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Masquerade, Masquerade

Ahh!! It’s Halloween …
von

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Get out well disguised!

Izzy konnte diesem ganzen Halloween-Wahn nach wie vor nichts abgewinnen. Er verstand nicht, warum man dieses zweifelhafte Fest unbedingt aus dem Westen herschleppen musste, wo es doch genügend althergebrachte japanische Festivitäten gab, die immerhin Tradition hatten. Nicht, dass ihm Tradition wichtig gewesen wäre. Er griff nur bereitwillig nach jedem Strohhalm, mit dem er die Geisternacht verunglimpfen konnte. Ob es ihn in Wahrheit einfach nur gruselte? Mimi hatte ihm diese Frage gestellt, als er mit müdem Gesicht bei ihr geklingelt hatte.

„Und obwohl du nicht auf den Umzug gehen willst, drängelst du jetzt“, hatte sie fröhlich gemeint und war wieder im Badezimmer verschwunden, während Izzy seufzend gewartet hatte.

Halloween, Zeit der Geister, für Kinder eine Fundgrube für Süßigkeiten, die sicher zumeist abgelaufen waren. Für Mimi ein willkommenes Event, um mal wieder Party zu machen. Und es erinnerte sie an ihre Zeit in den USA. Von ihnen allen war sie wohl am glücklichsten gewesen, als es hieß, dass im Westend-Viertel ein nie dagewesenes Halloween-Spektakel stattfinden würde.

Natürlich musste Mimi das Fest voll auskosten, darum war es für sie fast schon eine Pflicht, sich zu verkleiden. Mimi wäre allerdings nicht Mimi gewesen, hätte sie zugelassen, dass sie in ihrem Kostüm irgendwie hässlich aussah. Gruselig, aber schick. Izzys Seufzer auf diese Ankündigung hin war nur einer von vielen gewesen. So war er lange nach der vereinbarten Zeit zu ihr gefahren und hatte geklingelt, um nachzusehen, wo sie so lange blieb. Der Feinschliff stand noch aus, und Izzy stellte sich auf eine Wartezeit von weiteren dreißig Minuten ein. Mimis Kostüm würde wohl einzigartig ein: Sie wollte als Lillymon gehen. Izzy wollte sich gar nicht vorstellen, wie lange sie schon an der Verkleidung gebastelt hatte. Eben richtete sie sich noch den blütenförmigen Hut.

„Wie passt Lillymon denn zu einem Halloween-Festival?“, hörte Izzy sich fragen.

„Na, Digimon sind ja digitale Monster“, antwortete Mimi aus dem Badezimmer, und damit schien wohl alles gesagt.

Als sie endlich strahlend aus dem Bad kam, starrte sie ihn an, als sähe sie ihn heute zum ersten Mal. „Und?“, fragte sie.

„Und was?“, fragte er verwirrt.

„Wo ist dein Kostüm? Oder setzt du nur eine Maske auf?“

„Weder noch“, sagte er.

„Aber du brauchst doch eine Verkleidung!“

„Muss das sein?“, fragte er halbherzig, als sie kurzerhand ihre Schminkutensilien vor ihm ausbreitete und ihn zwang, sich auf einen Stuhl zu setzen.

„Keine Widerrede! Du kannst nicht zu einem Halloween-Umzug gehen und dann der Einzige sein, der nicht verkleidet ist.“

Izzy verzichtete darauf, ihr von seiner Vermutung zu erzählen, dass er sicherlich nicht der Einzige wäre. Es half ja doch nichts. Unbeirrbar verpasste sie ihm ein weißes Zombiegesicht mit Nähten. „Fertig.“

„Toll. Danke“, murmelte er. „Können wir dann?“

Sora hatte ihnen vor einer halben Ewigkeit geschrieben, dass sie jetzt gleich bei Tai wären. Sie hatten sich keinen bestimmten Treffpunkt ausgemacht – Izzy fragte sich, wie er seine Freunde finden sollte, verkleidet und in einer Riesenmenge aus falschen Geistern.

Selbst die U-Bahn war proppenvoll.

„Ich bin schon so aufgeregt“, plapperte Mimi fröhlich vor sich hin. „Was meinst du, als was haben sich die anderen verkleidet? Kari ist sicher mega-niedlich! Oh, und erst Sora! Sie macht ja viel mit Klamotten, sie hat sicher das beste Kostüm von allen!“

„Ich glaube, am meisten Arbeit hast trotzdem du dir gemacht.“

Er hatte es gar nicht als Kompliment gemeint, aber sie starrte ihn mit großen Augen an. „Meinst du echt? Also gefällt es dir?“

„Klar.“ Und das war tatsächlich so gemeint.

Die U-Bahn wurde noch voller, je näher sie dem Westend-Viertel kamen, diesem Ort der Erinnerungen … Dort hatte damals alles seinen Anfang genommen, die Abenteuer mit den Digimon in der DigiWelt … Plötzlich setzte Izzy sich kerzengerade hin. „Mist!“

„Was hast du?“, fragte Mimi.

„Ich hab … Ich hab was vergessen.“

„Was vergessen? Du meinst jetzt nicht zufällig deine Verkleidung, oder?“

„Ich hab meiner Mutter versprochen, das Abendprogramm einzuprogrammieren.“ Seine Eltern feierten heute den Tag, an dem sie einander kennengelernt hatten. Zufällig war es der einunddreißigste Oktober, und da dieser Tag für sie so etwas wie ein zweiter Hochzeitstag war, gingen sie traditionsgemäß vornehm essen und besuchten dann das Lokal, in dem sich ihre Blicke zum ersten Mal gekreuzt hatten. Vor Mitternacht würden sie nicht zurückkehren, und in der Innenstadt würden sie vom Halloween-Fieber auch wenig mitbekommen. Seine Mutter hatte Izzy gebeten, die Live-Übertragung des Umzugs aus dem Westend-Viertel mit dem Videorekorder aufzunehmen. Das war gestern gewesen – und heute hatte er über seinen Ärger wegen eben jenem Fest völlig darauf vergessen, den Rekorder entsprechend zu programmieren.

„Ach, komm schon“, stöhnte Mimi, als er ihr davon erzählte. „Ist das jetzt so wichtig? Wir gehen ja sowieso zu diesem Umzug. Erzähl deiner Mutter eben morgen, wie es war.“

„Etwas erzählt zu bekommen und etwas selbst zu sehen sind zwei verschiedene Dinge“, sagte er. „Außerdem hab ich’s versprochen.“ Er studierte die Karte des U-Bahn-Netzes. „Wenn ich hier aussteige und die Straßenbahn nehme, ist es nur ein kleiner Umweg. Du kannst ja schon mal vorfahren, ich komme nach.“

Die Bahn hielt, die Türen öffneten sich. Izzy machte sich daran, auszusteigen, als Mimi sich plötzlich bei ihm unterhakte. Überrascht ob ihrer plötzlichen Nähe verkrampfte er sich ein wenig. „Vergiss es“, grinste sie. „Wenn ich dich jetzt allein gehen lasse, kommst du gar nicht mehr. Ich gehe mit dir und überprüfe, ob es nicht nur eine dumme Ausrede ist, ja? Und wenn es so ist, kannst du was erleben!“

Izzy lächelte leidend, doch es gab keine Möglichkeit, wie er hätte Nein sagen können.

 

Dieser Takumi war ein fröhlicher Zeitgenosse, zumindest soweit Matt das nach den paar Minuten beurteilen konnte. Sie quetschten sich durch die glibbrige, bunte Masse, die die Geister auf der Hauptstraße darstellten, und Matt war froh, dass Takumi die meiste Zeit von selbst redete, ohne mehr als ein Nicken als Erwiderung zu erwarten. Ehe sie die nächste Gasse erreichten und in die gekrümmte Häuserschlucht mit dem Kopfsteinpflaster abzweigten, wusste Matt die Namen aller Bandmitglieder von Takumi und aller Songs, die sie je geschrieben hatten – das heißt, er hätte sie gewusst, hätte er sich die Mühe gemacht, den verbalen Wasserfall des Jungen im Gedächtnis festzuhalten.

Die Gasse war schmal und verlassen. Es war unmöglich sich vorzustellen, dass gleich nebenan alle Arten von Geistern, Untoten und Monstern hin- und herwogten. Ein verkleidetes Pärchen knutschte neben einer rissigen Regenrinne, ansonsten wirkte das Gässchen wie ein Mordschauplatz aus einem schlechten Horrorfilm. „Wie lange braucht die Geisterbahn von einem Ende zum anderen?“, fragte Matt, als Takumi einmal Luft holte.

„Schwer zu sagen, Mann. Man erhält sich nicht wirklich das Zeitgefühl, weißt du? Aber die Waggons trödeln ziemlich rum. Wir werden sicher ein paar Minuten warten müssen.“

Die Gasse mündete in einer kleinen Straße. Hier war immerhin mehr los. Sie marschierten in die andere Richtung als zuvor. Schon kam das hintere Ende des schwarzen Schlauchs in Sicht, der die Geisterbahn war. Auch hier stand ein korpulenter Mann in blauem Overall. Die Gleise kamen unter einem Stoffvorhang zum Vorschein, beschrieben eine weite Kurve und krochen wieder in den Schlund zurück, um neue Opfer für ihre Fahrt durch die Hölle aufzunehmen.

„Sie sind noch nicht hier“, stellte Takumi überflüssigerweise fest. „Warten wir ein wenig.“

Matt sah sich nach irgendwelchen Ständen um, die Heißgetränke oder Maroni oder etwas anderes verkauften, das seine Langeweile tilgen könnte. In einiger Entfernung bot tatsächlich jemand aus einem kleinen Kasten seine Ware feil, aber das konnte alles Mögliche sein. So weit wollte Matt nicht gehen.

Es war kalt geworden. Er unterdrückte den Impuls, sich die Gänsehaut von den Armen zu rubbeln. Es war Mitte Herbst, und er lief herum wie im Spätsommer … Manchmal war Coolness trotz allem etwas Unangenehmes. „Kennst du den Typen da auch?“, fragte er Takumi und deutete auf den bulligen Geisterbahnmitarbeiter.

„Vom Sehen her vielleicht. Er war mal mit Ikki nach Feierabend was trinken, glaub ich … So oft sehen wir uns nicht.“

„Aha.“

„Hör mal, mir fällt gerade was auf.“ Es war unter der Fuchsmaske unmöglich zu sagen, aber Matt spürte, dass Takumi unverschämt grinste. „Ich hab dich die ganze Zeit vollgeschwafelt, aber du hast kaum was gesagt. Wie läuft’s in deiner Band? Plant ihr ein neues Album? Habt ihr mal wieder einen Gig hier in der Gegend? Wie macht sich euer neuer Bassist?“

„Und welche Frage soll ich jetzt zuerst beantworten?“, fragte Matt trocken.

Takumi lachte. „Sorry, Mann. Okay, das Wichtigste zuerst. Gibst du mir ein Autogramm?“

„Würde ich, wenn ich was zum Schreiben hätte.“ Obwohl Matt diese Quasselstrippe nicht leiden konnte, war Takumi doch ein Fan. Wenn schon zu nichts anderem, so war er doch zu höheren Absatzzahlen gut.

„Kein Problem, Mann, hier.“ Er deutete auf einen der Bandsticker, die auf seinem Oberarm klebten. Matt bemerkte ihn erst jetzt, und auch, dass es offenbar ein Sticker der Wolves war. „Mal deine drei Kreuze einfach da rauf.“

„Stift?“, fragte Matt erwartungsvoll.

„Kriegst du.“ Takumi fischte etwas Langes, Metallisches aus der Hosentasche. Matt spürte wieder sein Grinsen. Perplex starrte er auf etwas, das verdächtig nach einer blutigen Messerklinge aussah.

 

Hoffentlich fragte sich heute niemand, warum ein zusammengenähter Zombie in ganz normalen Alltagsklamotten und ein Pflanzendigimon, das die wenigsten erkennen würden, Izzys Appartementkomplex betraten.

Seine Eltern und er waren vor einem Jahr umgezogen und besaßen nun eine geräumigere Wohnung – allerdings im achten Stock, und ausgerechnet heute funktionierte der Fahrstuhl nicht. So fügte Izzy seiner mentalen Liste der heute mühsamen Dinge einen weiteren Punkt hinzu und erklomm mit Mimi Etage um Etage des Stiegenhauses. Mit seiner generell eher schlechten Kondition atmete er schwer, als sie endlich im richtigen Stockwerk ankamen.

„Mir fällt gerade ein, dass ich noch gar nie bei dir war, seit du hier wohnst“, sagte Mimi, als er die Wohnungstür aufschloss. Der Schlüssel drehte sich mit einem metallischen Geräusch.

„Kann schon sein …“ Er drückte die Tür auf, langte nach dem Lichtschalter … und stutzte.

Ein kurzer Flur führte an seinem Zimmer und dem Schlafzimmer seiner Eltern vorbei ins Wohnzimmer. Eigentlich müsste der Gang in Schatten daliegen – doch hinter dem offenen Türrahmen des Wohnzimmers sah er das Licht brennen. Waren seine Eltern etwa doch schon wieder zuhause? Dann hätte er den Weg umsonst auf sich genommen.

„Was hast du denn?“ Mimi beugte sich neugierig vor. „Ah – hast du das Licht brennen lassen?“

„Ich hätte schwören können, dass ich es ausgeschaltet habe“, murmelte er.

„Naja, so ist das mit diesen alltäglichen Dingen“, meinte Mimi schulterzuckend. „Programmier deinen Videorekorder und dann lass uns endlich ins Westend-Viertel fahren.“

Sie zogen die Schuhe an der Garderobe aus und gingen ins Wohnzimmer. Izzy rief nach seinen Eltern, aber es kam keine Antwort. Also waren sie tatsächlich noch unterwegs, und er hatte einfach auf das Licht vergessen, genauso wie er auf den Rekorder vergessen hatte … Ein unangenehmes Gefühl blieb. Er war eigentlich niemand, dem solche kleinen Fehler unterliefen. Hatte er wirklich das Licht angelassen?

Mit einigen wenigen Handgriffen programmierte Izzy den Videorekorder so, dass er die Halloween-Parade aufnehmen würde, die in knapp zwanzig Minuten im Westend-Viertel begann. Mimi sah sich einstweilen in der Wohnung um und setzte sich dann prüfend auf die nagelneue Couch. „Hübsch. Und wo ist dein Zimmer?“

„Willst du das auch noch sehen, oder machen wir, dass wir in die Gänge kommen?“

„Bist du denn schon fertig?“

„War ein Klacks.“ Er schaltete den Rekorder auf Standby. „Komm, die anderen warten sicher schon auf uns.“

Er folgte ihr in den Flur und achtete diesmal darauf, das Licht im Wohnzimmer tatsächlich abzuschalten. Mimi zog sich ihre dünne Herbstjacke, er seinen Mantel über und die kalte Oktoberluft empfing sie wieder. Izzy sperrte ab und wollte sich gerade auf dem Weg zum Treppenhaus machen, als Mimi ihn zurückhielt.

„Warte mal.“

„Was ist?“

„Mein Handy ist weg.“ Sie betastete ihre Handtasche, klopfte sogar das knielange Lillymon-Kostüm ab, in dem ihr eigentlich ziemlich kalt sein musste, wenn Izzy es sich recht überlegte. „Ich wollte gerade Sora schreiben, dass wir jetzt auf dem Weg sind … Ich muss es wohl, als ich …“ Sie fing neu an. „Ich meine, es muss noch in deiner Wohnung sein.“

Izzy runzelte die Stirn. „Und es ist in der Wohnung aus deiner Tasche gefallen? Ich hätte nicht gedacht, dass du so unachtsam bist.“

„Kann doch passieren, oder?“ Sie wollte eindeutig schnippisch klingen, aber irgendwie malte sich ein verlegenes Grinsen auf ihr Gesicht, das Izzy sofort verdächtig vorkam.

„Hier ist der Schlüssel“, sagte er bedeutsam und hob das klimpernde Metallteil vor ihre Nase, „aber ich schließe erst wieder auf, wenn du mir sagst, warum du dein Handy in meiner Wohnung benutzt hast.“ Mimi war nicht der Typ Mensch, der sich innerhalb von fünf Minuten Wartezeit so sehr langweilte, dass er irgendwelche Spiele auf dem Mobiltelefon spielte. Und er kannte Mimi gut genug, um zu wissen, dass etwas im Busch war.

„Ich hab nur eine SMS geschrieben“, meinte sie.

„Wem?“

„Ist das jetzt so wichtig?“

Ja.

Mimi stöhnte auf. „Also schön. Sora. Ich meine …“

„Du meinst jene Sora, die du gerade jetzt anschreiben wolltest?“, unterbrach er sie. „Mimi, du hast Fotos geschossen, oder?“

Sie hob entwaffnend die Hände. „Okay, erwischt“, seufzte sie. „Ich wollte ein Foto von dir und deiner neuen Wohnung haben, zufrieden? Du hast sie mir ja ewig lang nicht gezeigt. Können wir das Kreuzverhör jetzt einstellen?“

Ja, er war ein wenig zufrieden. Vermutlich war auf dem Foto sein Hinterkopf zu sehen, während er den Videorekorder bearbeitete, und Mimi grinste seitlich ins Bild. Oder so ähnlich. Dabei mochte er es gar nicht, wenn jemand ihn fotografierte, und schon gar nicht heimlich.

Resigniert stieß er den Schlüssel wieder ins Schloss.

„Mach nicht gleich so ein Drama draus“, wiegelte Mimi die Sache ab. „Du bist nicht so unfotogen, wie du immer tust. Dein roter Wuschelkopf sieht manchmal richtig süß aus. Und deine Wohnung ist auch schick.“

„Wie schön.“ Wahrscheinlich kursierte das Bild in spätestens zehn Minuten in allen sozialen Netzwerken, in denen Mimi ihre digitalen Fußspuren hinterließ – und das waren eine ganze Menge, wie er wusste. Der Tag heute hielt wirklich nur unangenehme Ereignisse für ihn bereit.

Er zog die Wohnungstür auf – und erstarrte.

Es war wie ein Déjà-vu. Vor kurzem erst war er perplex an der Schwelle gestanden und Mimi hatte neugierig über seine Schulter in die Wohnung gespäht – wie auch jetzt.

Das Licht im Wohnzimmer brannte. Obwohl er es ausgemacht hatte, ganz sicher diesmal! Was war hier los? Es war doch wohl kein Halloween-Streich von seinen Eltern, die sich im Schlafzimmer versteckt hielten und darauf warteten, dass er vielleicht nochmal nachhause kam, nur um ihm dann einen Schrecken einzujagen, oder?

„Sag mal, hat der Lichtschalter vielleicht einen Wackelkontakt oder so?“, fragte Mimi.

Richtig, das musste es sein. Über was für abstruse Szenarien machte er sich hier eigentlich Gedanken? Das Halloween-Fieber hatte ihn wohl auch schon infiziert.

Energisch marschierte er ins Wohnzimmer und fand Mimis Handy sofort in der Spalte zwischen den Sitzbezügen der Couch liegen. Ehe er die Hand ausstrecken konnte, hatte sie es sich schon geschnappt. „Da sind auch private Fotos drauf“, erklärte sie zwinkernd. „Aber wenn du ganz lieb bittest, zeige ich dir das von vorhin.“

Izzy hörte nur mit einem Ohr zu. Irgendetwas stimmte hier nicht. Mit der Wohnung. Mit allem.

Es war nicht einfach nur das Licht, das plötzlich wieder angegangen war. Je länger er sich im Wohnzimmer umsah, desto mehr Einzelheiten fielen ihm auf, die … anders waren als sonst. Anders als noch vor fünf Minuten. Wann war der Teppich vor dem Fernseher verrutscht? Als er sich mit dem Rekorder beschäftigt hatte? Und war der Vorhang nicht gerade vorhin noch ganz zugezogen gewesen? Nun sah man einen Spalt des Fensters.

Als er darauf zutrat, sah er seine Reflexion auf dem nachtdunklen Glas. Fast hatte er vergessen, dass Mimi ihn zum Zombie geschminkt hatte.

Dann sah er noch etwas in der gespiegelten Wohnung. Das Bild über dem Abstelltisch hing schief. Dabei achtete seine Mutter immer pedantisch darauf, dass es akkurat ausgerichtet war … Nein, er machte sich hier nur verrückt. Das war alles nur Zufall. Er hatte das Zimmer einfach falsch in Erinnerung.

Izzy zog den Vorhang wieder an seinen Platz und drehte sich um. Mimi stand neben der Couch und sah ihn fragend an. Eher zufällig glitt sein Blick zur gegenüberliegenden Wand …

Das Bild hing wieder gerade.

Izzy prickelte ein eisiger Schauer über den Rücken, wie eine Spinne mit langen, haarigen Beinen. Das war doch wohl unmöglich …

Aus einem Impuls heraus riss er den Vorhang wieder zur Seite. Der Rahmen hing diesmal auch im Spiegelbild wieder richtig. Eindeutig, seine Fantasie ging mit ihm durch … Nur was genau hatte jetzt seine Fantasie hervorgebracht, und was war die Realität?

„Hast du was?“, fragte Mimi, als er mit eckigen Schritten auf sie zuging. Wann hatten seine Glieder so zu schlottern begonnen? Hoffentlich bemerkte sie es nicht. Es war ihm schon vor sich selbst peinlich.

„Mimi, fällt dir hier was auf?“, fragte er beklommen und hasste sich dafür, dass seine Stimme so hoch klang.

„Was soll mir auffallen?“

„So … Kleinigkeiten.“ Er suchte den Raum ab. „Da! Das Telefon, siehst du?“ Das Schnurlostelefon auf der kleinen Kommode. Üblicherweise steckte es immer in der Ladestation, aber heute … Nein, nicht heute, dachte er. Es liegt garantiert erst seit gerade eben dort!

„Was soll mit dem Telefon sein?“, fragte Mimi irritiert. „Kommst du jetzt? Der Umzug ist vorbei, ehe wir in die Gänge kommen.“

Doch Izzy drehte sich nur um die eigene Achse, prüfte jeden Winkel des Raumes, und er meinte überall kleine Unstimmigkeiten zu sehen, Gegebenheiten, die so nicht existieren dürften. Drehte er jetzt durch? Oder erlaubte sich hier tatsächlich jemand einen Scherz? Aber wer?

„Das Foto!“, rief er aus. „Das Foto, das du von mir gemacht hast, zeig es her!“

Sie wackelte grinsend mit dem Zeigefinger. „Schon vergessen? Du kriegst es nur zu sehen, wenn du ganz lieb bittest.“

„Verdammt nochmal, Mimi, ich mein’s ernst!“ Er hatte es viel lauter gesagt als beabsichtigt. Mimis Miene versteinerte, dann reichte sie ihm widerstandslos ihr Handy.

Fachmännisch drückte er ein paar Tasten und öffnete das Fotoalbum. Mimi beugte sich vor, um ebenfalls auf das winzige Display zu sehen. Wie erwartet zeigte das Foto ihn beim Programmieren des Videorekorders, von hinten, mit einer feuerroten Frisur, die ungeordneter war, als er gehofft hatte. Seine Finger zitterten, als er den Bildrand absuchte. Er spürte sein Herz pochen, dass sein ganzer Brustkorb vibrierte. Wenn irgendetwas auf dem Foto nicht stimmte … wenn es anders war als jetzt, wenn es anders war, als es üblicherweise war …

Das eine Ende des Vorhangs war dort, wo es sein sollte. In einer Ecke sah man das Regal, in dem seine Familie Zeitschriften und dergleichen aufbewahrte. Keine Besonderheit, obwohl es eine gute Anlaufstelle für Unordnung wäre. Kein Magazin fehlte, sie lagen genauso da wie in diesem Moment. Izzy kniete in dem Bild auf dem Teppich; es ließ sich nicht sagen, ob er da schon verrutscht war … Wonach genau suchte er überhaupt? Er ging sogar so weit und überprüfte seine eigene Kleidung auf etwaige Absonderlichkeiten. Nichts. Lächelnd atmete er auf. Also wirklich, was hatte er auch erwartet? Jetzt hatte er sich mit seiner Hysterie vor Mimi blamiert.

„Warum ist der Bildschirm schwarz?“

Izzys Lächeln blieb, bis Mimis Worte in seinen Verstand gesickert waren. Er musste wie ein Idiot aussehen, als er einen erneuten Blick auf das Foto warf.

Es war, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. Er hatte sich so auf die kleinen Dinge am Rand des Bildes konzentriert, dass ihm der Fernsehbildschirm gar nicht ins Auge gefallen war. Und er war ja auch gar nicht auffällig. Er sah aus wie immer. Wenn er ausgeschaltet war. Was definitiv nicht der Fall gewesen war: Izzy hatte ihn für die Aufnahme eingerichtet – wie sollte das funktionieren? Es müsste das Menü des Rekorders zu sehen gewesen sein! Wie hätte er das Halloween-Event einprogrammieren sollen, wenn die entsprechenden Geräte ausgeschaltet waren?

Abwechselnd wurde ihm heiß und kalt. Der Herbstmantel, den er noch trug, war plötzlich unerträglich warm und der Kragen juckte ihn am Hals. „Was … was hat das zu bedeuten?“, fragte er hilflos. „Mimi … was hast du da fotografiert?“

„Dich, das siehst du doch.“

„Aber der Monitor!“ Mittlerweile war seine Stimme nur noch ein Hauchen. War das vielleicht nur ein Traum? In einem Traum konnte so etwas Verrücktes passieren. Er hätte sich vielleicht gar nicht solche Gedanken gemacht, wären es nur die Unstimmigkeiten in seiner Erinnerung gewesen. Ein schiefes Bild, ein nicht ganz zugezogener Vorhang? Warum nicht? Aber die Welt der Technik war sein Zuhause. Ein Rekorder, ein Handy, ein Foto auf einer handelsüblichen SD-Karte – das war etwas Absolutes. Dass damit plötzlich etwas nicht in Ordnung war, war wie ein Angriff auf Izzys Grundsätze. Die Erinnerung konnte trügen, ein Computerspeicher nicht.

„Dann ist er halt schwarz, na und?“, meinte Mimi ungeduldig. „Liegt sicher an der Kamera. Ich weiß noch, wir hatten früher mal eine Videokamera, und wenn man damit einen Computerbildschirm gefilmt hat, waren auf dem Video lauter Streifen zu sehen und es kam allgemein nichts Brauchbares dabei raus. Kann es bei der Handykamera nicht auch so sein?“

„Dein Handy ist aber brandneu“, erinnerte sie Izzy.

„Dann ist es vielleicht ein Herstellerfehler, und die Kamera gibt den Geist auf“, meinte sie achselzuckend, aber auch in ihrer Miene zeigte sich erste Unsicherheit. „Warte mal, sehen wir uns das andere Foto an.“

„Das andere?“

„Ich hab zwei gemacht. Das von dir, und eines von mir und deiner Wohnung.“ Sie rief das vorletzte Bild im Speicher ab. Man sah Mimi, auf der Couch sitzend. Sie grinste in die Kamera, die eine Hand mit dem Handy von sich gestreckt, die andere zum Victory-Zeichen erhoben.

Und hinter ihr, wo eigentlich neben der Durchgangstür in den Flur die helle Wand sein sollte, schob sich ein langer, dünner Schatten in die Höhe, und wenn man genau hinsah, konnte man an seiner Spitze etwas wie kleine, wulstige Finger erkennen.

Mimi zuckte wie von der Tarantel gestochen zurück und stieß einen spitzen Schrei aus. Das Handy entglitt ihren Fingern und sie konnte gerade noch ungeschickt verhindern, dass es zu Boden polterte. In Izzys Nacken kribbelte es, als würden tausend Insekten darauf herumkrabbeln. Obwohl ihm so heiß war, dass er unter seinem Mantel fast erstickte, spürte er, wie sich sämtliche Härchen auf seinen Armen aufgerichtet hatten.

Mimis Blick huschte in dem Zimmer umher. „Da … da ist nichts, oder? Das muss eine optische Täuschung sein oder so! Oder?“

Auch Izzy wankte durch den Raum, spähte in jeden Winkel … und wieder kam ihm alles, was er sah, sonderbar falsch vor. Er wurde fast wahnsinnig. Etwas Schleimiges, Knotiges hockte in seinem Hals und ließ seine Antwort zu einem Krächzen verkümmern. Er schluckte, hart und eklig. „Lass … lass uns gehen“, brachte er hervor.

Mimi nickte, leichenblass.

Izzy dachte gar nicht darüber nach, was es für ihn bedeutete, wenn es in seinen eigenen vier Wänden spukte. Fluchtartig traten sie in den Flur, und einmal mehr knipste er das Licht im Wohnzimmer aus.

Diesmal wurde es überhaupt nicht ganz finster.

Er sah es aus den Augenwinkeln. Einen sanften, orangeroten Schimmer. Konnte es eigentlich noch schlimmer werden? Er wollte gar nicht wissen, woher der Lichtschein plötzlich kam. Stattdessen drehte er sich in Mimis Richtung – und bereute es sofort.

Seine Freundin war mutiger gewesen und hatte sich sofort nach der Lichtquelle umgedreht. Was er in ihren Augen las, gefiel ihm gar nicht. Sie waren weit aufgerissen; ihre Nase malte einen unheimlichen Schatten auf Mimis Gesicht. In ihren Pupillen glühte etwas Orangefarbenes, als sie die Lichtquelle reflektierten.

Izzy fuhr herum, stürmte zurück ins Wohnzimmer, von wo der Lichtschein kam. Jemand wollte ihn da veralbern, eindeutig! Das war seine Wohnung, nur er und seine Eltern hatten den Schlüssel, wer konnte es da wagen, hier einzudringen und ihn an seinem Verstand zweifeln zu lassen? Plötzlich fühlte er sich mutig.

Jedenfalls so lange, bis er die Kerze vor dem Zeitschriftenregal stehen sah. Das war der Grund für den Lichtschein. Eine simple Kerze, pfeilgerade, mit ruhiger, warmer Flamme. Er sackte vor ihr in die Knie. „Das gibt’s doch nicht!“, rief er aus und raufte sich den Kopf.

„Eine Kerze?“, fragte Mimi mit zitternder Stimme. „Stand die vorher auch schon …“

„Nein!“, rief er stöhnend aus. „Und sieh sie dir an! Sie ist noch ganz frisch! Da ist kaum Wachs verbraucht! Als ob sie jemand angezündet hätte, gerade als ich das Licht ausgemacht habe!“

Er spürte, wie Mimis Finger sich in seine Jacke krallten. „Lass uns jetzt gehen, Izzy“, flüsterte sie. „Bitte.“

Er schüttelte ihre Hand ab. „Ist da jemand?“, rief er, nicht so laut, wie er gewollt hatte. Als wüssten seine Stimmbänder, dass sie etwas wecken könnten, das man besser weiterschlafen ließ. „Hören Sie auf mit diesem Hokuspokus und zeigen Sie sich! Wie kommen Sie hier rein?“

„Da ist niemand“, flüsterte Mimi.

„Da muss aber jemand sein!“ Der nächste Schauer tat schon fast weh.

Mimi starrte ihn noch einen Herzschlag lang an, dann straffte sie grimmig die Schultern und pustete die Kerze aus.

Im selben Moment, in dem die Flamme erlosch, glomm ein weiterer Funken neben dem Fernseher auf. Eine weitere Kerze. Mimi stieß einen heiseren Schrei aus, lief kurzerhand dorthin und löschte auch dieses Licht, obwohl Izzy plötzlich nichts lieber gewesen wäre als strahlende Helligkeit.

Eine dritte Kerze erschien, und sie musste buchstäblich aus dem Nichts kommen, denn sie stand auf der Kommode neben dem Schnurlostelefon. Mimi stürzte sich energisch auf sie, als verfolgte sie eine Kakerlake, die sie unbedingt zertreten wollte. Es half nichts. Die nächste Flamme tauchte vor der Couch auf – und plötzlich entflammte sich auch der Docht der Kerze zu Izzys Füßen wieder, als wäre es eine dieser Spaßkerzen auf einer Geburtstagstorte, mit denen man das Geburtstagskind foppen konnte.

Etwas in dem Raum stöhnte. Izzy konnte nicht sagen, ob es die Bodendielen waren oder etwas ganz anderes. Es klang fast lebendig …

„Izzy!“, schrie Mimi verzweifelt. Als er aufblickte, schien jemand die Wohnung in Brand gesteckt zu haben: Überall glommen Kerzenflammen, auf dem Tischchen, auf dem Boden, auf dem Fernsehbildschirm, auf der Kommode sogar mehrere.

Er wusste nicht mehr, was hier vor ging. Er wusste nur, dass er nun endlich Gewissheit hatte: Entweder spukte es in dieser Wohnung, oder etwas anderes, Unerklärliches ging hier vor, und er würde den Teufel tun und warten, bis ihm oder Mimi ebenfalls etwas Unerklärliches zustieß. Seine Fantasie pinselte ein Bild seiner Eltern in seine Gedanken, auf dem sie sich fragten, ob ihr Sohn eigentlich schon immer ein von Brandwunden entstelltes Gesicht gehabt hatte … Er sprang auf die Füße, packte Mimi an der Hand und stürmte in den Flur. Auf dem Weg stieß er eine der Kerzen um – ehe sie auf den Teppich fiel, erlosch sie gnädigerweise. Er hatte keine Zeit, weiter über dieses Wunder nachzudenken. Mit wenigen Schritten erreichten die beiden den Flur.

Es war wie ein Schritt in eine andere Welt. Hinter ihnen das orangegelbe Licht, das nun genausogut auch aus einem Brennofen stammen könnte, vor ihnen der Flur, der kühl und dunkel dalag, nur ihre Silhouetten tanzten über die Wände, von hinten beleuchtet durch die Kerzenflammen, lang gestreckt und dünn … und war da nicht noch ein anderer Schatten, einer, der nicht zu ihnen beiden gehörte, der nicht mit ihren Bewegungen übereinstimmte? Ein langer, dünner Schatten, der da aufragte und nach ihnen greifen wollte …?

Aus Izzys Kehle barst ein Schrei. Er warf sich regelrecht gegen die Wohnungstür. Mimi stürzte nach ihm in die kalte Nacht hinaus. Mit aller Kraft warf er die Tür hinter sich zu, schaffte es mit zittrigen Händen erst beim vierten Versuch, den Schlüssel ins Schloss zu bekommen und herumzudrehen. Dann ließ er sich erschöpft zu Boden sinken.

 

„Sehr witzig, wirklich“, knurrte Matt.

Takumis Gesicht war unter der Maske nicht zu erkennen, aber zweifellos grinste er noch immer. „Was denn? Ist doch ein cooles Accessoire für die Halloween-Nacht, oder?“

„Wie man’s nimmt. Unter cool stell ich mir was anderes vor“, sagte Matt trocken. Dennoch griff er nach dem makabren Füller, der nach oben hin wie eine blutbeschmierte Messerklinge aussah. Sie war aus Plastik, aber im schlechten Licht hatte sie teuflisch echt gewirkt. Er kritzelte schwungvoll seinen Namen auf den Sticker auf Takumis Oberarm.

„Tausend Dank.“ Sein Fan ließ den Füller wieder in seiner Tasche verschwinden. „Eigentlich sollten jetzt bald – ah, wenn man vom Teufel spricht, da kommen sie schon.“

Matt wandte den Kopf. Ganz leise hörte man herannahende Geräusche aus der Geisterbahn. Der Mann im blauen Overall schnappte sich etwas wie einen schwarzen Wischmopp und stellte sich neben den Gleisen auf. Der Vorhang kam in Wallung, dann kam darunter der Waggon mit Sora und Tai zum Vorschein. Der Mitarbeiter wischte mit dem Mopp gerade so über ihre Köpfe, dass er ihre Haare streifte. Matt sah Tai mit einem überraschten „Woah!“ zusammenzucken. Er nahm sich vor, ihn damit aufzuziehen, falls es wieder einmal notwendig sein sollte.

Der Wagen hielt in der Kehre an. „Endstation“, nuschelte der Geisterbahnmitarbeiter.

Tai stieg als Erstes aus. Sora machte keine Anstalten, sich zu rühren, sie hockte zusammengekauert im Waggon und starrte den Haltegriff vor sich an.

„Sora? Sora, wir sind draußen“, sagte Tai.

„Ist alles okay bei dir?“, erkundigte sich Matt, indem er auf sie zutrat.

Tai sah ihn hilflos an und zuckte mit den Schultern. „Hey, Erde an Sora!“ Er berührte Soras Arm, und als wäre damit ein Bann gebrochen, zuckte sie zurück.

„Jaja, ich hab’s ja verstanden!“ Mit fahrigen Bewegungen stieg sie aus, ehe der Wagen wieder in der Geisterbahn verschwand.

„Alles in Ordnung?“, fragte Tai misstrauisch. Auch Matt sah, dass etwas mit ihr nicht stimmte.

Soras Gesicht war gerötet, ihre Augen huschten hin und her, als fürchtete sie, etwas könnte sich an sie heranschleichen, und sie zitterte. „Ja, alles bestens!“, zischte sie. „Außer dass ich mich nie wieder von dir in sowas reinzerren lasse, klar? Ich hoffe, du hattest wenigstens Spaß da drin!“

„Ich hab dich doch nicht gezwungen, mitzukommen“, verteidigte sich Tai.

„Was war denn los?“, fragte Matt. Eigentlich war Sora nicht unbedingt ängstlich. Im Gegenteil, die Abenteuer in der DigiWelt müssten sie eigentlich gegen allerlei Monster und dergleichen abgehärtet haben. Vielleicht mochte sie Geisterbahnen auch einfach nicht.

„Nichts“, schnaubte sein Freund. „Die Bahn war ein wenig heftig, mein Gott!“

„Nicht wahr?“, mischte sich Takumi gut gelaunt ein. „Sie ist klasse.“

„Halt du dich bitte da raus“, sagte Matt kühl.

Der Mann im blauen Overall putzte sich geräuschvoll die Nase und hatte schon wieder den Mopp in der Hand. Leises Rumpeln kündigte T.K.s und Karis Wagen an. Matt war schon gespannt, was sie wohl zu der Bahn sagen würden.

Der Vorhang bewegte sich, der Schlauch spuckte den Waggon aus und der Mitarbeiter wischte wieder mit seinem Mopp darüber – und dann erst sah Matt, dass gar niemand darin saß.

Verdutzt starrten die vier auf den Wagen, als er beim Haltepunkt ankam und kurz gestoppt wurde. „Waren T.K. und Kari nicht genau hinter euch?“, fragte Matt.

„Äh, ja … Also, ich denke schon“, murmelte Tai.

Waren sie etwa schon drinnen abgesprungen, um ihnen jetzt einen Schreck einzujagen? Wenn die beiden zusammen waren, konnten sie unglaublich kindisch sein.

Plötzlich sog Sora scharf die Luft ein und packte Tai am Ärmel. Mit zitterndem Finger deutete sie auf den Haltegriff des leeren Waggons.

Auf der rohen Metallstange, die die Gäste der Geisterbahn in ihrer Furcht fest umklammern durften, prangte ein frischer, glänzender Blutfleck.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Nachdem das letzte Kapitel eher schaurig war, hier etwas mit mehr Fokus auf (blutloses) Gruseln :) Hoffe, es hatte irgendeine Wirkung - und wünsche euch gleich mal Happy Halloween :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Juju
2018-07-20T08:51:27+00:00 20.07.2018 10:51
Jetzt mal ohne Mist, ich hab das Kapitel im Dunkeln auf dem eReader gelesen und hatte echt Schiss bekommen. :D Fand es mega gruselig. Aber mal von vorn.
Erst am Anfang dieses Kapitels ist mir aufgefallen, dass Izzy und Mimi auf dem Fest ja noch gar nicht dabei waren. xD Aber die beiden sind eine tolle Kombination. Mimi kann ich mir in ihrem Lilymonkostüm richtig gut vorstellen. Und Izzy bekommt mal eben noch eine Gesichtsbemalung verpasst. Wäre ja auch langweilig ohne. Und das Kompliment, das er ihr macht, obwohl es gar nicht als Kompliment gemeint war. xD Das fand ich sehr süß und typisch für die beiden.
Auch eine nette Idee, dass Izzy für seine Mutter was programmieren soll und deswegen nochmal nach Hause muss. Jaja, die Mütter, die mit der Technik nicht klarkommen und es deswegen ihren Söhnen überlassen. :D Schreibst du da etwa aus Erfahrung? Ich persönlich hatte solche Probleme nie. Mein Papa ist Softwareentwickler, da kennt er sich mit solchem Kram aus. xD
„Was vergessen? Du meinst jetzt nicht zufällig deine Verkleidung, oder?“ <- Herrlich übrigens.
Und dann Izzys wachsende Skepsis in seiner Wohnung. Mal wieder sehr gut dargestellt. Beim eingeschalteten Licht denkt man sich noch okay. Komisch, aber kann passieren. Aber dann diese ganzen anderen Kleinigkeiten, die sich in der Wohnung verändert haben. Und der schwarze Bildstirm beim Programmieren. O_O Spätestens da wäre ich schreiend aus der Wohnung gerannt. Dinge, die auf Fotos anders sind, als sie in der Realität waren, sind einfach nur unheimlich und bah, da hört der Spaß auf. D: Und dann das mit den Kerzen... Mimi ist doch irre, dass sie da auch noch hinterherläuft und die Kerzen auspustet. Und dann dieser gruselige Schatten. O_O Was ist das nur?! xD Da steckt doch bestimmt ein Digimon dahinter, oder? Habe zunächst an die Folge in 02 gedacht, als Wizardmons Schatten im Fernsehsender aufgetaucht war. Aber ich glaube nicht, dass hier auch Wizardmon dahinter steckt.
Neue Theorie! Vielleicht will auch wirklich jemand einfach nur einen Streich spielen, so halloweenmäßig? Ein Digimon? Wobei nein. Töten geht zu weit für einen Streich. xD
Hach und dann wieder dieser Takumi... Ahhh ich sterbe vor Spannung. Will wissen, wer oder was dahinter steckt. xD Und T.K. und Kari sind verschwunden!!! O_O Ahhhhhhhh! Oh Gott, das Monster hat sie! ;_;
Von:  Votani
2016-11-27T20:55:02+00:00 27.11.2016 21:55
Gutes Kapitel, wie jedes bisher. :) Dein Talent, um eine jeweilige Stimmung aufzubauen, macht sich echt bezahlbar. An sich ist die Idee mit Izzys Wohnung etc. nicht sonderlich ausgefallen, aber mit all den kleinen Details und der guten Beschreibung war es echt spannend. Es war eine andere Spannung als mit Sora und der Geisterbahn, aber nicht weniger schaurig und unterhaltsam. Ganz im Gegenteil, die Charaktere waren mal wieder super getroffen und dein Schreibstil spitze. Du bedienst dich altbekannten Ideen, hauchst ihnen aber Leben ein, so dass sie nicht das interessante Etwas verlieren, gefaellt mir. Tja... es gilt es herauszufinden, was mit TK und Kari passiert ist - und was da so hinter Takumi steckt. Ich werde auf jeden Fall weiterlesen. :D
Antwort von:  UrrSharrador
08.12.2016 17:26
Hi!
Mit einiger Verspätung komme ich nun dazu, mich für deine Kommis zu bedanken :) Du hast recht, es hätte sicher besser gepasst, die FF schon etwas vor Halloween zu starten, aber irgendwie bin ich nicht in die Gänge gekommen^^
Freut mich jedenfalls echt, dass der Horror gut rüberkommt :) So was in der Form schreibe ich ja eher selten, weswegen die FF eigentlich auch ein kleines Experiment ist. Wenn also tatsächlich eine gruselige Stimmung beim Lesen entsteht, bin ich erleichtert :D
lg
Von:  EL-CK
2016-10-31T19:12:59+00:00 31.10.2016 20:12
Happy Halloween ^^
Das Kapitel passt sehr gut zum heutigen Gruselfest...
Jedoch mach ich mir jetzt um Kari und TK sorgen. .,

Antwort von:  UrrSharrador
14.11.2016 22:10
Und noch einmal danke!
Hoffe, dein Halloween war ähnlich lustig wie meines :)
lg
Antwort von:  EL-CK
15.11.2016 16:16
war ganz ok... vieeeeel Süßes und nix Saures ;)
Von:  Blue_StormShad0w
2016-10-31T18:23:07+00:00 31.10.2016 19:23
Guten Abend und fröhlich-schauriges Halloween!
Also, ich fand' das letzte Kapitel am Ende schon gruselig. Aber das mit Izzy und Mimi … WAR ECHT DER MEGA HAMMER!!! Bis jetzt das beste Kapitel! Wenn mir das in meiner Wohnung passieren würde, - Äh, nein! Will ich mir jetzt nicht vorstellen. (^~^)°
Was mit T.K. und Kari passiert ist? Mir schwarnt Übles …
So, wünsche noch 'ne spuklose Nacht, ciao!
Antwort von:  UrrSharrador
14.11.2016 22:14
Ich bin mal wieder ewig spät dran - sorry dafür und danke für deinen Kommi! Uhh freut mich, dass es dir so gut gefallen hat :D Der Spuk in der Wohnung hat mir selbst auch viel mehr Spaß gemacht zu schreiben als die Geisterbahnszene. Toll, dass es auch gut ankommt :)
lg


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