes Geschlecht Stärken und Schwächen hat und deswegen für manches eben besser oder schlechter geeignet ist. Das heißt nicht, dass ich Frauen und Männer als nicht gleichberechtigt sehe", antwortete er, denn das konnte man sicher leicht falsch verstehen. Mit Frauen "Hinter dem Herd", wie sie es so schön ausgedrückt hatte, hatte er persönlich natürlich nichts zu tun, aber prinzipiell hatte sie mit ihrer Einschätzung wohl recht. Es hätte ihm besser gefallen, wenn sie sich Kochen als Hobby ausgesucht hätte, nicht Vampire-Jagen.

"Hattest du diese Denkweise schon, als du noch... uhm... menschlich warst oder hat sich das mit der Zeit entwickelt und du dich sozusagen anpassen musstest?", fragte sie, sichtlich überrascht von seinen liberalen Ansichten.

Er musste tatsächlich ein wenig über ihre Frage nachdenken. Wahrscheinlich hatte er in seinem Menschenleben mit so vielen mächtigen Frauen zu tun gehabt, dass er einen respektvollen Umgang schon immer gelernt hatte. Außerdem hatte er eine gute Erziehung genossen. Aber Höflichkeit und Gleichberechtigung waren nicht dasselbe.

"Ich denke, das ist etwas, das ich neu erlernen musste. Wahrscheinlich liegt es auch daran, dass weiblichen Vampiren nicht die Schwächen von Menschenfrauen anhaften. Wenn man oft mit sehr, nun, willensstarken Angehörigen des anderen Geschlechts zu tun hat, sieht man schnell ein, dass man auch nicht mehr zu sagen hat als die Dame", überlegte er leise schmunzelnd weiter. Etwas Gutes hatte sein langes Leben dann wohl doch gehabt: er hatte viel Zeit gehabt, zu lernen.

Als sie das Thema mit einem Nicken fallen ließ, deutete er auf ihre Kochvorbereitungen. "Was möchtest du zubereiten?" Er hätte ihr ja seine Hilfe angeboten, wäre am Herd aber wohl kaum eine große Unterstützung

Die junge Frau kippte dann auch das Mehl in eine Schüssel. Im Gegensatz zu seinem Kompliment brachte sie die Frage nicht zum Stocken. "Spinatlasagne und einen Fruchtsalat", antwortete die Brünette, als sie ein paar Eier aufschlug, nach weiteren Zutaten griff damit begann, den Teig zu kneten. Dabei erledigte sie den Vorgang so mühelos, dass es beinahe so wirkte, als sei es das Natürlichste auf der ganzen Welt.

Während Jane arbeitete, schlenderte ihr Hausgast zuerst ein wenig durch die Küche, dann setzte er sich an die Theke und sah ihr von dort aus zu. "Hm… Ist das dein Lieblingsgericht?", erkundigte er sich, denn soweit er wusste, hatte sie so eine Lasagne auch schon bei ihrem gemeinsamen Ausflug gegessen.

Sie strahlte eine Leichtigkeit aus, die darauf schließen ließ, dass sie öfter in der Küche stand, was er irgendwie nicht erwartet hätte. So, wie sie sich meist gab, hätte er fast ein paar Pizzakartons und Bierdosen in ihrem Zimmer erwartet.

„Ich muss zugeben, dass ich die italienische Küche am liebsten mag und Pasta eigentlich so gut wie immer essen kann. Darum... ja. Irgendwie schon", antwortete Jane und stellte den Teig zum Ruhen auf die Seite, dann begann sie dann auch mit den restlichen Vorbereitungen. Dabei warf sie immer mal wieder einen Blick auf den ruhenden Teig.

"Kochst du gerne?", fragte er weiter, ohne den Blick von ihren Händen zu nehmen.

Die junge Frau nickte und griff dann auch gleich nach den Früchten, die sie unter den Wasserstrahl hielt und wusch. Ihre zuerst so ruhigen Bewegungen wurden nach und nach ein wenig fahrig und er merkte, wie sie den Nacken anspannte, was wohl daran lag, dass er sie so beobachtete.

"Wie sieht es mit dir aus? Kannst ... oder vielmehr: Konntest du kochen oder hattest du damals Diener, die das für dich und deine Familie übernommen haben?", fragte sie, um das Schweigen zu brechen.

Er stand wieder auf und gesellte sich zu Jane. "Nein. Wir hatten Bedienstete, außerdem war das damals Frauenarbeit", erklärte er wertungsfrei. Dass sie ihm bei dieser Arbeit gefiel, sprach ja schon Bände über seine Meinung. "Kann ich dir eigentlich helfen?" Die Frage stellte er zum einen aus Höflichkeit um sie nicht weiter anzustarren, zum anderen aus Neugierde.

"Bist du sicher?", wollte Jane sichergehen, und er nickte und nahm bereitwillig das Obst und das Messer entgegen, welche sie ihm gab.

„Du kannst die gerne mal schälen und in mundgerechte Würfel schneiden", wies sie ihn an, bevor sie sich daran machte, den Salat und das Dressing vorzubereiten. Beides stellte sie nach wenigen Minuten in den Kühlschrank. Als sie danach damit begann, die Sauce für die Lasagne zu machen, blickte sie zu Aiden, um zu sehen, wie er sich bei der Küchenarbeit schlug.

Wegen ihres besorgten Blicks zwinkerte der Vampir seiner Gastgeberin zu, dann machte er sich wieder an die Arbeit. Er konnte zwar nicht kochen, aber Obst-schneiden gehörte jetzt auch nicht wirklich zu den Königsdisziplinen und er bekam das ganz gut hin. Er war zwar noch nicht ganz fertig, aber als sie einen Kontrollbesuch machte, zeigte er Jane aber seine Arbeitsergebnisse brav.

"Zufrieden?", erkundigte er sich, während er noch weiter schnippelte.

Sie musste sogar leicht schmunzeln. "Ja. Sieht nicht schlecht aus", meinte sie und gab ihm dann auch gleich die Aufgabe, ein kleines Dressing für den Fruchtsalat zu machen, indem sie ihm die Zutaten dafür übergab. Natürlich gab die Brünette ihm auch gleich die Mengen an.

Er lächelte stolz, als sie zufrieden war mit seiner Arbeit, dann widmete er sich der neuen Aufgabe. Diese war schon kniffliger, weil es um den Geschmack ging. Aiden versuchte einfach, sich so genau wie möglich an die Mengenangaben zu halten und reichte Jane dann einen Löffel zum Probieren. Mal wieder überkam ihn die Neugierde, die man ihm auch ziemlich deutlich am Gesicht ablesen konnte als er gespannt: "Und?", fragte.

Wieder sah sie belustigt aus, beugte sich aber vor und nahm Löffel in den Mund. Kurz leckte sich die Brünette danach über die Lippen, um das Dressing zu schmecken, ehe zufrieden nickte. "Passt so", meinte die Hobbyköchin und deutete ihm an, die Sauce und die Früchte in den Kühlschrank zu stellen.

"Schmeckt dir, uhm... menschliche Nahrung eigentlich? Also... hat das irgendwie einen Geschmack für dich?"

„Ich weiß es nicht", gab er zu, während er die Gegenstände, die er benutzt hatte, in die Spülmaschine räumte. "Menschliches Essen verliert seinen Reiz, sobald man... Verwandelt ist. Ich hatte nie das Bedürfnis, zu essen." Er sprach bewusst in der Vergangenheit, denn seit er mit ihr zu tun hatte, hatte er ein paar Mal darüber nachgedacht, wie es wohl sein würde, feste Nahrung zu sich zu nehmen. Da sie ihn danach gefragt hatte, hatte Jane seine Neugierde wohl bemerkt. "Es riecht jedenfalls gut." Nicht auf die Art verführerisch wie ihr Blut, aber angenehm.

"Verstehe...", meinte sie nachdenklich und sah ihn mit einer hochgezogener Augenbraue an, wobei sie ihre Neugierde nicht wirklich verbergen konnte. "Und du hast nie mit dem Gedanken gespielt, das auszuprobieren? Ich meine... Das war für dich als Mensch doch etwas völlig Natürliches und wenn es gut riecht...?"

"Doch, ehrlich gesagt habe ich darüber nachgedacht", gestand er, wobei er davon absah, ihr zu sagen, dass er das vor ihrer Begegnung nie getan hatte.

Wie gesagt, das Bedürfnis war einfach nicht da. Sie war zwar nicht der erste Mensch, mit dem er Kontakt hatte, seit er verwandelt worden war, aber davor war ihm irgendwie nie die Idee gekommen. Das lag wohl daran, dass er nicht vorhatte, den Umgang mit Jane in nächster Zeit zu beenden, und ihm deshalb die Unterschiede in ihrem Lebenswandel so deutlich vor Augen standen. Davon, wie es sich anfühlte, Hunger zu haben, wusste er nichts mehr, was ihn jetzt, wo er so darüber nachdachte, ein wenig deprimierte. Geschehnisse zu vergessen war das eine, aber ganze Empfindungsarten waren doch ein anderes Kaliber.

"Aber ich weiß nicht, was passiert, wenn ich es tue… Sollen wir es ausprobieren? Es interessiert mich jetzt ehrlich gesagt auch", gab er zu, lächelnd, weil er sich sein Unbehagen nicht anmerken lassen wollte.

"Oh nein. Das lässt du heute schön bleiben. Das kannst du gerne ein anderes Mal machen. Ich habe keine Lust eine mögliche Sauerei aufzuputzen und wer weiß schon, welche Folgen es nach sich zieht, wenn du etwas isst?", sprach Jane sofort dagegen, die Stirn gerunzelt und den Kopf schüttelnd.

In dem Fall war sie rationaler als er, was wohl daran lag, dass er seinen Körper ziemlich alles zutraute und das im Normalfall auch konnte. Er machte eine wegwerfende Handbewegung. "Ich glaube nicht, dass irgendwas passieren wird", antwortete er, aber natürlich hatte sie Recht. Selbst, wenn er sich nur unwohl fühlte, wäre das ein Risiko. Tja, dann würde er dieses Experiment wohl verschieben müssen, bis sie die Verfolgerin gefunden hatten. Was ja hoffentlich nicht allzu lange dauern würde. Trotzdem, irgendwie war es lustig, Jane mal bedachter zu erleben als sich selbst, sodass er in sich rein grinste. Sie konnte ja nachdenken, wenn sie wollte.

"Nun, es steht dir frei, das sofort auszuprobieren, sobald du hier wieder ausgezogen bist und wir diese Unbekannte gefasst haben“, fügte die Brünette hinzu, wobei sie mit dieser Antwort wohl auch wieder klar machte, dass dieses 'Zusammenwohnen' zeitlich begrenzt war und dass sie keineswegs vor hatte, ihn länger als nötig in ihrem Haus zu dulden.

Im Gegensatz zu dem, was sie offenbar glaubte, hatte Aiden nicht vor, dauerhaft bei McCollins zu wohnen. Er hatte eine Unterkunft, hier musste er nicht leben, außerdem wollte er wie gesagt den Frauen nicht zur Last fallen. Weil er versucht hatte, ihr das klarzumachen, traf ihn ihr kleiner Seitenhieb schon, aber er lächelte nur gleichmütig.

"Wenn du möchtest, ziehe ich gar nicht erst ein, Jane", wiederholte er noch mal, was er schon in ihrem Gespräch mit Elizabeth gesagt hatte. Er würde sie nicht alleine lassen, sicher, aber er würde sich ihr genauso wenig nicht derart aufdrängen. Sie ließ sich zwar von ihrer Mutter dazu ´zwingen`, aber er machte diese Entscheidung von ihr abhängig.

Jane sah ihn misstrauisch an wie um zu prüfen, ob er nicht doch irgendeine Falle ausheckte. Spätestens in diesem Moment wurde Aiden klar, dass die folgende Zeit für ihn mindestens genauso anstrengend würde wie für die Jägerin.

Sie sagte nichts mehr dazu, sondern begann, die Lagen der Lasagne zu stapeln, wobei sie steif die Schultern zuckte, um ihre Gleichgültigkeit über sein Bleiben auszudrücken.

Mehr würde er wohl nicht bekommen, deshalb ließ Aiden es auf sich beruhen.

"Übrigens ist euer Haus wirklich schön", bemerkte er, als sein Blick in der kurzen Gesprächspause durch die Küche und über das Anwesen vor dem Fenster schweifte. "Darf ich wissen, was deine Eltern von Beruf sind?"

Die Frage war genau so gemeint, wie sie gestellt war. Er würde es ohne weitere Erklärungen dulden, wenn sie ´nein` antwortete. Er war nicht ganz sicher war, wo die Grenzen dessen lagen, was sie von sich preisgeben wollte. Ihre Mutter schien da noch mal eine Sonderstellung zu haben und er wollte nicht noch mehr einmischen, als er es durch seinen Aufenthalt hier sowieso schon tat. Wenn sie bereit war, ihm etwas zu erzählen, würde sie das mit der Zeit schon tun, das hatten die letzten Wochen ja gezeigt.

Jane war gerade dabei, die letzte Schicht der Lasagne zu beenden, als sie instinktiv innehielt. Aiden wollte die Frage schon zurück nehmen, als Jane doch noch antwortete.

"Meine Mutter ist Ärztin und besitzt eine eigene Praxis. Sie ist jedoch auch teilweise im Krankenhaus tätig. Darum war es damals so einfach, an die Blutkonserven für dich ranzukommen", erklärte sie und streute den Käse über die Lasagne.

Daraufhin schwieg die Wirtschaftsstudentin für eine Weile und nutzte diesen Moment, um die Form in den Ofen zu schieben und anschließend damit zu beginnen, ein wenig aufzuräumen. Währenddessen haderte sie offensichtlich, doch ihr Hausgast bedrängte sie nicht, sodass sie schließlich von sich aus fortfuhr. "Mein Vater ist ... war Architekt und Vampirjäger", fügte Jane schließlich leiser hinzu, wobei sie es vermied, Aiden anzusehen. Vielmehr schien es so, als ob sie sich darauf fixieren würde, das benutzte Geschirr in die Spülmaschine zu legen.

War... Er hatte gedacht, ihr Vater wäre wegen der Arbeit im Ausland oder habe die Familie verlassen. Daran, dass sie ihn verloren haben könnte, hatte er nicht gedacht. Und sie war noch so jung… Starkes Mitleid wallte in ihm auf, aber das wollte sie sicher nicht, deshalb sagte er nur schlicht, aber ehrlich: "Das tut mir sehr leid." Ohne weiter auf sie einzudringen half er ihr bei den Aufräumarbeiten.

Ein seltsames, würgendes Geräusch entstand, als Jane ein Lachen unterdrückte. Der Vampir sah sie fragend an, doch sie schüttelte nur den Kopf. "Danke", erwiderte die Vampirjägerin leise und schloss dabei die Spülmaschine, um diese anschließend laufen zu lassen und kurz beim Ofen vorbeizuschauen. "Es ist schon ziemlich lange her. Wir haben uns… ziemlich gut damit arrangieren können."

Neugierig beobachtete er die junge Frau, die dieser Verlust mehr mitnehmen musste, als sie zugab. Immerhin hatte sie ihm bei seiner ersten Frage bewusst eine Halbwahrheit aufgetischt. Aiden nahm es ihr nicht übel, es gab eben Dinge, über die man nicht sprechen wollte.

Damit die Beiden nicht weiter auf dem Thema blieben, wechselte die Wirtschaftsstudentin den Gesprächsgegenstand: "Wenn wir schon beim Kochen sind... musst du demnächst jagen?", wollte sie wissen, während sie sich der Kochschürze und des Haargummis entledigte.

Diese Frage besorgte ihn mehr, als man hätte annehmen können, immerhin bedeutete sie, dass er die Frauen alleine lassen musste - Und das ausgerechnet nachts. "Nicht heute und auch nicht unbedingt morgen", antwortete er, wobei er die Arme verschränkte und auf dem Oberarm herum trommelte. "Aber ich muss im Hostel Bescheid sagen, dass ich für eine Weile nicht komme und ein paar Sachen holen." Die ältere Dame, der die Herberge gehörte, kannte ihn inzwischen und würde sich Sorgen um ihn machen, vor allem nach dem Überfall. Und er wollte nicht die Polizei hier haben, das würde die McCollins nur stören.

Fragend legte sie den Kopf schief, als sie merkte, dass ihm irgendetwas nicht behagte. "Soll dir meine Mutter ein paar Blutkonserven besorgen?"

An die Möglichkeit, aus Konserven zu leben, hatte er ehrlich gesagt noch gar nicht gedacht, und unter normalen Umständen hätte ihm das doch widerstrebt. So aber hellte sich seine leicht besorgte Miene wieder auf und er stand auf. "Das wäre sehr nett - Wenn es ihr keine Umstände macht", fügte er hinzu, immerhin war Elizabeth kein Lieferservice und sie beherbergte ihn schon großzügiger Weise in ihrem Haus.

"Ich werde meiner Mutter nachher Bescheid sagen. Du kriegst morgen sicher nach der Arbeit ein oder zwei Konserven. Das sollte reichen, oder?", meinte die Vampirjägerin daraufhin sofort.

"Das wird mehr als genügen, danke. Gute Idee", fügte er lobend hinzu. Immerhin hatte sie vor ein paar Minuten aus dem Fenster springen wollen und man müsste es unterstützen, wenn sie im Gegensatz dazu einen produktiven Einfall hatte.

Er war doch erleichtert von Ihrem Angebot. Er wusste nicht wieso, aber irgendwie wäre es ihm, selbst ohne die akute Gefahr für die beiden Frauen, unangenehm zu gehen, wenn die beiden wüssten, dass er jagte, wobei das wohl eher an Elizabeth lag. Zwar wusste sie, was er war, aber im Gegensatz zu ihrer Tochter schien sie nicht viel mit seiner Art zu tun zu haben. Und sie war so freundlich, dass er sich ihr gegenüber nicht unbedingt mit Mord assoziieren wollte.

"Gut. Ansonsten brauchst du Nichts, oder?", wollte die Brünette sicher gehen.

"Nein. Wenn ich bleiben soll, ist das alles. Danke." Er meinte es wirklich ernst mit dem Dank. Obwohl er hier war, um Jane zu helfen, sah er es nicht als selbstverständlich an, in ihrem Haus aufgenommen zu werden. Sie dachte anscheinend, er hätte es irgendwie darauf angelegt, aber sie war ja dabei gewesen - Das war die Idee ihrer Mutter gewesen, er hatte es sogar in Frage gestellt. Trotzdem wäre es vermutlich für alle Parteien das Beste, diese Lösung so kurzfristig wie möglich zu halten, dachte er, während er Jane ins Wohnzimmer folgte, wo sie es sich gemütlich machte, während die Lasagne im Ofen war.
 

~ Jane ~
 

„Deine Sachen kannst du ja morgen holen“, schlug Jane vor und machte es sich auf der Couch bequem. Wie erwartet folgte der Vampir ihr, der es scheinbar keine Minute alleine aushielt.

"Das werde ich wohl tun müssen… Vielleicht, wenn du in der Uni bist", überlegte er.

Die Brünette lehnte sich zurück, griff nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein, um die Nachrichten zu schauen, da sie sich auf dem Laufenden halten wollte. Außerdem konnte man nie wissen, ob sich irgendwelche mysteriösen Fälle ereignet hatten, bei denen vielleicht ein Vampir am Werk gewesen war.

"Am besten du gehst gegen Vormittag. Meine Mutter wird morgen früh gegen neun zur Arbeit gehen und meine Vorlesungen beginnen morgen um elf", schlug die Wirtschaftsstudentin vor, ohne vom Fernseher aufzusehen.

Ihr Gast zog es scheinbar vor, sich nicht zu ihr zu setzen, sondern bezog am Fenster Stellung und beobachtete den Garten. Bei dem Anblick fiel Jane wieder ein, wie er sie in ihrem Zimmer gefangen hatte, und ihre Hand zuckte unwillkürlich zu ihrem bereits etwas schmerzenden Bauch. Das würde mit Sicherheit einen blauen Fleck geben – Und es war so unnötig gewesen!

Zugegeben, es war nicht unbedingt von Vorteil, sich so unüberlegt aus dem Fenster stürzen zu wollen, weil sich auf der anderen Straßenseite wahrscheinlich die Verdächtige gezeigt hatte. Diese hitzköpfige Aktion hätte sie vielleicht sogar den Kopf kosten können, wenn ihr Mitbewohner sie nicht zurückgehalten hätte. Schließlich hätte es eine Falle sein können oder sie hätte in ihrer Hektik falsch am Boden landen können - wobei Letzteres eher weniger hätte passieren können. Immerhin war sie bereits schon aus deutlich größeren Höhen gesprungen, da dies zum natürlichen Training im Zirkel gehörte. Aber nein, dieser dumme Blutsauger musste sie wie ein rohes Ei behandeln… Obwohl natürlich jedes Ei zerbrochen wäre, wenn er es so in den Schwitzkasten genommen hätte.

Während sie darüber nachdachte und die Nachrichten verfolgte, fiel Aiden scheinbar etwas ein, über das sie vor zwei Wochen geredet hatten, und er wollte wissen: "Wie ist eigentlich das Projekt, das du mit Logan hattest, gelaufen? Habt ihr schon eine Bewertung?"

Weil jetzt das Wetter gezeigt wurde, blickte Jane doch zu ihm und nickte leicht. "Wir haben sie letzten Mittwoch gekriegt und beinahe die volle Punktzahl erreicht. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass Logan ziemlich aus dem Häuschen war", antwortete die Brünette, wobei sich automatisch ein kleines Lächeln auf ihren Lippen bildete, weil sie an die Reaktion von ihm und an das High Five denken musste, welches sie sich gegenseitig gegeben hatten, als sie das Büro der Professorin nach der Bewertung verlassen hatten.

"Gut gemacht", lobte er freundlich, doch Jane zuckte nur die Schultern, sah auf die Uhr und erhob sich wieder, um in der Küche zu verschwinden, wo sie nachsah ob das Essen soweit war. Da es so gut wie bereit war, schnappte sie sich den gemischten Salat, träufelte das Dressing darüber und deckte anschließend den Tisch, ehe sie innehielt, als sie die Gläser auf den Tisch stellte.

"Über menschliche Getränke haben wir ja schon geredet, aber… Du hast doch Durst, oder? Könntest du nicht einfach einen Schluck Wasser nehmen statt… Einen Menschen?", wollte Jane wissen, bevor sie anschließend das Essen auf den Tisch stellte und ihre Mutter rief.

"Nein. Die Art Durst, die wir empfinden, fühlt sich anders an als die eure", erklärte er kurz angebunden.

Da er scheinbar nicht vorhatte, das weiter auszuführen, ließ sie das Thema fallen, zog die Backhandschuhe an und nahm die Lasagne raus, um diese auf den Esstisch zu stellen. Im gleichen Moment erschien schon die Ärztin, die ihrer Tochter einen kleinen Kuss auf den Kopf hauchte.

"Danke. Das sieht mal wieder lecker aus, Liebes", meinte die ältere der Beiden, worauf die Jüngere sie nur sanft anlächelte. Sie setzten sich an den Tisch und begannen mit dem Essen, wobei Elizabeth Aiden fragend ansah, der sich zu ihnen gesetzt hatte.

"Und.. dich stört es nicht, wenn wir essen und du Nichts zu dir nehmen kannst?", wollte sie wissen.

"Überhaupt nicht, machen Sie sich keine Gedanken. Aber es sieht wirklich gut aus", fügte er anerkennend an Jane gewandt hinzu.

Bei der Gelegenheit fiel Jane die Sache mit den Blutkonserven ein und sie bat ihre Mutter, am nächsten Tag zwei davon mit nach Hause zu bringen. Ihr Hausgast bedankte sich bei der Ärztin und entschuldigte sich für den Aufwand, obwohl ihr die Bitte überhaupt nichts auszumachen schien. Die Angesprochene nickte kurz, aß einen kleinen Happen von der Lasagne und dem Salat, ehe sie sich an den Vampir wandte.

"Nun, Aiden... darf ich wissen, was du sonst so machst, wenn du nicht gerade ... ein Auge auf Jane hast?", wollte die Kurzhaarige wissen, worauf Jane nur die Augen verdrehen konnte.

"Mom, er hat nicht ein Auge auf mich, der stalkt mich regelrecht", murrte die Vampirjägerin, bevor sie sich ebenfalls einen Bissen Lasagne in den Mund schob und zu ihrem Pseudo-Kommilitonen schielte.

"Stalken?", wiederholte die ältere Dame und runzelte dabei kurz die Stirn, bevor sie nach dem Salzstreuer griff und diesen von Aiden zugeschoben bekam.

Der Vampir schmunzelte. "Das tue ich natürlich nicht. Ich habe mich nur für denselben Studiengang wie Ihre Tochter interessiert", lächelte er, wobei er den Seitenblick der jüngere Frau gekonnt ignorierte.

"Ach ja? Interesse am gleichen Studiengang nennst du das also? Als ob. Ständig tauchst du irgendwo auf, wo ich es nicht erwarte oder stellst irgendwelche Recherchen über mich an und was weiß ich was", murrte die junge Frau, bevor sie erneut eine Portion Salat auf den Teller tat und diesen aufaß.

"Und trotzdem duldest du ihn", sprach Elizabeth leicht schmunzelnd, worauf die Vampirjägerin in ihrer Bewegung innehielt. "So wie ich dich kenne, hättest du bisher alles daran gesetzt, um ihn loszuwerden oder ihn vielleicht sogar umzubringen. Ich schätze also… dass du ihn gar nicht so schlimm findest, wie du behauptest. Ihr scheint euch zu verstehen und ihr könnt euch gut unterhalten, wie ich bisher mitbekommen habe. Dementsprechend würde ich behaupten, dass du Aiden sogar irgendwie m...-! Jane! Was soll das?" Bevor Elizabeth überhaupt ihren Gedankengang und ihre Vermutung richtig hatte beenden können, war die Vampirjägerin ihrer Mutter unter dem Tisch leicht, aber doch bestimmend auf den Fuß getreten.

"Entschuldige, bin ausgerutscht", entgegnete die Vampirjägerin trocken, als sie aufstand, um den Nachtisch zu holen und diesen dann auf den Tisch zu stellen. "Und um das klar zu stellen. Ich erdulde ihn, weil ich ihn noch brauche. Mehr nicht!" Während Jane den zweiten Teil gesprochen hatte, hatte sie den Vampir mit leicht verengten Augen angesehen. Er sollte bloß nicht auf falsche Ideen kommen!

Als sie ihn so anfunkelte, grinste Aiden ihr nur entgegen. "Benutz mich, wie du möchtest", gab er zwinkernd zurück, dann lehnte er sich in den Stuhl zurück und verschränkte entspannt die Arme.

Die Vampirjägerin verschluckte sich bei diesem zweideutigen Kommentar und klopfte sich kurz hustend auf den Brustkorb, ehe sie nach ihrem Wasserglas griff und einen Schluck trank. Dabei kam sie nicht umhin, ihn böse anzufunkeln.

"Dann halt mal still, damit ich dir das Messer in die Brust rammen kann!", zischte sie deutlich angesäuert und widmete sich wieder dem Fruchtsalat, weil sie den tadelnden Blick ihrer Mutter bemerkt hatte. Schließlich duldete Elizabeth so ein Verhalten nicht wirklich. Jedoch ging es der Ärztin diesmal nicht darum, dass sie es nicht guthieß, sondern vielmehr darum, dass sie nicht wollte, dass ihre Tochter eine möglicherweise einzigartige Freundschaft (oder was es eben war ) vorzeitig zerstörte, weil diese so von der Wut geblendet war. Wer wusste schon, wie viel so eine Beziehung Wert war und ob es Jane irgendwann in der Zukunft bereuen würde, dass sie es nicht aufrechterhalten konnte.

„Um auf Ihre Frage zurückzukommen; meine Freizeit verbringe ich am liebsten im Freien, viel bei sportlichen Betätigungen verschiedener Art. Außerdem reise ich viel."

„Das klingt sehr interessant - vor allem das Reisen. Wo warst du denn bisher? Sprichst du viele andere Sprachen?"

"Die Frage ist wohl eher, wo ich noch nicht war", korrigierte er freundlich lächelnd. "Das wären ein paar der kleineren Inseln und Teile des Balkans. Was Sprachen angeht, spreche ich… Lassen Sie mich überlegen. Spanisch, Französisch und Deutsch recht fließend, außerdem leidlich japanisch und russisch. Aber man schnappt eigentlich überall ein paar Brocken auf, wenn man länger dort lebt. Sprechen Sie auch andere Sprachen?", erkundigte er sich.

„Oh... Na ja, um ehrlich zu sein spreche ich neben Englisch nur Französisch, da ich aufgrund der Ausbildung ein Jahr in Frankreich war", gab die Kurzhaarige leicht lächelnd zu. "Ansonsten verstehe ich nur ein paar Brocken Italienisch, aber das war´s auch schon."

Während ihre Mutter den Hausgast so mit Fragen löcherte, konzentrierte sich Jane vielmehr auf ihren Teller und versuchte, möglichst unsichtbar zu bleiben. Es gefiel ihr natürlich nicht wirklich, dass sich die beiden so gut verstanden, jedoch gefiel es ihr umso weniger, wenn sie in den Mittelpunkt rückte und Elizabeth etwas sagte, was Aiden in den falschen Hals bekommen konnte.

Gerade, als die Kurzhaarige erneut ein paar Fragen stellen wollte, konnte sie ihr Handy klingeln hören, welches sie vor dem Abendessen auf die Küchentresen gelegt hatte. Sie stand auf, um nachzusehen und ging ran. Dabei verfolgte die Vampirjägerin sie mit dem Blick und fragte sie mit einigen Gesten, ob sie noch weiteressen wollte, worauf Elizabeth den Kopf schüttelte und entschuldigend nach oben deutete - was wohl hieß, dass sie in ihr Zimmer musste, um sich um ein paar Dinge zu kümmern. Wie es aussah, ging es um die Arbeit.

Nachdem die Ärztin dann nach oben verschwunden war, stand Jane auf, um den Tisch abzuräumen und sich um den Abwasch zu kümmern. Dabei vermied sie es, den Vampir anzusehen oder mit ihm zu reden. Sie konnte sich denken, was ungefähr in seinem Kopf vor sich ging und dass er sie wohl nur zu gerne darauf ansprechen wollte. Dennoch hoffte ein kleiner Teil von ihr, dass sie ungeschoren davon kam, da es bestimmt anstrengend werden würde. Dementsprechend konzentrierte sie sich angestrengt darauf, die Reste wegzupacken, den Tisch zu putzen und das Geschirr in die Spülmaschine zu verräumen.

Natürlich kam ihr Stalker auch hier mit und half ihr beim Putzen. Währenddessen schloss er sich zwar zuerst ihrem Schweigen an, jedoch arbeitete sein Hirn dabei anscheinend auf Hochtouren, denn schon kurz darauf platzte er heraus: "Hab ich was Falsches gesagt? Ist es wegen dem blöden Spruch? Tut mir leid, ich wollte dich nicht beleidigen."

Sie seufzte schwer auf. Selbstverständlich hatte er nichts falsches gemacht oder gesagt - außer sie mit seiner Aussage ein wenig zu necken. Jedoch war das logischerweise nicht der Grund, weshalb sie seit dem Essen so eisern schwieg und ihn keines Blickes mehr würdigte.

"Vergiss es einfach", entgegnete die Brünette dementsprechend, bevor sie damit begann, das dreckige Geschirr in die Spülmaschine zu legen. Sie hoffte sehr, dass das Thema damit abgetan war und er nicht auf die Idee kam, weiter zu bohren. Von ihr aus konnte er ruhig denken, dass sie sauer auf ihn war und dass sie einfach nur Zeit benötigte, um runterzukommen. Schließlich wäre es für Jane alles andere als angenehm (vielmehr wäre es peinlich), wenn er herausfinden würde, dass Elizabeth mit ihrer Vermutung in gewisser Weise richtig lag. Der Gewöhnungsprozess an den eigentlich so verhassten Vampir war unterbewusst bereits so fortgeschritten, dass sie nicht mehr von sich behaupten konnte, dass sie ihn hasste oder sogar verabscheute. Dazu hatte er sich in ihren Augen schon viel zu oft als überaus fähig und vertrauenswürdig erwiesen - auch wenn sie es bewusst noch nicht wirklich wahrhaben wollte und es ihr ziemlich gegen den Strich ging.

Plötzlich verloren seine Züge ihre Anspannung, wurden weich, und er lehnte sich mit dem Rücken gegen die Anrichte, um Jane ansehen zu können. "Deine Mutter hat Recht, oder? Du hasst mich nicht", sagte er behutsam, trotzdem hörte man seine Freude darüber aus seiner Stimme.

Ihr wäre fast der letzte Teller aus ihrer Hand gefallen, da Aiden direkt das 'unangenehme' Thema aufgriff, welches sie gerne vermieden hätte. Ihr Körper reagierte sofort und spannte sich an. Jedoch wurde sie auch nervös, so dass sich ihr Gesicht aufgrund des Schamgefühls ein wenig erhitzte und ihr Herz etwas schneller schlug.

"Ich kann dich nicht leiden", kam es zähneknirschend, mit von ihm abgewandtem Blick, über Janes Lippen. Dabei war es natürlich offensichtlich, dass sie ihn nicht mehr wirklich verabscheute. Ansonsten hätte sie ihm bestimmt direkt ein 'ich hasse dich' an den Kopf geworfen. Die Tatsache, dass sie eine Verneinung und folglich nur ein 'nicht leiden' von sich gegeben hatte, zeigte, welches Ausmaß der 'Gewöhnungsprozess' bereits angenommen hatte.

Natürlich erkannte auch der Vampir die überaus deutlichen Zeichen dafür, dass sie log, und sein Gesichtsausdruck wurde weicher. Liebevoll wuschelte er ihr durch die Haare, als sie sich neben ihn stellte. "Das freut mich sehr", sagte er, woraufhin Jane innerlich mit ihrer Mutter schimpfte und sich selbst verfluchte, weil sie so leicht zu durschauen war.

"Ich hab gesagt, dass ich dich nicht leiden kann", entgegnete sie sofort, fast schon ein wenig anklagend als sie sich die Haare richtete und ihm für das kleine, hinterlassene Chaos auf dem Kopf einen schneidenden Blick zuwarf. Normalerweise hätte sie ihn angeschnauzt und ihm befohlen, sie nicht wieder anzufassen, doch hatte sie diesmal davon abgesehen - wusste der Kuckuck, warum. Sie schob es einfach darauf, dass der Zeitpunkt für eine tiefere Auseinandersetzung ungünstig war und sie die Kräfte für Wichtigeres aufwenden sollten.

"Ich weiß ja, ich weiß", stimmte er gutmütig zu wie zu einem störrischen Kind.

Dass er ihr nicht glaubte und vielmehr zwischen den Zeilen las, konnte die junge Frau aus seiner Antwort heraushören. Sein Grinsen machte die ganze Sache natürlich nicht besser. Vielmehr brachte es sie dazu, mit ihren Zähnen zu knirschen und genervt zu seufzen. Jedoch hielt sie sich mit weiteren Kommentaren zurück, da es wohl ohnehin Nichts bringen würde. Es würde ihn wahrscheinlich einfach weiter amüsieren.

"Ist das... Wirklich so schlimm für dich?", wollte er dann wissen, als sie ihn nur säuerlich anschwieg. "Aber es ist wirklich ok. Wenn du mich 'benutzt', meine ich, und auch, wenn du dir selbst sagst, dass du mich nur deswegen hier duldest. Sag mir, was du brauchst, und ich tue es."

Die Vampirjägerin schloss - mit etwas mehr Wucht als beabsichtigt - die Spülmaschine und fuhr sich leise, aber schwer seufzend durch die Haare. Sie konnte einfach nicht fassen, was sie hörte und was Aiden da von sich gab. Es klang beinahe so, als ob er ihr persönliches Schoßhündchen war, der beim Befehl: 'Spring!' lediglich: 'Wie hoch?' wissen wollte. Jedoch bezweifelte die Brünette natürlich, dass er dies allein wegen ihr tat, sondern dass alles vielmehr mit der Vergangenheit und ihre Verbindung mit Lady Jane Grey zusammenhing. Da sie jedoch nicht wollte, dass er erneut die Fassung verlor und sie wieder in eine unangenehme Auseinandersetzung gerieten, wählte sie ihre Worte so, dass sie ihm das nicht an den Kopf warf. Das konnte sie später noch tun, wenn die akute Gefahr vorbei war und sie weiterhin so etwas wie 'Kontakt halten' würden.

"Wenn ich dir also sage, dass ich möchte, dass du einen Teil der britischen Regierung ohne ersichtlichen Grund umlegen sollst, dann würdest du wirklich losziehen und diejenigen umbringen, die ich tot sehen will?", wollte sie mit einer hochgezogener Augenbraue wissen, ehe sie die Arme vor der Brust verschränkte und sich ebenfalls ein wenig an die Theke lehnte. "Und wie sieht es damit aus: Wenn ich dir sage, dass deine Existenz bedenklich ist und es in meinen Augen keine andere Wahl gibt, als dich auszulöschen... Würdest du dich ohne Gegenwehr umlegen lassen?"

Die Fragen, die Jane stellte, waren alles andere als freundlich. Sie waren boshaft, das wusste sie, weshalb sie kurz darauf den Kopf schüttelte, sich von den Tresen abstieß und sich von ihm abwandte, um die Küche zu verlassen.

"Du brauchst nicht auf die Fragen zu antworten. Sie sind ... unfair", gab die Vampirjägerin zu.

"Ich möchte darauf aber antworten, danke", widersprach er sanft, woraufhin er eine Weile schwieg um nachzudenken. "Im ersten Fall würde der Zusatz ´ohne ersichtlichen Grund` mich davon abhalten."

„Wenn ich also einen ersichtlichen Grund habe, würdest du es tun?", wollte sie genauer wissen, wobei sie nicht umhin kam die Augen ein wenig zu verengen und seine Gesichtszüge und Gesten zu mustern. Sie wollte sicher gehen, dass das Gesagte wirklich der Wahrheit entsprach. Zwar ging die junge Frau nicht davon aus, dass er log, da er ihr in der gemeinsamen Zeit bereits oft und deutlich gezeigt hatte, wozu er in der Lage war, wenn es um sie ging, doch irgendwie gab es einen Teil in ihr, der das noch immer nicht glauben konnte.

"Ich habe bereits für dich getötet und ja, ich würde es wieder tun", sagte er gelassen, ihren Blick unentwegt erwidernd. „Du siehst es wohl als besonders schlimm an, Regierungsmitglieder zu töten, aber die sind mir egal. England ist meine Heimat, aber Staatsoberhäupter interessieren mich schon lange nicht mehr. Die meisten sind sowieso nur Dummschwätzer, und das im besten Fall. Außerdem... Verzeih mir, aber sogar eure alten Männer sind für uns kaum mehr als Jugendliche, und noch dazu schwach. Wieso sollte ich so jemanden als Autorität akzeptieren?“

Seine standhaften und überzeugten Worte ließen die Brünette ein wenig stutzen. Zwar hatte er wirklich schon für sie getötet und immer wieder klar gemacht, dass ihr Schutz ihm überaus wichtig war, doch das erneut so direkt zu hören, war ein wenig irritierend und verblüffend.

"Verstehe...", erwiderte Jane dementsprechend nur und fuhr sich leise seufzend durch die Haare, während das Gesagte erst einmal richtig verdaut wurde.

"Im zweiten Fall…“, fuhr er fort, da dazu keine Nachfragen mehr kamen. „Es hängt davon ab, in welcher Situation wir wären. Im Normalfall würde ich, sobald ich eine Bedrohung für dich wäre, mich von dir zurückziehen. Wenn es, wie du sagst, keine andere Möglichkeit gäbe, würde ich dich gewähren lassen. Ja", endete er mit einem sanften Lächeln, das nicht zum Thema seines eigenen Todes passte.

Während ihr Gegenüber sprach, schweifte ihr Blick instinktiv zu seinem Ohr, welches er sich beim letzten Auftrag verletzt hatte und welches jetzt immer noch in einem unappetitlichen Winkel abstand. War das schon ein kleiner Vorgeschmack darauf, dass er sich, wie er jetzt sagte, für sie sogar umbringen lassen würde? Hatte sich die Brünette verhört? Erlaubte er sich einen üblen Scherz? Ungläubig blickte Jane den Vampir vor sich an, ehe sie das Gesicht abwandte.

"Du bist wirklich ein Idiot", stellte die Vampirjägerin leise murmelnd fest, was nicht wirklich beabsichtigt war und es ihr eher rausrutschte. Immerhin hatte sie sich vorgenommen, nicht über seine Vergangenheit und die Misere während seines menschlichen Lebens zu reden, doch dieser Kommentar war über ihre Lippen gekommen, als sie das Gesagte seinerseits gedanklich mit Lady Jane Grey in Verbindung gebracht hatte. Aiden lächelte über den kleinen Kommentar nur milde und Jane versuchte abrupt, das Thema zu wechseln, damit er nicht weiter darauf eingehen konnte, indem sie auf ihr eigenes Ohr deutete und seins ansah.

"Was ist eigentlich damit?", wollte sie wissen. Würde das irgendwie wieder nachwachsen?

Bei ihrer Frage strich er sich automatisch das Haar so gut es ging über das Ohr. "Das ist nichts weiter, mach dir keine Gedanken", stritt er lässig ab, womit er ihre Frage gekonnt überging.

Leise seufzend schüttelte sie den Kopf und ging auf ihn zu, wobei sie sich etwas wunderte, weil er einen raschen Blick über die Schulter hinter sich warf. Was hatte der komische Kautz denn jetzt schon wieder? Glaubte er, jemand wäre ins Haus eingedrungen und hätte sich unbemerkt an ihn angeschlichen?

Vor ihm stehend hob die junge Frau die Hand an, um seine Hand und das Haar zur Seite zu schieben, sodass sie einen direkten Blick auf das verletzte Ohr erhaschen konnte. Sie verzog leicht das Gesicht, da allein die Vorstellung an den Schmerz wehtat.

"Ich wollte eigentlich wissen, ob sich das wieder richtet, wenn du Blut trinkst? Oder wird es so bleiben?", korrigierte die Vampirjägerin ihre Frage, wobei sie instinktiv mit ihrem Daumen über sein Ohr strich und es weiter betrachtete.

Hätte sie es nicht besser gewusst, sie hätte gemeint, dass er ein wenig rot wurde. Auf jeden Fall klang Aidens Stimme seltsam belegt, als er antwortete: „E-Es wird nach ein paar Mal trinken weggehen." Dann drehte er das Gesicht so, dass sie die Verletzung nicht mehr sah, und lächelte sie entschuldigend an. "Das ist kein Anblick für eine Dame, tut mir leid."

Sie verdrehte die Augen. "Aber zusehen, wie ein Vampir zerfleischt wird oder einen Vampir selbst zu töten ist okay?", entgegnete die Vampirjägerin mit einer hochgezogener Augenbraue, ehe sie den Kopf schüttelte und von ihm abließ. Wie kam er nur dazu, sie als eine Dame zu bezeichnen?

"Wie dem auch sei... falls es dich stört, könnte man es bestimmt im Zirkel irgendwie behandeln. Ansonsten würde es meine Mutter bestimmt auch tun", bot die junge Frau ihrem Gegenüber dann an. Natürlich würde Jane niemals offen zugeben, dass sie sich Sorgen um ihn machte. Vielmehr redete sie sich ein, dass sie sich ein klein wenig schuldig fühlte, da er sich diese Verletzung wegen ihrer Unachtsamkeit eingeholt hatte - und so etwas konnte sie nicht einfach so dulden.

"Das zu sehen, hast du dir selbst ausgesucht. Ob du meine Verletzungen zu sehen bekommst, liegt bei mir."

Na, wenn er denn meinte. Sie hatte immerhin kein Problem, solche Dinge zu sehen. Jedoch lag das wohl auch daran, dass sie seit ihrer frühesten Kindheit viel ekelhaftere Dinge gesehen und getan hatte. Wieder strich er das Haar nach vorne, sodass der Schnitt verdeckt war, dann schüttelte er den Kopf. "Schon in Ordnung, es ist wirklich nicht so schlimm, wie es aussieht", versicherte er ihr, wobei ein irgendwie sehnsüchtiger, wehmütiger Ausdruck in seinen Augen lag, den Jane nicht verstand.

"Nun, ich gebe zu, es sieht ein wenig schlimm aus. Allerdings ist das normal, wenn man die Umstände betrachtet", meinte Jane auf seine Beschwichtigung hin.

"Nächstes Mal werde ich vorsichtiger sein", versprach er, um das Thema zu beenden.

Für sie war klar, dass nicht er, sondern sie die Unvorsichtige gewesen war und beide in Gefahr gebracht hatte. Da sie jedoch wusste, dass sie lange darauf herumreiten würden und sich gegenseitig die Schuldzuweisung wegschnappen würden, hielt sie sich in der Hinsicht zurück.

Sie sah aus dem Fenster und versuchte, Ordnung in das Gehörte zu bringen. Dabei wurde sie das Bild des Schoßhündchens mit einem Frauchen in Gedanken einfach nicht los, so dass sie sich ein wenig zurückhalten musste, ihm nicht den Befehl 'Spring!' zu geben und zu sehen, wie er wohl darauf reagieren würde. Der Gedanke war so amüsant für die Brünette, dass sogar ihre Mundwinkel verräterisch zuckten und in die Höhe wollten. Jedoch konnte sie sich noch so gut beherrschen, dass es nicht zu einem Schmunzeln oder Grinsen kam.

"Angenommen... ich würde dir jetzt befehlen zu springen, was würdest du tun?", wollte sie aus reiner Neugierde wissen. Sie hatte es in dem Moment einfach nicht lassen können. Sie musste es einfach wissen.

Der Vampir legte fragend den Kopf schief und zog die Brauen hoch, als er ihren austestenden Vorschlag hörte. „Ich würde fragen, wohin und wie hoch", antwortete er, wobei er sich nicht die Mühe machte, sein Grinsen zu verbergen. "Soll ich?", fügte er nonchalant hinzu und ging bereits leicht in die Hocke. Wäre ihre Mutter in dem Moment zurückgekommen, sie hätte die beiden wohl für verrückt gehalten.

Eigentlich hatte Jane gedacht, dass man diesen Grad an Absurdität gar nicht mehr übertreffen konnte, sodass sie überhaupt nicht mit dieser Antwort gerechnet hatte. Dementsprechend konnte sie ihr persönliches Schoßhündchen für einen kurzen Moment nur völlig perplex und schweigend ansehen. Sie blinzelte ein paar Mal, bevor es anschließend ungehalten aus ihr herausbrach. Ohne auf ihre Umgebung oder auf Aiden zu achten, lachte sie herzhaft drauf los. Dabei erzitterte ihr Körper so sehr, dass sie sich leicht nach vorne krümmte, sich die eine Hand an den Bauch legte und sich mit der anderen an der Wand festhielt, um nicht irgendwie umzufallen. Es dauerte kurz, bis sich die Brünette ein wenig gefangen hatte und ein paar Mal tief durchatmen konnte, um sich zu beruhigen und die Lachtränen aus den Augen zu wischen.

"Ist okay. Du brauchst nicht zu springen. Immerhin weiß ich selbst nicht wie hoch und wohin... hah...!", kam es über ihre Lippen, wobei sie danach sofort ihre Lippen fest aufeinander presste, um sich von einem erneuten Lachanfall oder Kichern abzuhalten. Herrje. So heftig hatte sie schon seit längerer Zeit nicht mehr gelacht! Wie gut, dass ihre Mutter auf dem Zimmer war und das Ganze nicht mitbekommen hatte. Ansonsten hätte sie bestimmt wieder etwas Unnötiges rausgelassen, was Jane in Verlegenheit gebracht hätte...

Belustigt und erfreut sah der Vampir zu, wie Jane versuchte, ihre Fassung zurück zu erlangen. "Wenn dir einfällt, wohin es gehen soll, sag Bescheid", zwinkerte er ihr, selbst mit einem Lachen in der Stimme, zu, dann wurde sein Gesichtsausdruck sanfter. "Du hast ein hübsches Lachen."

Sie musste noch ein wenig mit Nachwehen des Lachanfalls kämpfen, doch die erstarben bei seinem neuerlichen Kompliment recht schnell. "Hm.. Danke", erwiderte die junge Frau daraufhin schulterzuckend, ehe sie sich die Haare hinters Ohr strich und nicht weiterhin darauf einging.

Stattdessen schweifte ihr Blick zur Uhr, weshalb sie sich dann auch zur Treppe begab, da sie noch einige Dinge für die Universität erledigen und vielleicht auch den Stoff revidieren wollte. Dementsprechend steuerte sie mit ihrem neuen Mitbewohner ihr Zimmer an, bevor sie davor stehen blieb und sich an ihn wandte.

"Ich habe noch einige Dinge für die Universität zu erledigen. Von daher werde ich mich zurückziehen, wenn du Nichts mehr brauchst und zurechtkommst", meinte die Wirtschaftsstudentin und blickte den Vampir vor sich abwartend an, doch er lächelte nur und wünschte ihr eine gute Nacht.

Es war ein seltsames Gefühl, Aiden im Haus zu wissen, vor allem aber zu wissen, dass er vorerst bleiben würde. Hätte ihr vor zwei Monaten jemand erzählt, dass sie mal einen Blutsauger als Bodyguard Schrägstrich Hausgast halten würde, sie hätte demjenigen alle Knochen gebrochen.

Ihr Blick fiel auf die Rosen, die Aiden ihr als Entschuldigung geschickt hatte. Wie sie schon gesagt hatte, sie waren wunderschön, auch noch nach einer Woche. Aber dass er mit diesen Blumen ausgerechnet ihre Lieblinge ausgewählt hatte, hatte die Vampirjägerin ihm natürlich nicht gesagt. Er wusste sowieso schon zu viel über sie, und was sie nicht sagte, schien er mit beunruhigender Leichtigkeit zu erraten. Nur, dass sein Geschenk tatsächlich enorm zu Janes Besänftigung beigetragen hatte, hatte er wohl nicht so leicht glauben können, so, wie er sich nochmal persönlich bei ihr entschuldigt hatte.

Er war wirklich seltsam, angefangen bei seiner Art zu reden, über seinen Tick, sie beschützen zu wollen, bis hin zu der Tatsache, dass er Blut trank, um sich zu ernähren. Jane konnte nicht fassen, dass sie sich daran explizit erinnern musste. Dieser dauer-gutgelaunte Möchtegern Schoßhund war ein Blutsauger. Ihr geschworener Feind.

Aber seltsamerweise war sie nicht beunruhigt, als sie sich an ihren Schreibtisch setzte, ihren Computer startete und die Vorlesungsnotizen überflog bevor sie diese säuberlich und geordnet in die Zusammenfassung übertrug. Sie konnte sich entspannt und konzentriert der vorgegebenen Literatur widmen, ohne ständig mit einem Angriff zu rechnen oder sich Sorgen um ihre Mutter zu machen. Und das wollte schon etwas heißen, denn unabhängig von ihrem ´Schoßvampir` war da ja noch diese Fremde, die es scheinbar auf sie und ihre Familie abgesehen hatte. Aber – Und sie hätte sich lieber den rechten Arm abgehakt als das zuzugeben – Aiden hatte sich bereits mehr als einmal bewehrt und irgendwie, ja, irgendwie glaubte sie, dass sie sich auch diesmal auf ihn verlassen konnte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo, ihr Lieben :)

Kurz nach Janes (Und Tanyas) Geburtstag gibt es ein neues Kapitel. Ich hätte es schon am neunten hochgeladen, aber ich war im Urlaub, also… Eben jetzt. ;I Ich wünsche unserer störrischen Heldin und dir, Liebes, alles zum Geburtstag. Stay sassy, Girls. <3

Liebe Grüße und bis zum Nächsten Kapitel. Komplett anzeigen

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