Im Angesicht des Krieges von Thoronris (Für immer ihr Geheimnis Teil 3) ================================================================================ Kapitel 14: Der Halbblutprinz ----------------------------- Nachdenklich starrte Hermine den Zeitungsartikel an. Obwohl Harry das zwielichtige Zaubertränkebuch an Snape hatte abgeben müssen, hatte sie mit der Sache noch nicht abgeschlossen. Mehr denn je wollte sie wissen, wer hinter dem Pseudonym Halbblutprinz steckte. Und nun war ihr in der Bibliothek ein Zeitungsartikel über Eileen Prince in die Hände gefallen. Es konnte natürlich Zufall sein, hatte sie zuerst gedacht, doch dann hatte sie alte Jahrgangsbücher nach dieser Frau durchsucht und eine interessante Entdeckung gemacht. Eileen hatte in ihren UTZ-Prüfungen Bestnoten für Verteidigung gegen die Dunklen Künste und Zaubertränke erhalten. Mit gerunzelter Stirn klappte Hermine das Buch zu. Unwillkürlich fragte sie sich, was aus Eileen Prince geworden war. Sie hatte den Namen innerhalb der Zaubererwelt noch nie gehört und auch spätere Generationen von Schülern, so hatten andere Jahrgangsbücher ihr offenbart, hatten niemanden mit Namen Prince. Es war also sehr wahrscheinlich, dass Eileen Prince hinter dem Halbblutprinzen steckte. Das Foto im Jahrgangsbuch zeigte eine schmale Person mit langen, pechschwarzen Haaren und einer unschönen Hakennase. Sie sah nicht glücklich aus. Vermutlich hatte sie sehr unter ihrem Status als Halbblut gelitten, immerhin hatte sie 1947 ihren Abschluss dort gemacht, zu einer Zeit, als der Blutstatus noch eine ganz andere Rolle gespielt hatte als heutzutage. Rasch notierte Hermine sich die wichtigsten Details zu Eileen. Plötzlich empfand sie beinahe Mitleid für diese Frau, die all die bösartigen Flüche erdacht hatte. Aus eigener Erfahrung wusste sie, wie es sich anfühlte, wenn man keine Freunde hatte und ausgegrenzt wurde, wenn man von anderen, beliebteren Schülern für sein Blut verachtet und beleidigt wurde. Eileen hatte vermutlich ein Ventil für ihre Frustration gesucht – und ihre Intelligenz und ihr Talent in Verteidigung gegen die Dunklen Künste hatten ihr schließlich einen Weg offenbart. Höchstwahrscheinlich hatte sie selbst nie einen der Flüche ernsthaft an einem anderen Menschen ausprobiert. Ganz anders als Harry. „Miss Granger.“ Erschrocken wirbelte Hermine in ihrem Stuhl herum. Woher nahm Professor Snape nur sein Talent darin, sieh lautlos an andere Menschen heran zu pirschen? Mit großen Augen starrte sie zu ihm hoch: „Professor. Kann ich etwas für Sie tun?“ Mit den Händen hinter dem Rücken verschränkt erwiderte er ihr Starren: „Offensichtlich. Ich hoffe, ich unterbreche Sie nicht in wichtigen Studien?“ Sie sah, wie sein Blick auf ihre Notizen, die Jahrgangsbücher und den Zeitungsartikel fiel. Zu ihrer Überraschung wurde er blass. Warum wurde Professor Snape blass? Verwirrt stand sie auf und hielt ihm den Artikel hin: „Ich war auf der Suche nach dem Schüler, der hinter dem Halbblutprinzen steckt. Ich glaube, ich habe ihn … oder vielmehr: sie gefunden.“ Sein Mund wurde zu einem dünnen Strich, während er aufmerksam den Artikel und das Foto studierte. Hermine fragte sich, ob ihr Professor irgendetwas über diese Frau wusste. Immerhin hatte er auch direkt erraten, dass Harry ein auffälliges Zaubertränkebuch besaß. Je mehr sie darüber nachdachte, umso offensichtlicher erschien es ihr, dass Professor Snape mehr über diese Sache wissen musste. Sie legte den Artikel zurück auf den Tisch und verschränkte die Arme vor der Brust: „Sie kennen diese Frau, habe ich Recht?“ Der müde Ausdruck, den sie schon bei ihrem Gespräch über Draco bei ihm beobachtet hatte, kehrte in Snapes Gesicht zurück. Er rieb sich den Nasenrücken, als müsste er eine schwere Entscheidung treffen, doch dann nickte er: „Sie sind zu schlau für Ihre eigene Gesundheit. Natürlich kenne ich diese Frau. Da ich sowieso vorhatte, mit Ihnen über das Buch zu reden – folgen Sie mir bitte.“ Ungläubig packte Hermine ihre Sachen, warf sich die schwere Schultasche über die Schulte rund folgte ihrem Professor tief hinunter zu seinem Büro. Sie konnte nicht glauben, dass Professor Snape tatsächlich mir ihr reden wollte. Mit ihr, einer Gryffindor. Der unausstehlichen Besserwisserin. Hatte sie es am Ende wirklich geschafft, ihm zu beweisen, dass sie eine verschwiegene, vertrauenswürdige Person war? Angespannt setzte sie sich auf den Stuhl, den Snape ihr zuwies, und wartete darauf, dass er das Gespräch eröffnete. Stattdessen verschwand er in einem Nebenraum und kehrte erst nach einer geraumen Weile zurück. Er hatte das Zaubertränkebuch geholt. „Wenn ich geahnt hätte, welchen Schaden dieses Buch einmal anrichten würde“, sagte er ohne Einleitung, „hätte ich es schon vor langer Zeit vernichtet. Aber es ist und war schon immer Schuleigentum.“ „Woher wissen Sie überhaupt, dass es existiert?“, hakte Hermine stirnrunzelnd nach: „Soweit ich das beurteilen kann, lag es schon ewig ungenutzt tief im Bücherschrank im Labor verborgen. Es kommt ja nicht oft vor, dass Schüler sich Schulbücher leihen müssen.“ Ein ironisches Grinsen erschien auf seinen Lippen: „Man sollte meinen, der Erschaffer kennt sein Werk, Miss Granger. Ja, ganz richtig: Ich bin der Halbblutprinz. Eileen Prince ist meine Mutter.“ Hermines Augen wurden groß. Professor Snape war der Halbblutprinz? Er hatte all diese widerlichen Zauber erfunden? Natürlich, er wäre auch begabt genug in Zaubertränke, um die Rezepte korrigieren zu können, aber die Flüche? Es ergab keinen Sinn. Warum sollte er das getan haben? Snapes Grinsen wurde bösartig, als könnte er sehen, was in ihrem Kopf vor sich ging: „Ich bin ein Todesser, Miss Granger. Vergessen Sie das nicht.“ Sie schluckte. Wenn er es so ausdrückte, waren ihre Zweifel in der Tat lächerlich. Doch sie hatte nie ernsthaft darüber nachgedacht, dass er ein Todesser war. Sie hatte sich einfach nicht vorstellen können, dass ein Hogwarts-Lehrer, dem Dumbledore vertraut, tatsächlich böse sein könnte. Oder es zumindest gewesen war. Eine Gänsehaut rann ihr den Rücken hinunter und ihr war schlagartig eiskalt. Snapes Grinsen verschwand: „Ich sehe, Sie fangen an zu begreifen. Wie schön. Nun zum eigentlichen Punkt unseres Gespräches.“ Fassungslos schüttelte Hermine den Kopf. Das war alles, was er dazu zu sagen hatte? Er ging einfach so darüber hinweg, als wäre es irrelevant? „Welche Sprüche hat Potter in seiner unendlichen Idiotie noch ausprobiert?“ Snapes Stimme war schneidend und verlangte Aufmerksamkeit. Nervös befeuchtete Hermine ihre Lippen. Sie war sich plötzlich nicht mehr so sicher, ob es richtig gewesen war, Professor Snape alles offenzulegen. Doch das Kind war in den Brunnen gefallen. Sie musste daran denken, dass Professor Dumbledore ihm vertraute. Vielleicht war Snape einst ein böser Mensch gewesen, doch jetzt stand er fest auf der Seite von Dumbledore. Das durfte sie nicht vergessen. Und es wäre gut, wenn sowohl Dumbledore als auch Snape so viel wie möglich darüber wüssten, was Harry in seiner Freizeit trieb – welche Dinge ihn ablenkten. „Ich kann es nicht genau sagen, Sir“, antwortete sie langsam, „aber mindestens einen Spruch, den Levicorpus, hat er genutzt.“ Feuer trat in Snapes Augen: „Ausgerechnet. Wie passend.“ Hermines Stimme wurde leiser, als sie fortfuhr: „Er hat davon erzählt, dass er aus Versehen Ron in die Luft gehoben hat. Sie fanden das beide witzig. Aber das einzige, woran ich denken konnte, war … das eine Mal, wo ich den Spruch selbst gesehen habe.“ „Die Quidditch-Weltmeisterschaft“, sprach Snape aus, worauf sie anspielte. „Ja“, bestätigte Hermine, ehe sie mit zitternder Stimme fortfuhr: „Die Todesser kennen den Spruch, aber er ist nicht offiziell vom Ministerium gelistet.“ „Ich höre den Vorwurf in Ihrer Stimme“, sagte Snape eisig: „Wollen Sie wissen, wer ihn noch genutzt hat? Potters Vater. Er fand den Spruch auch ziemlich witzig.“ Hermine schwieg. Dass Professor Snape tatsächlich auf das Argument, andere hätten den Spruch auch benutzt, zurückgriff, erschütterte sie. In seinem Hass auf Harry und dessen Vater verwandelte sich der Lehrer, den sie respektierte, in ein wütendes kleines Kind. Instinktiv spürte sie, dass es besser war, das Thema auf sich beruhen zu lassen. Das Bild, das sie bisher von Snape gehabt hatte, war nach diesem Tag jedenfalls deutlich angekratzt. „Potter weigert sich, über das Buch zu sprechen“, fuhr Snape schließlich fort, „also wird er bis zum Ende des Schuljahres bei mir nachsitzen. Auch, wenn die Flüche von mir stammen, kann ich doch nicht darüber hinweg sehen, dass er sie gegen andere Schüler gerichtet hat.“ Hermine nickte nur stumm. „Es wird Sie freuen zu erfahren, dass Mr. Malfoy den Krankenflügel heute verlassen konnte. Er hat sich gut erholt und wird nur wenige Narben davon tragen.“ Ihr war der Unterton in seiner Stimme nicht entgangen, doch Hermine würde sich nicht provozieren lassen. Ihre Beziehung zu Draco ging Professor Snape rein gar nichts an. Stattdessen lenkte sie das Gespräch in eine andere Richtung: „Er ist verzweifelt, Sir. Sie müssen ihn dazu kriegen, dass er mit Professor Dumbledore redet. Er muss aufgehalten werden.“ Snapes Gesicht verzerrte sich zu einer wütenden Maske: „Das müssen Sie mir nicht erzählen. Sie haben keine Vorstellungen davon, was hier wirklich vor sich geht. Denken Sie nicht, ich hätte schon versucht, ihn zur Vernunft zu bringen? Denken Sie nicht, ich weiß, was hier auf dem Spiel steht? Was glauben Sie eigentlich …“ Abrupt brach er ab. Hermine hatte während seines wütenden Ausbruchs ihre Hände in ihrem Rock vergraben. Sie wusste, dass sie sich lächerlich machte, aber ein wütender Snape machte er ihr Angst. Sie hatte nicht vorgehabt, ihn zu provozieren, sie hatte sich nur Sorgen um Draco gemacht. Zitternd starrte sie auf den Boden. „Ich muss mich erneut für mein Verhalten entschuldigen“, kam es müde von Snape: „Sie sind eine Schülerin und als solche trage ich Verantwortung für Sie. Mein Benehmen spiegelt das gerade nicht wieder.“ Tief seufzte Hermine. Sie ahnte, dass Snape noch viel mehr wusste, als er ihr gegenüber zugab, und dass dieses Wissen ihn belastete. Irgendwo tief in ihrem Innersten tat er ihr leid. Langsam nickte sie: „Es ist schon in Ordnung. Ich habe heute eindeutig eine Grenze überschritten, das war auch nicht richtig. Natürlich sind sie um Draco mindestens ebenso besorgt wie ich.“ Mit einer entschlossenen Bewegung stand Snape auf. Rasch tat Hermine es ihm nach. Das Gespräch war offensichtlich beendet. Sie griff nach ihrer Tasche und steuerte auf die Tür zu. Gerade, als sie nach dem Türknauf greifen wollte, legte sich Snapes schwere Hand neben ihrem Kopf auf die Tür und heilt sie verschlossen. Irritiert drehte sie sich zu ihm um. „Ich wiederhole meine Worte vom letzten Mal“, sagte Snape leise: „Hinterfragen Sie alles. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie wichtig es sein wird, dass Sie unter die Oberfläche schauen. Bleiben Sie so aufmerksam und scharfsinnig, wie Sie sich heute gezeigt haben.“ Mit rasendem Herzen schaute Hermine zu ihrem Professor auf. Obwohl seine Worte so kalt wie immer geklungen hatten, lag etwas Flehendes in seinem Blick. Für einen Moment noch hielt er ihren Blick gefangen, dann trat er zurück, öffnete für sie die Tür und schob sie hinaus. Tief holte Hermine Luft und ließ sich rückwärts gegen die Tür fallen. Das war definitiv anders gelaufen als erwartet. Mehr denn je wünschte Hermine sich, dass sie einen Blick hinter die Kulissen werfen könnte. Was plante Dumbledore? Was war so geheim, dass er nicht einmal Harry davon erzählen konnte? „Hermine?“ Überrascht schaute sie den Gang hinunter: „Oh. Harry.“ Angespannt klammerte sie sich an ihre Schultasche. Sie hatten seit Tagen nicht mehr miteinander geredet, und dass er sie nun hier ausgerechnet vor Snapes Büro fand, warf kein gutes Licht auf sie. Wie vorhergesehen schaute er sehr misstrauisch zu ihr: „Was tust du hier?“ „Professor Snape wollte mich sprechen“, erklärte sie und betete, dass er nicht weiter nachfragte. Doch natürlich tat er das: „Aha. Warum? Damit du ihm noch mehr über mich verraten kannst?“ Das saß. Sie wusste, dass Harry wütend auf sie war, und sie konnte es sogar ein Stück weit verstehen. Doch sein Misstrauen machte sie traurig. Tränen stiegen ihr in die Augen: „Ich würde dich niemals verraten, Harry. Das weißt du.“ „Die Sache mit dem Buch spricht eine andere Sprache“, schnappte er kühl. Sein Blick war noch immer voller Misstrauen. „Ich … ich versuche nur zu tun, was richtig ist“, presste Hermine mühsam hervor. Es tat ihr so weh, dass ihr Freund sie so gar nicht verstand. Dass er es nicht einmal versuchte. „Du verwechselst das Richtige mit Regeln, Hermine“, fuhr Harry sie an: „Das tust du immer. Manchmal muss man Regeln brechen, um zum Ziel zu kommen. Wenn ich mich immer an alle Regeln gehalten hätte, hätte ich schon im ersten Jahr zugelassen, dass Voldemort zurückkommt!“ Verbittert fragte Hermine sich, ob er sich eigentlich daran erinnerte, dass sie damals dabei gewesen war. Dass sie immer an seiner Seite gewesen war, wenn sie Regeln gebrochen hatten. Frustriert trat sie an Harry vorbei. Sie hatte keine Lust mehr auf dieses Gespräch. „Hermine“, hielt Harry sie jedoch sofort auf. Er packte sie am Arm und presste sie gegen die Wand neben der Bürotür: „Wenn du nicht mit mir redest, wie soll ich dich verstehen? Seit Wochen hast du Geheimnisse, verschwindest plötzlich und redest nicht mehr so offen mit mir, wie du es sonst immer getan hast. Was soll ich denn davon halten?“ Das schlimmste an seinem Vorwurf war, dass Hermine wusste, dass er Recht hatte. Aber sie konnte ihm nicht sagen, was los war. Sie hatte es Draco versprochen. Sie hatte es Dumbledore versprochen. Sogar Snape gegenüber hatte sie Stillschweigen versprochen. Gerade versuchte sie, eine halbwegs vernünftige Antwort zustande zu bringen, da flog die Bürotür mit einem lauten Knall auf. „Potter“, schnarrte Snape: „Sie sind spät. Und fünf Punkte Abzug für Gryffindor, weil Sie einer anderen Schülerin gegenüber tätlich geworden sind.“ Hermine verkniff sich den Kommentar, dass Snape ihr gegenüber auch schon tätlich geworden war, wie er es ausdrückte. Das hätte Harry nur noch misstrauischer gemacht und Snape würde ihr vermutlich zusätzliche Punkte abziehen. Stattdessen befreite sie sich wortlos von Harrys Griff. „Kommen Sie rein, Potter“, befahl Snape: „bevor ich aus den fünf Punkten noch mehr mache.“ Es war offensichtlich, dass Harry all seine Selbstbeherrschung brauchte, um sich eine bissige Erwiderung zu verkneifen. Er war Hermine einen letzten, wütenden Blick zu, dann trat er an Snape vorbei in dessen Büro. Snape selbst hob eine Augenbraue, als wollte er ihr sagen, dass sie ihre Zeit mit Harry verschwendete, dann folgte er Harry und schloss die Tür hinter sich. Frustriert, wütend und vollkommen verwirrt blieb Hermine zurück. Gab es überhaupt irgendeine Möglichkeit für sie, das Richtige zu tun? Seit sie sich auf Draco eingelassen hatte, hatte sie Geheimnisse, die sie ihren beiden besten Freunden unter keinen Umständen erzählen konnte. Wenn es ihre Beziehung zu Draco nicht gäbe, wäre alles so viel leichter. Aber der Gedanke war sinnlos. Draco war mit Abstand das Beste, was ihr seit Langem passiert war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)