~ Love at third sight ~ von Nea-chan (Mit dem Herz gegen alle Regeln) ================================================================================ Kapitel 23: Bad surprise ------------------------ Der Samstag gestaltete sich für Momoko alles andere als angenehm, denn die Nebenwirkungen der Pille danach schienen erst im Morgengrauen ihr volles Potenzial zu entfalten. Mit viel Kräutertee und ein paar Zwieback, schleppte sie sich mit Mühe durch den Tag, schlurfte blass wie ein Geist in einem Pyjama durch das Haus oder wälzte sich ruhelos in ihrem Bett hin und her. »Hätte ich geahnt, dass mir diese eine Nacht so viele Umstände bereitet, hätte ich es gelassen…«, dachte Momoko oft bei sich, wenn sie wieder eine neue Welle aufkommender Übelkeit niederkämpfen musste. Zu ihrem Glück hatte sie noch Vomex von ihrem Vater im Arzneischrank, sodass sie, kombiniert mit einer Aspirin, wenigstens einen Teil der Zeit schlafend vor sich hin leiden konnte. Gegen Mittag läutete ihr Telefon wütend vor sich hin, doch die mitgenommene Schülerin fühlte sich außer Stande nach unten zu stürmen, um abzuheben. Wer etwas Dringendes von ihr wollte, würde sein Handy bemühen. Es dauerte auch nicht lange, da flogen auch schon die ersten besorgten SMS von Yuri und Hinagiku ein, die sie über ihr Leiden hinweg völlig vergessen hatte. Seufzend beruhigte Momoko die aufgewühlten Gemüter ebenfalls per Kurznachricht und erklärte sich als Magen-Darm krank. Das Türläuten am Nachmittag ließ sie aus einer weiteren, dringend notwendigen, Ruhepause schrecken. „Oh man… geh weg, ich bin nicht da…“, schimpfte sie leise in ihr Kissen und zog sich ihre Zudecke über den Kopf. Doch wer auch immer unten vor ihrer Tür auf sie wartete, hatte anscheinend nicht vor zu weichen, ehe sie sich blicken ließ. Genervt stöhnend erhob sie sich doch und setzte sich an die Bettkante. Wer um Himmels Willen war unverfroren genug derart Sturm zu klingeln? Sie erwartete weder ein Paket noch Besuch… Die Gedanken in ihrem brummenden Kopf sammelten sich, während sie aufstand, in ihre Pantoffeln schlüpfte und ihre Zimmertür passierte. »Oh Gott! Was, wenn das Yosuke ist?«, schoss es ihr plötzlich durch den Geist. Natürlich! Vielleicht wollte er wissen wie es ihr seit jener Nacht ergangen war oder er hatte ihr etwas anderes, Dringendes zu erzählen… Wie wach gerüttelt, eilte sie hektisch die Stufen hinunter und schämte sich bereits jetzt in Grund und Boden dafür, dass sie mit unfrisierten Haaren und im Schlafanzug die Tür öffnen musste. Hätte er sich nicht wenigstens ankündigen können?! „Ich komme schon!“, rief sie der erneut ungeduldigen Türklingel entgegen. Sich räuspernd und ihre Haltung begradigend, drehte sie den Schlüssel herum und öffnete endlich. „Guten Tag – na endlich, ich befürchtete schon, Sie sind nicht da.“ Verdutzt sah sich Momoko einem großen Mann im schwarzen Anzug und mit Sonnenbrille gegenüber, der ein großes, flaches Päckchen und einen Strauß roter Rosen bei sich trug. „Sie sind doch Fräulein Hanasaki, nehme ich an?“, hinterfragte er skeptisch und lugte über den Rand seiner Brille hinweg, um sie besser mustern zu können. Beschämt versuchte die junge Frau ihre strubbeligen Haare mit den Fingern irgendwie zu ordnen, doch es war hoffnungslos. „Ja, bin ich… auch wenn ich mir heute mal nicht ähnlich sehe.“, scherzte sie unsicher. Dem Boten war ihr Versuch, gelassen zu wirken, anscheinend ziemlich gleichgültig. Er überreichte ihr den Blumenstrauß und legte ihr das Päckchen zu Füßen, woraufhin er ein Klemmbrett unter seiner Achsel hervorzog und es ihr gemeinsam mit einem Kugelschreiber hinhielt. „Eine Unterschrift bitte.“, erklärte er nur knapp. Bevor Momoko wusste wie ihr geschah, setzte sie wortlos ihr Kürzel bei dem kleinen X und gab den Stift zurück. Höflich bückte sich der Mann nach dem Päckchen und schob es ihr unter den freien Arm, verbeugte sich kurz und verabschiedete sich dann. „Es war mir ein Vergnügen.“, sagte er, als er ging. „Da-, danke…“, stammelte die Rosahaarige verlegen, lief ein Stück rückwärts und schob die schwere Haustür mit ihrem linken Fuß zu. Umständlich bugsierte sie beide Geschenke zum Esstisch hinüber, wo sie zu allererst das Päckchen ablegte und sich dann dem Rosenstrauß zuwandte. „Wow, die müssen unglaublich teuer gewesen sein…“, bemerkte sie staunend und sog den Duft der vielen Blumen ein. Damit dämmerte ihr auch, von wem die Sachen wirklich sein mussten. Yosuke schied aus. Ein kleines Kärtchen inmitten der Rosen bestätigte ihren Verdacht; sie waren von Takuro, natürlich. Allerliebste Momoko, ich hoffe, ich habe mit den Rosen Deinen Geschmack getroffen. Sie sollen Dich auf unseren gemeinsamen Abend morgen einstimmen und daran erinnern, wie stark meine Gefühle für Dich sind. In dem Päckchen ist ein kleines Geschenk für Dich, weil ich mir nicht sicher war, ob Du etwas Passendes zum Anziehen in Deinem Kleiderschrank hast. Du wirst bestimmt umwerfend aussehen, ich freue mich darauf Dich darin zu sehen! In Liebe Takuro „Auweia…“, sagte sie anschließend und warf dem Päckchen einen ängstlichen Blick zu. Momoko legte den Strauß beiseite und wagte sich an das Geschenkpapier der großen, flachen Schachtel. Als sie anschließend den Deckel abhob und ein paar Lagen Seidenpapier umgeschlagen hatte, kam roter Stoff zum Vorschein. Erleichtert, auf den ersten Blick nichts dramatisch Kitschiges oder Aufdringliches auszupacken, hob die junge Frau das Kleid vorsichtig aus der Schachtel und hob es vor sich in die Höhe. Es war ein einfarbiges, hochgeschlossenes Cocktailkleid, aus leichtem, fließendem Stoff. Momoko hielt es sich vor den Körper; der Rocksaum fiel in sanften Wellen bis knapp über ihre Knie. Es war das perfekte Kleid zum Tanzen und sich darin Drehen. Das einzige Detail daran war der breite Gürtel aus schwarzem Chiffon, der auf der linken Seite zu einer lockeren Schleife mit langen Enden verknotet war. »Wenigstens hat er Geschmack.«, dachte die Beschenkte dankbar und ließ das Kleid ordentlich zurück in die Schachtel gleiten. Seufzend betrachtete sie den kräftig roten Stoff noch einen Augenblick lang, ehe sie den Rückweg zurück in ihr Bett antrat. Der Moment der Aufregung hatte Momoko ihre Beschwerden vergessen lassen, doch allmählich machten sich der Schwindel und die latente Übelkeit wieder bemerkbar. Noch während sie wieder die Treppe nach oben hinauf stieg, fragte sie sich rüffelnd, wie sie nur davon ausgehen konnte, dass es Yosuke hätte sein müssen, der sie besuchte. Sie hatte ihn doch selber um Zeit gebeten und wollte sich außerdem als erstes bei ihm melden. Anscheinend schien er sich daran zu halten. Nach einer Dankes-SMS an Takuro, schob Momoko alle bedrückenden Gedanken von sich und gab sich wieder dem Verschlafen des Tages hin. ~*~ Der Sonntagabend kam schneller, als es Yosuke lieb war. Die letzten zweieinhalb Tage hatte er fast nichts anderes getan, als über das bevorstehende Gespräch mit Hiromi nachzudenken. Immer wieder legte er sich einen neuen Text im Geist zurecht und verwarf ihn danach alsbald. Schlussmachen war für ihn eine Premiere und gerade Hiromi war die Letzte, die man abservieren wollte, wenn man, wie er, ihr beängstigendes Temperament kannte… Sobald er sich von diesem heiklen Thema frei machen konnte, dachte er wieder an Momoko und ihr Date, das wohl etwa parallel zu seiner Aussprache mit seiner bald Exfreundin stattfinden würde. Dass das alles so kompliziert für ihn werden würde, hatte er nicht geahnt. Zu seinem Ärger wurmte ihn nämlich der Gedanke mächtig, die Blauäugige den Händen dieses Lackaffen ausgeliefert zu wissen. Vor allem, nachdem er seit Freitagvormittag nichts mehr von ihr gehört hatte… Ging es ihr gut? War sie gewappnet, oder vielleicht doch verunsichert und unglücklich? Sorgen über Sorgen, egal an welche Frau er dachte; es war ein echtes Dilemma. Yosuke prüfte die Uhrzeit, es war fast 18 Uhr. Für diese Uhrzeit hatte sich Hiromi am Vortag bei ihm angemeldet. Drei Wochen war sie nun weg gewesen und würde wahrscheinlich zur Tür hereingestürmt kommen und eine überschwängliche, romantische Begrüßung erwarten. Doch er hatte nichts vorbereitet, stattdessen saß er grübelnd an seinem Esstisch und versuchte Mut zu fassen. Es würde ihr das Herz brechen, dabei konnte sie nicht mal etwas dafür, dass es vorbei war. Zumindest nicht ausschließlich. Er hörte einen Schlüssel im Türschloss klimpern, schlagartig beschleunigte sich sein Puls. Hastig stand er auf und lief Hiromi entgegen, die sich gerade mit ihrem Gepäck durch den Türrahmen quetschte. „Ich bin wieder da~haaa!“, trällerte sie vergnügt mit ihrer hohen Stimme. Als sie Yosuke entdeckte, breitete sich ein herzliches, überglückliches Lächeln auf ihrem gesamten Gesicht aus. Ihre roten Augen sprühten verliebte Funken in seine Richtung. Reflexartig breitete der Torwart die Arme aus, als sie einfach alles fallen ließ, um ihm entgegen zu springen. „Yoyo-Maus! Ich habe dich schrecklich vermisst!“, säuselte sie und schmiegte sich dabei an seine Brust, ihre Arme fest um seinen Oberkörper geschlungen. Überfordert blickte der Dunkelhaarige auf sie hinunter; es war ein altbekanntes Gefühl, wie Hiromi sich an ihn kuschelte, doch gleichzeitig fühlte es sich auch fremd und falsch an. „Schön, dass du zurück bist.“, begrüßte er sie steif und achtete darauf, die Umarmung nicht zu herzlich zu erwidern. Die lilahaarige junge Frau schien sein Verhalten gar nicht zu bemerken, denn zu überschwänglich war ihre Wiedersehensfreude. „Ich wusste, du würdest mich vermissen! Ich habe dir so viel zu erzählen!“ Strahlend sah sie in sein Gesicht und stellte sich auf die Zehenspitzen um sich ihren Begrüßungskuss abzuholen, doch in dem Moment schob Yosuke sie an ihren Schultern mit sanftem Druck weg von sich. Verwirrt blinzelte sie ihn an, doch er mied den Augenkontakt mit ihr und lief vorbei zur Tür, wo er ihr Gepäck ordentlich in den Flur stellte und die Wohnungstür schloss. „Yosuke? Stimmt etwas nicht?“, hakte Hiromi unsicher nach, versuchte aber dabei zu lächeln. Er erwiderte ihren Blick und seufzte schwer. Die Stunde der Wahrheit war gekommen. „Wir müssen reden.“, erklärte er knapp. „Ja? Nun… ich muss auch mit dir reden…“, entgegnete sie leise und nestelte dabei an ihrem Top herum. „Hiromi! Ich glaube nicht, dass wir beide über dasselbe Thema reden wollen.“, unterbrach er sie ernst. Erschrocken über seinen Tonfall und den harten Gesichtsausdruck, wich die junge Frau einen Schritt zurück. „Schatz, du machst mir Angst… was ist denn los?“ Yosuke schüttelte den Kopf und ballte seine Hände zu Fäusten, um sich wieder zu beruhigen. „Vielleicht solltest du dich erstmal setzen, du bist gerade erst gekommen.“ „Nein! Das hättest du mir vielleicht noch vor zwei Minuten anbieten sollen, jetzt will ich wissen was los ist. Ist etwas passiert?“ Ihr kindliches Gehabe war verflogen, nun stand die entschlossene und kämpferische Hiromi vor ihm, vor deren Reaktion er sich so fürchtete. „Ehrlich, das sollten wir nicht zwischen Tür und Angel besprechen.“, versuchte er sie zu besänftigen. Doch sie verschränkte nur, mit mürrischer Miene, die Arme. Sie war in den drei Wochen auf dem Land brauner geworden. Es gab einen richtigen Kontrast zwischen ihrem weißen Oberteil und ihrer Haut. Selbst ihre Beine, die unter einer kurzen Shorts aus fransigem Jeansstoff hervorschauten, hatten Farbe bekommen. Sie musste die junge Frühjahrssonne richtig ausgekostet haben, aber der goldene Touch, ihrer reinen Haut, hatte keinerlei Wirkung auf ihn. Ihre ganze Erscheinung allgemein hatte keinen Zauber mehr auf ihn. Er konnte diese Situation hier durchstehen, auch wenn ihm sein Herz trotzdem bis zum Hals schlug. „Ich warte.“, erinnerte Hiromi ihn. Seinen kurzen Tagtraum abschüttelnd, fasste sich der Sportler ein Herz. „Ich weiß gar nicht, wie ich dir das erklären kann, ohne dich zu verletzen… aber in der Zeit, in der du bei deinen Verwandten warst, habe ich viel nachgedacht.“, begann Yosuke vorsichtig und musterte dabei ihre Miene. Er bemerkte wie sie angespannt Luft holte und sich ihre Fingernägel in die Haut ihrer Arme gruben. „Du wolltest, dass ich mir darüber bewusst werde, wie viel du mir bedeutest, damit ich dich wieder richtig zu schätzen weiß, nur leider… Hiromi, ich denke das Beste ist, wenn wir uns trennen.“ Es war heraus. Endgültig! Doch statt sich erleichtert zu fühlen, krampfte sich etwas in ihm zusammen, als er zusehen musste, wie sie ihre Fassung verlor. Hiromi ließ ihre Arme sinken und starrte ihn aus schockgeweiteten, bestürzt flackernden Augen an. „Was… was sagst du da?“ Es war nur ein Flüstern, doch Yosuke las ihr jedes Wort von den Lippen ab. „Es tut mir leid, aber ich möchte unsere Beziehung beenden. Ich bin nicht mehr glücklich mit dir.“, erklärte er noch mal in Kurzfassung. „Nein… das kannst du nicht machen… wieso?“ Ihre Stimme wurde schriller, obwohl sich in ihrem Gesicht kaum etwas veränderte. Sie stand eindeutig noch unter Schock. Schulterzuckend und entschuldigend mit den Händen gestikulierend, suchte ihr Gegenüber nach einer Antwort. „Ich habe keine genaue Erklärung, ich weiß nur, dass ich keine gemeinsame Zukunft mit dir sehe. Vielleicht sind wir doch einfach zu verschieden und haben es nur lange nicht bemerkt.“ „Das ist nicht wahr… Yosuke! Wir waren doch immer glücklich!“ Verzweifelnd lächelnd trat sie einen Schritt auf ihn zu, doch er wich zurück. „Waren wir das? Als du weg warst wurde mir bewusst, wie viel ich eigentlich aus meinem alten Leben vermisst habe…“, erklärte er wehmütig und wich ihrem tränenfeuchten Blicken aus. „Das musst du dir einbilden… wie kommst du jetzt auf so was? Ist… ist es eine andere Frau? Hast du etwa eine andere?“ Yosuke schloss die Augen, als er das Damoklesschwert über sich schwingen spürte und die Last seiner Schuld und seines Gewissens ihn zu erdrücken versuchten. „Nein.“ „Du lügst doch!“, fuhr sie ihn hysterisch an. „Wer ist es? Kenne ich sie?“ „Es gibt keine andere! Ich möchte mich einfach trennen, weil ich nicht glücklich bin und dich nicht glücklich machen kann!“, gab er harsch zurück. Hiromi schluchzte. „Aber ich bin doch glücklich!“, jammerte sie kummervoll. Dicke Tränen kullerten über ihr Gesicht. Wie ein kleines Kind wischte sie sie sich mit beiden Händen von den Wangen. Bekümmert sah Yosuke ihr dabei zu. „Es tut mir leid…“ „Du kannst mich nicht verlassen… Wenn du nicht glücklich bist, das können wir hinbekommen…“, wimmerte sie erstickt unter ihren Händen. Der Torwart schüttelte langsam seinen Kopf und wollte zu einem weiteren Widerspruch ansetzen, als sie sich unvermittelt erneut in seine Arme warf. „Hiromi…“, begann er abwehrend, doch sie bremste ihn aus, als sie sich an seiner Brust sträubend schüttelte. „Nicht, lass mich reden… ich wollte dir doch so unbedingt etwas erzählen… bitte hör mir zu…“, nuschelte sie von Schluchzern unterbrochen in sein T-Shirt hinein. „Ich muss dir auch noch eine weitere Sache erzählen.“, bemerkte er und dachte dabei schluckend an die eine Nacht mit Momoko. Es war nur fair ihr die ganze grausame Wahrheit zu erzählen. Vielleicht machte ihr sein Fremdgehen die Trennung leichter. Nur Namen würde er keinen nennen. „Ich will nichts mehr hören, bitte! Es ist so wichtig, dass du mir zuhörst!“, flehte Hiromi wieder. „Glaub mir, du willst gar nicht mehr mit mir zusammen sein…“ „Doch, das will ich! Jetzt mehr als je zuvor, du darfst uns nicht aufgeben!“ Die plötzliche Beharrlichkeit seiner gelockten Gesprächspartnerin ließ ihn stutzen und verstummen. Schweigend gab er ihr die Chance zu sagen, was auch immer sie noch auf dem Herzen hatte, bevor er es endgültig in tausend Teile zerbrach. Hiromis Lippen formten ein trauriges Lächeln. „Yosuke… ich bin schwanger.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)