Himitsu no Mahou - alte Version von AimaiLeafy (Alte Version 2004-2008) ================================================================================ Kapitel 43: Bis der Tod uns scheidet Teil zwei ---------------------------------------------- Bis der Tod uns scheidet Teil zwei Sieben Jahre – das waren 2520 Tage, von denen White und Nocturn wohl um die 600 Tage und Nächte „zusammen verbracht“ hatten, also hatten sie zirka 400 Mal gegeneinander gekämpft. White wollte gar nicht wissen, wie viele Stunden Kampf das war. Ob das in diesem Moment ein Vorteil oder Nachteil war, konnte sie nicht sagen. Es war wahrscheinlich nichts von beiden. Denn beide, sowohl Nocturn als auch White, kannten jede Technik, jede Bewegung, jede Taktik, jede Gewohnheit, jede Schwachstelle und jeden Vorteil des jeweils Anderen – was einen Kampf ins Endlose ziehen konnte. Wie Nocturn es immer wieder gerne betonte – sie waren einfach zu gleich. Wie eine Wage, die immer gerade stand. Selbstverständlich hatten beide in diesen sieben Jahren einiges an Techniken dazu gelernt, jeder wollte den Anderen wenigstens ein wenig übertrumpfen – doch auch dies brachte nicht viel. Jedenfalls bis jetzt nicht. Ihre Kämpfe waren bis jetzt meistens von der Umgebung bestimmt worden – oder vom simplen Glück. Genau wie jetzt auch. Sie waren im Nahkampf vertieft. Brutale Stärke gegen immense Verteidigung. Nocturn hatte seine Hände nicht zu Fäusten geballt, sondern offen, damit seine nun zehn Zentimeter längeren, scharf wie Rasierklingen, Fingernägel sie bei einem Treffer auch verletzen konnten, doch soweit ließ White es nicht kommen. Da sie ihrem Körper und damit auch ihrer Heilkunst nicht vollständig vertraute, versuchte sie nicht auszuweichen. Um ihre Hände hatte sich eine leuchtende Kugel gebildet, mit der sie seine Schläge abfing. Nur seinen Tritten war sie gezwungen auszuweichen. So ein Nahkampf der beiden, ging meistens über Stunden. Es war ein Seltenfall, wenn überhaupt einer der Beiden jemanden traf. Doch das tat es nicht. Denn, sie kämpften nicht irgendwo, sondern im Tempel. Dessen Korridore weißten nicht den ausreichenden Platz auf und so traf Nocturn plötzlich die weiße Steinwand, die seiner geballten Stärke nicht stand hielt. Ein Riss tat sich auf. Der Flötenspieler bemerkte dies und trat noch einmal extra zu, was die Wand zum Einsturz brachte. White wusste dass die Wände im gesamten Tempel eine Dichte von zwei Metern aufwiesen, nur im Ostflügel nicht. Da dieser Teil angebaut und auch der jüngste Teil des Tempels war (vor knapp einer Million Jahren gebaut), hoffte sie nicht das auch der Boden gegen Nocturns Stärke verlieren würde. White wich den einstürzenden Steinbrocken geschickt elegant aus, während Nocturn einen schwarzen Schutzwall um sich entstehen ließ, der die Steine in Staub zerfallen ließ, sobald sie ihn berührten. „Wir machen hier wirklich alles kaputt, Ma´chere!“ Hörte die Angesprochene ihn sagen, doch sehen konnte sie ihn nicht, da der Staub ihr die Sicht versperrte. „Das ist mir dein Tod wehrt!“ Sie machte sich darauf bereit dass er sie sofort wieder angreifen würde, da sie jetzt mehrere Meter auseinander standen, würde er sie wahrscheinlich zuerst mit einer Strahlentechnik angreifen und dann wieder in den Nahkampf über gehen – musste aber nicht sein. Er konnte auch von hinten kommen. Der Staub verschwand und die Sicht wurde wieder klar, doch sie sah Nocturn nicht. Sofort drehte White sich um – schwerer Fehler. „Reingefallen!“ Nocturn packte White an den Schultern und beide fielen ins Wasser des Sancire welches sich hinter ihnen befand. Es war jedoch keiner der kleinen Kanäle, sondern einer der Quellen, dennoch war das Wasser tief, beinahe zehn Meter. Das dieser sich überhaupt hier, im angebauten Teil, befinden konnte, war eine Raffinesse der Wasserwächter, die sich mit den Erbauern zusammen getan hatten. White beging den Fehler und schnappte automatisch nach Luft, sofort wurden ihre Lungen mit Wasser gefüllt. Sie biss sich auf die Lippen, um nicht mehr Wasser hinein zu lassen. In Gedanken sprach sie eine Formel, die Zeichen auf ihre Handfläche erschien ließ und auch auf ihre Arme. Nocturn ließ sie los, da er wusste welche Technik es war, suchte er sein Gegenstück heraus und beide Energien wurden im selben Moment aktiviert. Genau wie so oft, neutralisierten sie sich gegenseitig und die Druckwelle die darauf folgte, schleuderte nicht nur die beiden auseinander, sondern drückte auch das Wasser beiseite. Nocturn, der nach oben gedrückt worden war, prallte gegen ein Glasfenster, welches in tausend Scherben zerbrach und Teile seiner Kleidung zerriss. White kniete auf festen Boden und hustete Wasser aus, während das gesamte Wasser der Quelle sich in Regen über sie ergoss. Es war jedoch nicht nur Wasser welches sie aushustete, sondern auch schwarzes Blut. Sie hatte keine Zeit sich mit diesem Anblick zu beschäftigen, daher wollte sie gleich wieder aufstehen, doch Nocturn hatte sich ebenfalls auf dem Boden gekniet und sah ernsthaft besorgt aus. „Du hättest es mir sagen sollen… ich hätte dir ein Gegengift besorgt… und wenn ich dafür meine gesamte Welt in Brand gesteckt hätte.“ Er streckte seine langen Finger aus, tauchte sie in Whites Blut und sah sich die schwarze Flüssigkeit genauer an. Die Hikari sah ihn nicht an. „Du weißt also was das für ein Gift ist?“, fragte sie ohne wirkliches Interesse. Sie wollte nur Zeit schinden. „Ja. Eine ziemlich normale Krankheit bei uns. Bekommen wir in unseren Anfangsjahren meistens, sowas wie Pocken bei den Menschen. Ist im Anfangsstadium auch heilbar… Ich habe allerdings erst gestern davon erfahren! Du hättest es mir sagen sollen!“ Nocturn schlug mit der zusammengeballten Faust auf den Marmorboden, wodurch ein tiefer Riss entstand, doch der Boden hielt stand. White zuckte nicht einmal mit der Wimper. An seine plötzlichen Wutausbrüche hatte sie sich schon längst gewohnt. „Sei dir versichert dass dieser widerliche Typ, der dir das angetan hat, nicht länger unter uns weilt!“ Urplötzlich packte er sie an den Schultern und White zuckte diesmal zusammen. „Es tut mir Leid! Ich hätte besser auf dir aufpassen sollen.“ Sie sah Nocturn entrüstet an, doch dies legte sich schnell wieder und White lächelte in sich hinein. „Ich brauche niemanden der auf mich aufpasst! Am allerwenigsten dich!“ Mit diesen Worten stieß sie ihn von sich und während White wieder auf sprang, schwang sie ihren Stab. Nocturn wich nach hinten aus, doch es gelang ihm nicht vollständig ihren Hieb zu entgehen, denn der Stab riss sein Oberteil auf und hinterließ eine gerade Wunde in seiner Haut. „Das ist also der Dank für Fürsorglichkeit!“ Der Dämon holte mit der Hand aus, die noch bei seiner schnellen Bewegung schwarz aufstrahlte und ein dunkler Lichtblitz schoss auf die Hikari zu, doch sie schwenkte ihren Stab und umgehend wurde die Attacke zu Nocturn zurück befördert. Dieser wich mit einer eleganten Bewegung aus. Die Energie ließ nicht nur eine Wand einstürzen, sondern hatte auch zur Folge dass die ohnehin schon beschädigte Decke einstürzte. White verfluchte die Architekten. Von wegen Der Tempel würde selbst den schlimmsten Krieg aushalten. Da Whites Lichtmagie sie nicht gegen herunterstürzenden Brocken schützen konnte, war sie gezwungen die Beine in die Hand zu nehmen. Die Hikari rannte den Gang hinunter, damit die hinabstürzenden Brocken sie nicht trafen. Sie spürte dass der Boden unter ihren Füßen bebte, als diese auf den Marmor schlugen und ihn zerbrachen. Mehrere Wände folgten und da White wusste, dass sie im Ostflügel war, rannte sie beinahe um ihr Leben, ohne über die Schulter zurück zu sehen. Ironischer weiße konnte Nocturn fliegen und sie, die er immer als Engel betitelte nicht. Sie wusste nicht wie weit oder wie lange sie rannte, doch kaum hatte sie wieder festen Boden unter den Füßen und drehte sich um, war Nocturn wieder hinter ihr und schlug ihr den Stab aus der Hand. Dieser landete auf einem Teil des Bodens, der verdächtig danach aussah, jeden Moment einzubrechen. Der Stab lag auf Kipp – eine falsche Bewegung und er würde in den Himmel hinab fallen. Noch während White sich umdrehte um ihren Stab wieder zu sich zu beschwören, hörte sie das er etwas in seiner Sprache sagte. White konnte es zwar nicht übersetzen, doch sie kannte die Worte und sofort wurde ihre Befürchtung auch bestätigt, als Nocturn sein eigenes Blut auf den Boden spritzte und es sich daraufhin zu vermehren schein, wodurch ein blutrotes Zeichen, in einen Radius von einem Meter, um White herum entstand. Ehe sie etwas tun konnte, strahlte es auf und es sah aus wie rote Blitze, die sich von ihren Füßen aufarbeiteten und in wenigen Sekunden schien ihr ganzer Körper unter schmerzhaften Strom zu stehen. White kniff die Augen zusammen, doch sie schrie nicht, wie das erste Mal als er diese Technik auf sie angewandt hatte. Diesen Gefallen wollte sie Nocturn nicht tun. Daher biss sie sich so fest auf die Lippen, dass sich Blut in ihrem Mund sammelte. „White - das ist gemein von dir! Schrei! Schenk mir meine Lieblingsmusik! Wenn ich deinen süßen Klageton gehört habe, erlöse ich dich auch von deinen Qualen!“ Doch die Hikari weigerte sich, auch wenn sie weder zu Worten, noch zu einem simplen Kopfschütteln in der Lage war. Nocturns Grinsen wurde dadurch jedoch nur noch breiter. „So? Du verwehrst mir also meinen Wunsch, mein Engel?“ Nocturn führte seinen Finger zu einer seiner klaffenden Wunden und mit aller Ruhe sah er zu, wie das Blut zu Boden tropfte. Von diesem entstand ein weiterer Ring, der sich um den Rand des Anderen legte. Das gab der Energie einen weiteren Schub und nun begann nicht nur Whites Kleidung aufzureißen, sondern auch ihre Haut. Sie konnte keinen ihrer Gelenke spüren, sie waren alle durch die Schmerzen gelähmt. Doch White brauchte ihren Körper nicht – alles was sie benötigte war ihre Gedanken. „Du willst also immer noch nicht artig sein, mein Engelchen…“ Und ein weiteres Mal führte der Flötenspieler die Prozedur durch und diesmal war White nicht länger fähig den Schrei zurück zu halten. Sie schrie sich beinahe die Seele aus dem Leib. Nocturn schloss genießerisch die Augen und lächelte. In seinen Ohren klang dies wie ein Engelschor. Musik direkt aus dem Himmel… oder eher der Hölle? „Es gibt wahrlich keine schönere Musik…“ Doch es war ein Fehler von ihm die Augen zu schließen und sich von seinem Stück ablenken zu lassen. Denn White hatte es trotz den entsetzlichen Qualen geschafft, ihre Waffe per Gedanken zu erreichen und als wäre diese von seiner Besitzerin angezogen, schoss sie wie ein Pfeil auf White zu – Nocturn stand jedoch dazwischen. Die Spitze des Stabes traf den Dämon hart im Rücken. Er konnte nicht verhindern das Blut zwischen seinen zusammengepressten Lippen hervorkam. Kurz war der Dämon davor auf die Knie zu fallen, doch er konnte sich sofort wieder aufraffen, dennoch war seine Tortur von White damit beendet. Die Hikari hatte keine Zeit sich selbst eine Ruhepause zu gönnen, denn sie musste seine kurze Ablenkung nutzen. „ILLURIE…!“ Die aufkommende Lichtmagie bündelte sich zu einem Bannkreis der Nocturn beinahe magnetisch an den Boden heftete und ehe es ihm gelang den Kreis zu zerschlagen, beschwor White den nächsten Teil der Technik: „…IMAGNE!“ Der zweite Teil der Technik ließ einen weiteren Bannkreis entstehen, der sich jedoch in sechs Metern Abstand zum Anderem materialisierte. Beide strahlten hell auf und zwischen ihnen entstand eine gewaltige Lichtsäule – Nocturn mittendrin. An dieser Wallung Licht wäre jeder Mensch erblindet und hätte jeden normalen Dämon umgehend ausgelöscht. Doch Nocturn war kein Normaler. Sie hatte die Technik schon öfter an ihn angewandt und wusste, es würde ihn nur schwächen. Er hatte wie das letzte Mal wahrscheinlich eine schützende Aura um sich entstehen lassen. Diesmal war White jedoch darauf vorbereitet und sobald die Lichtsäule sich auflöste setzte White mit ihren Stab nach. Die „Illurie Imagne“ hatte Nocturn zu sehr geschwächt, als das es ihm gelang auszuweichen und er wurde durch eine Steinwand befördert, die umgehend einbrach. Die Hikari folgte Nocturn in den Raum, in den er hineingefallen war und während des Laufens sammelte sich erneut Magie an der Spitze ihres Stabes. Doch kaum hatte sie den Raum betreten, schleuderte der Dämon sie von hinten auf den Boden. Sofort drehte White sich um, wollte wieder aufspringen, doch mit seinen Händen hielt er ihre Handgelenke fest, die auch ihren Stab hielten und mit seinen Beinen drückte er ihre auf dem Boden. White spürte einen leichten Stich von Panik, denn seine immense Stärke konnte sie in dieser Pose nicht viel entgegensetzen. „Das gefällt mir doch schon viel besser…“ White sah ihm an, dass er genau wie sie unter deren Schmerzen litt. Sein Atem war schnell, er hatte diverse Risse in seiner Kleidung, etliche offene Wunden und obendrein musste er eine am Kopf haben, denn von seinem Haar tropfte beständig das Blut. Durch „Illurie Imagne“ waren mehrere der Adern geplatzt die durch seine Augen liefen und so erschien auch das Weiß jetzt rötlich. Doch all dies hinderte Nocturn nicht daran überheblich zu grinsen. „…denn so können wir reden!“ Die Hikari sah ihn überaus skeptisch an. „Reden? Du willst jetzt reden? Gäbe es noch etwas Unausgesprochenes?“ Nocturns Grinsen wurde eine Spur breiter als er sich zu ihr runter beugte und ihre Nasenspitzen sich fast berührten. „Habe ich dir schon erzählt das ich jemanden was geschworen habe? Jemanden… der kurz davor war, die Schwelle des Todes zu überschreiten?“ Whites Augen weiteten sich ein wenig, doch noch konnte sie nur wage Vermutungen aufstellen. Er hatte zu viele ermordet. Zu viele die sie liebte. Nocturn setzte sich wieder auf, ohne sie jedoch loszulassen und beschwor schwarze Fesseln, mit denen Whites Hände an den Boden genagelt zu schienen. Doch das tat nicht Not – denn als White das sah was der Flötenspieler aus einer seiner Taschen holte, erstarrte sie. Es war ein schwarzes kleines Kästchen, welches Nocturn mit einem Fingerschnippen öffnete. Ein kleiner goldener Ring kam zum Vorschein. „…Nein! Sag mir nicht…“ Desinteressiert verlängerte Nocturn einen seiner Fingernägel und begann den Ring um diesen zu wirbeln. „Hübscher Ring nicht wahr?“ „Von…von wem ist der?!“ „Er ist aus purem Gold. Mit hübschen kleinen Verzierungen aus Platin. Obendrein hat der Ring auf der Innenseite eine Innschrift. Willst du wissen was da geschrieben steht?“ White wusste nicht warum, aber sie schüttelte den Kopf. Sie wollte es nicht wissen, denn sie ahnte es. „…Hör auf, Nocturn! Hör bitte auf!“ Die Hikari kniff die Augen zusammen, doch konnte dadurch nicht verhindern das Tränen hervortraten. Nocturns Grinsen schwand, sagte allerdings nichts. Eine Weile sah er die beinahe hilflose Hikari an und hörte auf mit dem Ring zu spielen. „Du solltest mir dankbar sein, White. Das ich dich vor diesem Schicksal erlöst habe! Er war Deiner nicht Wert! Er hätte dich ruiniert, deine ganze anbetungswürdige Heiligkeit geraubt! Er ist es nicht Wert das du seinetwegen Tränen vergießt!“ Ohne dass White es gelang zu reagieren, löste er die Fesseln und setzte sie auf. Doch sie sah ihn nicht an, immer noch waren ihre Augen fest zusammen gekniffen um die Wallung an Tränen zurückzuhalten. Daher tat sie auch nichts als Nocturn ihre rechte Hand ruckartig hervor zog und erst als sie spürte das er etwas auf ihren Ringfinger schob, öffnete sie die Augen und sah das er ihr den Ring angezogen hatte. Als White den Ring auf ihren Finger sah wurde es nur noch schlimmer. Den Tränen gab es einen weiteren Schub und sie vergrub ihr Gesicht in ihre Hände. „…Kanori…!“ Tonlos stand Nocturn auf und schritt durch den Raum. White hatte es nicht bemerkt, aber sie waren im einzigen Musikraum des Tempels gelandet, indem sich Nocturn natürlich bestens auskannte. Der Raum bot eine große Auswahl an Instrumenten, wie auch Bücher der Musik, die fein säuberlich in einem Ahornregal geordnet waren. An einem der großen Fenster stand sogar eine eiserne Querflöte, doch Nocturn widerstand den Drang sie zu benutzen. Die Instrumente waren stumm, das einzige was im Raum zu hören war, war Whites verzweifeltes Weinen. „…Wenn…wenn es dich nicht gegeben hätte… hätte ich glücklich werden können.“ Nocturn schaute über die Schulter zurück zu White, die jetzt ihre bebenden Hände anstarrte. Nichts ahnend was die Worte für Erinnerungen in ihn wach riefen. Welche er tapfer zurück drängte, jedoch zuckte er zusammen und versuchte das Musikinstrument zu übersehen, welches zu seiner Linken, auf einer kleinen Anhebung stand. „…Kanori… er wollte mich…heiraten… wir hätten eine glückliche Familie sein können…Grey hätte einen Vater… ich hätte…leben können…“ Langsam schritt der Dämon wieder auf sie zu. „… Ich… hätte diese Geborgenheit… nie aufgeben müssen…. Jetzt weiß ich nicht einmal mehr… wie sich das…anfühlt… ich weiß nicht mehr… wie man… liebt…“ „Soll ich dein Leben beenden?“ White sah verklärt auf und spürte kaum merklich dass er die Fingernägel verlängert hatte und sie direkt über ihren Herzen waren. Sie hatte es nicht mal bemerkt. „Du kannst nicht mehr kämpfen. Ich hätte es wissen sollen. Das war nicht beabsichtigt. Ich hätte wissen sollen dass du immer noch nicht darüber hinweg gekommen bist. Verzeih mir, das wollte ich nicht ausnutzen.“ Er sprach diese Worte so schnell und ohne Pause aus, dass sie kaum zu verstehen waren. White sah ihn nur an, ohne einen Ton zu sagen. „Ich verspreche dir, ich mache es kurz. Du wirst keine Schmerzen spüren… und ich schwöre ich bringe mich gleich danach um. Ich hatte nie vorgehabt länger als du zu leben. In einer Welt in der du nicht existierst kann auch ich nicht verweilen.“ Eine Weile sahen sich die beiden an, niemand sagte einen Ton. Nocturn wartete auf eine Antwort, doch als sie kam wurde er förmlich davon überrumpelt: „… Weißt du… wie es ist, sich gebogen zu fühlen… weißt du wie es ist… zum ersten Mal seit einer unendlich langen Zeit… zu leben… weißt du wie es ist… geliebt zu werden und was das für ein wunderschönes Gefühl ist… dies zu erwidern…?“ Nocturns Augen weiteten sich entsetzt, seine Fingernägel schrumpften wieder und er stolperte nach hinten, als hätte sie eine immens starke Waffe auf ihn gerichtet. Erst als er plötzlich gegen den schwarzen Flügel stieß bewegte der Dämon sich nicht mehr. White wusste nicht warum, aber er sah den Flügel an, als sähe er zum ersten Mal einen. Doch als Nocturn den Deckel hob und die weißen Tasten, so leicht berührte, das sie keinen Ton von sich gaben, trat ein seltsam vertrauter Schein in seine Augen. Er berührte eine Taste nach der anderen, ohne einen Laut zu verursachen. White erkannte ihn nicht. Das war nicht der Nocturn der eben noch vor ihr gestanden hatte. Das war er nicht. Erst als die traurigste Melodie ertönte die White jemals gehört hatte, wusste sie wer die Person war, die vor ihr stand. Es war der Nocturn mit dem White bei der Technik „Teilung des Zwillings“ gelitten hatte. Es war der Nocturn der sich vor Schmerzen die Seele aus dem Leib geschrien hatte… Es war der, der geweint hatte… … und es war der, der in seiner eigenen Dunkelheit ertrank. Aber es war nicht der, den sie töten wollte. Nocturn sah die Tasten unter seinen Fingern kaum, er sah die Noten nicht vor sich, hatte sie nie vor sich gesehen und er hatte auch niemals dieses Stück gespielt – dennoch konnte er es, als hätte er niemals ein Anderes gespielt. Nocturn wollte es nicht. Sein ganzes Sein kämpfte verzweifelt dagegen an, wehrte sich, doch wurde von simplen Kindheitserinnerungen besiegt, die in dem Dämon aufkamen… Sie drehte seine Haare durch ihre Finger. Seine Haare waren vom Schnee durchnässt worden, doch das störte sie nicht. Sie wusste nicht dass er wach war, dachte er schliefe. Daher fühlte sie sich unbeobachtet, fühlte sich ungehört als sie trotz ihres Dämonenblutes, seine Haare zärtlich streichelte und sie trotz ihres Blutes die Worte sagte, die er nie wieder vergaß, auch wenn er sich immer wieder gesagt hatte, dass sie nicht wahr waren, das es alles Lüge war: „…Ich hab dich lieb… mein kleiner Nocturn… Wie ist es nur möglich dass du mir so wichtig geworden bist?“ White hörte die Worte, doch konnte kaum glauben dass es die gleiche Stimme war, die diese Worte zustande brachte, wie auch die, die schon über etliche Morde boshaft gelacht hatte: „… Ich weiß wie es ist… sein Leben lang in der Dunkelheit zu wandeln… kein Lichtblick zu sehen… und wenn dann… plötzlich ein Funken Hoffnung aufleuchtet… an dem man sich klammert…als wäre es das letzte Rettungsseil… und man dann plötzlich alles Schöne… vor sich sieht… weil sie es einem zeigt… weil sie es einem beibringt… und wenn dann die Nacht… zum Tage wird… wenn man denkt… man hätte… seinen Frieden gefunden… wenn man sich wünscht es solle sich nie wieder etwas verändern…Wenn man Zuhause angekommen ist…“ Nocturn verstummte, doch diese schrecklich traurige Melodie sprach Bände und obwohl White sich weigerte Mitleid zu empfinden, traten Tränen in ihre Augen. Niemand, kein Lebewesen, konnte dieses Lied hören ohne berührt davon zu bleiben. Doch die Melodie veränderte sich schlagartig. Die tiefe Trauer in Nocturns Augen schlug in blanke Wut um und er hämmerte beinahe auf den Tasten des Klaviers, ohne den Takt zu verlieren. White schreckte unbewusst zurück. „Und wenn sich dann plötzlich alles als Lüge herausstellt! Wenn man plötzlich weiß alles war umsonst! Alles war gelogen! Wenn der Frieden zerstört ist, wenn die Nacht zurückkehrt! Wenn das Leben in Scherben zerbricht! Alles zersplittert, alles zerstört! Dann erst weiß man dass es so was Scheinheiliges wie „Liebe“ nicht gibt! LIEBE EXISTIERT NICHT!“ Mit den letzten Worten hatte Nocturn mit so viel Brutalität in die Tasten gehauen, dass der schöne Flügel nachgab und zerbrach. White war so sehr zusammengezuckt, als hätte er sie geschlagen und nicht das Instrument. „… Du hast mich benutzt… Genau wie…alle anderen…Mutter… Nathiel… aber warum du? Warum du…Raria?!“ Nocturn sprach mit sich selbst und stand unbeweglich vor dem ehemaligen Flügel. Unbeweglich blieb White auf den Boden hocken. Sie wusste nicht ob sie etwas sagen sollte, oder ob sie aufstehen sollte – wenn sie es konnte. Als Nocturn sich plötzlich umdrehte, war sie geschockt. Geschockt von der Tatsache das er vollkommen so aussah wie immer. Als hätte er seine schwache Seite vollkommen wieder zurück gedrängt. „…Aber ich habe dir ja schon einmal gesagt, dass ich keinen Wert auf die Vergangenheit lege. Sie hat keinen Einfluss auf die Zukunft. Nur für die Schwachen, die sich nicht davon lösen können.“ White wusste nicht warum, aber als er auf sie zuschritt, bewegte sie sich keinen Zentimeter vom Fleck. Irgendetwas hatte sie gelähmt. Nocturn kniete sich zu ihr nieder und grinste sie genauso hinterhältig an wie immer, als würde das was eben passiert war, Tage oder Monate zurück liegen, als wäre es nicht er gewesen, der dies getan und der diese Worte gesagt hatte. Der Flötenspieler legte seine Hand an ihre Wange und zog White schlagartig zu sich. Wie war es ihm nur möglich, so schnell, seine vorigen Gefühle hinter sich zu lassen? „Aber es ist gut so. Ich bereue nichts… Absolut nichts. Ich hab ja dich.“ Er näherte sich ihrem Gesicht, jedoch nicht um sie zu küssen, sondern um das Gleiche zu tun, was er auch bei ihrem ersten Treffen getan hatte: Er leckte ihr die Tränen und auch ein wenig Blut weg. „Ich hasse deine Tränen.“ Im ersten Moment wehrte White sich nicht, sie spürte es nicht einmal wirklich. Ihr Blick schweifte ab und gerade als sie aufgeben wollte, erblickte sie etwas. Etwas sehr simples: Ein Bild. Es hing nicht im Musikraum, sondern war nur sichtbar dank des Loches in der Wand und es zeigte ein Bild welches mit Acryl gemalt worden war, ein Familienbild. Eine ganz normale Wächterfamilie, mit zwei Kindern. White kannte das Bild natürlich, doch jetzt bewegte es etwas Anderes in ihr, als wenn sie es sonst gesehen hatte. Sie sah das kleine Mädchen, sie lachte und strahlte vor Lebensfreude und umgehend musste die Hikari an ihre eigene Tochter denken. Würde sie auch irgendwann so lachen können? Würde sie, wie White, jemanden finden der ihr das Glück schenken konnte, welches Kanori ihr gegeben hatte? Nein, würde sie nicht, dass wusste White. Die minimale Chance dass ihre kleine Green glücklich werden konnte hing jetzt von ihr ab und sie - was tat sie? Ihre Mutter hatte fast schon aufgegeben. Und was war mit Grey? Was würde mit ihm passieren, wenn White hier und jetzt aufgab? Obwohl White den Titel des Bildes von der Entfernung nicht lesen konnte, flimmerte er plötzlich vor ihren geistigen Augen auf: „Der Grund für einen Wächter die Waffe zu erheben.“ … und es war auch Whites Grund. Nicht für irgendeinen Krieg, nicht um sich an Nocturn zu rächen und auch nicht um Ruhm und Ehre zu erlangen – sondern einzig und allein für die Familie die ihr noch geblieben war. Für ihre Kinder. Für Grey und für Green. White riss ihr Gesicht aus seinen Griff und schlug die Hand weg, lies die dabei ihre aufstrahlen, die er festhielt. Umgehend ließ er sie los. „Ich dachte du wolltest nicht mehr kämpfen?“ Nocturn sah verwundert aus, aber auch erfreut. „Ich habe meine Meinung geändert!“ Ein zweites Mal beschwor sie ihre treue Waffe hervor, sprang auf die. White drehte ihn und sagte bei der der Bewegung: „ATIRIES GLORIE AVICE!“ Whites kreuzförmiger Stab strahlte an allen drei obigen Enden gleißend auf, sammelten sich in der Mitte und formten einen gewaltigen gradlinigen Lichtstrahl der den normalen „Spirit of Light“ um längen übertraf. Nocturn wurde direkt getroffen, da er darauf nicht vorbereit gewesen war. Doch er gab nicht auf, sondern konterte mit seiner eigenen Technik, doch ehe diese White treffen konnte, verstärkte sie ihr Licht und warf auch die dunkle Energie zurück, womit Nocturn von beiden getroffen wurde und er aus dem Fenster geschleudert wurde. White ließ sich keine Zeit. Sie verwandelte ihren Stab zurück, drehte sich um und rannte aus den Raum. Jetzt kam der letzte Zug. Aber dafür musste sie ins Zentrum, wohl einen, vielleicht auch zwei, Kilometer von ihren momentanen Standpunkt entfernt. Ins Herz des Tempels. Um den Weg schnellstmöglich hinter sich zu lassen, benutzte White nicht den direkten Weg, sondern die Geheimgänge. Die 24 Jahre, die sie im Tempel gelebt hatte, zahlten sich nun aus– sie kannte niemanden der sich nur annähernd so gut in den geheimen Gängen auskannte wie sie. White lief so schnell sie konnte, um den Vorsprung den sie zu Nocturn hatte, beizubehalten. Er kannte die Wege zwar nicht, brauchte ihre Aura aber nur zu verfolgen. Die versteckten Eingänge, die normal alle fest versiegelt waren, ließ White für ihn offen. Er musste sie verfolgen, darin bestand immerhin der Plan. White ließ gerade den vierten Geheimgang hinter sich und betrat die vertraute Bibliothek, wo sich der letzte Gang befand. Die Hikari sah sich kurz um, um sich davon zu versichern, dass der Raum unversehrt geblieben war. Das einzige was anders aussah also normal, war das durch die Erschütterungen einige Bücher aus den Regalen gefallen waren – Aber ansonsten war alles wie immer. Mit schnellen Schritten ging sie auf den steinernen Engel zu, der genau wie sonst auch, mit dem Wasser spielte. Dieses glänzte sanft im Mondlicht. White untersuchte ihn und fand mehr oder weniger schnell, das beinahe unsichtbare Siegel, an der Innenseite des rechten Flügels. Die Hikari ließ ihre Hand aufleuchten und fuhr das Zeichen mit der Fingerspitze nach. Der Engel schien zum Leben zu erwachen, dessen Augen strahlten auf und im selben Moment schoben sich die Marmorplatten so zu recht, dass sie eine Treppe nach unten in die Dunkelheit bildete. White sah sich nicht zurück, ließ das Siegel aktiviert und stieg die Stufen hinunter. Unten angekommen, konnte sie nicht einmal ihre eigene Hand vor Augen sehen, das Mondlicht der Bibliothek erreichte diesen dunklen Ort nicht. Das einzige was man hier unten vernahm war das sachte plätschern von Wasser, hier unten war die Hauptpulsader des Sancire. Die Hikari ließ ihre Hand aufstrahlen und somit erkannte sie den schmalen Weg vor ihr und ohne zu zögern setzte sie einen Schritt vor den anderen. Hier unten in der Dunkelheit, wirkte das Wasser nicht so rein und klar, wie es sonst wirkte in den kleinen Kanälen im Tempel. Man konnte den Grund nicht sehen und so wirkte es um einiges bedrohlicher. Zu allen Übel, endete der schmale Weg plötzlich und da White den Weg kannte, wusste sie das sie ins Wasser musste – einige Schwimmzüge weiter war ein Felsvorsprung, wo sich erneut Stufen befanden. Doch sie sträubte sich ins Wasser zu steigen, es musste eiskalt sein und wenn dies nicht ihre letzte lebende Nacht wäre, würde sie sich dadurch eine langfristige Erkältung zuziehen, dessen war sie sich sicher. Trotzdem, sie hatte keine Zeit um zu zögern und so glitt sie langsam ins dunkle Wasser. Es brannte überall, wo sie verwundet war, doch nicht nur dort, sondern die Kälte fraß sich schrecklich schmerzhaft durch ihre Haut und tat es White schwer die Schwimmzüge durchzuführen. Doch etwas anderes blieb ihr nicht übrig, da sie tatsächlich den Grund nicht spüren konnte – sie wollte gar nicht wissen wie tief es war. Das Licht leuchtete trotz des Wassers weiter und, es kam White vor wie eine Ewigkeit, sah sie endlich den Felsvorsprung und die Stufen die nach oben führten. Nur eine kurze tiefe Durch-Atmung gönnte sie sich, ehe White die Stufen hinauf stieg. Oben angekommen, fand sie sich vor einer simplen Steinwand wieder. Nichts ließ darauf deuten das sich hier etwas anderes befand, außer nacktem Stein. Als White hier zum ersten Mal gewesen war, hatte sie sehr lange gebracht um das versteckte Siegel zu entdecken. Doch jetzt legte sie ihre immer noch leuchtende Hand flach auf die Wand und trat einen Schritt zurück, als vor ihren Füßen eine kleine runde Plattform deutlich wurde, die geräuschlos einen Meter anstieg. Die Hikari löste ihr Glöckchen von der Kette und legte sie auf die Plattform. Dies löste ein kleines Siegel aus, welches dazu führte das eine gerade Linie von dem Boden bis zur Decke aufleuchtete und die Wand sich von diesem Punkt trennte. Die Plattform fuhr zurück in den Boden, um White Platz zu machen, als sie ins Herz des Tempels eintrat. White empfand diesen Ort als den schönsten im gesamten Tempel. Kein Kunstwerk konnte gegen diese natürliche Schönheit ankämpfen, oder es überhaupt in Erwägung ziehen. Als sie den ersten Schritt an diesen Ort gesetzt hatte, war er durch die Fenster, die nichts außer dem Himmel zeigten, hell erleuchtet, doch auch wenn es jetzt Nacht war, konnte man ohne große Probleme alles klar erkennen. White würde sogar sagen, die Nacht zeigte erst die wahre Schönheit. Von den Wänden liefen, zwischen den hohen glaslosen Fenstern, kleine Wasserfälle hinab, dessen Wasser kristallklar war und jetzt in der Dunkelheit Türkis leuchtete. Das Wasser wurde von kleinen Becken aufgefangen, welches es in kleine Kanäle den Weg entlang leitete. Dadurch wirkte der gesamte Raum bläulich. Es befanden sich in jeder Ecke vier Säulen, die jedoch durch die Zeit völlig Moosbewachsen waren. Am Ende des etwa vierzehn Meter langen Pfades, führten wenige Steinstufen empor zum Hauptteil. Der Hauptteil war ein kreisrunder Raum, welcher durch das Wasser in das gleiche Licht getaucht war. In gleichmäßigen Abstand standen lebensgroße Statuen der Wächtergötter, die Ältesten die es im gesamten Tempel gab. In der Spitze standen Hikari-kami-sama und Yami-kami-sama. Alle hatten dieselbe Pose, alle hielten in ihrer Hand eine Kugel, mit einem 25 Zentimeter Durchmesser. Diese Kugeln waren genauso tot, wie auch die Statuen, die alle ihre Augen geschlossen hatten. Auch die alten Wächter waren nicht vom Moos verschont worden. White trat näher, bis sie mit den Füßen genau vor dem stand, was sie die sieben Jahre gekostet hatte: Ein Bannkreis. Dieser konnte nicht mit den normalen verglichen werden, denn er war nicht in der normalen Schrift der Wächter geschrieben, sondern in deren Urschrift: Edoú. Die erste Sprache, die die Götter gesprochen hatten. Doch nicht nur sie, sondern auch alle anderen Lebewesen zu diesem Zeitpunkt – Die Wächter und die Dämonen hatten damals die gleiche Sprache gesprochen. Allerdings war sie verlernt. Es gab niemanden mehr der sie auch nur ansatzweiße sprach, oder schreiben konnte. Nur wenige und alte Techniken wurden mit Edoú beschwört und es existierten auch noch ein paar Schriften, doch mehr war davon nicht mehr übrig. Es hatte White die gesamten sieben Jahre gekostet um den Bannkreis zu entziffern und dadurch in Erfahrung zu bringen, wie man dessen Macht nutzen konnte. Jetzt war es endlich soweit. Die sieben Jahre, die sie in der Hölle verbracht hatte, würden sich nun auszahlen. White nahm langsam den ersten Schritt und damit ins Innere des Kreises. Nichts passierte. Der Stein unter ihren Füßen blieb tot. Sie ging weiter, ehrfürchtig einen Schritt vor dem Anderen, bis sie in die Mitte kam und in derselben Augenhöhe wie Hikari-kami-sama und Yami-kami-sama war. Die Hikari nahm einen tiefen Atemzug, streckte die Arme aus und sagte die Edoú Formel die sie auswendig gelernt hatte: ﮎﭸﭷﭶﭡﮒﮏﭤﯤﮫﯓﯾﯧﷲﺞﺢ" ﺺﻎﻙﻔﺵﻺﻵﻹﻛﻌﻏﻎﻒﻈﺮﺲﯽ ﯼﷲﺂﯧﮦﯓﷲﺉﻼ ﭲﭫﭗﮔﮍﮏﭻﮇﮣﮜﮖﮱﯓﯝﮧﯗﯥﺂﯿﯧﺊ ﺕﺰﺩﺣﻏﻒﻅ"ﻟﻙﻕﻲﻬﻩﻫﻧﻤﻼﻷﻹﻴ „ Während sie dies beschworen hatte, hatte sich das Glöckchen von ihrer Brust erhoben. Es löste sich aus der Kette und, als würde es von unsichtbaren Fäden gehalten werden, schwebte es zwischen Whites ausgestreckten Handflächen, die sie vor ihrem Oberkörper erhoben hatte. Der sanfte Ton ihres Glöckchens erfüllte den Raum und hallte an den hohen Wänden wieder. Das Glöckchen strahlte zuerst matt auf, ehe es einen Zirkel um sich selbst bildete und während dieser Ring anwuchs, nahm auch das Licht zu und vereinte sich mit dem türkisenen Licht. Die Schatten der Statuen verschwanden, doch nicht nur das: Als das Licht wieder schrumpfte, sah es beinahe so aus, als hätte man White die weiße Farbe genommen. Ihre Haare und auch ihre Augen, waren zwar immer noch weiß, aber es war marode, es ging schon fast ins grau über, als wäre sie um Jahre gealtert. So fühlte sie sich auch, ob das durch die Prozedur kam, oder von ihrem Zustand, konnte sie allerdings nicht sagen. Sie keuchte und holte nur schwer Luft, obendrein fühlte sie sich schrecklich müde und hatte Mühe die Augen offen zu halten. Ihr Körper war so gut wie Tod, einzig und allein bewegt durch Willenskraft. Doch das Ergebnis war genau das womit White gerechnet hatte: Das Licht hatte sich zu einer Fußballgroßen Kugel geformt und sie schien beinahe zu pulsieren, wie ihr gesamtes Licht da in der Luft schwebte. Abermals schloss White die Augen und sagte den nächsten Teil der Beschwörung: „ﮎﭸﭷﭶﭡﮒﮏﭤﯤﮫﯓﯾﯧﷲ" ﺺﻎﻙﻔﺵﻺﻵﻹﻛﻌﻏﻎﻒﻈﺮﺲﯽ ﯼﷲﺂﯧﮦﯓﷲﺉﻼ ﭲﭫﭗﮔﮍﮏﭻﮇﮣﮜﮖﮱﯓﯝﮧﯗﯥﺂﯿﯧﺊ ﺕﺰﺩﺣﻏﻒﻅ"ﻟﻙﻕﻲﻬﻩﻫﻧﻤﻼﻷﻹﻴ „ Dabei ging sie einen Schritt zurück und die Lichtkugel schwebte langsam auf dem Boden, doch sie blieb nicht liegen, sondern versank im Boden. Von diesem Punkt aus, strahlten die Zeichen und Symbole des Bannkreises auf, bis hin zum Rand. Das Leuchten nahm ein wenig ab, ein mattes Strahlen blieb noch im Bannkreis vorhanden. Es fehlte noch ein Teil, um die Beschwörung zu vollenden. „Hübsche Lichtshow. Und was hast du nun davon? Außer das du deine Heiligkeit angekratzt hast?“ White lächelte zufrieden. Nocturn kam wirklich immer pünktlich. Sie tat so als würde sie ihn nicht beachten und wandelte seelenruhig ihr Glöckchen wieder zum Stab. Erst dann drehte die Hikari sich zu ihm um. Nocturn stand am Rand des Bannkreises, scheinbar wohl bedacht darauf, ihn nicht zu berühren. Da er nicht nass war, musste er über das Wasser geflogen sein. „Was ist das hier? Willst du etwa dramatisch vor deinen Vorfahren sterben?“ White sah ihn einen kurzen Augenblick an und streckte dann plötzlich die Hand aus, als wollte sie ihn bitten zu ihr zu kommen. Nocturn sah sie skeptisch an und wich einen Schritt zurück. „Für wie süchtig nach dir hältst du mich eigentlich? Ich betrete doch keinen Bannkreis der dabei ist sich zu aktivieren! Keine zehn Wächter bekommen mich einen Schritt näher! Da musst du dir was Besseres einfallen lassen und diese Idee muss verdammt gut sein, Engelchen.“ White senkte den Arm, behielt aber ihr ruhiges Lächeln. „Weißt du was das hier ist?“ „Nein? Das sagte ich doch schon. Aber ich denke du wirst es mir erläutern, ansonsten hättest du mich wohl kaum hierher gelockt.“ Ihm gefiel Whites ruhige Ausstrahlung nicht. Vielleicht sollte er einfach den Bannkreis mit geballter Brutalität zerstören. Aber, Nocturn musste zugeben, neugierig war er schon. „Dieser Bannkreis ist kein Normaler, er ist der erste Bannkreis der Geschichte – unserer Geschichte, Nocturn. Durch dieses Werk sind unsere Rassen verbunden, denn der Kreis ist kein Einzelexemplar. Genau so einer existiert noch einmal… und ich denke du weißt wo.“ Nocturn sah die Zeichen zu Whites Füßen an und dann wieder zu seiner Angebeteten. „Ich bezweifle das es in meiner Welt so einen Bannkreis gibt. Der würde nicht lange halten.“ Die Angesprochene schloss die Augen kurz. „Er existiert. Wo weiß ich nicht. Aber in der Dämonenwelt. Denn, wenn er zerstört wäre, würde es diesen hier auch nicht geben… und die Grenze unserer Welten auch nicht.“ Nocturns Augen weiteten sich überrascht. „Du meinst…?“ „Ja, genau das meine ich. Diese beiden Bannkreise bilden zusammen die Grenze unserer Welten. Er ist sozusagen das Tor und auch der Schlüssel. Wenn die Bannkreise nicht aktiviert sind, ist das Tor offen, doch wenn man es aktiviert, verschließt sich das Tor und von beiden Seiten kommt niemand mehr hindurch.“ Nocturn ging buchstäblich ein Licht auf. „Deshalb also, warst du die ganze Zeit so sicher dass deine Kinder ohne dämonischen Kontakt leben würden! Das hast du die ganze Zeit geplant, die ganzen sieben Jahre! Du hast vor uns Dämonen einzusperren, in unserer eigenen Welt!“ Auf Whites Gesicht breitete sich ein hämisches Lächeln aus und sie öffnete die Augen wieder. „Exakt!“ Der Flötenspieler brachte schnell ein Grinsen zustande. „Wow, nicht schlecht. Aber, White, versteh mich nicht falsch, du weißt wie hoch ich dich schätze… aber ist das nicht ein wenig zu viel für dich? Reicht deine Kraft dafür aus? Wir reden hier immerhin über eine ganze Welt.“ Wenn möglich wurde Whites Lächeln noch triumphierender. „Wer hat behauptet ich würde nur meine Macht benutzen?“ Jetzt geriet sein Grinsen ins Wanken und als Nocturn klar wurde was sie meinte, wich er noch einen Schritt zurück. „Es waren deine Worte. Die ganze Zeit, Nocturn. Du hast immer gesagt dass wir gleich sind, das wir wie Zwillinge und das wir die Gegenparte des jeweils anderen sind. Welch Ironie, dass du letztendlich sogar Recht behieltest und das genau dies der Tod von uns beiden bedeuten wird, nicht? Denn, um den Bannkreis zu aktivieren, benötigt es zwei gleich Mächtige, die ihre Leben dafür opfern. Damit er auch von beiden Seiten versiegelt ist.“ Natürlich rechnete White nicht damit, dass er sich opfern würde. Natürlich würde Nocturn das nicht. Daher hatte sie auch einen Plan dafür zu Recht gelegt. Sie konnte nicht mehr kämpfen, ihre gesamte Lichtmagie war schon in den Bannkreis übergegangen, selbst ihre Heilmagie. Im Prinzip wäre es ihm jetzt möglich sie zu töten, aber White musste einfach darauf setzen, dass das Schicksal auf ihrer Seite war und ihr Plan aufgehen würde. Sie hatte dafür extra einen neuen Modus für ihren Stab machen lassen. Der Gedanke an Azai schmerzte. Denn mit ihm kamen auch die Bilder ihrer anderen Freunde hoch, die alle nur wegen Nocturn gestorben waren. Sieben Jahre des Grauens und der Angst. Hoffentlich ging es Grey zusammen mit Green gut… Wenn White den Bannkreis nicht aktivieren konnte, war deren Leben versiegt. Es musste einfach gelingen…! Dann plötzlich, genauso überraschend wie beim ersten Mal, spürte White etwas zärtlich an ihrer Haut. Warmer Wind. Er kam durch die Fenster. White seufzte erleichtert und schloss halb die Augen, ein glückliches Lächeln auf dem Gesicht. Er war also doch da… Kanori hatte ihr doch verziehen… Es war immerhin auch sein Sohn und White war sich sicher, er sah auch Green als seine Tochter an… Doch erst viel zu spät, merkte White dass der Wind umschlug, es war keine Zärtlichkeit mehr, sondern eine Warnung. Aber es war zu spät. Wahrscheinlich war sie zu erleichtert gewesen, Kanori bei sich zu spüren, es musste daran liegen. Ansonsten wäre ihre Konzentration nicht verblasst. Aber trotz all dieser Möglichkeiten, verzieh sie sich die nächsten Minuten nie, in ihren ewigen Leben. Denn hätte sie besser aufgepasst… hätte sie sich nicht ihren geliebten Erinnerungen hingegeben, hätte sie Kanori sofort als Warnung verstanden… dann hätte sie gemerkt das Nocturn, trotz des eigenen Todes, unerschrocken auf sie zugeschritten war. Doch White hatte es nicht bemerkt und gerade in dem Moment, als sie ihre Augen schockiert aufriss, war es schon zu spät, denn in diesem Augenblick ging ihr auf, warum er auf sie zugeschritten war: Um sie zu küssen. White versuchte sich loszureißen, aber dafür fehlte ihr die nötige Kraft. Sie hatte ihre gesamte Energie schon verbraucht… und somit war sie Nocturn wehrlos ausgesetzt. Und diese Wehrlosigkeit fühlte sich einfach schrecklich an. Sie wollte nicht dass er das tat, sie wollte dass er aufhörte! Doch egal was White auch nur versuchte zu tun, es brachte nichts. Zu Beginn hatte sie versucht sich auf die Lippen zu beißen, doch auch dieser Widerstand war von Nocturn schnell gebrochen. Hör auf! Tränen quollen aus Whites zusammengekniffenen Augen. Das schlimmste war nicht einmal, dass Küssen, sondern die Tatsache das der Wind immer noch zu spüren war. So deutlich wie nie fühlte sie Kanoris Anwesenheit, fast so als wäre er genau in diesem Moment daneben und dazu verdammt nicht Anderes tun zu können, als zuzugucken. Verzeih mir, Kanori, dachte sie, Verzeih mir! Denn plötzlich schien White tatsächlich Gefallen daran zu finden. Wenn Kanori wirklich da war, war er wohl jetzt genauso geschockt wie Nocturn, der seine Augen zum ersten Mal seit dem Vereinen derer Lippen öffnete, als White die Arme um seinen dünnen Hals schlang und sich ihm tatsächlich hingab. In dem Moment hätte der Dämon schon merken sollen, dass White etwas damit bezweckte, doch er war zu berauscht, zu glücklich, um skeptisch zu werden. Was Nocturn zum Verhängnis wurde. Unbemerkt hatte White hinter seinem Rücken ihren Stab in den neuen Modus verwandelt, wodurch der Stab zu einer Art Speer wurde. Scharf und Spitz genug das White nicht viel Stärke benötigte um die Waffe von hintern durch Nocturns mageren Körper zu stoßen. Umgehend riss der Flötenspieler geschockt die Augen auf, doch hielt White dennoch fest umschlungen. Zu ihren Leid. Denn durch den Stoß war das Blut in ihm hochgekommen und da die beiden immer noch verbunden waren, bekam White das gesamte Blut, welches Nocturn eigentlich ausgehustet hätte, in ihren Mund. Pures Gift. Genauso gut hätte sie pures Toxin trinken können. Umgehend spürte White wie das Dämonenblut schmerzhaft alles wegätzte was ihm in den Weg kam. Ihre Tränen verwandelten sich in Schmerzenstränen, solch ein schrecklicher, widerlicher Schmerz war ihr wohl noch nie am eigenen Leibe wiederfahren. Nocturn konnte White nicht länger halten und kaum hatte sich sein Griff nur ein wenig gelockert, stieß sie sich von ihm ab und versuchte soviel Blut wie möglich wieder auszuhusten, während er versuchte den Stab aus seinem Körper herauszuziehen – vergebens. Es sah abstrakt ekelig aus, wie der immer noch kreuzförmige Starb von hinten in seinem Oberkörper steckte. Wäre White gläubig würde sie glatt behaupten es wäre die Strafe des Himmels. „… Wie gemein… von…dir!“ Nocturn brachte ein ironisches Lächeln zustande, welches davon unterbrochen wurde, dass abermals Blut aus seinen Mund hervorquoll. White hatte ihre Hände an ihrer Kehle, es sah aus, als würde sie sich zu Tode malträtieren und ihr Schmerzensschrei war nur ein ersticktes Keuchen. Nocturn sah ihr mit einer Mischung aus tiefen Mitleid und eigenem Leid dabei zu, bis er sagte: „…Du… musst das Siegel… aktivieren…“ Nocturn war überrascht darüber wie erbärmlich schwach seine Stimme klang. Abermals unternahm er den Versuch den Stab herauszubekommen, doch er besaß nicht länger die Kraft dazu. Er konnte nicht einmal lange die Hände auf dem leuchtenden Stab halten, er war zu schwach um gegen das Licht anzukommen, welches trotz allem immer noch den Stab schützend umgab – und sich vom Einstich her, ätzend ausbreitete. Unter normalen Umständen hätte er ihn rausziehen können, aber jetzt war es zu spät. „…Verdammt…White! …Mach endlich!“ Im gleichen Moment wo Nocturn dies sagte, spürte er das White ihre letzte Energie zusammen gesammelt hatte, denn sie löste seine, vor Schmerzen bebenden Hände, vom Stab, als er gerade wieder versuchte ihn herauszuziehen und legte sie zusammen mit ihre flach auf den Boden. „…Du hast… so warme Hände… Mein Engel…“ Als er dies sagte, hatte er die Augen geschlossen. Es klang wie ein zufriedenes Seufzten. White kniete vor ihm, beide saßen kniend auf den Boden. Sie hatte den Kopf gesenkt, als ihre schwache Stimme dennoch durch den Raum halte und sie den nächsten Teil der Beschwörung aufsagte. Nocturn verstand kein Wort – er konnte nicht einmal einen klaren Laut heraushören. Lag das an der Sprache an sich, oder daran das Whites Stimme kaum hörbar war? Es gelang dem Dämon nicht seinen Gedanken fortzuführen. Denn kaum hatte White die letzte Silbe gesagt, spürte er einen entsetzlichen Stoß in seinen Körper, als würde eine fremde Macht nach seiner Seele greifen und versuchen sie aus seinen Körper zu reißen. Er wusste, dieses Etwas griff nicht nach seiner Seele, sondern nach seiner Macht. Kampflos würde diese Hand überhaupt nichts bekommen! Seine Macht gehörte ihm – ganz allein ihm! Doch Nocturn wehrte sich nicht körperlich, sondern allein durch seinen Willen. „…Hör auf… Das macht… das nur…noch schmerzhafter…“ Schwachsinn, dachte der Teil von Nocturn Geist, der nicht auf Verteidigungsmodus gestellt war, das war nicht schmerzhaft. Das war einfach nur ein Kampf, nichts weiter. Schmerz ist was anderes! Schmerz ist das zerreißen der Seele und dennoch drauf zu treten, wenn sie schon in Scherben liegt! Warum wehrte Nocturn sich überhaupt? Er war freiwillig in den Kreis getreten, damit hatte er sein Testament schon unterschrieben – das war ihm klar gewesen, auf welche Art auch immer er sterben würde. Warum wehrte er sich also ganz plötzlich? Hatte er plötzlich Angst vor dem Tod? Angst vor dem Ungewissen? Nein. Er wollte sterben. Im selben Moment fiel sein Widerstand in sich zusammen. Die starke Hand packte seine Macht und wie auch bei White bildete sich eine Kugel, mit der gesammelten Energie, nur diese war schwarz. Die Zeichen des Kreises leuchteten hell auf und dieses Licht bündelte sich abermals zu einer Kugel. Diese beiden schienen sich kurz vereinigen zu wollen, doch die Energien stießen sich gegenseitig ab und bei dem Versuch sich zu vereinigen explodierten sie in einen Wirbel von Dunkelheit und Licht, wo White und Nocturn sich die Augen zuhielten. Trotz dessen brachte White den nächsten Teil der Beschwörung über die Lippen und als Nocturn die Augen zögernd wieder öffnete, strahlte nicht nur der Bannkreis, sondern auch die von den Statuen gehaltenen Kugeln. White löste ihre Hände von seinen und legte sie um ihre Waffe. Bei der Berührung löste er sich auf und das Glöckchen legte sich wieder auf ihre Brust. Um den Einstich herum blutete es nicht nur enorm, sondern es sah beinahe so aus, als würde Nocturns Körper sich von diesem Punkt aus, in einzelne Pixel auflösen. Natürlich, alle Dämonen lösten sich bei ihrem Tod auf. Doch bei den meisten ging es so schnell das man nicht sehen konnte wie genau es geschah. Dem Flötenspieler blieb nicht mehr viel Zeit. Dennoch lächelte er White an, fast schon zufrieden. Glücklich. „Merci…“, seufzte Nocturn. „…Nocturn… warum hast du das freiwillig… gemacht? ...Damit.. hast du dein Volk… verraten.“ Abermals kam White das Blut hoch, sie biss sich auf die Lippen um die Schmerzen zurück zu halten. „… Ich habe… mich nur… gerächt…“ „…An deinem…Mtdämonen?“ Zu einem schwachen Kopfschütteln war er gerade noch in der Lage. „…Nathiel… Was…für eine Genugtuung… mit meinem Tod… habe ich alle… ihre Pläne… zerstört…Endlich… 24 Jahre… vorbei… endlich…!“ Nocturn murmelte einen Namen, doch White konnte nicht verstehen um welchen es sich handelte. Sie verschwendete auch keine Gedanken mehr daran. Denn White spürte wie auch ihre Zeit genauso schnell ablief wie Nocturns und sie hatte noch eine Silbe der Aktivierung vor sich. Sie hob ein wenig den Kopf, kämpfte gegen die ablaufende Uhr und sagte den letzten Teil auf. Der Bannkreis leuchtete ein weiteres Mal in demselben dunklen Licht. Als dieses erloschen war, war der Bannkreis genauso tot, wie vorher. Doch es hatte geklappt. Das bewies das Leuchten der weißen und schwarzen Kugel, von Hikari-kami-sama und Yami-kami-sama gehalten. Er war aktiviert. Die Grenzen verschlossen. Der Krieg war zu ende. Die Hölle verstummt. Nocturn konnte sich nicht länger aufrecht hallten und fiel vorne über, in Whites Arme, die ihn nicht halten konnte und sich fallen ließ. Selbst wenn sie die Kraft dazu hätte, würde sie ihn jetzt nicht von sich wegstoßen. Beide lagen einfach da. Warteten schweigend auf den letzten Herzschlag. Bis White plötzlich etwas nasses auf ihrer Haut spürte und sie wusste das es kein Blut war. „…Weinst du…?“ Er schien sie nicht zu hören. Was White nicht verwunderte, sie hatte ihre Stimme selbst nicht gehört – oder war Nocturn schon tot…? „….Noc…turn…?“ White hatte versucht ihre Stimme ein wenig zu heben, doch es war ihr nicht gelungen. Er war wohl wirklich schon… tot. Doch White spürte kein Gefühl des Triumpfes. Sie wusste nicht was sie fühlte. Vielleicht war ihr Kopf schon so vernebelt durch ihren nahenden Tod, dass ihre Gefühle schon ausgeschaltet waren? Nein… denn etwas spürte sie… etwas wurde von ihren schwachen Sinnen noch vernommen… so deutlich und so sanft, das White sich wünschte sie könne ihn, den Wind, umarmen. Wenn man den Wind berühren könnte… wenn sie sich regen könnte… Doch White lag auf dem Boden, nicht fähig sich auch nur einen Zentimeter vom Fleck zu bewegen, gefesselt durch ihre Schwäche und Nocturns toten Körper. Aber das machte nichts… es reichte wenn sie ihn wahrnehmen konnte… Ein letztes Mal öffnete White die Augen, nur einen Spalt weit und sah, nur einen kurzen Augenblick, die Sonne durch die Fenster aufgehen… … Beim zweitletzten Herzschlag vernahm sie, das Nocturn noch nicht tot war. „…White… Ich… lie…“ White brachte keinen Ton zustande. Doch ihre Lippen formten die Worte: „Du kannst nie mehr haben, als mein Mitleid…“ … Im selben Moment hörten die beiden ungleichen Herze auf zu schlagen… … Das konnte unmöglich wahr sein. Whites Sinne mussten ihr einen Streich spielen. Eine Wahnvorstellung… im Moment ihres Todes. Aber, sie fühlte sich nicht tot. Wo war der endlose Tunnel, mit dem Licht am Ende? Und warum wurde sie nicht gefragt, ob sie die Stille oder die Ewigkeit wählen wollte? War ihre Wahl etwa besiegelt, hatte man ihr ein Leben nach dem Tode verwehrt? Aber was war das… was sie hörte… was sie fühlte…. Sonnenlicht? … Im Jenseits? Das Licht dort, fühlte sich doch anders an… und diese Melodie… Kaum hatte White an sie gedacht, verstummte sie. „White! Na endlich bist du wach. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht!“ Oh Gott, dachte White als sie die Stimme hörte, das war doch nicht… Kanori? …Doch natürlich, es war seine Stimme. Wem sollte sie sich sonst in ihren Tod einbilden? Was könnte eine schönere Illusion sein, als seine Stimme zu hören? „Du hast langsam genug geschlafen – denkst du nicht du solltest langsam aufwachen? Wir werden sonst zu spät kommen…“ Und wie real sie sich anhörte! Als wäre Kanori genau in diesem Moment neben ihr. White sah ihn vor sich, sein warmes Lächeln, seine himmelblauen Augen… Doch dann fühlte sie ihn auch. Er hatte die Hand an ihre Wange gelegt… aber… konnte die Illusion so stark sein, dass sie sich Berührungen einbildete? Langsam, zögernd, aus Angst sie könnte enttäuscht werden, öffnete sie die Augen. White befand sich in einem Zimmer, welches sie nicht kannte und ebenfalls in einem Doppeltbett welches sie nicht kannte, aber zweifelsohne im Tempel. Helles Sonnenlicht hüllte den Raum aus, es gab fast beinahe keine Schatten. Unlogisch, sagte ihr Gehirn zu White, aber ihr Herz sagte, das alles möglich war. Die Welt konnte von ihr aus, jetzt eine Scheibe sein, das wäre auch logisch. Wenn Kanori vor ihr saß, war alles logisch. Offenbar: Sie starrte ihn an. Kein wunder. „Eh – White?“ „…Kanori? Bist du das… wirklich?“ White hob zitternd ihre Hand zu seinem Gesicht und als sie seine Wange berührte konnte sie die Tränen nicht zurück halten. Er war es… wirklich! Real! Echt! Wahr! „…Bin ich tot? Bin ich an einen Ort gekommen… wo auch du bist?“ Kanori sah sie verwundert an und legte seine Hand auf die, die an seiner Wange lag. „Ich glaube du bist noch voll in deinem Traum versunken, White. Niemand ist tot, wovon hast du geträumt?“ Geträumt…?! „Ein…Alptraum?“ Kanori löste die Hand von ihrer und fühlte ihre Stirn und ihre Wangen besorgt. „Vielleicht sollte Azai dich durch checken… Du hast sicherlich ein wenig fieber…“ „Azai?! Aber… er ist doch tot! Nocturn hat ihn doch…“ „Nocturn? Du musst wirklich eine blühende Fantasie haben, wenn du dir selbst im Traum Personen ausdenkst. Oder kenne ich ihn einfach nicht?“ Kanori lachte und stand lächelnd auf, während er ihr versicherte dass niemand tot war. „So… und jetzt sollten wir dich von Azai durchchecken lassen…“ Ehe White sich versah, hatte er sie auf die Arme genommen und lächelte sein lebensfreudiges Lächeln, mit leicht erröteten Wangen. Was Whites Röte nicht toppen konnte. „K-Kanori! Ich kann selbst gehen…!“ Der Angesprochene tat so, als würde er es nicht hören. „Wir müssen uns beeilen! Wir wollen doch nicht zu spät zur Einschulung kommen!“ Verwundert wurde er angeschaut. „E-Einschulung?“ Und als Antwort bekam sie einen leicht bockigen Gesichtsausdruck. „Also, White! Egal wie schlimm dein Alptraum war, die Einschulung deiner Tochter solltest du nicht vergessen. Grey ist wahrscheinlich schon längst fertig – falls er überhaupt geschlafen hat. Kennst ihn ja!“ Kanori fand sein Lächeln schnell wieder – das Lächeln eines stolzen Vaters. Doch White fand keine Worte. Brauchte sie auch nicht, denn im selben Augenblick ertönte der Schrei eines Mädchens: „IN LIGHTS NAMEN! GREY! DAS MACHE ICH NICHT! VERGISS ES!“ Ein acht jähriges Mädchen kam herein gestürmt, halb ihn Nachthemd, halb im Rock, dicht gefolgt von Grey, der das dazugehörige Teil zum Rock über den Arm trug. Kanori setzte White ab, die nichts anderes konnte, als die beiden Kinder anzustarren, während Kanori seinen Sohn darauf hin wies das er seine Schwester zu nichts zwingen konnte. Das Mädchen hatte lange hellbraune Haare, die im Sonnenlicht teilweiße sogar weiß wirkten und die gleichen hellblauen Augen wie auch Grey und Kanori. Um ihren Hals trug sie ein Glöckchen mit weißen Flügeln. Sie war wirklich Whites Tochter… aber wie war das möglich… „Aber, Vater! Ich will Schwesterherz doch nur helfen.“ „Helfen! Pah!“ Das Mädchen lief hinter White und hielt sich an dem Nachtkleid ihrer Mutter fest. „Ich fungiere doch nur als deine Anziehpuppe!“ Kanori sah verwirrt drein. „Fungiere? Green, woher hast du das?“ Das Mädchen grinste. „Hat Großvater mir beigebracht! Tolles Wort!“ Grey ließ sich nicht ablenken. „Green! Ich als dein Bruder werde nicht zulassen, wie du gleich am ersten Tag einen schlechten Eindruck bei deinen Mitschülern machst, weil du falsche Kleidung trägst!“ „Aber ich will genau DIESEN Eindruck machen! Jeder der mich in deinen Kleidern sieht wird mich für Cinderella halten! Das wäre total oberpeinlich! Mutter! Hilf mir doch! Du stimmst mir doch zu, oder - oder?“ Erwartungsvoll sah Green ihre Mutter an und schwenkte ein wenig an ihren Arm, doch bekam keine Reaktion. Woraufhin sie ihren Arm losließ und besorgt zu ihren Vater schritt. „Vater? Ist Mutter wieder krank…?“ Kanori streichelte den Kopf seiner Tochter und sagte mit einem aufmunternden Lächeln an ihr und Grey: „Nein, alles in Ordnung! Geht schon mal vor, wir kommen gleich nach.“ Widerstrebend nickten die Beiden, doch ehe sie das Zimmer verließen sagte Kanori noch zu Grey, er solle seine Schwester selbst entscheiden lassen. Man hörte von den Kindern nur noch ein triumphierendes „ÄTSCH!“ und schon waren die Eltern wieder alleine. „White… was ist denn los mit dir?“ White hatte den Rücken zu ihm gewandt und sah aus dem Fenster. Es war zu hell um etwas zu sehen. Nicht einmal ihre Hikariaugen konnten was erkennen. White hob den Kopf, mit geschlossenen Augen und sagte flüsternd: „… Ich würde so gern hier bleiben…“ Kanori schritt auf sie zu, das konnte sie an seinen Schritten hören. „Aber White wir müssen los, wir kommen sonst wirklich zu spät!“ Als er genau hinter ihr stand, drehte die Angesprochene sich um und lächelte, mit Tränen in den Augen. „Ja… Kanori, tust du mir einen Gefallen?“ Sie erntete sich einen verdutzten Blick, doch als er in ihre weißen Augen sah, lächelte er und stimmte zu. Kanori hob die Hand zu Whites Gesicht und strich ein paar ihrer Haare hinter ihr Ohr. Zu solch einer Zärtlichkeit war nur Kanori fähig, niemand anderes konnte ihr Herz so bewegen und das nur durch so einer einfachen Berührung. Sie genoss seine Zärtlichkeit in vollen Zügen, kostete es vollkommen aus. Doch trotzdem wusste White, dass es sich nur um einen Traum handelte, einen Traum in den sie sich mehr alles andere wünschte hinein zu gehören. „Kanori… bitte, küss mich.“ Küss mich wach. Er lachte in sich hinein. „Darum musst du mich doch nicht bitten! Das tue ich doch gern…“ Kanori beugte sich zu ihr runter, White sah in seine himmelblauen Augen, kämpfte gegen die Tränen an. Sie wollte den letzten Blick in seine Augen nicht verschwenden, nicht durch Tränen verschleiert sehen. Doch als deren Lippen sich berührten schloss sie dennoch die Augen. White erinnerte sich noch daran – an seine Geborgenheit, an seine Wärme, an seine Zärtlichkeit und an seine Liebe. Es war die ganze Zeit in ihr gewesen, niemals hatte sie es vergessen, dass wusste sie jetzt, in dem Moment, wo sie kurz davor war sich einer Illusion hinzugeben. Sie hatte Angst gehabt. Angst davor dass sie das alles vergessen würde. Das sie sich irgendwann nicht mehr vollkommen an ihn erinnern konnte. Das sie nur noch ein blasses Abbild in ihren Erinnerungen haben würde. Ein Totes. Doch Kanori war nie tot gewesen. Seine Lebensfreude konnte nicht sterben. Sie lebte nicht nur in White weiter, sondern auch im Wind. Das konnte ihr niemand nehmen. Nicht einmal… Nocturn. White wusste nicht wie lange der Traum wahrte, doch als sie sich wieder voneinander lösten, ließ White die Augen geschlossen und flüsterte mit erstickter Stimme: „…Danke…“ Doch es war niemand mehr da, der sie hätte hören können. Es regnete, von irgendwo kam Donnergrollen, die Straßenlaterne war kaputt, es war dunkel… doch nicht so dunkel wie in Green. Regungslos stand sie im Regen, die Kleidung vollkommen durchweicht, voll gesaugt vom Regen, sie klebte an ihrer Haut, doch wirklich spüren tat sie es nicht. In ihren Kopf drehte sich alles, doch die Gedanken die sie im Kopf hatte, schienen ihr Herz nicht erreichen zu können, sie fühlte einfach nichts. Grey hatte ihr alles erzählt. Alles was er wusste, natürlich. Vom Kampf Nocturn VS White, wusste er nicht mehr als alle anderen auch, was genauer gesagt, nichts war. Auch von Whites Traum wusste er nichts – er konnte Green lediglich das erzählen was er wusste und das hatte er auch. Von der Prophezeiung und ihrem Schicksal, warum die Hikari sie töten wollten. Dazu auch noch vom Plan seiner Mutter: Greys Auftrag Green in die Menschenwelt zu bringen - sobald White tot war, das Element des Lichtes auf Green übergegangen war und dann versiegeln. Er war es, der sie in ein Waisenhaus gebracht hatte, um sie vor der Hinrichtung zu schützen. Doch als Grey nach Sanctu Ele´saces zurückkehren wollte, geriet er in einen Kampf und wurde umgebracht. Er versicherte Green panisch, dass es nicht ihre Schuld war und sie sich das nicht allzu sehr zu Herzen nehmen sollte – es war nicht so schlimm wie es sich anhörte, immerhin hatte er die Fähigkeit zur Wiedergeburt. „Was ist mit dem Siegel?“ „Es bröckelt… bestimmten Dämonen ist es gelungen auszubrechen, aber den genauen Grund weiß ich nicht. Mutter schweigt, was dieses Thema angeht.“ Green sah in den dunkeln Himmel, den Strom von Regentropfen entgegen. Was sollte sie machen… Ihr Schicksal stand geschrieben, unweigerlich, unveränderbar. Egal was sie tun würde, es würde so kommen wie dieser Inceres es vorausgesagt hatte. Doch auch Green hatte ihre eigene Fassung der Vorhersehung. Sie war sich sicher, das sagte sowohl ihr Kopf als auch ihr Herz, dass sie nicht die Hikari auf irgendeiner weiße zum Untergang führen würde, sondern sie war sich sicher, dass sie durch ihre Liebe zu Siberu und Gary, die beiden, die, die ihr am meisten bedeuteten, in den Tod stürzen würde. Genau wie Silence es gesagt hatte… Sie hatte mit allem Recht gehabt… Green war die leibhaftige Botin des Unglücks. Die Hikari hatten allen Grund sie töten zu wollen… … Was sollte Green tun? Wo konnte sie hin? Wenn es wirklich nur ihre Existenz war, die die beiden schädigten, durfte sie nicht Nachhause. In Den Tempel konnte sie auch nicht… Wo sollte sie hin… wo gehörte sie hin… wo durfte sie hin, wo durfte sie sein…? „Ich helfe dir, Green.“ Green schloss die Augen und brachte ein schwaches Lächeln zustande. „…Ja? Tust du das…?“ Zum ersten Mal merkte Green es kaum, als Silence ihre Arme um sie legte, wahrscheinlich weil sie in diesem Moment gleich kalt waren. „Ja. Ich verspreche es dir.“ „Und was… soll ich dir dafür geben…?“ „Nichts…“ Greens Knie gaben nach, doch sie wurde aufgefangen, aufgefangen von Kälte und Dunkelheit. „… Du musst einfach nur schlafen.“ Fertiggestellt: 24.04.07 Musik: Listen to your Heart Nocturne // Secret Garden Inori~ You raise me up // Lene Park ……..NOCTUUUURRN!!! NEEEEEEEEEEEEEEEEEEIN! *FLENN* Kann mir ma jemand sagen warum ich bei der Kanori/White szene geflennt habe wie nichts Gutes und bei Nocturns Tod nicht?! Und ich soll ein Nocturn fan sein ._.? Tinami: Sonne! Strand! Eis! Fünf Sterne Hotel! Gutaussehende Kellner! Awww! Paradies! Kaira: Asuka! Hör auf in Erinnerungen zu schwelgen! Geh deinen Pflichten nach und such unsere verdammte Hikari! Tinami: Sag mir nicht du fandest es damals nicht schön! Kaira: Nein?! ICH musste ja auch immer die ganze Arbeit machen! Während DU in der Sonne gelegen hast und ICH gegen Dämonen kämpfen musste! Tinami: Das ist gelogen! Ich habe GEARBEITET. Aber das hast du damals ja schon nicht zu schätzen gewusst… und das obwohl du meine erste Waffe bekommen hast…! TT Kaira: … Na und? … Wisch dir das Bettelgesicht weg! Du nervst! Geh an die Arbeit! Tinami: Hast du Pockies öuö? Kaira: …!!!!! Azura: ¬¬ Ihr hab euch überhaupt nicht verändert! Immer noch die gleichen Streithähne wie.. Tinami: Ich habe einen Anruf von Ki-kun erhalten, Ai-chaaaaan! Kaira: AAAAAAAAAAAAH! ERWÄHNE DIESEN IDIOTEN NICHT! Azura: uu Die hören mich nicht… naja. Das nächste Kapitel heißt „Kinder von Welt“ ^^° Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)