Selbstmord ist keine Lösung......oder? von LadyShihoin ================================================================================ Kapitel 22: Menschlichkeit -------------------------- „Na? Hattest du Spaß in der dritten Klasse?“, fragte Carina und schaute Ronald dabei zu, wie er sich einen Meter von ihr entfernt ebenfalls an die Reling lehnte. „Es war tatsächlich sehr amüsant. Du solltest das nächste Mal mitkommen. Die haben super Bier und die Stimmung ist echt klasse.“ „Ich dachte mir schon, dass du das sagen würdest. Lass so was bloß nicht William hören. Wenn der Wind davon bekommt, dass du während deiner Schicht Alkohol trinkst, dann gibt es ne Menge Ärger.“ Ronald winkte grinsend ab. „Ach, der soll sich mal nicht so anstellen. Noch ist ja überhaupt nichts passiert. Wir haben noch ewig Zeit, also sollten wir uns ein wenig zurücklehnen und entspannen, meinst du nicht auch?“ Der Undertaker grinste in sich hinein. Dieser Junge schien ja einer von der sehr unbesorgten Sorte zu sein. Es wäre interessant zu wissen, ob das übermorgen auch noch der Fall sein würde. Carina hatte währenddessen geschwiegen und ihren Kopf wieder in Richtung Meer gewandt. Ihre Miene war unergründlich. Ronald entging dies nicht. „Was habe ich jetzt schon wieder falsches gesagt?“, meinte er und kassierte prompt ein Seufzen seiner Partnerin. „Das ist es nicht“, antwortete Carina, ihr Tonfall war ungewohnt ernst. „Ich frage mich nur schon die ganze Zeit, wie du so verflucht ruhig bleiben kannst.“ Der junge Mann runzelte irritiert die Stirn. „Habe ich denn einen Grund, nicht ruhig zu bleiben?“, fragte er und nun drehte Carina ihren Kopf wieder zu ihm. In ihren Augen funkelte etwas, was weder Ronald noch der Undertaker zu deuten wussten. „Ist das dein Ernst?“, begann sie, ihre Stimme war nun nicht mehr ganz so kontrolliert wie zu Anfang des Gesprächs. „In den nächsten Tagen werden so viele Menschen auf diesem Schiff ihr Leben verlieren. Du hast die Liste gesehen.“ Für einen Moment flackerten wieder die Bilder der Kinder in ihrem Gedächtnis auf. „Das hier wird vermutlich eine der größten Tragödien in der Geschichte der Menschheit. Aber dich scheint das alles komplett kalt zu lassen.“ Nun war es an Ronald kurz zu schweigen. Er schien über seine nächsten Worte ganz genau nachzudenken, was an und für sich schon ungewöhnlich für ihn war. „Ich verstehe dein Problem ehrlich gesagt nicht.“ Carina starrte ihn ungläubig an, doch ihr Gegenüber war noch nicht fertig. „Wir sind Shinigami. Es ist unser Job sich um die Seelen der Verstorbenen zu kümmern und sie einzusammeln. Ich bin dem Unterricht nicht halb so oft gefolgt wie du, aber so viel habe ich mitbekommen: In unserem Job müssen wir unsere Gefühle beiseite schieben, denn sie behindern uns nur. Wir Shinigami sollten unsere Gefühle besser im Griff haben als die Menschen, sie machen einen nur angreifbar. Und schlussendlich sind es übermorgen doch nur sie, die sterben werden. Nur Menschen.“ „Nur Menschen“, hallte es in Carinas Kopf mit einer erschreckenden Endgültigkeit wieder. Sie starrte Ronald mit sprachlosem Entsetzen an, dahin war ihre sonst so kontrollierte Miene. „Bis vor zwei Jahren warst du auch noch ein Mensch“, hätte sie ihm am liebsten entgegen geschleudert, doch sie brachte die Worte einfach nicht über die Lippen. Schon öfters hatte sie mitbekommen, dass einige ihrer Kollegen abfällig über die Menschen sprachen. Sie als dumm, naiv und unbedeutend abstempelten. „Diese Narren…“, hatte sie mehr als nur einmal gedacht. Hatten sie denn alles vergessen? Hatten sie vergessen, dass sie selbst einmal Menschen gewesen waren? Oder war dieses ablehnende Verhalten lediglich der Tatsache geschuldet, dass sie nicht an ihr eigenes menschliches Leben erinnert werden wollten? Daran, dass sie versagt und ihrer humanoiden Existenz ein Ende gesetzt hatten? „Denkst du das wirklich?“, sagte sie auf einmal und ihre Augen bohrten sich in die ihres Gegenübers. Sie umfasste jetzt nur noch mit einer Hand die Reling, der Rest ihres Körpers hatte sich nun vollkommen in die Richtung des anderen Seelensammlers gedreht. Ronald hatte sie noch nie mit so einem ernsten Gesichtsaudruck gesehen. „Denkst du wirklich, dass menschliche Gefühle eine Schwäche sind?“ Sie ließ ihm keine Zeit für eine Antwort, sondern fuhr direkt fort. „Ich glaube das nicht. Ganz im Gegenteil. Ich halte es nicht für eine Schwäche, wenn ich mir meine Menschlichkeit erhalte. Das ist doch gerade das, was uns ausmacht. Was uns von Dämonen unterscheidet. Wir waren einmal Menschen, wir haben eine Seele. Mir ist es egal, ob die Anderen oder auch du das alles abstreiten wollt. Ich möchte diese Gefühle nicht verlieren. Mag es das für mich schwerer machen? Ja. Mag das naiv sein? Möglicherweise. Aber würde ich den menschlichen Teil in mir wegschließen und ihn verleugnen, dann wäre ich nicht besser als die Dämonen.“ Mehrere Sekunden lang herrschte drückend schwere Stille. Dann sprach Ronald das aus, was der Undertaker dachte. „Du bist die eigenartigste Frau, die ich jemals getroffen habe.“ Carina hob eine Augenbraue. „Wenn das ein Kompliment gewesen sein soll, dann war es kein Gutes“, antwortete sie, beließ es jedoch dabei. Sie hatte nicht erwartet, dass er es verstehen würde. „Da du dich ja jetzt in der dritten Klasse auskennst, brauche ich sie ja nicht auch noch mal unter die Lupe zu nehmen, oder?“, wechselte sie abrupt das Thema, worauf Ronald sogleich auch einging. „Ich denke nicht. Die dritte Klasse ist ziemlich übersichtlich, wir werden schon keine Probleme haben.“ „Hoffen wir es. Du kennst ja William. Wenn wir die Dienstaufsichtsbeschwerde nicht vollständig entkräften können, dann wird er noch unausstehlicher sein als sonst. Und bevor ich es vergesse… Da gibt es noch etwas, was du wissen solltest.“ Sie warf ihm einen vielsagenden Blick zu. „Earl Phantomhive befindet sich ebenfalls auf diesem Schiff. Und er hat seinen Seelenfresser mitgebracht.“ Ronald wirkte kurz verdutzt. „Ist das nicht dieser Basti? Der, von dem Grell immer so schwärmt?“ „Ja, ganz genau der“, seufzte Carina. Wie bereits gesagt, der Männergeschmack ihres Mentors ließ wirklich zu wünschen übrig. „Jedenfalls könnte er uns in die Quere kommen, deswegen sollten wir lieber auf der Hut sein.“ Während die 18-Jährige sich nun zum Gehen wandte, entfuhr ihr erneut ein Seufzen. „Dabei würde ich ihm am liebsten den Gar ausmachen.“ Ronald grinste. „Wenn ich ihn töte, gehst du dann mit mir aus?“ „Netter Versuch Ronald, aber nein danke“, entgegnete Carina und grinste nun ebenfalls. Er konnte es einfach nicht lassen. Die gelbgrünen Augen des Silberhaarigen blieben für einen Moment an den Lippen der Blondine hängen. Es hatte ihn schon immer fasziniert, was ein Lächeln mit dem Gesicht eines Menschen anstellen konnte. Es verwandelte das Antlitz in etwas gänzlich Neues. Gerade bei den Personen, die so gut wie nie lächelten. Und Carina gehörte definitiv in diese Kategorie. Aber da war noch etwas anderes. „Sie ist selbstsicherer geworden“, stellte er fest und irgendwie fand er Gefallen daran. Das würde die Situation um einiges interessanter machen. Und anscheinend schien sie eine ziemliche Abneigung gegen Sebastian und Dämonen im Allgemeinen zu hegen. Etwas, was sie miteinander gemein hatten. Mittlerweile konnte er seine Neugierde kaum noch zügeln. Sie war ein Shinigami, aber dennoch hatte er nie ihre Leiche zu Gesicht bekommen. Hatte er etwa etwas übersehen? Nein, unmöglich. Sein Netzwerk in der Unterwelt besaß keine Lücken, nicht eine. „Sobald wir die Zeit dazu finden, wirst du mir einige Fragen beantworten müssen, Carina“, dachte er und mit einem erfreuten Glucksen zog er sich nun zurück. Immerhin waren es nur noch zwei Tage bis zum großen Showdown und bis dahin hatte er noch einiges zu erledigen… Zum wiederholten Male starrte Carina auf ihre Armbanduhr. Zu ihrer eigenen Überraschung waren die letzten beiden Tage wie im Fluge vergangen und nun wurde es Zeit, dass sie sich auf den Weg machte. Der erste Todesfall würde sich laut der Liste in 10 Minuten im Rauchersalon der ersten Klasse ereignen. Ronald hatte sie seit Stunden nicht gesehen, vermutlich trank er wieder Bier in der dritten Klasse. „Wehe ihm, wenn er zu spät kommt“, dachte die Shinigami und befestigte ihre Death Scythe an der Hüfte. In dem Moment, wo sie durch die Tür ihrer Kabine trat, machte sie sich für das menschliche Auge unsichtbar. Immerhin konnte sie es sich nicht leisten, jetzt noch von irgendjemandem belästigt zu werden. Ihre Augen huschten zu dem ersten Eintrag in ihrer Liste. „Susanna Connor“, murmelte sie, besah sich kurz das Bild und anschließend die Todesursache. „Hoher Blutverlust. Da bin ich ja mal gespannt“, dachte sie, klappte das kleine Buch wieder zu und richtete ihre Aufmerksamkeit nun auf die doppelseitige Tür des Rauchersalons, der jetzt in Sichtweite kam. Zwei Männer standen zu beiden Seiten der Tür und öffneten sie für die Besucher. „Mein Gott, ich vergaß. Es ist ja unschicklich für den Adel, eine Tür selbst zu öffnen“, ging es ihr genervt durch den Kopf. Mit einer schnellen Bewegung huschte sie zusammen mit zwei Frauen, die sie aber ja nicht sehen konnten, in den riesigen Raum hinein und schaute sich um. Eine riesige Menschentraube hatte sich bereits gebildet, ganz vorne konnte sie Ciel und Sebastian erkennen, die sich eine verdammt lächerliche Verkleidung ausgesucht hatten. „Jeder, der die Beiden kennt, durchschaut das doch sofort.“ Im vorderen Teil des Zimmers stand ein offener Sarg und die Person, die sich darin befand, erkannte Carina trotz der schwarzen Augenbinde auf der Stelle. „Margaret Connor. Das Mädchen, dessen Seele bereits von Ronald eingesammelt wurde. Also muss die Registratur sich doch geirrt haben, denn für mich sieht diese Leiche alles andere als lebendig aus.“ Vor dem Sarg stand ein Mann in einem ganz normalen Anzug, allerdings trug er anstatt einer Anzugsjacke einen langen weißen Kittel. Anscheinend schien es sich bei ihm um einen Arzt zu handeln. Seine Haare waren kurz und braun, altersmäßig schätzte Carina ihn auf Mitte 30. Er schien schon seit einiger Zeit zu sprechen, denn das gesamte Publikum widmete allein seinen Worten ihre ganze Aufmerksamkeit. „…durch einen unglücklichen Unfall verlor Sie ihr Leben. Es war ein tragischer Unfall, den Sie niemals hätte erleiden dürfen. Denn er war nicht nur für Sie selbst, sondern auch für die Psyche Ihrer Familie äußerst ungesund.“ Die Shinigami verdrehte die Augen. Den sie niemals hätte erleiden dürfen… Andauernd passierten Unfälle, so etwas wünschte man doch keinem Menschen. „Deshalb möchte ich nun versuchen, Sie und die Ihren vollkommen zu erlösen.“ Carinas Augen verengten sich. In den nächsten Minuten würde irgendetwas passieren. Und dieser Idiot, der sich als ihr Partner aufspielte, war natürlich noch nicht da. Mit wachsamem Blick schaute sie dabei zu, wie die Gehilfen des Mannes Kabel und Sensoren an der Leiche befestigten. „Also, meine Damen und Herren. Sehen Sie selbst, wozu die Macht der Medizin fähig ist. Sehen Sie die vollkommene Erlösung.“ Zischende Geräusche ertönten, als über die Kabel Strom in die Leiche geleitet wurde. „Aber das kann niemanden wieder zum Leben erwecken. Ob da noch was anderes drin ist?“, überlegte sie, doch jegliche Gedanken ihrerseits kamen im nächsten Moment zum Stillstand. Fassungslos betrachtete sie Margaret Connor, deren Körper sich nun langsam und vollkommen selbstständig aus dem Sarg erhob. „Sehen Sie selbst. Unsere Medizin kann selbst Tote zum Leben erwecken“, rief der Doktor freudig aus und lächelte der überwältigten Menge zu. „Das ist unmöglich“, hauchte Carina und starrte weiterhin das Mädchen an, das nun von ihren Eltern umringt wurde. Die Mutter – Susanna Connor, wie Carina nun erkannte – umarmte ihre Tochter und rief: „Margie! Meine liebe Margie!! Ich danke Euch, Doktor.“ Plötzlich klatschte das Publikum begeistert und es wurden Rufe laut. „Das ist die „vollkommene Erlösung“!“ „Diese Idioten. So etwas wie eine vollkommene Erlösung gibt es doch gar nicht“, schoss es der 18-Jährigen durch den Kopf. Verdammt, was ging hier nur vor? „Wie hat er das gemacht?“, hörte sie Ciel rufen, anscheinend waren er und Sebastian genauso erstaunt wie alle Anderen auch. Susanna Connor hielt ihre Tochter immer noch fest umklammert, als wollte sie sie nie wieder los lassen. Carina wusste plötzlich, im Bruchteil der einen Sekunde bevor es passierte, dass dort vorne etwas fürchterlich schief ging. In einer fließenden Bewegung öffnete sich der Mund der Leiche bis zum Anschlag, um sich dann mit einem widerlichen Zuschnappen in dem Hals der Mutter zu versenken. Carina konnte nicht verhindern, dass sie vor Schreck zusammenzuckte. Blut spritzte in alle Richtungen, Susanna Connor stieß einen fürchterlich lauten Schrei aus. „Ma…Margie…?! Was tust d…Aaargh!“ Es war für die Shinigami keine große Überraschung, dass nun Panik in der Menge ausbrach. Die Leute stürzten alle gleichzeitig zum Eingang hinaus und rannten sich dabei fast gegenseitig über den Haufen. Um nicht von Ciel und Sebastian entdeckt zu werden, begab sich Carina ebenfalls nach draußen, blieb aber dann dicht hinter der Tür stehen. Gerade wollte sie sich dem Spektakel erneut widmen, als plötzlich Ronald neben ihr auftauchte. „Tut mir Leid, ich hab die Zeit ein wenig vergessen“, sagte er. In jeder anderen Situation hätte Carina ihm nun einen zornigen Blick zugeworfen, doch dafür hatten sie jetzt keine Zeit. Schnell und in zusammengefassten Worten erklärte sie ihm, was in den letzten 10 Minuten passiert war. „Hört sich ja nicht so großartig an.“ „Das ist wohl die Untertreibung des Jahrhunderts“, entgegnete Carina trocken und schaute Sebastian dabei zu, wie er Küchenmesser auf die Leiche warf. Sie trafen sie direkt im Hals und im Brustkorb, doch das schien das Mädchen überhaupt nicht zu stören. Auch die Pistolenschüsse der Gehilfen des Doktors machten ihr überhaupt nichts aus, woraufhin sie gleich die nächsten zwei Opfer zum Fressen gefunden hatte. „Unfassbar“, murmelte Ronald. „Ich nehme mal an, wir müssen uns Ihren Kopf vornehmen?“ Carina nickte zögerlich. „Ja, das denke ich auch. Ich hab zwar keine Ahnung, wie dieser Vorgang funktioniert hat, aber sie kann keine Seele haben, so viel steht fest. Also bleibt uns wohl nur diese Aktion. Aber momentan sind der Earl und sein Butler da drin. Vielleicht sollten wir uns besser nicht einmischen.“ Ronald grinste und öffnete nun seinen Koffer. „Du kannst ja hier bleiben, ich leiste den Beiden nur zu gerne Gesellschaft.“ Nun warf Carina ihm doch einen genervten Blick zu. „Mach doch, was du willst“, sagte sie und schaute etwas irritiert auf die Death Scythe ihres Partners. „Ein Rasenmäher? Das ist nicht dein Ernst“, sagte sie, wurde aber von einem Ausruf Ciels unterbrochen. Dieser befand sich nun zusammen mit Sebastian ganz allein vor der wandelnden Leiche. „Wie zum Teufel bringt man so etwas um?“, fragte Ciel seinen Butler, der sich anscheinend selbst seine Gedanken darüber gemacht hatte. „Ich würde sagen, indem man es so weit zerlegt, dass es sich nicht mehr bewegen kann“, antwortete er auf die Frage seines Meisters. Diesen Moment wählte Ronald, um das Duo auf sich aufmerksam zu machen. „Diese Dinger kann man nur töten, wenn man Ihnen den Schädel zermalmt.“ Mit einem Sprung war er bei dem Mädchen. Carina rümpfte angewidert die Nase, als der Kopf der 17-Jährigen durch den Rasenmäher gedreht wurde. „So geht das“, sagte Ronald grinsend, die Sache schien ihm mächtig Spaß zu machen. „Da muss man den Bogen schon raus haben“, fügte er noch arrogant hinzu und schlug seine Liste auf. „Wusste ich’s doch, die hat schon lange den Löffel abgegeben. Und ich hab denen noch gesagt, dass ich Sie längst eingesammelt habe…“ Nicht auf Sebastians und Ciels verdutzte Mienen achtend, ging er zu der Leiche der Mutter. „Aber die hier steht noch auf der Liste. Also los.“ Erneut benutzte er seine Death Scythe und die Cinematic Records schossen wie gewohnt hervor. „Susanna Connor, geboren am 23.07.1841…gestorben am 19.04.1889 an einem Schock durch hohen Blutverlust. Besondere Anmerkungen…keine. Untersuchung abgeschlossen.“ Er setzte seinen Stempel und Ciel schien nun endlich kapiert zu haben, wen er vor sich hatte. „Ein Shinigami?“, murmelte er und Ronald schaute ihn an. Carina sah von der Tür etwas fassungslos dabei zu, wie zuerst Sebastian und dann Ronald sich gegenseitig vorstellten. Das Ronald so ruhig blieb, hatte sie ihm gar nicht zugetraut. „Es ist gut, dass sie mich noch nicht zu Gesicht bekommen haben.“ Sebastian würde sicherlich relativ schnell auffallen, dass er sie schon einmal getroffen hatte. „Damals beim Undertaker…Nachdem ich diesen seltsamen Traum hatte“, dachte sie, schüttelte den Gedanken aber relativ schnell wieder ab. Für so etwas hatte sie momentan wirklich keine Zeit. „Ihr sagtet eben, dass man diese Kreaturen nur töten kann, indem man Ihnen den Schädel zermalmt. Wisst Ihr als Shinigami vielleicht etwas über diese wiedererweckten Toten?“, fragte Sebastian und klang nach Carinas Geschmack beinahe schon zu höflich. Aber nach überraschter war sie, als Ronald dem Butler tatsächlich antwortete und das sogar ziemlich ausführlich. „Nö, nix genaues jedenfalls. Ich weiß nur, dass die Hüllen einiger Seelen, die wir bereits eingesammelt hatten, wieder aktiv geworden sind. Was uns eine Dienstaufsichtsbeschwerde von der Verwaltung eingebracht hat, weshalb ich jetzt hier bin, um die Sache zu untersuchen. Und wie ich mir schon dachte, haben wir es mit waschechten Leichen ohne Seele zu tun. Schließlich erinnere ich mich noch genau daran, dass ich Margaret Connors Seele bereits vor zwei Wochen eingesammelt habe.“ Ciel legte nachdenklich eine Hand an sein Kinn. „Es handelt sich also nicht um wiedererweckte Tote, sondern lediglich um wandelnde Leichen.“ „Ist es denn überhaupt möglich, dass Körper ohne Seelen umherwandeln?“, fragte Sebastian und Carina schnalzte leise mit der Zunge. Natürlich, der Dämon interessierte sich wieder nur für die Seelen. „Die „Oben“ sagen zwar, das sei unmöglich, aber da sie – wie ihr gesehen habt – doch umherwandeln, wurden wie von der Vereinigung entsandter Todesgötter mit der Untersuchung der Sache beauftragt“, antwortete Ronald schulterzuckend, als hätte er mit der ganzen Angelegenheit nicht viel am Hut. „Und das Einzige, das Ihr bisher herausgefunden habt, ist, dass man Sie nur töten kann, wenn man Ihnen den Kopf zermalmt?“ Ronald seufzte. „Ja, auch wenn man Sie genau genommen nicht „tötet“, sondern nur „am umherwandern“ hindert.“ Ciel setzte sich ganz plötzlich in Bewegung, Sebastian dicht hinter sich. „Dann bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als diesen Ryan zu befragen. Gehen wir“, sagte der Junge, doch er kam nicht sehr weit. Ein lautes Surren ertönte und Sebastian drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um Ronalds Rasenmäher knapp vor seinem Gesicht abzufangen. „Wenn die Verwaltung spitzkriegt, dass ein Teufel auf dem Schiff war, mosern die bestimmt wieder rum und beschuldigen mich womöglich Ihnen zu verheimlichen, dass ich mir von einer Bestie Seelen habe klauen lassen.“ Ein unheimlicher Ausdruck, gepaart mit einem Lächeln trat nun auf Ronalds Gesicht. „Und da ich keinen Bock auf diesen Rummel plus Überstunden habe, schlage ich vor, dass du dich jetzt in Luft auflöst.“ Carina konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Natürlich würde Sebastian keineswegs einfach so verschwinden und das wusste Ronald auch ganz genau. Anscheinend wollte er unbedingt gegen den Frackträger kämpfen. „Soll mir recht sein. In der Zwischenzeit sollte ich schon einmal anfangen, die ganzen Seelen einzusammeln“, dachte sie und machte sich auf den Weg in die zweite Klasse, das schwere Gefühl in ihrem Magen vorerst ignorierend. Dafür hatte sie später immer noch genug Zeit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)