Elementary Angels von KizuYukiha (Trilogie - Staffel 3) ================================================================================ Kapitel 22: Heimkehr -------------------- Kapitel 22 ~ Heimkehr ~ Juline Coldfire~ Immernoch auf der Suche nach unseren drei Freunden, die irgendwo in der Festung waren, schlichen Dad, Elohim und ich durch die oberen Korridore. Außer Fiona und ein paar vereinzelten Dämonen gab es keine Zwischenfälle. Allerdings gab es noch eine Dienerin von Chamuel, die hier irgendwo sein müsste. Riann... „Aris könnte überall sein! Hier irgendwen zu finden ist doch sowas von aussichtslos“, meckerte Elohim. „Und nicht nur sie... Keine Ahnung ob dieser Bengel von selbst seine Freundin gefunden hat“, sagte nun auch Dad. Die beiden nervten mich langsam mit ihrem Pessimismus. Guter Dinge lief ich den Beiden hinterher und ging im Kopf die Räumlichkeiten der Festung durch. Ich war hier aufgewachsen, also kannte ich die meisten Räume und Korridore. „Sind Engel immer von Natur aus Trübsinnig?“ „Seh ich aus wie ein Engel!?“, fragte Dad empört. „Ich bin eh anders als die Anderen“, sagte Elohim dazu und schnaufte. „Wenn Aris so tut als würde sie zu Chamuel halten, wird sie sicherlich weiter oben in den Privatgemächern sein. Wenn sie nicht sogar direkt bei ihm ist“, meinte Dad plötzlich. „Das heißt, ein Kampf wäre unvermeidlich.“ „Richtig.“ „Was!?! Aber wir müssen einen Kampf vermeiden! Dad, du hast Schmerzen, du bist krank und müde! Und du Elohim, hast nur Adriano's Körper, wehe du bringst ihn damit um!“ „Ganz ruhig, Schätzchen.“ „WIE!?“ „Es wird schon gut gehen... Er hat ja eigentlich nur was gegen mich. Also werde ich mit ihm verhandeln“, sagte Dad ohne eine Reaktion von mir zu erwarten. Er kehrte mir einfach wieder den Rücken zu und lief weiter. Ich beschloss es dabei zu belassen und folgte den beiden Kerlen schweigend. Trotzdem wurde ich mehr und mehr nervös. Als wir noch weiter oben in den alten Privatkorridoren ankamen, wurden viele Erinnerungen in mir geweckt. Vor allem musste ich an meine Ma denken. In meinen Gedanken sah ich sie immernoch hier herumlaufen, als wäre nie etwas passiert und ich spürte wie sich in meinem Hals ein Kloß bildete, der mir den Atem raubte. Elohim blieb plötzlich stehen und schloss die Augen: „Sie ist hier irgendwo.“ „Du spürst das?“, fragte Dad erstaunt. „Ihre Aura ähnelt der von Lumen.“ „Aris ist ja auch die Tochter von Lumen's Bruder.“ „Sag mal, Dad... Wie kann Kite eigentlich Lumen's Bruder sein, wenn die Beiden erschaffen wurden? In der Hinsicht seid ihr doch alle Geschwister, oder?“, fragte ich nun um mich abzulenken. „Jein. Wir wurden unabhängig voneinander erschaffen. Kite wurde eine Weile nach Lumen erschaffen um sie zu entlasten. Er hatte ähnliche Kräfte und Gott nahm Lumen's Genetik. Deswegen war er offiziell ihr „Bruder“.“ „Hat Gott ein Gen-Labor im Himmelsreich!?“, fragte ich empört. „Haha! Vielleicht... Ich hab nichts dergleichen gesehen“, antwortete Dad belustigt. Dann wurden wir wieder still und ließen Elohim voran gehen, da er Aris' Aura spüren konnte. Schließlich blieb er vor einer Tür stehen und holte schon mit seinem Bein aus um sie einzutreten. Doch ich konnte ihn gerade noch packen und wegreißen. „Spinnst du!?“, zischte ich leise, aber bestimmend. „Was denn!?“ „Haltet mal eure Klappe, ich höre Stimmen!“ Nun schlich auch ich mich an die Tür und quetschte mein Ohr daran. Ich hörte eindeutig die Stimme von Aris, aber sie war nicht alleine. „Bitte geh nicht! Bleib noch etwas hier! Bitte erklär mir doch endlich was genau passiert ist! Das was du mir erzählt hast, lässt mich immernoch rätseln!“ „Diese Story ist nichts für kleine Mädchen wie dich“, antwortete Chamuel und wir schreckten etwas zurück, weil er offenbar zur Tür lief. Doch es passierte nichts... Nach kurzem Überlegen lehnten wir uns wieder an die Tür und hörten nur noch sehr verdächtige Geräusche... Dad und ich tauschten fassungslose Blicke aus und ich erschrak, als Elohim uns packte und von der Tür zerrte. „Wir müssen weiter!“ „Was!?! Aber Aris!!!“ „Willst du da jetzt reinplatzen!? Doofe Nuss!“ Dad verschränkte die Arme und musterte Elohim skeptisch: „Was hat sie zu dir gesagt?“ „Wie?“, fragte ich nun verwirrt. „Elohim und Aris haben den Vorteil richtige Engel zu sein. Sie können im Gedanken Kommunizieren und ihre Auren wahrnehmen. Wir gefallenen Engel können das allerdings nicht. Zumindest nicht zu den richtigen Engeln. Untereinander wäre das wiederum möglich.“ „Kompliziert...“ „Aris meint, wir sollen uns verpissen, weil sie geilen Sex mit ihm haben will. Gott, ist das Ekelhaft...“ „Nicht ernsthaft, oder!?“, fragten Dad und ich entsetzt. „Nö... Aber sie meinte, sie will ihn aufhalten. Und wir sollen weiter. Sie kommt schon klar.“ Während sich Elohim ohne Probleme abwendete mussten Dad und ich uns schon überwinden Aris wirklich erstmal zurückzulassen. Allerdings schien sie wirklich klarzukommen. Chamuel hatte ihr wohl nichts getan, was mich ziemlich wunderte. Man könnte meinen, es läge daran, dass sie eine Frau ist. Chamuel, der alte Weiberheld. Allerdings war Mama auch eine Frau und sie erstach er einfach... „Gehen wir besser erstmal in den Thronsaal, wo Hailey sein soll“, schlug ich vor und folgte den Beiden erneut. „Sag mal, Dad! Wenn gefallene Engel die Aura eines anderen gefallenen Engels spüren können, warum ist Chamuel nicht aufgefallen, dass wir hier waren?“ „Vielleicht weil er nicht darauf geachtet hat.“ „Vielleicht weil er grenzenlos behindert ist.“ Bei Elohim's Kommentar über Chamuel musste ich mir das Kichern verkneifen. Ohne weitere Zwischenfälle kamen wir endlich am Thronsaal an. Mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich sah, dass Raik schon dort war. Er hämmerte verzweifelt gegen die Glaskuppel. Genau die selbe Art, unter der auch ich gefangen war, als Fiona Adriano diesen Mist erzählt hatte. „Raik!“, rief ich erleichtert und rannte zu ihm. „Juline! Na endlich! Ich dachte schon, ich sterbe vor Angst alleine hier!“ „Wie hast du es hierher geschafft? Musstest du gegen Dämonen kämpfen?“ „Nein, gar nicht.“ Dad klopfte gegen das Glas und musterte es nachdenklich: „Chamuel hatte nicht damit gerechnet, dass ihr euch hierher traut. Deswegen hat er kaum Dämonen zum Schutz aufgestellt. Das Glas ist versiegelt...“ Raik konnte seinen faszinierten Blick kaum von Dad abwenden. „Wie kriegen wir sie da raus?“ „Wir treten einmal heftig dagegen!“ „Elohim! Aus! Du tust Adriano damit nur weh.“ „Na und?“ „Aus!“ „Uhhh Ehekrieg“, gab Dad als dummes Kommentar dazu und verkniff sich ein sadistisches Lachen. „Wir versuchen es hiermit! Das hat bisher immer geholfen!“, antwortete ich und griff erneut nach der magischen Kugel in meiner Tasche. „Die kann alles!“ „Zauber, zauber...“ „Was seid ihr eigentlich für Engel?! Ihr habt nur Scheiß im Kopf!“, beschwerte sich Raik entsetzt. „Ey! Pass auf was du sagst, Kleiner! ICH bin kein Engel!“ „Ich auch nicht“, stimmte ich Dad zu und hob meine Kugel gegen das Glas, das sich sofort auflöste. Diesmal musste ich nichtmal etwas dazu sagen, oder sie bitten. Die Kraft der Kugel reagierte einfach. „Wahnsinn! Ne Cheater-Kugel!“ „...Menschen und ihre Ausdrücke...“ „ICH bin kein Mensch! Ich bin ein Assistant!“ „Ein Wasser-Assistant. Also mein Sklave.“ „HALLO!? Nicht im Körper meines Neffen! Ihr macht mich wahnsinnig! Hailey!!!“, rief Raik nun und rannte zu ihr. Elohim, Dad und ich blieben auf Abstand. Nachdem Raik Hailey etwas rüttelte, öffnete sie langsam ihre Augen und guckte ihn völlig verwundert an. Als würde sie ihn zum ersten mal nach vielen Jahren wiedersehen. Verwirrt beobachtete ich, wie sie ihre Hand auf seine Wange legte: „Du... Bist hier... und hast mich... gerettet...“ „Geht es dir gut? Haben sie dir irgendwas getan!?“ Dann lächelte sie sanft und klammerte sich an ihn: „Clyde! Du bist wieder bei mir!“ Was zur...?! Hailey war wohl wirklich nicht mehr zu helfen und Raik sah ziemlich erschlagen aus. Er schluckte und versuchte es zu verkraften, ehe er sie hoch nahm. „Lasst uns gehen! Wir müssen verschwinden!“, drängte Dad nun. Kaum drehten wir uns um bekamen wir einen leichten Schock, weil jemand in der großen Tür stand. Zu unserer Erleichterung war es nicht Chamuel, sondern Riann. Sie starrte uns einen Moment an und kam ein paar Schritte auf uns zu: „Ihr seid also wirklich hier.“ „Willst du Ärger machen?“, fragte Dad herausfordernd. „Falls ja, wird dich mein zukünftiger Schwiegersohn ordentlich vermöbeln!“, fügte er noch mit einem hämischen Grinsen hinzu und wies auf Elohim hin. „WIE HAST DU IHN GENANNT!?“ „Vermöbeln ja, diese unfähige Trulla heiraten, nein!“, antwortete Elohim und verschränkte die Arme. „Spinnt ihr!?!“, fuhr ich nun beide an. „Unfähige Trulla!!! Ich mach dich kaputt!!!“, drohte ich Elohim in meiner ganzen Verlegenheit und hämmerte ihm gegen den Oberarm. „Hör auf mich zu hauen. Dein Schatzi ist der Idiot, der sich mit den blauen Flecken abgeben muss.“ „Waaaah!!! Elohim!!! Du bist so ein... Soooo ein... AAAAHRG!!“ „Zurück zu dem kleinen Engelchen... Also? Willst du Ärger machen?“, fragte Dad nun Riann. Sie senkte den Blick und schüttelte mit einem Lächeln den Kopf: „Nein... Geht. Verschwindet von hier. Und zwar schnell. So wie ihr euch benehmt, weiß bald das ganze Reich der Dunkelheit, dass ihr hier seid.“ „Du willst nichts gegen uns unternehmen?“, fragte ich erstaunt. „Nein. Ich hab es satt... Ich bin nicht hier um für Chamuel zu kämpfen. Ich möchte mich nun einfach um Fiona kümmern. Also haut schon ab, ich habe euch nicht gesehen.“ „Sehr nett!“, sagte Dad begeistert und verließ den Saal gefolgt von Elohim und Raik, der Hailey trug. Riann hielt mich am Arm fest, als ich an ihr vorbei lief. „Juline... Kannst du mir einen Gefallen tun? Als kleine Gegenleistung?“ „Was denn?“ „Sag bitte... Fabio... dass ich ihn sehr... gerne hab.“ „Fabio!?“ „Ich hoffe ich kann ihn irgendwann wieder sehen... Sagst du es ihm?“, fragte sie mit hochrotem Kopf. Es überraschte mich doch sehr... Hatten Jade und Fabio nicht noch ein riesen Drama gemacht, weil ich mit Adriano zusammen bin? Und dann hat Fabio noch Riann!? Ein klein wenig Ärger stieg in mir auf, doch ich überspielte ihn und lächelte: „Ja, ich sag es ihm. Danke nochmals!“ Nun mussten wir uns aber beeilen! Trotz allem wollte ich mich nicht damit abfinden dieses Reich ohne Aris zu verlassen. Sie war immer wie eine Schwester für mich! Obwohl Dad und Elohim nicht ganz damit einverstanden waren, konnte ich sie überreden nochmal zu dem Zimmer zu gehen, wo wir sie vorhin gehört hatten. Dort stand die Tür einen Spalt offen und kein Ton war mehr zu hören. Mein Herz hämmerte wie verrückt, weil ich Angst hatte Chamuel über den Weg zu laufen. Dennoch nahm ich meinen Mut zusammen und streckte meinen Kopf langsam ins Zimmer, wo ich niemanden sah. Doch dann krampfte sich mein Magen kurz zusammen! Da stand Aris in der hintersten Ecke am Fenster. „Wartet hier! Ich rede mit ihr!“, sagte ich zu den Anderen, die nun Wache schieben sollten. „Keine Angst... Er ist weg gegangen“, sagte Aris, ohne sich umzusehen: „Meine Güte! Es kommt mir vor wie Jahre, als wir uns zum letzten mal gesehen haben.“ Nun konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und schlang meine Arme um sie. Allerdings suchte ich ihren halbnackten Körper automatisch nach Verletzungen und blauen Flecken ab. Dies schien nicht unbemerkt geblieben zu sein. „Er hat mir nichts getan... Sei unbesorgt.“ „Aris! Komm mit, wir müssen weg hier! Was soll das mit Chamuel!? Verlangt er von dir, dass du mit ihm schläfst!? Lässt er dich dafür in Ruhe!?“ „Nein... Nein, er zwingt mich nicht dazu. Ich will es so...“ „Was!? Wie soll ich das verstehen?“ „Juline... Bitte! Ja, anfangs hatte ich große Angst vor ihm und ich tat es nur um vielleicht ein Chance zu ergattern ihn umzustimmen... Damit du in Sicherheit bist... Und damit er Opa frei lässt. Aber... Er ist eigentlich gar nicht so! Ich weiß es! Ich möchte herausfinden was ihm widerfahren ist und vielleicht kann ich es schaffen ihn zu überreden von seinen Plänen abzulassen.“ „Du klingst wie meine Mutter...“ „Deine Mutter hat deinen Vater verändert! Er ist auch nicht mehr so hasserfüllt gewesen!“ Ich konnte nicht glauben, dass sie tatsächlich freiwillig bei ihm bleiben wollte. Fassungslos lehnte ich mich ans Fensterbrett und schnaufte. „Er hat deine Eltern umgebracht... Und er tötete meine Mutter... Wie kannst du so zuversichtlich sein?“ „Ich weiß es nicht. Wenn es nur eine kleine Chance gibt, ihn davon abzuhalten alle zu töten, will ich sie nicht ungenutzt lassen!“ „Ach Aris...“ „Wenn ich nur wüsste, was passiert ist. Dann könnte ich es ganz anders angehen... Er erzählt aber nichts... Er sagt nur, dass ihm zweimal eine geliebte Person genommen wurde.“ Ich lachte kläglich auf und starrte ihr in die Augen: „Das und noch viel mehr... Aris, sowas kann man nicht ungeschehen machen.“ „Was weißt du?!“ „Es war Dad... Er hat in Gottes Auftrag Chamuel's schwangere Menschenfreundin getötet. Dad hat Sacred Feye getötet... Chamuel hat sie beide geliebt und beide wurden sie durch Dad's Hand umgebracht. Der Einzige Weg sich zu rächen ist Dad auch alles zu nehmen. Dazu wird er dich und auch mich umbringen müssen. Aris! Komm mit!“ „Nein! Vertrau mir, ich schaffe das! Ich werde hier bleiben! Wie schrecklich... Geht es ihm gut?“ „Wie?“ „Geht es Luzifer gut? Er sah ziemlich fertig aus, als ich ihn zuletzt gesehn hatte.“ „Ja, wir konnten ihn befreien.“ „Ach... Du und der Engel, der bei dir ist. Elohim? Wir hatten nur kurz das Vergnügen... Und auch nur Telepathisch... Trotzdem würde ich ihn irgendwann auch gerne mal kennen lernen“, sagte sie mit ihrem gewohnten netten Lächeln. „Wir werden uns sicher bald wieder sehen... Auch wenn ich dich am liebsten grade K.O schlagen und mitnehmen würde.“ „Geht... Beeilt euch. Macht, dass ihr hier weg kommt. Chamuel wird sauer sein! Ihr dürft keine Zeit mehr verlieren!“ Mit einem schlechten Gefühl ließ ich ihre Hand los und kehrte zurück in den Korridor, wo Dad mich verständnislos musterte. „Was ist!? Ich dachte sie wäre dort drinnen!“ „Ja... Sie will hier bleiben.“ „WAS!? Das kommt nicht in Frage!“ „Dad! Wir hauen jetzt hier ab! Sie hat ihren Willen ausdrücklich geäußert. Und jetzt gehen wir!“, drängte ich und schob ihn vor mir her. „K.O schlagen und mitnehmen?“, fragte Elohim mich, als Dad weiterhin störrisch blieb. Nun schubste Elohim ihn auch etwas: „Na los, alter Mann. Bewegung.“ „Jaja! Jetzt weiß ich wieder, warum ihr Engel mich genervt habt!“ „Tja... So ist das nunmal.“ Einen Moment lang blickte ich den Beiden hinterher und stellte fasziniert fest, wie ähnlich Elohim und ich uns irgendwo waren. „Worauf wartest du?“, fragte Raik und riss mich aus meinen kleinen Tagträumen. „Oh! Sorry!“ Den Weg zurück zum geheimen Tunnelausgang fanden wir mit Dad's Hilfe schnell und so gelang es uns von Chamuel unbemerkt aus der Festung zu gelangen. Mit Erleichterung sprangen wir durch das Weltentor zurück zur Erde, wo wir am Strand standen und es in Strömen regnete. „Ihh Regen!“, fluchte Dad, der ziemlich müde aussah. Es fühlte sich so gut an, endlich wieder hier zu sein! Aber dann wurde mir auch wieder bewusst, dass Adriano und ich einiges zu klären hatten. Davor hatte ich Angst. Unbewusst fiel mein Blick zu Elohim, der in den Himmel starrte und den Regen auf sein Gesicht prasseln ließ. Ich lief durch den schweren Sand zu ihm und nahm seine Hand, wodurch er etwas aufschreckte. „Woran denkst du, wenn du durch den Regen in den Himmel guckst?“ „Ich denke, dass es sich gut anfühlt... Und... Ich frage mich, ob ich dieses Gefühl jemals wieder mit meinem eigenen Körper erleben kann... Und wenn ja, wo? Ich gehöre ja eigentlich nirgendwo hin...“ Ich griff seine Hand fester und lächelte: „Wir finden deinen Körper... Ich helfe dir dabei! Und wenn du nicht im Himmelsreich bleiben willst, kommst du eben auch hierher.“ Wieder guckte er in den Himmel und grinste kurz kläglich: „Tzee... Du bist so naiv, Idiotin...“ Plötzlich kniff er seine Augen schmerzverzerrt zusammen und fiel in den Sand. Das war's wohl wieder mit seinem Besuch. „Was ist mit ihm?“, fragte Dad, der zu uns gelaufen kam. „Ach... Ich glaube Elohim hatte einfach keine Lust auf sentimentale Gespräche... Danke, für deine Hilfe“, sagte ich leise und legte seinen Kopf auf meinen Schoß. Auch Raik hatte sich mit Hailey in den Sand gesetzt und starrte aufs Meer hinaus. „Danke, dass du mir geholfen hast, Juline. Ohne dich wäre das nicht so ausgegangen.“ „Was wirst du jetzt machen?“, fragte ich unsicher, als ich die bewusstlose Hailey betrachtete. Raik seufzte: „Ich weiß es nicht... Ich weiß echt nicht mehr was ihr noch helfen könnte.“ „Ich kann sie gerne erlösen“, schlug Dad mit seiner sarkastischen Stimmlage vor und kassierte dafür abgeneigte Blicke. „Dad... Diese Frau hat Mama groß gezogen! Sie ist praktisch meine Oma.“ „Sorry, ich hatte es noch nie richtig mit Feye's Familie. Wenn ich mir ansehe wie der Kerl, der vom Alter her dein Bruder sein könnte, auf die Alte steht, weiß ich auch warum.“ So ein Idiot! Ich ging nicht weiter darauf ein und wandte mich wieder an Raik: „Hailey muss auf jeden Fall zu einem Arzt... Bevor sie vielleicht irgendwas dummes tut“, sagte ich zögerlich. Raik wollte das nicht hören, aber im Grunde wussten doch alle, dass das so nicht weiter gehen könnte. Das peinliche Schweigen endete zum Glück schnell, als Adriano wieder zu sich kam. „Wo bin ich?“, fragte er benommen und guckte sich um. „Wir haben Hailey und Dad gerettet, erinnerst du dich?“, fragte ich vorsichtig, weil ich nicht genau wusste, wie er auf mich zu sprechen war. Er überlegte kurz ehe er schnaufte und sich aufrichtete: „Ja... Ich erinner mich an das Gelaber von der Tussi... Au...“ „Lass uns nachher darüber reden! Hast du wieder Kopfschmerzen?“ „Ist doch egal! Lass mich in Ruhe...“, antwortete er und schaffte es gerade so grade stehen zu bleiben. Dass er so reagieren würde, hatte ich befürchte und erwartet, aber trotzdem traf es mich sehr. „Adriano, so kannst du unmöglich nach Hause laufen!“ , rief ich ihm hinterher als er nicht reagierte und durch den Sand torkelte. „Mach dir keinen Kopf... Ich bring ihn nach Hause. Das liegt auf dem Weg“, sagte Raik und nahm Hailey wieder huckepack. „Danke...“ „Adriano ist ziemlich hitzköpfig und stur. Der beruhigt sich auch wieder... Was auch immer zwischen euch vorgefallen ist.“ Raik meinte es zwar gut, aber seine Worte halfen mir nicht viel weiter. Ich war unsicher und wusste nicht, was ich nun tun sollte. Ich dachte Elohim hätte mit ihm geredet und er wäre nicht mehr so richtig sauer... Warum konnten wir nicht einfach glücklich sein? Irgendwas kam bisher immer dazwischen... In meinem Kopf befand sich das völlige Gefühlschaos! Einerseits war ich traurig, weil Adriano nun nichts von mir wissen wollte, andererseits war ich glücklich Dad endlich wieder bei mir zu haben. Allerdings hatte ich auch Angst um Aris und vor der Zukunft... Dazu kam meine tiefe Trauer um Ma und Reeza. Nachdenklich starrte ich Raik, Hailey und Adriano hinterher und merkte gar nicht, dass ich schon völlig durchgefroren vom Regen war. „Nun... das ist also der Typ, in den du dich verliebt hast?“, fragte Dad mit skeptischen Blicken. „Ja... Aber alles geht schief... Ich war so glücklich endlich mit ihm zusammen zu sein und dann gab es Stress mit seinen Geschwistern. Danach gab es Stress wegen den Engeln... Andauernd wird uns irgendwas in den Weg gelegt, sobald wir mal kurz glücklich sind.“ „Naja... eigentlich sollten Leute wie wir auch nicht mit Menschen zusammen sein. Das bringt nur Unglück.“ „Lass uns ins Hotel gehen... Du brauchst dringend etwas Ruhe...“ Ich wollte ihn nicht jetzt mit Vorwürfen bombardieren... Was passiert wenn ein Engel einen Menschen liebt, weiß wohl niemand besser als er und Chamuel. Auch wenn es da diverse Differenzen gab. Wie oft beruhigte ich mich in den vergangenen Tagen und Stunden mit dem Gedanken, dass ich kein richtiger Engel bin und Adriano kein richtiger Mensch ist? Im Hotelzimmer war noch alles wie vorher... Niemand hatte etwas angerührt und niemand war hier. Melody würde wohl einen Anfall kriegen, wenn sie wüsste, dass ich meinen Dad mit hierher brachte. Ich reichte im gleich ein Handtuch und beobachtete ihn, wie er sich nur mit Schmerzen bewegen konnte. „Das wird bestimmt bald besser! Ach, ich könnte auch einen der Erd-Assistants fragen, ob er so nett wäre dich zu heilen.“ „Lass mal... Ich will ungern Hilfe von denen annehmen.“ „Du und dein doofer Stolz!“ „Ich komme schon zurecht. Mach dir keine Sorgen. Das Beste ist schonmal, dass ich nun nichtmehr im Kerker rumsitze. Und, dass ich weiß, dass es dir soweit gut geht.“ Die Umarmung, die danach folgte, gab mir endlich wieder das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit. Nun konnte ich auch meine ganzen aufgestauten Gefühle nicht mehr zurückhalten und klammerte mich fest an ihn während ich meinen Tränen freien Lauf ließ. Verlegen streichelte er mir über die Haare und lächelte: „Hör auf damit! Du weißt doch, dass ich mit sowas gar nicht umgehen kann! Ich mag es nicht wenn du weinst...“ „Ich weiß, ich weiß... Du bist immerhin die fieseste Existenz und Gefühle schaden deinem Image, Satan!“, antwortete ich belustigt und wischte mir die letzte Träne von den Wangen. „Was hat deine Mutter nur aus mir gemacht! Tzz!“ „Sie hatte es eben voll drauf!“ „Sicher... Sag mal, hast du was dagegen, wenn ich mal duschen gehe?! Ich kann mich selbst nicht mehr riechen...“ „Gut, mach ruhig. Wir haben aber nur Mädchenseife hier! Die duftet nach Rosen...“ „Auch das noch...“ Während ich alleine im ruhigen und leblosen Zimmer auf dem Bett saß, griff ich nach meinem Handy und überlegte ob ich Adriano eine Nachricht schicken sollte... Oder doch lieber in Ruhe lassen?! Ich vermisste ihn... Wie konnte er so einfach glauben was diese blöde Kuh ihm in den Kopf gesetzt hatte?! Irgendwo enttäuschte es mich, dass er mir so wenig Vertrauen schenkte... Mit einem schweren Schnaufen legte ich das Handy wieder weg. Was soll nur aus uns allen werden? Während ich in meiner Tasche kramte, fielen mir auch wieder diese Kugel und Aquarienne's Tagebuch in die Hände. Das Buch war schon alt, aber kaum abgenutzt. Elohim's Mutter... Hatte er seinen Sturkopf eigentlich von ihr? Oder doch eher von Chamuel? Es war für mich immernoch so schwer zu glauben, dass Elohim grade von den Beiden kam. Für einen kurzen Augenblick wäre ich fast schwach geworden und hätte angefangen zu lesen, doch ich hatte Elohim versprochen es mit ihm zusammen zu lesen. Um nicht in Versuchung zu geraten, packte ich es wieder weg. Und dann blieb noch die Kugel... Diese mysteriöse rosa Kugel, die mir schon etliche Male half, mir aber auch schreckliche Dinge offenbarte. Ich fühlte mich etwas überfordert mit dem ganzen Wissen. Eine ganze Weile blieb ich noch liegen... Ich dachte an Aris. Hoffentlich tat Chamuel ihr nichts an, nachdem er erfahren hatte, dass Dad und Hailey befreit wurden. Ich konnte sie einfach nicht verstehen... Und was war das für eine Geschichte mit Riann und Fabio? Ich verstand die Welt nicht mehr. Und Raik... Er wirkte so zerschlagen, nachdem Hailey ihn wirklich für Clyde hielt. Wie tapfer er versucht hatte seine Enttäuschung darüber nicht zu zeigen. Mit einem Lächeln dachte ich nun wieder an Elohim. Was hatte er mir eigentlich nicht an den Kopf gedrückt? So ein Mistkerl! Kein Wunder, dass Destinia so sehr an ihm hängt... In meinen Gedanken bemerkte ich überhaupt nicht mehr wie die Zeit vorüber ging bis Dad wieder aus dem Bad kam. An seinem Oberkörper waren noch immer die Spuren des Kampfes zu sehen und um seine Rippe herum war die Haut immernoch bläulich. „Das gefällt mir gar nicht!“ „Was? Dass ich sicherlich um die zehn Kilo abgenommen hab?“ „Nein... Deine Rippen... Dass du überhaupt noch laufen kannst.“ „Ich kann mich leider nicht selbst heilen. Dazu fehlt mir die Kraft... Hmm, aber ich hab da eine Idee...“ Ich fragte mich was er vor hatte, als er die Augen schloss und sich zu konzentrieren schien. „Was wird das?“ „Siehst du gleich, vorausgesetzt, es klappt.“ Immernoch tappte ich im Dunkeln, bis ein grelles Licht mitten im Raum erschien und wir nicht weiter alleine waren. Das war... Lumen!!! Sie guckte sich kurz skeptisch um, verschnaufte und lächelte Dad an: „Soso... Du weißt, dass du mich nicht einfach so rufen sollst! Du hast auch schon mal besser ausgesehen...“ „Laber kein Müll Lumen, du wusstest doch eh schon, dass ich dich rufen würde, nachdem Juline und Elohim mich aus dem Kerker befreien.“ „Hehe... Ja, ich weiß eben alles. Aber ich darf ja niemandem verraten was geschehen wird.“ Verwirrt beobachtete ich die Beiden... Wie konnte Dad sie einfach rufen? Er sagte doch gefallene Engel könnten keinen geistigen Kontakt mit normalen Engeln aufnehmen... Und nun war sie hier! Mit welchem Sinn? Sie wirkten so seltsam vertraut miteinander... Als wäre ihre Freundschaft nicht annähernd angekratzt worden. „Ich will nicht viel von dir, Lumen. Aber wärst du so nett und würdest mich heilen?“ „Heilen soll ich dich...? Hmm... Das gibt’s aber nicht gratis. Ich bin ja kein Notarzt. Wir könnten einen Deal abschließen...“ „Nichts gibt’s! Los, heile mich!“ „Warum sollte ich?“ „Du machst mich wahnsinnig!!! Looooos Lumen! Büüüüdde! Bitte, heile mich! Komm schon, deine Heilkräfte sind so klasse und hinreißend und bezaubernd, genauso wie du!“ Flirtet er mit ihr!? Mit Entsetzen beobachtete ich das Ganze weiter und Lumen musterte Dad weiterhin skeptisch mit verschränkten Armen: „Ich hasse dich, Luzifer...“ „Jaja, ich weiß... Heilst du mich? Komm schon, du kannst doch unmöglich verantworten, dass ich vielleicht sterbe... Willst du, dass ich sterbe? Willst du das?!“ „Hmm... Vielleicht...“ „Miststück!“ „Wie gesagt, ich hasse dich, Schätzchen!“, antwortete sie nun schnippisch und tippte ihm mit ihrem leuchtenden Zeigefinger auf die Nase. Die Verletzungen verschwanden damit urplötzlich und nicht nur das... Auch Dad's Klamotten sahen wie neu aus. „Du bist mir was schuldig, Luzifer. Das weißt du hoffentlich.“ „Jaja, ist ja gut. Danke...“ „Ich bin auch schon wieder weg. Ich muss noch einige Dinge erledigen. Seit Metatron da Oben regiert, krieg ich kaum Pause... Alles geht drunter und drüber... Mit dir als König war alles noch viel leichter...“ Dad antwortete darauf nicht und Lumen verschwand mit gesenktem Blick. Hatte sie überhaupt bemerkt, dass ich auch noch da war!? Naja, sie war wohl in Eile... „Wow... Damit hatte ich nun nicht gerechnet... Du hast mit Lumen Kontakt?! Wie konntest du sie rufen!? Und wieso versteht ihr euch so gut!? Bist du nicht eigentlich mit allen Engeln befeindet!?“ „Mit fast allen. Aber Lumen... Wie soll ich erklären? Sie ist meine beste Freundin, nach wie vor. Sie hat auch nie aufgehört an mich zu glauben und sie hat sehr oft versucht mich dazu zu überreden meinen Krieg gegen die Engel zu beenden.“ „Sie hält also gar nicht wirklich fest zu den Engeln sondern ist eine Art Verbündete von dir!?“ „Nicht direkt... Aber irgendwo doch. Die doofe Kuh hat mich nicht ganz geheilt, war ja klar. Müde bin ich immernoch... Und Hunger hab ich...“ „...“ Ich fühlte mich von den ganzen Neuigkeiten wieder einmal völlig überrannt. Eigentlich war ich ja froh, dass er endlich wieder befreit war. Er wirkte auch nicht mehr ganz so niedergeschlagen wie in der Festung, als wir ihn fanden... Aber ich war auch nicht ganz zufrieden damit, dass er nun so locker war. Ja, ich war sogar richtig enttäuscht und spürte wieder wie meine Augen anfingen zu brennen. Diese ganzen Engel... Wieso konnte ich nicht als ganz normaler Mensch geboren werden!? Ich wünschte ich würde diese ganzen Dinge überhaupt nicht wissen. Meine Trauer und Enttäuschung wandelten sich langsam in Wut, die sich schon wieder durch Tränen äußerten. Ich war so wütend auf ihn... Es fühlte sich an als würde mir die Decke auf den Kopf fallen. Ich wollte einfach nur noch hier raus. „Hey, was ist jetzt los? Ey!“, rief er mir hinterher, als ich die Balkontür aufriss, übers Geländer sprang und im Regen davonflog. Mein Ziel war der Ort, wo Maiko, Jenn und ich die Gedenkstätte für Mama errichtet hatten. Inzwischen stand dort auch endlich ein Grabstein. Ich war noch nicht richtig gelandet, schon ließ ich meine Flügel verschwinden und fiel auf die Knie. Mehrmals schlug ich mit den Fäusten auf den nassen Kiesboden und heulte laut vor mich hin. Warum musstest du so plötzlich gehen!? Warum musste das alles so passieren!? Ich wünschte du wärst wieder bei uns... Ich wünschte, du könntest mir jetzt sagen was richtig und was falsch ist. Mir fehlt deine Nähe... Deine liebevolle Art... Wie du mich immer direkt verstehen konntest, wenn es mir schlecht ging. Wenn man in dein Gesicht sah, war die Welt sowieso wieder in Ordnung... Aber jetzt? Jetzt ist nichts in Ordnung... Gar nichts... Mein Herz blieb fast stehen als ich auf einmal eine Hand auf meiner Schulter spürte. Ich drehte meinen Kopf und sah in Dad's schwarze Augen. „Woher... wusstest du, wo ich bin?“ „Feye war damals immer hier... Irgendwie scheint es euch alle hierher zu ziehen... Also dachte ich, ich suche zu erst hier. Warum bist du auf einmal weg?“, fragte er und setzte sich neben mich. Meine Hände vergruben sich fest im Kies, den ich ihm am liebsten gegen den Kopf geworfen hätte. „Ma hätte das nicht fragen müssen...“ „Ich eigentlich auch nicht, aber ich wollte trotzdem fragen... Ich weiß, dass du wohl irgendwie sauer bist.“ „Sauer? Ich bin nicht nur sauer sondern auch enttäuscht... Es ist... Als hättest du Mama vergessen...“ „Weil ich noch keinen Heulkrampf hatte? Weil ich versuche so zu tun als wäre nichts passiert? Ich bin doch nicht Luzifer, die gefallene Heulsuse... Wie sieht das aus, wenn ich mich von einem kleinen in rosa gekleideten Mädchen trösten lassen würde? Das Letzte worum du dich jetzt sorgen solltest sind meine Gefühle. Aber nein, ich habe Feye nicht vergessen... Ich denke fast jede Sekunde an sie. Und wenn ich in dein Gesicht sehe, bleibt mir ja gar nichts anderes übrig als an sie zu denken... Du bist genauso hübsch wie deine Mutter...“ „Aber nicht so nett...“ „Naja, irgendwas musstest du ja auch von mir haben...“ Nun brachte er doch ein kleines verlegenes Lachen aus mir heraus. Ich gab mich geschlagen und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. Einige Minuten schwiegen wir und ließen den Regen auf unsre durchnässten Köpfe prasseln. Mein Blick ruhte auf dem Grabstein, auf dem „Ruhe in Frieden, Feye“ stand. Dad hob plötzlich den Zeigefinger und beschoss den Stein mit einem dünnen Energiestrahl. Erst als er aufhörte, erkannte ich, was er damit gemacht hatte. Nun stand dort „Ruhet in Frieden, Feye & Reeza“. „Dad? Warum war das mit Reeza und dir nie so wie mit uns?“ „Reeza war viel zu ungehobelt um „Papa's kleines Mädchen“ zu sein.“ „Ach...“ „Sie hatte eigentlich bessere Eltern verdient. Das lief alles so blöd... Die ganzen unschuldigen Leben, die in diese Sache rein geraten sind, hatten etwas besseres verdient...“ „Ich vermisse Reeza...“ „Ich auch... Obwohl sie gruseliger als ihre Mutter sein konnte... War Sacred Feye eigentlich nett zu dir? Oder hat sie uns nur Müll erzählt, während wir im Kerker Besuch von ihr bekamen?“ „Haha, ja... Nachdem ich ihr gedroht hatte, sie in Stücke zu reißen, war sie nett und ehrlich zu mir.“ „Das ist mein Mädchen!“ „Dad... Warum hast du das alles getan? Ich rede von Chamuel's schwangerer Freundin und Sacred Feye und das alles.“ „Das ist so viele tausend Jahre her... Nunja... Ich war von Anfang an der Meinung, dass Gottes größter Fehler die Menschheit war. Ich war auch der Meinung, dass mein Volk nicht zu den Dienern dieser minderwertigen Existenz werden sollte. Aber die Engel haben den Menschen gedient. Alle... Ausnahmslos. Die Aufgaben waren ganz klar... Es gab die Dunkelheit, die den Menschen Schlechtes bringen sollte. Und um das wieder gut zu machen, gab es das Licht, das die positiven Ereignisse mit sich bringen sollte. Sacred Feye und ich waren somit Gegensätze. Genauso stark wie Licht und Dunkelheit sollten aber auch das Schicksal und die Liebe sein. Dies stellten Lumen und Chamuel dar. Wir hätten uns somit komplett ausgeglichen. Natürlich waren wir nicht alle ganz allein dafür zuständig. Sonst würde das alles ja heute gar nicht mehr funktionieren. Nachdem wir vier eigentlich so gut wie gar nicht mehr unseren Aufgaben nachgehen. Daher ist Metatron, der jetzige König der Engel, auch so wütend... Wir haben das ganze Gleichgewicht durcheinander gebracht. Ich war damals so wütend auf alle, vor allem aber auf Gott, der mein Volk zum Sklaven der Menschheit machte.“ „Aber warum bist du dann gegen deine eigenen Freunde gegangen? Und nicht gegen Gott selbst?“ „Wie hätte ich das tun sollen? Außerdem war ich mir zu dem Zeitpunkt nicht sicher, ob meine Wut gerechtfertigt war. Ich wollte Gott immernoch dienen. Obwohl meine Entscheidung auf der Kippe stand. Dass Chamuel und Sacred ineinander verliebt waren, war ein offenes Geheimnis. Jeder wusste es... Die beiden waren aber auch so doof... Wenn man es zumindest so richtig heimlich...“ „Ehh Dad? Erfahrung?!“ „Nichts, was ich dir jetzt erklären müsste... Jedenfalls wollte Gott nie, dass Engel sich verlieben und vermehren. Warum, weiß ich selbst nicht. Das hatte ich ihn nie gefragt. Um seine beiden Lieblinge nicht zu opfern wollte er sie lediglich trennen. Da bot sich an Sacred in ein anderes Reich zu schicken. Zusammen mit ihren vier Göttinnen... Und dieser... Komischen Viki oder so. Würde mich auch mal interessieren, was aus der geworden ist...“ „Dad! Schweif nicht vom Thema ab!“ „Jaja! Gott trennte Sacred und Chamuel also... Aber er musste sich ja in diese Menschenfrau verlieben. Und sie erwartete ein Kind von ihm. Gott wollte das nicht dulden... Aber einen seiner wichtigsten Engel auch nicht opfern. Also musste der Mensch sterben. Dazu schickte er mich auf die Erde um das zu erledigen... Und ich erinnere mich, dass ich so kopflos handelte... Ich tat einfach, was Gott mir befohlen hatte. Als es zu spät war, wurde mir klar, was ich getan hatte... Danach beschloss ich keinen Finger mehr für Gott zu rühren.“ „Und was hast du dann getan?“ „Ich ging zurück ins Himmelsreich... Zu Lumen... Und ich erzählte ihr, was passierte. Ich erzählte ihr auch von meinen Plänen das Himmelsreich zu verlassen.“ „Wollte sie dich nicht aufhalten?“ „Natürlich... Aber ich machte ihr klar, dass mich nichts davon abhalten könnte.“ „Hast du sie nicht gefragt ob sie dir helfen will, wenn ihr so gut befreundet wart?“ „Doch, ich hatte sie gefragt.“ „Aber sie hat es verneint?“, fuhr ich fort. Ich quetschte ihn aus wie eine kleine Zitrone... Dad guckte in den Himmel und grinste. „Nein... Sie hat sich auf meine Seite geschlagen. Allerdings nicht offiziell.“ „Was?! Du willst damit also sagen, dass Lumen die ganze Zeit für dich gehandelt hat, aber offiziell noch der liebe Engel war?“ „In etwa. Aber Lumen war nie wirklich Parteiisch. Wenn du Lumen siehst, denkst du sie ist lieb und nett... Man könnte meinen sie wäre eine Heilige, die nur das Beste für alle will. In Wahrheit will sie spielen... Sie liebt es das Schicksal von Personen ganz geschickt zu beeinflussen. Denk an Hailey... Meinst du, Lumen hätte nicht gewusst, dass es so enden würde? Sie wusste, dass Hailey genau heute so sein würde, wie sie ist. Und dieses Schicksal hat sie herausgefordert. Und das ist nur ein Beispiel von vielen.“ Was Dad mir über Lumen erzählte, konnte ich schier nicht glauben. Ich ließ mich tatsächlich durch ihr Äußeres täuschen. Die arme Hailey... Und Clyde... Bei Elohim hatte sie sicher auch die Finger im Spiel. „Denk nicht falsch von ihr. Sie ist nicht böse. Wenn es brenzlig wurde, hat Lumen im Zweifelsfall zu mir gehalten.“ „Warum?“, fragte ich so naiv wie ich eben manchmal war und Dad lachte wieder kläglich. „Warum wohl? Weil sie mich liebt...“ „Wie?! Aber du sie doch wohl nicht!?!“ „Hmm... Nein, ich war nur an ihren weiblichen Vorzügen interessiert... Zumindest bis Feye mir den Kopf verdrehte. Lumen nahm es tapfer hin... Sie war sogar so nett und hatte mich indirekt vor Chamuel gewarnt. Aber ich war zu selbstsicher um es ernst zu nehmen. Chamuel konnte mir früher im Kampf nie das Wasser reichen. Warum sollte er das nun plötzlich können? Aber ich habe mich geirrt... Nun... Nachdem ich meinen besten Freund ins Unglück gestürzt hatte, war mir alles Andere egal. Weil ich eh alles verloren hatte, kümmerte es mich kaum Sacred auch zu verlieren. Das waren sehr unschöne Dinge...“ „Du bist ein grausamer Scheißkerl...“ „Ja, in der Tat... Es lässt sich leider nicht rückgängig machen. Zuletzt saß ich mit Reeza und den Dämonen da und wartete darauf, dass sie zum Kämpfen alt genug werden würde. Dann kamen die Assistants und schließlich Feye dazwischen...“ Ich schwieg darauf hin wieder eine Weile und wusste nicht was ich dazu noch sagen sollte. Dass zwischen Dad und Lumen einmal mehr lief, konnte ich kaum glauben. Doch nun hörte ich es endlich mal mit seinen Worten. Und ein klein wenig Verständnis konnte ich dafür sogar noch aufbringen. Also hatte dieses Unglück mit Chamuel meinen Dad endgültig zur Entscheidung gebracht Gott den Rücken zu kehren. Doch eine Frage quälte mich immernoch und ich dachte mir, niemand könnte es besser wissen als Dad. „Muss ich mir um Adriano Sorgen machen?“ „Wie?“ „Ich war nicht sicher ob die Gesetze auch für uns gelten. Adriano ist ein Mensch und ich eben nicht... Ich hatte mir Sorgen gemacht, dass nun irgend ein Engel kommt und ihn tötet.“ „Hahahaha! Dummerchen... Wohl kaum. Du bist die Tochter des größten Verräters des Himmelsreichs. Für dich zählen keine Gesetze. Selbst wenn... Kein Engel traut sich wohl ihn anzugreifen, solange Elohim bei ihm ist. Und Elohim ist der Sohn des zweitgrößten Verräters des Himmelsreichs... Langsam wundert es mich doch nicht mehr, dass Gott nicht wollte, dass Engel sich fortpflanzen... Da kommen nur gefährliche Mischungen raus... Übrigens siehst du immernoch ziemlich unglücklich aus. Du solltest dir jetzt wirklich keinen Kopf mehr um mich machen und das mit deinem Kerl klären...“ „Du hast nichts gegen ihn?“ „Ich kann ihn nicht leiden... Aber wer interessiert sich schon für meine Meinung. Los, hau ab!“ „Okay! Danke, Dad... Ich hab dich lieb“, sagte ich während ich aufstand. „Übrigens, hast du die Hotelschlüssel mitgenommen!?“ „Äh... Nein... Aber die Balkontüre ist noch offen... Hoffe ich...“ „WAS!?“ Er lächelte mir zu und hob zu meiner Erleichterung den Schlüssel in die Höhe. Da er mit Sicherheit eher als ich zurück ins Hotel käme, ließ ich den Schlüssel bei ihm. Als ich mich auf der ersten Treppenstufe noch einmal umdrehte sah ich, wie Dad sein Gesicht in seinen Händen vergrub. Wahrscheinlich war er nun froh endlich draußen alleine zu sein und seine Trauer nicht mehr verstecken zu müssen... Kapitel 22 ~ Heimkehr ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)