Dear Junk von RedSky (Kazzy's Vorgeschichte) ================================================================================ Kapitel 16: Fireangel --------------------- Das laute Knistern um ihn herum machte seine Ohren halb taub. Die grellen, wirr zuckenden Flammen blendeten seine Augen. Die unerbittliche Hitze stach in seine Haut. Und doch dachte J keine Sekunde lang daran, umzukehren. Er rannte weiter, rannte bis zum Schlafzimmer seiner Mutter. Er konnte den Türknauf kaum erkennen in all den Flammen und als er ihn anfasste verbrannte er sich die Hand. Die Hitze hatte das Metall unerträglich heiß werden lassen. J ließ sich jedoch nicht von seinem Vorhaben abhalten, riss sich in Windeseile sein T-Shirt vom Leib und legte es um den Türknauf um sich so Zutritt zu dem dahinter liegendem Zimmer zu verschaffen. Das Wort 'Zimmer' war inzwischen jedoch nicht mehr angebracht. Denn was seine Augen sahen war das perfekte Zusammenspiel aus Irrealismus und Horror: Das Schlafzimmer seiner Mutter gab es nicht mehr. Statt dessen klaffte an dieser Stelle die lodernde Hölle persönlich. Der blonde Junge konnte vor lauter Flammen überhaupt nichts mehr sehen! Er hätte nicht einmal mehr abschätzen können, wie groß der Raum ursprünglich mal war. „Mom! MOM!!“ Aber seine Rufe wurden vom Rauschen des Feuers verschluckt. Doch plötzlich – da! Die Flammen gaben für einen Augenblick die Sicht auf das große Ehebett frei, in welchem seine Mutter jedoch für gewöhnlich alleine schlief da sein Vater meißt nicht anwesend war. Da lag sie, lag als würde sie schlafen. - In dieser Ausgeburt von Hölle konnte man doch unmöglich noch schlafen! Sie musste bewusstlos sein, wenn nicht sogar.... - J schüttelte den Kopf, wollte seinem Hirn gar nicht die Chance geben weiter zu denken. Er stürzte sich statt dessen in den lodernden Raum und packte seine Mutter, hob den viel zu laschen Körper mühevoll auf seine Arme und schleppte sie hier raus. Doch auf dem Flur sah es inzwischen auch nicht mehr viel anders aus als im Schlafzimmer – hier konnte er mit seiner schweren Last also auch nicht lange bleiben. Sein Blick fiel spontan auf die Badezimmertür und keine Sekunde darauf flüchtete er mit seiner Mutter in eben besagten Raum. Seine Vermutung war richtig gewesen: Das Badezimmer war vom Feuer noch am wenigsten betroffen und die zum Teil gekachelten Wände hielten dem Feuer im Moment noch relativ gut Stand. Er legte seine Mutter, nachdem er die Tür mit dem Fuß zugetreten hatte, auf dem Boden ab. „Mom!“, keuchte er und schlug ihr mehrmals gegen die Wange. „Mom, sag was! Bitte!“ Verzweifelt hoffte er auf irgendeine Reaktion seiner Mutter, auf das kleinste Zucken ihrer Augenlider. Doch er wurde enttäuscht. Nichts dergleichen folgte. Er tastete mit zitternden Fingern nach ihrer Hauptschlagader am Hals und bekam ein schwaches, unregelmäßiges Pochen zu spüren. Sie lebte also noch! Spürbare Erleichterung machte sich in J breit. Trotzdem: Es galt immernoch das Feuer zu überwinden. Sie mussten hier raus – schnellstmöglich! Der Junge sprang auf und begann sämtliche Handtücher aus den Schränken zu schmeißen, die ihm in die Finger kamen. Dann begann er hastig, jedes Handtuch mit kaltem Wasser zu tränken und legte sie nach und nach um den Körper seiner Mutter, bis er sie mehr oder weniger mit nassen Tüchern eingewickelt hatte. Die wenigen Handtücher, die nach dieser Aktion noch übrig blieben, wickelte er sich, ebenfalls getränkt, um Arme und Beine und legte sich Eines noch schnell über den Kopf. Dann wand er sich wieder seiner Mutter zu und hiefte sie sich abermals auf die Arme – jetzt kam jedoch noch das Gewicht der nassen Tücher hinzu, was die ganze Aktion nicht gerade vereinfachte. Trotzdem ließ J sich davon nicht den Mut nehmen. Er war ein Kämpfer und er kämpfte immer bis zum Schluss, bis nichts mehr ging. Mit seiner Mutter auf den Armen riss er nun wieder die Badezimmertür auf und rannte, so schnell es ihm mit seiner zusätzlichen Last möglich war, durch den brennenden Flur, Richtung Ausgang. Doch auch hier war ihm eine Tür im Weg, die sich erstmal öffnen lassen wollte: Die Wohnungstür. J dachte nicht über sein Handeln nach und hätte es später auch nicht mehr beschreiben können. Sein Körper war auf Aktion programmiert und auf nichts anderes. So zögerte er auch keine Sekunde sich die Handfläche am Türknauf zu verbrennen um den verdammten Fluchtweg frei zu bekommen. Seine eigenen, kurzweiligen Schmerzensschreie registrierte er überhaupt nicht. Er sah nur irgendwann die offene Tür und stürzte hinaus in das Treppenhaus! Hier waren die Flammen noch nicht so aktiv gewesen, lediglich die, von seiner Position aus, erste Treppe begrüßte ihn mit orangeroten, brennenden Zungen die an ihm leckten und sich an seiner Kleidung und seinen Haaren festsetzen wollten. Doch all das war im Moment reine Nebensache für ihn. Er musste hier nur raus, raus, raus. Musste seine Mutter beschützen, retten. Weiter, immer weiter – egal was passierte. Das Geräusch des lauten Brausens und Knisterns der Flammen hatte sich schon so in sein Gehör eingenistet, dass er gar nicht registrierte wie dieses Geräusch nach und nach abnahm, je weiter er rannte. Auch der stechende Qualm nahm ab, je weiter er sich nach unten begab. Doch all das sah er nicht, er war nur auf Funktionalität seines Körpers programmiert. Nur auf Flucht. Hätte er in dieser Situation länger nachdenken können, hätte er womöglich nicht so schnell gehandelt. Und irgendwann stand er draußen auf der Straße und blickte in das Gesicht eines ihm völlig fremden Mannes, eingepackt in dunkler Schutzkleidung und einem dicken Helm auf dem Kopf mit vorgezogenem Schutzvisier vor dem Gesicht. Dass J gerade einen Feuerwehrmann vor sich stehen hatte, verstand er nicht. „Helfen sie uns.....“, brachte er nur noch mühevoll keuchend hervor. Der Feuerwehrmann, sichtlich überrascht darüber, dass ein Jugendlicher mit einem bewusstlosem Menschen auf den Armen ohne fremde Hilfe aus dem Haus gerannt kam, agierte nach der ersten Irritation schnell und nahm ihm seine Mutter ab. Kaum von dieser Last befreit, rebellierte J's Körper nun endgültig und er brach augenblicklich zusammen..... Sugizo rannte die Straße entlang, mitten auf der Fahrbahn. Seine Schuhsohlen berührten den kühlen Asphalt immer nur für einen ganz kurzen Moment, so schnell lief er. Die Autohupen im Rücken ignorierte er gekonnt. Sein Ziel war zu wichtig um auf solche Kleinigkeiten zu achten. Er bog um die letzte Kurve und konnte schon die zwei Löschfahrzeuge der Feuerwehr sowie zwei Krankenwagen quer auf der Straße stehen sehen. „J!“ Sugizo drosselte zeitweilig sein Tempo, um sich hastig umzusehen. So viele Menschen, Feuerwehrmänner, Rettungshelfer, Schaulustige....aber wo war sein Freund J? Wo nur....? „J!!“, wiederholte er seinen Ruf. Orientierungslos rannte er einfach rein in das Getümmel aus Leuten. Irgendwo hier musste er ihn ja finden. - Da! In einem der Rettungswagen saß er, eingewickelt in einer Decke! Für die letzten paar Meter steigerte sich sein Tempo wieder, nur um dann erschöpft keuchend neben seinem Freund eine Vollbremsung hinzulegen. J staunte nicht schlecht, als er Sugizo so unerwartet plötzlich vor sich stehen hatte. „Sugi! Was machst du denn hier?“, fragte er völlig verdutzt. „Ich hab dir doch gesagt, ich hatte noch 'n Termin!“, kam die Antwort in einem regelrecht vorwurfsvollem Tonfall, als müsse J wissen, dass sich dieser Termin nur zwei Straßen von hier entfernt abgespielt hatte. „Ich hab die Feuerwehr gesehen, wie sie in deine Richtung gefahren ist!“, erklärte er dann. „Und da hab ich 'n scheiß Gefühl bekommen.“ Langsam kam der Rothaarige wieder gut zu Atem; besonders wenn man beachtete, wieviel er schon wieder plapperte. „Was is' denn überhaupt passiert?“ J warf einen müden Blick hinauf in den zweiten Stock, hinauf zu dem zersprungenem Fenster das zu seinem Zimmer gehörte und in Welches die Feuerwehr noch immer Wasser durch ihren Schlauch jagte, obwohl die Flammen auf der Seite fast schon eingedämmt waren. Erschöpft blinzelte er und senkte den Blick ein Stück. „Ich weiß es nicht, man.....plötzlich hat es gebrannt. Unsere ganze Wohnung stand in Flammen. Alles hat gebrannt.“ Er hob seinen Kopf wieder ansatzweise und blickte seinem Gegenüber in die vertrauten Augen. „Alles.“ Seine Stimme klang kratzig. „Ouh shit, ey... Was ist mit deiner Mutter?“ „Rauchvergiftung. Sie bringen sie ins Krankenhaus. Ist bewusstlos.“ Er brauchte eine kurze Pause. „War sie schon, als ich sie gefunden habe.“ Sugizo riss die Augen ein Stückchen weiter auf. „Was meinst du damit?“ J antwortete nicht sofort. Sein Körper war von der Aktion einfach noch zu erschöpft. „Ich hab sie im Schlafzimmer gefunden, da war sie schon bewusstlos. - Man Sugi, ich hab selbst noch gepennt, als das Feuer anfing!“ Man konnte so überdeutlich die Verzweiflung aus seiner Stimme raushören. Als hätte Sugizo's Herz es die ganze Zeit vergessen, begann es jetzt erst wie verrückt vor Aufregung zu hämmern. Denn erst jetzt begriff er Stück für Stück, in was für Gefahr sein Freund sich befunden haben musste. Und das alles so dicht in seiner Nähe. Er war nur zwei Straßen entfernt gewesen.... Sugizo schmiss sich an J und zerrte ihn regelrecht in seine Arme. „Ouh god, ey...! Ich hätt' dich nicht alleine lassen dürfen...!“ Wie eine besorgte Mutter begann er nun noch, ihm über die blonden, angebrannten Haare zu streicheln. J genoss zwar das Mitgefühl, war jedoch gezwungen den Anderen wieder leicht von sich zu drücken, da ihm sonst nicht mehr viel Luft zum atmen blieb und Sugizo außerdem so einige Brandwunden berührte, die ihm dann doch zu sehr schmerzten. „Sugi, hör auf...! Du konntest doch gar nicht wissen was passiert.“ „Aber ich hätte bei dir bleiben können!“ J verdrehte die Augen. „Du redest schon wie Ino...!“, brummte er und klang dabei leicht genervt, obwohl er die Fürsorge seines Freundes zu schätzen wusste. Jedoch war es auch ungewohnt für ihn, dass er derjenige war, der bemuttert wurde; denn für gewöhnlich kümmerte er sich stets um die Anderen. Und trotz all der Hektik und Aufregung, fielen J nun doch die ständigen, missmutigen Blicke des jungen Rettungsassistenten auf, die ihn und Sugi musterten. J blickte dem jungen Typen ins Gesicht. „Was? Hast 'n Problem mit uns?“ Trotz seiner Erschöpfung scheute er sich nicht, seine Stimme aufbrausend und rüpelhaft klingen zu lassen. Der junge Rettungsassistent hatte tatsächlich offenbar Probleme mit seinem Patienten und dessen Freund, denn seine Blicke wurden immer abwertender. „Wir bringen dich jetzt ins Krankenhaus“, nuschelte er halb verständlich, fügte aber ein noch stärker genuscheltes „Scheiß Punks“ hinzu, bevor er sich von den beiden abwand und zur Vorderseite des Wagens ging. „Was hat er gesagt?“ Sugizo starrte dem Typen unentschlossen hinterher. Im Gegensatz zum Rothaar hatte J sehr wohl die genuschelte Beschimpfung verstanden. Doch er wollte ins Krankenhaus zu seiner Mutter, wollte wissen wie genau es um sie stand, wollte ihre Hand halten. Einzig und allein aus diesem Grund fasste er Sugizo locker am Arm und bemühte sich, ihn zu besänftigen. Er hasste die negative Stimmung gegen Seinesgleichen zwar auch, aber seine Mutter war ihm im Moment wichtiger. „Nichts. Komm, fahr mit mir.“ Und J machte ihm Platz, rückte im Inneren des Wagens beiseite, sodass Sugizo sich problemlos neben ihn setzen konnte. Im nächsten Augenblick schloss einer der Ärzte auch schon die hinteren Türen des Transporters. Der Motor sprang an und die Sirenen dröhnten durch die Nacht. Es war wieder einer dieser Tage an denen Kyo versuchte, so wenig Zeit wie möglich zu Hause verbringen zu müssen. Sein Vater hatte sie wieder geprügelt, die halbe Nacht, wie es ihm vorkam. An Schlaf war nur bedingt zu denken gewesen. Außerdem hatte er auch wieder mal seine kleine Schwester Akiko trösten müssen, die von dem Krach der Prügeleien ihrer Eltern immer ziemlich verängstigt war. Sein Vater war heute morgen wieder abgehauen, zur Arbeit oder wohin auch immer. Seine Mutter hingegen, die normalerweise auch arbeitete, blieb heute zu Hause. Sie war kaum ansprechbar gewesen, hatte sich im Schlafzimmer zurückgezogen und reagierte auf nichts was man sagte oder tat. Kyo hatte seiner Schwester heute morgen somit zum Kindergarten schicken müssen; oder zumindest bis kurz davor. Den Rest konnte sie alleine laufen. Zum Einen war frühzeitige Selbstständigkeit nie verkehrt – und zum Anderen wollte Kyo sich die Blicke ersparen, die die Kindergärtnerinnen ihm zugeworfen hätten, wenn sie ihn mit seiner kleinen Schwester an der Hand gesehen hätten. Die Kleine hatte schon zu Hause genug Ärger, da brauchte sie nicht auch noch Stress im Kindergarten zu bekommen, nur weil ihr großer Bruder alle Konventionen über Bord warf. Nun streunerte der blonde Junge wieder einmal quer durch Seoul's hektische Straßen, die Hände in den Taschen und ohne klarem Ziel vor Augen. Er kam gerade an einer Kreuzung an, als er in der Straße, die Seine kreuzte, Cipher entlanghuschen sah. Er war kurz davor seinen Namen zu rufen, als ihm im letzten Moment die mögliche Tragweite dieser Tat bewusst wurde. Halt! Cipher gehörte zu den Iron Killers. Die Iron Killers waren Feinde. Wenn heraus kam, dass er mit einem ihrer Feine was hatte.....er wollte gar nicht weiter denken. So entschied er sich zur stummen Verfolgung. Diese Straße war nicht allzu stark belaufen, somit konnte er ihn gut im Auge behalten. Als er sah, wie der Braunhaarige um die nächste Ecke bog, hastete Kyo bis zu dieser Ecke hin und spähte ganz vorsichtig um Selbige. Ein verlassener Seitengang, wie sich heraus stellte. Links und rechts sammelten sich schon diverse Müllsäcke und alte Pappkartons. Cipher beschritt diesen Weg jedoch mit auffallender Routine und plötzlich bog er wieder ab – in eine versteckte Nische einer Bretterwand. Kyo war sich sicher, dass es sich hierbei um irgendein Versteck handeln musste. Doch um was für Eins, darüber war er sich in diesen Momenten noch nicht klar. Vielleicht wäre er ihm dann auch nicht nachgeschlichen und hätte sich nicht an besagte Bretterwand gepresst um durch einen langen Spalt, etwas entfernt von der Öffnung, durch die Cipher geschlüpft war, ins Innere des Gebäudes zu spähen. Denn dort erblickte er nun eine Gruppe junger Rebellen, von denen einer gefährlicher aussah als der Andere. Sie rauchten, tranken und saßen oder lagen überwiegend auf alten Sofas, Sesseln oder Kisten herum. Kyo's Augen zählten beim Überfliegen gut dreizehn Leute – Cipher mit eingeschlossen, der sich mitten unter diese Truppe gemischt hatte. - Plötzlich wurde Kyo eisig kalt. Was, wenn das nun die Iron Killers waren...? „Hey Billy, gib ma' 'n Bier rüber!“ Im nächsten Augenblick warf ein Typ mit weißblonden, kurzen Haaren und zerschlissener Lederkluft seinem Kumpel lockerlässig eine Bierdose entgegen. „Ach fuck...hat wer Feuer?“, meldete sich ein Anderer mit brauner Wallemähne zu Wort und warf einen müden Blick in die Runde. Sofort wurde ihm von der Seite ein Feuerzeug an seine, sich in der Hand befindenden, Zigarette gehalten. „Sach ma' Cipher....was war eigentlich mit dem einen Typen da letztens, den du von der Ampel abgefangen hast?“, wollte auf einmal wieder ein Anderer wissen. Kyo's Herz pochte ihm bis zum Hals. Er konnte schlucken so viel er wollte, das Gefühl nahm nicht ab. Sie meinten ihn. Sie redeten von ihm, da war er sich ganz sicher. Cipher jedoch schien sich anfänglich blöd zu stellen. „Huh?“ Er nahm die Zigarette, die er sich kurz nach Betreten des Raumes angezündet hatte, aus seinem Mund. „Wen meinst du?“ „Na diesen kleinen Blonden mit'm Stirnband. Den hast du doch abgefangen, hab dich doch gesehen!“ „Ach der....“ Cipher paffte lässig. „Der war mir noch was schuldig.“ Kyo's Herzschlag veränderte sich. Er fühlte sich schwerer an. Schwerer und schleppender. Trotzdem unterbrach er seine Beobachtungen nicht. Der Kerl, der ihn gefragt hatte, musterte Cipher eingängig. „Das sah aber nach was ganz anderem aus.....“, murmelte er missmutig. Cipher sah ihn unbeeindruckt an. Paffte eine kleine Nikotinwolke aus. „Was soll es denn gewesen sein?“, wollte er nun von seinem Kumpel wissen. „Sah so aus als hättest du mit ihm rumgeschwult.“ Bei dem letzten Wort rümpfte der Junge kurz die Nase. Seine Ablehnung diesem Gedanken gegenüber war ihm deutlich anzusehen. Nun wurden auch die restlichen Bandenmitglieder auf dieses hochbrisante Thema aufmerksam und plötzlich waren alle Augen auf Cipher gerichtet. Sollte tatsächlich einer aus ihrer eigenen Mitte schwul sein? Cipher jedoch prustete als Antwort kurz rum. „Ey, spinnst'e? Ich bin doch nicht schwul! Und schon gar nicht für so'n kleinen Pisser wie dem!“ Kyo musste wieder schlucken. Es tat in seinem Hals weh. Der Kloß war zu groß. Er konnte sich denken, dass es für Cipher undenkbar war seinen Kollegen zu erzählen, dass er mit 'nem anderen Jungen rumgemacht hatte. Aber....diese abwertenden, fast schon bösartigen Worte über sich zu hören bewegte Kyo schon. Besonders weil sie aus Cipher's Mund kamen. Aus dem Mund der so überzeugend küssen konnte. Der Mund, der ihn in nur wenigen Tagen bereits so stark verwirrt hatte. „Will ich auch hoffen...“, knurrte der Typ, der Cipher gefragt hatte. „Wir woll'n hier keine Schwuchteln haben!“ Die übrige Meute stimmte mit einheitlichem Gegröle zu. „'ner Schwuchtel ramm ich 'n Katana in den Arsch“, meinte ein leicht untersetzter Kerl mit langen Locken, die von einem Stirnband im Zaum gehalten wurden. Er saß fast neben Cipher, nur ein anderes Mitglied trennte sie beide voneinander. „Ja man, nachdem du ihm die Eier abgeschnitten hast!“ Das kam von dem stark blondierten Typen, der von seinem Kumpel wenige Minuten zuvor mit 'Billy' angesprochen wurde. „Haben Schwuchteln überhaupt Eier?“ Die Stimme kam von ziemlich weit hinten und daraufhin verfiel die gesamte Truppe in lautes, hässliches Gelächter. Cipher miteingeschlossen. Dieses Gelächter rammte sich wie ein Dolch gnadenlos in Kyo's Herz und das Blut wurde mit jedem Schlag aus der Wunde gepumpt. Warum tat Cipher das....? Er verleugnete ihn nicht einfach nur – er beleidigte ihn, verspottete ihn. Und das, nachdem er ihm eine völlig neue Welt eröffnet hatte. Eine Welt, die Kyo anfänglich für so wunderschön gehalten hatte, die sich inzwischen aber schlagartig zur Hölle auf Erden zu wandeln schien. Und jetzt erst begriff er was es bedeutete, wenn man als Junge Spaß mit einem anderen Jungen hatte: Man musste um sein Leben fürchten. Mit glasigen Augen wand sich der Blonde vom Spalt in der Bretterwand ab und verließ diesen Ort mit wackeligen Schritten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)