Bloody Eternity von RedRidingHoodie ================================================================================ Kapitel 6: Selber Schuld ------------------------ In dieser Nacht kehrte er nicht in sein Hotelzimmer zurück, sondern lief rastlos durch die Straßen Londons, nicht, um zu jagen, sondern einfach, um in Bewegung zu bleiben. Er ging davon aus, dass Jane nicht wusste, was sie getan hatte, trotzdem musste er überlegen, wie er jetzt reagieren sollte. Irgendwann würde die Familie des Jungen diesen vermissen, selbst, wenn sie nicht in London oder sogar England lebten. Eigentlich hätte Aiden die Stadt sowieso schon längst verlassen sollen, und jetzt hatte er noch einen weiteren Grund dazu. Leider hatte er aber in Jane einen wesentlich triftigeren Grund, zu bleiben. Obwohl sie die Überreste seiner ekelerregenden Tat mit nüchterner Professionalität weggeräumt hatte. Obwohl sie schon so oft Leichen weggeschafft hatte, dass es ihr nicht mal etwas ausmachte, wie verstümmelt der Junge war, der doch aussah wie ein Mensch. Obwohl sie ihn gezwungen hatte, einen Mord zu begehen an einem Vampir, der nach den Maßstäben ihrer Rasse kaum ein Teenager war, wahrscheinlich nicht mal dreißig. Trotz all dieser Tatsachen konnte er nichts dagegen tun, sich nach ihrer Nähe zu verzehren, aus dem einfachen Grund, weil sie aussah wie seine Jane und er die Hoffnung nicht aufgeben konnte, auch einen Hauch ihres Charakters in der Vampirjägerin zu finden. Und doch verstand Aiden nicht, wie sie so kalt sein konnte. Der Tod eines anderen Lebewesens, egal, wie anders als sie es war, konnte ihr doch nicht völlig gleichgültig sein, so wollte er sie einfach nicht einschätzen. Als die Sonne aufging, kehrte er nach Hause zurück, um eine Dusche zu nehmen und doch noch ein wenig zu schlafen. Als er aus dem Badezimmer kam, hörte er aber ein ungewohntes Surren, das ihn ein wenig irritierte, bis er merkte, dass es aus seiner Hose kam, die er über einen Stuhl gehängt hatte. Er nahm das Handy heraus und stellte erstaunt fest, dass er eine SMS bekommen hatte, die erste seit Ewigkeiten - Und dann auch noch von Jane. Schnaubend legte er das Telefon erstmal weg und zog sich an, doch als er mit einem Handtuch seine Haare trocknete überkam ihn die Neugierde und er las die Nachricht. Kurz sah er den Display an, dann legte er das Handy weg… Und zehn Minuten später war er auf dem Anwesen der MCCollins, wo er wie automatisch Janes Geruch in den Garten und somit zum Wohnzimmer folgte. Einen Moment sah er zu, wie sie mit entspannter Miene fernsah und er fragte sich, ob sie tatsächlich verstand, für was sie sich da so nonchalant entschuldigt hatte, dann klopfte er mit dem Knöchel gegen die gläserne Tür, damit sie ihm diese öffnete. Sie schielte nur kurz in Aidens Richtung, seufzte leise und machte den Fernseher aus, um sich zu erheben und sich zu ihm nach draußen zu begeben. Hereingebeten wurde er mal wieder nicht, sondern schweigend von Jane in einen abgelegenen Teil des Gartens geführt, wo sie alleine waren. Aiden hatte die Arme verschränkt und wartete. Er würde ihr nicht den Gefallen tun und zuerst das Wort ergreifen. Als sie dann anfing zu sprechen, tat sie das so widerstrebend und geknickt, dass er sie nur verblüfft ansehen konnte. Er hatte nicht mal gedacht, dass ihre Stimme zu diesem unterwürfigen Tonfall überhaupt fähig war. „Aiden... also... ich weiß, dass es falsch von mir war, so zu handeln und ich hätte dich gleich zu Beginn hinzuziehen müssen. Jedoch habe ich halt ziemlich instinktiv gehandelt und nicht nachgedacht... auch während des Kampfes ist es wohl mit mir durchgegangen." Während sie sprach, blickte sie auf den Boden und verlagerte ihr Gewicht auch immer wieder von einem Bein auf das andere. Es fiel ihr sichtlich nicht leicht, darüber zu reden und es ging mächtig gegen ihr Ego, so etwas zu sagen. Nach einer kurzen Pause, trat Jane dann auch auf Aiden zu, wobei sie zögerlich seine Hand in ihre nahm und dann auch vorsichtig zu ihm hochsah. "Es tut mir Leid, wirklich. Ich hätte auf dich hören sollen.", fügte die Brünette hinzu, während sie seine Hand leicht drückte. Das war wohl das erste Mal, dass sie ihn freiwillig berührte, und dann gleich so vertraut. Wahrscheinlich wäre er etwas errötet, wenn er nicht vor zwei Tagen zuletzt getrunken hätte. In den letzten Jahrhunderten war er nur sehr selten körperlich geworden, er war es einfach nicht mehr gewöhnt. Und sie sah aus wie seine Jane, so wunderschön und sanft... Jedenfalls ließ er ihr seine Hand, von der sich eine angenehme Wärme seinen ganzen Arm hochzog, und lauschte versonnen. "Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob du das wirklich weißt.", erwiderte er leise. "Jane, dieser Junge... Ich glaube nicht, dass er schon dreißig war. Das ist, als hättest du ein zehnjähriges Kind erschossen, weil es sich beim Essen daneben benimmt.“ "Das mag sein, aber ... was hätte ich bitteschön tun sollen? Er wollte das blonde Mädchen umbringen. Hätte ich einfach zusehen sollen? Außerdem war der so Außer sich. Denkst du da wirklich, er hätte sich wieder beruhigt und dann nicht einfach ein anderes Opfer gesucht?", erwiderte die junge Frau sorgfältig und leise. Natürlich hätte der Junge weiter gejagt, dachte Aiden, der frustriert die Augen schloss. Was hätte er auch sonst tun sollen? So hatte die Natur ihre Rasse nun mal geschaffen, genauso gut hätte sie versuchen können, einer Katze das Mausen abzugewöhnen. Es ging einfach nicht, und so war es auch nicht vorgesehen. Natürlich verstand er, dass sie sich und andere Menschen verteidigen wollte, das war genauso natürlich. Sie befanden sich einfach am entgegengesetzten Ende der Nahrungskette und hatten entsprechend andere Perspektiven von dem Geschehenen. "Du hättest zum Beispiel nicht meinen Namen sagen müssen", begab er sich auf ein weniger subjektives Feld ihrer Diskussion. Das war ein Fehler gewesen, sie wusste es, das war wohl auch der einzige Grund, aus dem sie überhaupt dieses Gespräch führten, das ihr merklich gegen den Strich ging. "Ich hätte ihn nicht laufen lassen können, nicht, nachdem ich ihn angegriffen und dich verteidigt hatte." Er hätte ihn wegbringen können, ihn ohnmächtig schlagen, irgendetwas, nur nicht das Blut eines Kindes an den Händen kleben haben… Sie sah ihn auch ziemlich verwirrt - beinahe schockiert - und mit großen Augen an, bevor sie gestand: "Ich... habe das nicht bemerkt. Verzeih. Ich war gestern wohl zu aufgewühlt und durch dein Auftreten verwirrt, dass ich es unbewusst getan habe.“ Intensiv beobachtete er die junge Frau, aber ihre Überraschung und ihr Schreck schienen echt. Das wiederum erstaunte Aiden. Also entschuldigte sie sich, weil sie alleine losgezogen war? Oder aus welchem Grund? Er nickte langsam wegen ihrer neuerlichen Entschuldigung, sagte aber nichts mehr dazu. Geschehen war geschehen und wenn es Konsequenzen für ihn gab, dann nur, weil er ihr überhaupt gefolgt war. Sollte Jane selbst Probleme bekommen, würde er sich eben darum kümmern müssen. „Hör zu… Ich weiß, du hasst uns, und du musst mir nicht sagen wieso, aber du musst dich an ein paar Regeln halten, wenn du meine Hilfe willst." Er stockte, weil er damit ja indirekt zugegeben hatte, dass er mit ihr zusammenarbeiten würde. Sie verwirrte ihn, wenn sie so nah war, ihn auch noch berührte. Er schaffte es nicht mal, ihr in die Augen zu sehen, deshalb ließ er - äußerst Wiederwillig - ihre Hand los und trat, erneut mit verschränkten Armen etwas von ihr weg. Dabei sah er das Haus an. "Davon abgesehen, dass du hättest tot sein können." Der sanfte Ton, der wohl ihrer Hand in seiner geschuldet gewesen war, nahm spürbar ab. Jetzt llang er eher resigniert. „Ich könnte über die Straße gehen, von einem Auto erfasst werden und sterben. Genauso könnte ich in den Supermarkt gehen, etwas einkaufen und erschossen werden. Ich, als Mensch, kann immer irgendwie sterben.", erwiderte Jane ziemlich nüchtern und realistisch, ehe sie die Arme vor der Brust verschränkte und ihren Blick abwandte, um an Aiden vorbei zum Haus zu blicken. Er sah sie wieder an, jetzt mit einem gequälten Ausdruck im Gesicht. "Ich weiß. Du bist so zerbrechlich…" Das wollte sie sicher nicht hören, aber so war es für ihn nun mal. "Aber du brauchst ja nicht ´Ich bitte!!` rufen, als wäre der Sensenmann ein Artist im Zirkus, der einen Freiwilligen braucht." Lachend schüttelte sie den Kopf und auch Aiden lächelte kurz über seine wohl doch etwas übertriebenen Vergleiche, doch gleich darauf wurde er wieder ernst. "Du kannst kämpfen, das habe ich gesehen, aber der Vampir, den du jagen willst, ist vielleicht fünf Mal so alt und stark. Ich kann nicht..." Er stockte, weil es doch ziemlich gruselig wäre zu sagen, dass er sie nicht nochmal sterben sehen konnte. Aber seit er Jane kennengelernt hatte, träumte er wieder vom blutigen Kopf der anderen Jane auf dem Boden und von seinem Erschaffer, und er fühlte sich so hilflos, wenn er aufwachte, hilflos in all seiner immensen Stärke. "Ich will nicht, dass dir etwas passiert. Du musst auf mich hören. Bitte.", endete er in einem leicht flehenden Ton, der auch in seinen Augen lag. In ihrem Gesichtsausdruck legte sich ein Schleier von Verzweiflung, welche auch mit jedem Worte deutlicher zu hören war. "Ich weiß, dass der Vampir deutlich stärker ist und dass es ein überaus großes Risiko ist, aber ... genau darum habe ich dich gefragt. Wenn wir zusammenarbeiten, wird bestimmt nichts passieren. Außerdem würde ich mich nicht einfach kopflos in den Kampf stürzen, sondern das Ganze mit dir besprechen. Ich würde mich sogar nach dir und deinen Plänen richten - Hauptsache, wir machen diesen Vampir unschädlich! Aiden, bitte!" Ihre Tonlage sorgte dafür, dass er einen leichten Knoten im Magen bekam. "Bestimmt sagst du. Glaubst du das wirklich oder soll mich das überzeugen?" Er glaubte nicht, dass sie ihm derart vertraute, ihr ganzes Verhalten bis zum gestrigen Morgen hatte eine andere Sprache gesprochen. Und jetzt sollte sie ihm bereitwillig ihr Leben in die Hände legen? Wohl eher nicht. Er trommelte mit den Fingern auf dem Oberarm rum, sah jetzt zur Straße, auf der ein paar Autos vorbei fuhren. Seine eigene größte Sorge war nicht der andere Vampir; Er wusste zwar nicht, wie stark derjenige war, aber er war relativ zuversichtlich, dass er Jane beschützen konnte, und sie war ja auch nicht ganz so wehrlos, wie er angenommen hatte - Diesen Schnitt an der Hüfte hätte nicht jeder Sterbliche einem Vampir beibringen können. Er machte sich nach wie vor größere Gedanken um seine Selbstkontrolle. Er konnte ihr das Gefühl nicht beschreiben, das seiner Art die Kehle versengte, wenn sie Blut rochen. Am meisten war es wohl wie ein Junkie, der unbedingt einen Schuss brauchte, bereit war, alles dafür zu tun, um diesen zu bekommen. Es gab in diesem Moment nichts anderes mehr und es war schwer zu stoppen, wenn es einmal angefangen hatte. „Ich glaube das wirklich; nein, ich weiß es - wenn du dabei bist.", erwiderte sie auf seine Frage hin ehrlich und resolut, wobei sie ihm dabei auch in die Augen sah. Sie glaubte wirklich an ihn... Er schluckte etwas; Sein bröckelnder Widerstand schmeckte trocken im Mund. "Ich weiß es einfach noch nicht, Jane. Gib mir noch Zeit.", sagte er leise, ohne ihren Blick zu erwidern. Er hätte alles getan, um sie zu beschützen, nur, weil sie aussah wie seine Jane. Für die war er sogar bereit gewesen, sein Leben zu geben und weil er das Gefühl hatte, er schuldete ihr noch etwas, würde er seine Existenz jetzt eben ihrer Nachfahrin schenken. Als Ausgleich dafür, dass er zu spät gewesen war. "Wie du willst. Geduld ist zwar nicht meine Stärke, doch ich gebe dir diese Zeit. Du meintest gestern ohnehin, dass du es dir gründlich und gut überlegen willst, also finde ich mich damit ab. Ich würde es jedoch sehr begrüßen, wenn du dich mit deiner Entscheidung beeilen könntest.", meinte die Brünette etwas enttäuscht, ehe sie sich dann auch von Aiden entfernte. Unwillkürlich legte er die Hand auf ihre Schulter, hielt sie vom Gehen ab. Sofort merkte Aiden, wie Jane kurz zusammenzuckte und ihn mit einer leicht hochgezogener Augenbraue ansah. Auch ihre Nackenhaare richteten sich ein wenig auf und der Vampir spürte, wie ihre Muskeln sich unter seinen Fingern verkrampften, weshalb er diese sofort zurückzog. Sie hatte ihre Rolle am letzten Tag wohl zu gut gespielt. Fast wäre er Gefahr gelaufen, zu glauben, sie würde ihn tatsächlich nicht abstoßend finden. "Mach in deiner Ungeduld nichts unbedachtes.", sog er sich eine Erklärung für die Berührung aus den Fingern, als die Jägerin ihn fragend ansah. „Tue ich nicht, keine Sorge. Ich hab ja gemerkt, dass du nicht darauf stehst.", erwiderte sie sehr schlicht Anbetracht dessen, dass Aiden richtiggehend ausgetickt war, weil dieser andere Vampir sie berührt hatte. "Und ich will ja, dass du mit mir zusammenarbeitest, also unterlasse ich das… Wenn sonst nichts ist, dann würde ich jetzt gerne reingehen und mein Wochenende genießen." Als er nickte, wandte sie sich ab und zog sich ins Haus zurück, womit sie ihn praktisch von ihrem Grundstück schmiss. Während des Wochenendes hatte Aiden sich von Jane und dem Anwesen ihrer Familie ferngehalten. Außerhalb der Stadt hatte er gejagt, was seine düstere Stimmung weitestgehend vertrieben hatte, und er hatte tatsächlich den jungen Vampir auftreiben können, der im Zirkel arbeitete. Das Ganze war mehr in eine Befragung über Jane und ihre Arbeitsweise und ihr Verhalten ausgeartet, als in die Erkundigung über die Partnerschaft, die Aiden eigentlich angedacht hatte. Leider hatte Tommaso aber nicht viele Auskünfte geben können, weder, was die junge Jägerin, noch, was seine Arbeit anging; Das sei geheim, hatte der Italiener gesagt, er könne Außenstehenden nicht einfach alles erzählen. "Ich weiß nur, dass sie schon ewig dabei ist und so schnell die Ränge hochgeklettert, dass manche das nicht guthießen… Neid oder Sorge, keine Ahnung, ist mir auch egal.", hatte der gutaussehende Mann mit Schulterlangen, dunklen Locken und leuchtend braunen Augen lässig erzählt. "Jedenfalls ist sie verbissener als alle anderen. Wär schon interessant zu wissen, wieso." Ja, das hatte Aiden sich auch gedacht. Sie war hinter diesem Serienkiller her, über den es wenig herauszufinden gab; Kein Vampir wusste, wer er war, weil die meisten sich aus den Revieren raushielten, die jemand als festes zu Hause ausgesucht hatte. Allerdings hatte Aiden sich auch nicht allzu viel Mühe gegeben, weil er etwas Abstand zu dieser ganzen Affäre gewinnen wollte. Er erkannte sich in dieser Neugierde, in dieser Beharrlichkeit selbst nicht wieder und er wusste nicht, ob ihm diese Seite an sich gefiel. Jedenfalls war er wieder der üblichen guten Laune, als er am Montagmorgen auf dem Campus wartete, diesmal schon mit einem Becher Kaffee für Jane in der Hand und der obligatorischen Sonnenbrille in die dunkelblonden Haare hochgerutscht, die dadurch vom Kopf abstanden. Er stand bereits neben der Tür zum Lehrsaal, als die junge Frau auf ihn zukam, und er stieß sich von der Wand ab, als sie mit suchendem Blick auf ihn zukam. "Guten Morgen. Ich wusste nicht, wie du deinen Kaffee willst, also hab ich ihn schwarz gelassen. Wenn du Milch und Zucker willst hab ich das auch.", erklärte er, als er ihr den Becher in die Hand drückte. Kurz zog sie die Augenbrauen überrascht hoch, dann lächelte sie ihn an. "Danke.", erwiderte Jane als sie den Kaffeebecher entgegennahm und dann auch gleich erklärte, dass sie ihren Kaffee immer schwarz und zwei Löffeln oder Stück Zucker trank. Zum vermutlich ersten Mal wirkte Janes Lächeln aufrichtig, was Aidens Laune fast noch mehr hob, falls überhaupt möglich. Sie sah noch hübscher und vor allem jünger aus, wenn sie sich entspannte und er freute sich jedes Mal, wenn er das sah. Er erwiderte das Lächeln sanft und nahm sich vor, ihr öfter Kaffee zu bringen, wenn das ihre Reaktion darauf war. Aus der Tasche seines Mantels zog er zwei Tütchen Zucker, den Rest der mitgebrachten Zusätze warf er noch auf dem Weg zu ihren Plätzen weg. "Hattest du ein schönes Wochenende?" Es war ohne vampirischen Besuch verlaufen, das dürfte für sie wohl aus ´Gut` gelten, aber fragen durfte man wohl mal. „Ganz gut, eigentlich. Ich habe endlich mal ein wenig das Haus mit meiner Mutter auf Vordermann gebracht und dann auch noch mit Logan zusammen an der Seminararbeit gearbeitet, damit wir diese so schnell wie möglich abgeben können. Ansonsten habe ich mich ausgeruht und ein paar Recherchen angestellt.“ Während die junge Frau gesprochen hatte, hatte sie immer mal wieder einen kleinen Schluck Kaffee zu sich genommen, wobei ihr Blick beinahe stets auf Aiden gerichtet war. Im Gegensatz zu dem Zustand von vor ein paar Tagen, schenkte sie ihm nun wirklich ihre Aufmerksamkeit, was der Vampir mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nahm. Ob sie das wirklich interessierte oder nur ihrer ´Masche` gehörte, um ihn für ihre Sache zu gewinnen? "Und seid ihr gut vorangekommen mit der Arbeit?", fragte er, relativ gleichgültig, wenn auch nach wie vor mit einem stoischen Lächeln. Folgsam berichtete sie ihm von ihrer Arbeit, in der es wohl um unterschiedliche Formen von Kapitalismus in der Zeit der Krise gehen sollte. Aiden hätte zu diesem Thema sicher etwas sagen können, zog es aber mangels tiefergehender Bildung vor, zu schweigen. Die Wirtschaft der Menschen war ihm ein so entrücktes Thema, es erschien ihm unnötig kompliziert und unfair, dass er sich nicht damit befasste - nun, abgesehen von seinem spärlichen Studienarbeiten. Es gab aber auch keinen Grund für ihn, sich damit auseinander zu setzen. Wenn er wollte, könnte er sich ohne einen Cent in der Tasche versorgen, doch wie die meisten seiner Art zog er es vor, möglichst wenig Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Wie war es bei dir?", erkundigte Jane sich für ihren Sitznachbarn überraschend. "Ähnlich wie deines; Ich habe Nachforschungen angestellt. Ich nehme an, dass du dich über unsere Beute informiert hast?", erkundigte er sich, wobei er absichtlich offen ließ, ob er sich ebenfalls mit ihrer Beute befasst hatte. Er konnte sich schließlich gut vorstellen, dass es der Jägerin nicht passte, dass er Informationen über sie einholte. "Ich habe mit einem Kollegen von dir gesprochen, Tommaso Succi, vielleicht kennst du ihn? Dünn, klein und dunkelhaarig?" Dass er hübsch war, brauchte er wohl nicht sagen; Das waren sie fast alle. Er warf ihr einen Blick zu, aber da sie sich nicht sonderlich mit der Partnerschaft auszukennen schien, die sie ihm vorgeschlagen hatte, ging er eigentlich nicht davon aus dass er Teams kannte, die ein solches Bündnis geschlossen hatten. "Tommaso Succi?", murmelte Jane leise ehe sie den Kopf schüttelte. "Um ehrlich zu sein, kann ich ihn nicht zuordnen, aber ich werde beim nächsten Mal versuchen, auf so jemanden zu achten." "Da wird Tommaso aber enttäuscht sein." Das stimmte sogar; der Halbitaliener war Aidens Meinung nach ziemlich eingebildet und von einer hübschen Frau übersehen worden zu sein, würde sicher an seinem Ego kratzen. Wenigstens bin ich nicht der einzige, dachte Aiden vergnügt. "Er schien… Sehr überrascht, dass du einen Partner möchtest." "Das überrascht wiederum mich nicht. Ich bin nicht gerade bekannt dafür, mit jemandem zusammenzuarbeiten.", erklärte die junge Frau ehrlich. "Die meisten kennen mich für meine Zielstrebigkeit und tadellose Arbeit - ohne Tamtam und ohne oberflächliche Nettigkeiten." Der Vampir lachte auf; Das hatte er gemerkt, und doch saß sie jetzt hier und plauderte über ihr Wochenende. Man musste die Leute nur zu überzeugen wissen... Beziehungsweise sie zappeln lassen, wenn sie etwas wollten. "So etwas in der Art sagte er auch. Und, dass du eher mit den 'hohen Tieren' herumtreibst, wie er es so malerisch ausdrückte." "Mit den 'hohen Tieren'?", wiederholte Jane seine Worte schließlich etwas belustigt, bevor sie sich durch die Haare und ein wenig schmunzelte. "Gut. Da hat er irgendwo Recht, wobei ich zu meiner Verteidigung sagen muss, dass ich es beim 'höchsten Tier' nicht selbst beeinflussen konnte. Das war die Laune dieses ... Tieres." Irgendetwas an dem Wort 'Tier', das nur einer Redensart geschuldet war, schien sie höchst amüsant zu finden. Aiden zog die Brauen hoch. "Also darf ich annehmen, dass die... Ich weiß nicht, wie ihr das nennt, Anführer? Eure Führungsriege hat dich ausgewählt hat, um deine Zeit mit ihnen zu verbringen? Woher diese Ehre?", erkundigte er sich. "Nenn ihn ruhig das 'höchste Tier'.", erwiderte die Brünette sofort mit einem Grinsen, wobei man merkte, dass sie das Lachen nur zu schwer unterdrücken konnte. Dann versuchte sie, wieder eine ernstere Miene aufzulegen, indem sie sich räusperte und den weiteren Worten ihres potentiellen Partners widmete. "Ganz ehrlich? Ich weiß es bis heute nicht genau oder vielmehr: Ich habe aufgegeben, es verstehen zu wollen.", gab die junge Frau ehrlich zu und strich sich die Haare hinters Ohr, wobei sie bemerkte, wie einige Studenten in den Hörsaal kamen und sie dementsprechend auch ihre Lautstärke ein wenig sinken ließ. "Jedes Mal, wenn ich gefragt habe, meinte er nur, dass ihn meine gesamte Ausstrahlung und mein Blick fasziniert haben. Später war er anscheinend so von meinem Willen und meiner Verbissenheit beeindruckt, sodass er mich weiterhin unter die Fittiche nahm und ich so - ganz automatisch - Zeit mit den höheren Tieren verbrachte." Die Antwort war für Aiden, der ja eben aufgrund reiner Äußerlichkeiten an Jane interessiert war, seltsamerweise sogar nachvollziehbar. Man sah ihr Potential an und es war sicher spannend zu beobachten, was sie daraus machte. Allerdings schien Jane etwas anderes auf dem Herzen zu haben als ihre Vorgesetzen. Sie fuhr sich leise seufzend durch die Haare, auf diese unzufriedene Art, die Aiden inzwischen schon recht gut kannte. Dann stellte sie den Becher auf dem Tisch ab und verschränkte die Arme vor der Brust. Dabei lehnte sie sich ein wenig zum Vampir vor und sah ihn direkt, sowie auch unverfroren an. "Und? Was wolltest du sonst noch von ihm wissen? Das war sicher nicht das Einzige, was du aus ihm herausbekommen wolltest, oder?", verlangte die junge Frau zu wissen. "Ich denke, wenn wir schon zusammenarbeiten, dann kannst du auch versuchen, die Fragen zuerst an mich zu richten. Immerhin geht es dabei wohl oder übel um mich. Außerdem ist es nicht unbedingt die feine, englische Art hinter dem Rücken einer Lady solche Recherchen über sie anzustellen, findest du nicht auch?" Bei ihrem Verhör bekam er ein schlechtes Gewissen, denn tatsächlich gehörte sich nicht, was er getan hatte, aber als Tommaso schon mal da war, hatte ihn irgendwie die Neugierde übermannt, sehr zur Erheiterung des reinblütigen Vampirs. Trotzdem lächelte Aiden nur unverbindlich, als er antwortete. "Noch arbeiten wir aber nicht zusammen, Jane.", erinnerte er sie freundlich. Sie hob leicht die Augenbrauen, gab aber leicht seufzend nach. "Gut. Dennoch wäre ich froh, wenn du solche Fragereien direkt an mich wenden würdest. Ich mag es nicht, wenn man versucht, hinter meinem Rücken etwas herauszufinden, wenn ich doch offensichtlich in der unmittelbarer Nähe bin.", korrigierte sich die Brünette daraufhin. "Außerdem… Falls wir zusammenarbeiten würden, wäre das ein durchaus größerer Vertrauensbruch, findest du nicht?" "Vertrauen?", fragte er, als wäre ihm das Wort unbekannt. Seine Züge wurden für einen Moment hart. Nannte sie es 'vertrauen', ihn einfach stehen zu lassen, während sie sich in Gefahr begab? Wo doch sie ihre Partnerschaft überhaupt anstrebte? Nannte sie es Vertrauen, auf jede seiner Fragen mit 'Das kann ich dir nicht erzählen.', zu antworten, aus irgendeinem hergeholten Grund - wo dieser Grund ihrer beider Leben Wert zu sein schien? Sie verlangte den Schutz von etwas, dass es nicht mal zu geben schien. Aidens Stimme klang ein winziges bisschen kühl, obwohl er wieder lächelte bei seiner Antwort: "Es müsste erstmal etwas da sein, das gebrochen werden könnte." „Punkt für dich.", entgegnete sie diesbezüglich nur, ehe sie ihn fordernd ansah, damit er ihre eigentliche Frage beantwortete. "Ich habe ihn aufgesucht, weil er einen menschlichen Partner hat und ich mehr über die Bedingungen für einen solchen Vertrag herausfinden wollte, bevor ich zustimme oder ablehne. Als er mir nicht weiterhelfen konnte, kam das Thema auf dich zu sprechen... Allerdings wusste er nicht viel von dir." Ihr Gespräch wurde von einem leisen Surren unterbrochen, welches aus Janes Ledertasche kam, sodass sie sich von Aiden abwandte und das Handy rausnahm. Geduldig wartete er, bis sie auf ihr Handy gesehen hatte, obwohl er das für eine Unart der heutigen Menschen hielt, reale Gespräche zu unterbrechen, weil sich irgendein Medium meldete. Während des Telefonats sah sie zunächst etwas irritiert aus, weil sie wohl nicht mit so einer Nachricht gerechnet hatte, doch ihr Gesichtsausdruck rutschte schnell ins Genervte und sie verdrehte die Augen als sie das Handy auf den Tisch vor sich ablegte. "Hast du nach den Vorlesungen schon was geplant?", wollte Jane unverfroren von ihrem Sitznachbar wissen, nachdem sie sich wieder ihm zugewandt hatte. "Dein Informant scheint wohl ein wenig geplaudert zu haben, denn ich bin offiziell gebeten worden, mal wieder im Zirkel aufzutauchen - mit der ausdrücklichen Bitte, dich mitzunehmen, wenn es möglich ist." Er fühlte sich ziemlich überrumpelt, als Jane ihm eröffnete, wohin er mit ihr gehen sollte, denn er hatte das Gefühl, nicht mehr nein sagen zu können, wenn ihre Vorgesetzten ihn erstmal gesehen hätten. Außerdem würde er sich damit auf die Seite der Menschen schlagen, seine Existenz zu einem gewissen Grad öffentlich machen, was ihm nicht sonderlich behagte. "Ist das so?", fragte er ausweichend und strich ein Blatt noch glatter, als es eh schon war. "Und was soll dort passieren?" „Keine Sorge. Sie werden nicht versuchen dich umzubringen oder dir sonst eine Falle zu stellen. Sie sind lediglich überrascht darüber, dass ich mit einem Vampir so... 'vertraut' umgehe. Sie wollen näheres zu unserer Beziehung herausfinden und dich einfach mal... 'kennen lernen'.", meinte die junge Frau schulterzuckend, ehe sie sich nach vorne drehte, als sie merkte, wie die Professorin eintrat und ihre Sachen aus der Aktentasche nahm und es wohl nicht mehr allzu lange dauerte, bis das Seminar begann. Mal wieder bekam Aiden keine wirklich aufschlussreichen Antworten; Das einzige, das unmissverständlich klar war, als sie sich der Professorin zuwandten, war, dass er keine Wahl hatte, als Janes "Einladung" anzunehmen und mit ihr in den Zirkel zu gehen. Flüchtig überlegte er, nach der Lesung einfach zu gehen, doch er verwarf den Gedanken mit einem schicksalsergebenen Seufzen; Das wäre viel zu unhöflich. Er glaubte auch nicht, wie Jane offenbar annahm, dass man ihn zu töten versuchen würde, schließlich war er eingeladen worden und ein potentielles Mitglied. Nein, er fühlte sich einfach überrumpelt, was kein Wunder war, so, wie sie von diesem Treffen sprach. ´Etwas über seine Beziehung zu Jane herausfinden`, ihn ´Kennenlernen`, das klang genau nach dem, was er nicht wollte; Einem Bewerbungsgespräch. Aus seiner Sicht war dieser Vertrag, sollte er tatsächlich geschlossen werden, nämlich eine Sache zwischen ihm und dem Mädchen. Natürlich wusste er, dass der Zirkel hinter ihr stand, aber dieser tangierte Aidens persönlichen Interessen nicht. Diese bezogen sich momentan einzig und alleine auf Jane und ihre Sicherheit. Da er aber wohl nicht der einzige war, der sich Sorgen um die Jägerin machte und er ihren Vorgesetzten zugestehen musste, ihn zu Janes Sicherheit zu überprüfen - Sonst wäre er wohl der nächste auf der Abschussliste; Man würde wohl kaum einen vampirischen Stalker beim Liebling des Organisationschefs dulden - Folgte er ihr in den Wagen und machte sich mit Jane auf den Weg zum Zirkel. Er hatte sie ja nicht in Ruhe lassen können und am letzten Abend sogar seine Bereitschaft, ihr zu helfen, angedeutet. Da war er wohl selber schuld, dass er sich jetzt mit ihr unter eine Horde von Menschen begeben musste, die sich der Ausrottung seiner Spezies verschrieben hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)