Verborgen in Stille Teil II von Strichi ================================================================================ Kapitel 39: Die Freunde von heute können die Feinde von morgen sein ------------------------------------------------------------------- Immer noch starrte ich ihn an und es war, als sei die Zeit stehen geblieben. Das konnte einfach nicht wahr sein! Das durfte einfach nicht wahr sein! Wir hatten Adam beide vertraut! Jack hatte sich immer an ihn gewandt, bei jedem noch so kleinen Problem! Schon seit Jahren! Er war sein bester Freund! Es konnte einfach nicht Adam sein! Hat er sich nur deswegen auf Emily eingelassen? War das alles von Anfang an geplant gewesen? Aber die größte Frage war für mir einfach, dass warum?! Es war, als würde ich fallen und dieser Verrat ließ ein ungutes und beklemmendes Gefühl in mir zurück. Immer noch hatte ich das Gefühl, als setzte mein Herzschlag aus! Kurz flackerte mein Blick hinüber zu Jack und auch er starrte fassungslos auf seinen eigentlich besten Freund! „Wie lange schon“, raunte Jack und ich verstand, was er meinte. Er wollte wissen wie lange er schon von ihm ausspioniert wurde. Wie lange er ihn schon verriet. Ich glaubte zu erkennen, dass Jacks Gesicht noch blasser wirkte als noch vor wenigen Augenblicken. Doch dies konnte auch von der Verletzung herrühren. Immer noch kreiste Adam mit dem Revolver herum und kam auf Jack zu. Locker und entspannt, wie sonst auch! Er betrachtete ihn und hatte nur wenige Blicke für mich übrig! Man hätte meinen können, so wie Adam auf ihn zu spazierte, dass keine bewaffneten Männer um uns standen, die uns mit Maschinengewehren bedrohten. Dass keinem von uns mit Handschellen die Hände auf den Rücken befestigt wurden. Es war, als seien wir einfach auf der Basis gelandet und er würde uns in Empfang nehmen! Er betrachtete Jack und immer noch lächelte er leicht und sagte: „Schon immer Snake.“ Sie sahen einander in die Augen und ich konnte Jacks Blick nicht deuten, verfälschte doch die Augenklappe seinen eigentlichen Gesichtsausdruck. Doch ich war mir sicher, dass sich seine Verwirrung in blanken Hass wandelte. Wie konnte er uns das antun!? Wie konnte er mit uns so herum scherzen und uns nun hinterrücks erdolchen?! Selten hatte ich mich so verraten gefühlt! „Wieso tust du das?!“, brüllte ich Adam entgegen und sein Blick richtete sich augenblicklich auf mich. Ich konnte meine Wut nicht mehr unterdrücken. Er hörte auf mit seinem Revolver herumzufuchteln und betrachtete mein Gesicht. Scannte es regelrecht. Sein sonst so fröhliches Grinsen, wenn er mich betrachtete, war gänzlich verschwunden. Seine blauen Augen, welche im Schein der Lichter grau und farblos wirkten, blickten mich kalt und ohne jegliche Regung an. So hatte ich ihn noch nie gesehen. „Jazz, glaubst du wirklich ich würde für den Mann arbeiten, der meine eigene Mutter umgebracht hat. Die Freunde von heute, können die Feinde von morgen sein...“, sagte er und klang dabei als würden wir über etwas vollkommen Selbstverständliches reden! Ich kannte diesen Satz! Es war der Satz, den Susanne Jack eingetrichtert hatte! Eine ihrer Lehren, wenn man es so nennen wollte! Überrascht sah ich ihn an und auch Jack schien darüber nachzudenken! Für Adam schien alles damit geregelt zu sein, doch ich verstand nicht was er mit dieser absurden Aussage meinte! Alle schwiegen, auch White Shark hielt sich zurück und mir wurde deutlich, dass Adam hier das Sagen hatte. Gerade, war er hier der Boss. Kurz sah ich jedem ins Gesicht. Die Handschellen, die mir immer weiter in die Handgelenke schnitten, versuchte ich zu ignorieren! Der Schmerz machte nur deutlich, dass ich nicht am Träumen war! Doch ich war es, der das kurze Schweigen brach. Diese Stille und das nicht Wissen brachten mich um den Verstand! „Deine Mutter? Wovon redest du“, wollte ich entsetzt wissen. Jack blickte zu mir und auch sein blaues Auge wirkte im Schein der Lichter farblos. Er wollte, dass ich schwieg, dass ich den Mund hielt! Doch ich konnte es nicht! Adam verriet uns! Er verriet den Mann, der ihn als besten Freund sah! Denjenigen, den wir seit unserer Flucht vollkommen vertraut hatten! Ich konnte einfach nicht schweigen! Adam schüttelte den Kopf und sah zwischen Jack und mir hin und her. Es wirkte so, als sei er plötzlich amüsiert! „Ach? Das hat Snake dir nicht erzählt? ...Susanne.“, erklärte er leichthin und sah mich mit seinen blauen Augen an. Er sprach ganz locker darüber! Konnte das sein? Diese Aussage traf mich wie ein Schlag. „Sie war meine Mutter. Er hat mir die Möglichkeit genommen sie kennenzulernen“, sagte Adam leise und blickte mir in meine braunen Augen. Seine Stimme wurde etwas energischer als er weiter sprach: „Ich war an dieser Mission beteiligt um sie kennenzulernen und ihr zu sagen, wer ich bin! Ich musste ihre Leiche bergen!“ Er machte eine kurze Pause, in der er sich wieder beruhigte. Mitleid, sollte es kurz in mir aufgewallt sein, verschwand sehr schnell wieder. „Und außerdem ist Blut dicker als Wasser“, fügte er fast schon patzig hinzu. Sein Blick wanderte zu Jack und eisig sahen die beiden sich an. Ich erinnerte mich an die Geschichte, welche Jack mir vor Monaten anvertraut hatte. Susanne, verliebt in den Feind, hatte ein Kind mit ihm bekommen. Ihr Geliebter wurde erschossen und das Kind, anscheinend Adam, durfte sie nie sehen! Dann hatte er Susanne doch kennen gelernt! Er wusste doch von Jacks großen Schuldgefühlen! Er war es, der mir dies anvertraut hatte! Wieso war dies dann der Grund, warum Adam ihn verriet?! Er musste doch die ganze Geschichte kennen! Er hatte mir selbst gesagt, dass er wisse, wie sehr Jack unter Schuldgefühlen litt! „Warum jetzt? Du hattest oft genug die Gelegenheit“, fragte Jack ihn mit leiser aber eindringlicher Stimme. Adam brauchte nicht lange nach einer Antwort suchen. Vielleicht war er auch froh sich das alles von der Seele zu reden… „Oh Snake, ist das nicht offensichtlich? Du hast mir damals die Chance auf ein normales Leben genommen, auf eine Familie. Jemandem, dem man vertrauen kann. Ich wollte, dass du genau so viel verlierst. Nachdem ich Jazz damals kennen gelernt habe wusste ich, es reicht nicht dich einfach irgendwann zu töten. Ich bringe dich auf dem Höhepunkt deiner beruflichen Karriere und deines privaten Glücks zu Fall. Du weißt genau was du alles zu verlieren hast… Ach ja, und deinen Hund nehme ich. Der kann am wenigsten dafür und ich mag ihn. Bringt die beiden weg“, befahl Adam und der Soldat vor ihm salutierte, ehe er nach meinem Oberarm griff. Ich hatte das Gefühl, als würde die ganze Welt in Zeitlupe vor mir ablaufen. Immer noch versuchten die neuen Informationen in meinen Kopf zu dringen. Doch ich verstand sie kaum, vielleicht wollte ich sie auch einfach nicht verstehen! Ich wollte nicht schreien wie eine panische Frau, die gerade aus dem Hinterhalt überfallen wurde und trotzdem sträubte ich mich gegen die Hände, welche grob meinen Oberarm griffen und begannen mich zum Hubschrauber zu ziehen. Jack humpelte mehr als dass er ging. Seine Verletzung hatte ich bis gerade vollkommen vergessen. Auf einmal vernahmen meine und die Ohren der Anderen das Geräusch eines sich nähernden Autos. Fast schon hoffte ich, dass nun Hilfe zu uns eilen würde. Auch Jack wehrte sich, doch als niemand begann sich wegen des Autos zu sorgen wurde mir klar, dass keine Hilfe kommen würde. Adam trat zu dem Wagen und salutierte. Ein mir nur zu bekanntes Gesicht stieg aus dem Wagen aus und ich hätte gegen diesen verkackten Wagen treten können. Eine Narbe zog sich über seine linke Gesichtshälfte. Dieses Mal kleidete keine Schiebermütze den Mann. David trug einen Anzug und wirkte, als sei er auf einer Geschäftsreise. Er trat auf Adam zu und zufrieden lächelte er ihn an. „Danke Ozelot“, meinte er mit seinem britischen Akzent, „ab jetzt übernehme ich.“ Adam nickte und ließ die Hand sinken. Er drehte sich zu uns und weder Freude noch sonst irgendein Gesichtsausdruck erschien auf seinem Gesicht. „So sieht man sich also wieder, John“, sprach er Jack an und würdigte mich keines Blickes, „dein kleiner Ausflug hat mich einiges an Zeit gekostet und so etwas mag ich einfach nicht, dass weißt du sehr genau. Und jetzt mussten wir dich noch verletzen… das ist mehr wie unpraktisch für mich. Früher hast du besser gehört!“ Jack schwieg, starrte in dieses verhasste Gesicht und seine Brauen zogen sich wütend zusammen. „Ich will doch nur, dass du mir das Uran wieder gibt, welches du mir gestohlen hast… Wir haben dir eigentlich beigebracht nicht zu stehlen.“ Er sprach mit Jack, als sei er ein ungezogenes Kind! Als würde er ihn gerade auf eine schlechte schulische Leistung ansprechen! Der Typ hatte sie doch nicht mehr alle! „Ich werde es dir aber nicht geben“, raunte Jack mit leiser, aber umso tödlicher Stimme David zu. So wie Jack dort stand, ebenfalls mit gefesselten Händen auf dem Rücken, wirkte er dennoch so selbstsicher und stark, dass ich ihn nur bewundern konnte. Doch ich glaubte, dass es mehr eine Maske war, denn ich bemerkte, wie sein verletztes Bein zu zittern begann. Seine Stirn glänzte vom Schweiß und ich vermutete, dass es ihn sehr anstrengen musste zu stehen. Wie er den Mut behielt war mir fast schon ein Rätsel. Ebenso hätte er mir einer Waffe dort stehen können. „Das habe ich befürchtet“, erwiderte David und nickte einem schwer bewaffneten Mann zu. Er trat auf mich zu, doch Adam hielt ihn auf. Ich hörte das Geräusch seiner Sporen, als er zu mir trat. Unergründlich war sein Blick. Er packte mich am Arm und zog mich zu dem Helikopter. Ich wollte stehen bleiben, doch irgendwie war ich dazu nicht mehr in der Lage. Jack starrte mir nach und ich sah die Sorge in seinem Auge. „Ich hole dich da raus“, rief er mir zu und blickte mir direkt in die Augen. Ich wollte ihm glauben und trotzdem überwog die Angst, zu sehr erschütterte mich Adams Verrat. Ich nickte nur leicht, Worte wollten meine Lippen nicht verlassen. Mit verschränkten Armen hörte ich Adam fast schon kichernd sagen: „Snake, du bist verletzt, du trägst Handschellen. Wie willst du das machen… das würde ich gerne sehen.“ Er lachte! Dieser blöde Hurensohn konnte über unsere Situation auch noch lachen?! „Ich warne dich“, hörte ich Jack grantig raunend sagend und blickte David hasserfüllt an, „wenn ihm was passiert sprenge ich dir deine komplette Basis in die Luft!“ Ich war immer noch geschockt von Adam! Ich betrachtete das Gesicht neben mir, doch seine Aufmerksamkeit galt Jack. Ich konnte meinen Blick nicht mehr von Adam wenden! Wie konnte er das machen? War er wirklich Susannes Sohn? Könnte das zeittechnisch passen? Ja, ich hatte es mir selbst ausgerechnet! Er würde passen! Ich beobachtete, wie der alte Mann begann den Kopf zu schütteln wie bei einem kleinen Kind, welches etwas Falsches getan hatte. „John“, raunte er mit einer Stimme, die sehr belehrend klang, „es hängt alles an dir. Du hast mir Informationen, Technologien, Soldaten und noch vieles mehr geklaut… Kooperierst du, ist alles gut, tust du das nicht, na ja… ich muss DIR nicht erklären wie unser Job funktioniert, oder?“ Plötzlich spürte ich etwas warmes in meinem Oberarm und panisch sah ich, dass Adam gerade einem anderen Soldaten eine Spritze reichte! Was zum Henker hatte er mir gespritzt?! Hatte er mir überhaupt etwas gespritzt? Schneller als Gedacht merkte ich jedoch die Wirkung dessen, was in der Spitze war. Ich merkte gar nichts mehr. Mein Körper war wie betäubt. Ein merkwürdiges Gefühl ging von dieser Stelle aus und breitete sich langsam aber sicher in meinem Körper aus. Ich schrie erschrocken auf und wollte von ihm wegtreten, doch eisern blieb Adams Hand um meinem Oberarm. „Keine Sorge Jazz… Du wirst nur ein wenig schlafen…“, vernahm ich Adams Stimme und ich spürte, wie meine Knochen immer schwerer wurden. Ich hörte Jack etwas wütendes sagen und panisch sah ich zu ihm. Was er sagte, konnte ich schon gar nicht mehr verstehen. Drei Leute hielten ihn zurück, doch immer mehr verschwammen die dunklen Farben vor meinen Augen. Ich wollte nicht umfallen und so konzentrierte ich mich darauf stehen zu bleiben! Ich wollte stärker sein als das Zeug. Doch ich hielt es nicht mehr aus und nur dank Adam schlug ich nicht hart auf dem Asphalt auf. Ein nussiger Geschmack breitete sich in meinen Mund aus und meine Zunge klebte nutzlos am Gaumen. Verdammte Scheiße war das letzte was ich dachte, ehe alles um mich herum schwarz wurde. Als ich die Augen aufschlug wusste ich nicht, warum ich mich so scheiße fühlte. Ich griff nach meinem Kopf und stöhnte leise auf. Selten hatte ich solche Kopfschmerzen gehabt. Wieso war ich hier? Wo war hier eigentlich? Plötzlich und mit einem harten Schlag kamen die Erinnerungen zurück und erschrocken keuchte ich auf und setzte mich schnell auf! Meine Sicht verschwamm kurz vor meinen Augen und ich brauchte einen Augenblick um mich zu orientieren! Meine Augen wanderten durch den Raum. An einer Ecke stand eine Toilette aus Metall. Es gab kein Fenster und nur die Neonröhre spendete grelles Licht. Ich lag auf einer Pritsche. Eine Gummimatratze sollte so etwas wie Bequemlichkeit spenden. Panisch blickte ich die stählerne Tür an. Denn wenn diese Tür aufging, würde ich in Reichweite von den Soldaten, David oder gar Adam sein. Man hatte mir meine Fesseln wohl abgenommen. Und ich verstand auch, dass sie die nicht mehr brauchten. Die eiserne Tür ließ niemanden entkommen, der keinen Schüssel hatte. Der Raum hatte kein Fenster, nur ein Lüftungsgitter an der Decke. Eng wirkte es und immer mehr Erinnerungen kamen hoch. Adam hatte uns verraten. Adam war Susannes Sohn! Und ja, es konnte sein… Ich hatte es selbst damals ausgerechnet, dass Susannes Sohn nur wenig älter wie ich selbst sein musste. Es würde passen… Was würde nun geschehen und wo war Jack? Mein Körper begann zu zittern. Was ist, wenn sie ihm etwas antaten? Ich wollte es nicht! Ich wollte mir nicht vorstellen wie er leidet! Doch mir war klar, dass er dies bereits tat. Seine größte Sorge, dass mir etwas zustieß, hatte sich bestätigt! Und wie ich so an Adam dachte fragte ich mich, wie Jack diesen Verrat verkraften würde… Nur schwer konnte ich mir vorstellen, dass er danach Menschen wieder vertrauen würde, die er nicht kannte. Sollten wir hier herauskommen, würde niemand mehr sicher sein vor seinen Spionageattacken. Und ich konnte ihm im Stillen nur Recht geben… War es vielleicht sogar offensichtlich gewesen, dass Adam uns verraten hatte? Doch wie ich es auch drehte und wendete, nein. Adam war durch und durch ein Perfektionist. Er hatte seine Rolle augenscheinlich nach mit einer Brillanz gespielt, dass nicht einmal Jack ihn durchschauen konnte. War das mit Emily nur Tarnung gewesen? Wie spät war es eigentlich? Keine Uhr, noch ein Bild schmückten die kleine Zelle in welcher ich mich befand. Was war mit Jack… Immer mehr Angst überkam mich, doch ich zwang mich, mich zu beruhigen. Ich saß, oder lag auf der Pritsche und irgendwann, auch wenn ich es nicht wollte, fielen mir die Augen zu und als ich wieder aufwachte wusste ich nicht wie lange ich geschlafen hatten. Es störte, dass sie nicht das Licht ausmachten, aber vielleicht machten sie es auch nur nicht aus, weil es noch Tag war? Ich wusste es nicht… Es war schrecklich! Es war… ja, es war grauenhaft! Ich hatte Angst, diese Stille ließ mich nachdenken… Was war mit Jack? Was ist, wenn sie gerade wieder Jack folterten? Was ist, wenn sie ihn umbrachten? Ich wollte nicht ohne ihn leben, aber ich wollte auch selber nicht sterben! Es durfte einfach nicht so enden! Wieso gönnte man uns immer nur ein paar Monate Ruhe?! Wieso konnte es nicht einfach mal gut sein?! Es war doch gerade so schön! Ich war frustriert und immer verzweifelter wurden meine Gedanken! War das etwa gewollt? Ja, dieses Warten zermürbte einen regelrecht! Kein Ton kam durch die Tür, ich hörte keine Schritte und wie ein Tiger im Käfig ging ich durch meine Zelle. Ich musste mich einfach bewegen, denn sonst würde ich nur wahnsinnig werden! Die Zeit floss an mir vorbei und ich hatte doch keine Ahnung wie viel Zeit letztlich verstrichen war… Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, seitdem ich hier war. Aber ich vermutete, dass es Stunden waren. Seit einer Weile lag ich zusammengekrümmt auf der unbequemen Pritsche. Ich hatte Hunger! Ich hatte Durst! Mein Hunger war mittlerweile so schlimm, dass ich Magenschmerzen bekam. Ich wusste nicht wie lange es her war, seit ich das letzte Mal etwas gegessen hatte. Zudem war mein Hals wie ausgedörrt und ich schaffte es nicht einmal mehr meine Lippen zu befeuchten. Immer noch war der bittere Geschmack des Narkoseserums nicht verschwunden, welches Adam mir verabreicht hatte. Wollten sie mich hier einfach verdursten lassen? Verdursten in einem Kellerverlies? So qualvoll, wenn ein kleiner Schuss es doch so viel schneller tun würde? Ja, meine Gedanken wurden immer schlimmer… Doch ich wollte nicht aufgeben! Das konnte ich einfach nicht. Ich drehte mich auf den Rücken und starrte in die grelle Lampe. Wenn wir das hier überlebten, wie würde Jack auf den Verrat seines besten Freundes reagieren? Würde er noch paranoider werden? Wie würde ich das wegstecken? Ich hoffte und betete, dass ich das gut wegstecken konnte. Ich versuchte positiv zu bleiben, doch während die Zeit voranschritt schaffte ich es nicht die schlechten Gedanken zu verdrängen. Zu der langsam siedenden Angst spürte ich immer mehr Hunger! Wenn sie mich vergessen? Jack war eindeutig wichtiger wie ich! Was ist, wenn sie mich verhungern ließen? Ich wollte nicht so enden, verdammt! Mein Puls begann zu rasen und ich zwang mich ruhig und gleichmäßig zu atmen. Jetzt eine Panikattacke zu bekommen wäre nicht gut… Plötzlich hörte ich Schritte vor meiner Tür und als ich einen Schlüssel im Schloss drehen hörte, war ich mir unsicher, ob ich nicht doch lieber alleine bleiben wollte! Panisch sah ich zu dem mir vollkommen Fremden, der an der Tür stand. Er war kleiner wie ich, doch dies bedeutete nichts! Seine hellbraunen Augen musterten mich und ich sah ein diabolisches Grinsen auf seinen Lippen. Fast schon verzweifelt suchte ich ein Tablett mit Essen bei ihm. Doch ich sah keines… Was machte dieser Typ hier? Ich stand auf, fand ich es doch sinnvoller ihm auf Augenhöhe zu begegnen. Er musterte mich mit einem kalten Blick. Normalerweise, wenn die Menschen mich musterten, fühlte ich mich nicht unwohl, oder fand es schlimm, doch bei diesem Mann in dieser Situation wollte ich einfach nur, das er verschwand! „Du bist also das Spielzeug von Snake“, sagte er mit einer Kälte, welche mich erschaudern ließ, doch ich straffte meine Schultern und sah ihm weiterhin in die Augen. Ich schwieg auf seinen Kommentar und er musterte mich weiterhin. Wenn er mich so sah, dann war dem halt so! Ich wusste es schließlich besser. „Weißt du“, begann er und als er an seinem Gürten herumfummelte und begann ihn auszuziehen, riss ich in aufkommender Panik meine Augen auf! „Snake hat mir vor einiger Zeit echt…. Nennen wir es, weh getan… hat einfach meinen Bruder umbringen lassen und jetzt ist der hier mit dir… Und da ich an ihn nicht herankomme, darf dein Arsch herhalten! Mal sehen, wie er das so findet…“ Irre grinsend sah er mich an und erschrocken sprang ich nach hinten an die Wand! Das durfte nicht sein! Ich versuchte zu entkommen und doch gab es kein Entkommen! „Ich hab damit nichts zu tun“, schrie ich entsetzt auf und starrte den fremden Soldaten an. Sein Blick blieb ungerührt und kein Mitleid oder Verständnis war in seinem Blick zu erkennen. Ungerührt zuckte er mit den Schultern. „Ist mir scheiß egal“, und mit diesen Worten versuchte er mich zu packen. Seine kräftigen Hände langten nach meinem Körper, doch schon im gleichen Moment schlug ich ihm gezielt auf die Nase! Hier waren keine Waffen, welche mich in meine so verhasste Schockstarre fallen ließen! Blut spritze auf meine Sachen und tropfte aus der Nase! Doch ich würde mich wehren! Keine Schockstarre, sagte ich mir immer und immer wieder in Gedanken! Schmerzvoll schrie der Mann auf und schon im nächsten Momente keuchte ich auf und die Luft entwich meiner Lunge. Hatte mir der Typ doch sein Knie in den Magen gestoßen! Ich krallte mich unbewusst an seinen Sachen fest. Doch ich musste mich schnell sammeln und ich zog seinen Kopf zu mir und schlug mit meiner Stirn auf seine Nase! Ein widerliches Knacken war zu hören und das Blut, welches aus der Nase lief, verdoppelte sich fast! Er schrie vor Schmerzen auf und auch ich spürte einen Schlag auf meine Wange! Ich drehte mich mit ihm, wollte ich die Wand nicht mehr in meinem Rücken haben, doch ein erneutes Klack an der Tür ließ mich erschrocken herumfahren! Adam stand an der Tür und betrachtete stirnrunzelnd die Situation. Fast schon war ich erleichtert ihn zu sehen! Der Soldat, der sich vor Schmerz zu krümmen schien und ich mit erhobenen Fäusten vor ihm stehend. So schnell, dass ich gar nicht wirklich schauen konnte, zückte Adam seine beiden Revolver und zielte auf jeden von uns! Er nickte zu dem Soldaten und grollend meinte er mit seinem starken Südstaatenakzent: „Was ist hier los, Soldat?“ Immer noch hielt er sich die Nase und mit einem blutverschmierten Finger deutete er auf mich und sagte mit belegter Stimme: „Der hat versucht mir den Schlüssel zu klauen!“ Dieser Wichser! Ich schüttelte den Kopf und schrie ihn an: „Hab ich nicht! Der wollte mich vergewaltigen!“ Ich sah Adam an, der uns beide musterte. Sein Blick blieb an dem offenen Gürtel hängen und als er wieder in das Gesicht des Soldaten Gesicht blickte, sagte er: „Du lässt die Finger von meinem Gefangenen! Geh auf die Krankenstation!“ Sich immer noch die Nase halten schlich er an Adam vorbei und schien fluchtartig meine Zelle zu verlassen! Besser so für ihn! Ich sah dem Mann nach und als ich erneut zu Adam blickte bemerkte ich, wie er die Revolver wegsteckte. „Na das nenne ich mal Glück“, meinte er zu mir und betrachtete mein Gesicht. „Was ist mit Jack? Was habt ihr mit ihm gemacht“, fuhr ich ihn zornig an und konnte es immer noch nicht glauben! Lässig zuckte er mit den Schultern und meinte gelassen: „Ich hab ihn nur ein wenig verhört…“ Ich wusste, dass „verhört“ ein anderer Ausdruck für Folter war! Das hatte ich in der Zeit mit Jack begriffen! Erschrocken weiteten sich meine Augen und entsetzt fragte ich: „Wie kannst du so etwas machen? Ihr seid doch… Freunde!“ Ein fast schon diabolisches Grinsen erschien auf seinem sonst so freundlichen Gesicht. Einem Gesicht, dem ich vertraut hatte! „Wieso du… ich dachte wenn, wäre es Mil-“, doch just unterbrach mich Adam und lachte kurz auf: „Ja, Miller macht es einem so einfach, oder? Immer läuft er herum und zeigt mit dem Finger auf alle. Das ist ja so nervig. Doch wenn einer dich und deinen Jack beschützt hätte, dann wäre er es gewesen. Miller und ich haben Snake damals, als du im Krankenhaus um dein Leben gekämpft hast geschworen dich zu schützen. Miller ist wie ein Köter. Verbohrt, fixiert und auch genauso loyal.“ Ich stockte, als ich seiner Erklärung lauschte und eiskalte Schauer liefen mir über den Rücken. „Schon mal vorher mit Japanern zu tun gehabt? … die immer und ihre Ehre… Er hätte dich mit allem was er hat verteidigt, auch wenn er dich nicht mag“, erklärte Adam und ich konnte einfach nicht fassen, was er da sagte! Wir hatten uns gemeinsam über diesen Mann aufgeregt und jetzt sagte er einfach, dass dieser Mensch mir eigentlich immer das Leben gerettet hätte. Ohne zu zögern! „Miller ist so paranoid, dass er mir meine Arbeit um einiges erschwerte“, meinte Adam und ging vor mir locker auf und ab und ich ließ ihn reden. Ich wollte nicht wieder diese Stille und wenn ich so Informationen bekam, war es mir nur Recht! Hunger und Durst waren in diesem Moment vollkommen vergessen! „Miller wollte nicht, dass du auf der Basis bist, weil er sich denken konnte, dass irgendwo ein Spion ist. Na ja, so ungewöhnlich ist das ja auch nicht. Er wollte dich aus der Schusslinie haben“, Adam lachte und es klang eiskalt, „na ja, es war natürlich schon praktisch für mich, dass Miller immer so herrisch herüberkommt.“ Ich schüttelte leicht den Kopf und versuchte zu realisieren. Er war ein Spion gewesen und Miller, dieser Mann, welcher mich immer ansah, als solle ich mich in Luft auflösen, war um meine Sicherheit besorgt gewesen?! Es war etwas, was ich kaum begreifen konnte! „Und trotzdem hast du mit Jack Jahre verbracht“, meinte ich leise. Ich musste einfach an sein Gewissen appellieren! Irgendwo musste doch ein Teil sein, der Jack mochte! Es wirkte fast so, als seien seine Augen aus Eis, als er mich anblickte. „Dieser Mann hat meine Mutter getötet!“ Ich war außer mir, denn ja, sollte Susanne wirklich Adams Mutter sein hatte er Recht! Doch er wusste mit Sicherheit nicht, wie sehr Jack darunter litt! Wie sehr er sich wünschte, eben dieses Ereignis wieder rückgängig zu machen! „Er wollte es nicht! Er wollte sie nicht töten! Er musste, er hatte einfach“, doch Adam unterbrach mich und sah mich distanziert an. „Jetzt sag nicht, dass er keine Wahl hatte! Die haben wir immer, Jasper. Ich weiß immer, was ich tue, das ist mein Job! Und so ist es bei Jack auch! Glaubst du wirklich ich freunde mich mit dem Mörder meiner Mutter an? Könntest du das etwa?“ Ich schnaubte, als ich wütend erwiderte: „Ich bin mit dem Mann zusammen, der meinen Vater gefoltert hat!“ Als ich Adams Blick sah, fügte ich zornig hinzu: „Oder der andere damit beauftragt hat!“ Schneidend war Adams Stimme, als er raunte: „Aber du magst deinen Vater nicht! Du hasst ihn.“ Ich stockte, denn dies stimmte nicht! Ich hatte Angst vor ihm, ja. Ich wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben, aber das ich sagte ich hasse ihn, dies konnte ich so auch nicht unterschreiben! Adam erkannte es und ich war verblüfft, wie gut er die Mimik eines Menschen zu lesen vermochte. Er schien wahrlich ein Perfektionist zu sein. Und ich bin damals mit siebzehn davon ausgegangen, dass Adam nicht gefährlich sei. „Du hasst ihn nicht, trotz allem was geschehen ist?“, er schien wahrlich verblüfft und eisig nickte ich. Ich wusste nicht warum, aber ich war ehrlich. „Er hat… Er war auch ein guter Vater. Ich will ihn zwar nicht in meinem Leben haben, aber er war trotzdem früher ein guter Vater. Und war Jack dir nicht auch ein guter Freund?!“ Es war Adam, der stockte und er betrachtete mit einem nicht zu entschlüsselnden Ausdruck mein Gesicht. War da vielleicht doch noch etwas wie Reue? Er nickte leicht und meinte: „Doch, aber das ist der Nachtteil eines Doppelagenten. Allerdings, man darf das Ziel einfach nicht aus den Augen verlieren.“ Ich war verzweifelt! Ich wollte Jack helfen! So gut ich eben konnte und die Verzweiflung schwang in meiner Stimme mit, als ich fragte: „Wieso hast du dann so lange gewartet? Er vertraut dir! Du hättest ihn so einfach in den ganzen Jahren erledigen können! Wieso hast du dann gewartet?! Wieso hast du ihm geholfen?“ Verständnislos war mein Blick und Adam seufzte schwer. „Du selbst hast mir doch letztens noch gesagt wie sehr er unter dem, was er getan hat leidet“, warf ich ihm verzweifelt entgegen. Ich musste einfach an sein Gewissen appellieren. „Jazz, meinst du nicht ich bin in der Lage dir eine Lüge aufzutischen, wenn ich will? Wenn er so leidet, dann sieh das hier doch als eine Art…“, er suchte einen Moment lang nach einem passenden Wort „… Erlösung von seinen Qualen.“ Ich konnte es nicht glauben! Als was sollte ich das sehen? War das ein dämlicher Scherz von ihm? Ich war viel zu sprachlos um darauf angemessen zu reagieren. Er formte mit seinen Fingern zwei Pistolen und machte seine gewohnt schwule Handbewegung zum Abschied. Was hätte ich ihn dafür schlagen können! Danach wandte er sich um und ich wurde immer verzweifelter! „Adam! Was… was kann ich machen, dass Jack nichts passiert! Ich will nicht, dass er stirbt! Bitte!“ Adam, der sich gerade umdrehen wollte, stutzte und sah mich mit einem wieder nicht zu deutenden Ausdruck an. War es Mitgefühl? Seine blauen Augen glitten an mir hinunter und er meinte: „Du weißt selbst, dass du nur ein Druckmittel bist. Du kannst uns nichts bieten, Jasper. Du kannst nur froh sein, dass ich gerade in deiner Nähe war…“ Er verließ meine Zelle und blieb einen Moment in der Tür stehen. „Weißt du, Jasper…“, fing er an zu sprechen, ohne sich zur mir umzudrehen: „ … ich musste mich mit wirklich vielen Idioten anfreunden für diese Sache. Aber ich mochte dich wirklich.“ In seiner Stimme schwang Mitleid mit: „ du hättest nicht bei ihm sein sollen… tut mir leid.“ Die Tür fiel mit einem quietschenden Geräusch ins Schloss als Adam sie hinter sich zuzog. Danach hörte ich nur noch das Klacken des Schlüssels. Wie erstarrt blickte ich die Tür an und fühlte mich immer noch wie betäubt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)